Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 69

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tätslos, geographisch uferlos“ ist. – Das ist die kurze Zusammenfassung einer Grund­stimmung, die man ernst nehmen sollte!

„Menschlich substanzlos“ deswegen, weil ich, wenn es 19 Millionen Arbeitslose gibt, dann sagen muss: Also bitte, das ist ernst zu nehmen!, das hängt auch mit Mensch­lichkeit und sozialem Mitgefühl zusammen.

„Politisch identitätslos“, weil es mehrere „Europas“ gibt: Euro-Zone, Schengen-Zone, Länder, die Mitglied der NATO sind, Länder, die ein Kerneuropa wollen, die „Trans­atlantiker“.

Weiters gibt es kaum eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und jetzt auch noch einen Streit um die Finanzvorschau, wobei es meiner Meinung nach legitim ist, dass darüber nachgedacht wird, was mit 40 Prozent des EU-Budgets im Landwirt­schaftsbereich passiert. Man soll das ruhig einmal reflektieren! Da hat Tony Blair Recht! Und es waren die Vorschläge von Dr. Gusenbauer meiner Meinung nach auch sehr berechtigt, darüber einmal ernsthaft nachzudenken, vor allem, wenn der Großteil, nämlich 90 Prozent, an den österreichischen Bauern vorübergeht – ein wichtiger Punkt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: ... Biobauern ...?)

Teil dieser neoliberalen Konzeption ist auch, dass der Erweiterungsprozess in dem Tempo, wie er zuvor vor sich gegangen ist, nach dem Scheitern des Verfassungsver­trages, auf Grund dessen man jetzt nicht einmal die Erweiterung von 15 auf 25 Staaten richtig „handeln“ kann, ungebremst weiterzugehen scheint!

Deswegen sollte man, meine ich, beim Beginn der Verhandlungen mit der Türkei, wenn dieses Verhandlungsmandat dann endgültig formuliert wird, danach trachten, dass die privilegierte Partnerschaft eine echte Alternative ist – und zwar auch im Hinblick darauf, dass es gilt, im mediterranen Raum, vielleicht auch am Westbalkan, vielleicht auch auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion an einer Konstruktion von Wirtschaftsräumen zu arbeiten, die sich in Assoziation mit der Europäischen Union als Partner entwickeln können.

Es sollte einem nicht immer gleich, wenn das alles diskutiert wird, nur die Beitrittsper­spektive einfallen. Es gibt auch andere Modelle, so wie es für Österreich zum Beispiel der Fall war. Wir waren auch nicht gleich Mitglied, da hat es vorher auch die Konstruk­tion einer speziellen Partnerschaft gegeben. Also warum soll das nicht auch für andere Räume und für andere Länder angedacht werden?!

Daher ist es, denke ich, so wichtig, dass man den Menschen in der Sprache und auch in den Taten nicht bloß vermittelt, staatsmännisches Geschick ist gefragt, es handelt sich um eine Führungsproblematik – nein, das politische Projekt Europa muss ein poli­tisches, soziales, aber auch wirtschaftliches und kulturelles sein. Und wenn man das nicht argumentieren kann, wird es das Misstrauen der Bevölkerung auch weiterhin geben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Stummvoll. 8 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.41.34

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen auf der Regierungsbank, insbe­sondere auch lieber neuer Herr Staatssekretär für EU-Fragen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der bekannte Publizist Alfred Payrleitner hat vor wenigen Tagen im „Kurier“ geschrieben, eine Kneipp-Kur könne auch für die Politik heilsam sein, und hat gemeint, dass die kalte Dusche der negativen Volksabstimmungen in Frankreich und Holland einen Bewusstseinsprozess in Gang gesetzt hat, der sich verstärken wird,


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