Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 88

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13.50

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Kollege Weinmeier, zum Thema Entwicklung der Familienpolitik würde ich sagen, ein prominenter Politiker hat einmal gemeint: "Lernen Sie Geschichte!" – Das zum Ersten.

Zum Zweiten: Wenn Sie behaupten, das Kind, das Sie da gezeigt haben, werde von Familienleistungen ausgeschlossen, dann muss ich dem entgegenhalten: Wer bezieht jetzt das Kinderbetreuungsgeld – Erwachsene oder Kinder? Soweit ich weiß, ist die Familienbeihilfe eine Unterstützung für Kinder, und alle Kinder in Österreich sind von diesen Leistungen nicht ausgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Kinderbetreuungsgeld, Kindergeld, Familien-Volksbegehren, das wir unter anderem heute auch behandeln, Maßnahmen, die, so dargestellt, Familien, Menschen mit Kindern unterstützen sollten und sollen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob bei allen Vorschlägen der Aspekt der Partnerschaft, der Gleichberechtigung und Chancengleichheit gegeben ist und auch berücksichtigt wird. (Abg. Ing. Fallent: Besser als beim Karenzgeld!)

Mein Eindruck, Kollege Fallent, ist ein ganz anderer. Festzuhalten ist nämlich, dass das Kindergeld ein bestimmtes Gesellschaftsmodell vor Augen hat und festgeschriebene Rollen fixiert. Einerseits fällt bei dieser Form der finanziellen Unterstützung die Voraussetzung der überwiegenden Betreuung weg, somit ist es auch kein Kinderbetreuungsgeld. Andererseits wird nicht für jedes Kind Geld ausbezahlt, und somit ist auch die Bezeichnung "Kindergeld" falsch.

Zum Zwischenruf des Kollegen Kiss, der "Na und?" lautete, im Zusammenhang mit einer Aussage von Frau Petrovic, würde ich meinen, Professor Marin hat diese Geldleistung einmal "Paschaprämie" genannt, und ich glaube, das bringt es auf den Punkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Der so genannte Meilenstein dieser Regierung entpuppt sich mehr denn je als Mühlstein, meine Damen und Herren. (Abg. Ing. Fallent: Den haben Sie heute weggeräumt?) Es bedeutet für viele ein Weniger als ein Mehr, als es beim Karenzgeld der Fall war. Frauen werden aus der Berufstätigkeit und somit aus der Eigenständigkeit gedrängt, es bedeutet ein Aus für die Väterkarenz, und es ist ein zusätzlicher Mühlstein für Alleinerzieherinnen.

Ich behaupte und stelle fest: Kindergeld oder arbeitsrechtliche Absicherung – das ist die Frage, denn beides miteinander wird schwierig, kompliziert und undurchschaubar. Kindergeld und Arbeitsrecht sind nicht harmonisiert. (Abg. Steibl: Weil Sie es nicht verstehen!)  – Frau Kollegin Steibl, vielleicht verstehe ich es nicht, aber warum steht Gleiches in vielen Stellungnahmen? Zum Beispiel die Kommission für Gleichbehandlungsfragen im Finanzministerium, die Apothekerkammer, die Rechtsanwaltskammer – sie alle irren?! (Abg. Ing. Fallent: Wie haben sie das Karenzgeld beurteilt?) Alle finden, dass dieses Gesetz nicht nachvollziehbar ist, dass es schwierig und kompliziert ist. Sie irren wahrscheinlich alle.

Insgesamt wird auch die Frage der gesamten Finanzierung in Frage gestellt. Ich erinnere an die Stellungnahme der Wirtschaftstreuhänder.

Die so genannte Wahlfreiheit wird meiner Meinung nach zur Farce. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird erschwert, und von Chancengleichheit kann keine Rede mehr sein. Die BetreiberInnen des Familien-Volksbegehrens sind zufrieden, wobei, wie Sie gemeint haben, Kollegin Steibl, nicht alle Forderungen dieses Begehrens erfüllt worden sind.

Wir sind nicht zufrieden, meine Damen und Herren. Wir haben auch in einem Entschließungsantrag darauf hingewiesen, welche Maßnahmen wir SozialdemokratInnen fordern.

Ein Wort zum Kollegen Khol, um endlich eine Mär auszuräumen, auch wenn er nicht da ist: Auch berufstätige Frauen sind Mütter und auch Hausfrauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Uns geht es um alle Kinder, denn Kinder und Eltern brauchen Infrastruktur, Service- und Dienstleistungseinrichtungen sowie Geldleistungen.


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