Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 93

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land macht, wenn man versucht, eine gemeinsame Agrarpolitik zu gestalten, die vom Prinzip her eine riesengroße Agrarfabrik gleich bedenkt wie die klein- und mittelstruktu­rierte Landwirtschaft.

Da werden wir neue Schritte gehen müssen, werden aber auch darüber nachdenken müssen, mehr nationalen Spielraum zu schaffen, um unsere bäuerlichen Betriebe för­dern und unterstützen zu können.

Damit zum dritten wichtigen Thema, nämlich zur Gesamtfinanzierung der Europäi­schen Union. In diesem Zusammenhang fordere ich die Bundesregierung auf, an dieser 1 Prozent-Forderung festzuhalten, aber nicht deswegen, weil diese 1,0 Prozent Österreich arm oder reich machen würden, sondern weil ich der Ansicht bin, dass man lieber die Alternativen ausschöpfen sollte, dass man beispielsweise sagt: Dieser Briten-Rabatt ist unhaltbar, diese über 14 Milliarden € in den nächsten Jahren können nicht gehalten werden; da muss ein klares Nein kommen. Ich denke, dass gerade der EU-Ratsvorsitz Österreich eine Chance bietet, die Chance nämlich, dass wir da ein Signal den Briten gegenüber setzen und so zum Ausdruck bringen, dass sich die Union ver­ändert hat, dass es neue Rahmenbedingungen gibt und dass Rabatte, wie sie vor vielen Jahren ausgemacht wurden, in der heutigen Zeit eben nicht mehr haltbar sind.

Meine geschätzten Damen und Herren! Abschließend zum Thema Erweiterung: Auch hier hat uns meiner Ansicht nach das „Nein“ der europäischen Bürger im Referendum zur Verfassung gezeigt, dass wir innehalten müssen. Ich bin davon überzeugt, dass der Beitritt von Rumänien und Bulgarien auf der Zeitschiene um zumindest ein Jahr verschoben werden soll und dass man den Spielraum bis 2008 nützen sollte.

In der Frage der Türkei bin ich davon überzeugt, dass wir folgendermaßen vorgehen sollten: verhandeln – ja, das können wir; Perspektiven für die Türkei schaffen – ja, das sollten wir; doch über dem Beitritt sollte ein großes „Ja, aber“ stehen, denn ich denke, solange die Rahmenbedingungen wirtschaftlicher, menschenrechtlicher und wie auch immer gearteter Natur nicht gegeben sind, wird es keinen Sinn machen, diesen Staat zur Europäischen Union hinzuführen.

In diesem Sinne wünsche ich der Bundesregierung eine hoffentlich arbeitsintensive Zeit in der Europäischen Union und hoffentlich einen Vorsitz, mit dem sie sehr gut um­gehen kann und im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher etwas bewegt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (den Vorsitz übernehmend): Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. Ich erteile es ihm.

 


13.01.02

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Hohe Regierungs­bank! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Referenden in Frankreich und in den Niederlanden haben eine Welle an Diskussionen ausgelöst. Obgleich wir alle wissen, dass dort innenpolitische Themen eine wichtige Rolle gespielt haben, darf man diese Voten letztlich nicht darauf reduzieren, sondern sollte erkennen, dass EU-Skepti­zismus spürbarer geworden ist und dass letztlich auch überall Zukunftsängste anzu­treffen sind.

In dem Sinne soll man, glaube ich, auch verstehen, dass es gerade jetzt auf die Poli­tiker ankommt, Europa zu vertreten. Wir brauchen nämlich nicht weniger Europa, son­dern mehr Europa, in einem Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Ich möchte hier „Die Presse“ vom 14.6. zitieren, worin gesagt wird: Mit gespaltener Zunge zu reden, nämlich staatstragend in Brüssel und kritisch bis überkritisch zu Hause, damit muss einmal Schluss gemacht werden!

 


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