Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 77

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notwendig, und daher danke ich dieser Bundesregierung, dass sie, auch wenn es unpopulär ist, diese Maßnahmen setzt. Ich fordere sie aber auch gleichzeitig auf, sich auf diesem Weg in keiner Weise beirren zu lassen, woher auch immer die Zurufe kommen mögen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

14.03

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Frau Volksanwältin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir jetzt über das Budget 2002 diskutieren, dann muss uns bewusst sein, dass das die letzte Korrekturmöglichkeit vor dem Budget 2003 darstellt, das dann schon ein "Wahlkampfbudget" sein wird, und dass jetzt die Weichen für eine relativ lange Zeit gestellt werden.

Was wir immer wieder versucht haben zu thematisieren und was in dieser Debatte, besonders von Ihrer Seite, immer völlig untergeht, das ist der Versuch, über bestimmte inhaltliche Prioritäten zu diskutieren. Wir haben es versucht bei Bildung, Forschung, Wissenschaft, und ich versuche es jetzt noch einmal bei einem mir extrem wichtigen Bereich, auch für die Volkswirtschaft extrem wichtigen Bereich: dem ganzen Sektor Kreativwirtschaft.

Wenn heute der "Standard" schreibt: "Sport ist Doping für die Wirtschaft", dann würde ich mir wünschen, dass hier einmal steht: Kultur ist Doping für die Wirtschaft. Und wenn hier vorgerechnet wird, der Sport schaffe im Durchschnitt eine Wertschöpfung von 1,48 S, dann möchte ich den Herrn Staatssekretär, aber auch den Herrn Bundeskanzler fragen, ob sie nicht wissen, welche Wertschöpfung in Österreich ein investierter Kunst- und Kulturschilling produziert. Ich frage Sie: Wissen Sie das? (Beifall bei den Grünen.)

Es sind 4 S. Die österreichische Musikindustrie erwirtschaftet mehr als die österreichische Stahlindustrie. Bei der Filmwirtschaft, die in ganz Europa boomt und wo sich im Moment der Wettbewerb um die Medienstandorte für die Zukunft abspielt, ist Österreich absolutes Schlusslicht, in allen Kategorien. Ob das die Zahl der Beschäftigten ist, ob das die Höhe der investierten Geldsummen ist, ob das die Höhe der Wertschöpfung ist – bei allen Summen, was den Bereich Kreativwirtschaft betrifft, liegen wir bereits jetzt hinter Griechenland und Portugal. Das ist ein echtes Armutszeugnis! (Beifall bei den Grünen.)

International, global gesehen, belegt die Kreativwirtschaft den zweiten Platz hinter der Automobilindustrie.

Ich möchte auch auf Kollegin Wolfmayr eingehen; ich werde heute nicht mehr in dieses übliche "Lied" – es ist berechtigt, aber ich mache es heute nicht mehr – mit dem Zu-Tode-Kürzen von Institutionen einstimmen, sondern ich möchte heute wirklich auf diese vertane Chance Kreativwirtschaft eingehen.

Es ist tatsächlich so, dass ein Land wie Luxemburg – Luxemburg ist wirklich sehr klein – mehr für die Filmwirtschaft ausgibt als Österreich. Es ist tatsächlich so, dass Bayern viermal so viel für den Bereich Kreativwirtschaft/Filmindustrie ausgibt wie Österreich. Wir wurden mittlerweile nicht nur von Städten wie Berlin und Köln als Metropolen in diesem Bereich meilenweit abgehängt, sondern es fahren sogar jetzt schon österreichische Kreativleute nach Prag und nach Budapest, weil es bei uns keine entsprechenden technischen Möglichkeiten mehr gibt, da in diesen Bereich nicht mehr investiert wird. Und das ist wirklich eine vertane Chance, die ihresgleichen sucht.

Letzte Woche fand die "Diagonale" in Graz statt. Es wurde sehr klar von Seiten der Filmschaffenden, der Filmindustrie ausgerichtet – erstmals war der Staatssekretär nicht dort, auch kein anderes Regierungsmitglied –, dass es hier um ein schwarzes Loch für die Gegenwartskunst und -kultur geht, das wirtschaftlich immense Auswirkungen hat.


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