Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 60. Sitzung / Seite 67

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Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. (Abg. Dr. Martin Graf: Ich sage es ja, eine tatsächliche Bestätigung war das! Alles bestätigt! – Abg. Grabner: Da musst du hinausgehen, Graf!)

15.10

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich bin nun seit 18 Jahren in diesem Haus als Abgeordneter tätig (Abg. Ing. Westenthaler: 18 Jahre zu lang!), aber ein derartiges Stakkato an Polemik von der Regierungsbank aus ist mir noch nicht untergekommen. Das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich verwahre mich dagegen, dass Sie, Frau Vizekanzler, ohne Grund Abgeordnete von der Regierungsbank aus beschimpfen. (Abg. Ing. Westenthaler: Parnigoni! Verteidige die Demonstranten!) Diese Rede war einer Vizekanzlerin zutiefst unwürdig. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Ofner: Geh, geh!) Ihre so genannte Erklärung zeigt, dass die Bundesregierung vereinzelte Gewalthandlungen einzelner Demonstranten als Anlass dafür nehmen will, um gegen die Ausübung des Demonstrationsrechts schlechthin und um gegen öffentlich sichtbare Kritik politischer Gegner Stimmung zu machen. Die Sozialdemokratie bezieht hier eindeutig Position. Wir verwahren uns gegen jede Gewalt, dagegen muss rigoros vorgegangen werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Hohes Haus! Das Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung sind demokratische Grundwerte, die mit Entschiedenheit verteidigt werden müssen. Keinesfalls dürfen diese Grundrechte unter dem Deckmantel der Verhinderung von Gewalt angetastet werden. (Abg. Dr. Pumberger: Die Redezeit ist bald aus!) Wir Sozialdemokraten sind entschieden gegen jede Form von Gewalt. Gewalt – das ist uns klar, und das muss, so glaube ich, allen in dieser Republik klar sein – kann niemals ein legitimes Mittel zur Austragung von Konflikten und zur Durchsetzung von Interessen sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sagen Sie das einmal Ihrer Jugendorganisation, der Sozialistischen Jugend!)

Ich sage daher ausdrücklich den vielen Polizistinnen und Polizisten meinen Dank für hervorragende Gesprächsbereitschaft, Kooperationsbereitschaft und für überlegtes Handeln in dieser Angelegenheit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Was ist mit den Jusos?)

Es darf aber nicht übersehen werden, Hohes Haus, dass soziale Gerechtigkeit die wichtigste Voraussetzung für die Erhaltung des gesellschaftlichen Friedens ist. Eine Politik, die das primäre Ziel hat, die Reichen noch reicher zu machen, und die dafür in Kauf nimmt, dass die Armen noch ärmer werden und die sozial Benachteiligten noch stärker an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, eine Politik, die Inländer gegen Ausländer ausspielt und nicht einmal davor zurückschreckt, Emotionen gegen Juden zu schüren, eine solche Politik gefährdet bewusst den sozialen Frieden. Sie schafft den Nährboden für Gewalt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Diese Regierung, Hohes Haus, schert sich nicht einen Deut um soziale Gerechtigkeit, sie vergießt aber dann Krokodilstränen (Abg. Dr. Ofner: Du kommst vom Thema ab!), wenn die sozialen Konflikte, die sie bewusst schürt, eskalieren. (Abg. Dr. Martin Graf: Keine Polemik vom Rednerpult!) Besonders schäbig ist es dann, wenn Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit gezielt eingesetzt werden, um, wie im Wiener Wahlkampf, gegen Andersdenkende und Fremde ganz einfach die Emotionen zu schüren, um damit politisches Kleingeld zu machen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Es wird verbale Gewalt eingesetzt, um gegen Menschen anderer Religion, anderer politischer Überzeugung oder anderer Herkunft Stimmung zu machen.

Hohes Haus! In dieser Frage sollten wir alle hier im Haus, hier im Parlament zu einer klaren und eindeutigen Haltung finden, die lauten muss: Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz haben in der politischen Auseinandersetzung nichts verloren. (Beifall bei der SPÖ.) Gerade wir Österreicher haben die Verpflichtung, die Unverzichtbarkeit von Toleranz und Menschen


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