Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 101

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Nun zum Inhalt Ihres Redebeitrags. Ich weiß nicht, ich komme mir etwas merkwürdig vor, wenn Sie, wenn wir von Wohnungen sprechen, zunächst einmal erklären, wie sinnhaft der Verkauf und die Privatisierung der ÖIAG sind. Ich habe nicht gewusst, dass Wohnungen Unternehmen sind. Es hatte wohl einen anderen Hintergrund, warum es Wohnungen im staatlichen, im öffent­lichen Eigentum gegeben hat. Ich habe von Ihrer Seite so etwas wie das Wort „sozialer Wohn­bau“ überhaupt noch nicht wahrgenommen und frage mich, ob wir überhaupt auf der gleichen Basis diskutieren. Es war ja nicht der Sinn der Sache, dass der Staat oder öffentliche Institu­tionen Gewinne mit Wohnungen machen wollten, sondern es ist darum gegangen, den Men­schen in diesem Land – auch jenen, die es sich nicht leisten können – einen Wohnbau zukom­men zu lassen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Kößl: ... im vorigen Jahrhundert! Die Wohnungen sind vor 30 Jahren gebaut worden!)

Davon hört man bei Ihnen überhaupt nichts. Man hört nur immer: Privat ist besser als der Staat. – Ich weiß nicht, ob Sie wirklich der Meinung sind, dass es sich jede und jeder in Öster­reich leisten kann, eine Eigentumswohnung zu kaufen. Ich weiß nicht, ob wir von denselben Einkommensverhältnissen reden. (Bundesminister Mag. Grasser: 90 Prozent wollen das!)

90 Prozent wollen es vielleicht. Die Frage ist: Wie viele können es sich leisten? Und was ist mit denen, die es sich nicht leisten können? – Ist darauf die einzige Antwort: Privatisieren und Ver­kaufen? – Und was dann?

Und was die Frage der rechtlichen Bestimmungen betrifft, so war ich vor einiger Zeit lange genug im Bereich der Mietrechtsberatung tätig, um sagen zu können: Es kann schon sein, dass die rechtlichen Bestimmungen gleich bleiben, aber was passiert, wenn Spekulationen am Woh­nungsmarkt eintreten? Was passiert, wenn mit Gewinnorientierung vorgegangen wird? – Das wissen alle, die in diesem Bereich tätig sind, sehr genau: Auch wenn die gesetzlichen Bestim­mungen nicht verändert werden, der Druck auf die Mieter wird wesentlich größer. Und mit Ihrer Politik fördern Sie das.

Die Frage stellt sich aber auch anders: Wenn man sich einerseits anschaut, zu welchen Preisen Sie die Wohnungen an die Mieterinnen und Mieter angeboten haben, und eine Hochrechnung anstellt, welche Erlöse Sie damit bekommen würden, und sich andererseits dann anschaut, was Sie jetzt im Gesamtverkauf bekommen, dann stellt sich die Frage, ob es besonders intelligent ist, den MieterInnen die Wohnungen um bis zu 1 500 oder 1 800 € pro Quadratmeter anzubie­ten und dann, so wie jetzt, im Gesamtverkauf um, ich weiß nicht, 150 000 S oder 10 000 € eine ganze Wohnung abzugeben. Da ist eine Differenz vorhanden, und es stellt sich die Frage: Warum dieses Ungleichgewicht? Warum sollen diejenigen, die privat kaufen, ein Vielfaches von dem bezahlen, zu dem die Wohnung großen Verwertern angeboten wird?

Offenbar haben wir hier wirklich einen völlig unterschiedlichen Zugang. Man kann natürlich dar­über diskutieren, ob es der Bund sein muss, der als Eigentümer auftritt – da gebe ich Ihnen schon Recht: darüber kann man diskutieren, wer einen sozialen Wohnbau gewährleisten soll –, aber vielleicht sollten wir uns zumindest noch darauf einigen können, dass so etwas in Öster­reich nach wie vor notwendig ist. Ihre Position, zu sagen, 90 Prozent wollen ohnedies eine Eigentumswohnung und damit ist jede staatliche Verantwortung nicht mehr notwendig, wird im Wohnbau zu einer wirklichen sozialen Schlechterstellung führen, und dafür tragen Sie auch die Verantwortung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.41


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundesminister hat mich um eine Klarstellung gebeten, ob gegen irgendeine Bestimmung der Geschäftsordnung verstoßen wurde. Das ist nicht der Fall. Es gibt keinen zwingenden Tatbestand, in welchem Teil der Debatte man sich zu Wort mel­det, unbeschadet der Frage, dass es diesbezüglich unterschiedliche Praktiken gibt. (Abg. Bu­res: Kein Respekt vor dem Parlament!)

Die Debatte ist geschlossen.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite