Stenographisches Protokoll

139. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 1. März 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

139. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                       Mittwoch, 1. März 2006

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 1. März 2006: 10.00 – 23.49 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 752/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

2. Punkt: Bericht über den Antrag 756/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das MTD-Gesetz und das Hebammengesetz geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Or­gani­sation der Pädagogischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005)

4. Punkt: Bericht über den Antrag 644/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Stipendien für PÄDAK-AbsolventInnen

5. Punkt: Bericht über die Petition (54/PET) betreffend „Resolution der Studien­kom­mission der Pädagogischen Akademie des Bundes in Oberösterreich“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992 und das Gebühren­ge­setz 1957 geändert werden

7. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Meldegesetz geändert wird

8. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Über­einkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen

9. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über den Grenzübertritt auf touristischen Wegen und über den Grenzübertritt in beson­deren Fällen

10. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzes­beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005)


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139. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden und das Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006 erlassen wird

12. Punkt: Einspruch des Bundesrates vom 25. Jänner 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Durch­führung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bundes­gesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldegesetz 1991 und das Bildungs­dokumentationsgesetz geändert werden

13. Punkt: Einspruch des Bundesrates vom 25. Jänner 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Achtundzwanzigsten Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jän­ner bis 31. Dezember 2004)

15. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Geset­zesbeschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates (1287 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeits­losen­versicherungsgesetz 1977 und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird

18. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien über soziale Sicherheit

19. Punkt: Bericht über den Antrag 751/A der Abgeordneten August Wöginger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002) und das Apothekengesetz geändert werden

20. Punkt: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

21. Punkt: Bericht über den Antrag 778/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird

22. Punkt: Bericht über den Antrag 780/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz geändert wird

23. Punkt: Bericht über den Antrag 777/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nicht­raucherschutz (Tabakgesetz), das Tabakmonopolgesetz und das Tabaksteuergesetz geändert werden


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139. Sitzung / Seite 3

24. Punkt: Einspruch des Bundesrates vom 9. Februar 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führer­scheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 22

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 22

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 1340, 1341, 1339, 1338 und 1343 d.B. gemäß § 44 (2) der Ge­schäftsordnung ......................................... 41

Antrag der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 464/A der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung-Gesell­schaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 28. März 2006 zu setzen ........................................... 45

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 45

Redner:

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 151

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 154

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 155

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 157

Michaela Sburny ......................................................................................................... 158

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 159

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 45

Aktuelle Stunde (34.)

Thema: „Ungerechte Pensionsregelung für Schwerarbeiterinnen und Schwer­arbeiter“              ............................................................................................................................... 22

Redner/Rednerinnen:

Renate Csörgits ............................................................................................................ 22

Bundesministerin Ursula Haubner .....................................................................  25, 38

Fritz Neugebauer .......................................................................................................... 27

Mag. Norbert Darabos ................................................................................................. 29

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 30

Karl Öllinger .................................................................................................................. 32

Günter Kößl .................................................................................................................. 33

Staatssekretär Sigisbert Dolinschek ......................................................................... 35

Franz Riepl .................................................................................................................... 36


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139. Sitzung / Seite 4

Maximilian Walch ......................................................................................................... 38

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 40

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 22

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 43

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer ....................................................... 43

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Elite-Universität Maria Gugging: ein Scherbenhaufen“ (4019/J)   ............................................................................................................................. 111

Begründung: Dr. Alexander Van der Bellen .............................................................. 115

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 120

Debatte:

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 125

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 128

Josef Broukal .............................................................................................................. 130

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 132

Michaela Sburny ......................................................................................................... 135

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 137

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 139

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 140

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 142

Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................................................... 144

Mag. Johann Moser ................................................................................................... 145

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 147

Mag. Heribert Donnerbauer (tatsächliche Berichtigung) .......................................... 148

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 148

Dr. Gertrude Brinek (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 150

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 752/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleck­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (1308 d.B.) ........ 46

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 756/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleck­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das MTD-Gesetz und das Hebammengesetz geändert werden (1309 d.B.) .......................................................................................... 46


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139. Sitzung / Seite 5

Redner/Rednerinnen:

Josef Broukal ................................................................................................................ 46

Dr. Gertrude Brinek ..................................................................................................... 48

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 50

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 50

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 52

Bundesministerin Elisabeth Gehrer .......................................................................... 54

Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 57

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................... 58

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ........................................................................................... 61

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 62

Petra Bayr ..................................................................................................................... 65

Mag. Dr. Alfred Brader ................................................................................................ 66

DDr. Erwin Niederwieser ............................................................................................. 66

Silvia Fuhrmann ........................................................................................................... 67

Heidrun Walther ........................................................................................................... 68

Carina Felzmann .......................................................................................................... 69

Mag. Johann Moser ..................................................................................................... 70

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 71

Ing. Kurt Gartlehner ..................................................................................................... 72

Martin Preineder ........................................................................................................... 72

Mag. Melitta Trunk ....................................................................................................... 73

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 74

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 75

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 76

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 76

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1308 und 1309 d.B. ....................................... 77

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Einspruch des Bundes­rates (1285 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 7. De­zem­ber 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Organisation der Pädago­gischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005) (1335 d.B.) ............................................................................................................................... 78

4. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 644/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stipendien für PÄDAK-AbsolventInnen (1336 d.B.)                78

5. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Petition (54/PET) betref­fend „Resolution der Studienkommission der Pädagogischen Akademie des Bundes in Oberösterreich“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr (1337 d.B.) .............................................................. 78

Redner/Rednerinnen:

DDr. Erwin Niederwieser ............................................................................................. 78

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 79

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) ..................................................................... 80

Dieter Brosz .................................................................................................................. 81

Mares Rossmann ......................................................................................................... 83

Bundesministerin Elisabeth Gehrer .......................................................................... 84

Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 86

Dr. Gertrude Brinek ..................................................................................................... 87

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 88

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 90

Dr. Robert Rada ............................................................................................................ 91


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139. Sitzung / Seite 6

Fritz Neugebauer .......................................................................................................... 92

Beate Schasching ........................................................................................................ 93

Wolfgang Großruck ..................................................................................................... 94

Carina Felzmann .......................................................................................................... 95

Notburga Schiefermair ................................................................................................ 95

Beharrungsbeschluss in 1335 d.B. ................................................................................ 96

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1336 und 1337 d.B. ............................ 96

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1229 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (1340 d.B.)   ............................................................................................................................... 97

7. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Meldegesetz geändert wird (1341 d.B.) ....................... 97

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1272 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (1339 d.B.) .......................................................................... 97

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1194 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über den Grenzübertritt auf touristischen Wegen und über den Grenzübertritt in besonderen Fällen (1338 d.B.)                        97

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 97

Günter Kößl .................................................................................................................. 99

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 100

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 101

Markus Fauland .......................................................................................................... 102

Bundesministerin Liese Prokop ............................................................................... 103

Erwin Hornek .............................................................................................................. 104

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 105

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 106

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 107

Otto Pendl ................................................................................................................... 108

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 109

Katharina Pfeffer ........................................................................................................ 110

Karl Freund ................................................................................................................. 159

Anton Gaál .................................................................................................................. 160

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1340 und 1341 d.B. ..................................... 161

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 1339 und 1338 d.B. ................................ 161

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Ein­spruch des Bundesrates (1286 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Na­tional­rates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), das Tilgungsgesetz 1972 und das Ge­bührengesetz 1957 geändert werden (Staatsbürgerschaftsrechts-Novel­le 2005) (1342 d.B.)                    162


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139. Sitzung / Seite 7

Redner/Rednerinnen:

Anton Gaál .................................................................................................................. 162

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 163

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 164

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 165

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 167

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 168

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 168

Markus Fauland .......................................................................................................... 170

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 171

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 171

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 172

Beharrungsbeschluss .................................................................................................. 173

11. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden und das Zivildienstgesetz-Über­gangsrecht 2006 erlassen wird (1343 d.B.) ............... 173

Berichterstatter: Matthias Ellmauer ........................................................................... 173

Redner/Rednerinnen:

August Wöginger ....................................................................................................... 173

Mag. Norbert Darabos ............................................................................................... 175

Markus Fauland .......................................................................................................... 176

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 176

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 178

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 179

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 180

Jochen Pack ................................................................................................................ 181

Dr. Peter Pilz ......................................................................................................  182, 185

Herbert Scheibner .............................................................................................  184, 187

Walter Murauer ........................................................................................................... 188

Entschließungsantrag der Abgeordneten August Wöginger, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Norbert Darabos, Theresia Haidlmayr Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Evaluierung des Systems der Verpflegung von Zivil­dienstleistenden – Annahme (E 172) .................................  181, 189

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 189

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Einspruch des Bundesrates vom 25. Jänner 2006 gegen den Be­schluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Durchführung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungs­zäh­lungen und Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Melde­ge­setz 1991 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (1283 d.B.) .................................... 189

13. Punkt: Einspruch des Bundesrates vom 25. Jänner 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (1284 d.B.) ............................................................................................. 189

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 189

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 191


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139. Sitzung / Seite 8

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 192

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 193

Michael Praßl .............................................................................................................. 195

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 195

Antrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, den ursprünglichen Gesetzesbeschluss des National­rates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Durchfüh­rung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bun­des­gesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldegesetz 1991 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (1283 d.B.), gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG zu wiederholen – Annahme (Beharrungsbeschluss)    190, 196

Antrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, den ursprünglichen Gesetzesbeschluss des National­rates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nieder­lassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (1284 d.B.), gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG zu wiederholen – Annahme (Beharrungsbeschluss) ..........................................  190, 196

14. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Achtundzwanzigsten Bericht (III-160 d.B.) der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2004) (1292 d.B.) ............................ 197

Redner/Rednerinnen:

Karl Donabauer .......................................................................................................... 197

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 198

Herbert Scheibner .............................................................................................  201, 216

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 203

Maria Grander ............................................................................................................. 205

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 205

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 207

Michaela Sburny ......................................................................................................... 207

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 208

Otto Pendl ................................................................................................................... 209

Michael Praßl .............................................................................................................. 210

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 210

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 211

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 212

Volksanwalt Mag. Johann Ewald Stadler ................................................................ 213

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 215

Josef Broukal .............................................................................................................. 217

Dr. Peter Wittmann (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 218

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von Regelungen hinsichtlich der Voraus­set­zungen für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen im Bereich der Öffentlich­keitsarbeit – Ablehnung ....................................................  200, 218

Kenntnisnahme des Berichtes III-160 d.B. ................................................................... 218

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bundesrates (1282 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestell­tengesetz geändert wird (1311 d.B.) .............. 218


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139. Sitzung / Seite 9

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bundesrates (1287 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1312 d.B.)              ............................................................................................................................. 218

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1280 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz geändert wird (1310 d.B.)                       218

Redner/Rednerinnen:

Dr. Richard Leutner ................................................................................................... 219

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 220

Karl Öllinger ................................................................................................................ 221

Maximilian Walch ....................................................................................................... 223

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 224

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 224

Dietmar Keck .............................................................................................................. 225

Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................................................... 226

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 227

Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 228

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 229

Ridi Steibl .................................................................................................................... 229

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 230

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 231

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 232

Herta Mikesch ............................................................................................................. 232

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 233

Anna Höllerer .............................................................................................................. 233

Christine Marek .......................................................................................................... 234

Johann Rädler ............................................................................................................ 235

Beharrungsbeschlüsse in 1311 und 1312 d.B. ............................................................ 235

Annahme des Gesetzentwurfes in 1310 d.B. .............................................................. 236

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1273 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien über soziale Sicherheit (1313 d.B.)         ............................................................................................................................. 236

Redner/Rednerinnen:

Barbara Riener ........................................................................................................... 236

Maximilian Walch ....................................................................................................... 237

Karl Öllinger ................................................................................................................ 237

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 238

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 751/A der Abgeordneten August Wöginger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002) und das Apothekengesetz geän­dert werden (1293 d.B.) ....................................................................................................... 238

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1268 d.B.): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patienten­charta) (1294 d.B.) .............................. 238


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139. Sitzung / Seite 10

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 778/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizi­nischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird (1296 d.B.)                            238

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 780/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz geändert wird (1297 d.B.) ................................................................. 238

Redner/Rednerinnen:

Manfred Lackner ........................................................................................................ 238

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 240

Renate Csörgits .......................................................................................................... 248

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 249

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 250

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 251

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 252

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 252

August Wöginger ....................................................................................................... 253

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 254

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 255

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 255

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 256

Erika Scharer .............................................................................................................. 257

Maria Grander ............................................................................................................. 257

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 258

Anna Höllerer .............................................................................................................. 259

Anton Doppler ............................................................................................................ 259

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 260

Karl Donabauer .......................................................................................................... 261

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1293, 1296 und 1297 d.B. ................................ 262

Genehmigung der Vereinbarung in 1294 d.B. .............................................................. 263

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 777/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabak­gesetz), das Tabakmonopolgesetz und das Tabaksteuergesetz geändert werden (1295 d.B.) ................................................ 263

Redner/Rednerinnen:

Beate Schasching ...................................................................................................... 263

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 264

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 264

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 265

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 266

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 267

Barbara Riener ........................................................................................................... 267

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 270

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 271

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 271

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 272


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24. Punkt: Einspruch des Bundesrates vom 9. Februar 2006 gegen den Be­schluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle) (1302 d.B.) ...................................................................................................... 273

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 273

Kurt Eder ..................................................................................................................... 274

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 274

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 275

Antrag der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolle­gin­nen und Kollegen, den ursprünglichen Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerschein­gesetz geändert wird (9. FSG-Novelle), (1302 d.B.), gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG zu wiederholen – Annahme (Beharrungsbeschluss) ...............................................  273, 276

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 43

Petition betreffend „Kraftwerk Mittlere Salzach – Werfen/Pfarrwerfen: Für eine umweltschonende und nachhaltige Energieversorgung statt Subventionierung von Natur zerstörerischen Großprojekten“ (Ordnungsnummer 83) (überreicht von der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 42

1301: Zweites Protokoll aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Euro­päische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärungen

1314: Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006

1315: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pen­sions­gesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pen­sionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden

1316: Anti-Stalking-Gesetz

1324: Urheberrechtsgesetz-Novelle 2006 – UrhG-Nov 2006

1325: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird

1326: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafpro­zessord­nung 1975 geändert werden

1327: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (27. KFG-Novelle)

1328: Bundesgesetz, mit dem ein Straßentunnel-Sicherheitsgesetz erlassen und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird

1329: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

1331: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden

1332: Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird


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1333: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird

1334: Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006

Berichte ......................................................................................................................... 43

Vorlage 45 BA: Bericht über die Übernahme von Bundeshaftungen im Jahre 2005; BM f. Finanzen

III-200: Bericht, Reihe Bund 2006/2; Rechnungshof

III-201: Bericht betreffend Jahresvorschau 2006 auf der Grundlage des Legis­lativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahres­programms des Rates; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft

III-203: Evaluierungsbericht gem. § 113 Abs. 6 des Telekom­munikations­gesetzes 2003, BGBl. I Nr. 70/2003; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-204: Bericht betreffend EU-Arbeitsprogramm 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahres­programms des Rates; BM f. soziale Sicherheit, Generationen und Konsumen­tenschutz

III-205: Bericht betreffend Jahresvorschau 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

Anträge der Abgeordneten

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung des BezieherInnenkreises und Erhöhung der Schülerbeihilfen (794/A) (E)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes (795/A) (E)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konzept zur Förde­rung und Stärkung der kulturellen Bildung (796/A) (E)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird (797/A)

Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology – Austria (798/A)

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz geändert wird (799/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Pocket-Bikes – Sicher­heitsfragen“ (3942/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Pocket-Bikes – Rechtsfragen“ (3943/J)


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139. Sitzung / Seite 13

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung des angekündigten Maßnahmenpakets gegen weibliche Genitalverstümmelung (3944/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Umsetzung des angekündigten Maßnahmenpakets gegen weibliche Genitalverstümmelung (3945/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Umsetzung des angekündigten Maßnahmenpakets gegen weibliche Genitalverstümmelung (3946/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Umsetzung des angekündigten Maßnahmenpakets gegen weibliche Genitalverstüm­melung (3947/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Umsetzung des angekündigten Maßnahmenpakets gegen weibliche Genitalverstümmelung (3948/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Leistungen der öffentlichen Entwicklungshilfegelder (ODA) ohne Einrechnung von Entschuldungsmaßnahmen (3949/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Studie „Die Europäische Investitionsbank im Süden – in wessen Interesse?“ (3950/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend UNESCO Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt (3951/J)

Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Nichtdurchführung der Entschließung 118 des Nationalrats vom 6.7.2005 zur Schaffung eines Bilanzbuchhalterberufs (3952/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Ausschluss eines Journalisten von Pressekonferenz der EU-Troika mit dem chinesischen Außenminister (3953/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ausschluss eines Journalisten von Pressekonferenz der EU-Troika mit dem chinesischen Außenminister (3954/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend verfassungs- und rechtswidrige Bespitzelung von Abgeordneten und BürgerInnen (3955/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Säumigkeit der Bundesregierung bei der Kundmachung von Erkenntnissen des VfGH (3956/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Gerichtsgebühren – Eintragungsgebühren, etc. nach dem GGG III“ (3957/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Bekämpfung der Vogelgrippe (Geflügelpest) – Tier­seu­chen­rechtliche Maßnahmen – Kontrollen – Internationale Zusammenarbeit“ (3958/J)


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139. Sitzung / Seite 14

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Geschäftsführung der „Familie & Beruf Management GmbH“ (3959/J)


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139. Sitzung / Seite 15

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3960/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3961/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3962/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3963/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3964/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3965/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3966/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3967/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3968/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3969/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3970/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (3971/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend e-card/Vertrag mit Programm­direktor Bierbaumer (3972/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Kosten des Projekts e-card (3973/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Projekt e-card/Vertrag mit Programmdirektor Bierbaumer (3974/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Kosten des Projekts e-card (3975/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Schienenverbindungen Wien–Bratislava (3976/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Tempo 160 (3977/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Gratisausweise des Verkehrsministers (3978/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend UVP-Verfahren S 1 – Anschlussstelle Rannersdorf (3979/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend aufgelassenes Gipsbergwerk in Maria Enzersdorf/NÖ (3980/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend aktuelle Fragen zur Tätigkeit der Artothek (3981/J)

Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Beruf „ReproduktionsbiologInnen“ (3982/J)

Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Beruf „ReproduktionsbiologInnen“ (3983/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Verschiebung der vollen Einsatzfähigkeit des Eurofighter auf frühestens 2007 (3984/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Ministeriums-Werbung in „gelb“ (3985/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Behindertenmil­liar­de 2005 (3986/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zivildienerzuweisung Februar 2006 (3987/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zivildienerzuweisung Oktober 2005 (3988/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zivildienerzuweisung Juni 2005 (3989/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Schutz der Wasservorräte des Hochschwabmassivs (3990/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend „Artikel 7 – Unser Recht“ (3991/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Administration des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (3992/J)


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139. Sitzung / Seite 16

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Schadstoffemissionen des Off-Road-Sektors (3993/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Schadstoffemissionen des Off-Road-Sektors (3994/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend einen möglichen Justizskandal im Zusammenhang mit der einstigen ÖVP-Ministersekretärin und ehemaligen Präsidentin und Geschäftsführerin von World Vision Österreich Frau M. Krones-Taurer (3995/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „lehrlings­event 06“; datenschutzrechtliche Fragen (3996/J)

Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nichteinbindung des Parlaments im Zuge der Novellierung des Weingesetzes (3997/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Finanzierung der Werbeeinschaltung in „Die Presse“ (3998/J)


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139. Sitzung / Seite 17

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Gesundheitsdaten von Versicherten: Ermittlung von personenbezogenen Gesundheitsdaten – Auskünfte durch öffentliche Versicherungs­anstalten (sog. Krankenfürsorge)“ (3999/J)

Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend unzureichende Anfragebeantwortung und Klärung von Widersprüchen zum Thema Umsiedelung der Linzer Finanz- und Zolldienststellen (4000/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Überfällige Sozialver­sicherungsbeiträge im Jahr 2005“ (4001/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Verkehrssicherheitsfonds – Sicherheitsjacken für Kfz-Lenker für Kärnten – Offene Fragen zur Förderung, Vergabe und Abwicklung“ (4002/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend parteipolitische Tätigkeit des Pressesprechers des Staatssekretärs (4003/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2006)“ (4004/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2006)“ (4005/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kom­missionen und anderen Gremien (2006)“ (4006/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2006)“ (4007/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2006)“ (4008/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2006)“ (4009/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2006)“ (4010/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2006)“ (4011/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2006)“ (4012/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Vertretung in Aufsichts­räten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2006)“ (4013/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kom­missionen und anderen Gremien (2006)“ (4014/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2006)“ (4015/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend Zauberflötenpaket für Schulen (4016/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend zweites Straflandesgericht samt Justizanstalt in Wien (4017/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend das beabsichtigte neue Eisenbahngesetz: Versinkt das österreichische Eisenbahnwesen durch Überforderung in seinem Bereich endgültig im Chaos, bei gleichzeitig weiterem Ausbau der bestehenden Defizite bei Gesundheits- und Umweltschutz? (4018/J)

Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Elite-Universität Maria Gugging: ein Scherbenhaufen“ (4019/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Galerieförderung/Auslandsmessenförderung (4020/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Steuerschulden von Unternehmen in Österreich (31.12.2005)“ (4021/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Abfrageberechtigungen nach dem Meldegesetz V“ (4022/J)


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139. Sitzung / Seite 18

Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Gerücht über Schließung der Ybbstalbahn (4023/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die aktuelle Situation schulischer Bildung für Gehörlose (4024/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend NEC-AG-Verkehr (4025/J)

*****

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Mautbefreiung bei der ASFINAG (41/JPR)

Günter Kößl, Kolleginnen und Kollegen an den Obmann des Ausschusses für innere Angelegenheiten betreffend geschäftsordnungswidrige Unterbrechung des Innenaus­schusses am 22. Februar 2006 (42/JPR)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Brief an die Präsidenten der nationalen Parlamente der EU-Staaten vom 19. Jänner 2006, mit dem diese eingeladen werden, Teilnehmer für die so genannte Subsidiaritätskonferenz in St. Pölten namhaft zu machen (43/JPR)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „AK-Schnitzeltest (Fertigprodukte) – Formfleisch: Kontrolle nicht mehr möglich!“ (3865/J) (Zu 3865/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Integrative Berufsausbildung“ (3927/J) (Zu 3927/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (3658/AB zu 3708/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (3659/AB zu 3709/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3660/AB zu 3738/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (3661/AB zu 3741/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3662/AB zu 3745/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3663/AB zu 3746/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen (3664/AB zu 3751/J)


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139. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen (3665/AB zu 3810/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3666/AB zu 3716/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen (3667/AB zu 3710/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen (3668/AB zu 3711/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (3669/AB zu 3715/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3670/AB zu 3712/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3671/AB zu 3718/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3672/AB zu 3719/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen (3673/AB zu 3724/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (3674/AB zu 3727/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3675/AB zu 3758/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3676/AB zu 3732/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (3677/AB zu 3750/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3678/AB zu 3761/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen (3679/AB zu 3733/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3680/AB zu 3766/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (3681/AB zu 3723/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (3682/AB zu 3742/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3683/AB zu 3749/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (3684/AB zu 3744/J)


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139. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3685/AB zu 3747/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3686/AB zu 3762/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3687/AB zu 3763/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (3688/AB zu 3752/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3689/AB zu 3737/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3690/AB zu 3755/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3691/AB zu 3756/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3692/AB zu 3767/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3693/AB zu 3764/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolle­ginnen und Kollegen (3694/AB zu 3757/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3695/AB zu 3734/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (3696/AB zu 3743/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3697/AB zu 3760/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen (3698/AB zu 3722/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3699/AB zu 3725/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3700/AB zu 3726/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3701/AB zu 3728/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3702/AB zu 3729/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3703/AB zu 3730/J)


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des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen (3704/AB zu 3735/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3705/AB zu 3736/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3706/AB zu 3739/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen (3707/AB zu 3740/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3708/AB zu 3748/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3709/AB zu 3765/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3710/AB zu 3731/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3711/AB zu 3759/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3712/AB zu 3768/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (39/ABPR zu 41/JPR)

des Obmannes des Ausschusses für innere Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Günter Kößl, Kolleginnen und Kollegen (40/ABPR zu 42/JPR)


 



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10.00.08Beginn der Sitzung: 10 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße die Damen und Herren im Hohen Haus.

Das Amtliche Protokoll der 138. Sitzung vom 13. Februar 2006 lag in der Parlaments­direktion auf und blieb unbeanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dobnigg, Gradwohl, Mag. Posch Silhavy, Verzetnitsch und Dr. Gabriela Moser.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat wird durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll vertreten.

Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde. Wer wird die Stellungnahme für die Regierung abgeben, meine Herren Klubobleute? (Abg. Mag. Molterer: Die Frau Bundesministerin ist schon da, aber noch draußen!) Dann unterbreche ich die eröffnete Sitzung und warte, bis das Regierungsmitglied ein­getroffen ist.

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir gelangen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Ungerechte Pensionsregelung für Schwerarbeiterinnen und Schwerarbeiter“

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Csörgits. Ich erteile es ihr. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


10.01.53

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregie­rung! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein besonderes Interesse dürfte diese Bundesregierung an diesem Thema nicht haben, da Mitglieder dieser zu spät kommen. Aber wer zu spät kommt, den straft die Zeit. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das heutige Thema der Aktuellen Stunde ist die ungerechte Pensionsregelung für Schwerarbeiter und Schwerarbeiterinnen. Es wird wieder einmal heute sehr deutlich


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139. Sitzung / Seite 23

klar werden, dass diese Bundesregierung kein Herz für Arbeitnehmer und Arbeit­nehmerinnen in Österreich hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Bei dem in Begutachtung gegangenen Sozial­versicherungs-Änderungsgesetz, das auch die Schwerarbeiterregelung enthält, handelt es sich unserer Meinung nach um ein Minderheitenprogramm. Sehr viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen werden nichts davon haben – rein gar nichts davon haben. Das ist aber an sich noch nichts Neues, denn es ist nicht das erste Mal, dass diese Bundesregierung Maßnahmen setzt, die sich gegen die Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen richten, und dass sie Versprechungen macht, die nicht einge­halten werden. (Abg. Dr. Fekter: Was ist bei der AMAG?)

Der Bundeskanzler hat zum Beispiel vor den Wahlen im Jahr 2002 festgestellt, dass kein weiterer Änderungsbedarf bei den Pensionen notwendig ist, dass diese Jahrhun­dertreform des Jahres 2000 völlig ausreichen wird. Sehr lange hat diese Jahrhundert­reform nicht gehalten, muss man sagen, vor allem wenn man bedenkt, dass Sie von der Bundesregierung und Sie als Mandatare der ÖVP und der FPÖ mit der Pen­sionssicherungsreform im Jahre 2003 wieder ganz massive Pensionskürzungen vorgenommen haben.

Ich bringe ein paar Beispiele in Erinnerung. Die Frühpensionen wegen langer Arbeits­losigkeit sind überfallsartig abgeschafft worden. Die Frühpensionen wegen langer Versicherungsdauer laufen schrittweise aus. Mit der Pensionsharmonisierung haben Sie zwar einen so genannten Pensionskorridor eingeführt, aber Sie haben auch die Regelung beschlossen – und das ist wieder typisch für Sie –, dass Menschen, die diesen Korridor nützen wollen, wieder Abschläge bei der Pension in Kauf nehmen müssen. Ganz gravierend ist, dass Frauen diesen Pensionskorridor bis zum Jahr 2028 nicht nützen können. Es muss wieder einmal gesagt werden, dass die Hauptleid­tragenden Ihrer Pensionsreform wieder die Frauen sind.

Sie nehmen aber auch nicht auf die unterschiedlichen Erwerbsbiographien der Arbeit­nehmerinnen in Österreich Rücksicht. Sie haben unzureichende Anrechnungen der Kinderbetreuungszeiten beschlossen. Gestern hat die Arbeiterkammer festgestellt, dass Sie nicht nur unzureichende Zeiten beschlossen haben, sondern dass interes­santerweise diese Beitragszeiten auch nicht entsprechend aufgewertet werden. Der Aufwertungsfaktor ist zu Jahresbeginn von Ihnen nicht berücksichtigt worden. Es gibt keine Aufwertung, und das bedeutet, dass dann, wenn das nicht repariert wird, die berufstätigen Frauen beim Pensionsalter extrem benachteiligt werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Im Rahmen der Pensionsreform haben Sie ver­sprochen, dass schwer arbeitende Menschen früher in Pension gehen werden können und weniger Abschläge haben werden. Wie schaut es jetzt tatsächlich mit diesem Ihren Versprechen aus?

Bei den zwei Schwerarbeiterregelungen, die die Regierung beschlossen hat, ist nichts davon zu bemerken, und auch der vorliegende Gesetzentwurf ändert nichts am tatsächlichen Grundproblem. Nur wenige arbeitende Menschen werden in den Genuss kommen. Die Schwerarbeiterregelung dieser Bundesregierung ist ein absolutes Min­der­heitenprogramm! (Beifall bei der SPÖ.)

Was kritisieren wir besonders an diesem Gesetzentwurf? – Erstens: Frauen werden weiterhin von der Schwerarbeiterregelung II ausgeschlossen. Für Frauen gilt also nur die ungünstigere Schwerarbeiterregelung I, die mit 1. Juli 2010 wirksam wird. In den Jahren 2007 bis Juli 2010 fallen Frauen überhaupt nicht unter die Schwerarbeiter­regelung. Ab Juli 2010 werden Frauen aber auch nur in einem ganz kleinen Ausmaß davon profitieren, denn sie brauchen mindestens 40 Beitragsjahre, und von den letzten 20 Jahren müssen mindestens zehn Jahre Schwerarbeit sein.


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Was sind denn Beitragsjahre? Das möchte ich Ihnen auch in Erinnerung rufen. – Das sind die versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten und die Kindererziehungs­zeiten. – So weit, so gut. Aber Zeiten der Arbeitslosigkeit oder Zeiten eines Kranken­geldbezuges fallen da nicht hinein. Das heißt, dass Sie dabei außer Acht lassen, dass auf Grund Ihrer unsozialen Politik Menschen immer länger in Arbeitslosigkeit sind, Menschen immer weniger Vollzeitbeschäftigung haben, und davon sind insbesondere Frauen betroffen.

Mit diesen Maßnahmen setzen Sie den Weg fort, dass Sie Frauen in die Armut treiben, dass Sie für Frauen keine dementsprechenden guten Pensionsregelungen schaffen, und das ist wirklich sehr deprimierend. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens muss auch gesagt werden, dass derjenige, der krankheitshalber früher in Pension gehen muss, nichts von diesen Regelungen haben wird, denn das berück­sichtigen Sie auch nicht. Wer auf Grund gesundheitlicher Probleme eine Berufs­unfähigkeitspension oder eine Invaliditätspension in Anspruch nehmen muss, der hat auch nichts davon.

Nehmen Sie zur Kenntnis, sehr geschätzte Damen und Herren, dass Sie damit Tausende von Bauarbeitern diskriminieren, denn diese können nicht mehr in die normale Alterspension gehen, sie sind ganz einfach viel zu krank dazu. Diese Leute berücksichtigen Sie überhaupt nicht. Das ist soziale Kälte! (Beifall bei der SPÖ.)

Benachteiligt werden auch jene Menschen – und das ist mein dritter Kritikpunkt –, die in jungen Jahren Schwerarbeit leisten. Darunter fallen zum Beispiel sehr viele Frauen, die den Pflegeberuf ergreifen. Sie können diesen Beruf höchstens in jungen Jahren ausüben, aber wenn sie dann in Pension gehen wollen, haben sie von dieser Schwer­arbeiterregelung absolut nichts. Sie diskriminieren damit wieder die Frauen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Staatssekretär Dolinschek: Sie kennen sich nicht aus!) – Herr Kollege Dolinschek, ich kenne mich sehr wohl aus (Staatssekretär Dolinschek: Nein! Überhaupt nicht!), wahrscheinlich viel besser als Sie, denn Sie dürften nicht wissen, was Sie in Ihren Vorschlag hineingepackt haben.

Zusammenfassend sei also gesagt: 2 Prozent aller Neupensionszugänge werden unter das Gesetz fallen. Es ist also schlicht und ergreifend ein Minderheitenprogramm.

Nun komme ich zur Schwerarbeiterverordnung. Auch da kann man es auf den Punkt bringen: Auch diese Verordnung ist schlicht und ergreifend misslungen!

Was meine ich damit? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das wissen Sie selbst nicht!) – Sie enthält eine sehr schlechte Definition im Zusammenhang mit den schweren Arbeiten im Pflegebereich. Sie knüpfen da an den Bezug des Pflegegelds an. Einmal sprechen Sie von der Pflegestufe 4, dann wieder von der Pflegestufe 5. Auch da zeigt sich wieder Ihre Husch-Pfusch-Manier, wobei prinzipiell zu bemerken ist, dass die Anknüpfung an das Pflegegeld generell nicht sinnvoll ist, denn Pflegegeld wird nur dort bezahlt, wie Sie, so hoffe ich, wissen, wo man mindestens sechs Monate lang einen großen Pflege­bedarf hat. Für Menschen, die im Bereich der Unfallchirurgie tätig sind und dort Patienten pflegen müssen, ist es schlicht und ergreifend egal, wie lange diese Men­schen schwer krank sind; sie tun ihr Bestes. Diese schließen Sie aber aus!

Was ebenfalls sehr diskriminierend und entsetzlich ist, ist, dass Sie Fließbandarbeit und Akkordarbeit ebenfalls nicht berücksichtigen. All das sind Arbeiten, die vorwiegend von Frauen gemacht werden. Die Definition der Nachtarbeit ist ebenfalls sehr restriktiv.

Ich bringe es auf den Punkt: ein Husch-Pfusch-Gesetz!

Wir sagen: Schwer arbeitende Frauen müssen mit einbezogen werden. Arbeiten, die so gesundheitsgefährdend sind, dass man deswegen in die Berufsunfähigkeitspension


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oder in die Invaliditätspension gehen muss, müssen berücksichtigt werden, und auch Menschen, die in jungen Jahren Schwerarbeit leisten, müssen berücksichtigt werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es zeigt sich wieder einmal: Sie haben viel versprochen und nichts gehalten! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Sie treiben die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Pension in die Armutsfalle. Sie setzen sich über ein Volksbegehren hinweg, das mehr als 600 000 Menschen unterschrieben haben. Sie waren nicht bereit, auf die Vorschläge der SPÖ einzugehen und Anleihe bei unserem Modell der Fairnesspension zu nehmen. Sie diskriminieren die Bauarbeiter. Sie stoßen Tausende von Polizisten vor den Kopf, und Sie dis­kriminieren die Frauen. Es ist Zeit, dass Sie gehen, denn die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen haben sich etwas Besseres verdient als Ihre Politik der sozialen Kälte. (Beifall bei der SPÖ.)

10.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Haubner. Auch Ihre Redezeit, Frau Bundesministerin, beträgt grundsätzlich 10 Minuten. – Bitte.

 


10.12.11

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich entschuldige mich, dass ich zwei Minuten zu spät gekommen bin. Ich hatte draußen noch ein Gespräch, war aber schon im Parlament anwesend. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Frau Kollegin Csörgits! Ihre Ausführungen am Schluss Ihrer Rede haben mir gezeigt, dass anscheinend der Wahlkampf eröffnet ist und dass er hier in das Plenum getragen wird. (Abg. Öllinger: Sie machen Werbekampagnen um 4 Millionen €!) Ich möchte als zuständige Ministerin zu einer Regelung Stellung nehmen, die wesentlich und not­wendig war. (Abg. Dr. Jarolim: Eine Verhöhnung!) Ich möchte zu einer Regelung Stellung beziehen, für die seit 30 Jahren Notwendigkeit bestanden hat, um die Pensionen nachhaltig zu sichern, um die Pensionssysteme zu vereinheitlichen und vor allem auch um einen flexiblen Übergang zur Pension zu schaffen.

30 Jahre, also jahrzehntelang, wurde nichts getan. Wir in dieser Regierung haben das Problem erkannt. Wir haben es aber nicht nur erkannt, sondern auch gehandelt, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Bundesregierung hat gehandelt, um den Lebensstandard im Alter für alle Men­schen in Österreich nachhaltig und angemessen zu sichern und  – vor allem das ist wichtig – um der heutigen Jugend in Zukunft noch eine Pension garantieren zu können.

Wir haben das korrigiert, was in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt wurde. Und da möchte ich besonders auf die eigenständige Alterssicherung von Frauen eingehen. Wir haben bei der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes erstmals pensionsbegründende Kindererziehungszeiten eingeführt, und zwar gibt es nun statt zwei Jahre vier Jahre pro Kind und bei Mehrlingsgeburten fünf Jahre echte Pensionszeiten für die Frauen.

Wir haben auch erstmals die Beitragsgrundlage zur Bemessung dieser Pensionszeiten gegenüber dem Jahr 1999 mehr als verdoppelt, nämlich auf 1 350 €, und daher ver­stehe ich Ihre Kritik nicht, dass das nicht angehoben wird, dass das nicht jährlich valorisiert wird.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie müssen wissen, dass dieser Betrag, wenn er dem Pensionskonto zugeschrieben wird, jährlich angepasst wird. Diese 1 350 € werden jährlich angepasst, wenn sie auf dem Pensionskonto sind. Daher


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verstehe ich die Aufregung nicht. Ich kann mich erinnern, dass gerade diese 1 350 € auch in den Verhandlungen mit der Gewerkschaft ein ganz wichtiges Thema waren und wir uns darauf gemeinsam geeinigt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, machen Sie doch nicht das, was Sie damals mit uns verhandelt haben, jetzt wieder schlecht, weil es Ihnen aus irgendeinem Grund nicht passt!

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass wir gerade für die Frauen auf Grund der Reduktion Zahl der Beitragsjahre während der Erwerbstätigkeit von 15 auf sieben Jahre einen wesentlichen Schritt dahin gehend gesetzt haben, dass Frauen in Zukunft auch eine eigenständige Alterspension bekommen, denn es ist nicht einzusehen, dass es 150 000 über 60-Jährige in Österreich gibt, die keine eigene Pension haben. Das ist kein Versäumnis dieser Regierung, sondern das sind Versäumnisse der Vergan­gen­heit! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Zum Thema!)

Wir haben auch im Bereich der Pensionszeiten für pflegende Angehörige wesentliche Verbesserungen erreicht. Wir haben – jetzt komme ich auf das Thema zu sprechen –als erstes europäisches Land etwas in Angriff genommen, von dem alle anderen europäischen Länder reden. Gerade in unserem Ministerium sind jeden Tag Anrufer aus anderen Ländern zu verzeichnen, die wissen wollen, wie wir das machen, welche Möglichkeiten es gibt. Und Österreich ist, ob Sie es wollen oder nicht, wieder ein Vorbild. Man schaut mittlerweile etwas neidvoll auf uns. Ich möchte nicht zitieren, was ein Kollege von Ihnen, ein SPD-Ministerpräsident eines bundesdeutschen Landes, gesagt hat. Er blickt neidvoll nach Österreich, weil man hier etwas umsetzt, was man in Deutschland noch nicht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In Deutschland diskutiert man seitens der SPD, dass Menschen nach 45 Jahren Er­werbstätigkeit in Pension gehen können sollen, aber nicht mit 60 Jahren, so wie bei uns mit der Übergangsregelung, sondern mit 65 Jahren, und man setzt sogar das Pensionsalter auf 67 Jahre hinauf. Lassen wir also bitte die Kirche im Dorf, und sehen wir das etwas realistischer!

Wir haben mit dieser Schwerarbeiterregelung einen weiteren Schritt gesetzt. Die Verordnung liegt noch nicht vor, daher möchte ich auch nicht über die Verordnung diskutieren, sondern nur über den Gesetzentwurf. Die Verordnung ist noch nicht abgesegnet worden. Wir haben diese Schwerarbeiterregelung für Menschen geschaf­fen, die, wenn sie besonders gesundheitsbelastende Tätigkeiten ausüben, ein Recht haben, aus diesem Grund früher in Pension zu gehen.

Weil Sie die Situation der Frauen angesprochen haben: Ich möchte schon einmal sagen, dass uns klar sein muss, dass wir noch eines der wenigen Länder sind, die ein unterschiedliches Pensionsantrittsalter für Frauen haben. Wir haben uns damals dazu entschlossen, und ich glaube, dass alle hier im Parlament vertretenen Parteien auch dazu stehen. Aber diese Regelung wird auslaufen, weil sie der Gleichbehandlung wider­spricht, und daher können wir eine neue Regelung nur geschlechtsneutral machen.

Folgendes möchte ich auch noch sagen: Frauen können in Österreich bis zum Jahr 2024 mit Vollendung des 60. Lebensjahres bei nur 15 Beitragsjahren ohne Abschlag in Pension gehen. Männer können frühestens mit 60 Jahren und mit 45 Ver­sicherungsjahren in Pension gehen, aber mit Abschlägen. Das ist Faktum, zu dem stehe ich, und das ist nach wie vor auch eine berechtigte Begünstigung für Frauen, weil in der Vergangenheit sehr wenig für Frauen gemacht wurde.


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Die Verordnung für Schwerarbeiter regelt aber auch grundsätzlich die Schwerarbeit. Auch da ist eine Besserstellung für Frauen im Zusammenhang mit den Kilokalorien und den Kilojoule auf Grund einer Tätigkeit im Pflegebereich vorgesehen. Im Pflegebereich sind besonders viele Frauen tätig, und daher ist auch angedacht, dies mit in die Verordnung hineinzunehmen. 80 Prozent der Frauen arbeiten im Pflegebereich. Ich kann hier wirklich keine Benachteiligung der Frauen, gerade was die Schwer­arbeiter­regelung betrifft, feststellen.

Frau Kollegin Csörgits hat gemeint, der Gesetzentwurf sei ein Minderheiten­pro­gramm. – Ich glaube, wir haben uns sehr nachhaltig und sehr seriös damit beschäftigt. Ich kann mich erinnern, dass es auch von Ihrer Seite geheißen hat, dass der ursprüngliche Vorschlag nicht vollziehbar sei, dass er ungerecht sei und so weiter. Wir haben uns mit den Experten zusammengesetzt, auch mit den Experten der Pensions­versicherungsanstalt, und haben einen gemeinsamen Vorschlag einer stichtagsnahen Schwerarbeiterregelung erarbeitet. Dieser gemeinsame Vorschlag – das möchte ich hier auch einmal sagen – ist gerade in der PVA auch von einem Vertreter der SPÖ mitgetragen worden. Der hat gesagt, diese Regelung sei positiv, diese Regelung sei vollziehbar. Und ich darf sagen: Wir werden alles dazu tun, damit das auch konstruktiv umgesetzt wird. – Ich habe es auch schriftlich; wenn Sie wollen, zeige ich es Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben eine Lösung vor allem für Schwerarbeitjahre im späteren Lebensabschnitt, die besonders belastend sind, und innerhalb der letzten 20 Jahre werden auch diese zehn Jahre dann entsprechend berücksichtigt.

Ich möchte nicht, dass immer Invaliditätspension und Schwerarbeiterregelung ver­mischt werden. Invaliditätspension, der Zugang zur Berufsunfähigkeitspension, das ist etwas anderes als eine Schwerarbeiterregelung, denn da sind die Menschen bereits krank, da müssen sie weiter die Möglichkeit haben, bei Krankheit und bei Beein­trächtigungen in Pension zu gehen.

Meine Damen und Herren! Daher werden wir auch – und ich nehme das vor allem für mich als Sozialministerin in Anspruch – eine Regelung, eine Verordnung vorlegen, die treffsicher ist, die sozial gerecht ist und jenen entgegenkommt, die während ihres beruflichen Lebens wirklich schwerstbelastende Tätigkeiten ausüben. Diese Regierung und ich werden auch weiterhin mit großer sozialer Verantwortung die Weichen stellen, damit es den Menschen in Österreich gut geht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Abgeordnetem Neugebauer das Wort. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim in Richtung Bundesministerin Haubner –: Also, Werbungen können Sie besser, als sachlich zu dem Thema zu reden! Das ist ja schauderhaft! – Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

 


10.22.32

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Meine sehr geehrten KollegInnen! Frau Bun­desministerin! Herr Präsident! Werte Staatssekretäre! Geschätzte Kollegen! Ich denke, liebe Renate Csörgits, dass das Thema Schwerarbeit in Kenntnis dessen, dass ja Sozialpartner, ÖGB, Kammer, Arbeitgeber monatelang in einer Arbeitsgruppe bei der Frau Bundesministerin tätig gewesen sind, etwas mehr Seriosität in der Betrachtung


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verdient hätte, als du sie hier an den Tag gelegt hast. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In den monatelangen Verhandlungen ist uns – neben der Erarbeitung der Inhalte – auch deutlich geworden, dass die Definition der Schwerarbeit aus der Arbeits­wis­senschaft überhaupt nichts hergibt und dass wir über die Berufskunde und über die Ergebnisse der Arbeitsmedizin zu Definitionen kommen müssen, was das Thema an sich nicht erleichtert, denn wir betreten damit Neuland.

Zweitens: Es wäre mir lieber gewesen, wir hätten für alle in besonderem Maße belastenden Berufe ausdifferenzierte und vor allem auch gerechte Beschreibungen finden können. Die gibt es nicht! Es geben nicht einmal – und das war auch Debatte bei der Frau Bundesministerin – die Sterbetafeln der Versicherungswirtschaft irgend­etwas über Berufsverläufe her. Wir haben uns daher sehr wohl an die Erfahrungen des Nachtschichtschwerarbeitsgesetzes, die es ja gibt, gehalten, und haben die Frage der unregelmäßigen Nachtarbeit, den Einfluss von Hitze und Kälte, chemische, physi­kalische Einflüsse, Pflege von Erkrankten, Palliativmedizin und anderes mehr als Bei­spiele genommen und damit dieses Konstrukt aufgebaut.

Drittens: Welchen Sinn hätte es, den Menschen eine Schwerarbeitsregelung per Gesetz und zugehörigen Verordnungen anzubieten, wenn es nicht vollziehbar ist? Die Kollegen der Pensionsversicherungsanstalt haben eindeutig nachgewiesen, dass erst Mitte der siebziger Jahre die EDV-unterstützte Begleitung für die Berufsverläufe gegeben ist, und es ist undenkbar, will man nicht eine Flut von Gerichtsverfahren riskieren, Zeiträume davor auch nur annähernd gerecht zu beurteilen.

Das sind die Rahmenbedingungen, und daher haben wir eine einheitliche Regelung für alle Berufsgruppen geschaffen. Ich verwahre mich ausdrücklich gegen den Vorwurf, dass die Frauen benachteiligt sind. Würde ich nämlich deine Form der Argumentation anwenden, dann müsste ich sagen, dass wir bis Mitte der zwanziger Jahre die Frauen im Erwerbsleben, was den Eintritt in die Pension betrifft, besser gestellt haben. Ihr wart dagegen! Wir haben das für die Frauen bis Mitte der zwanziger Jahre sichergestellt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun kommt es mit den Verordnungen, die unmittelbar vor ihrer Drucklegung stehen, selbstverständlich zu einer einheitlichen Regelung für alle Erwerbstätigen. Und wir lassen auch die Exekutive nicht im Regen stehen. In diesem Zusammenhang gab es nur die Debatte: Wo verankern wir dieses Recht? – Natürlich in einer Verordnung, weil es eine Annex-Materie zu einem Pensionsgesetz ist! Und es werden auch die Exe­kutivorgane, denen wir als Gesetzgeber den Auftrag geben, Gefahr aufzusuchen, in der Gefahr zu verharren und diese Gefahr zu beseitigen – das trifft ja übrigens auch jene Berufsmilitärpersonen, von denen wir, wenn wir sie ins Ausland schicken, auch erwarten, dass sie sich der Gefahr stellen –, selbstverständlich in die Verordnung mit aufgenommen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Du weißt so gut wie ich, Renate (in Richtung der Abg. Csörgits), dass in der Sozial­politik nichts betoniert oder in Stein gemeißelt ist. Sozialpolitik bewegt sich! Daher haben wir darauf gedrängt – und ich bedanke mich dafür, dass die Bundesregierung und die Frau Bundesministerin das aufgenommen haben –, nach § 8 Bundes­minis­teriengesetz eine Kommission einzurichten, die, weil mit Regelungen zur Schwerarbeit Neuland betreten wird, die Weiterentwicklung dieser besonderen Regelung in der Altensicherung beobachtet und auf den Faktor Schwerarbeit Bezug nimmt. Und wir werden das laufend evaluieren.

Dass diese Regelung so schlecht nicht sein kann, macht deutlich eine Aussage des Herrn Müntefering in Deutschland – wo man ja mit einer Rettungsaktion im Rahmen von Hartz IV voll gegen die Wand gefahren ist und jetzt in einer breiteren politischen


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Zusammensetzung versuchen muss, einiges wieder zu reparieren –, und die lautet: Bis 67 Jahre werden wir alle arbeiten müssen, und eine Schwerarbeitsregelung kommt überhaupt nicht in Frage! – Das musste er rasch korrigieren, die Koalition hat ihn zur Ordnung gerufen. Und sie, DGB und andere befreundete Gewerkschaften, haben bei uns schon angefragt, wie denn diese österreichische Schwerarbeitsregelung aus­schaut. So schlecht kann sie daher wohl nicht sein.

Ich nehme zur Kenntnis, dass die Kollegen der SPÖ offensichtlich einen Frühstart in den Wahlkampf gemacht haben. Ob Ihnen da die Luft ausgeht oder nicht, habe nicht ich zu beurteilen, sondern das wird letztendlich der Wähler beurteilen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben offensichtlich als Prämisse für sich genommen: Wir sind dafür, dass wir dagegen sind! – Wir hingegen sind dafür, Positives für die Menschen zu leisten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Dara­bos. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des sich zu seinem Platz begebenden Abg. Neugebauer –: Und das sagt ein Gewerkschafter!)

 


10.27.51

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Neugebauer, über Seriosität und Pakttreue wird in dieser Frage heute noch zu reden sein.

Frau Kollegin Csörgits hat es bereits angedeutet: Die von Ihnen ausgearbeitete Schwerarbeiterregelung ist eine Farce, und je länger man darüber nachdenkt, desto mehr wird einem klar, dass das Wort Farce dafür eigentlich ein verniedlichender Ausdruck ist! (Abg. Scheibner: Sie müssen ja nicht so lange nachdenken!) Es wird damit nicht vollständig ausgedrückt, welch respektloser und unwürdiger Umgang mit schwer arbeitenden Menschen in Österreich von Ihrer Regierung praktiziert wird und was sich dahinter verbirgt.

Man muss das einmal auf der Zunge zergehen lassen: Menschen, die jahrzehntelang hart und schwer arbeiten, werden von dieser Regierung abgezockt! (Abg. Großruck: Sie wissen ja gar nicht, was hart und schwer arbeiten ist! – Abg. Hornek: Haben Sie schon einmal manuell gearbeitet? Sie wissen ja gar nicht, was das ist!) In Ihrem Entwurf, in Ihren Verordnungen, in Ihren Gesetzen ist ganz klar die Tatsache enthalten, dass Menschen, die in ihrer Arbeit über längere Zeiträume ihre Gesundheit aufs Spiel setzen und damit auch körperlich stärker abgenützt werden als der Durch­schnitts­arbeiter beziehungsweise die Durchschnittsarbeiterin, mit Pensionsabschlägen in ungeahnter Höhe auf Grund der Politik dieser schwarz-blau-orangen Regierung zu rechnen haben. Da kann man nur sagen: Das ist sozusagen eine „Belohnung“ für diese Menschen! – Danke, Wolfgang Schüssel! Danke, schwarz-blaue Regierung in Öster­reich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Ministerin Haubner, Sie stellten sich hierher und sagten, es gehe um die Siche­rung des Lebensstandards der Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich. – Wissen Sie, wie die Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich ihre persönliche Lebenssituation einschätzen? – 74 Prozent, drei von vier Pensionistinnen und Pen­sionisten, sagen, dass sich in den letzten sechs Jahren ihr Lebensstandard verschlech­tert hat. – So sieht ihre Pensionssicherungspolitik, ihre Lebensstandardpolitik in Wirk­lichkeit aus!

Aber das passt ins Gesamtbild dieser Regierung: Die Probleme, Sorgen, Lebens­planungen der Durchschnittsösterreicherinnen und Durchschnittsösterreicher sind Ihnen, salopp gesagt, Wurscht, ja man kennt sie nicht einmal! Das Zeugnis, das man


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Ihrer Regierungspolitik ausstellen kann – und das ist noch das Nobelste, was man dazu sagen kann –, ist: Soziale Kälte ist in Österreich eingezogen, nicht nur im Winter, sondern über den gesamten Zeitraum Ihrer Regierungspolitik in den letzten sechs Jahren! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und das Zweite, was mich ganz besonders ärgert, wenn man über die Schwer­arbeiterregelung diskutiert, die in Ihren politischen Stil offensichtlich eingemeißelt ist, ist die Tatsache, dass Pakttreue, Herr Kollege Neugebauer, Verlässlichkeit und Hand­schlagqualität bei dieser Regierung offensichtlich politische Fremdwörter geworden sind. Und das ist in einem Sonderfall bei der Schwerarbeiterregelung ganz besonders sichtbar geworden, nämlich bei Ihrem Umgang mit der Exekutive.

Es sitzt hier ein Staatssekretär auf der Regierungsbank (in Richtung Staatssekretär Dr. Finz), der gesagt hat: Lasst Sie auf die Barrikaden steigen, die Exekutive!, also sozusagen ein versteckter Aufruf zu Streik. – Das ist ein wahrlich „sensibler und seriöser“ Umgang mit berechtigten Forderungen der Exekutive in Österreich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schöls: Lesen ist das eine, Verstehen das andere!)

Das muss man sich einmal vorstellen! Es gibt zigtausend Beamte in Österreich, die rund um die Uhr Dienst machen, die – ich möchte es nicht überbordend formulieren, aber es ist schließlich oft so – dort und da durchaus auch ihr Leben aufs Spiel setzen und die von dieser Regierung in derartiger Weise behandelt werden. Pakttreue ist für Sie ein Fremdwort. Die Exekutive sitzt in der Person der Innenministerin und ihrer Beamten in der Organisation – Ihrer Organisation, Herr Kollege Neugebauer, nämlich in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst – und mit der Exekutivgewerkschaft in einem Gremium, wo die Schwerarbeiterregelung für Exekutivbeamte ausverhandelt werden soll. (Abg. Schöls: Ihre Jugendorganisation spricht von „Bullen“!) Und was passiert? – Ihre Regierung sagt: Das interessiert mich überhaupt nicht! Pakttreue gibt es nicht bei der Exekutive! Lasst sie auf die Barrikaden steigen!

Das ist eine Politik, die wir strikt ablehnen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schöls: Ihre Jugendorganisation sagt „Bullen“!) Und Ihnen sei ins Stammbuch geschrieben, Herr Kollege: Sie versprechen der Exekutive schon seit 2004, eine Schwerarbeiterregelung zu paktieren. Bis heute ist nichts passiert! Und es wird auch in nächster Zeit nichts passieren. Haider hat es versprochen, Strasser hat es versprochen, Prokop hat es versprochen – aber niemand hält die Versprechungen!

Ähnliches gilt für das Exekutivdienstgesetz, bei welchem ebenfalls Versprechungen von Ihrer Seite in Richtung Schwerarbeiterregelung getätigt wurden, die aber nicht eingehalten werden, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Murauer: Versprechen – Stichwort „AMAG“!) Es geht darum, Schwerarbeiter so zu behandeln, wie sie es verdienen, nämlich keine Abschläge hinnehmen zu müssen, wenn sie in Pension gehen. Lesen Sie im Fairness-Pensionsmodell der SPÖ nach, dort ist es fair geregelt: keine Abschläge für Schwerarbeiter. Das ist die beste Regelung!

Sie können hier sagen, was Sie wollen – Sie haben die Schwerarbeiterinnen und Schwerarbeiter im Allgemeinen und die Exekutivbeamten im Speziellen in Sachen Schwerarbeit verraten. (Beifall bei der SPÖ.)

10.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.33.07

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren – insbesondere von der Opposition! Würde ich Sie und Ihre hilflose Oppo-


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sitionspolitik nicht schon jahrelang kennen, würde ich annehmen, dass Sie sich diese Schwerarbeiterregelung nicht angeschaut oder zumindest nicht verstanden haben.

Da Herr Abgeordneter Darabos hier sagt, die Schwerarbeiter werden „abgezockt“, die Pensionen seien katastrophal und Ähnliches, möchte ich Ihnen Folgendes vorhalten: Im Verhältnis zu jener Zeit, als sozialistische Sozialminister hier die Verantwortung getragen haben, sind von 2000 bis 2004 alle „männlichen“ Pensionen um 8 Prozent gestiegen und alle „weiblichen“ Pensionen um 21 Prozent. So schaut es nämlich aus, Herr Abgeordneter Darabos, und es gibt daher überhaupt keinen Grund, der Regierung diesbezüglich einen Vorwurf zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Parnigoni.) – Herr Abgeordneter Parnigoni, ich schicke Ihnen das dann! Schauen Sie sich das an, dann werden Sie gleich ruhig sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frau Sozialminister hat ja schon gesagt, aus ganz Europa kommen die Sozialpolitiker und schauen, was wir mit der Schwer­arbeiterregelung da geschaffen haben. (Abg. Öllinger: Geh, bitte!) Man möchte näm­lich in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls eine Schwerarbeiterregelung einfüh­ren, aber man ist bisher zu keiner Lösung gekommen. Und Sie wissen ja, alle Länder außerhalb Österreichs erhöhen das Pensionsanfallsalter auf 67 Jahre und haben natürlich Probleme damit, wie man besonders gesundheitsgefährdende, besonders belastende Tätigkeiten berücksichtigen kann.

Wir haben jetzt eine Lösung gefunden, und man kommt zu uns und möchte das von uns übernehmen. Es besteht also überhaupt keine Veranlassung, alles ununterbrochen schlecht zu machen.

Noch etwas: Hören Sie auf mit diesem Vorwurf, die Regierung habe kein Herz für Pensionisten, kein Herz für Schwerarbeiter! Das Problem Schwerarbeiterregelung gibt es ja schon seit Jahrzehnten, aber die Regierungen unter sozialistischen Sozial­minis­tern haben die Schwerarbeiterregelung überhaupt nicht in Angriff genommen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Parnigoni und Bures.)

Sie haben sich davor gescheut, weil Sie gewusst haben, das ist eine schwierige Ange­legenheit. Das geben wir ja zu! Es ist in Ihrer Zeit zu keiner Lösung gekommen. (Abg. Neudeck: Sozialistische Sozialpolitik – das ist ja ein Widerspruch in sich! – Abg. Bures: Sie haben das Problem verursacht!) Deshalb regen Sie sich ja jetzt gar so auf, nur um alle Vorwürfe von sich zu weisen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Da Sie von der SPÖ sagen, dass die Frauen die Benachteiligten sind: Keine Regierung hat für die Frauen so viel getan wie diese Bundesregierung! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Erstmals werden die Kindererziehungszeiten für die Pension angerechnet, und zwar in einem sehr großen Ausmaß. (Abg. Neudeck: Danke, Frau Haubner!) Frauen; die Angehörige pflegen, können einen eigenen Pensionsanspruch erwerben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Danke, Frau Bundesminister!) Die Pensionsvoraussetzungen sind verbessert worden, um nur einige dieser Punkte zu nennen. Es gibt eine höhere Bemessungsgrundlage. Früher war es die Ausgleichszulage, jetzt sind es ungefähr 1 300 € als Bemessungsgrundlage.

Also hören Sie wirklich auf damit, immer zu jammern und zu sagen, dass die Frauen benachteiligt sind! So viel wie jetzt ist noch nie getan worden! Da gibt es überhaupt nichts vorzuwerfen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie wissen ja auch ganz genau, dass wir von der EU verpflichtet sind, das Pen­sionsalter von Frauen und Männern gleich zu setzen. Dazu sind wir verpflichtet, daran gibt es nichts auszusetzen. Bis zum Jahr 2024 können Frauen mit 55 Jahren in


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Pension gehen, bis zum Jahr 2007 noch ohne Abschläge. Also, bitte, anerkennen Sie das doch auch einmal!

Was die Exekutive betrifft, meine sehr geehrten Damen und Herren, war es auch schon immer das Anliegen unserer Fraktion, etwas zu tun, um dieser besonderen Gefährdung, dieser besonderen Erschwernis der Berufsausübung bei den Exekutiv­beamten im Pensionsrecht in irgendeiner Weise Rechnung zu tragen. Der Bun­des­kanzler wird Maßnahmen für die Exekutive erarbeiten, und ich bin überzeugt davon, dort werden die Schichtarbeit, die Nachtarbeit und die Gefährdung veranschlagt werden und Vorteile für die Exekutivbeamten bringen. Wir sind es den Exekutiv­beamten schuldig, dass wir Maßnahmen treffen, denn diese Beamten leisten einen ganz schwierigen Dienst, überhaupt in der jetzigen Zeit. Die Kriminalität ist sehr hoch (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) – ich bin sofort fertig! –, die Täter werden immer dreister, und es ist für uns eine große Verpflichtung, für die Exekutivbeamten etwas zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Ans Rednerpult gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Öllinger. Auch er spricht 5 Minuten zu uns. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


10.38.37

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Einen schönen guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Guten Morgen? Es ist halb elf!) Frau Bundesministerin, Herr Kollege Neugebauer, ich halte es schon für ein starkes Stück, dass Sie der Opposition vorwerfen, mit diesem Thema betreibe sie Wahl­kampf – und das angesichts des Umstandes, dass Sie zu jeder unpassenden Gelegenheit mit Inseraten, noch dazu mit unwahren Inseraten beziehungsweise Fol­dern agieren, zum Beispiel die Frau Bundesministerin mit dem Pensionsfolder. Frau Bundesministerin, da war nicht nur ein Fehler drin, sondern der strotzt vor Fehlern, aber Sie haben es nicht verabsäumt, im Wahljahr noch schnell an die Pensionistinnen und Pensionisten heranzutreten und sie falsch zu informieren. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Sie mussten dann sogar noch eine zweite Karte nachschicken, wo Sie wenigstens einen Fehler korrigiert haben.

Und da werfen Sie der Opposition vor, sie betreibe Wahlkampf?! – Frau Bundes­ministerin, die Wirklichkeit schaut ganz anders aus. Die Wirklichkeit schaut so aus, dass von Teilen der ÖVP die Schwerarbeiterregelung auch kritisiert wird: Von der Wirt­schaft wird sie kritisiert, von der Gewerkschaft, von den Kammern wird sie kritisiert. Und da sagen Sie, die Opposition sei gegen die Schwerarbeiterregelung?! Das glauben Sie doch selbst nicht! Sie wissen es besser. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie tun nur jammern!)

Sie tun so, als hätten Sie hier wirklich eine gute Regelung, und brüsten sich mit der Aussage: Aus allen europäischen Ländern wird im Sozialministerium angerufen! – Offensichtlich ist vorher nie angerufen worden. Aber hoffentlich wird man in den anderen Ländern durch die Fehler, die Sie machen, klüger; das hoffe ich wirklich.

Ich sage Ihnen zu dieser Regelung Folgendes, weil das noch zu wenig bekannt ist: Was sieht die Regelung vor? – Sie sieht vor, dass man frühestens mit 60 Jahren, aber nur dann, wenn man 45 Versicherungsjahre hinter sich gebracht hat und in den letzten 20 Jahren vor dem 60. Lebensjahr 10 Jahre Schwerarbeit geleistet hat, mit Ab­schlägen in Pension gehen darf – mit Abschlägen darf man in Pension gehen! Wissen Sie, was das in der Praxis heißt, Frau Bundesministerin? (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dolinschek.) Herr Staatssekretär, Sie wissen es doch besser!


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Das heißt, die so genannte Hackler-Regelung für die nächsten Jahre – Sie bezeichnen diese Regelung so – ist noch immer besser als die Schwerarbeiterregelung. Da gibt es geringere Abschläge. Schwerarbeiter müssen mit höheren Abschlägen in den nächsten Jahren rechnen, wenn sie nach der Schwerarbeiterregelung in Pension gehen wollen, als jene, die lange Versicherungszeiten haben. So schaut die Realität aus! Keine Besserstellung für die Schwerarbeiterinnen und Schwerarbeiter! – Das war Punkt eins. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dolinschek.) – Herr Staats­sekretär, Sie können ohnehin dann reden, aber reden Sie mir bitte nicht drein!

Zweiter Punkt: Wenn jemand im Alter von 15 Jahren – und es gibt Personen, die das machen, beispielsweise am Bau – zu arbeiten beginnt, bis 49 Jahre Schwerarbeit macht und dann nicht mehr, hat er keine Chance auf Inanspruchnahme der Schwer­arbeiterregelung. Stellen Sie sich das vor: 34 Jahre Schwerarbeit – und Sie erklären dann dem Betroffenen: Nein, fällt nicht unter die Schwerarbeiterregelung! – Das ist doch absurd, das ist grotesk, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

34 Jahre Schwerarbeit, von 15 Jahren bis 49 Jahre – rechnen Sie es nach! Und weil der Betreffende in den letzten 20 Jahren vor dem 60. Lebensjahr nicht 10 Jahre Schwerarbeit zusammenbringt, wenn er mit 49 Jahren mit der Schwerarbeit aufhören muss, weil er nicht mehr kann, fällt er nicht unter diese Regelung. – Das ist ein durch­aus realistisches Belastungsbild für Leute, die Schwerarbeit machen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Nächster Punkt: die Frauen. Sie können immer wieder argumentieren, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber es gibt keine Frauen – das wissen Sie auch aus der Debatte, die wir schon in der Vergangenheit geführt haben –, die 40 Beitragsjahre oder 45 Versicherungsjahre zusammenbringen! Die gibt es nicht! So viele Jahre schaffen sie nirgendwo, vor allem nicht im Bereich der Schwerarbeit, in der Pflege – wie soll denn das gehen? Die haben keine Chance! Das heißt, diese Regelung – tut mir wirklich Leid! – ist unbrauchbar für jene Personen, die tatsächlich Schwerarbeit in diesem Land leisten! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen noch etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren: In Deutschland gibt es eine unsäglich groteske Debatte über die Hinaufsetzung des Pensions­antritts­alters auf 67 Jahre. Sie können es auf 120 Jahre hinaufsetzen, die Leute sind trotzdem mit 65 Jahren kaputt beziehungsweise pensionsreif. Das wird an der Realität nichts ändern. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Dort wird aber darüber dis­kutiert, dass man eine Regelung braucht, die berücksichtigt, dass es unterschiedliche Lebensläufe gibt, dass es Personen gibt, die nicht 80, 90 Jahre alt werden, sondern nur 65 oder 70 Jahre, weil sie so schwer gearbeitet haben.

Auf diese Frage, auf dieses Problem geben Sie aber keine Antwort. Und darum ist Ihre Regelung absolut absurd und grotesk! Sie sollten sie sofort zurückziehen und gemein­sam mit uns etwas wirklich Vernünftiges machen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.44.26

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Ich möchte auf die unsachlichen Ausführungen des Kollegen Darabos gar nicht eingehen (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger), aber eines ist klar: Er ist anscheinend nicht gut informiert, wenn es um die Anliegen


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bezüglich Schwerarbeiterregelung für die Exekutivbeamten geht. (Abg. Parnigoni: ... sehr gut informiert, besser als Sie!)

Eines muss ich von dieser Stelle aus auch klar zum Ausdruck bringen: In meiner Tätigkeit als Personalvertreter Anfang der neunziger Jahre hat es bereits das Ansin­nen, dass die Exekutivbeamten in die Schwerarbeiterregelung miteinbezogen werden sollen, gegeben. In verstärktem Ausmaß sind dann im Jahre 1997 Forderungen gekom­men, als die erste Pensionsreform stattfand. (Abg. Parnigoni: Hat die ÖVP verhindert!)

In dieser Zeit hat es einen roten Innenminister, eine rote Sozialministerin, einen roten Finanzminister und einen roten Bundeskanzler gegeben – und nichts ist geschehen (Abg. Parnigoni: Und die ÖVP hat es verhindert!), nicht einmal Gespräche hat es auf dieser Ebene gegeben! – So schaut die Realität aus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte hier von dieser Stelle aus ein herzliches Dankeschön der jetzigen Bun­desregierung sagen. Sie lässt die Leute nicht im Regen stehen! (Abg. Parnigoni: Die sind schon ganz nass!) In den nächsten Tagen und Wochen wird die Schwer­arbeiterregelung für die Exekutivbeamten kommen, und zwar in einer Form, die, wie ich glaube, auch breite Zustimmung von Seiten der Gewerkschaft finden wird. (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.)

Was ist Faktum, lieber Kollege Darabos? – Faktum ist, dass im Ministerrat am 16. Februar die Zugangsvoraussetzungen für die Schwerarbeitspensionsregelung ein­stim­mig beschlossen wurden. Für die Berechnung der Schwerarbeitspension werden jene Schwerarbeitsmonate herangezogen, die innerhalb der letzten 20 Jahre vor der Ruhestandsversetzung geleistet wurden; insgesamt müssen zehn Jahre Schwerarbeit geleistet werden.

Es ist in keiner Weise von 45 Jahren, wie das immer wieder an dieser Stelle ange­sprochen wird, die Rede, sondern vom 60. Lebensjahr und von 42 Jahren. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.)

Herr Kollege Darabos, ich habe euch bereits im Ausschuss erklärt, dass ihr Sachen, die in der Zeitung stehen, hinterfragen sollt. Plappert nicht irgendetwas nach, das nicht bewiesen ist! Das möchte ich in aller Deutlichkeit von dieser Stelle aus sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der Bundespolizei, die Sie vielleicht diese Debatte vor dem Fernseher verfolgen! In diesen Stunden wird intensiv verhandelt, wie die Details für unsere Exekutiv­beam­tinnen und -beamten in dieser Verordnung ausschauen sollen. Eines steht fest: Jene Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die den schwierigen Außendienst verrichten, und jene, die diesen Außendienst unmittelbar führen, werden in dieser Verordnung berücksichtigt werden. Die Schwere der Arbeit der Exekutivbeamtinnen und -beamten wird auch im Pensionsrecht entsprechend gewürdigt werden. Das sind Fakten, ob es jemandem passt oder nicht.

Ich verstehe schon, dass in den letzten Wochen bei der SPÖ und der FSG gewisse Unruhe entstanden ist, da sie im Personalvertretungswahlkampf keine Argumente mehr vorbringen können. Es gibt kein Argument mehr, FSG zu wählen, das möchte ich von dieser Stelle aus auch klar zum Ausdruck bringen. (Abg. Riepl: Da applaudiert aber niemand! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Parnigoni, eines muss ich auch sagen: Denken Sie daran zurück, welche Frontalopposition in den letzten sechs Jahren es hier im Bereich der inneren Sicherheit


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gegeben hat! Ich möchte nur aufzeigen, dass Sie im Dezember 2003 dagegen waren, als es darum ging, 35 Millionen € mehr für die Exekutive zur Verfügung zu stellen, plus 150 Beamte. Die SPÖ hat dagegen gestimmt!

Sie haben im Jahre 2005 das Budget nicht mit beschlossen (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), als im Innenressort 2 Milliarden Schilling, umgerechnet 163 Millionen €, mehr im Budget zur Verfügung gestellt wurden. – Ebenfalls dagegen!

Das ist reine Frontalopposition, das ist reiner Wahlkampf! Es darf nichts funktionieren in diesem Lande (Abg. Parnigoni: Es funktioniert ja auch nicht!), denn das wäre für euch nicht gut. So ist es. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Staatssekretär Dolinschek. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


10.49.39

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Parteien reden davon, für schwer arbeitende Menschen etwas zu tun – die Bundesregierung aber handelt!

Ich glaube, wir liegen mit unseren Regelungen außerordentlich gut für jene Menschen, die im Leben schwer gearbeitet haben, nämlich eine Möglichkeit zu schaffen, mit gerin­geren Abschlägen als sonst üblich früher in Pension zu gehen. Für Personen, die schwer gearbeitet haben und mit dem 60. Lebensjahr in Pension gehen, beträgt der maximale Abschlag 9 Prozent. Das sind um 6 Prozent weniger, als es sonst üblich ist.

Abschläge hat es immer, zu jeder Zeit gegeben, aber das verschweigen Sie von der Opposition ganz bewusst. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Herr Kollege Parnigoni! Wir wissen, dass wir in dieser Frage richtig liegen. Das be­weisen die Anfragen aus der Bundesrepublik Deutschland. Herr Beck aus Rheinland-Pfalz interessiert sich sehr dafür, wie man mit der Frage Pension umgeht, welche Möglichkeiten Personen haben, früher und mit geringeren Abschlägen in Pension zu gehen.

Wir haben hier offensichtlich eine „Marktlücke“ geschlossen. Diese Bundesregierung hat sich überlegt, welche Möglichkeiten man für Menschen, die schwer gearbeitet haben, schaffen kann, früher in Pension zu gehen.

Bei dieser Diskussion werden sehr, sehr oft Äpfel mit Birnen vermischt. Es ist ein großer Unterschied, ob es um die „Hackler-Regelung“ geht, dort geht es um Beitrags­zeiten (Abg. Öllinger: Versicherungszeiten!) – Beitragszeiten erwirbt jemand nur dann, wenn er voll arbeitet –, oder um die Schwerarbeitsregelung. Bei der Schwerarbeits­regelung geht es auch darum, dass Menschen, die arbeitslos sind, Zeiten erwerben, da hier Versicherungszeiten gemessen werden. Für jene Leute, die schwer gearbeitet haben, zum Beispiel am Bau, ist es wichtig, dass auch diese Zeiten angerechnet werden, sodass sie eben früher die erforderliche Zeit erreichen und in Pension gehen können.

Es geht dabei um Tätigkeiten und nicht um Berufe! Denn sonst wäre das bald das­selbe wie früher bei den Eisenbahnern, wo auf einmal Regelungen, die für jene gegol­ten haben, die im Verschub oder im Oberbau tätig waren, dann für alle gegolten haben – auch für den Fahrdienstleiter und den Generaldirektor. Das wollen wir hier nicht haben, sondern diese Regelung soll für jene gelten, die es im Leben nicht so leicht haben, egal ob im Bundesdienst oder in der Privatwirtschaft. Und das haben wir


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mit dieser Regelung auch erreicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Vergleiche gezogen werden und über die Medien transportiert wird, dass man das auch über die Invaliditätspension regeln könnte, muss ich sagen: Eine Invaliditätspension kann auch jemand bekommen, der nicht schwer gearbeitet hat. Da gibt es eben Unterschiede. Das sollte man hier auch bedenken.

Was die Frauen betrifft, muss ich Ihnen Folgendes sagen: Wir gehen hier einen Weg, wo die Frauen ebenfalls die Möglichkeit haben, unter die Schwerarbeitsregelung zu fallen. Aber solange es bei uns die Möglichkeit gibt, die es in vielen anderen Ländern nicht gibt, dass Frauen fünf Jahre früher in Pension gehen können als Männer – das haben wir noch bis zum Jahr 2023 –, muss man das anders sehen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Weinzinger.) Herr Kollege Öllinger, als Sozialsprecher der Grünen müss­test du eigentlich wissen, dass der Europäische Gerichtshof diese Regelung aufge­hoben hat und wir eine Übergangsregelung haben, und zwar bis zum Jahr 2023, und so lange können Frauen fünf Jahre früher in Pension gehen. Das Alter ist mit 60 Jahren eben entsprechend festgelegt. Das Pensionsantrittsalter wächst dann schön langsam an.

Die Frauen werden hier genauso berücksichtigt. Für Frauen wurden sogar weniger Kilokalorien festgelegt als für Männer, nämlich 1 400 und nicht 2 000. Das ergibt sich aus Zahlen der AUVA, die es seit Jahren gibt, die aber immer wieder angepasst werden.

Wir haben auf jeden Fall die Probleme erkannt, wir haben erkannt, wo es zu handeln gilt. Wir haben gehandelt – diese Bundesregierung ist am Puls der Zeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Jarolim und Öllinger.)

10.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Riepl. Auch er spricht 5 Minuten zu uns. – Bitte.

 


10.53.50

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Hohes Haus! Frau Bundesministerin, Sie haben ein Papier von der Pensionsversicherungsanstalt zitiert und uns gesagt, der Obmann der Pensionsversicherungsanstalt habe Ihrer Regelung zugestimmt. – Das ist unwahr. Wahr ist vielmehr, dass es keinen Brief gibt. Sie sollten das noch richtig stellen.

Sie haben weiters gesagt, Frau Bundesministerin Haubner, die Sozialdemokraten hätten 30 Jahre lang in unserem Land nichts gemacht, Versäumnisse begangen. Ich denke, wir Sozialdemokraten haben den Sozialstaat, unseren Sozialstaat, auf hohem Niveau aufgebaut, und seit Sie in der Regierung sind, gibt es weniger Sozialstaat! Ich glaube, für die Menschen ist auch klar ersichtlich, dass es hier Unterschiede in der Politik gibt: Sie haben Reformen gemacht, deren Ergebnis es ist, dass die Menschen später und mit weniger Geld in Pension gehen können. Auch das werden sich die Menschen merken und bedenken, wenn es das nächste Mal darum geht, darüber abzustimmen, welche Politik die richtige ist.

Herr Staatssekretär Dolinschek hat im September 2004 gesagt: Wir wollen Nägel mit Köpfen machen! – Und was haben wir jetzt? – Wir haben ein Gesetz ohne Köpfchen, eine schlechte Lösung, ich meine, eine ungerechte Lösung, sehr verehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Man muss 60 Jahre alt sein, 45 Versicherungsjahre haben und in den letzten 20 Jah­ren 10 Jahre Schwerarbeit geleistet haben, und dann bekommt man dafür – Kollege


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Öllinger hat schon darauf hingewiesen – als „Belohnung“ noch 9 Prozent Abschlag, wenn man als Schwerarbeiter in Pension geht.

Ich denke, dass das eine wichtige Frage ist und dass die Menschen auch beurteilen können, ob das eine gerechte Lösung ist.

Wer nach Ihrem Vorschlag in jungen Jahren 30 Jahre, 31 Jahre Schwerarbeit leistet, aber in den letzten 20 Jahren nicht mehr auf 10 Jahre Schwerarbeit kommt, bekommt nichts. – So kann es nicht sein. Daher werden wir Sozialdemokraten der Regierungs­vorlage, wenn sie in der derzeitigen Form kommt, sicher nicht zustimmen.

Sie hätten bei der Gestaltung dieser Regierungsvorlage mehr auf unseren Kollegen Dietmar Keck hören sollen, der 20 Jahre lang selbst Schwerarbeiter war, der hier im Parlament in den Reihen der sozialdemokratischen Abgeordneten sitzt und der bei vielen Gelegenheiten im Ausschuss, aber auch hier vom Rednerpult aus schon oft darauf hingewiesen hat, was richtig, was sozial und gerecht wäre.

Was wollen wir Sozialdemokraten? – Wir wollen, dass man gesund in die Pension kommt. Wir wollen, dass man von der Arbeit in die Pension kommt und nicht aus der Arbeitslosigkeit. Und wir wollen, dass man nach 45 Jahren abschlagsfrei in die Pension kommt. All das ist durch diese Regierung und diese Vorlagen bisher nicht erfüllt. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir haben es mit Personen zu tun, die im Leitungs­bau, in den Elektroversorgungsunternehmen arbeiten, die im Hochbau, im Tiefbau, im Tunnelbau arbeiten, die – Frau Kollegin Csörgits hat es schon gesagt – Akkord­arbei­terInnen sind, die in der Stahlindustrie, in der chemischen Industrie arbeiten, also Tätigkeiten verrichten, die viele von uns nie ausüben würden, weil es ihnen zu gefährlich, zu beschwerlich ist. Und all denen hat man gesagt: Ihr werdet jetzt eine Schwerarbeiterregelung bekommen! – In Wirklichkeit aber werden sie alle nichts bekommen, denn sie werden die Voraussetzungen nicht erfüllen können.

Wer außer den Regierungsparteien – ein weiteres Argument – lobt eigentlich noch die­sen Gesetzesvorschlag, Frau Sozialministerin? Wer lobt ihn eigentlich außer Ihnen selbst? – Niemand! (Staatssekretär Dolinschek: Die Schwerarbeiter!)

Verfassungsexperten haben uns gesagt, so geht es nicht. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Die Arbeiterkammer hat gesagt, so geht es nicht. Gewerkschaften haben gesagt, so geht es nicht. Die Wirtschaftskammer hat gesagt, so geht es nicht. Herr Mitterlehner hat gesagt, so geht es nicht. Sein Präsident Leitl hat gesagt, so geht es nicht. Frauenorganisationen haben gesagt, so geht es nicht. Die christlichen Gewerk­schaftsgruppen, die betroffen sind oder noch nicht betroffen sind, haben gesagt, so geht es nicht. Auch die Freiheitliche Partei Österreichs hat gesagt, so geht es nicht. Nur der freiheitliche Parlamentsklub und die Österreichische Volkspartei sagen – das sind aber die Einzigen –, dass es so gehen soll. Ich glaube, auch ein Argument, das zum Nachdenken anregen und Sie zurück an den Start bringen sollte.

Hunderttausenden Menschen, die täglich Schwerarbeit leisten, monatelang zu ver­sprechen: Wir bringen euch eine Verbesserung!, und dann ist fast niemand davon betroffen, sehr verehrte Damen und Herren, das grenzt, verzeihen Sie mir, schon an Unanständigkeit. So geht man mit Menschen, die jahre-, ja jahrzehntelang unter schweren gesundheitlichen Belastungen gearbeitet haben, einfach nicht um! Wir sollten mit diesen Menschen nicht so umgehen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Der Beweis dafür ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Herr Kollege!

 



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Abgeordneter Franz Riepl (fortsetzend): Den Beweis dafür finden Sie in den Erläuterungen. Die Neuregelung – das steht dort, und damit bin ich fertig – ist daher kostenneutral gegenüber der bestehenden Rechtslage. – Das beweist, dass diese Reform eine leere Reform ist. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

10.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Neuerlich zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundes­ministerin Haubner. 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Bundesministerin.

 


10.59.26

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Zunächst kurz etwas zu dem, was Herr Kollege Riepl gesagt hat. Wir machen eine Schwerarbeiterregelung nicht für Institutionen und Organisationen, sondern für die Menschen in Österreich, und die Rückmeldungen, die ich hier bekomme, sind sehr positiv. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich lasse auch nicht zu, dass mir hier unterstellt wird, dass ich etwas behaupte, was nicht stimmt. Es gibt diesen Brief, und ich darf ihn jetzt verlesen:

„Sehr geehrte Frau Bundesministerin!

Die Pensionsversicherungsanstalt steht dem vorliegenden Entwurf zur Realisierung einer Schwerarbeiterregelung insoweit positiv gegenüber, als

durch die Berücksichtigung der stichtagsnahen Schwerarbeit die in Aussicht genom­mene Regelung zielgruppengerecht ist; sie erschließt jenen Versicherten ohne begünstigte Pensionsregelung die insbesondere in der 2. Hälfte ihres Erwerbslebens einer besonders belastenden Arbeit nachgehen;

eine den rechtsstaatlichen Ansprüchen angemessene Vollziehung der Regelung mach­bar erscheint, da sich die durchzuführenden Erhebungen ebenfalls auf stichtagsnahe Zeiträume erstrecken.

Die Pensionsversicherungsanstalt wird sich in diesem Sinne konstruktiv in das Begut­achtungsverfahren einbringen, um eine sachgerechte Lösung dieses vieldiskutierten Problems zu ermöglichen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Obmann

Generaldirektor“

(Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. 5 Minu­ten Redezeit. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


11.01.13

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe euch von der Opposition schon, dass ihr euch aufregt. – Nichts erfunden, nicht mitreden. Die Gewerkschaft und die Sozialpartner haben zwar mitgeredet, haben unsere Vorschläge zum Teil auch gutgeheißen, als es aber dann so weit war, vor der Vollendung, haben sie von ihrem obersten Chef Dr. Gusenbauer den Befehl bekommen: Zurück! Zurück! Vorsicht, denn sonst können wir es nicht verkaufen!


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Kollegin Csörgits, Sie kritisieren das Schwerarbeitergesetz und meinen, dass es eine Farce ist. – Das ist wieder ein zusätzliches Gesetz, wonach Arbeitnehmer, die unter entsprechend schwierigen Belastungen arbeiten, früher in Pension gehen können.

Kollegin Csörgits, ich möchte nur klarlegen: Wissen Sie, wie viele Gesetze es in Österreich überhaupt gibt, wonach man früher in Pension gehen kann? – Frauen können bis 2024 vor dem 60. Lebensjahr in Pension gehen, nach dem Nacht- und Schwerarbeitergesetz unter besonderen Voraussetzungen mit dem 57. Lebensjahr. Nach der „Hackler-Regelung“ – diese gilt bis 2010 – können Männer mit 60 und Frauen mit 55 in Pension gehen (Abg. Öllinger: Mit geringerem Abschlag!), und bis 2007 null Abschlag – null Abschlag! Das hat es in der Geschichte der Zweiten Republik noch nie gegeben!

Dann die heute zur Diskussion stehende Schwerarbeiterregelung: wieder mit dem 60. Lebensjahr bei 45 Versicherungsjahren. Erst war die Kritik der Opposition, dass die Hackler besser dran seien als die Schwerarbeiter. – Vorsicht! Lesen – denken – sprechen! Bei der „Hackler-Regelung“ braucht man 45 Beitragsjahre, bei der Schwer­arbeiterregelung 45 Versicherungsjahre, und dort sind mit eingebaut: die Arbeits­losenzeiten, die Notstandsunterstützung und auch Krankenstandszeiten.

Es gibt noch eine weitere Regelung: Mit 62 in die Korridorpension.

Und ich kann nur feststellen: Wir haben die Schwerarbeiterregelung erfunden – Kolle­ge Haupt hat sie erfunden, Kollegin Haubner hat sie verwirklicht –, und ich glaube, das ist eine wirklich gute Regelung. Und wenn eure Kollegen aus der Bundesrepublik Deutschland Interesse daran haben: Bitte, fahrt doch hinaus! Lasst euch einmal aufklären! – Die werden euch dort unterrichten, und wenn ihr wollt, gebe ich euch auch noch Schützenhilfe.

Lest einmal diese Regelung, dann überlegt einmal, und dann werdet ihr auch zustim­men! – Ihr dürft aber nicht, denn für gute Sachen habt ihr in Österreich ja nichts übrig.

Wer fällt in diese Schwerarbeiterregelung hinein: jene, die Schicht- und Wechseldienst machen, die besonderer Hitze und Kälte ausgesetzt sind, chemischen und physi­kalischen Einflüssen, schwerer körperlicher Arbeit, 2 000 Kalorien für Männer, 1 400 Ka­lo­rien für Frauen. – Ich höre immer, Regelungen für Frauen sind nicht mit eingebaut. Bitte, lest es einmal!

An die Adresse der Voest: Kollege Keck, auch für deine Arbeitnehmer haben wir etwas getan, was ihr nicht zusammenbringt: Jene, die nach dem Nachtschicht­schwer­arbeits­gesetz die Jahre nicht zusammenbringen, fallen auch in diese Regelung hinein! – Normalerweise müsstest du herausgehen und sagen: Danke dieser Bundesregierung, danke, was ihr hier geschaffen habt, das ist wirklich eine positive Sache! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn ich mit dem 60. Lebensjahr mit 1,8 Prozent Abschlägen in Pension gehen kann, dann ist dies, wie ich meine, wirklich etwas Gutes. Schaut wirklich einmal die Schwer­arbeiterregelung an, lest sie genau! Das ist eine positive Sache! Und macht nicht alles schlecht, denn es glaubt euch sowieso niemand mehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Diese Debatte schließt Frau Abgeordnete Mag. Wein­zinger. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 



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11.05.33

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Nach dieser Debatte kann man eigentlich drei Dinge aus dieser Regierungsvorlage deutlich zusammenfassen:

Erstens: Man erkennt die Absicht und ist verstimmt – denn die Absicht ist ganz offenkundig jene: Möglichst wenig Menschen sollen von dieser SchwerarbeiterIn­nen­regelung erfasst werden, möglichst noch weniger, als das BZÖ WählerInnen hat. Es sind vermutlich noch ungefähr zehn Leute übrig. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Man erkennt auch die Absicht Nummer zwei, wenn man auf die Zwischentöne hört – und da kann man nur hellhörig werden, sollte diese Regierung, was ich ja wirklich nicht hoffe, nach dem Wahltag noch weiter in irgendeiner Form arbeiten –: Die 67 Jahre Pensionsantrittsalter werden auffällig oft erwähnt und positiv konnotiert. Also was nach dem Wahltag auf Österreich zukommt, wenn diese ÖVP an der Regierung bleibt, kann man heute schon sagen: Pensionsantrittsalter 67 – das ist Ihre Zielsetzung. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neugebauer: Wir sind nicht in Deutschland!)

Ja, wir kennen die ganzen Ankündigungen: Sicher keine Studiengebühren – nicht wahr, Frau Ministerin Gehrer? – Wenn wir Dritte werden, gehen wir in Opposition, Herr Bundeskanzler Schüssel. – Und so weiter. Es ist immer das, was Sie behaupten, dass sicher nicht kommt, das Allererste, was Sie nach dem Wahltag machen, und davor kann man die Österreicherinnen und Österreicher wirklich nur warnen. (Beifall bei den Grünen.)

Das Dritte, was man sehr klar erkennen kann: Außer heißer Luft ist nicht viel da. Außer Broschüren, die die Sozialministerin ausschickt – mit Falschinformation –, außer Reden, die sie hier hält mit in Wirklichkeit, muss man schon sagen, fast an Propaganda grenzender Rhetorik, ist ja nichts da! Wenn sich da jemand allen Ernstes herstellt und sagt: Noch keine Regierung hat so viel für die Frauen getan wie diese!, dann meine ich, das ist ein verspäteter Faschingsscherz, aber der Fasching ist vorbei! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nur zur Erinnerung: Diese Regierung hat als Erstes ein Frauenministerium abge­schafft, denn das brauchen wir ja nicht, und stattdessen eine Männerabteilung gegrün­det, denn die braucht man ja dringend (Abg. Scheibner: Mittlerweile schon! – Abg. Neudeck: Wenn ich Ihnen so zuhöre, bin ich fast sicher!), hat eine Pensionsreform beschlossen, die dazu führt, dass Frauen in der Pension noch stärker von Armut betroffen sind, noch weniger Pension bekommen, weil sie plötzlich 40 Jahre brauchen statt der besten 15, ist hergegangen und hat mit einem Kinderbetreuungsgeld ein Modell geschaffen, das die Frauen aus dem Erwerbsleben drängt und die Armut von Frauen vergrößert – und so weiter. – Und das nennen Sie „viel für die Frauen ge­tan“? – Herzlichen Dank, das brauchen wir wirklich nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur SchwerarbeiterInnenregelung ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, die Aufregung belegt ja nur, dass es ganz offensichtlich richtig sein muss! Und es wäre gut, wenn Sie sich auch einmal in der Sache damit auseinander setzten, auch wenn das zumindest der Herr Staatssekretär vor der Debatte offensichtlich nicht gemacht hat. (Abg. Neudeck: Wir setzen uns mehr mit der Sache auseinander als Sie!)

Zur SchwerarbeiterInnenregelung nun ein paar konkrete Details, die auch noch auf­fallen: Es haben sich einige Rednerinnen und Redner – ich glaube, es waren nur Redner – wortreich Sorgen darum gemacht, wie denn die Exekutivregelung ausfallen wird. Wie die Regelung für den Pflegebereich, wo in allererster Linie Frauen betroffen


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sein werden, ausfallen wird, darüber habe ich noch niemanden sich Sorgen machen gehört.

Sagen Sie mir einmal, wie es eine Frau schaffen soll, die eine Ausbildung im Pflege­bereich gemacht hat – also mit 20, 21 zu arbeiten anfängt –, die ein paar Jahre Berufsunterbrechung wegen der Kinderpause hat, mit 60 Jahren 45 Versicherungs­jahre zu haben, um in Ihre Schwerarbeiterregelung zu fallen. – Na natürlich haben Sie nichts für die Frauen dabei! (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Das Einzige, was Sie machen, ist herzugehen und zu sagen: Die Frauen sind ja sowieso derart privilegiert, weil sie schon mit 60 in Pension gehen dürfen! – Na das hat ja Gründe, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Ein letztes Detail, an dem man die Seriosität Ihrer Arbeit erkennen kann: Neben der Definition, die wir bislang schon kennen – Hitze, Kälte, chemische, physikalische Ein­wirkungen, also klassisch auf Männerberufe zugeschnittene Dinge –, schlagen Sie allen Ernstes die Kalorienzählerei vor, als wüssten Sie nicht, dass ein Mensch mit 50 Kilo und ein Mensch mit 100 Kilo eine ganz unterschiedliche Zahl von Kalorien verbrauchen bei genau derselben gleich belastenden Tätigkeit. – Das ist ein blanker Unfug, den Sie hier vorschlagen!

Man kann daher nur sagen: Zurück an den Start mit dieser völlig verunglückten Schwer­arbeiterregelung! Legen Sie eine Regelung vor, die tatsächlich darauf abzielt, dass Menschen, die in ihrem Leben schwer und hart gearbeitet, die gesundheitliche Schäden davongetragen haben, ihre Pension so antreten können, dass sie noch einigermaßen in den Genuss davon kommen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Um die Punkte 6 bis 9 sowie 11 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzusehen.

Bei den Punkten 6 bis 9 sowie 11 handelt es sich um:

den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1229 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz und das Gebührengesetz geändert werden (1340 der Beilagen),

weiters den Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Meldegesetz geändert wird (1341 der Beilagen),

ferner den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1272 der Beilagen): Vertrag mit der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Überein­kommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (1339 der Beilagen),

den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1194 der Beilagen): Vertrag mit der Tschechischen Republik über den Grenzübertritt auf touristischen Wegen und über den Grenzübertritt in besonderen Fällen (1338 der Beilagen)


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sowie den Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz und das Bundesfinanz­gesetz 2006 geändert werden und das Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006 erlas­sen wird (1343 der Beilagen).

Ich lasse darüber unter einem abstimmen, und ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist hinsichtlich dieser Gegenstände ihre Zustim­mung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit der notwendigen Quote und dem notwendigen Quorum, also mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, ange­nommen.

Hinsichtlich des Berichtes des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Einspruch des Bundesrates (1286 der Beilagen) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staats­bürgerschaftsgesetz und weitere Gesetze geändert werden (Staatsbürger­schafts­rechts-Novelle 2005) (1342 der Beilagen), weise ich darauf hin, dass eine Fristsetzung für den Innenausschuss bis 24. Februar 2006 vorlag und daher dieser Tagesordnungspunkt auf der Tagesordnung steht.

11.13.47Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3942/J bis 4018/J; Zurückziehungen: 3865/J und 3927/J;

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates: 41/JPR und 43/JPR;

Schriftliche Anfrage an den Obmann des Ausschusses für innere Angele­gen­heiten: 42/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 3658/AB bis 3712/AB;

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 39/ABPR;

Anfragebeantwortung (Obmann des Ausschusses für innere Angelegenheiten): 40/ABPR.

4. Regierungsvorlagen:

Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006 (1314 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensions­ge­setz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (1315 d.B.),

Anti-Stalking-Gesetz (1316 d.B.),

Urheberrechtsgesetz-Novelle 2006 – UrhG-Nov 2006 (1324 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (1325 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geän­dert werden (1326 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (27. KFG-Novelle) (1327 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Straßentunnel-Sicherheitsgesetz erlassen und die Straßen­verkehrsordnung 1960 geändert wird (1328 d.B.),

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden (1331 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (1332 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (1333 d.B.),

Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006 (1334 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Übernahme von Bundeshaftungen im Jahre 2005 (Vorlage 45 BA);

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (094 Hv 7/06x) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Alfred Gusenbauer wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 115 Abs. 1 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 83 betreffend „Kraftwerk Mittlere Salzach – Werfen/Pfarrwerfen: Für eine umweltschonende und nachhaltige Energieversorgung statt Subventionierung von Natur zerstörerischen Großprojekten“, überreicht von der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 792/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend Enthebung von Mag. Herbert Haupt von der Funktion des Behinderten­anwaltes;

Außenpolitischer Ausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die „Diplomatische Akademie Wien“ (DAK-Gesetz 1996) geändert wird (1298 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1329 d.B.);

Justizausschuss:

Zweites Protokoll aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärungen (1301 d.B.),

Patientenverfügungs-Gesetz – PatVG (1299 d.B.),


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Antrag 787/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend verstärkte Berücksichtigung der Energiespar- und Klimaschutzmaßnahmen im Wohnrecht;

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 793/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung von sozialen Grundrechten und Einrichtung eines Men­schen­rechtsbeirates;

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2006/2 (III-200 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Antrag 791/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ortstafeln in Bleiburg und Bleiburg – Ebersdorf (Anregung einer Verord­nungsprüfung);

Verkehrsausschuss:

Antrag 788/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorsorge gegen unverantwortliches Rasen – „160 muss 160 bleiben!“,

Antrag 789/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verbesserung der Unfallbilanz bei vierrädrigen Leichtfahr­zeugen – Microcars,

Antrag 790/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hausbrieffachanlagen;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Familienausschuss:

Bericht der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenten­schutz betreffend EU-Arbeitsprogramm 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-204 d.B.);

Umweltausschuss:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft betreffend Jahresvorschau 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-201 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Evaluierungsbericht gem. § 113 Abs. 6 des Telekommunikationsgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 70/2003 des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (III-203 d.B.),


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Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Jah­res­vorschau 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-205 d.B.).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich weiters bekannt: Die Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schrift­liche Anfrage 4019/J der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Elite-Universität Maria Gugging: ein Scherbenhaufen“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Gleichfalls vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Abgeordneter Ing. Kaipel beantragt hat, dem Finanzausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 464/A der Abgeordneten Ing. Kaipel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung-Gesellschaft mit beschränkter Haftung geändert wird, eine Frist bis 28. März 2006 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss daran stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfol­gen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 bis 5, 6 bis 9, 12 und 13, 15 bis 17 sowie 19 bis 22 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Damit haben wir die Tagesordnung beschlossen und gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatten erzielt.

Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 158 Minuten, Freiheitliche 108 sowie Grüne 117 Minuten.


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Darüber entscheidet das Hohe Haus.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Wer diesem Vorschlag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Hohe Haus stimmt dem Vorschlag einstimmig zu. Wir werden so vorgehen.

11.16.431. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den An­trag 752/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Univer­sitätsgesetz 2002 geändert wird (1308 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den An­trag 756/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fach­hochschul-Studiengesetz, das MTD-Gesetz und das Hebammengesetz geändert werden (1309 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Abgeordneter Broukal. Seine Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

11.17.21

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Guten Morgen, meine Damen und Herren! (Abg. Großruck: Wir stehen aber früher auf, Herr Broukal!) Großruck, wenn Sie wüssten, wie früh ich aufstehe, dann würden Sie das nicht sagen. Schlaflose Nächte bereitet es mir, zu wissen, dass ich heute wieder Ihren Zwischenrufen ausgesetzt sein werde. Das ist schon ein Schicksal, das mit dem Gehalt nur unzureichend abgegolten wird, das sage ich Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir reden heute nach einem Dreivierteljahr über den Reparaturversuch, eine Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das für Österreichs Studierende, für seine junge Generation Erschwernisse beim Zugang zu den Universitäten gebracht hat.

Die jetzt getroffene Lösung für einen Teil der Studien, nämlich Medizin, entspricht im Prinzip dem, was wir Sozialdemokraten seit Bekanntwerden des Urteils verlangt haben. Wir haben uns viele Monate dafür schimpfen lassen, wahlweise: Antieuropäer, Nichtauskenner, Leute, die nicht imstande sind, die Zeichen der Zeit zu sehen. Wir haben uns auch erklären lassen müssen, dass es keineswegs gehen würde, eine Bevorzugung für österreichische Studierende gesetzlich vorzusehen.

Aber siehe da, seit Mitte Februar ist alles anders – natürlich geht es. Und es wäre auch schon ein Dreivierteljahr vorher gegangen, wenn man nur gewollt hätte. Aber zur Erin­nerung, und das wissen Sie genauso gut wie ich: Seit der Schlussvortrag des europäischen Generalanwalts im Jänner 2005 bekannt wurde, habe ich ununter­brochen um Termine, Gespräche, ein gemeinsames Darüber-Reden, was wir tun


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könnten, gebeten. Ich bin monatelang dahin gehend beschieden worden, dass es gar keine Notwendigkeit gibt, das zu tun, denn das Urteil werde ohnehin so lauten, dass alles bleiben könne, wie es sei.

Ich habe dann Mitte Juni doch einen Termin, glaube ich, gemeinsam mit Frau Dr. Brinek, Frau Dr. Bleckmann und Herrn Dr. Grünewald bei Rektorenchef Badelt gehabt und danach Vorschläge an Frau Dr. Brinek gemacht, wie man denn zu einer gemeinsamen Vier-Parteien-Einigung als gesetzliche Reaktion auf das zu erwartende, für uns unangenehme EuGH-Urteil kommen könne. Dieses, wenn Sie so wollen, Gesprächsangebot vom 21. Juni wurde dann am 5. Juli mit einer Einladung um 18 Uhr abends in ein Hinterzimmer des FPÖ-Klubs beantwortet, wo ich die Gelegenheit hatte, das, was ich Frau Dr. Brinek schon drei Wochen vorher gesagt hatte, noch einmal einer Reihe von Beamten vorzutragen.

Dann haben wir zwei Tage verhandelt. Die Einigung ist daran gescheitert, dass die Regie­rungsparteien nicht bereit waren, zuzustimmen, dass es für den Fall, dass sich herausstellen sollte, dass tatsächlich sehr viele ausländische – vor allem deutsche – Studierende in Österreich studieren wollen, rasch zu einer Aufstockung von Studien­plätzen kommt. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Eine solche Zustimmung war der ÖVP und dem BZÖ nicht abzuringen, weswegen es dann zu einem Mehrheitsbeschluss mit dem Inhalt gekommen ist, dass die Univer­sitäten in acht Studien das Recht haben, Zugangsbeschränkungen zu verhängen, wovon sie dann auch Gebrauch gemacht haben.

Als das passierte, gab es eine Phase, die bis etwa Mitte August dauerte, in der immer gesagt wurde: Was ist denn eigentlich schon passiert? Oder, wie Frau Dr. Brinek einmal im „Standard“ geschrieben hat: Es gibt keine Extrawürste für Österreich in Europa. Willkommen in der europäischen Normalität. – Das war die europäische Normalität, die darin bestanden hat, dass sich Tausende deutsche Studierende an österreichischen Universitäten eingeschrieben haben (Abg. Dr. Brinek: Sie haben immer gesagt, es kommen eh keine!) und österreichischen Maturanten und Maturan­tinnen Studienplätze weggenommen haben.

Ich habe, so denke ich, selten gesagt, dass keine ausländischen Studierenden kom­men würden. Da liegt im ÖVP-Archiv ein kleiner Fehler vor. Bundeskanzler Schüssel meinte am 4. Juli 2005, also zwei Tage vor dem EuGH-Urteil, es drohe nicht der Untergang des Abendlandes, die Unis würden bestimmt nicht von deutschen Studenten überschwemmt. – Eine Prophezeiung mit einer sehr kurzen Halbwertszeit, wie wir heute wissen.

Den ganzen Sommer über galt die offizielle Regelung, wer eine Bevorzugung für österreichische, für inländische Studenten wolle, sei antieuropäisch, verstehe die Zeichen der Zeit nicht. Willkommen im europäischen Hochschulraum! Keine Bevor­zugung von österreichischen Maturanten und Maturantinnen mehr! Das EuGH-Urteil spreche diesbezüglich eine eindeutige Sprache. – So gesehen in einem Leserbrief von Frau Dr. Brinek damals im Sommer im „Standard“.

Im August muss dann irgendetwas passiert sein, denn plötzlich haben der Herr Bun­deskanzler und der Herr Nationalratspräsident gemeint, dass dieses EuGH-Urteil doch ein wenig mehr herstelle als europäische Normalität, nämlich für österreichische Maturanten und Maturantinnen den höchst unnormalen Zustand, an den Universitäten nicht mehr das Studium ihrer Wahl aufnehmen zu können, weil diese Studienplätze von ausländischen Studierenden besetzt sind.


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Präsident Khol sagte – Herr Präsident, ich zitiere mit Ihrer Genehmigung –, dass „unsere Studenten und Studentinnen verdrängt werden“, und das könne nicht der Fall sein. – 5. August 2005.

Im September versprach Frau Bundesministerin Gehrer, erste Gespräche in dieser Angelegenheit zu führen. Und weil ich nicht glauben konnte, dass das wirklich so ist, habe ich ihr in parlamentarischen Anfragen die Fragen gestellt: Wann haben Sie bisher mit wem erstens in der EU, zweitens in der Bundesrepublik Deutschland über dieses Problem gesprochen? Was haben Sie unternommen, um sozusagen vorbeugend abzuklären, was man tun könne?

Die Antwort der Frau Bundesministerin war: Ich habe kein einziges Gespräch geführt, weder bei der EU noch mit der deutschen Bildungsministerin. Bildung ist eine nationale Angelegenheit.

Im September hat die Frau Bundesministerin ihren Standpunkt dann doch geändert, hat Gespräche aufgenommen, und es zeigt sich, dass die Dinge jetzt am Ende so ausgegangen sind, wie sie ausgehen. Es gibt im Bereich der Medizin die Bevorzugung für die österreichischen Studierenden, um die wir Sozialdemokraten ein Dreivierteljahr gekämpft haben. In den anderen Gegenständen gibt es leider nach wie vor Zugangs­beschränkungen: Es werden etwa 200 junge Leute am Ende des ersten Studienjahres von den Universitäten abgewiesen, aus dem Studium ausgeschieden, egal wie gut sie die Prüfungen absolvieren, weil ab dem dritten Semester nur mehr weniger Studien­plätze zur Verfügung stehen.

Genau dieses Nichtaufheben dieser Zugangsbeschränkung in den anderen Fächern ist die Ursache dafür, dass wir dieser Gesetzesänderung nicht zustimmen werden.

Wir fordern Sie auf, in den Fächern außerhalb der Medizin zum Status quo ante zurückzukehren – wenn die Universitäten dadurch ein paar hundert Studierende mehr haben, dann geht es um durchaus kleine Beträge im Bereich von Zehntelpromille des Universitätsgesamtbudgets –, dass man diese wenigen zusätzlichen Studierenden an einer österreichischen Universität das studieren lassen kann, was sie eigentlich studie­ren wollen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.24

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.24.43

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzter Vorredner, Kollege Broukal! Ich möchte diese Gelegenheit auch dazu nützen, an einen Zickzackkurs zu erinnern, der jetzt als gerade Linie vorge­stellt wurde. Bevor das Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Juli 2005 kam, konnte man in der Tat nicht wissen, wie es ausfällt. Man konnte erwarten, dass die bestehende Regelung nicht aufrechterhalten bleiben wird.

Sie (in Richtung SPÖ) haben in einer Konferenz mit der Rektorenkonferenz im April gebeten, man möge intervenieren, dass es so ausginge, wie es sich Österreich wünscht. – Das halte ich rechtstheoretisch und rechtspraktisch für einen problemati­schen Weg.

Das, was Österreich, diese Bundesministerin und die Universitäten gemacht haben, ist, sich auf ein allfälliges Urteil, das dann so kam, wie es kam, vorzubereiten. Die Uni­versität Graz hat begonnen, virtuelle Skripten vorzubereiten, um allenfalls Studieren­den, die aus dem deutsch sprechenden Ausland kommen, die Chance zu bieten, sich mit den Anforderungen des Medizinstudiums in Graz aus der Distanz zu konfrontieren,


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ohne schon einen Wohnort in Österreich zu wählen, die Übersiedlung vorzunehmen und so weiter.

Dieses virtuelle Lehren ist eines, das modellhaft für e-learning und hochschul­didak­tische Zukunftsvorschläge gelten kann. Also: Dank an die Universität Graz, dass sie vorausdenkend gehandelt hat.

Auch die Universität Wien dachte in Hinsicht auf dieses EuGH-Urteil, das den Hoch­schulzugang neu regelte, voraus: Die Verantwortlichen haben sich angesehen, wie der Terminkalender und die Sitzungen aussehen und wie sie mit der Festlegung der Inskriptionsfrist beginnen könnten. Auch da sage ich herzlichen Dank! Das war eine kluge, maßvolle, angemessene Reaktion.

Man hat aber gewusst, dass sowohl die Variante Graz als auch die Variante Wien nach dem entsprechenden Urteil, wenn man die Begründung für das Urteil gesehen hat, revidiert werden müssen.

Die Universität Innsbruck hat gemeint: Wir sehen überhaupt zu. Wir liegen geo­gra­phisch an einer Stelle, wo wir uns hinsichtlich der Frage des Zugangs internationaler Studierender ohnedies immer offener gehalten haben. Wir werden sehen, wie sich die Anmeldung und das Interesse der deutsch sprechenden Studierenden gestalten wird.

Da hat die SPÖ, da hat Broukal immer schon gewusst, wie es kommen wird bezie­hungsweise wie man durch Intervention jemanden von irgendeinem Urteil noch überzeugen oder abbringen könne. Wir stehen zu einer Rechtstradition, wo die obers­ten Gerichtshöfe ihr Urteil ohne politische Intervention der nationalen Parlamente fällen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das heißt, hier hat sich bereits ein Zickzackkurs abgezeichnet – die Reaktion einmal zu früh, einmal zu spät, einmal falsch, einmal richtig. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jaro­lim.) – Herr Dr. Jarolim, Sie sollten sich mit einem Thema beschäftigen, bevor Sie sich dazu äußern. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Diskussion ist weitergegangen, nachdem wir uns mit dem Urteil beschäftigen konnten. Die Hypothese, die dem Urteil zugrunde lag, besagte, die österreichische Studierendenlandschaft, die Homogenität des Bildungswesens würde durch das Urteil nicht gestört, nicht irritiert. In der Tat, erst die Empirie, die Anmeldungen haben nach­gewiesen, dass die Homogenität, die Einheitlichkeit, die Medizinerversorgung in der österreichischen Studierendenlandschaft gestört war. (Abg. Dr. Jarolim: Das war ja vorhersehbar!)

Es haben höchste Beamte, auch der SPÖ nahe stehende und BSA-Mitglieder gesagt: Es wird nicht so arg werden, der Zustrom wird nicht in dem Maße erfolgen, wie sich das Unkenrufer erwarten. Der Bundeskanzler lag also vollkommen richtig damit, nicht zu übertreiben. Niemand konnte mit Sicherheit sagen, wie die Zahl der Interessenten ausschauen wird.

Der Zickzackkurs des Kollegen Broukal ging weiter, am 16. Dezember 2005 sagte er: Rückkehr zur alten Regelung. – Es war aber selbst unter rechtskundlich naiven Per­sonen klar, dass das nicht gehen wird. (Abg. Dr. Fekter: Sehr schwach!)

Am 24. Jänner 2006 forderte er die Herkunftslandsregelung für das Medizinstudium, also ungefähr das, was wir jetzt beschließen werden. – Warum stimmt er dann nicht zu? (Abg. Dr. Fekter: Er hat gesagt, es kommen eh keine!)

Gusenbauer sagte am 30. Jänner 2006: So könnte es gehen. Regelung auf euro­päischer Ebene, einziger Ausweg.


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Herr Kollege Broukal, ich verstehe Kollegen Grünewald sehr gut und bedanke mich auch für seine besonnene Analyse des Vorschlages, der sagt: Es gibt unter den jetzigen Bedingungen keine bessere Lösung als jene, die die Regierung vorgeschlagen hat.

Man kann auch über die verbliebenen Zugangsregelungen für die weiteren Fächer reden. Nach dem ersten Jahr können wir gar kein endgültiges Urteil über die künftigen Zugänge fällen. (Zwischenruf des Abg. Broukal.) Bei der Medizin haben wir die Zahlen genau vorliegen, und es gibt auch gar keinen Grund zur Beunruhigung, weil es in den anderen so genannten Numerus-clausus-Fächern gar keine Zugangsregelungen gab.

An der Universität herrscht in der Tat europäische Normalität. Für Ausnahme­situ­ati­onen, die eigentlich nur Österreich, Deutschland, Belgien, Frankreich betreffen, schaf­fen wir eine Lösung, und sonst stehen wir zum europäischen Hochschulraum, zur europäischen Mobilität, die durch diese Regelung keinesfalls verhindert, sondern unterstützt wird.

Ich lade Kollegen Broukal und alle anderen noch einmal ein, dieser UG-Änderung zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die Geschäftsordnung: 2 Minuten, und Sie beginnen bitte mit der zu berichtigenden Stellungnahme und geben die richtige ab. Keine politischen Werturteile! (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

 


11.30.35

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident, ich werde mich bemühen. – Frau Dr. Brinek hat behauptet, ich habe öffentlich vorgeschlagen, man solle beim EuGH intervenieren. – Das ist unwahr!

Wahr ist vielmehr, dass ich damals vorgeschlagen habe, man möge bei der Euro­päischen Kommission intervenieren – etwas, was ja später auch passiert ist, leider viel zu spät. Und es gibt genug in diesem Saal lebende Zeugen dieses Satzes von mir (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), sodass Sie endlich aufhören sollten, diese Unwahrheit weiter zu sagen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung der Abg. Dr. Brinek –: Da sieht man, dass Lügen kurze Beine haben!) – Herr Abgeordneter Jarolim, ich darf Sie bitten: Es ist noch ein sehr langer Sitzungstag, es sind noch viele Debatten! Ihr Kontingent geht schon zur Neige! (Heiterkeit.)

 


11.31.27

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Worüber reden wir heute? – Wir reden über das Studieren in Österreich. Wir reden darüber, wie viele StudentInnen wie gut in Öster­reich studieren können. Und wir reden auch über einige Änderungen bei Titeln, vom Bakkalaureat zum Bachelor. Wir reden über ein neues Doktoratsstudium.

Über all das, so wurde uns zugesagt, könne man sprechen und verhandeln. Das lief anfänglich ganz gut. So gab es sogar eines Sonntagabends im Ministerium zwei Stunden Gespräche. Ich habe erklärt, ich bin bereit, bis heute früh zu verhandeln, um Verbesserungen gegenüber den Regierungsvorschlägen vornehmen zu können, um ihnen vielleicht auch zuzustimmen. Aber ich habe dann natürlich nicht jeden Tag


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angerufen, um zu fragen: Darf ich jetzt verhandeln? Darf ich kommen? – Zu uns, zur Opposition ist niemand gekommen, außer ein Anruf von dir, liebe Gertrude, bezüglich der Information, dass ein Abänderungsantrag vorliegt, den ich heute in der Früh gefunden habe. – Das dazu.

Die Regierung und Sie, Frau Bundesministerin, haben immer gesagt, die Opposition möge sich doch bewegen. Wenn Sie unter „sich bewegen“ eigentlich nur verstehen, dass wir der Regierung in die Arme fallen oder vor Ihnen auf die Knie fallen sollen, dann muss ich sagen: Das ist mir zu wenig an Bewegung oder zumindest nicht die richtige Richtung. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe gesagt – das, was Kollegin Brinek hier am Rednerpult gesagt hat, stimmt –, eine Quotenregelung in der Medizin ist nicht etwas, was mich freut, was mich zum Jubeln bringt, aber ich denke, in der Eile und Not der Zeit gibt es keine bessere Lösung beziehungsweise ist diese Lösung, die jetzt vorgeschlagen wird, besser als der relativ infernale Ist-Zustand, wie wir ihn erlebt haben.

Wenig Verständnis haben wir aber schon dafür, dass trotzdem Zulassungsprüfungen oder -verfahren gewählt werden. Ein Test ist besser als das Glücksrad und das Los, das leuchtet mir alles ein. Aber ein Test, der nur auf Studierfähigkeit abstellt, das heißt, Merkfähigkeit, Hartnäckigkeit, wenn Sie so wollen auch Verbissenheit und Kon­zentration prüft, und über den als Leisten alle MedizinerInnen geschlagen werden, birgt schon – und da spreche ich zukünftige PatientInnen an – die Gefahr in sich, dass eine Garde uniformierter, nahezu geklonter MedizinerInnen gefördert wird, die alle eine Eigenschaft haben: Sie können sich gut viel merken, sie können räumlich denken und sehen, sie sind hartnäckig und emsig. – Es ist die Frage, ob man das will! Ich finde, das ist auch nur eine Notlösung.

Was noch interessant ist, worauf Sie eigentlich auch nie reagiert haben, ist Folgendes: In der Medizin hätten wir die besten Betreuungsverhältnisse von Hochschul­lehrerIn­nen, also ÄrztInnen im Hochschullehrerdienst zu Studierenden, und zwar um den Faktor 3 besser als in allen anderen Fächern. Warum kann das nicht genutzt werden? – Weil die Regierung nie das Thema angesprochen hat, dass diese Hoch­schul­leh­rerInnen zu 100 Prozent in der Krankenversorgung oder durch diese okkupiert werden und für Lehre und Forschung keine Zeit haben. Da sollte man einmal die Verantwortung ergreifen und prüfen, was da los ist.

Wir haben aber gesagt: Wenn schon diese Quotenregelung in der Medizin geschluckt werden soll oder muss – vorläufig, begrenzt und befristet –, warum gibt man bezüglich anderer Studienrichtungen – und es wurden zumindest fünf genannt, wo in ganz Öster­reich an über 15 Standorten von Universitäten, die Kunsthochschulen kann ich ja aus­klammern, nicht mehr als etwa 350 Studienplätze fehlen – den Rektoren die Ermäch­tigung zu Zulassungsbeschränkungen? – Weil diese es wollen, werden Sie antworten.

Ich antworte Ihnen: Rektoren sind Vertreter aller Universitätsangehörigen, nicht nur Ver­treter ihrer selbst, sondern vornehmlich auch Vertreterinnen und Vertreter von Studierenden. Dann sollen sie sagen, warum sie nicht mehr Studierende nehmen können, dann müssten sie den Mut aufbringen. Die Verhältnisse an den Universitäten sind, was Personalressourcen, Raumressourcen, Laborausstattung, Arbeitnehmer­schutz­bestimmungen betrifft, ungenügend, um die Zahl an Studierenden zu nehmen, die einen offenen Hochschulzugang als gerechtfertigt definieren lassen. Das sagen sie aber nicht, und das finde ich von den Rektoren nicht gut oder nur die halbe Wahrheit.

Welches Bild entsteht jetzt für Studierende und deren Angehörige und Eltern? – Studierende müssen sich unerwünscht fühlen, Studierende fühlen sich als Grund und Ursache dafür, dass die Universitäten aus der Ordnung in ein Chaos kippen. Das ist ein Bild, das ich jungen Leuten nicht vermitteln möchte. Wir wollen, dass mehr Leute


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studieren. Die ganze Debatte um Elite-Uni oder Exzellenz wird zu einer Farce und Hoch­stapelei, wenn man weiß, dass wir in allen Bildungsparametern, was Abiturien­tenzahl, also MaturantInnenzahl betrifft, was Übertritte nach der Matura auf die Universität betrifft, was Akademikerquote betrifft, weit unter dem EU-Schnitt liegen. Und dann beginnen wir, das Pferd am Schwanz aufzuzäumen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn wir allein den EU-Schnitt erreichen wollen, bräuchten wir 100 000 Studierende mehr. Wenn die Regierung sagt, dass sie das heute nicht bezahlen kann, verstehe ich das noch irgendwie, aber sie muss ja ein Ziel haben, zu dem sie sich bekennt, das nicht „Weltklasse“ heißen kann, sondern: Erreichen wir wenigstens den europäischen Schnitt. Wenn ich die Interpretationen des Chefs der Rektorenkonferenz Badelt höre, muss ich schon sagen, dass an seiner Uni die schlechtesten Betreuungsverhältnisse in Österreich gegeben sind. Da trifft auf 209 Studierende ein Professor oder eine Professorin! Das muss er halt sagen, und man muss auch von der Regierung etwas verlangen! Von selbst und vom Schweigen wird Bildungspolitik nicht besser! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum neuen Doktorat mit drei Jahren im Sinne eines PhD, der allenfalls vielleicht einmal dieses altgermanische Weiheritual der Habilitation ablösen könnte, kann ich mich bekennen und werde in zweiter Lesung zustimmen.

Den Abänderungsvorschlag, dass der Zusatztitel „FH“ bei Masterstudien und Bache­lors vom Fachhochschulrat weggenommen werden oder belassen werden kann, und die Regierung nicht den Mut hat, zu sagen, den brauchen wir nicht, weil niemand in Großbritannien, Amerika und Argentinien weiß, was „FH“ heißt, halte ich für ein biss­chen müde und wenig mutig. Da werden wir jetzt auch nicht zustimmen. (Abg. Dr. Brinek: Was heißt „wenig mutig“?)

Vielleicht noch ein kleines Schmankerl für Herrn Präsidenten Khol. Mich hätte Folgen­des interessiert: Es gibt Quoten, durch die 70 Prozent der Studienplätze für Inhaber von österreichischen Maturazeugnissen reserviert sind. Südtiroler haben bekanntlich kein österreichisches Maturazeugnis, außer es wäre noch eines aus der Monarchie, aber die gibt es nicht mehr, so denke ich. In welche Quote fallen diese? – Ich plädiere jetzt nicht für eine Südtirollösung, aber muss man die Zahl der Südtiroler noch dazu addieren, um die Zahl der ÖsterreicherInnen konstant halten zu können, oder werden diese den ÖsterreicherInnen zugerechnet, und wir kommen drauf, dass wir in Inns­bruck keine Quote von 70 Prozent, sondern plötzlich nur eine von 50 Prozent Öster­reicherInnen haben? – Das ist jetzt nichts Chauvinistisches, sondern eine reine Frage der Neugier an einen Südtirol-engagierten Präsidenten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gehe davon aus, dass das ganze Haus für Südtirol engagiert ist. Ja, Kollege Van der Bellen stimmt mir auch zu; wir zwei Tiroler.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleckmann. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.40.21

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Ministerin! Hohes Haus! Zum jetzigen Thema stehen mehrere Bereiche in Diskussion.

Punkt 1: Wieso war die Änderung betreffend Hochschulzugang notwendig? – Wie wir schon gehört haben: auf Grund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Es wurde, Herr Kollege Broukal, so rasch als möglich reagiert. Es ist ja wohl klar, dass wir,


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solange ein Urteil nicht vorliegt, nicht davon ausgehen, dass das Urteil für uns schlecht ausfallen wird. (Zwischenruf des Abg. Broukal.) Es wurde darüber nachgedacht; zum Teil waren Sie dabei und zum Teil hat das Ministerium auch allein nachgedacht. Das ist auch gut so, aber als die Entscheidung gefallen ist, haben wir sofort am Tag darauf im Nationalrat reagiert. Wir sind nicht – ich hätte das tatsächlich berichtigt, aber da ich ohnehin zu Wort kam, bedurfte das keiner tatsächlichen Berichtigung meinerseits –, wir sind nicht im Hinterzimmer des FPÖ-Klubs zusammengesessen, sondern wir sind hier im Couloir in einem der Zimmer zusammengesessen. Erinnern Sie sich, Herr Kollege, wir sind nie im Hinterzimmer der FPÖ zusammengesessen! Das zur Richtigstellung.

Es wurde so rasch und so schnell als möglich reagiert. Auch darin sind wir uns einig: Wenn ein Urteil gefällt ist, wird am Tag darauf im Nationalrat reagiert! So ist das, und so ist es auch in diesem Fall sehr schnell zu einer Regelung gekommen.

Warum nicht gleich die Quotenregelung?, war ein weiterer Punkt, den Sie ange­sprochen haben. – In dem Urteil steht, dass der Nachweis der Homogenitätsstörung erbracht werden muss, und wir konnten an diesem Tag nicht nachweisen, dass die Homogenität gestört ist, weil wir nicht wussten, wie viele deutsche Studierende wirklich kommen werden. Wir können auch nur dort, wo das nachweisbar ist – und das ist eben nur beim Medizinstudium der Fall –, diese Regelung zurücknehmen und sagen: Machen wir die Quotenregelung!, die Sie im Übrigen auch gutheißen. Das ist genau das, was Sie verlangt haben. Wieso also stimmen Sie nicht zu? Das würde mich wirklich interessieren.

Außerdem haben sich die Universitäten dazu bereit erklärt, 20 Prozent mehr Medizin­studierende aufzunehmen, um für österreichische Studierende keine Benachteiligung zu erhalten.

Allgemein haben wir für all diese Regelungen, die es gibt, eine Befristung auf zwei Jahre im Gesetz festgeschrieben. Das heißt, nächstes Jahr werden alle Regelungen evaluiert, müssen wir uns alle Regelungen anschauen, und dann können wir die beste für Österreich, die beste für die österreichischen Studierenden und die beste für die österreichischen Universitäten festlegen. Das können wir erst dann, wenn wir wissen, wie sich die einzelnen Maßnahmen auswirken.

Natürlich wäre es uns auch am liebsten gewesen, zurückzukehren zur alten Regelung, damit wieder alles so ist wie vorher. Leider war das in der EU aber nicht möglich. Sie (in Richtung SPÖ) waren ja alle für die EU. (Abg. Dr. Puswald: Sind Sie nicht für die EU?) Daher müssen wir das nun auch einmal akzeptieren, in diesem Rechtsrahmen befinden wir uns, machen wir das Beste daraus! (Abg. Dr. Puswald: Sind Sie nicht für die EU?) – Ich war damals nicht für die EU. Ich habe bei der Abstimmung über einen Beitritt dagegen gestimmt, ja. Das sage ich ehrlich und offen. Die Bevölkerung aber hat sich dafür entschieden, Herr Kollege Broukal, und das ist von einem Volksvertreter natürlich zu akzeptieren. Daher müssen wir uns bemühen, das Bestmögliche daraus zu machen und in diesem Fall das Bestmögliche für die österreichischen Studierenden zu erreichen.

Das heißt, wir können nicht zurückgehen zur alten Regelung, sondern wir müssen die bestmögliche Regelung machen, und das ist in diesem Bereich die Quotenregelung. – Stimmen Sie doch zu! Das ist genau das, was Sie verlangt haben.

Der Grund dafür, dass wir die Regelung für die anderen Studienfächer nicht aufheben können, ist, dass wir sie auf zwei Jahre befristet haben. Vielleicht kommen ja noch viele andere deutsche Studierende darauf, dass es auch in Fächern wie Biologie, Pharmazie und so weiter super und toll wäre, nach Österreich zu gehen. (Abg. Broukal: Da hat ja die Frau Ministerin ein Notbremsenrecht!) Wir wissen das noch nicht und müssen daher abwarten. Vielleicht ändert sich die Situation ja, und vielleicht


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ist in zwei Jahren auch in anderen Bereichen die Homogenität gestört, dann können wir auch dort Änderungen herbeiführen. Aber das wissen wir heute noch nicht, und deshalb wäre es unseriös, für alle Bereiche Änderungen herbeizuführen. Ich denke, da stimmen Sie mir zu.

Die Universitäten können autonom Zugangsbeschränkungen in der Medizin festlegen. Wenn es jetzt diesen Eingangstest gibt, dann – es freut mich, dass wir uns darin alle einig waren; wir haben das in einer Ausschuss-Feststellung festgeschrieben – muss auch die soziale Kompetenz mit in die Bewertung hineinkommen. Das ist für mich ein sehr, sehr wichtiger Punkt, denn es geht hier ja auch um Patienten, um jeden von uns, der einmal krank sein kann. Mediziner, die an unseren Universitäten ausgebildet wer­den, sollen das notwendige Feingefühl haben, sollen nicht nur sozusagen am Patien­ten arbeiten, sondern auch gut mit ihm umgehen können. Wenn wir schon die Besten wollen, dann müssen es auch die Besten sein, nämlich die, die auch am besten mit den Menschen umgehen können.

Wir haben in einer Ausschuss-Feststellung festgelegt, dass wir die soziale Kompetenz bei der Bewertung des Schweizer Tests, den die meisten Universitäten als Eignungs­test durchführen werden, mit berücksichtigt haben wollen, und wir werden das auch einfordern. Ich gehe davon aus, Frau Ministerin, dass das Ministerium federführend darauf achten wird, dass soziale Kompetenz Eingang in die Bewertung der Studie­renden finden wird. Das war unser aller Anliegen. – Das war eine Vier-Parteien-Eini­gung.

Eine Drei-Parteien-Einigung gab es hinsichtlich der Titel der Fachhochschulen. Es freut mich, dass es hier auch den „Bachelor“ und den „Master“ ohne Zusatz „FH“ geben wird; für die bisherigen Absolventinnen und Absolventen wird dieser Zusatz weiterhin bestehen bleiben. Ich freue mich, dass es zu dieser Einigung gekommen ist, dass es uns gelungen ist, das gemeinsam zu beschließen.

Ebenso freut es mich, dass wir unser Doktoratsstudium im Zuge des Bologna-Pro­zesses der Internationalisierung auf drei Jahre anheben, um eine Vergleichbarkeit auf internationaler Ebene zu erreichen. Daran, dass wir das hier gemeinsam machen können, kann man sehen: Es ist im Bildungsbereich möglich, auch zu einstimmigen Beschlüssen zu kommen, wenn wir sachlich diskutieren. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Grünewald, Sie haben mich apos­trophiert wegen dieser Südtirol-Frage. Dazu wird die Frau Ministerin, so denke ich, Stellung beziehen. Südtiroler werden auf Grund des Kulturabkommens und des Südtiroler Gleichstellungsgesetzes wie Inländer behandelt. Aber wir werden das auch von der Frau Ministerin hören, die sich zu Wort gemeldet hat. – Frau Bundesministerin, Sie sind am Wort.

 


11.46.46

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Die in Diskussion stehende Regelung für die Zulassung zum Medizinstudium gibt Anlass, über die Universitätsentwicklung insgesamt zu diskutieren. Herr Abgeordneter Grünewald hat gemeint, dass ein generell schlechtes Bild von den Universitäten vorherrscht, dass die jungen Leute eher abgeschreckt werden, zu stu­dieren.

Meine Damen und Herren! Ich stelle Folgendes fest: In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der Studierenden um 12 Prozent gestiegen. Die Anzahl der Studienanfänger ist


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um 27 Prozent gestiegen, und die Anzahl der Absolventen ist um 23 Prozent gestiegen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich meine, das ergibt ein sehr, sehr positives Bild über die Arbeit unserer Universitäten, über die Entwicklung unserer Universitäten. Wir haben seit 2002 die Implementierung des neuen Universitätsgesetzes, das übrigens in aller Welt Anerkennung findet. Es werden sehr viele Ersuchen an uns gerichtet, einen Referenten zu entsenden, der dieses neue Universitätsgesetz darstellt. Manche Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland, besonders Rektoren und Rektorinnen, haben schon gemeint, sie würden sich freuen, hätten sie ein derartiges Universitätsgesetz, hätten sie vor allem derartige Zukunftsperspektiven wie die österreichischen Universitäten.

Die österreichischen Universitäten haben in den letzten Jahren mit der Struktur­för­derung, mit der Infrastrukturförderung, mit den Vorziehprofessuren 15,6 Prozent Er­höhung ihres Gesamtbudgets erfahren. Für die Budgetjahre 2007, 2008, 2009 haben wir mit der Rektorenkonferenz, dem Finanzminister und dem Herrn Bundeskanzler bereits eine weitere eklatante Erhöhung unterzeichnet. Die Universitäten werden in den nächsten Jahren 525 Millionen € mehr an Globalbudget erhalten – eine Steigerung um 11 Prozent –, sie werden 500 Millionen € für die Modernisierung der Gebäude erhalten, und sie haben die Zusicherung, dass es keine Budgetbindung gibt. Das, meine Damen und Herren, sind gute Zukunftsaussichten für die österreichischen Universitäten. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Natürlich ist es uns ein besonderes Anliegen, den jungen Menschen Studienplätze zu sichern, vor allem den jungen Menschen in Österreich Studienplätze zu sichern. Wir haben deshalb auch sofort nach dem EuGH-Urteil reagiert und vorsorglich das Universitätsgesetz ins Parlament gebracht. Wir hätten nämlich am 8. Juli überhaupt nichts machen können, wenn das Universitätsgesetz nicht schon im Parlament einge­bracht gewesen und aufgelegen wäre. Wir haben eine Regelung auf zwei Jahre und auf drei Studienanfänge befristet beschlossen. (Abg. Broukal: Auf acht Studiengänge, nicht auf drei!) Wir haben gesagt, wenn es notwendig ist, können die Universitäten Zulassungsbestimmungen beschließen und durchführen. Wir haben einen zweijährigen Beobachtungszeitraum festgelegt, den wir evaluieren werden, um festzustellen: Wie haben sich denn die Studierenden-Ströme entwickelt?

Meine Damen und Herren, die angespannte Lage beim Medizinstudium war in aller Munde, das Thema ist in ganz Europa diskutiert worden, aber: Wie entwickelt sich die Situation in den anderen Numerus-clausus-Fächern? Das kann man auf Grund des Herbstsemesters 2005 definitiv nicht feststellen! Das heißt, wir müssen etwas Geduld haben und diesen zweijährigen Beobachtungszeitraum sehr ernst nehmen – auch zum Wohle unserer Studierenden. Deswegen meine ich, dass wir gemeinsam diesen zwei­jährigen Begutachtungszeitraum beobachten sollten, unsere Schlüsse ziehen und dann sagen sollten, wie wir weiter vorgehen.

Nun zur Medizin: Wer das EuGH-Urteil wirklich gelesen hat – und ich nehme an, dass die Wissenschaftssprecher unter Ihnen es von vorne bis hinten durchgelesen haben –, der hat erfahren, dass der EuGH folgende Ziele als ganz wichtige Ziele erkannt hat:

Es darf die Mobilität der Studierenden nicht gestört werden,

es darf keine Diskriminierung auf Grund der Nationalität geben,

es dürfen keine prophylaktischen Zahlen, sondern es müssen tatsächliche Zahlen genannt werden, und

es müssen viertens Maßnahmen gesetzt werden, die verhältnismäßig sind, die nicht übertrieben sind.


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Wir haben in einer internationalen Arbeitsgruppe – wir betrachten nämlich die Kom­mission als unseren Partner, wir betrachten Deutschland als unseren Partner – inten­sivst darum gerungen, eine Lösung zu finden, die diesen Vorgaben des EuGH-Urteils entspricht.

Ich war dann sehr erstaunt, und das wurde von den KollegInnen ja schon erwähnt, als von der Opposition ganz verschiedene Meldungen kamen: Zurück zur alten Regelung!, Lassen wir uns doch wieder klagen!, Quotenregelung! und anderes mehr. (Abg. Broukal: Ihr eigener Vorschlag!) Ich sage Ihnen, man muss um die gute Lösung ringen, man muss die gute Lösung öffentlich diskutieren. Aber auf Grund so mancher Aussagen, die ich von Ihnen lese, meine Damen und Herren von der Opposition, fällt mir manchmal in Analogie zu einem recht alten Film ein: Denn sie wissen nicht, was sie wollen!, oder: Sie wissen nicht, was sie wollen sollen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich meine, dieses Thema ist ein wichtiges Thema. (Abg. Broukal: Sie wissen das ganz genau!) Deswegen haben wir nach Abschluss der Beratungen in der internationalen Arbeitsgruppe einen Vorschlag ausgearbeitet, einen Vorschlag vorgelegt, der: die Mobilität nicht hindert, keine Diskriminierung auf Grund der Staatsbürgerschaft bringt, auf tatsächlichen Zahlen aufbaut und eine verhältnismäßige Maßnahme vorschlägt. – Das sind die vier Prämissen, die von allen Europarechtsexperten als die wichtigen, obersten Ziele benannt wurden.

Meine Damen und Herren, wir haben diese Regelung selbstverständlich mit unseren deutschen Partnern diskutiert, wir haben sie mit der Kommission diskutiert. Aber zu Ihrem Ruf, dass wir nur nach einer Genehmigung durch die Kommission etwas machen dürfen (Abg. Broukal: Was ist das wieder für eine Unwahrheit?), muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen (Abg. Broukal: Von der Regierungsbank Unwahrheiten! Das ist schon eine Sache!): Das finde ich nicht, denn Bildung, Wissenschaft, Universitäten sind nationale Angelegenheiten (Abg. Broukal: Wo habe ich gesagt „Genehmigung“? Bitte zitieren Sie!), und wir lassen uns diese Selbständigkeit, diese Verantwortung nicht wegnehmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Broukal: Wo habe ich gesagt „Genehmigung“?)

Wir tragen die Verantwortung für unsere Lösung in Österreich. Wir finden eine Lösung, wir argumentieren die Lösung, und sobald die Beschlussfassung – ich hoffe sehr, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, dass Sie doch noch zustimmen, denn es wäre jammerschade, wenn durch Ihr Nein diese Beschlussfassung wieder sehr lange hinausgezögert werden würde – erfolgt ist, können die notwendigen Veranlassungen getroffen werden. Sobald die Beschlussfassung erfolgt ist, können wir die Unterlage auch zum Notifizieren an die Kommission schicken. – Wir sollten zum Wohle der jungen Menschen mit einem österreichischen Maturazeugnis diese wichtige Regelung gemeinsam beschließen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wie schaut diese Regelung aus? – Die Regelung heißt: Wir stocken die Anzahl der Studienplätze von 1 250 auf 1 500 auf, wir stocken um 20 Prozent auf. Das wollten Sie doch immer – wir tun es. Bitte stimmen Sie zu! Die Regelung heißt: 95 Prozent der Gesamtstudienplätze in den in der Verordnung genannten Studien stehen für junge Menschen aus den europäischen Mitgliedsländern, also mit Reifezeugnissen aus die­sen Mitgliedsländern, zur Verfügung, 75 Prozent der Gesamtstudienplätze für Studien­werber mit einem österreichischen Reifezeugnis; das können auch andere Nationen sein. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Hofmann.)


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Wie uns alle Europarechtsexperten immer wieder gesagt haben, sind diese Regelun­gen europakonform und enthalten auch diese wichtigen Zielsetzungen, die im EuGH-Urteil genannt wurden.

Meine Damen und Herren! Wir haben mit der deutschen Ministerin gesprochen, die gemeint hat, sie akzeptiere diese Regelung. Ich habe mit Herrn Kommissar Jan Figel mehrere Gespräche geführt, und auch er meint, das sei durchaus eine mögliche Regelung. Und wir wollen den zweijährigen Beobachtungszeitraum nützen und danach sehen, wie sich denn diese Zahlen entwickelt haben.

Nun noch zur Frage – der Herr Präsident hat das schon erwähnt –: Wie ist es mit Südtiroler Reifezeugnissen? Es gibt eine Menge an Kulturabkommen und Gesetzen, die Reifezeugnisse aus anderen Ländern österreichischen Reifezeugnissen gleich­stellen. Dazu gehören die Südtiroler Reifezeugnisse durch die Personengruppen­verordnung von 1997, dazu gehören die Luxemburger Reifezeugnisse durch ein Kultur­abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg, und dazu gehören die liechtensteinischen Reifezeugnisse. Dazu gehören – und das ist mir ganz wichtig – auch das Bakkalaureat des Lycée Francais in Wien und auch die Reifezeugnisse aus österreichischen Auslandsschulen, aber das war immer so. Das ist nichts Neues, das war immer so, und das werden wir auch so weiterführen.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich feststellen, dass wir diese Rege­lung, die man auch als „Safeguard-Regelung“ bezeichnen könnte, nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet, nach bestem Wissen und Gewissen formuliert und die Ziele der Europäischen Union dabei beachtet haben. Mir ist es ein großes Anliegen, dass wir diese Regelung, wenn möglich, gemeinsam beschließen (Abg. Broukal: Dann kommen Sie uns ein bisschen entgegen! Nur ein wenig!), denn ich sage Ihnen, es ist wichtig, dass wir uns um die jungen Menschen in Österreich küm­mern. Es ist wichtig, dass wir für genügend Studienplätze für junge Menschen mit österreichischen Reifezeugnissen sorgen, und es ist wichtig, dass wir für den aus­reichenden Mediziner- und Medizinerinnennachwuchs in Österreich sorgen. Des­halb bitte ich Sie: Stimmen Sie dieser Regelung zu! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

11.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


11.57.50

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin, wenn Sie im Zusammenhang mit unseren Universi­täten davon sprechen, dass wir viel Geduld aufbringen müssen, so ist das für jene, die heute studieren, die an den Universitäten arbeiten, nicht gerade aufbauend. Sie müs­sen seit Jahren viel Geduld aufbringen, denn die Situation an den Universitäten ist nicht so rosig, wie Sie sie dargestellt haben, Frau Bundesministerin.

Die Situation an den Universitäten ist eine schwierige und ernste. Die von Ihnen zitierten 525 Millionen €, die den Universitäten für die nächsten Jahre zur Verfügung gestellt werden, sind unter dem Limit, das die Rektoren lange Zeit als Notprogramm, als dringend notwendiges Sofortprogramm für die Universitäten immer wieder dar­gestellt haben. Sie akzeptieren natürlich (Abg. Mag. Molterer: Sie stimmen zu!), dass sie jetzt überhaupt Geld bekommen, aber wir sollten uns hier nicht darum herum­schwindeln, dass diese Mittel weit unter dem liegen, was die Rektoren lange Zeit als notwendig dargestellt haben. (Beifall bei der SPÖ.)


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Auch nach Ihren Ausführungen, Frau Bundesministerin, bleiben die zwei für uns ent­scheidenden Kernfragen weiterhin offen. Das ist zum einen die Frage nach der EU-Konformität der heute zu beschließenden Regelung und zum anderen die Frage der Zugangsbeschränkungen; diese bleiben auch in anderen Fächern, in nicht medizini­schen Fächern, wo der Ansturm der deutschen Studierenden ausgeblieben ist, auf­recht.

Aus unserer Sicht sind das zwei sehr wichtige Punkte, aber ich habe vorhin mit unserem Wissenschaftssprecher, Herrn Kollegem Broukal, gesprochen, und ich kann sagen, es gäbe noch einen Weg, unsere Zustimmung zu dieser Regelung heute zu bekommen.

Kernpunkt für uns ist die Frage der Zugangsbestimmungen. Sie haben damals lange nichts getan und dann, einen Tag, nachdem das EuGH-Urteil bekannt geworden ist, überfallsartig Zugangsbeschränkungen eingeführt; nicht nur zum Medizinstudium, son­dern in acht Studienrichtungen. Heute wird eine Regelung beschlossen, die die Zu­gangs­beschränkungen in vielen Studienrichtungen, etwa Biologie, Pharmazie, Psycho­logie, Betriebswirtschaftslehre und Publizistik, weiter aufrechterhält, obwohl der Ansturm nicht stattgefunden hat. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Wir halten den Beobachtungszeitraum, den Sie nennen, für kontraproduktiv. Unser Angebot wäre: Heben wir heute die Zugangsbeschränkungen auch für diese Studien­richtungen auf! Wir haben Ihnen schon lange angeboten, reden wir darüber, um eine gemeinsame Regelung zu finden, der auch wir zustimmen können, weil wir nämlich sehr daran interessiert sind, dass Schritte gesetzt werden, die darin münden, an den Universitäten eine Klärung herbeizuführen.

Reden wir hier noch einmal darüber! Heben Sie die Zugangsbeschränkungen auf und die SPÖ wird zustimmen! (Beifall bei der SPÖ.)

12.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. – Bitte.

 


12.00.51

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Zur terminologischen Anpassung: Erstens werden die Bezeichnungen „Bakkalaureat“ und „Magister“ durch die Titel „Bachelor“ und „Master“ ersetzt. Zweitens möchte ich zur Abschaffung des Titelzusatzes bei den FHs einige grundsätzliche Bemerkungen machen.

Betreffend Internationalisierung und Europäisierung im Rahmen des Bologna-Pro­zesses scheint mir die Notwendigkeit einer Annäherung und Bewegung von uns allen in diese Richtung auch im Rahmen unserer Diskussion vordringlich und für die Umsetzung erster Maßstab zu sein, also ein Aufeinander-Zu von allen Seiten und kein „In-die-Arme-Fallen“, Herr Kollege Grünewald!

Ich weiß, dass es in den Diskussionen der letzten Tage und Wochen viel Für und Wider gegeben hat. Ich hatte gestern noch ein sehr ausführliches, teilweise auch emotionales und heftiges Gespräch mit dem Grazer Vizerektor. Es gibt aber nicht nur Gegenstimmen. Für den Rektor der TU Wien zum Beispiel ist der Wegfall des FH-Zusatzes kein Problem, weil, wie er sagt, Rang und Ansehen der Unis und ihrer Position im internationalen Wettbewerb zu sehen sind und nicht in Konkurrenz der Unis untereinander.


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Aber es muss letztendlich eine grundsätzliche Entscheidung geben. Auch die Richtung war von Anfang an klar. Österreich wäre mit diesem Zusatz allein gewesen, die Orien­tierung an einer internationalen Nominierung ist jedoch wichtig und richtig. Wir haben um eine gemeinsame Lösung gerungen. Wir wollten allen Haltungen nach Möglichkeit gerecht werden, sie einbeziehen, ihnen entgegenkommen, um für die österreichische Hochschullandschaft im europäischen Rahmen die bestmögliche Lösung zu finden. Ich freue mich sehr, dass nun letztendlich alle vier Parteien dieser Lösung zustimmen können.

Beim dreijährigen Doktoratsstudium, das im UG in diesem Zusammenhang zu veran­kern ist – eine Maßnahme, die ja auch zu treffen ist –, gehen immerhin drei Parteien mit. Es geht um eine ausgewogene grundsätzliche Gesamthaltung, an deren Aus­gewogenheit noch weiter gearbeitet wird.

Der Beweis dazu ist ein Drei-Parteien-Abänderungsantrag, den ich hiemit einbringen möchte:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wis­senschaft und Forschung über den Antrag 752/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (1308 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 lautet es nach „§ 85“: „§ 85. Anerkennung von Diplom- und Masterarbeiten sowie künstlerischen Diplom- und Masterarbeiten“.

2. In Z 14 erhält Abs. 4 folgende Fassung:

„(4) Die Dauer von Doktoratsstudien beträgt mindestens drei Jahre. Das Studium darf als „Doctor of Philosophy“-Doktoratsstudium bezeichnet und der akademische Grad „Doctor of Philosophy“, abgekürzt „PhD“, verliehen werden.

3. In Z 41 lautet der Einleitungssatz „In § 124 werden folgende Abs. 10 bis 15 angefügt:“ und folgender Abs. 15 wird angefügt:

„(15) Ordentliche Studierende, die Doktoratsstudien betreiben, welche mit einem Arbeitsaufwand von mindestens 120 ECTS-Anrechnungspunkten vor dem In-Kraft-Treten des § 54 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/2006 eingerichtet wurden, sind berechtigt, diese Studien längstens bis 30. September 2017 nach diesen Vorschriften abzuschließen. Ab dem Jahr 2009/10 darf eine Zulassung zu einem Doktoratsstudium, dessen Mindeststudiendauer weniger als drei Jahre beträgt, nicht mehr erfolgen.“

*****

Es tut mir Leid, dass mich die Verlesung dieses Antrages viel von meiner Redezeit gekostet hat, ich glaube aber, abschließend feststellen zu können, dass wir gemein-


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sam in die richtige Richtung unterwegs sind, und hoffe auf weitere Gespräche. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Bleckmann.)

12.04


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Niederwieser, Kolleginnen und Kolle­gen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut: 

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wis­senschaft und Forschung über den Antrag 752/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (1308 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 lautet es nach „§ 85“: „§ 85. Anerkennung von Diplom- und Masterarbeiten sowie künstlerischen Diplom- und Masterarbeiten“.

2. In Z 14 erhält Abs. 4 folgende Fassung:

„(4) Die Dauer von Doktoratsstudien beträgt mindestens drei Jahre. Das Studium darf als „Doctor of Philosophy“-Doktoratsstudium bezeichnet und der akademische Grad „Doctor of Philosophy“, abgekürzt „PhD“, verliehen werden.“

3. In Z 41 lautet der Einleitungssatz „In § 124 werden folgende Abs. 10 bis 15 angefügt:“ und folgender Abs. 15 wird angefügt:

„(15) Ordentliche Studierende, die Doktoratsstudien betreiben, welche mit einem Arbeitsaufwand von mindestens 120 ECTS-Anrechnungspunkten vor dem In-Kraft-Treten des § 54 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/2006 eingerichtet wurden, sind berechtigt, diese Studien bis längstens 30. September 2017 nach diesen Vorschriften abzuschließen. Ab dem Studienjahr 2009/10 darf eine Zulassung zu einem Doktoratsstudium, dessen Mindeststudiendauer weniger als drei Jahre beträgt, nicht mehr erfolgen.“

Begründung:

zu Z 1:

Die Änderung dient der Bereinigung eines Redaktionsversehens.

Zu Z 2 und Z 3:

In § 54 Abs. 4 wird die Dauer der Doktoratsstudien festgelegt. Statt der bisherigen Mindestdauer von zwei Jahren, bzw. vier Jahren für PhD-Doktoratsstudien, soll nunmehr eine Mindestdauer von drei Jahren festgelegt werden, wie dies auch dem Bergen-Kommuniqué entspricht. Auf dieser Grundlage werden derzeit auf europäischer Ebene die Grundprinzipien der Doktoratsprogramme weiterentwickelt. Eine ent-


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sprechende Empfehlung des Wissenschaftsrates liegt ebenso vor. Eine Zulassung zu den zweijährigen Doktoratstudien soll nur noch bis zum Studienjahr 2009/10 möglich sein, jedoch ist eine zehnjährige Frist vorgesehen, um derartige Studien nach den alten Vorschriften abzuschließen.

Hinsichtlich des akademischen Grades ist auf § 51 Abs. 2 Z 14 UG 2002 in der Fassung dieser Novelle zu verweisen, wonach als Doktorgrad im Curriculum entweder die bisher üblichen Grade „Doktor/in .“ mit Zusatz oder „Doctor of Philosophy“ festgelegt werden können.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Zinggl zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


12.05.08

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Die Ausländerquote ist das eine. Aber warum müssen im selben Aufwaschen auch noch höchstzulässige Aufnahmezahlen für Studienrichtungen wie Biologie, Betriebwirtschaft, Pharmazie, Publizistik, Psychologie und Veterinär­medizin eingerichtet werden? – Das ist in Wirklichkeit der Grund dafür, warum wir Grüne diesem Gesetz insgesamt nicht zustimmen.

Frau Ministerin, Sie begründen das damit, dass Sie sagen: Möglicherweise gibt es jetzt sehr viele Bewerber und Bewerberinnen aus Deutschland, die draufkommen, dass sie den Numerus clausus im eigenen Land dadurch umgehen können, indem sie diese Studienrichtungen in Österreich inskribieren, und dann könnte möglicherweise eine Flut von Deutschen ähnlich wie in der Medizin auf uns zukommen.

Wir haben überhaupt noch nicht bemerkt, dass solch ein Trend in diese Richtung entsteht. In der Publizistik gibt es genau genommen – das wissen Sie genauso gut wie ich – überhaupt keine steigenden Studienzahlen. Das heißt, Sie glauben das wahr­scheinlich selbst gar nicht, sonst hätten Sie ja auch für diese Studienrichtungen eine ähnliche Quote für InländerInnen und AusländerInnen eingerichtet wie in der Medizin, nämlich 75 Prozent mit österreichischem Maturazeugnis et cetera. Das haben Sie aber nicht gemacht!

Ich frage mich: Warum dann überhaupt diese Zugangsbeschränkungen? – Umgekehrt gibt es in Österreich auch Studienrichtungen, die seit Jahren einen sehr hohen Aus­länderinnen- und Ausländeranteil haben. Das Mozarteum Salzburg zum Beispiel hat in der Studienrichtung Klavier 95 Prozent ausländische Studierende; dort wird auch kein österreichisches Maturazeugnis verpflichtend vorgeschrieben. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gehrer.) Irgendwie hat das alles keine Logik und kein System.

Es macht diese Sache auch so verdächtig, denn in Wirklichkeit geht es Ihnen, Frau Ministerin, doch nur darum, dass Sie den freien Unizugang systematisch kippen wollen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das haben Sie schon mit den Studiengebühren begonnen, das geht scheibchenweise so weiter. Dann kamen die fehlenden Bemühungen angesichts des EuGH-Urteils und im Windschatten dieser bösen EU sind Sie dann weitergefahren und haben das ver­wirklicht, was Sie ohnehin wollten, was Sie der Öffentlichkeit aber nie sagen konnten, das hätte keinen schlanken Fuß gemacht: dass Sie nämlich in Wirklichkeit den Zugang zu den Universitäten erschweren wollen. Immer wieder eine Scheibe abschneiden –


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das ist die Salamitechnik und -taktik –, anstatt mehr Geld auszugeben und die Finan­zierungslage an den Universitäten zu verbessern. (Abg. Ellmauer: Völlig falsch!)

Am einfachsten wäre es wahrscheinlich, Sie würden überhaupt keine Studierenden mehr zulassen, dann bräuchten Sie für die Hochschulen auch kein Geld mehr aus­zugeben (Bundesministerin Gehrer: Wir geben mehr Geld aus!), aber das würde die Akademikerquote nicht sehr erhöhen.

Ich frage mich überhaupt, ob eine Akademikerquote von 15 Prozent im internationalen Vergleich so etwas wie Zugangsbeschränkungen verträgt. Es kann doch die Quote nicht erhöhen, wenn weniger Leute studieren. Und was wollen Sie eigentlich nach zwei Jahren evaluieren? Wollen Sie abgewiesene Bewerber befragen, ob sie vor zwei Jahren tatsächlich Betriebswirtschaft studieren hätten wollen, ob sie das heute noch immer wollen, ob sie vielleicht in der Zwischenzeit irgendwo in einem Bereich unter­gekommen sind, der auch schon fast überlastet war und jetzt tatsächlich überlastet ist? – Also mir kommt das alles sehr eigenartig vor. Wenn Sie aber lediglich prüfen wollen, ob wirklich mehr deutsche Studierende an den Universitäten inskribiert sind, dann frage ich mich, warum Sie das nicht auch tun können, ohne den österreichischen Studierenden den Platz wegzunehmen.

Aber ich glaube, in zwei Jahren werden Sie ohnehin nicht mehr allzu viel prüfen. Blöd ist das nur für all jene, die jetzt etwas studieren hätten wollen, was sie dann doch nicht dürfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.09.52

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Zinggl, Frau Kollegin Kuntzl und auch Herr Kollege Broukal: Ich finde es ganz einfach unseriös, wenn Sie den Regierungsparteien ständig unterstellen wollen, dass wir gegen einen freien Hochschulzugang seien. Und wenn Sie in Aussendungen sogar schreiben, dass der freie Hochschulzugang zu Grabe getragen wird, dann weise ich das als äußerst unseriös zurück.

Faktum ist, es gibt über 170 Studienrichtungen. Bei diesen 170 Studienrichtungen wür­de es auf Grund dieser heutigen Vorlage für zwei Studienrichtungen eine Quoten­regelung geben, um es österreichischen Studenten leichter zu ermöglichen, dass sie Medizin oder Zahnmedizin studieren. Es wird für sechs weitere Studienrichtungen so genannte Zulassungsbeschränkungen geben. Auch da wollen Sie ständig suggerieren, dass das ein Muss ist.

Faktum ist, dass das Möglichkeiten für die Universitäten sind und die Universitäten im Rahmen ihrer Autonomie entscheiden können, ob sie Zulassungsbeschränkungen einführen wollen. Es hat sich schon letztes Jahr gezeigt, dass an kaum einer Universität – außer an den Medizinuniversitäten, wo diese Quotenregelung jetzt einge­führt werden soll – Zulassungsverfahren durchgeführt wurden und auch alle Bewerber aufgenommen wurden.

Es gab die Befürchtung, dass an der Universität Salzburg bei den Kommuni­kations­wissenschaften Zugangsbeschränkungen eingeführt werden, dass an der Uni Graz für BWL oder Psychologie Zugangsbeschränkungen eingeführt werden. Nichts davon war der Fall! Alle Studenten, die wollten, konnten jenes Studium belegen, für das sie sich angemeldet haben.


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Herr Kollege Broukal – er ist jetzt gerade nicht im Saal –, Ihre Partei und Sie bieten einen Fundus an Widersprüchen und einen Zickzackkurs, was die Lösung des Prob­lems für die Medizinstudenten betrifft.

Ich möchte hier nur einiges erwähnen. Im September letzten Jahres haben Sie ge­meint, eine Quotenregelung sei wichtig. Und Sie sagten dann sogar, es sei egal, wenn diese Regelung erneut vom EuGH gekippt wird. – Das war Ihr Standpunkt im September. Auch Ende Jänner waren Sie noch für die Quotenregelung, die Sie heute, wie ich auf Grund Ihres Redebeitrags schließe, ablehnen wollen.

Sie schrieben dann nach dem Wissenschaftsausschuss in einer Aussendung, dass Sie dieser Quotenregelung nur dann zustimmen, wenn vorher auch die EU-Kommission ihre Zustimmung dazu gibt. – Damit möchte ich nur auf Ihren Zickzackkurs hinweisen.

Ich möchte auch Ihren Parteivorsitzenden zitieren, der Ende Jänner gesagt hat, man solle sich nicht vor der EU schrecken, denn diese könne uns ruhig klagen. Das dauere ein bis zwei Jahre und wenn wir nicht Recht bekommen, werden wir wieder etwas machen und sie könne dann wieder klagen. Wir müssten hart bleiben. – Zitat von Herrn Dr. Gusenbauer in der „Kleinen Zeitung“.

Ich frage Sie: Was wollen Sie eigentlich? – Sie wollen eigentlich nur dagegen sein. Wenn die Regierungsparteien einen Vorschlag machen, durch den die Studenten in Österreich eine Chance haben, leichter Medizin zu studieren, dann sind Sie generell dagegen. Das zeugt wirklich davon, dass Sie keine Verantwortung tragen wollen.

Ich finde es wichtig, dass diese Regelung heute beschlossen wird. Vielleicht denken Sie doch noch einmal darüber nach, dass das die beste Möglichkeit ist, dass die öster­reichischen Studenten nicht verdrängt werden, dass dadurch einem künftigen Engpass bei ausgebildeten Ärzten entgegengewirkt wird und dass diese Lösung in diesem Bereich einfach die beste ist, die es gibt.

Ich möchte zum Schluss einen Abänderungsantrag betreffend die zweite Gesetzes­vorlage, die wir heute beschließen sollen, einbringen. Dabei ist mir auch nicht ganz klar, Herr Professor Grünewald, warum Sie gesagt haben, dass Sie dagegen stimmen.

Da geht es nämlich darum, dass bei künftiger Absolvierung von Master- und Bachelor-Studien der Fachhochschulzusatz, der sonst immer in Klammern angeführt wird, nicht mehr verpflichtend sein soll.

Ich bringe nun den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen ein betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das MTD-Gesetz und das Hebammengesetz geändert werden (1309 d.B.). Damit wird nun ganz explizit angegeben, dass der FH-Zusatz in Zukunft nicht mehr geführt werden soll, was zur Folge hat, dass die Absolventen der FHs bessere Chancen für die Inter­nationali­sierung haben, wenn sie eben in der internationalen Arbeitswelt auftreten und diesen Zusatz, den im Grunde genommen international niemand versteht, dann nicht mehr führen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist verantwortungsvolle Politik für die Univer­sitäten, für die Studenten. Das ist eine Verantwortung, von der Sie sich anscheinend, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, verabschiedet haben. Vielleicht denken Sie noch einmal darüber nach, für die Medizinstudenten doch eine sehr gute Lösung zu finden, damit hier kein Verdrängungswettbewerb stattfinden kann! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.15



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Dipl.-Ing. Ach­leitner in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Niederwieser ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Gemäß § 53 Abs. 4 GOG wurde er an die Abgeordneten verteilt und wird dem Stenographischen Protokoll beigefügt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut: 

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissen­schaft und Forschung über den Antrag 756/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das MTD-Gesetz und das Hebammen­gesetz geändert werden (1309 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 lautet die Z 6:

„6. § 5 Abs. 2 lautet:

„(2) Die akademischen Grade haben für Fachhochschul-Bachelorstudiengänge „Bachelor “, für Fachhochschul-Masterstudiengänge „Master ...“ oder „Diplom-Ingenieurin/Diplom-Ingenieur “, jeweils mit einem die Fächergruppen kenn­zeichnen­den Zusatz zu lauten. Für Fachhochschul-Diplomstudiengänge haben die akade­mischen Grade „Magistra/Magister “ oder „Diplom-Ingenieurin/Diplom-Ingenieur “, jeweils mit einem die Fächergruppen kennzeichnenden Zusatz und der Beisetzung „(FH)“ zu lauten. Hat ein akademischer Grad die Beisetzung „(FH)“ ist die Führung dieses akademischen Grades ohne den Zusatz „(FH)“ unzulässig. Die zulässigen aka­demischen Grade, die Zusatzbezeichnungen sowie die Abkürzung der akademischen Grade werden vom Fachhochschulrat festgesetzt; dieser Beschluss bedarf der Ge­nehmigung der zuständigen Bundesministerin oder des zuständigen Bundesministers. Für den einzelnen Fachhochschul-Studiengang ist der jeweilige akademische Grad samt Zusatzbezeichnung vom Fachhochschulrat im Akkreditierungsbescheid festzu­setzen.““

2. In Artikel 1 lautet die Z 9:

„9. § 21 Abs. 4 lautet:

„(4) Das Recht zur Führung bereits verliehener akademischer Grade bleibt unberührt. Wurde der akademische Grad mit der Beisetzung „(FH)“ verliehen, ist die Führung dieses akademischen Grades ohne den Zusatz „(FH)“ unzulässig. Die Absolventinnen und Absolventen sind jedoch berechtigt, anstelle des verliehenen akademischen Grades den auf Grund des § 5 Abs. 2 festgelegten akademischen Grad zu führen. Auf Antrag hat der Erhalter darüber eine Bestätigung auszustellen.““

Begründung:

Für die zukünftig aufgrund der Absolvierung von Bachelor- und Masterstudien zu verleihenden Bachelor- und Mastergrade („Bachelor ...“, Master ...“ oder „Diplom-Ingenieurin/Diplom-Ingenieur “) soll der Zusatz „(FH)“ nicht mehr verpflichtend


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vorgesehen werden. Werden anstelle bereits verliehener Grade die neuen Grade geführt, ist dieser Zusatz nicht mehr zu führen.

Für zukünftig zu verleihende akademische Grade aufgrund von Fachhochschul-Diplomstudiengängen („Magistra/Magister ...“ oder „Diplom-Ingenieurin/Diplom-Inge­nieur “) soll der Zusatz „(FH)“ weiterhin verpflichtend bleiben. Bereits verliehene akademische Grade und zukünftig zu verleihende akademische Grade aufgrund von Fachhochschul-Diplomstudiengängen mit der Beisetzung „(FH)“ sind weiterhin mit diesem Zusatz zu führen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. Ich erteile ihr das Wort.

 


12.16.15

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Die Novelle zum Fachhochschul-Studiengesetz internationalisiert die Ab­schlüsse für die AbsolventInnen. Ich bin sehr froh darüber, dass der Klammerausdruck FH fällt, weil nämlich die formalen Anforderungen von Studien an Fachhochschulen jenen an Universitäten längst gleichgestellt sind und weil auch die Abschlüsse nur noch danach differenziert werden, nicht was die Wertigkeit, sondern was den Grad der Spezialisierung und was die Ausrichtung des Forschungsinteresses betrifft.

Ich denke, dass dieser Zusatz FH wirklich nur etwas für Visitenkarten und Briefköpfe gewesen wäre, und bin sehr froh darüber, dass wir diesen Anachronismus überwinden konnten.

Ich denke aber, dass es, abgesehen von dieser vorliegenden Novelle, notwendig wäre, eine weitere, viel größere Novelle zum Fachhochschul-Studiengesetz einzubringen, weil meiner Meinung nach sehr wesentliche Inhalte fehlen.

Da ist zum einen die Betreuung der Studierenden in der vorgeschriebenen Praxis­phase, wo es sinnvoll wäre, zu evaluieren, inwieweit denn da eine sinnhafte Ausbil­dung vermittelt wird, angemessen bezahlt wird und auch Arbeitsrecht eingehalten wird.

Es wäre toll – und wirklich ganz dringend notwendig –, wenn es für die Studierenden auch an Fachhochschulen eine rechtlich schlüssige und auch effiziente Mitbestim­mungs­möglichkeit gäbe. Diese fehlt vollkommen, vor allem für all jene, die in Fachhochschul-Studiengängen und nicht an Fachhochschulen studieren. Diesbezüg­lich wäre wirklich ein ganz starker Impuls notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch was die Anrechenbarkeit von bereits vorher erworbenem, facheinschlägigem Wissen betrifft, zum Beispiel an berufsbildenden mittleren oder höheren Schulen, an Kollegs oder an sonstigen Bildungseinrichtungen, fehlen klare Regelungen, auf die sich die Studieren verlassen können. Ebenso fehlen effektive Fördermaßnahmen für Inter­essentinnen und Interessenten, die keine normale Hochschulreife haben, sondern zum Beispiel mit einem Lehrabschlussprüfungszeugnis kommen oder mit dem Abschluss­zeugnis einer berufsbildenden mittleren Schule höhere Bildung erwerben wollen. Da wären wirklich Maßnahmen und neue Initiativen notwendig.

Das Vorliegen von Frauenförderprogrammen bei einzelnen Trägern ist leider immer noch nicht für den Rat maßgebend dafür, wie viele Plätze und inwieweit Studiengänge bewilligt werden.

Zum Letzten wäre es mir auch sehr wichtig, dass endlich eine Initiative gesetzt wird, was die A-Wertigkeit bei der Beschäftigung der AbsolventInnen von Fachhochschulen


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und Fachhochschul-Studiengängen im öffentlichen Dienst betrifft. Die Titeländerung allein beziehungsweise die Titelangleichung allein bringt uns da leider noch nicht weiter.

Wir alle wissen, die Fachhochschulen haben eine sehr rasante Entwicklung hinter sich gebracht. Ich glaube, dass es wirklich wichtig und notwendig ist, jetzt weitere Schritte zu setzen, damit sie auch den Herausforderungen der Zukunft begegnen können. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

12.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte.

 


12.19.33

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Bayr, ich darf auf Ihre Kritik zur Praktikumsbetreuung antworten: Aus meiner Sicht – ich ziehe da ein Beispiel von der Fachhochschule St. Pölten heran – findet sehr wohl eine gezielte und professionelle Praktikumsbetreuung statt, und zwar in allen Bereichen. Bei der Praktikumsbetreuung arbeiten auch befreundete Universitäten mit. Da kann ich Sie beruhigen, das funktioniert ausgezeichnet.

Auch was die Anrechnung anbelangt, ist zu sagen: HTL-Studien werden bei tech­nischen Studiengängen angerechnet.

Die heute zu beschließenden Änderungen im Fachhochschul-Studiengesetz sind, glaube ich, wirklich notwendig, wichtig und erhöhen sozusagen die Kompatibilität mit anderen europäischen Fachhochschulen und Hochschulen. Deswegen begrüße ich das sehr. Ich glaube auch, dass man heute sagen kann, dass unsere Fach­hoch­schulen wirklich sehr beliebt sind und der Organisationsgrad und die Vielfalt Euro­paspitze sind. Das kann man wirklich mit Fug und Recht behaupten. Wenn man, so wie ich, sehr viel im Ausland unterwegs ist, dann kann man sich davon auch überzeugen.

Ich glaube daher, dass die Kritik, dass wir im Bologna-Prozess nicht weiterkämen, ins Leere geht. Das stimmt ganz einfach nicht! Wir haben bisher 30 Prozent der Bakka­laureat-Studien in Magister-Studien umgewandelt, und ich denke, dass auch die Joint-Study- und Double-Degree-Programme sehr gut greifen.

Abschließend, geschätzte Damen und Herren, möchte ich daher sagen: Es würde Ihnen kein Stein aus der Krone fallen, wenn Sie diesen Gesetzesänderungen zustim­men würden. (Beifall bei der ÖVP.)

12.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. – Bitte.

 


12.21.21

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Hohes Haus! Lassen Sie mich mit den Zugangsbestimmungen meine Ausführun­gen beginnen. Frau Bundesministerin und andere Rednerinnen und Redner haben uns aufgefordert, hier doch mitzustimmen, weil wir doch inhaltlich die Regelung, wie sie für die Medizin getroffen wird, mittragen.

Noch einmal das von Kollegin Kuntzl und Kollegen Broukal bereits geäußerte Angebot: Verzichten Sie auf die Beschränkungen in den anderen Fächern! Da ist eine Beschränkung nicht notwendig. Die wollen Sie nur aus Prinzip aufrecht erhalten. Wenn Sie darauf verzichten, dann werden wir auch zustimmen!


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Die Frage ist die: Wieso wollen Sie, wenn es um die Medizin geht und wenn Ihr Argument gegenüber der EU lautet, dass unser Gesundheitssystem gefährdet wäre, dann in der Betriebswirtschaft die Beschränkungen aufrecht erhalten? (Abg. Dr. Brinek: Als Kann-Bestimmung! Das ist keine Muss-Bestimmung!) Das werden sich auch die Damen und Herren der HAK St. Pölten fragen, die heute hier sind, nämlich, wieso sie dann auf solche Zugangsbeschränkungen stoßen müssen, die Sie nur aus Prinzip aufrecht erhalten wollen. Also verzichten Sie darauf – und dann können wir mitstimmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Ich möchte von dieser Stelle aus ganz energisch all denjenigen wider­sprechen, die sagen: Mit diesem Verfahren suchen wir jetzt die besten Studierenden aus! Der „Kurier“ hat in Bezug darauf sogar einmal getitelt: „Casting: Nur die Besten dürfen studieren.“ (Abg. Dr. Brinek: Zeitungsschlagzeile!) – Ja, das ist eine Zeitungs­schlagzeile, aber so weit darf es nicht kommen, dass wir glauben, wir suchen hier in einem öffentlichen Fernsehverfahren vor laufender Kamera die Besten aus. Das sind diejenigen, die mit großer Wahrscheinlichkeit relativ rasch studieren werden. Das sucht dieses System aus, aber alle, die da durchfallen, sind genauso geeignet, Medizin zu studieren. Nur: Es gibt keinen Platz. – Das muss man einmal ganz klar und deutlich sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Dritter Punkt: Was die Fachhochschulen und den Zusatz FH betrifft: Dazu hatten wir einen Antrag vorgelegt, der wesentlich weiter gegangen wäre. Sie haben da trotzdem wieder eine Reihe von Einschränkungen vorgesehen. Wir gehen da mit – soll sein! –, weil wir wissen, wie mühsam das gewesen ist. (Abg. Dr. Brinek: Danke!) Ich habe dazu auch Mails bekommen und kann sagen: Das war kein leichter Weg, und das ist wesentlich mehr, als möglicherweise zu erwarten gewesen ist. Daher unsere Zustimmung zu diesem Punkt.

Vierter und letzter Punkt: Frau Bundesministerin, die Bundesregierung – Bundes­kanzler, Vizekanzler – hat den Olympioniken für die hervorragenden Leistungen gedankt. Diesem Dank schließen wir uns gerne an. In dem betreffenden Inserat ist auch ... (Zwischenruf des Abg. Prinz.) – Wir hätten dieses Inserat dazu nicht ge­braucht!

In diesem Inserat ist auch vom österreichischen Bundesheer und von den öster­reichischen Sportschulen die Rede. Was nicht erwähnt wurde und was ich daher hier in dieser Wissenschaftsdebatte extra nachholen möchte, das ist die Danksagung an die vielen Menschen an den Universitäten, die da mitgeholfen haben, beispielsweise in den sportwissenschaftlichen Instituten. Die Goldmedaille haben die Brüder Linger, die das sehr deutlich zum Ausdruck gebracht haben, in enger Kooperation mit dem Institut für Sportwissenschaften und dem Institut für Sport und Kreislaufmedizin erarbeitet. Das ist ein Beispiel für viele unserer Sportlerinnen und Sportlern, die mit unseren Uni­versitäten kooperieren. Dafür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

12.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. – Bitte.

 


12.25.20

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Eines, Herr Dr. Niederwieser, muss ich schon festhalten: Das, was wir heute hier vornehmen, und zwar die terminologische Anpassung im Univer­sitätsgesetz, ist etwas, wo wir unserer Verpflichtung nachkommen, welche die Vor­gaben des Bologna-Prozesses aufzeigen. Nichts anderes ist in unseren Anträgen beinhaltet – und das tun wir auch.


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Des Weiteren wird heute hier noch beschlossen, dass Bakkalaureat- und Magister-Studiengänge künftig mit dem Titeln „Bachelor“ und „Master“ abgeschlossen werden. Da werden auch Fachhochschulabsolventen entsprechend mit einbezogen. Es wird also in Zukunft keine Diskriminierungen mehr in die eine oder andere Richtung geben. Das heißt: Alles, was der Bologna-Prozess diesbezüglich vorschreibt, tun wir auch, und zwar mit gutem Gewissen. Dafür setzen wir uns aktiv ein, und dementsprechend bin ich auch dankbar dafür, dass Sie sich bereit erklärt haben, dem zuzustimmen.

Wenn der Herr Zinggl sagt, die Zugangsbeschränkungen seien schuld daran, dass die Akademikerquote in Österreich so niedrig ist, so muss ich schon festhalten: Erstens muss man bei einem internationalen Vergleich auch berücksichtigen, dass wir in Österreich auch Ausbildungsschritte haben, die nicht mit einem akademischen Niveau abschließen, wo das aber in anderen Ländern sehr wohl der Fall ist. Das ist sicher mit ein Grund dafür. Aber abgesehen davon konnten wir in unserer Regierungszeit die Akademikerquote von 7 Prozent auf 14 Prozent anheben. (Beifall bei der ÖVP.)

Das heißt: Nicht Rückschritt, sondern „Vorwärts!“ lautet unser Motto. Unser Motto heißt auch „angemessen“. Und angemessen ist sicherlich auch die Regelung, die wir im Bereich der Medizinstudierenden vorgenommen haben. Wenn 75 Prozent der Studien­plätze für Österreicherinnen und Österreicher reserviert sind, dann ist das mehr als gerecht, denn es ist auch notwendig, den Bedarf an Ärzten sicherzustellen, was damit geschieht.

Folgendes muss man auch sagen – das wurde heute überhaupt noch nicht erwähnt –: Es wurde immerhin auch die Zahl der Studienplätze um 20 Prozent erhöht. Das ist etwas Positives, das erwähnt werden muss. Es gibt jetzt 1 500 statt 1 250. Im Übrigen liegen wir mit dieser Zahl an Studienplätzen noch immer weit besser als Deutschland. Wir haben nämlich bei 800 Millionen Einwohnern rund 1 500 Studienplätze, während Deutschland bei zehn Mal so vielen Studierenden nur 8 300 Studienplätze zur Ver­fügung stellt. Das heißt: Wir haben doppelt so viele Medizinstudienplätze wie Deutschland.

Man kann also sagen, dass österreichische Studierende sicher gut gestellt sind, wenn auch manche Studienbedingungen an den Universitäten – dafür liegen die Zuständig­keiten aber nicht bei der Frau Ministerin – verbessert gehören.

Ich danke der Frau Ministerin, dass Sie so rasch reagiert hat und für die österreichi­schen Studierenden Sicherheit hat gewähren können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Walther. Ich erteile es ihr.

 


12.28.27

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte StudienanwärterInnen im Publikum, für Sie wird es wahrscheinlich interessant! Hätte es Zugangsbeschränkungen zu den Hochschulen schon früher gegeben, würden einige Kolleginnen und Kollegen in der Reihe der Mediziner heute nicht ihren Beruf ausüben können. Vor allem sind das jene Medizinerinnen und Mediziner, deren Eltern finanziell nicht so gut ausgestattet waren, um ihnen ein Studium bezahlen zu können.

Um welchen Preis und warum wurden die Studiengebühren trotz anders lautender Ankündigung von Frau Bundesminister Gehrer vor der letzten Wahl eingeführt? – Doch nur deshalb, um wieder in vorauseilendem Gehorsam das Nulldefizit zu erreichen, was sich ohnedies als einmalige Seifenblase entpuppt hat.


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Wir können, Kollegin Bleckmann – leider ist sie jetzt nicht da –, nicht zustimmen, weil zum Beispiel in Graz 1 200 Medizinstudien-AnwärterInnen in Warteposition sind. Das macht drei bis vier Jahrgänge aus. Das muss man sich einmal vorstellen.

Wir können auch deshalb nicht zustimmen, weil in den anderen Fächern die Studien­beschränkungen nicht aufgehoben werden. Das ist doch wirklich eine krasse Unge­rechtigkeit, die leicht nachzuvollziehen ist.

Meine Damen und Herren, heute ist es ja bereits durch die Medien gegangen: Die deutsche Bundesregierung wird auch heuer diese 3 Prozent-Marke betreffend Budget­defizit nicht einhalten können. – Die österreichische Bundesregierung hingegen glaubte schon vor drei Jahren, mit dem Nulldefizit starten zu müssen. Ein voraus­eilender Gehorsam also, der einfach unverständlich ist, da das ja auf Kosten vieler junger Leute geht, die ein Medizinstudium anstreben.

Mit der Beibehaltung der Zugangsbeschränkungen zum Beispiel in den Fächern Bio­logie, Pharmazie, Psychologie und so weiter handeln die Regierungsparteien wieder aus Eitelkeit, und zwar gegen die Zielsetzungen sowohl der Bologna- als auch der Lissabon-Strategie – und das, obwohl Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Technologie für eine zukünftige positive Entwicklung so wichtig wären.

Dazu einige Zahlen: An der Medizin-Universität stehen jetzt 432 Studienplätze zur Verfügung; davon 323 für Österreich, 86 für EU-Bürger und 22 für Studentinnen und Studenten aus anderen Ländern. Alle anderen müssen warten!

Dem können wir von der SPÖ wirklich nicht zustimmen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Felzmann. Ich erteile es ihr.

 


12.31.57

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Walther hat soeben ein Beispiel dafür geliefert, wie die Politikvorstellung seitens der Opposition aussieht, und zwar reduziert sich diese im Bildungsbereich eigentlich auf zwei Punkte: Auf der einen Seite erschallt immer nur der Ruf nach Geld seitens der Oppositionsparteien – und das ungeachtet jener Zahlen, die Ihnen ja heute bereits genannt wurden, eben die Steigerung des Bildungsbudgets betreffend.

Zum einen also: Ruf nach Geld – und keine Ideen seitens der Opposition. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Das Zweite ist eine Art Schlechtmachen der österreichischen Bildungspolitik seitens der Opposition – und das, obwohl diese als wirklich exzellent zu bezeichnen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Schauen wir uns das doch einmal an! Seit dem Inkrafttreten des Universitäts-Hoch­schulgesetzes 2002 bewegen wir uns diesbezüglich nicht nur auf internationaler Bühne, sondern es wird uns dafür auch international applaudiert, und Experten gra­tulieren uns zu unserer Bildungspolitik. Daher: Anerkennen doch bitte auch Sie von der Opposition endlich, was uns in Österreich mit dem Hochschulgesetz gelungen ist! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auch beim Fachhochschulgesetz sind wir diesen Weg der Internationalisierung gegan­gen, einen Weg, der die Anerkennung der Titel international ermöglicht. Dadurch sichern wir Arbeitsplatzchancen auf internationalem Niveau. Das ist uns mit dem Fachhochschulgesetz gelungen. Überhaupt ist das Fachhochschul-Modell seit 1994 untrennbar mit den Namen Elisabeth Gehrer und Erhard Busek verbunden. Sie


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sehen also, wir haben auch damals schon sehr gute Ideen gehabt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ein gewaltiges Erfolgsmodell: 19 Trägerorganisationen, an die 140 Studiengänge, 25 000 Studierende, eine Verdoppelung der Zahl der Studierenden seit dem Jahre 2000!

Wenn man sich das genauer anschaut, dann kann man sehen: Die Hälfte konzentriert sich auf den Bereich Technik; 37 Prozent auf wirtschaftswissenschaftliche Studien­gänge. Gerade diese Disziplinen verlangen einen internationalen Bildungsweg und eine globalisierte Vorgangsweise. Nochmals: ein glänzendes Modell!

Schade, dass Sie von den Oppositionsparteien nicht überall zustimmen! Im übrigen Europa finden andere jedenfalls, dass es vorbildlich ist, was wir auf diesem Gebiete geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. Ich erteile es ihm.

 


12.35.01

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler auf der Tribüne, Sie sehen hinter mir auf der Regierungsbank die gebündelte Inkompetenz der ÖVP-Bildungspolitik. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Hakl: Das ist ja unmöglich! Das ist eine Beleidigung! Entschuldigen Sie sich! – Rufe bei der ÖVP: Unerhört ist das!)

Was meine ich damit? – (Weitere heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.) Frau Bundes­ministerin Gehrer ist verantwortlich für die verheerenden PISA-Ergebnisse! (Abg. Mag. Hakl: Entschuldigen Sie sich!)

Frau Bundesministerin Gehrer ist verantwortlich für den Stundenabbau, für den LehrerInnenabbau, für all diese Kürzungen! (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Hakl: Entschuldigen Sie sich!)

Frau Bundesministerin Gehrer ist verantwortlich dafür, dass Kleinschulen gesperrt wer­den und die Ausdünnung ländlicher Regionen fortgesetzt wird! (Zahlreiche Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Das ist die Wahrheit!

Frau Bundesminister Gehrer ist auch verantwortlich dafür, dass es ein Chaos an den Universitäten in Österreich gibt! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt wird versucht, die Notbremse zu ziehen. Die Frage ist jedoch, ob diese Not­bremse noch wirken kann. (Abg. Kößl: Diese Ihre Rede ist eine Schande für das Parlament!)

Festgestellt wurde ja bereits: Es ist unklar, ob diese Verordnung überhaupt EU-konform ist, und es ist auch unklar, warum die Zugangsbeschränkung für so viele andere Bereiche offen bleibt. Das müssen Sie erst einmal erklären!

Sie, Frau Bundesminister Gehrer, drücken sich vor wesentlichen bildungspolitischen Aufgaben, die Sie zu erfüllen hätten, damit die Jugend, die da oben auf der Galerie zuhört, auch eine gesicherte Zukunft an den Universitäten hat! Das ist unser Vorwurf an Sie! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Diese Rede ist eine Schande für das Parla­ment!)

Als Lehrer an der Universität sowie als Volkswirt möchte ich Ihnen vorrechnen, was Ihr bildungspolitischer Tiefschlaf die österreichische Volkswirtschaft kostet. Ein Jahr War­te­zeit kostet einen Studenten (Abg. Kößl: Diese Rede ist eine Zumutung!), der nicht studieren darf, das letzte Einkommensjahr in seinem Berufsleben, und das sind – ich


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habe das sehr niedrig angesetzt – für einen Akademiker 5 000 € im Monat, im Jahr also 70 000 €!

Wenn man sich die Warteliste für das Medizinstudium und die dafür zur Verfügung stehenden Plätze anschaut (Abg. Grillitsch: Ihre Rede ist billig!), dann sieht man Folgendes: Es gibt für 3 600 Angemeldete nur knapp 800 Studienplätze. Das heißt: Die Differenz von 2 800 mal 70 000 € ergibt 200 Millionen € an volkswirtschaftlichen Kos­ten! Diese muten Sie – von dieser Bundesregierung durch ihre Untätigkeit ausgelöst – der österreichischen Volkswirtschaft zu!

Kommenden Herbst aber werden Sie das entsprechend präsentiert bekommen, denn Wahltag ist Zahltag! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte. (Abg. Grillitsch – in Richtung SPÖ –: Über eine solche Rede könnt Ihr lachen? Wie tief die SPÖ gesunken ist! Tiefer geht es nicht mehr!)

 


12.37.46

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hochgeschätzte Frau Bundesminister! (Beifall bei der ÖVP.) Hohes Haus! Einleitend möchte ich sagen, dass das Niveau, auf welchem gleich der erste Satz der Rede des Kollegen Moser begonnen hat, der Grund dafür ist, dass sich sehr viele Menschen die TV-Übertragun­gen aus dem Hohen Haus nicht mehr anschauen. Ich möchte mich entschuldigen dafür (Abg. Öllinger: Wofür?), dass sich jemand, der sich für unser Bildungswesen so einsetzt wie Frau Bundesministerin Gehrer, das zumuten lassen muss. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich glaube, dass die Entwicklungen der Univer­sitäten auf Grund Ihrer beziehungsweise unserer gemeinsamen Anstrengungen ganz ausgezeichnet und sehr positiv waren und sind. Ich bedauere, dass von all diesen positiven Entwicklungen, die auch der Opposition bekannt sind, von dieser Seite (in Richtung SPÖ deutend) nichts kommt. Ich kann das überhaupt nicht verstehen.

Wir haben stets angestrebt, den Frauenanteil an den Universitäten zu erhöhen. Das ist gelungen, und zwar in einem Ausmaß von weit mehr als 10 Prozent in den letzten zehn Jahren. (Abg. Broukal: Für fünf Jahre davon war Caspar Einem dafür zuständig!) Wir haben die meisten Studienanfängerinnen in absoluten Zahlen und, relativ gesehen, aller Zeiten. Wir haben die meisten Professorinnen aller Zeiten. Ohne diese Uni­versitätsreform wären unsere Studierenden immer noch die ältesten Dozenten Euro­pas, wie sie es ja vor nicht allzu langer Zeit waren.

Ich glaube, eine ganze Generation von Menschen wird Ihnen, Frau Bundesministerin Gehrer, dafür zumindest im Rückblick, auch wenn sie irgendwann einmal in ihrer Jugend Rot oder Grün gewählt haben, dankbar sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Relation zu den deutschen Studierenden an unseren Universitäten betrifft, möchte ich, einfach auch deshalb, um das Bild ein wenig gerade zu rücken, und froh darüber, dass wir jetzt eine gute Lösung gefunden haben, auch darauf hinweisen, dass ein Drittel mehr Studierende aus Entwicklungsländern als beispielsweise aus Deutsch­land oder Italien an den österreichischen Universitäten studieren. Ich halte diesen internationalen Austausch, der entgegen Ihren Befürchtungen stark angestiegen ist, für sehr wichtig und freue mich auch darüber. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Broukal: Das war eine sehr verwirrende Rede!)

12.40



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139. Sitzung / Seite 72

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Ich erteile es ihm.

 


12.40.37

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Die Stellungnahme von Hans Moser war ja durchaus keine persönliche Meinung von ihm (Zwischenrufe bei der ÖVP), sondern das war doch eine Widerspiegelung der medialen Realitäten. (Abg. Prinz: Das war nichts! Überhaupt nichts!) Ich glaube, man sollte auch hier die Offenheit haben, kritikfähig zu bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt sehr viele positive Bemühungen, gemeinsame Bemühungen – man sieht das ja auch heute an dem gemeinsamen Abänderungsantrag zum FH-Titelzusatz und zum Thema Fachhochschulen-Angleichung im Rahmen des Bologna-Prozesses –, das ist ja keine Frage, und es gibt durchaus auch immer wieder sehr konstruktive gemeinsame Aktivitäten mit der Frau Bundesministerin. Nichtsdestotrotz muss man kritikfähig blei­ben, bitte ich euch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir würden heute – und das ist schon mehrmals gesagt worden – sehr gerne diesem Universitätsgesetz zustimmen, wenn nicht ein prinzipieller Fehler in diesem Geset­zesantrag enthalten wäre und diese Zugangsbestimmungen, die uns prinzipiell daran hindern, hier zuzustimmen, aufgehoben würden.

Frau Kollegin Achleitner hat das überhaupt gleich verwechselt mit der Quotenregelung: Die Quotierung ist eine Erfindung des Josef Broukal, und das ist sie bis heute geblieben – dazu ist er auch immer gestanden. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sie haben das ja sehr schön dokumentiert! – Aber es ist ein Unter­schied zwischen einer Quote und Zugangsbestimmungen.

Ich sage Ihnen: Da können wir nicht mit! Überlegen Sie sich das, bitte, noch einmal! Wir würden sehr gerne zustimmen, aber es ist uns nicht möglich, denn vielleicht kommen Sie dann das nächste Mal daher und sagen: Der Herr Finanzminister will sich die Schultransporte für die Volksschüler nicht mehr leisten, das ist zu teuer – heben wir die Schulpflicht auf!

Diesen Aufweichungstendenzen ist entgegenzutreten, und daher müssen wir darauf beharren, dass diese Zugangsbestimmungen herausgenommen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­ge­ordneter Preineder. – Bitte.

 


12.43.16

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Bildung, Wissenschaft und Forschung unterliegen einer ständigen Weiterentwicklung, einem ständigen Wandel und vor allem einer Internationalisierung, und wir – und vor allem unsere Frau Bundesministerin – tragen dem Rechnung.

Ich glaube, Herr Kollege Gartlehner, es geht nicht um Kritikfähigkeit, sondern es geht um die Art und die Form, wie Kritik geübt wird. Wenn Sie persönlich beleidigend werden, hat das nichts mit Kritik zu tun. Auch Kollege Broukal hat bereits beleidigende Aussagen im Ausschuss getätigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir beschäftigen uns heute mit der Änderung des Universitätsgesetzes und des Fachhochschul-Studiengesetzes, und auch da tragen wir der Internationalisierung Rechnung: Wir passen die Bezeichnungen von Studiengängen, von Studienarbeiten


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und vor allem von akademischen Graden entsprechend an. Wir vollziehen eine europäische Regelung und werden dadurch der Internationalisierung gerecht.

Ich glaube, Österreich will sich einfach stärker im internationalen Wissenschaftsbereich positionieren – unsere Initiativen in Richtung Elite-Uni sind dafür ein klares Beispiel.

Wenn wir die Titel Magister und Bakkalaureat in Master und Bachelor ändern, dann ist das auch ein Signal für die Durchlässigkeit in unserem Bildungsbereich. Speziell der Abänderungsantrag, den ich unterstützen möchte, in Richtung Wegfall der Klammer­bezeichnung „(FH)“ schafft Klarheit, weil dieser Zusatz im Ausland wirklich nicht erklärbar ist. Es ist auch eine Klarstellung insofern, als wir es vermeiden wollen, eng­lische Bezeichnungen mit deutschen Bezeichnungen zu vermischen. Außerdem ist das in keinem anderen Land mit vergleichbaren Bildungseinrichtungen üblich. Wir wollen nicht ausklammern und daher auch nicht einklammern.

Geschätzte Damen und Herren! Der Wegfall dieses Klammerbegriffes für die FHs ist, glaube ich, auch eine Anerkennung für ihre Arbeit und bindet sie stärker in unser Bildungssystem ein. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. Ich erteile es ihr.

 


12.45.40

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Kollege Preineder! Wir streichen das „FH“ weg, spielen auf Gleichstellung, aber ich frage Sie: Wie schaut es mit der Bezahlung und der Einstufung aus? Gelten diese Menschen als vollwertige Akademiker/Akademikerinnen? – Das ist nämlich wichtig für ihre Zukunft, für ihre Entlohnung und ihre Existenzsicherung – das ist der Punkt, um den es geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf im Folgenden eine Randerscheinung dieser Materie ansprechen, und zwar eine Randerscheinung der Quotenregelung, die hunderte Studenten und Studentinnen in ihrer Existenz massiv und mehrfach nachteilig betrifft. Es sind jene hunderte Studen­ten und Studentinnen, nicht nur in Graz, die jetzt trotz der 20-prozentigen Anhebung der Quote hinausfallen. Was bedeutet das für sie konkret? – Wenn sie ihre Familien­beihilfe, das Stipendium weiter beziehen wollen, müssen sie einen Nachweis erbrin­gen, das heißt, sie müssen in einem anderen Fach inskribieren. Und wenn sie dann im Herbst doch, weil sie sich bewusst für Medizin entschlossen haben, noch einmal Medizin inskribieren, dann fallen sie aus beiden Systemen hinaus.

Ich habe diese Problematik auch im Ausschuss angesprochen. Die Frau Ministerin hat dort gemeint, solche Unzulänglichkeiten dürfen nicht passieren beziehungsweise müsste es da Kulanzregelungen geben.

Frau Ministerin, Ihr Wort im Ausschuss und vielleicht auch hier ist gut, was ich aber fordere, sind Information und eine eindeutige Rechtssituation! Finanzämter müssen Bescheid wissen, Studienbeihilfen-Behörden müssen Bescheid wissen, andere Einrich­tungen müssen Bescheid wissen, denn sonst schaut es so aus, dass nur jene Studenten, die über die entsprechende Information verfügen – und das sind wenige –, diese Kulanzregelung in Anspruch nehmen können.

Diesen Studenten kostet diese Vorgangsweise zwei Semester, viel Geld und letztlich dann auch ein Jahr bei der Pensionsanrechnung. – Ich denke, da ist Handeln im Sinne von Gleichstellung akut gefordert.


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139. Sitzung / Seite 74

Ein zweiter Bereich ist die Planungssicherheit, die nicht gegeben ist – ganz abgesehen von dem EuGH-Erkenntnis. Es gibt zahllose Studenten und Studentinnen, die heute ein Studium in Wien absolvieren, die fleißig, schnell, engagiert studieren und in der Planzeit fertig werden wollen, aber an ihrer Fakultät nicht das entsprechende Lehrver­anstaltungs-Potenzial vorfinden. Es gibt Klagenfurter Studenten und Studentinnen, nicht nur der Romanistik, die in der Planzeit fertig werden wollen und jetzt in Wien inskribieren und dann noch um die Anerkennung dieses Zeugnisses in Klagenfurt kämpfen müssen! – Und, Frau Ministerin, ein ermäßigtes Eisenbahnticket Klagenfurt–Wien hin und retour kostet 42 € – da reden wir noch gar nicht von den Übernach­tungen. Das alles haben Studenten und Studentinnen auf sich zu nehmen, weil sie sich für ein bestimmtes Studienfach entschieden haben und in der Planzeit fertig werden wollen.

Und ganz zum Schluss – und ich glaube, das ist einfach zu verstehen –: Was ich für die Studenten und Studentinnen heute und auch in Zukunft fordere, ist nicht mehr und nicht weniger, und das ist ganz und gar nicht polemisch gemeint, dass den öster­reichischen Studenten und Studentinnen die gleichen Rahmenbedingungen, die gleichen Chancen und auch Möglichkeiten offen stehen wie seinerzeit dem BWL-Studenten und heutigen Finanzminister Karl-Heinz Grasser. (Abg. Großruck: Ah, das ist nicht polemisch?) Er, der zu Hause im elterlichen Betrieb als Autoverkäufer tätig war, hatte die Möglichkeit, als berufstätiger Student in Klagenfurt BWL zu studieren. Damals gab es noch die Möglichkeit, an der Uni Lehrveranstaltungen so zu planen, dass man auf die Berufstätigkeit eingegangen ist. – Die Chance von Karl-Heinz Grasser wünsche ich mir für alle österreichischen Studenten und Studentinnen, und ich denke, die Bundesregierung täte gut daran, diese Chancen auch zu eröffnen. Was für Grasser gut ist, muss auch für alle österreichischen Jugendlichen gut sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


12.49.57

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Ich kann es eigentlich nur der Gelassenheit und der Gutmütigkeit des Herrn Präsidenten zuordnen, dass Herr Moser für seine unglaubliche Entgleisung, für seine Anschüttung nicht einen Ordnungsruf bekommen hat. – Ich halte das wirklich für unnötig, Herr Kollege Moser! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie sollten die Schneid haben, herunterzugehen und sich bei der Frau Bundes­minis­terin zu entschuldigen. (Abg. Mag. Molterer: „Schneid“ ist ein Fremdwort für ihn! – Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Charakterfrage!) Es ist nichts gegen eine sachliche Aus­einan­dersetzung und gegen eine sachlich-kritische Betrachtung zu sagen, das ist das normale Wechselspiel von Opposition und Regierung. Aber deshalb braucht man nicht persönlich zu werden, deshalb braucht man nicht mit dem Jauchenfass durch die Gegend zu schütten. Ich sage Ihnen das in aller Deutlichkeit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was mich ein bisschen ärgert in dieser Debatte, ist, dass Sie so tun, als hätten Sie von vornherein die absolute Lösung für das Problem gehabt, das Österreich durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes bekommen hat. Da ist sogar die Rede davon, dass die Quotenregelung von Herrn Abgeordneten Broukal erfunden worden wäre – so, als gäbe es diese erst seit wenigen Wochen und gäbe es nicht viele, viele andere Beispiele für Quotenregelungen. Aber Sie können ja versuchen, das beim Patentamt anmelden zu lassen. Vielleicht können Sie sich diese Idee schützen lassen.


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139. Sitzung / Seite 75

Ich möchte zur Lösung, die heute am Tisch liegt, der Frau Bundesministerin herzlich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ich hätte die Opposition sehr gerne gehört, wenn die Frau Bildungsministerin bereits vor Verkün­dung des Urteils, das heißt zu einer Zeit, wo noch gar kein Urteil auf dem Tisch gelegen ist, auf europäischer Ebene unterwegs gewesen wäre, um quasi im voraus­eilenden Gehorsam eine Lösung zu verhandeln. Da hätte ich gerne die Kritik der Opposition gehört.

So hat der Nationalrat bereits am Tag nach der Verkündung des Urteils entsprechende Schritte gesetzt. Durch einen, glaube ich, sehr geschickten Griff in die Geschäfts­ordnung, nämlich über einen §-27-Antrag im Rahmen des Unterrichtsausschusses, hatten wir eine „Trägerrakete“ hier im Nationalrat und konnten tags darauf reagieren. Das ist der Erfolg der Frau Bundesministerin, dass wir heute eine Regelung am Tisch haben, die getragen werden wird von der Europäischen Kommission und vor allem auch vom betroffenen Nachbarland.

Frau Bundesministerin, dazu noch einmal meinen herzlichen Glückwunsch! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Opposition will nicht anerkennen, dass es auch um 20 Prozent mehr Studienplätze geben wird und damit vor allem auch den Österreicherinnen und Österreichern, die vorhaben, ein derartiges Studium zu absolvieren, entgegengekommen wird, und zwar in einem Ausmaß, mit dem wir zufrieden sein können, wie ich glaube, weil damit auch sichergestellt ist, dass jene, die wirklich studieren wollen, auch studieren können.

Ich möchte auch unserer Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek danken, dass sie in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner erfolgreich war. Ich glaube, die Oppo­sition geht ja hier auch mit, auch wenn sie das eher versucht zu verschweigen, weil ja nichts gut sein darf, was von Regierungsseite vorgeschlagen wird. Es ist gut, dass wir eine Gleichwertigkeit herstellen mit den Absolventinnen und Absolventen von Fach­hochschulen. (Abg. Broukal: Entschuldigen Sie, das war das Thema des Erwin Niederwieser! Das ist Niederwiesers Initiative!) Ich halte das für sehr gut, denn gerade im internationalen Prozess sollte es darum gehen, zu sehen, wie viele ECTS-Punkte jemand für ein Studium erhält, und nicht darum, von welcher Schule oder Hochschule er kommt.

In dem Sinne, glaube ich, sind die Vorlagen gute Vorlagen, sind sie zu unterstützen. Und es wäre einmal angebracht, dass die Opposition nicht a priori zu allem und jedem nein sagt, alles und jedes ablehnt, was die Bundesregierung auf den Tisch legt, denn diese destruktive Haltung wird am Ende des Tages vom Wähler ganz sicherlich nicht honoriert werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap.

 


12.54.19

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mir ist es selbst­verständlich ein Anliegen, dass wir hier eine vernünftige Form des Umgangs mit der Sprache haben. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Das sage ich jetzt durchaus in Richtung aller Fraktionen; wir diskutieren genauso oft intern darüber, wie Sie das möglicherweise auch machen. Aber der sachpolitische Vorwurf von Inkom­petenz wird hier im Hause noch möglich sein, und wenn Sie versuchen, Kritik zu skandalisieren und die Stilmittel der Kritik zum Thema zu machen, dann möchte ich das auf das Schärfste zurückweisen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)


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Wenn ich mir den letzten Redebeitrag des Abgeordneten Amon ansehe, dann kann ich die auch zu sezieren beginnen und mich auch darüber empören, wenn ich die ge­spielte Angerührtheit habe, die hier offensichtlich manchmal als ein Strategieelement verwendet wird, dann kann ich sagen: Was heißt hier destruktive Opposition? Natürlich sind wir konstruktiv! Ungeheuerlich dieser Vorwurf!

Also ich kann mir die Rede des Herrn Abgeordneten Amon und anderer hier genauso vornehmen.

Ich möchte sagen: Dort, wo es berechtigt ist, ist es die Aufgabe von uns Klubobleuten zu intervenieren. Dort, wo es berechtigt ist, wird auch seitens der Präsidenten und der Präsidentin ein Ordnungsruf kommen. Aber dort, wo eine inhaltliche, sachpolitische Kritik angebracht und berechtigt ist – und die ist hier berechtigt, hier gibt es eine sachliche Inkompetenz, diese Meinung vertrete ich auch –, muss sie in diesem Haus möglich sein, und da lassen wir uns den Mund nicht verbieten! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

12.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. – Bitte.

 


12.56.14

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Das war jetzt der Ausdruck des lebenden schlechten Gewissens, Kollege Cap! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sie können nicht hier heraus­gehen und sagen, jawohl, es ist eigentlich unsere Aufgabe, darauf zu schauen, und wir dürfen nicht persönlich werden, und gleichzeitig dann dem Kollegen Moser einen Freibrief für persönlichste Untergriffe ausstellen! Das ist ein Widerspruch in sich, Herr Kollege Cap!

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Sie werden auch mit der Fortsetzung dieser sehr persönlichen Kampagne gegen unsere sehr erfolgreiche Bundesminister Gehrer keinen Erfolg haben, und es wird so sein, dass dieser ausgestreckte Zeigefinger, den Sie derzeit auf Frau Bundesminister Gehrer richten, sich gegen Sie richten wird, aber das ist dann nicht mein Problem, sondern Ihres. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

12.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Pilz ist als Nächster am Wort. (Abg. Mag. Molterer: Ein neues T-Shirt von den Grünen? – Abg. Dr. Fekter: Wir warten immer noch auf eine Entschuldigung! Wo ist die Entschuldigung?)

 


12.57.40

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man im Zeitalter der elektronischen Informationsbeschaffung in das Suchsystem Google den Suchbegriff „Inkompetenz“ eingibt (Abg. Murauer: Kommt Pilz heraus!), kommt als erste Meldung www.karlheinzgrasser.at. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Insofern deutet einiges darauf hin, dass die Frau Bundesminister Gehrer hier erst an zweiter Stelle zu nennen ist. – Danke schön. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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139. Sitzung / Seite 77

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1308 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Niederwieser, Kolle­ginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Niederwieser, Kolleginnen und Kolle­gen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffern 1, 14 und 41 bezieht. Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen daher zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das MTD-Gesetz und das Hebammengesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1309 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Niederwieser, Kollegin­nen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Niederwieser, Kolleginnen und Kolle­gen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffern 6 und 9 eingebracht.

Ich bitte jene Abgeordneten, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies ebenfalls die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.


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139. Sitzung / Seite 78

13.01.11 3. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1285 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005) (1335 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 644/A (E) der Abgeord­neten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stipendien für PÄDAK-AbsolventInnen (1336 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Petition (54/PET) betreffend „Re­solution der Studienkommission der Pädagogischen Akademie des Bundes in Oberösterreich“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr (1337 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. – Bitte. (Abg. Dr. Niederwieser begibt sich zum Rednerpult und platziert dort eine Tafel mit der Kopie eines Inserats unter dem Titel „Immer wieder, immer wieder, immer wieder Österreich!“)

 


13.02.11

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! (Abg. Öllinger: Bitte, jetzt erklär einmal die Tafel! – Abg. Broukal: Was steht da drauf?) Sie werden sich natürlich fragen, was diese Tafel mit dem Olympia-Inserat der Bundesregierung, diesem sauteuren Inserat, mit der Diskussion um die Pädagogischen Hochschulen zu tun haben könnte.

Kollege Molterer, du weißt es wahrscheinlich schon. (Abg. Mag. Molterer: Danke für diese Unterstützung der Werbung! Ausgezeichnet! Jeder offene Brief ...!) Jetzt können wir natürlich darüber reden, ob das, was jetzt kommt, destruktiv oder konstruktiv ist. Sie werden wahrscheinlich meinen, es ist destruktiv. Ich sage, es ist konstruktiv, denn Sie sollten endlich einmal Rechtschreiben lernen! (Heiterkeit der Abgeordneten Dr. Cap und Dr. Einem.)

Es ist nämlich schon bemerkenswert, Frau Bundesministerin (der Redner hält die Tafel in die Höhe): Da bilden wir Lehrerinnen und Lehrer für Deutsch aus (Abg. Mag. Molterer – auf die Tafel weisend –: Bitte für den ORF in die Kamera halten! Danke!), es sind Schulklassen hier im Parlament anwesend, und wenn irgendjemand von denen die Farbe Weiß mit zwei „s“ und nicht mit scharfem „ß“ schreiben würde – so wie das Herr Schüssel und Herr Gorbach tun –, würde er dafür natürlich einen Strafpunkt bekommen oder würde das entsprechend angerechnet werden. (Abg. Brosz: Da ist noch ein Rechtschreibfehler drinnen! – Abg. Dr. Cap – in Richtung ÖVP und Freiheitliche weisend –: Nicht genügend! Setzen!)

Frau Kollegin Brinek schaut betroffen drein, sie weiß es natürlich. Und ich frage mich schon: Was hat denn diese Bundesregierung für Probleme? Die Frau Bildungs-


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139. Sitzung / Seite 79

ministerin stellt hier auf der Regierungsbank Rechenexempel an, die dann im Fernsehen unter den Hoppalas kommen. Die obersten Spitzen der Regierung können nicht rechtschreiben und legen so etwas als Beispiel der österreichischen Nation vor. Jeder der hier gelobten Sportlerinnen und Sportler kann das offensichtlich besser, als es die beiden Herren, Bundeskanzler und Vizekanzler, können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Vielleicht, Frau Bundesministerin, können Sie die beiden noch einmal in einen Nach­hilfekurs für Deutsch schicken.

Zu den Pädagogischen Hochschulen – wo wir hoffen, dass Deutsch gut unterrichtet wird – haben sich heute einige Direktoren der derzeitigen Pädagogischen Akademien zu Wort gemeldet und gemeint, sie sind froh, dass dieses gute Gesetz jetzt endlich beschlossen wird, und dass jeder, der meint, das sei ein Schildertausch, nicht viel von der Materie verstehen würde.

Dazu zwei Bemerkungen. Das eine ist: Die Unterzeichner dieser Aufforderung an den Nationalrat haben offensichtlich wenig Ahnung davon, was Hochschulen und Univer­sitäten sind. Das werden sie mit ihrer Presseaussendung sehr deutlich dokumentieren. Und zum Zweiten verstehe ich es schon, dass man sich hier zu Wort meldet, denn momentan ist ja der große Run auf die künftigen Rektorinnen- und Rektorenposten im Gange, und alle, die jetzt Direktoren an den Pädagogischen oder Berufspäda­go­gischen Akademien und Instituten sind, erwarten sich von dieser Bundesregierung – denn da ist ja keine Autonomie gegeben –, zum Rektor bestellt zu werden. Ich sehe diese Einmischungen, diese Dinge schon auch unter dem Aspekt, dass sie es sich im Hinblick auf diese Funktion nicht mit der Regierung verscherzen wollen.

Was die inhaltliche Kritik betrifft, so bleibt diese unverändert: Es sind keine Hoch­schulen, und daher lehnen wir dieses Gesetz nach wie vor ab. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

13.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Kommt jetzt der Schmutzkübel?)

 


13.06.10

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es war ein schöner Beweis dafür, wie Sie Ihre Aufgabe hier verstehen: Sie bringen hier diesen Fehler in einem Inserat vor. (Ruf bei der SPÖ: Im Kleingedruckten ist noch ein Rechtschreibfehler! – Abg. Dr. Cap: Kommt jetzt der Schmutzkübel?) Ich wünsche Ihnen, Herr Dr. Niederwieser, dass Ihnen nie ein Fehler passiert. (Abg. Broukal: Also wenigstens nicht einer um 1 Million €!) Ziel des Inserates war es, unseren Sportlerinnen und Sportlern von Herzen zu gratulieren. Das hat die Bun­desregierung gemacht, und ich glaube, die Regierungskoalition schließt sich dem in jeder Hinsicht an. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Ja, aber der Fehler?! – Abg. Schieder: Der Fehler macht nichts! Die haben schon eine Staatsbürgerschaft!)

Das ist aber nicht das eigentliche Thema dieser Debatte. Das eigentliche Thema der Debatte ist die Frage des Beharrungsbeschlusses zur Weiterentwicklung der Päda­gogischen Akademien hin zu Pädagogischen Hochschulen. (Abg. Dr. Cap: Was sagen Sie zum Fehler?) Das ist eine gute Weiterentwicklung. (Abg. Dr. Cap: Was sagen Sie zum Fehler?) Ich bedauere es sehr, dass Sie diesen Einspruch im Bundesrat erhoben haben, der ja eigentlich auch keine wirklich guten inhaltlichen Begründungen hatte, sondern zweifelsohne taktisch motiviert war, aber das ist natürlich zulässig. (Abg. Dr. Cap: Und der Fehler?!) Ich glaube nur, dass es schade ist, weil man damit auch


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den Pädagogischen Akademien Zeit, Vorbereitungszeit genommen hat, um sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen. Wir haben ihnen das garantiert.

Es ist sinnvoll, diese Weiterentwicklung durchzuführen und aus den Akademien Hoch­schulen zu machen. Die Lehrerausbildung ist zweifelsohne ein ganz wichtiges Kernelement in der Frage einer erfolgreichen Bildungsarbeit – was im Übrigen ja auch von der Zukunftskommission immer wieder betont worden ist –, und daher ist es gut, dass diese wichtige Weiterentwicklung der Lehrerausbildung, die ja von Ihnen auch immer wieder eingefordert wird, heute durch diesen Beharrungsbeschluss des Nationalrates sichergestellt wird. (Abg. Dr. Cap: Und der Fehler?)

Ich glaube, dass es auch gut ist, dass die Lehrerfortbildung künftig an diese Päda­gogischen Hochschulen verlagert wird und dass der Abschluss, den die Absolven­tinnen und Absolventen dieser Pädagogischen Hochschulen machen werden, ein akademischer Abschluss ist, der auch als gleichwertiger Abschluss zu verstehen ist.

Ich glaube, dass damit ein weiteres ganz wichtiges Element, Frau Bundesministerin, in der Weiterentwicklung der österreichischen Schule erreicht wird, die natürlich zu einem überwiegenden Teil in ihrem Erfolg abhängig davon ist, wie Lehrerinnen und Lehrer unterrichten. Das ist ein wichtiges Element – das sagen wichtige internationale Vergleichsstudien, etwa auch die PISA-Studie, dass das ein Kernelement ist –, und wir liegen mit dieser Weiterentwicklung in der Lehrerausbildung auch hundertprozentig richtig und im Trend der Zeit.

Wir bieten damit unseren Lehrerinnen und Lehrern eine hoch qualifizierte Ausbildung an, die an diesen künftigen Hochschulen geleistet werden wird. Das ist gut für das Bildungs­system, und es ist eigentlich schade, dass Sie einer Sache, der Sie ja ursprünglich Ihre Zustimmung gegeben haben – denn diese Form der Lehrer­aus­bildung ist ja noch in der großen Koalition in dieser Art und Weise vereinbart worden –, nur deswegen, weil Sie sich heute in Opposition befinden, nunmehr die Zustimmung verweigern und dieses Modell ablehnen, ganz einfach deshalb, weil etwas, was von dieser Regierung vorgeschlagen wird, nicht gut sein darf.

Deshalb werden Sie in Ihrer Bestemmhaltung verharren und werden leider diesem Beharrungsbeschluss und damit dem Gesetz wieder einmal nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

13.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Es folgt nun eine tatsächliche Berich­tigung des Herrn Abgeordneten Öllinger.

 


13.10.08

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Niederwieser hat in seinen Ausführungen behauptet, in dem Inserat der Bundesregierung (Abg. Mag. Molterer: Ein bisschen mehr Werbung!) sei nur ein Rechtschreibfehler zu finden. – Das ist tatsächlich unrichtig! (Der Redner hält die Tafel in die Höhe. – Abg. Mag. Molterer: Ein bisschen höher, bitte!) Es sind nämlich mindestens zwei Rechtschreibfehler in diesem kurz gehaltenen Inserat zu finden! (Abg. Dr. Rasinger: Nach der alten oder neuen Rechtschreibreform?)

Es war also der Bundesregierung möglich, auch noch einen zweiten Fehler darin zu machen, und ich stelle für den Kollegen Niederwieser richtig:

Es heißt im Inserat: „Beim Bundesheer, an den 108 Sporthauptschulen und 20 Sport­gymnasien ...“ – und so weiter – „... und 6 Höhere Schulen ...“. – Da wurde bei „Höhere“ nicht der Dativ gebildet. Es heißt richtig: Höheren Schulen, Frau Bundes­ministerin! An den 6 Höheren Schulen! – Das ist also ein schwerer Fehler.


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Ich habe gerade bemerkt: Auch bei der Interpunktion hat die Bundesregierung Schwie­rigkeiten. – Frau Bundesministerin, vielleicht könnten Sie das im Rahmen einer Kom­mission, einer Rechtschreibreformkommission auch noch überprüfen lassen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Ein bisschen öfter bitte noch! Ein bisschen höher! Ich möchte es noch einmal sehen! – Abg. Öllinger – zu seinem Sitzplatz zurückkehrend –: Und das kostet Millionen! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

13.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


13.11.22

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Dieser Gesetzentwurf, der uns ja vom Bundesrat wieder zurückgeschickt worden ist, wird heute offenbar in unveränderter Form von den Regierungsparteien beschlossen. Ich möchte noch einmal festhalten, warum die Grünen meinen, dass dieser Entwurf und diese Vorgangsweise den Anforderungen an die LehrerInnenausbildung absolut nicht gerecht werden, und möchte eingangs nur noch einmal feststellen, wie denn das Procedere war:

Im Akademien-Studiengesetz war festgelegt, dass eine Kommission eingerichtet wird, die so genannte Planungs- und Evaluierungskommission. Diese hat zwar rechtschreib­mäßig ziemlich korrekt beschrieben, was sie von den Dingen hält, allerdings: Die inhaltliche Beurteilung dessen, was hier vorgelegt worden ist, durch die Planungs- und Evaluierungskommission ist schon bemerkenswert. Ich möchte all die Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, die das vielleicht nicht so genau verfolgt haben, noch einmal darauf aufmerksam machen, was die von Ihnen per Gesetz eingesetzte, von der Bildungsministerin nominierte Kommission zu dem vorliegenden Gesetz gesagt hat, nämlich wörtlich:

„Der ... Entwurf verlässt den durch das AStG eingeschlagenen Weg, ist in vielen Details nicht EU-konform, entspricht nicht den durch die PEK vorgeschlagenen Standards einer professionellen tertiären Institution, damit auch nicht den auf den PEK-Tätigkeitsberichten basierenden Informationen der Frau Bundesministerin an den Nationalrat.“

Ich meine, was soll eine Kommission, die Sie mit dem Gesetz einrichten, noch Ärgeres feststellen, als dass das, was Sie hier vorgelegt haben, unbrauchbar und nicht sinnvoll für die LehrerInnenausbildung in Österreich ist?! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man inhaltlich darauf schaut, was denn notwendig wäre, dann ist, glaube ich, zunächst festzustellen, dass eine getrennte LehrerInnenausbildung, die Sie fort­schreiben – einzigartig in Europa! –, für die so genannte Sekundarstufe I, also für die Unterstufe, für die fünfte bis achte Schulstufe, gerade auch im Zusammenhang mit der Zahl der SchülerInnen, mit der SchülerInnenentwicklung einfach sinnlos ist. Wir bilden hier LehrerInnen aus für Hauptschulen – wie Sie ja offenbar das Schulsystem weiter strukturiert halten wollen –, wo klar ist, dass in den nächsten Jahren die Zahl der SchülerInnen massiv zurückgehen wird. Der SchülerInnenrückgang wird sich vor­wie­gend in den Hauptschulen abspielen. Wir sehen, dass in den Gymnasien de facto kein Rückgang stattfinden wird; die Zahlen werden in der Gymnasien-Unterstufe gleich bleiben. Der SchülerInnenrückgang, der in einzelnen Bundesländern bis zu 25 Prozent betragen wird, wird sich de facto ausschließlich in den Hauptschulen abspielen.


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Sie machen ein Gesetz, durch das die jungen Menschen, die dort zu LehrerInnen ausgebildet werden, in den nächsten fünf, zehn, fünfzehn Jahren de facto keine Berufsaussichten haben werden. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gehrer.) Jetzt kann man schon sagen, es ist ja auch ein Wert an sich, an der Universität, an Hochschulen ausgebildet zu werden, nur: Die Frage, ob das eine besonders intelli­gente Form von Bildungssteuerung ist, die sei wohl zulässig. Und wir glauben, dass es einfach nicht sinnvoll ist, hier die Weichen zu verbauen, weil nämlich die Durch­lässigkeit von den Hauptschulen zu höheren Schulen nach wie vor nicht gegeben sein wird, und dieses Versäumnis tragen Sie heute mit. Das war auch die Empfehlung der Kommission selbst – Sie setzen es nicht um. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Niederwieser.)

Jetzt könnte man lange über die Anzahl, über die Zeit der Ausbildung reden. Wir liegen mit sechs Semestern am untersten Ende in Europa. Wir wissen, dass an Lehrerinnen und Lehrer viele Herausforderungen gestellt werden, die neu hinzugekommen sind oder neuerer Art sind, etwa die Frage des muttersprachlichen Unterrichts oder die Frage sprachlicher Integration, gerade in Ballungszentren. Sie wissen so gut wie ich, dass jemand, der soeben an den PÄDAKs eine Ausbildung als HauptschullehrerIn oder als VolksschullehrerIn gemacht hat, genau zwei Stunden Pflichtausbildung in so genannter interkultureller Pädagogik hatte – nämlich dann, wenn er oder sie Deutsch gewählt hatte. Jemand, der nicht Deutsch gewählt hat, kann in Wien von der Frage interkultureller Pädagogik, der Auseinandersetzung mit Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache in seinem gesamten Studium, in seiner gesamten LehrerInnen­aus­bildung nichts gehört haben!

Sie wissen so gut wie ich, dass die Problematik oder das Phänomen von Schulen, die nicht mehr vierklassig geführt werden, sondern wo Schüler untereinander in ver­schiedenen Jahrgängen unterrichtet werden – was pädagogisch übrigens viele Mög­lich­keiten bietet und durchaus ein sinnvolles Konzept wäre, wenn es die notwendigen Ressourcen und Ausbildungen gäbe –, nicht Teil der Ausbildung an den Pädago­gischen Akademien ist, nicht Pflichtteil. Im Burgenland sind es 75 Prozent der Schulen, die nicht mehr vierklassig sind – und ein Volksschullehrer, oder vor allem ein Volks­schullehrer im Burgenland, braucht darauf nicht zwingend vorbereitet zu werden! Diese Versäumnisse, glaube ich, spüren wir an den Schulen, und hier gilt es wirklich Veränderungen zu schaffen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber um nicht nur über die Pädagogischen Akademien zu reden, zum Schluss noch ein Wort zur LehrerInnenausbildung an den Universitäten. Auch da gibt es, glaube ich, einen sehr großen Reformbedarf. Es ist eigentlich in Österreich, wenn man diskutiert, unbestritten, dass der Anteil der fachlichen Ausbildung an den Unis gegeben ist, aber gerade der Bereich der Pädagogik, der Didaktik ein ziemliches Problem mit sich bringt, dass wir mit zwölf Stunden Pflicht in Pädagogik und Didaktik an den Unis bei weitem nicht das Auslangen finden. Ich habe auch viele Diskussionen mitbekommen, in denen gerade aus dem universitären Bereich die Forderung gekommen ist: Verlagerung der Ausbildung der LehrerInnen an die Unis!, und so getan wurde, als wäre damit alles erledigt. – Mitnichten!

Gerade an den Universitäten brauchen wir eine Umstrukturierung der LehrerInnen­ausbildung: weg von den fachlichen Teilen und viel stärker in Richtung dessen, was einen guten Lehrer, eine gute Lehrerin ausmacht, nämlich pädagogische Kompetenz, didaktische Kompetenz. Und da soll man nicht nur schauen, wie es in anderen Ländern ist, zum Beispiel in Finnland, wo alle Lehrer an den Unis ausgebildet werden, sondern auch schauen, was dort wirklich auf der Tagesordnung steht. Dazu nur eine letzte Zahl: In Finnland beträgt für die Grundschullehrer der Anteil der Pädagogik und Didaktik in


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der LehrerInnenausbildung 75 Prozent und nur 25 Prozent der Fachanteil. – Das ist etwas, wo wir uns hinorientieren sollten, was in die Zukunft weisen würde, aber das setzen Sie mit diesem Gesetz absolut nicht um. (Beifall bei den Grünen.)

13.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 


13.17.42

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Den besten Beweis, dass diese Bundesregierung auch im Bildungs­bereich hervorragende Arbeit leistet, hat heute, glaube ich, die Opposition selbst geliefert, nämlich dadurch, dass sie keine anderen Sorgen hat, als Rechtschreibfehler und Grammatikfehler in Inseraten zu suchen. (Abg. Öllinger: Das reicht aber! Sie sollten den PISA-Test machen!) Also Ihre Sorgen möchte ich haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist ja wirklich lächerlich! Sie wissen genau, dass das Agenturen machen und dass solche Sachen passieren können. (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Ach so! Ach sooo!) Das ist alles allzu menschlich.

Aber zurück zu diesem Tagesordnungspunkt, dem Beharrungsbeschuss zu den Päda­gogischen Hochschulen.

Die Basis dafür wurde bereits 1999 von der großen Koalition gelegt – und ich sage auch: damals gegen unsere Stimmen. Und ich sage auch, dass wir in vielen Verhand­lungen, auch mit dem Koalitionspartner, sehr, sehr vehement eine Zusammenführung der Lehrerausbildung verlangt haben. (Abg. Öllinger: Sie waren noch nie dafür!) Wir haben aber auch zur Kenntnis genommen und haben uns von den Experten davon überzeugen lassen, dass das nur schrittweise möglich ist, und was wir hier be­schließen, zum zweiten Mal als Beharrungsbeschluss beschließen, ist einfach der erste Schritt zu einer weiteren Entwicklung. Und wir haben auch in einer Ausschuss­feststellung festgeschrieben, dass die Verpflichtung zur Kooperation vorhanden sein muss. Das heißt, es wird die Verpflichtung zur Kooperation mit den vorhandenen Bildungseinrichtungen und universitären Einrichtungen geben. – Ich glaube, das ist ein erster richtiger Weg.

Wir haben – das möchte ich in Erinnerung rufen – wirklich viele bahnbrechende Mög­lichkeiten. Erstens einmal: es ist Bologna-konform! – Herr Kollege Brosz, Sie haben das schon in der ersten Debatte behauptet, heute wieder; ich weiß nicht, was Sie für einen Wissensstand haben. Dieses Gesetz ist natürlich Bologna-konform! (Abg. Brosz: Ich zitiere die Kommission! Zitat!) Dann irrt vielleicht die Kommission, oder sie hat nicht den letzten Stand gehabt, als sie das behauptet hat. Faktum ist: Was wir hier be­schließen, ist Bologna-konform.

Wir haben aber auch – und das ist, glaube ich, wichtig – endlich die Zusammenführung der 52 Pädagogischen Akademien zu acht, bitte, durchgeführt. Das bedeutet ja doch ein großes Einsparungspotential, und ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt.

Wir haben zwei Diözesen und eine agrarische Pädagogische Hochschule erhalten. Auch das ist richtig. Wir haben aber auch, wie ich gesagt habe, die Verpflichtung zur Zusammenarbeit, und wir haben erstmals eine Qualitätssicherung festgeschrieben. Ich glaube, das ist ebenfalls wichtig, und das ist es auch, was in vielen Studien und von der Zukunftskommission gefordert wurde. Wichtig ist auch, dass der Abschluss, eben mit dem Bakkalaureat, nach sechs Semestern möglich ist und eine Durchlässigkeit gegeben ist.


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Ich glaube, das ist ein erster großer Schritt. Man kann jetzt sagen, es ist zu wenig, aber man kann nicht alles auf einmal bewältigen, und die Zusammenführung muss meiner Ansicht nach in weiteren Schritten erfolgen. (Abg. Brosz: ... gibt es ja seit 1999! Dem vorigen Jahrzehnt!) Dass die pädagogische Ausbildung bestmöglich und möglichst praxisgerecht sein muss, darin sind wir uns, glaube ich, alle einig. (Beifall bei Abge­ordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mit diesem Beharrungsbeschluss – Kollege Amon hat es schon gesagt – haben Sie einmal mehr Ihre Verzögerungstaktik unter Beweis gestellt. Es ist verzögert; wir hätten das schon längst umsetzen können. (Abg. Parnigoni: Falsches kann man nicht um­setzen, soll man nicht umsetzen!) Aber ich hoffe, dass es jetzt mit diesem Beschluss durchaus den richtigen Weg geht und auch Anerkennung finden wird.

Weitere Schritte müssen gesetzt werden. Ich sage auch, wir werden vehement dafür kämpfen, uns in nächster Zeit, oder in einem zweiten oder dritten Schritt, auch Gedan­ken darüber zu machen, wie es mit der Kindergartenpädagogik weitergeht. Denn auch die Kindergartenpädagogik sollte, glaube ich, professionell zusammengeführt wer­den. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Rada: Höchste Zeit!)

13.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Gehrer. – Bitte.

 


13.21.44

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir heute endgültig beschließen können, dass die Pädagogischen Akademien in Pädagogische Hochschulen umgewandelt werden. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Ich möchte zwei Behauptungen, die hier gemacht wurden, gleich widersprechen.

Herr Kollege Brosz hat gesagt, die Durchlässigkeit im österreichischen Schulsystem ist nicht gegeben. (Abg. Sburny: Nachweislich!) Herr Kollege! Über 50 Prozent der Maturanten und Maturantinnen kommen über die Hauptschule zur Matura. (Abg. Brosz: Wir haben von den LehrerInnen gesprochen! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Wir haben einen Zuwachs von 30 000 Schülern und Schülerinnen in den weiter­führenden Schulen. Wir haben durch die Berufsreifeprüfung die hundertpro­zentige Durchlässigkeit eingeführt, sodass auch Lehrlinge, Absolventen aus dem Lehrbereich, den Zugang zur Universität und zur Fachhochschule haben. Daher hat in puncto Durchlässigkeit die Bildungspolitik in Österreich wirklich die Nase vorn. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brosz: Wie viel Prozent maturieren? – Gegenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Eines sage ich Ihnen auch noch: Wenn Sie den Bildungsstand nur an der Maturan­tenquote messen, tun Sie denen, die eine Berufsreifeprüfung machen, bitter Unrecht. Ich möchte Ihnen sagen, dass auch andere Bildungsgänge äußerst wichtige Bildungs­gänge sind.

Da immer wieder von der Akademikerquote gesprochen wird, möchte ich Ihnen auch sagen, dass viel mehr deutsche Studierende in Österreich der Akademikerquote in Österreich überhaupt keinen Auftrieb geben und dass die Akademikerquote an der Anzahl der Akademiker, die im Arbeitsleben stehen, gemessen wird, und nicht an der Anzahl der Absolventen, die von der Universität kommen.

Das Zweite: Herr Kollege Brosz, Sie haben von den Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache gesprochen, von den Kindern von Zuwanderern, von den Kindern, die sich schwerer tun. Wer sich wirklich in unseren Hauptschulen umschaut, der sieht, mit


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welcher Energie, mit welcher Liebe (Abg. Brosz: Haben Sie auch ein Argument?) und mit welchem Einsatz sich die Hauptschullehrer und die Hauptschullehrerinnen um diese Kinder kümmern. Dafür möchte ich ihnen ein herzliches Danke sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Die Umwandlung der Pädagogischen Akademien in Päda­gogische Hochschulen ist ein weiterer wichtiger Schritt in der Bildungspolitik der österreichischen Bundesregierung. Wir haben die Budgets im Bildungsbereich stark angehoben. Wir haben viele Investitionen im Bereich der Ausstattung der Schulen getätigt. Wir haben den Schulen mehr Autonomie und mehr Selbstständigkeit gegeben. Wir haben den Schulen ermöglicht, mit Partnern zusammenzuarbeiten. Wir haben den Universitäten mit dem neuen Universitätsgesetz die Autonomie gegeben. Wir haben in den letzten fünf Jahren das Universitätsbudget um 15,6 Prozent angehoben; in den nächsten drei Jahren wird es noch einmal um 11 Prozent angehoben werden.

Wir haben die Forschung in den Mittelpunkt unserer Bemühungen gestellt, die For­schung, die auch an den Pädagogischen Hochschulen eine ganz wesentliche Rolle spielen wird. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben die Forschungsquote von ehemals 1,88 Prozent im Jahr 2000 auf 2,35 Prozent erhöht, und die österreichische Bundes­regierung hat für den Zeitraum von 2000 bis 2010 um 3 Milliarden € mehr für die Forschung zur Verfügung gestellt. Diese Umwandlung der Pädagogischen Akademien in Pädagogische Hochschulen ist ein echtes Upgrading der Pädagogischen Hoch­schulen.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal wiederholen, dass ich eigentlich nicht verstehe, warum die Opposition nicht zustimmt. (Abg. Großruck: Weil sie sich nicht auskennt, die Opposition!) Wir haben Ihre Forderungen, die Sie damals gestellt haben, als wir gemeinsam das Akademienstudiengesetz beschlossen haben, um­gesetzt. (Abg. Brosz: Wir haben das nicht gemerkt bei den Chancen!) Wir haben diese Maßnahmen, die im Akademienstudiengesetz vorgesehen sind, eins zu eins umgesetzt, und ich meine, das sollte Grund genug sein, dass gerade die SPÖ, die damals mit uns dieses Gesetz gemacht hat, diesem neuen Hochschulstudiengesetz auch zustimmt.

Meine Damen und Herren, was waren denn diese Forderungen? – Eine dieser For­derungen war die Schaffung einer hochschulischen Einrichtung innerhalb von acht Jahren. Wir machen es! Eine Forderung war: Ausbildung im Bereich Erwachsenen­bildung und in anderen pädagogischen Bereichen; dies kann an den neuen Päda­gogischen Hochschulen angeboten werden. Eine Forderung war ein Organisations- und Studienrecht entsprechend dem Hochschulstandard; das haben wir gemacht. Eine Forderung war, die Zusammenwirkung von Forschung und Lehre sicherzustellen. Auch das haben wir gemacht, die Forschung ist an den neuen Pädagogischen Hochschulen gesichert. Gefordert wurde ein Studienabschluss mit einem akademischen Grad; das haben wir gemacht, es wird der akademische Grad Bachelor verliehen.

Wir haben auch auf die besondere Situation der Kirchen und Religionsgemeinschaften Bedacht genommen. Es gibt im Rahmen dieses Gesetzes Möglichkeiten, dass Kirchen, Religionsgemeinschaften und Private Anträge auf die Führung einer Pädagogischen Hochschule stellen. Wir haben ferner die Beziehungen zur universitären Lehrer- und Lehrerinnenausbildung so gestaltet, dass Synergien erzielt werden können, das heißt, dass es eine Durchlässigkeit gibt, dass Zusammenarbeit geboten ist. (Abg. Brosz: Wo ist die Durchlässigkeit?)

Die Durchlässigkeit ist gegeben, indem auch die Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen anerkannt wird. Es gibt keinen Automatismus in der Durchlässigkeit, aber es gibt das Gebot der Zusammenarbeit.


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Meine Damen und Herren, ich freue mich wirklich, dass es mit dem heutigen Beschluss nun möglich ist, die tatsächliche Umsetzung der vielen Akademieverbünde, die es schon gibt, in einer gesetzlichen Regelung zu vollziehen. Es haben sich an den Stand­orten schon viele Akademien zu Akademieverbünden zusammengeschlossen, etwa die Pädagogische Akademie mit der Berufspädagogischen Akademie und mit einem religionspädagogischen Institut. Diese Akademieverbünde können nun in tatsächliche Pädagogische Hochschulen übergeführt werden.

Meine Damen und Herren, es gibt in Europa verschiedene Wege. Es gibt das Beispiel Baden-Württemberg, das Pädagogische Hochschulen geschaffen hat und damit beste Erfahrungen gemacht hat. Es gibt das Beispiel Schweiz; in der Schweiz wurden Pädagogische Hochschulen geschaffen, und sie haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Es gibt auch das Beispiel Bayern; dort wurden in einem Gesetz, in einer Gesetzesmaterie alle Pädagogischen Akademien in Universitäten übergeführt. Dort haben sie uns gesagt: Es war in dieser Geschwindigkeit keine gute Lösung, weil die pädagogische Ausbildung der Pflichtschullehrer an den Universitäten viel zu wenig in den Mittelpunkt der Bemühungen gestellt wird.

Ich sage hier ganz klar: Die Ausbildung unserer Pflichtschullehrer und Pflichtschul­lehrerinnen ist eine ganz besondere und eine besonders wichtige Aufgabe. Die Bundesregierung hat Verantwortung für die Pflichtschulen in unserem Land. Die Bundesregierung hat daher auch Verantwortung für die beste Ausbildung der Lehrer und Lehrerinnen. Wir werden diese Verantwortung mit den Pädagogischen Hoch­schulen auch in Zukunft gerne tragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


13.30.00

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Ministerin, Sie sprechen von der Durchlässigkeit im Schulsystem, davon, dass diese Durchlässigkeit gegeben ist. – Ja, sie ist gegeben, aber nur, wenn das soziale Umfeld passt. Sobald Kinder aus einem bildungsfernen Umfeld kommen, ist es mit der Durchlässigkeit leider vorbei. Das hat vor kurzem sogar ein UN-Men­schenrechtsexperte in einer Aussendung kritisiert. Er sagt in dieser Aussendung, dass diese frühe Gliederung des Schulsystems nur in Deutschland und Österreich üblich sei und dass das nicht gut sei.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie sagen, es gibt quasi nur positive Bewertungen dieses Gesetzes über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen; Sie verstehen den Bundesrat nicht, Sie verstehen die Einwände der Opposition nicht. Dann kann ich nur sagen: Offensichtlich verstehen Sie aber auch die Einsprüche der Landesschulräte nicht, Sie verstehen die Einsprüche der Rektoren­konferenz nicht, des Katholischen Familienverbandes, der Bundesarbeitskammer und zahlreicher weiterer Organisationen und Bürgerinitiativen. Ich verstehe nicht ganz, warum Sie nicht diese Lücken wahrnehmen wollen, warum Sie nicht diese falsch gestellten Weichen in die richtige Richtung lenken wollen und einfach noch einmal darüber nachdenken, wie dieses Gesetz ausschauen könnte.

Ich möchte zwei Punkte herausstreichen, die besonders schmerzen. Das eine ist die Kindergartenpädagogik, die nicht dabei ist. Ich glaube, es ist sehr wohl so etwas wie ein Allgemeinwissen, dass Kinder in den ersten Lebensjahren einer besonderen päda­gogischen Aufmerksamkeit bedürfen und dass die Ausbildung zu Kindergartenpäda­gogInnen die beste schlechthin sein sollte.


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Es ist uns allen klar, dass Neugier, Wissbegier, Freude am Lernen und Erforschen sehr früh gefördert, aber auch sehr früh gestoppt werden kann. Wenn es nicht in Ihr Weltbild passt, dass Kinder auch außerhalb der Familie möglichst gut betreut werden sollen, dann verstehe ich das überhaupt nicht mehr. (Abg. Dr. Brinek: Ja, das passt in unser Weltbild!) Ich verstehe dann nicht, warum Sie diesen Ausbildungsweg einer höheren Ausbildung für KindergartenpädagogInnen nicht ermöglichen. (Abg. Großruck: Ihr Weltbild ist der Mond! Auf dem leben Sie! Das pädagogische Weltbild der SPÖ ist der Mond!)

Ein weiterer Punkt betrifft die Forschung. Frau Ministerin, Sie haben gesagt, Sie hätten das in diesem Gesetz zusammengeführt, und das alles sei wunderbar. Warum spricht dann diese eigens eingesetzte Kommission davon – und hier zitiere ich –, dass dieser Gesetzentwurf nicht zur Wahrnehmung von Forschungsaufgaben ermuntert, sondern diese einschränkt, und zwar, wie es da heißt: überdeutlich und abwertend gegenüber den Universitäten. Es ergibt sich daraus also kein sehr gutes Bild; Begrenzungen und Einschränkungen sind die besonderen Merkmale.

Wenn wir uns noch den Einwand der Bundesarbeitskammer gegen diesen Gesetz­entwurf anschauen, dann wird es schon mehr als deutlich, dass dieses Gesetz so nicht durchgeführt werden sollte. Ich würde daher Sie von den Regierungsparteien ersuchen: Verzichten Sie auf Ihr „Speed kills“, und überlegen Sie sich das Gesetz noch einmal! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesministerin Gehrer: Sieben Jahre!)

13.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

 


13.33.38

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Kollegin Muttonen, lassen Sie mich gleich anschließen. Wenn ein Gesetz, das auf die Basis des Akademienstudiengesetzes 1999 zurückgeht, jetzt als eines von zu hoher Geschwindigkeit bewertet wird und deshalb noch einmal zurückgestellt werden soll, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine, dass wir sogar ein wenig schneller arbeiten könnten, und ich meine auch, dass vieles oder eigentlich alles aus diesem Akademienstudiengesetz 1999, das wir damals mit der SPÖ – ich war dabei – verhandelt und verabschiedet haben, jetzt genau seine Fortsetzung findet. Es findet sie in den wesentlichen Punkten, die auch von Vorrednern schon angesprochen wurden.

Also: Aus- und Weiterbildung für Pflichtschullehrer – ja, das ist gut, wir haben ein differenziertes Bildungssystem und eine differenzierte Lehrerinnen- und Lehreraus­bildung. Die AHS-Lehrer und BHS-Lehrer werden in den Bundes-PIs und an der Universität weitergebildet, sie finden dort ihre entsprechenden Weiterbildungs­ange­bote, und die PflichtschullehrerInnen dort. Also machen Sie kein Problem, wo keines ist.

Die Kindergartenpädagogik: Die KindergartenpädagogInnen werden jetzt an der Bun­desanstalt für Kindergartenpädagogik ausgebildet, und dort herrscht nicht der absolute Wunsch, von heute auf morgen Hochschule zu werden. Im Gegenteil, es geht auch darum, dass das bestehende Personal nicht von heute auf morgen zu Hochschul­lehrern werden kann. Das wäre dann Türschildertausch, das wäre ein Vortäuschen von Kompetenzen, die nicht vorhanden sind. Es ist im internationalen Vergleich auch gar nicht so, dass alle KindergartenpädagogInnen im unmittelbaren Einsatz hochschulisch ausgebildet sind; die Leitungspersonen sind es.


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Daher der Vorschlag, mit der jetzigen Vorlage, in der neuen Pädagogischen Hoch­schule zu sagen: All diejenigen, die nach der Matura ein Kolleg gemacht haben – und es werden immer mehr – und dann in den Kindergartenpädagogikberuf einsteigen, könnten sich an dieser künftigen Pädagogischen Hochschule weiterbilden. Es sind auch Arbeitsgruppen tätig, es sind auch Personen mit Initiativen unterwegs, um solche Programme zu entwickeln. Ich bin da ganz zuversichtlich, gehen wir auch da Schritt für Schritt vor.

Noch ein Wort zur PEK, zur Planungs- und Entwicklungskommission und ihrer Stellung­nahme: In der Tat wurde hier von nicht genügendem Forschungsansatz zurzeit gesprochen. Ich möchte auch nicht, dass die LehrerInnen der Pädagogischen Akademie von heute auf morgen gezwungenermaßen zu Hochschullehrern werden und von heute auf morgen forschen können müssen. Das ist auch eine Kompetenz, die sie nach und nach erwerben müssen; durch Schildertausch und Namenstausch wird man auch nicht ein Hochschullehrer oder eine Forscherin oder ein Forscher. Geben wir den Lehrerinnen und Lehrern dort Zeit, dann werden sie das auch schaffen und dann werden sie das machen.

Was die zitierte Stellungnahme der Arbeiterkammer betrifft, die hier angesprochen wurde, verstehe ich schon, dass sie kritisch war. Denn unter dem Vorwand der allfäl­ligen Parteilichkeit des Hochschulrates hat das SPÖ-Papier die Forderung enthalten, dass dort unbedingt noch ein Arbeiterkammervertreter drinnen sein muss. Wäre es dann, wenn der Arbeiterkammervertreter drinnen wäre, etwas objektiver oder fairer gewesen? – Darüber zu urteilen, überlasse ich Ihnen.

Meine Damen und Herren, die Entwicklung der Pädagogischen Hochschule ist ein evolutionäres Projekt! Die Universität sagt ja und streckt die Hand zur Kooperation aus, damit die Durchlässigkeit und der Übergang noch verbessert werden können. Ich lade Sie ein, auch ja zu sagen zu dem, was hier im Parlament vorliegt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


13.37.20

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte ein bisschen auf die Ausführungen meiner Vorrednerin eingehen. Worin ich ihr Recht gebe, ist: Wir sprechen heute über ein Thema, das von ungeheurer Bedeutung ist. Gerade die Berufsgruppe der LehrerIn­nen – mit welchem Titel versehen, ist momentan egal – hat einen Einfluss auf die Jugend und ihre Bildung, und das ist ja ein zentrales Anliegen der Bundesregierung; das sagt sie zumindest. Daher erwarte ich mir hier wirklich höchste Präzision und höchste Qualität.

Sie haben gesagt, dass der erste Schritt 1999 gesetzt wurde. (Abg. Dr. Brinek: Ja!) Der zweite erfolgt jetzt, 2006, und ich weiß jetzt, warum Sie dauernd „Jahrhun­dertgesetze“ machen: weil der letzte wahrscheinlich 2099 erfolgen wird, mit dem wir dann zufrieden sind. (Abg. Dr. Brinek: Nein, nein, keine Sorge!) Das kann es nicht sein, dass etwas so lange dauert, wenn etwas wichtig ist.

Sie wissen alle – da streiten keine Kommissionen, und es streitet auch nicht die Frau Bundesministerin darüber –, dass die stärkste soziale Selektion im Zugang zu höherer Bildung in etwa um das 14. Lebensjahr, also an der Schnittstelle Oberstufe/Gym­nasium, stattfindet. Hier muss man etwas tun, damit diese Schnittstelle sich nicht zur Matura fortsetzt und uns Übertrittsquoten an die Universität beschert, die 20 Prozent


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unter dem OECD-Schnitt liegen. Das heißt, unsere Jugend verdient – und das ist jetzt keine blöde Phrase – die beste Ausbildung, die besten Lehrerinnen und Lehrer!

Jetzt frage ich mich: Warum ist dann dieses Gesetz dermaßen phantasielos und auch mutlos, dass keinerlei größere Incentives und Innovationen gesetzt werden? – Von „Türschildpolitik“ ist jetzt öfters gesprochen worden. Es ist aber eine Türschildpolitik, wenn ich nur den Namen Pädagogische Akademie in Pädagogische Hochschule ändere, sonst de facto aber nahezu alles gleich bleibt.

Hören wir uns an, was gleich bleibt: Dort unterrichten dieselben Personen. Die dortigen Direktoren haben große Chancen, die dortigen Rektoren zu werden. Es gibt keine Berufungskommissionen für dort tätige Professoren wie an der Universität, es gibt kein Habilitationsverfahren – nichts!

Es unterrichten dort auch Leute, die teilweise kein Bakkalaureat haben bezie­hungs­weise keinen Bachelor. – Soll so sein, wenn es sich um hervorragende Praktiker und Leute mit Erfahrung aus dem täglichen Leben handelt. Es kann aber auch nicht das Ziel sein, dass Leute ohne Graduierung Leute unterrichten, die sich graduieren sollen. Das erscheint mir seltsam.

Dann: Warum eine Zwei-Klassengesellschaft von LehrerInnen, wenn wir doch wissen, dass das größte Unglück, die größten Gefahren und die größten „Verbrechen“ – in Gänsefüßchen – im ersten Abschnitt, also bis zum 14. Lebensjahr stattfinden? – MaturantInnen, OberstufenschülerInnen sind schon etwas robuster. – Die LehrerInnen für den ersten Abschnitt verdienen also eine adäquate Ausbildung. Und wenn Sie sagen, dass alles EU-konform sei: Wir sind neben Liechtenstein das einzige euro­päische Land, das sich für den Pflichtschulbereich mit einem sechssemestrigen Bakka­laureat begnügt. Das ist ein Faktum. Um das herauszufinden, muss man nur lesen können.

Und was heißt Qualitätssicherung? Entweder ist das auch ein Faschingsscherz oder es verbreitet, wenn man es denn ernst nehmen sollte, schon eher Ascher­mittwochstimmung und würde erfordern, sich Asche auf das Haupt zu streuen: Der Uni-Rat wird politisch besetzt werden. (Abg. Dr. Brinek: Nein!) Aus fünf Mitgliedern besteht der Universitätsrat der Pädagogischen Hochschulen: drei werden durch das Ministerium ernannt, eines ernennt der Landshauptmann oder die Landeshauptfrau und eines ist der Amtsführende Schulratspräsident. Und wenn Sie behaupten, das sei die „creme de la creme“ der Forschung und der Wissenschaft und der universitären Ausbildung, sage ich ihnen: Das ist zumindest selten der Fall – um höflich zu sein. (Abg. Dr. Brinek: Dafür wird die Bundesebene schon Sorge tragen!)

Wenn die Forschung dann noch kostenneutral sein soll – so steht das drinnen –, dann erklären Sie mir bitte, wo man das Zaubern studieren kann, damit Forschung kosten­neutral werden kann.

Die Kritik und die Kritiker werden jetzt von Ihnen heruntergespielt. Die Planungs- und Evaluierungskommission – das ist ein hochkarätiges Expertengremium. Die Zukunfts­kom­mission ist ein hochkarätiges Expertengremium. Die Länderkritik, die Rektoren­kritik, die Kritik des Wissenschaftsrates sind glaubwürdig und etwas, was man sich überlegen muss.

Was mich auch noch irritiert – ich komme langsam ans Ende meiner Ausführungen –, das ist, dass die Stellungnahme der Gewerkschaft überhaupt keinen bildungs­poli­tischen Satz enthält und nur betriebsrätliche Interessen formuliert. Da hätte ich mir schon ein bisschen mehr gewünscht, ein bisschen Anlehnung etwa an das, was Arbeiterkämmerer und -kämmerinnen denken, wünschen und auch planen.


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Abschließend erinnere ich Sie noch daran, dass ein Antrag vorliegt, zumindest auch den Studierenden Pädagogischer Hochschulen Stipendien zugänglich zu machen. (Abg. Dr. Brinek: Das sollte doch im Ausschuss geklärt werden!) Ich hoffe, dass Sie zumindest hier – das steht heute zur Diskussion – einen zweiten Schritt setzen, nach dem kleinen, winzigen ersten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. – Bitte.

 


13.43.23

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Minister! Hohes Haus! Kollege Grünewald, gleich an Ihre Rede an­schließend: Wer sollte denn sonst im Uni-Rat der Pädagogischen Hochschule vertreten sein nach ihren Vorstellungen? Wer sollte das denn sonst sein, außer eben Experten, die seitens der Regierung und des Landes bestellt werden, sowie der Amts­führende Landeschulratspräsident? Sprechen Sie etwa allen Amtsführenden Landes­schulrats­präsidenten ab, in der Lage zu sein, im Uni-Rat für die Pädagogischen Hoch­schulen zu sitzen? Das sind doch die, die genau in diesem Bereich tätig sind, die sich dort auskennen. (Abg. Dr. Grünewald: Es sind politische Besetzungen!) Sie sind eben auch auf Grund der Wahlverhältnisse diejenigen, die in diese Funktion gewählt und für sie bestimmt werden. (Abg. Dr. Grünewald: Sind das Politische Akademien oder Pädagogische Hochschulen?)

Irgendwie verstehe ich jetzt das Problem nicht, oder wollen Sie einfach, dass auch die Grünen dort jemanden hineinnominieren können? Seitens der Regierung werden Experten dort hineinnominiert, und das ist ja der wichtige Punkt, dass es eben Experten sind, die dann dort drinnen sitzen. Und der Amtsführende Landeschulrats­präsident ist in den meisten Fällen sehr wohl ein Experte in diesem Bereich. (Abg. Dr. Grünewald: Auch die Landesschulratspräsidenten werden politisch bestimmt!) Wenn man Experten hat, ist es ja sehr gut, wenn man sie hineinnominiert. – Sie sollten schon auch gute Alternativvorschläge bringen und sagen, wen Sie hineinnominieren wollen würden und in welcher Funktion, außer dass dann eben jemand von Ihrer Fraktion seitens der Grünen hineinnominiert wird.

Wenn Sie bekritteln, dass jetzt Personen Menschen unterrichten, die eine Graduierung erhalten sollen, sie selbst aber keine Graduierung haben, dann frage ich Sie schon: Was soll denn mit all den Lehrenden an den Pädagogischen Hochschulen geschehen? Soll man die alle auf die Straße setzen und sagen: Nein, ihr müsst zuerst einen Titel haben, damit ihr andere unterrichten könnt, die dann einen Bachelor erhalten!? Das verstehe ich wirklich nicht! Wie stellen Sie sich denn das dann vor? Es ist doch logisch, dass es hier eine Übergangsphase geben muss. (Abg. Dr. Brinek: Na eben!) Man wird sicherlich nicht von heute auf morgen Lehrende austauschen, sondern die, die sich bewähren, werden dort sicherlich weiter lehren können, auch die, die keinen Titel haben. Das ist wohl nicht das Nonplusultra, dass nur die unterrichten dürfen, die selbst einen Titel haben. Also, das verstehe ich wirklich nicht.

Wenn Kollegin Muttonen sagt, sie finde das nicht gut, weil der Regierung die außerhäusliche Betreuung nicht wichtig sei, so möchte ich das auf das Entschiedenste zurückweisen, denn gerade weil uns die außerhäusliche Betreuung wichtig ist, gerade deswegen sind uns die Pädagogischen Hochschulen besonders wichtig. Darauf legen wir ein besonderes Augenmerk, weil uns, wenn die Kinder außer Haus betreut werden, sehr wichtig ist, dass sie in guter Betreuung sind, dass sie in guter Obsorge sind. Deshalb sehen wir es auch als einen möglichen guten zweiten oder dritten Schritt an, die KindergartenpädagogInnen dann vielleicht mit einzugliedern.


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Wenn man jedoch schon gesehen hat, dass es zum Beispiel in Deutschland nicht funktioniert hat, wäre es doch Wahnsinn, so schnell Pädagogische Hochschulen zusammenzufassen und das so schnell weiterzuführen, indem man dann auch noch gleich andere Bereiche mit eingliedert, von denen man nicht einmal weiß, wie man sie eingliedern wird und wie das insgesamt gehen soll. Es ist doch gut, dass man hier einen Schritt nach dem anderen geht, was es uns ermöglicht, die Qualität aufrecht­zuerhalten, eben die Qualität für unsere Kinder, denn die Personen, die dort ausge­bildet werden, lehren und unterrichten ja dann unsere Kinder. Und genau deshalb ist es uns wichtig und ist es uns ein großes Anliegen.

Zum Abschluss erinnere ich die Kollegen von der SPÖ noch einmal daran: Es war Ihr Beschluss im Jahr 1999, in dem Sie gesagt haben, Sie wollen – gemeinsam mit der ÖVP, die damalige große Koalition eben – diesen ganzen Bereich, die Pädak zur Pädagogischen Hochschule umwandeln. Jetzt wird dieser Ihr Wunsch umgesetzt – aber Sie sind in der Opposition, und auf einmal passt Ihnen alles nicht mehr, was Sie im Jahr 1999 alles haben wollten und beschlossen haben. Man sieht, wie Sie sich im Winde drehen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schasching: Ich könnte Ihnen zeigen, wie Sie sich gedreht haben!)

13.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Rada zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


13.47.15

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Es ist schon hochinteressant, dieser Debatte zu folgen. Liebe Frau Kollegin Rossmann, wenn Sie meinen, es sei eine Verzögerungstaktik, die der Bundesrat angewandt habe, muss ich schon sagen, eigentlich gehörte dieses Gesetz über die Pädagogischen Hochschulen nicht verzögert, sondern schlicht und einfach verhindert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Zickzack!)

Ich bin daher froh, dass der Bundesrat all diese Entscheidungen getroffen hat, und auch sehr froh, wenn Sie, Frau Ministerin, die Arbeit der Volks- und Hauptschul­lehrerInnen so sehr loben, denn es ist in der Tat so: Die Volks- und Hauptschul­lehrerInnen leisten in ganz Österreich Hervorragendes. Umso seltsamer ist es dann, dass die Volks- und Hauptschullehrer nicht die gleiche universitäre Ausbildung bekom­men sollen wie andere Lehrer in diesem unserem System auch. Daher ist dies ein sehr berechtigter Einspruch des Bundesrates.

Ich teile auch vollkommen Ihre Meinung, Frau Ministerin: Acht Hochschulstandorte sind genug. Es bleibt allerdings noch die Frage offen, was noch an privaten Trägerschaften hinzukommt. Dazu gibt es die verschiedensten Ansätze und Aussagen. Wollen wir vielleicht auch noch elitäre Pädagogische Hochschulen schaffen, wenn das mit der Elite-Universität in Maria Gugging nicht klappt, denn dann hätten wir ja vielleicht Räume dafür zur Verfügung? Es wäre sicherlich interessant, wie weit die Pädago­gischen Hochschulen tatsächlich diesen ihren Aufgaben nachkommen können.

Verlass muss sein. Alle Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder die bestmögliche Ausbildung bekommen: von der vorschulischen Erziehung über die Pflichtschule bis hin zur Universität. Es kann aber nicht a priori festgestellt werden, dass das gegeben ist, wenn wir mit dieser universitären Einrichtung, mit dieser Hoch­schuleinrichtung eigentlich ein Zwei-Klassen-System von Lehrern schaffen. Darauf, ob wir den neuen Titel der künftigen Pädagogen in den Werbeschriften auch richtig schreiben werden können, möchte ich jetzt gar nicht eingehen. Tatsache ist auf alle Fälle, dass wir zwei verschieden ausgebildete Gruppen von LehrerInnen haben wer­den.


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Eines noch: Es ist mir heute noch zu wenig betont worden, dass diese Pädagogische Hochschule eine politisch einseitig dominierte Struktur hat. Drei vom Ministerium vorgegebene Hochschulräte. – Vielleicht werde ich mich sogar heuer oder nächstes Jahr noch freuen können, dass Sie diese Möglichkeit geschaffen haben. (Beifall bei der SPÖ.) – Also drei, die vom Ministerium kommen.

Ein vom Landesschulrat zu Bestimmender und der amtsführende Präsident. Und weil heute die Expertise amtsführender Präsidenten angezweifelt worden ist: Ich möchte keinem der amtsführenden Präsidenten seine Qualifikation absprechen, aber ich weiß, wie amtsführende Präsidenten bestellt werden.

Frau Ministerin! Sie haben eine hervorragende Chance, ein wirklich gutes System der LehrerInnenausbildung zu etablieren, versäumt. (Beifall bei der SPÖ.)

13.50


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neugebauer. Ich erteile es ihm.

 


13.50.51

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Meine sehr geehrten Kolleginnen! Frau Bun­desminister! Herr Präsident! Geschätzte Kollegen! Mit den Pädagogischen Hochschu­len setzen wir den Auftrag des Akademie-Studiengesetzes um. Es ist schon aus­reichend darauf hingewiesen worden, dass das im Jahr 1999 von einer sehr breiten politischen Basis beschlossen worden ist.

In Ermangelung eines Ausschussberichts im Bundesrat habe ich mich mit den Aus­führungen der dort argumentierenden Kollegen auseinander gesetzt. Beispielsweise in jenen des Kollegen Schimböck, Mitglied des Bundesrates, fand ich einige bemerkens­werte Sätze. Kollege Schimböck kritisiert die Pädagogischen Hochschulen, indem er ihnen vorwirft, dass der schulische Charakter der Lehrerausbildung erhalten bleibe. Ich sage: Gott sei Dank bleibt er erhalten! Wer sich ein wenig mit den Studienplänen von Universitäten einerseits und Pädagogischen Hochschulen oder derzeit noch Akade­mien andererseits auseinander setzt, wird nämlich feststellen, dass es bei Letzteren eine Studienplandichte gibt, die an Universitäten überhaupt nicht gegeben ist.

Kollege Dr. Grünewald hat gemeint, das Zusammenführen von 51 Instituten und Akademien auf insgesamt 8 beziehungsweise 9 Standorte hätte lediglich das Aus­wechseln von Türschildern zur Folge. Da darf ich schon darauf hinweisen, dass die auch von meinem Vorredner sehr gelobte hohe Qualität der Lehrerausbildung gerade an den Pädagogischen Akademien darin besteht, dass wir nunmehr erstmalig Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung zusammenführen. Das macht in der Forschung, der berufsbezogenen Forschung, sehr, sehr viel Sinn und ist nicht nur eine Finanzfrage, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP.)

Um zu belegen, dass das mit der Sackgassen-Ausbildung, wie das auch im Rede­beitrag des Kollegen der SPÖ im Bundesrat angeführt worden ist, nicht stimmt, verweise ich lediglich auf § 10 des Hochschulgesetzes aus 2005.

Ich möchte abschließend darauf hinweisen, dass Dr. Peter Härtel – er ist kein Gerin­gerer als der Vorsitzende der Evaluierungs- und Planungskommission des Akademie-Studiengesetzes – zur heutigen Debatte ausführt, dass es als sehr vernünftig gilt – er nennt das „Professionalisierungskontinuum“ –, dass wir die hervorragende Ausbildung an den Akademien im Sinne des „Professionalisierungskontinuums“ auch ent­sprechend an den Pädagogischen Hochschulen fortsetzen werden. Ich denke, dass damit auch der Dank an die Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer in Österreich für ihre qualitätvolle Arbeit verbunden werden darf. (Beifall bei der ÖVP.)

13.53



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139. Sitzung / Seite 93

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Schasching zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.53.49

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es ist heute von meinem Kollegen Moser Ihnen gegenüber der Ausdruck „geballte Inkompetenz“ verwendet worden, und ich meine, hier schon die Frage stellen zu dürfen: Hat es mit Kompetenz zu tun, wenn man als Antwort auf den PISA-Schock zum Beispiel eine Zukunftskommission einsetzt, deren Vorschläge man konsequent nicht umsetzt? Ich stelle auch die Frage, ob es mit Kompetenz zu tun hat, wenn man bei der Konzeption der Pädagogischen Hochschule eine Planungs- und Evaluierungs­kommission einsetzt, in deren offizieller Stellungnahme steht – ich zitiere hier die offizielle Stellungnahme der PEK, die ja kurzzeitig auch auf der Homepage des Bildungsministeriums zu finden war; warum sie dann verschwunden ist, das müssen Sie uns erklären; ich zitiere nun –:

Der derzeitige Entwurf verlässt den durch das Akademie-Studiengesetz eingeschla­genen Weg, ist in vielen Details nicht EU-konform, entspricht nicht den Standards einer professionellen tertiären Institution und damit auch nicht den auf den PEK-Tätigkeits­berichten basierenden Informationen der Frau Bundesministerin an den Nationalrat. – Zitatende.

Sehr geehrte Frau Kollegin Brinek, Kollege Neugebauer, das zu euren Darstellungen, was Meinung der PEK sei. Ich möchte nicht wissen, wie in den letzten Tagen auf die Damen und Herren eingewirkt wurde, weil sie diese offizielle Stellungnahme plötzlich nicht mehr vertreten dürfen. Ich befürchte, dass man sich hier seitens der Frau Bundesministerin kompetenter oder inkompetenter Weise wieder genauso von jenen Fachmeinungen verabschiedet, die von Gremien vertreten werden, die sie zuvor selbst eingesetzt hat. Sehr geehrte Damen und Herren! Diesen Umgang mit Fachstellung­nahmen lehnen wir als SPÖ mit Sicherheit ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Das Hochschulgesetz selbst, das Sie jetzt vorgelegt haben und das der Bundesrat zu Recht abgelehnt hat, wurde nicht nur von der AK abgelehnt, sondern natürlich auch von vielen, vielen anderen. Ich zitiere den Katholischen Familienverband, ich zitiere die Österreichische Rektorenkonferenz, die angemerkt hat, dass die Pädagogischen Hochschulen durch den Gesetzentwurf keineswegs zu uni­versitären Einrichtungen werden, und zwar weder in struktureller noch in qualitativer Hinsicht. Im Wesentlichen sei hier eine Fortschreibung des Status quo durch den Gesetzentwurf zu konstatieren. – Ein bisschen weniger wissenschaftlich gesagt, Frau Bundesministerin: Der Türschilderwechsel, den wir Ihnen mehrfach vorgeworfen haben, wurde hier nur anders ausgedrückt. Das lehnen wir ab, Frau Bundesministerin!

Ein Letztes: Die SPÖ-BildungspolitikerInnen in den letzten Jahren haben Sie oftmals kritisiert, haben Sie aber immer konstruktiv kritisiert. Wir haben eigene Entwürfe für viele, viele Bereiche im Schulsystem und zu deren Änderung vorgelegt. Wir haben auch einen eigenen Entwurf für eine Pädagogische Hochschule vorgelegt. Und ich stelle das fest, was bereits mein Kollege Moser gesagt hat: geballte Inkompetenz Ihrerseits.

Wir zeigen, dass wir es anders können. Wir bieten geballte Kompetenz und werden Sie damit schon bald ablösen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Großruck zu Wort. – Bitte.

 



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139. Sitzung / Seite 94

13.57.42

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoch geschätzte und kompetente Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir erleben heute eine Glanzstunde der Totalopposition, des Zickzackkurses der SPÖ, der Gusenbauer-SPÖ, und der Blockadepolitik. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Am 25. Jänner haben wir das Akademie-Studiengesetz beschlossen. Die Mehrheit im Bundesrat hat es aus politischen, aus rein parteipolitischen Gründen beeinsprucht. Das hatte überhaupt nichts mit der Vertretung der Bundesländer zu tun. Und heute werden wir es eben mit einem Beharrungsbeschluss beschließen.

Meine Damen und Herren von der SPÖ und den Grünen, wenn Ihnen das Spaß macht, dann spaßen Sie so weiter. – Wir aber sind gewählt, um für Österreich zu arbeiten – und nicht politische Tricks an den Tag zu legen! Das ist aber Ihre Sache. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Inhaltlichen, meine Damen und Herren. Es wird von allen hier die Kompetenz von vielen in Frage gestellt. Sie werden mir zugestehen, Kollege Niederwieser, du wirst mir zugestehen, dass die Direktoren der Pädagogischen Akademien kompetent genug sind, den heutigen Gesetzesbeschluss zu beurteilen. Gibst du mir da Recht? – So. Heute haben drei von ihnen, nämlich jener von Feldkirch, jener von Linz und jener von Wien – und das ist ganz besonders interessant, denn der Wiener, Herr Manfred Teiner, ist sicher nicht den Schwarzen, Blauen oder Orangen zuzuzählen, sondern eher der linken Reichshälfte –, eine Presseaussendung gemacht. Und ich meine, es ist gut, sich das einmal anzuhören.

„Mit dem heutigen Gesetz“, so schreiben sie, „für die Pädagogischen Hochschulen beschreitet Bundesministerin Elisabeth Gehrer den richtigen Weg. Damit wird für die Zukunft auch in Österreich die akademische Ausbildung aller Lehrerinnen und Lehrer gewährleistet, erklärten die Direktoren der Pädagogischen Akademien in Feldkirch, Linz und“ – hören Sie gut zu! – „Wien, Ivo Brunner, Hans Schachl und Manfred Teiner.“

Abschließend schreiben sie in dieser Presseaussendung: „Wer immer die wichtige Entwicklung in der LehrerInnenbildung als ,Türtaferl austauschen‘ abqualifizieren will, beweist nur, dass er oder sie von der LehrerInnenbildung nicht viel verstehen.“

Meine Damen und Herren! Die Opposition versteht offensichtlich, wenn das stimmt, nicht viel von der LehrerInnenausbildung. Das ist die Beurteilung jener, die es wissen müssen, jener Direktoren der Pädagogischen Akademien, künftig Pädagogische Hoch­schulen, die sich damit befasst haben. Nehmen Sie wenigstens das Urteil dieser zur Kenntnis, wenn Sie schon der Ministerin und der Regierung nicht glauben. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Aber Ihnen kommen ja auf Grund Ihrer Totalopposition schon schön langsam all Ihre Kämpfer abhanden. Diesmal sind es die Direktoren der Pädagogischen Akademien, auch die, die zu Ihrer Reichshälfte zählen, in Oberösterreich sind es die Betriebsräte der AMAG, die sich nicht mehr in Geiselhaft der Totalopposition nehmen lassen wollen, die reihenweise austreten, weil die Parteimeinung der Gewerkschaft, der SPÖ völlig konträr zur Meinung des Betriebsrates ist. Mit 93,5 Prozent hat die Belegschaft der AMAG gegen die vorgeschriebene SPÖ-Linie gestimmt, reihenweise treten sie aus, auch ehemalige SPÖ-Landtagsabgeordnete. Machen Sie so weiter, meine Damen und Herren! Sie werden den Erfolg – aus unserer Sicht den Erfolg, Ihren Misserfolg – bei den nächsten Wahlen einfahren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf noch das Gusenbauer-SPÖ-Wahlprogramm bekannt geben, damit alle in Öster­reich wissen, wie es ausschauen wird:


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Leistung runter, Steuern rauf,

Schulden nehmen wir in Kauf,

blechen werden alle müssen,

Marx und Engels lassen grüßen!

(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Was wäre eine Großruck-Rede ohne Vierzeiler!

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann. 2 Minuten. – Bitte.

 


14.01.49

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf jetzt kurz zusammenfassen, was Kollege Großruck gesagt hat: Für uns ist das Hochschulgesetz 2005 ein Meilenstein für die österreichische Bildungspolitik. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puswald: Das hat der Großruck nicht gesagt!)

Wir gehen damit den Weg der Professionalisierung und der Verbesserung der Lehrer­ausbildung weiter. Sie bleiben auf Ihrem Weg der Fundamentalopposition. (Abg. Dr. Rada: Daran werden Sie sich gewöhnen müssen!) Es sei Ihnen unbenommen, aber es ist schade, denn es ist ein wichtiges Thema. Es geht um unsere Kinder, es geht um unsere Lehrer, und da wären ein bisschen mehr Diskussionsbereitschaft und Engagement von Ihrer Seite sehr wünschenswert.

Faktum ist: Punkt 1: Dieses Modell sichert die Ausbildung an den Akademien, die damit auf die Höhe von Hochschulen gehoben werden. Es ist, wie die Frau Bundes­minister gesagt hat, ein Upgrading. (Abg. Dr. Puswald: Titel ohne Mittel!)

Punkt 2: Die Durchlässigkeit zu den Unis ist durch die Anerkennung der Ausbildung gegeben.

Punkt 3: Wir werden dieses Modell für die Schüler, für die Schülerinnen, Lehrer, Lehrerinnen weiterentwickeln. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schiefermair. 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.03.07

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­ter! Hohes Haus! Es war eine interessante Diskussion, und Carina Felzmann hat schon zusammengefasst: Es geht zum einen um eine Steigerung der Professionalität, zum anderen bedeutet dieser Beschluss für die Schaffung und für die Weiterentwicklung zur Pädagogischen Hochschule einen Riesenvorteil im Hinblick auf Internationalisierung. Welchen Vorteil haben wir doch davon, dass zukünftig unsere Lehrer und Lehrerinnen in anderen Ländern Erfahrungen sammeln können und dort auch tätig sein können? Es freut mich auch für die Schüler, dass ihnen dann diese Erfahrung, die die Lehrer gesammelt haben, zu eigen wird.

Sie sprechen ja auch davon, dass Sie alle die bestmögliche Ausbildung für unsere Kinder wollen, und das ist somit auch wieder gegeben. (Abg. Dr. Puswald: Aber Sie verhindern es ja!) Ja, genau (Abg. Parnigoni: Genau! Da haben Sie Recht! Da haben


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Sie wirklich Recht!), Sie sagen, wir verhindern, in Wirklichkeit ist es aber Ihre Blockade, über die man sprechen müsste. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie reden auch immer wieder darüber, dass wir das dann bei der Wahl ernten werden. Ich sage Ihnen, die Saat, die Sie mit dieser Blockade, der wirklich permanenten Blockade säen, werden Sie auch bei der Wahl ernten, nämlich die Wähler werden Sie blockieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Und Sie werden gar nicht mehr da sein!)

Ich denke – das wurde bereits gesagt, ich möchte es zum Abschluss auch noch einmal einbringen –, die Pädagogischen Hochschulen sind über diese Entwicklung erfreut. Kollege Rada hat über Verlass gesprochen, ich glaube, man kann über Vertrauen sprechen. Wir können dieser Regierung im Bereich der Bildungspolitik Vertrauen ent­gegenbringen.

Ich möchte mich zum Schluss bei allen LehrerInnen und auch bei den Ausbildnern für die gute Arbeit bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

14.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort seitens des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme. (Abg. Scheibner: Es ist ja keine Opposition da!)

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses in 1335 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest. (Abg. Lentsch – in Richtung der Abg. Pfeffer –: Katharina, wo sind denn deine Leute?)

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Organisation der Pädago­gischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005) zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1336 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichts­aus­schus­ses, seinen Bericht 1337 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Dieses Zeichen wird einstimmig erteilt. Einstimmig angenommen.


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14.07.126. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vorlage (1229 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992 und das Ge­bührengesetz 1957 geändert werden (1340 d.B.)

7. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Meldegesetz geändert wird (1341 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungs­vorlage (1272 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tsche­chischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Er­gänzung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (1339 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vorlage (1194 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tsche­chischen Republik über den Grenzübertritt auf touristischen Wegen und über den Grenzübertritt in besonderen Fällen (1338 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 6 bis 9 der Tagesordnung, worüber wir die Debatte unter einem durchführen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Seine Wunschredezeit beträgt 7 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


14.08.30

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um etwas ganz Einfaches: Österreich soll endlich einen fälschungssicheren Pass beziehungsweise die Österreicherinnen und Österreicher sollen fälschungssichere Pässe erhalten.

Was ist momentan das Problem? – Die Österreicherinnen und Österreicher haben fälschungssichere Pässe. Das ist die Begründung dafür, dass die Österreicherinnen und Österreicher jetzt anstelle fälschungssicherer Pässe fälschungssichere Pässe bekommen sollen, weil es bis heute zu Recht keinen Hinweis darauf gibt, dass wir mit den vorliegenden fälschungssicheren Pässen ein Fälschungsproblem haben. Also macht die Bundesregierung das, wofür sie bekannt ist, nämlich sie löst die Probleme ausschließlich dort, wo sie nicht existieren. Und dazu möchte ich am Aschermittwoch herzlich gratulieren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was ist jetzt der Unterschied zwischen dem alten fälschungssicheren Pass und dem neuen fälschungssicheren Pass? – Der Unterschied liegt im Chip und im digitalisierten Passfoto. Noch einmal: Im neuen Pass ist ein digitalisiertes Passfoto auf einem Chip


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gespeichert, das diesen neuen Pass nicht fälschungssicherer macht als seinen Vor­gänger.

Im Ausschuss haben wir die Frage gestellt: Wofür brauchen wir das? – Stellen Sie sich einmal vor – das wäre ein Stück, das Claus Peymann wunderbar inszeniert hätte –, die Frau Innenminister geht einen Kühlschrank kaufen. Das funktioniert so: Sie betrachtet zu Hause den Kühlschrank und sagt: Dieser Kühlschrank funktioniert hervorragend. Er kühlt auf die Idealtemperatur herunter und braucht sehr, sehr wenig Energie. Was tue ich deshalb? Ich muss einen neuen Kühlschrank kaufen.

Natürlich geht die Frau Innenministerin nicht mit dieser Begründung einen Kühlschrank kaufen, aber sie schafft mit dieser Begründung neue Reisepässe an. Und jetzt muss doch, nachdem überall dort, wo die Frau Innenministerin zuständig ist, die Vernunft regiert, das Ganze irgendeinen Grund haben. Es könnte einen sachlichen Grund geben, der aber geleugnet wird, nämlich den Aufbau von europaweiten und später über Europa hinaus gehenden Datenbanken mit biometrischen Daten. Überall, wo man heute Regierungsparteien darauf anspricht, sagen deren Vertreter und Vertreterinnen: Nein, wir denken nicht daran, Datenbanken für biometrische Daten einzurichten. Wir denken nicht daran, das Genom vom Herrn Abgeordneten Stummvoll zu speichern. Wir denken nicht daran, die Fingerabdrücke anderer ÖVP-Abgeordneter, wie der Kolle­gin Brinek, zentral in Brüssel oder in Straßburg zu speichern. Nein, wir denken nicht daran!

Aber warum will man dann Daten wie diese – und das digitalisierte Passfoto ist das erste Datum dieser Art – elektronisch verarbeiten und jetzt einmal auf einem Chip speichern? Warum verlangt man trotz hoher Fälschungssicherheit österreichischer Dokumente ein biometrisches Kriterium nach dem anderen? Warum will man ohne jeden Sicherheitsgewinn nicht nur von allen Menschen in Österreich digitalisierte Fotos anfertigen (Abg. Ellmauer: Pilz hat Angst! Er fürchtet sich!), sondern auch die Fingerabdrücke nehmen und, geht es nach dem BZÖ und der Freiheitlichen Partei, von allen Österreicherinnen und Österreichern auch die Genomdaten, das heißt die genetischen Daten speichern? Warum will man das? Warum werden uns ständig internationale Verträge und Gesetzesvorschläge vorgelegt, in denen Stück für Stück die Weitergabe dieser Daten über Grenzen hinweg in zentrale Datenbanken ermöglicht wird?

Weiters: Warum setzt man sich nicht dafür ein, dass es auf europäischer Ebene eine parlamentarische Kontrolle gibt, einen echten, funktionierenden Datenschutz gibt und einmal eine Grenze gezogen wird, bei der klar ist: Hier endet die polizeiliche Auf­klärung, und hier beginnt der absolute Grundrechtsschutz!? Warum gibt es bis heute keine Erklärung von Seiten der Frau Innenminister, wo diese Grenze ist, welche persönlichen Daten von Österreicherinnen und Österreichern absolut geschützt bleiben?

Wir werden demnächst den Prümer Vertrag, den so genannten Vertrag Schen­gen III verhandeln. Dieser Vertrag ist hinter dem Rücken des Nationalrates letzten Mai international unterschrieben worden. Dem Innenausschuss ist dann mitgeteilt worden: Wir sehen ein, das war ein Fehler, wir hätten euch vorher fragen sollen, aber ihr müsst das jetzt ratifizieren. – Dieser Vertrag steht demnächst zur Ratifizierung an.

Was steht drinnen? – Grenzüberschreitende Übermittlung von bestimmten Daten des Genoms; präventive Datenweitergabe, wenn zum Beispiel Menschen an inter­nationa­len politischen Veranstaltungen teilnehmen. Das Ganze wird getarnt als Anti-Rowdy-Paragraph für Fußballspiele. Doch auf Nachfrage stellt sich heraus, dass zum Beispiel ein internationales Gewerkschaftertreffen von diesem Vertrag und seinen Bestimmun-


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gen und der präventiven Datenerfassung genauso betroffen wäre. All das ist im so genannten Prümer Vertrag enthalten.

Und dann stelle ich im Innenausschuss eines fest: Seit etwa einem Jahr gibt es in diesen Fragen – ich verstehe nicht warum und richte diese Frage vor allem an die Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion – eine neue Allianz zwischen ÖVP, BZÖ, Freiheitlicher Partei und SPÖ. Plötzlich gibt es einen Gleichschritt von vier Parteien. Die SPÖ will nur ein bisschen etwas bei den Regelungen der Pässe für Kinder ändern, aber sonst sind alle einer Meinung.

Grundrechtsabbau: Vier-Parteien-Konsens – Grüne dagegen. Passgesetz, Digitalisie­rung, Vorbereitung der europäischen Datenbanken – SPÖ, ÖVP, BZÖ, FPÖ größte Koalition gegen den Grundrechtsschutz. Fingerabdrücke und so weiter, wir wissen, was alles auf uns zukommt.

Seit dem letzten Februar – und wir werden mit den Kolleginnen und Kollegen der SPÖ einmal in aller Öffentlichkeit ernsthaft darüber reden müssen – gibt es hier eine politische Wende. Vom Asylrecht, von den Grundrechten, von den Menschenrechten bis zum Datenschutz, bis zum Schutz der Privatsphäre, bis hin zu Fragen der Kulturpolitik hat plötzlich die SPÖ vor allem im Innenausschuss, aber nicht nur dort, politisch die Seiten gewechselt. Und ich frage mich, warum. Rechtfertigt eine näher rückende Nationalratswahl einen derart grundlegenden Positionswechsel? Wäre es nicht sinnvoll, dass die Opposition versucht, in Grundrechtsfragen möglichst eine gemeinsame Position gegenüber der Regierung zu vertreten?

Das sind die Fragen, auf die die heutige Debatte sicherlich keine erschöpfende Antwort geben wird, aber es ist mir wichtig, heute eines ein erstes Mal hier klarzustellen: Wir haben – und ich bedaure das – in dieser Frage, in diesen Grundfragen der österreichischen Gesellschaft, der Freiheit, der Toleranz und der bürgerlichen und demokratischen Grundrechte nicht mehr ausschließlich ein Problem mit den Regie­rungsparteien, sondern leider auch mit einer SPÖ, die mit ihnen eine stille Koalition eingegangen ist. Ich hoffe, dass diese Koalition nicht halten wird. (Beifall bei den Grünen.)

14.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


14.17.28

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Lieber Peter Pilz, du hast Probleme mit deiner eigenen Persönlichkeit. Deine Darstellung des neuen Passgesetzes hier von diesem Pult aus ist wirklich nicht nachvollziehbar! (Abg. Öllinger: Das ist schon nachvollziehbar! – Abg. Sburny: Das ist sogar ziemlich nachvollziehbar!)

Geschätzte Damen und Herren, ich glaube, das neue Passgesetz ist ein Baustein, durch den Österreich wieder einen Schritt moderner, sicherer und fitter wird. Genau der neue Reisepass, das neue Passgesetz sind ein Schritt zu einer höheren Fäl­schungs­sicherheit. Ich glaube, das muss jeder hier herinnen in diesem Haus zur Kenntnis nehmen und auch befürworten, dass es zukünftig einen Reisepass gibt, der fälschungssicherer ist als der bisherige.

Warum ist er fälschungssicherer? – Durch den Speicherchip, der jetzt eingedruckt ist, und mit einem einzigen Lichtbild, das erforderlich ist, ist an und für sich der erste Schritt zu einem fälschungssicheren Reisepass gesetzt.

Die Argumente, die auch immer wieder gekommen sind, dass die auf Grund dieses neuen Reisepasses entstehende Wartezeit nicht akzeptabel wäre, stehen sicherlich


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nicht zur Debatte, da dieser Reisepass innerhalb von fünf Tagen zugeschickt wird; zugeschickt deshalb, weil der neue Reisepass ja von der Staatsdruckerei angefertigt werden muss. Außerdem gibt es einen Expresspass und auch einen Notpass, wenn man unmittelbar und kurzfristig einen Reisepass benötigt.

Generell ist es so, dass es bei der Ausstellung eines Reisepasses kaum Verän­derungen zur bisherigen Situation gibt. Man geht mit einem Passfoto zur Ausstel­lungsbehörde, gibt dieses Passfoto dort ab, gibt die Personaldaten bekannt, und innerhalb von fünf Tagen wird der Reisepass zugestellt.

Wir folgen mit dieser Novelle einer Verordnung der Europäischen Union. Wir begrüßen diese Vorgabe, weil damit auch ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der inter­nationalen Kriminalität geleistet wird, wir begrüßen diese Gesetzesnovelle aber auch, weil wir damit die technischen Möglichkeiten nützen, um unsere Bevölkerung noch besser vor kriminellen Bedrohungen zu schützen.

Ein wesentlicher Punkt bei der Änderung des Passgesetzes ist, dass auch für Kinder jetzt Reisepässe ausgestellt werden können. Bisher mussten nur dann Pässe für Personen unter 12 Jahren beantragt werden, wenn sie alleine oder nicht in Begleitung der Eltern oder eines Erziehungsberechtigten reisten. – Auch das ist also ein weiterer Fortschritt.

Im Großen und Ganzen wird mit diesem neuen Reisepass Österreich moderner und sicherer. (Beifall bei der ÖVP.)

14.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


14.21.18

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Bundesministerin! „Mit diesem Gesetz wird Österreich moderner und sicherer.“ (Abg. Kößl: So ist es!) – Das möchte ich jetzt gleich im Anschluss an die Ausführungen von Kollegen Kößl vehementest bestreiten!

Moderner wird es vielleicht zum Schein: Es ist jetzt ziemlich modern, alles biometrisch zu vermessen. Die Augen, die Ohrenlänge, das Gesicht und alles Mögliche wird jetzt vermessen. Biometrie ist wahrlich modern. Aber modern, gemessen an dem, was man mit Sicherheitsaspekten verbindet, ist es nicht. Es ist nicht modern im Sinne dessen, dass es uns voranbringt, es ist vielleicht „in“. Der Bevölkerung soll mittels Aktivität und zum Teil Scheinaktivität weisgemacht werden, dass es einen höheren Sicher­heitsstatus oder einen Sicherheitsgewinn gäbe.

Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Waren die bisherigen bordeauxroten Europa-Reisepässe, die maschinenlesbar sind, unsicher? – Das haben Sie eigentlich bis heute nie gesagt! Sie haben hier nie gesagt: Meine lieben Bür­gerinnen und Bürger, wir haben äußerst unsichere Reisepässe! Die Sicherheit Österreichs steht auf dem Spiel, wir brauchen biometrische Daten, die im Reisepass auf einem Chip gespeichert sind, damit dieses Land sicherer wird! – Das habe ich nie gehört! Jetzt aber kommt die Passgesetznovelle, und es werden die Daten, die es bisher schon im maschinenlesbaren europanormierten Reisepass gibt, auf Chips im Reisepass gespeichert.

Jetzt glaube ich gar nicht, dass die österreichischen Behörden entgegen dem Daten­schutz-Gedanken irgendetwas im Sinne hätten, womit ich nicht einverstanden wäre, weil ich viel von den österreichischen Behörden halte, aber ich weiß nicht, meine Damen und Herren, wenn man mit einem neuen EU-Reisepass, der einen Chip enthält,


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auf dem diese Daten, also auch biometrische Daten gespeichert werden oder ge­speichert werden können, nach Syrien, nach China, in die USA oder wohin fährt, was dann mit den Daten österreichischer Bürgerinnen und österreichischer Bürger, die aus touristischen Gründen oder aus welchen Gründen auch immer einreisen, passiert. (Abg. Großruck: In den USA werden Sie fotografiert!)

Diese Daten brauchen nur in Datenbanken eingespeichert zu werden, und dann wird frisch-fröhlich vernetzt. Und es entzieht sich völlig dem Einflussbereich unserer Frau Bundesministerin, was mit Daten auf diesen Chips von österreichischen Bürgerinnen und Bürgern in den USA, in China – ich ziehe jetzt zwei große Staaten und gar nicht kleine so genannte Schurkenstaaten heran – passiert. – Das sind unsere Bedenken, meine Damen und Herren!

Die SPÖ – und das ist eigentlich die zweite traurige Sache – macht da fröhlich mit. Sie teilen diese Bedenken überhaupt nicht. Sie sagen: Diesen Herbst sind Wahlen, und die Bedenken, die im Sinne des Datenschutzes vom Datenschutzrat, von der Daten­schutz­kommission, von einzelnen Wissenschaftern und Wissenschafterinnen, die in diesem Bereich tätig sind, ganz zu schweigen von jenen, die Sicherheitsexperten sind, vor­gebracht wurden, werden schlicht und einfach ignoriert.

Der SPÖ kann ich nur eines mit auf den Weg geben: Der Wähler und die Wählerin, die ihre Daten nicht in Datenbanken des amerikanischen CIA oder bei welchen Organi­sationen auch immer – der CIA ist ja noch eine ehrenwerte Organisation – gespeichert haben wollen, werden Ihnen die Rechnung präsentieren, von der ÖVP, geschweige denn von der FBZÖ habe ich gar nichts anderes erwartet.

Deshalb werde ich in diesem Fall leidenschaftlich gegen dieses neue Passgesetz stimmen, weil es genau den einzigen Zweck, der bisher formuliert wurde, nämlich Sicherheitsgewinn zu bieten, nicht erfüllen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Das schaue ich mir an, wie Sie leidenschaftlich sitzen bleiben!)

14.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Kollegin.

 


14.26.05

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Liebe Kollegin Terezija Stoisits, du weißt ganz genau, dass es sich bei der Novellierung dieses Passgesetzes um die Umsetzung einer Verordnung der EU handelt. Diese Verordnung wurde schon im Dezember 2004 beschlossen, und wir haben diesen Vorgaben – als Mitglied der EU ist es nicht nur ein Vertrag, sondern Bestandsrecht – einfach nachzukommen. Das ist das eine.

Wenn wir von den Zielen sprechen, dann muss ich Folgendes dazu sagen: Diese Ziele, die in dieser Passgesetznovelle formuliert sind, die auch von der EU vorgegeben wur­den, beinhalten, dass die Pässe fälschungssicherer sein sollen, um gegen die inter­nationale Kriminalität besser vorgehen zu können. Dabei geht es um Verbrechens-Tatbestände, die nicht auf die leichte Schulter zu nehmen sind, wie zum Beispiel die Schlepperei und der Menschenhandel.

Die Kollegen von den Grünen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass bio­metrische Daten nun auch auf Chips gespeichert werden sollen beziehungsweise dass das Passbild in Zukunft im Pass digitalisiert eingetragen werden soll. – Es geht dabei nicht um Fingerabdrücke, es geht nicht um Iris-Vermessungen, sondern schlicht und einfach um die Digitalisierung von Daten, die es auch jetzt schon im Pass gibt.


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Ich möchte Ihnen die zu speichernden Daten noch einmal nennen, damit die Miss­verständnisse endlich ausgeräumt werden können. Es sollen gespeichert werden: der Name des Passinhabers/der Passinhaberin, das Geschlecht, der akademische Grad, das Geburtsdatum, der Geburtsort, die Staatsbürgerschaft, die Größe, falls vorhanden besondere Kennzeichen, das Lichtbild und die Unterschrift des Dokumenteninhabers. – Was ist daran neu, außer dass es in Zukunft doppelt lesbar ist, das heißt, dass es sicherer ist und dass Fälschungen erschwert werden?

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir vom Innenausschuss haben uns vor Ort kundig gemacht, wir waren in der Österreichischen Staatsdruckerei und haben uns ange­schaut, wie die Produktion dieser Pässe in Zukunft vor sich gehen soll. Wir waren nicht nur von der freundlichen Aufnahme begeistert, sondern auch von den mehr als kom­petenten Menschen, die dafür zuständig sind. Diese Hochsicherheitspässe können in Zukunft nur noch von einer Stelle produziert werden, und das ist die Österreichische Staatsdruckerei.

Was mir aber auch noch sehr wichtig war neben den datenschutzrechtlichen Aspek­ten – die, liebe Kollegin Terezija Stoisits, liegen mir sehr am Herzen –, das ist, dass der Datenschutzrat in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium eine einvernehmliche Lösung gefunden hat, die auch in der Stellungnahme des Datenschutzrates ersichtlich ist. Der Datenschutzrat hat nämlich keine Einwände mehr, dass diese Passgesetz­novelle so, wie sie jetzt vorliegt, beschlossen wird. Das heißt, es liegt auch das Einverständnis des Datenschutzrates vor.

Was mir persönlich auch noch sehr wichtig ist, das ist, wie sich diese Pass­gesetznovelle auf die Bürger und Bürgerinnen auswirkt. Dazu kann man sagen: Es ist keine Verschlechterung, es ist teilweise sogar eine Verbesserung zu verzeichnen. Die Kosten bleiben gleich, für einen neuen Pass müssen 69 € bezahlt werden. Es gibt die Möglichkeit der Kinderpässe, auch das kostet nicht mehr als die Eintragung in einen Pass, nämlich 26 €. All das ist wichtig, damit die Menschen und die Eltern mit Kindern nicht unter horrenden Mehrkosten leiden müssen. Dafür wurde also vorgesorgt. Weiters sind die alten Pässe weiterhin gültig, und auch das ist, glaube ich, etwas Wichtiges.

Als letzter Punkt sei erwähnt, dass, auch wenn man vergessen hat, den Pass zu besorgen oder zu verlängern, Notpässe sowohl für Kinder als auch für Erwachsene ausgestellt werden können. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass dieses Gesetz bürgerfreundlich ist.

Wir von der sozialdemokratischen Fraktion stimmen diesem Gesetz nach all den Ver­handlungen, die wir geführt haben, gerne zu, weil wir glauben, dass es im Sinne der Sicherheit und auch der Bürgerfreundlichkeit ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

14.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. Wunsch­redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


14.31.01

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Cap: Was hat Großruck gemeint?) So ganz kann ich den Aussagen des Kollegen Pilz nicht folgen. Kollege Pilz hat hier darzustellen versucht, dass es wieder einmal die Idee der Bundesregierung war, neue Pässe zu machen, so nach dem Motto: Es fällt uns nichts Besseres ein!


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Kollege Pilz weiß aber ganz genau, dass die Wahrheit dem Ganzen so nicht entspricht, denn die Europäische Union hat uns das vorgegeben. Es wurde dies schon an­diskutiert: Im Februar 2004 wurde beschlossen, dass ein biometrisches Merkmal in den Reisepässen verpflichtend ist. Das biometrische Merkmal ist das Passbild, das in dem neuen Pass nun drei Mal vorkommt: einmal als Foto, einmal mit einem Laser eingebrannt – wenn man es gegen das Licht hält, erkennt man das Foto –, und zusätzlich noch in digitaler Form.

Die Europäische Union geht aber in der Verpflichtung, die wir dann auch zu erfüllen haben werden, weiter, und zwar wurde am 25. Oktober festgeschrieben, dass ein zweites biometrisches Merkmal aufgenommen werden soll, und das soll dann der Fingerabdruck sein. Über diesen Passus reden wir heute nicht. Jetzt geht es einmal nur um das Passbild. Ich weiß nicht, warum Kollege Pilz so eine Angst hat, dass ein digitales Foto von ihm in seinem Pass ist. Wenn er auf irgendeinem Flughafen durch die Grenzkontrolle geht, kann man ihn genauso fotografieren, und man hätte ebenfalls ein Passfoto. Man könnte auch das Foto fotografieren, das im Pass enthalten ist. Diese Befürchtungen habe ich also nicht.

Kollegin Wurm hat noch ausgeführt, welche Daten sonst noch auf diesem Chip im Pass gespeichert sind; das sind genau jene Daten, die man im Pass ablesen kann. Wie man damit Datenmissbrauch betreiben soll, das muss mir zuerst jemand erklären.

Meiner Ansicht nach ein sehr wesentlicher Faktor ist der Bereich Kinder. Mit dieser Novellierung und mit der Einführung dieses neuen Passes ist es jetzt endlich möglich, Kinder mit einem Pass auszustatten, der keine biometrischen Daten hat. Weiters ist wichtig anzumerken, dass dieser gleich viel kostet wie die Eintragung. Die Eintragung hat immense Nachteile: Man hat einen Pass, in dem steht ein Name, man hat kein Foto, man kann das Kind nicht zuordnen, und man hätte natürlich auch die Möglichkeit, ein Kind missbräuchlich – unter Anführungszeichen – „zu verschleppen“. Mit einem eigenständigen Pass für das Kind kann das nicht passieren.

Man kann natürlich sagen, ein Baby schaut nach sechs, sieben, acht, zehn oder zwölf Monaten anders aus, aber ein Kind im Alter von vier bis fünf Jahren ist in den nächsten fünf Jahren an Hand des Passfotos erkennbar. Es ist also auch für die Sicherheit der Kinder ganz wichtig, dass die Österreicherinnen und Österreicher die Möglichkeit, einen eigenständigen Pass für die Kinder ausstellen zu lassen, nützen, denn damit ist gesichert, dass das Kind zu 100 Prozent identifizierbar ist an Hand des Fotos, an Hand des Namens. Und damit entsteht auch eine erhöhte Sicherheit für unsere Kinder und eine erhöhte Sicherheit gegen mögliche Verschleppungen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Frau Bundesministerin Prokop zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.34.17

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zuerst einmal ein Danke dafür sagen, dass wir diese Diskussion so intensiv geführt haben, dass so viel Wünsche nach Informationen geherrscht haben. Ich halte das für sehr wichtig, denn gerade die Fragen des Datenschutzes, der Umgang mit biometrischen Daten, aber auch mit Sicherheitsunterlagen sind eine große Verpflich­tung. Ich glaube, dass dieser Pass ein wirklich weltweit herzeigbares Dokument werden wird. Er ist noch sicherer, und das möchte ich betonen.

Nehmen wir als Beispiel einen Eiskasten her. Herr Abgeordneter, wenn ein Eiskasten funktioniert und es ein neues Modell gibt, das energiesparender ist, und es gibt die


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Vorschrift, dass man mehr Energie sparen muss, dann wird man das neue Modell kaufen. Das ist überhaupt keine Frage. Selbstverständlich ist das bei diesem Pass auch so. Der alte, der heutige Pass ist sicher, aber wir können noch Verbesserungen im Bereich der Dokumentenfälschung erreichen. Wir können noch sicherere Bereiche einführen, und das geschieht mit diesem neuen Reisepass.

Es ist auch darüber hinaus klargestellt, dass wir bei den nächsten notwendigen bio­metrischen Maßnahmen, die von der EU beschlossen wurden, soweit sie uns zwin­gend vorgeschrieben werden, selbstverständlich intensiv informieren werden. Wir haben eine Studie in Auftrag gegeben, um das zu prüfen, um auch Dokumente und Unterlagen zu haben, um darüber diskutieren zu können, worum es geht. Wir wollen keine utopischen Formulierungen haben, die da lauten, dass man vom Satelliten aus jeden, der diesen Pass hat, an jeder Stelle findet.

Ich glaube, dass man mit diesem neuen Pass tatsächlich sagen kann, dass es gelun­gen ist, rechtzeitig den Anforderungen der EU nachzukommen, denn bis Herbst sind wir auf Grund der EU-Richtlinie verpflichtet, diesen Pass einzuführen. Wir haben dies also nicht aus Jux und Tollerei gemacht, sondern aus großer Verantwortung heraus. Wir konnten den Preis halten, wir haben einen echten Servicecharakter trotz der Schwierigkeit mit dem eingeschweißten Chip im neuen Pass zuwege gebracht, und wir können tatsächlich zusätzlich neue Sicherheit bieten.

Ich glaube auch – und dafür bin ich auch sehr dankbar –, dass eine Opposition nicht automatisch dagegen sein muss, wie es hier gefordert wurde. Eine Opposition muss abschätzen, was notwendig ist, und ich freue mich, dass wir in diesem Fall eine so breite Mehrheit finden, und dafür möchte ich mich bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Herr Abgeordneter Hornek zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.37.12

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Revita­lisierung des tschechisch-österreichischen Grenzgebietes durch verstärkte wirtschaft­liche und kulturelle Zusammenarbeit ist eine der Hauptforderungen vieler grenz­überschreitender Initiativen und Institutionen in den Grenzregionen.

Die Republik Österreich und die Tschechische Republik haben den Wunsch zum Ausdruck gebracht, den Übertritt über die gemeinsame Staatsgrenze im speziell für touristische Zwecke zu erleichtern. Mit diesem Grenzabkommen ist es vielen Menschen nach 60 Jahren erstmals möglich, auf direktem Wege ihren Nachbar­gemeinden in Tschechien einen Besuch abzustatten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine ganze Jugendzeit war geprägt davon, an der Außenseite des Eisernen Vorhanges zu leben. Über Jahrzehnte hinweg war es für mich unmöglich, den Geburts- und ehemaligen Wohnort meines Vaters auf tschechischem Boden zu besuchen, obwohl dieser nur einige hundert Meter von der österreichischen Staatsgrenze entfernt war.

Durch den Fall des Eisernen Vorhangs und die Wiedervereinigung Europas bot sich die Chance für die Bürger der Grenzregionen dies- und jenseits der Grenze, die Zukunft gemeinsam zu gestalten. Im Zuge von grenzüberschreitenden Impulszentren wurden viele gemeinsame Projekte erarbeitet. Eines möchte ich hier in diesem Zusammenhang besonders erwähnen: Es ist dies der Greenway Prag–Wien. Dies ist ein Radweg, der mittlerweile 10 000 Menschen fasziniert, der viele Kilometer entlang


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des ehemaligen Todesstreifens führt und somit ein Paradebeispiel dafür ist, dass aus ehemaligen militärischen Anlagen neue, zukunftsträchtige touristische Anlagen werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den neuen Grenzübergängen werden Radwege vernetzt, neue Reitwege geschaffen, grenzüberschreitende Langlaufloipen errichtet, Themenwege ermöglicht und somit der Tourismus in der Grenzregion attrak­tiver gestaltet.

Die Unterfertigung dieses wichtigen Vertrages wurde durch unsere Innenministerin Liese Prokop und ihren tschechischen Amtskollegen Mag. Bublan auf der Burg Raabs vorgenommen. Die Burg Raabs ist ein historisch bedeutsamer Ort. Zum einen finden im Nahbereich der Burg die deutsche und die mährische Thaya zueinander, zum anderen gibt die Burg Raabs Österreich in Tschechien ihren Namen: Rakúzko – die Österreicher; das bedeutet: das Land südlich der Burg Raabs.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Bewohner der Grenzregion ist das ein sehr bedeutsamer Vertrag. Heute haben wir im Zuge dieser Diskussion auch viele Themen diskutiert, die aus sicherheitstechnischer Sicht sehr bedeutsam sind. Umso mehr hat es mich verwundert, dass es im vorletzten Innenausschuss zu einer der­ar­tigen Vorgangsweise gekommen ist, Herr Kollege Parnigoni, wo du im Zuge deiner Vorsitzführung aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen eine Vorgangsweise gewählt hast, die diese Beschlussfassung am heutigen Tag gefährdet hat. Es war notwendig, am Dienstag, am Faschingsdienstag, eine weitere Innenausschuss-Sitzung zu machen, um hier nicht säumig zu werden und diese wichtigen Thematiken nicht zu gefährden. Ich hoffe, es war dies ein einmaliger Faschings-Schleuderkurs. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Parnigoni. 3 Minu­ten. – Bitte.

 


14.40.57

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Heute stehen nicht nur das Passgesetz, sondern zwei Verträge mit der Tschechischen Republik sowie eine Änderung des Meldegesetzes zur Debatte. Zum Passgesetz möchte ich anmerken, dass sich die Sozialdemokraten, im Gegensatz zu den Grünen, mit dieser Materie intensiv beschäftigt haben. Wir haben im Bereich des Daten­schutzrates alle unsere Bedenken eingebracht. Der Datenschutzrat hat daher auch entsprechende Empfehlungen abgegeben, und diese wurden auch in dieser Novelle vollinhaltlich umgesetzt.

Wir haben uns darüber hinaus in der Österreichischen Staatsdruckerei die Produktion dieser Pässe angesehen, haben also wirklich alle Informationen eingeholt, die not­wendig sind, haben uns diesen Hochsicherheitsbereich angesehen und sind daher der Überzeugung, dass der Vertrag mit der Europäischen Union umzusetzen ist. Wir werden daher zustimmen. Wir wollen keine Total-Opposition oder Frontal-Opposition wie die Grünen sein, sondern wir werden dort, wo es notwendig ist, natürlich sinnvolle Maßnahmen mittragen. – Das zum Ersten.

Meine Damen und Herren, zum Zweiten. Wenn Kollege Pilz von „Verbrüderung“ ge­sprochen hat, darf ich auf die Ausführungen meines Vorredners verweisen. Es ist nicht so, dass die Sozialdemokraten oder auch der Vorsitzende des Innenausschusses nicht die Möglichkeit nützt, alle geschäftsordnungsmäßigen Maßnahmen zu ergreifen, etwa wenn ein Regierungsmitglied in der Öffentlichkeit Äußerungen macht, die sich gegen die ExekutivbeamtInnen richten. Ich glaube daher, man kann mir sicherlich nicht


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unterstellen, dass ich in irgendeiner Weise jetzt schon irgendwelche Koalitions­vor­gaben leiste.

Ich denke auch, dass Abgeordnete, wenn es sich um wichtige Materien handelt, wenn es um wichtige Auseinandersetzungen geht, auch am Faschingsdienstag arbeiten sollen. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Wir mussten!) Herr Kollege Hornek, wenn Sie es anders halten, ist das Ihre Sache! – Wir sind jederzeit bereit, wichtige Gesetze auch am Faschingsdienstag zu besprechen und durchzusetzen.

Zum Dritten, meine Damen und Herren, halte ich fest, dass mir natürlich, so wie dem Kollegen Hornek; auch der Vertrag mit der Tschechischen Republik sehr wichtig ist, nämlich derjenige, wo es um die polizeiliche Zusammenarbeit geht, wo es ja schon eine Reihe von Verträgen mit anderen Staaten gibt. Es muss in der Folge auch noch mit Ungarn und Italien ein solcher Vertrag abgeschlossen werden, und es muss auf die Sprachbarriere, die ja auch im Ausschuss schon andiskutiert worden ist, Rücksicht genommen werden. Das heißt, dass das Ministerium, Frau Bundesministerin, auch den Beamtinnen und Beamten entsprechende Unterstützung beim Erlernen der Sprache mitgibt.

Auch den zweiten Vertrag, in dem es um Erleichterungen im touristischen Verkehr mit Tschechien geht, halte ich für sehr wichtig. Auch ich lebe, so wie der Kollege Hornek, unmittelbar an der tschechischen Grenze, auch ich bin geprägt von diesem Leben an einer ehemals toten Grenze, und ich bin daher sehr froh, wenn wir diesen Vertrag zustande bringen.

Die letzen fünf Jahre waren ja für die Grenzregionen keine besonders erfolgreichen Jahre, denn die Bundesregierung hat ja hier nicht sehr förderlich gewirkt. Wir hoffen aber, dass es mit diesem Vertag doch einen neuen Impuls gibt und die Grenzregionen davon partizipieren können. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Hornek und Schöls.)

14.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


14.45.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Lächerlichmachen von Personen und von gewissen Situationen durch Herrn Pilz gehört ja eigentlich schon zur Tagesordnung, das ist sozusagen seine Masche. Manchmal hat Herr Pilz Recht (demonstrativer Beifall der Abg. Mandak), würde ich sogar sagen, heute aber auf keinen Fall.

Wie schon dargelegt wurde, vollziehen wir mit dem Passgesetz eine EU-Verordnung. Wir sind verpflichtet, diese Verordnung umzusetzen; es bleibt uns gar nichts anderes übrig.

Warum Herr Pilz auch noch gefunden hat, er muss jetzt das Ganze lächerlich machen: Der Reisepass ist nicht fälschungssicher. Seinerzeit, als er eingeführt wurde, ist gesagt worden, das ist der neue EU-Reisepass, der ist fälschungssicher. Aber es hat sich halt im Laufe der Zeit herausgestellt, dass die Kriminellen wieder einmal Methoden gefunden haben, den Reisepass zu fälschen. Es wird ja immer attraktiver, im Besitz eines EU-Reisepasses zu sein, und deshalb werden die Kriminellen immer findiger werden, einen solchen Reisepass zu fälschen.

Wir sind eben im Zusammenhang mit der EU dieser Vorgabe nachgekommen. Jetzt möchte ich noch einmal für die Zuschauer sagen – es ist schon einmal angeklungen, ich möchte es nur noch einmal verdeutlichen –: Auf diesem Chip in dem neuen Reisepass ist genau das gespeichert, was jetzt schon im Reisepass drinnen steht.


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Das ist nichts Neues, nichts Aufregendes, sondern das sind die Geburtsdaten, die Größe und so weiter. Das heißt, es ist nichts Gefährliches in diesem neuen Reisepass drinnen. Es ist nur noch einmal festgehalten auf dem Chip.

Frau Stoisits hat gemeint: Was man in China, in den USA mit diesen Daten macht, die auf dem Chip gespeichert sind! – Na gar nichts kann man dort machen; weil der Reisepass in Österreich ist, in der Hand desjenigen, der eben den Reisepass besitzt, und in China und in den USA wird man mit unseren Daten nichts machen können. Also hören Sie doch endlich auf mit dieser Verunsicherung und diesem Angst-Erzeugen!

Wenn Sie von den Grünen der SPÖ vorwerfen, dass sie zustimmt, möchte ich sagen: Ausnahmsweise ist die SPÖ einmal zu einer vernünftigen Handhabe bereit (Abg. Parnigoni: Also bitte! Zu vernünftiger Handhabung immer!), weil sie weiß, dass die Gefahr gegeben ist, dass unsere Reisepässe gefälscht werden. Es ist ja ohnehin nicht sehr oft der Fall, dass sich die SPÖ zu dieser realistischen Linie durchringt, aber heute eben doch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Grünen bewegen sich völlig im Bereich des Irrealen, und die SPÖ findet doch zumindest hin und wieder den Weg zurück ins Reale. Von Seiten der Grünen – das ist ja wirklich interessant! – wird in jedem staatlichen Handeln bereits ein Übergriff und ein verbotener Zugriff auf Grundrechte gesehen. Ich weiß nicht, wie Sie zu diesen irrealen Vorstellungen kommen.

Im Volksmund sagt man: Der sieht G’spenster! – und so ähnlich scheint mir das bei Ihnen zu sein. Sie sehen in allem und jedem, dass ein Missbrauch mit Ihren Daten geschieht im Rahmen von Handlungen, die die Obrigkeit setzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe gelesen, als in Wien unter Metternich die allgemeine Straßenbeleuchtung eingeführt worden ist – es hat vorher keine Straßenbeleuchtung gegeben –, haben manche gesagt: Das ist nur deshalb, damit der Metternich uns besser ausspionieren kann! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Also das Positive ist nicht gesehen worden, sondern nur das Negative. – So ähnlich kommen Sie, Frau Stoisits, der Herr Pilz und die Grünen insgesamt mir vor. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich persönlich hätte auch nichts dagegen, wenn im jetzigen Reisepass auch schon der Fingerprint drinnen wäre, so wie es in vielen anderen Staaten schon der Fall ist. Wenn Sie in die USA reisen, müssen Sie dort Ihren Fingerprint abgeben, es wird Ihr Gesicht biometrisch vermessen. Keiner verzichtet deshalb auf einen USA-Aufenthalt.

Ich glaube, es ist wirklich besser, wir kontrollieren bei der Einreise ganz genau, als dass wir dann Leute bei uns haben, deren Einreise wir lieber verhindern möchten. Und deswegen stimmen wir auch heute hier zu. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.49.28

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich besonders, dass unter einer der Vorlagen, die heute hier zur Verhandlung stehen, der schon erwähnte Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über den Grenzübertritt auf touristischen Wegen zur Ver­handlung steht. Ich freue mich deswegen besonders, weil es, glaube ich, ein gutes Beispiel für eine relativ unauffällige Vorlage ist, ein Vertrag, der zu genehmigen ist,


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aber mit sehr großen Wirkungen für die betroffenen Regionen und für die Bevölkerung, vor allem aber für das beiderseitige Zusammenleben dieser beiden Länder.

Der Fall des Eisernen Vorhanges liegt ja bekanntlich schon mehr als 16 Jahre zurück – und: Auch bisher hat es schon viele Kontakte auf beiden Seiten der Grenze gegeben. In vielen Bereichen gibt es eine sehr positive und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Tschechien und Österreich. Dennoch wurde diese Zusammenarbeit, wurden diese Kontakte, auch die zwischenmenschlichen Kontakte, durch die geringe Zahl von Grenzübergängen bisher stark behindert. Daher ist es wichtig, dass mit diesem Vertrag nun die Möglichkeit geschaffen wird, durch Verordnung weitere Grenzübergänge – vor allem für touristische Zwecke – einzurichten, Grenzübergänge, die nicht ständig überwacht werden müssen, wobei aber so die Zusammenarbeit beiderseits der Grenze gefördert werden wird.

Ich freue mich darüber ganz besonders, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil man allein in meiner näheren Umgebung, im Bezirk Hollabrunn, mit bereits drei Projekten dringend auf eine Verwirklichung wartet, nämlich in Felling, in Mitterretzbach und in Seefeld-Kadolz.

Mit der Genehmigung dieses Staatsvertrages heute wird es möglich sein, noch vor der Sommersaison diese wichtigen Grenzübergänge einzurichten. Herzlichen Dank dafür an Frau Bundesministerin Prokop, vor allem auch an die Verhandler aus Ihrem Haus, für die konstruktiven Verhandlungen sowie dafür, dass wir diese wichtige Gesetzes­vorlage heute hier beschließen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

14.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. Er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte, Herr Kollege.

 


14.51.49

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren, lassen Sie mich eingangs Folgendes fest­stellen: Wenn eine Regierungsvorlage inhaltlich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegt, dann ist die SPÖ immer dabei. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn wir jedoch sehen, dass Sie gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger agieren, dann werden wir nie mit Ihnen stimmen! Das sei in aller Klarheit gesagt, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben ja heute hier einige Dinge seitens des Innenressorts vorliegen, und ich bin froh, dass Frau Bundesministerin Prokop dazu einiges klargestellt hat, denn selbst­verständlich sind Detailinformationen in Sachfragen von enormer Bedeutung. Hielte man das nicht für wichtig, könnte man ja den Eindruck gewinnen, dass man sich das nur rein oberflächlich ansieht. Und wenn wir uns etwas im Detail anschauen, Frau Minister, dann kommen wir meistens zu einem Ergebnis.

Zu dieser Vorlage: Auch da wird die SPÖ-Fraktion, und zwar im Interesse der Bür­gerinnen und Bürger, aber auch der Gemeinden zustimmen, weil damit etwas repariert wird, meine Damen und Herren. Ich darf nur daran erinnern, dass wir von der SPÖ in der Plenardebatte, aber auch im Ausschuss bei der Behandlung der Vorlage betreffend Meldegesetz immer wieder darauf hingewiesen haben, dass da eine Gesetzesmaterie vorliegt, mit der man einige Dinge erledigen sollte.

In diesem Zusammenhang darf ich beispielsweise nur erinnern an die – datenschutz­relevante – Frage der sonstigen Abfrageberechtigten nach dem Meldegesetz. Ich hoffe, dass das jetzt wirklich geklärt ist, Frau Minister. Jedenfalls werden wir dann


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sehen, welche Antworten wir dazu in den nächsten Tagen beziehungsweise Wochen bekommen werden.

Im Übrigen müssten da ja eigentlich alle Gemeindemandatare immer in einem Boot gesessen sein, denn stets gibt es mehr Arbeit für die Gemeinden. Daher auch bitte mehr Geld für die Gemeinden, denn die EDV-Einrichtungen beispielsweise hat uns keiner gezahlt – und geschenkt hat’s uns auch keiner. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir in den Gemeinden machen das für die Bürger, nur der Bund macht es sich schon einfach, lieber Herr Kollege. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schon seinerzeit – ich kann mich noch sehr gut daran erinnern – haben wir diese Fragen diskutiert, und wir von der SPÖ haben dabei aufgezeigt, dass wir in den Gemeinden jetzt den Bürgerinnen und Bürger nicht einmal mehr einen Meldezettel ausstellen können. Was tun unsere Leute in den Gemeinden? (Rufe bei der ÖVP: Bürgerservice!) – Das ist der Grund, warum wir gesagt haben: Egal, wie es passiert ist, wir sind großzügig, liebe Kolleginnen und Kollegen, und werden hier mitstimmen, damit unsere Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden wieder zu einem Meldezettel kommen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

14.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.54.31

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Präsident! Werte Kolleginnen! Herr Vorsitzender des Innenausschusses (in Richtung des Abg. Parnigoni), die Groß­zügigkeit der SPÖ heute am Aschermittwoch ist so einzigartig, daher möchte ich zum Passgesetz noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag  

der Abgeordneten Kößl, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten betreffend Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz geändert wird (1341 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten betreffend Bun­desgesetz, mit dem das Meldegesetz geändert wird (xxx d.B.) wird wie folgt geändert.

Z 1 lautet wie folgt:

„1. Dem § 23 wird folgender Abs. 9 angefügt.

,(9) Die Anlage A in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/XXXX tritt mit 1. Juli 2006 in Kraft.‘“

*****

Als Grenzreferent der Sicherheitsdirektion Oberösterreich möchte ich mir aber auch noch erlauben, auf etwas einzugehen, was heute hier noch nicht angesprochen wurde, nämlich das Polizeiabkommen mit Tschechien. Ich denke, diese polizeiliche Zusam­menarbeit mit den tschechischen Polizeikollegen ist gerade im Hinblick darauf, dass zehn EU-Beitrittsländer wahrscheinlich bald die Schengen-Reife erreichen werden, besonders wichtig. Und ganz besonders wichtig ist es auch, dass sich die Polizei­apparate, dass sich die Aufgaben der einzelnen Kollegen in den Grenzregionen durch Hospitation, durch gegenseitigen Informationsaustausch, durch gegenseitiges Kennen-


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lernen, durch gegenseitiges Kennenlernen des Dienstsystems sozusagen ineinander verschränken. Das wird durch dieses Polizeiabkommen, das wir heute beschließen werden, möglich werden.

Noch ein Wort in Richtung des Vorsitzenden des Innenausschusses, in Richtung des Kollegen Parnigoni: Die Unterbrechung damals war wirklich sinnlos, war sachlich unbegründet – und willkürliche Machtausübung deinerseits. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Daher gibt es sicherlich keine Verbrüderung mit der SPÖ; auch nicht im Innenausschuss mit dem Vorsitzenden. (Beifall bei der ÖVP.)

14.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Kapeller eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Kößl, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kolle­gen zum Meldegesetz ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Pfeffer. 3 Minuten, Frau Kollegin. Danach werde ich für die Behandlung der Dringlichen Anfrage diese Verhandlungen unterbrechen. – Bitte.

 


14.56.58

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe ehemalige Kolleginnen und Kollegen der Ele­mentar-Versicherung (in Richtung Besuchergalerie), herzlich willkommen hier im Parlament! (Besucher auf der Galerie winken der Rednerin zu.)

Obwohl heute schon des Öfteren darüber gesprochen wurde, darf ich wiederholen: Die Europäische Union hat mit der Verordnung des Rates vom 13. Dezember 2004 Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in den von den Mitglied­staaten ausgestellten Pässen aufgestellt. Mit einheitlichen Sicherheitsstandards soll ein erhöhter Schutz vor Passfälschungen erreicht werden. Diese Sicherheitsstandards sind aber noch nicht ganz den internationalen Anforderungen und Vorgaben angepasst. Das ist jetzt ein erster Schritt; die dazu notwendigen gesetzlichen Regelungen müssen noch ausgeweitet werden.

Ziel dabei ist es, die österreichische Rechtslage an die neuen europa-rechtlichen und internationalen Erfordernisse – sprich: effiziente Terrorbekämpfung und zur Unter­stützung im Kampf gegen die grenzüberschreitende, organisierte Kriminalität – anzu­passen, um dem Menschenhandel und der Schlepperei – wobei an erster Stelle, wie erwähnt, die Fälschungssicherheit von Pässen steht – einen Riegel vorzuschieben. Bis Herbst soll die Umsetzung hinsichtlich der neuen Pässe durchgeführt werden.

Meine Damen und Herren! Interessant war der Besuch der Fraktion des SPÖ-Innen­ausschusses in der Österreichischen Staatsdruckerei, so unter anderem im Hoch­sicherheitstrakt, wo zukünftig diese neuen Pässe hergestellt werden; natürlich konnten wir da nur durch ein Fenster schauen.

Vielleicht ist ein kleiner Nachteil bei der Ausstellung dieser Pässe die Wartezeit von fünf Tagen. Der Pass wird dann mittels RSB-Schreiben demjenigen zugesandt, der um die Ausstellung eines neuen Passes ansucht.

Meine Damen und Herren! Da uns die große Wichtigkeit und die Notwendigkeit dieser Gesetzesänderung bewusst sind, werden wir dem unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 6 bis 9 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung der Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.


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14.59.45 Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Elite-Universität Maria Gugging: ein Scherbenhaufen“ (4019/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 4019/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Die Entstehungsgeschichte des in den Anfängen als „Elite Universität“ bezeichneten Projektes (derzeit: „Austrian Institute of Advanced Science and Technology“/AIST) gleicht zunehmend einer Realsatire. Wie um von den wahren Problemen öster­reichi­scher Universitäten und unseres Bildungssystems abzulenken, plante Bundes­minis­terin Gehrer ein Prestigeprojekt, das internationale Beachtung finden sollte. Beschränkt auf zwei bis drei naturwissenschaftliche Disziplinen sollten von inter­nationalen Spitzen­forscherInnen Grundlagenforschung auf höchstem Niveau betrieben und begleitend Doktoratsstudien angeboten werden. Konzipiert war die nachbar­schaftliche Ansiedlung innovativer Firmen, um „Spin-Offs“ der Grundlagenforschung wirtschaftlich zu nutzen. Die Suche nach breitem Konsens mit der Wissenschaftsszene und den parlamen­tarischen Parteien war ebenso zugesagt, wie die völlige Unab­hängigkeit der dort tätigen ForscherInnen von den Geldgebern, was die Wahl ihrer Forschungsinhalte betrifft.

Die Vorstellung, Weltklasseforschung per Regierungsbeschluss auf die grüne Wiese zu stellen, zeugt von wenig Verständnis für die Forschung. Top-Institutionen wie das Massachusetts Institute of Technology (MIT) oder Harvard, Oxford oder Cambridge, die die Bundesregierung als Vorbilder anführt, basieren auf Jahrhunderte alten Tra­ditionen und gewachsenen Strukturen. Das kolportierte jährliche Budget der öster­reichischen Elite-Uni beträgt nicht einmal 100 Mio. Euro. Verglichen mit den anglo-amerikanischen Top-Institutionen ist dieser Betrag lächerlich gering. Das MIT etwa verfügt über ein jährliches Budget von 2 Mrd. US$ - das ist etwa soviel, wie alle 21 österreichischen Unis zusammen!

Zahlreiche ExpertInnen und international renommierte WissenschafterInnen kritisierten diese Konzeption als künstlich verordnete Wissenschaft auf der „Grünen Wiese“ und hätten gezielte Förderungen von Spitzeninstituten und Spitzenteams in Österreich vor­gezogen. Nachdem Ministerin Gehrer und Kanzler Schüssel im Alleingang eine falsche Standortentscheidung zugunsten von Maria Gugging getroffen haben, sind die wissenschaftlichen Proponenten des Projekts, die Professoren Anton Zeilinger, Arnold Schmidt und Peter Schuster, wegen der Dominanz der Politik bei der Standort­entscheidung zurückgetreten. Zwei Wochen nach deren Ausscheiden hat auch der Projektleiter und frühere langjährige Uni-Sektionschef Sigurd Höllinger die ministerielle Projektgruppe für die Elite-Uni verlassen. Auch er hat sich gegen die Standortwahl ausgesprochen. Gugging erfüllt nur eines der vier Kriterien (Erreichbarkeit, Möglichkeit zu Campusbildung und Firmenansiedlung, Finanzierungsangebote) der ministeriellen Projektgruppe – durch das finanzielle Angebot des Landes Niederösterreich.

Die Projektgruppe vertrat in ihrem Vorschlag zur Standortentscheidung vom 24.1.2006 wörtlich die Ansicht, dass „das Schließen von Kompromissen oder der Abtausch von


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Mängeln in einem Punkt durch eine mehr als ausreichende Erfüllung in einem anderen, [...] die Gefahr des Scheiterns enorm [erhöhen] [...] und die Neugründung nicht rechtfertigen [ließe].“

Die schlechte Erreichbarkeit bestehender wissenschaftlicher Einrichtungen vom Standort Gugging reduziert die Möglichkeit des wissenschaftlichen Austauschs und der interdisziplinären Kooperation insbesondere mit herausragenden universitären und außeruniversitären Einrichtungen in Wien. Außerdem gibt es in Gugging keine Möglichkeiten zur Errichtung von Spin-Offs und Industrieansiedlung in unmittelbarer Nähe.  (Im Standort-Bericht der Projektgruppe AIST vom 24.1.2006 heißt es wörtlich und unmissverständlich: „Für Maria Gugging spricht vor allem das finanziell großzügige Angebot des Landes Niederösterreich. Die Option, es trotz der Standortnachteile anzunehmen, erscheint eventuell günstig. Im Sinne eines AIST aber, das mit möglichst geringem Aufwand mit den lokalen Universitäten kooperieren können soll und Platz für Spin-Offs und Industrieansiedlung in unmittelbarer Nähe braucht, sollte man diese nicht wählen.“ Und einige Zeilen später: „Fehler, die man bei der Gründung von AIST vielleicht macht, sind sicherlich nur schwer korrigierbar. Ein Fehler bei der Wahl des Standortes ist so gut wie unkorrigierbar.“)

Losgelöst und isoliert von bestehenden universitären wie außeruniversitären For­schungszentren soll ein Exzellenzzentrum entstehen, von dem sich die Mehrheit österreichischer WissenschafterInnen öffentlich distanziert und dem auch viele Rek­toren kritisch gegenüber stehen.

Erschwerend kommt hinzu, dass Bundesministerin Gehrer entscheidende Fragen zur Errichtung der sogenannten Elite-Uni bis heute unbeantwortet ließ. In dem im Juni 2005 vorgelegten Endbericht der Projektgruppe „Austrian Institute of Advanced Science and Technology“ (AIST) werden zwar einige Eckpunkte einer „neuen Exzellenz-Universität in Österreich“ ausgearbeitet. Allerdings weiß bis dato niemand, wie sich der konzipierte Aufsichtsrat der geplanten Elite-Uni zusammensetzt, die Mitglieder des Gründungskomitees sind ebenso unbekannt und unbenannt wie jene des wissenschaftlichen Beirats. Dennoch will Landeshauptmann Pröll bereits im April „die Bagger auffahren“ lassen, obwohl niemand weiß, wer dort was forscht. Die Behauptung, die Arbeit könnte provisorisch schon im Herbst dieses Jahres beginnen, ist daher einigermaßen skurril.

Keine Elite ohne entsprechende Basis

Es ist zu befürchten, dass wertvolles Geld, das Österreichs Universitäten, ihr wissen­schaftlicher Nachwuchs und die Studierenden dringend benötigen würden, für ein fragwürdiges Renommierprojekt in den sprichwörtlichen Sand gesetzt wird. Die wesentlichsten Bildungsindikatoren der OECD weisen Österreich keinen ruhmreichen Platz zu:

Die frühe soziale Selektion bedingt bereits einen niedrigen Anteil von MaturantInnen: Im OECD-Ländermittel absolvieren 66 % eines Jahrgangs im typischen Abschlussalter die Matura (AHS + BHS), in Österreich lediglich 36 %.

Diese Selektion wird in Österreich durch unterdurchschnittlichen Übertritt der MaturantInnen  an die Universitäten noch verstärkt: Österreichs Hochschulzugangs­quote liegt bei 35 %, während im OECD-Ländermittel 53 % eines Maturajahrganges studieren. In der OECD studiert also jede(r) Zweite, in Österreich nur jede(r) Dritte eines Maturajahrgangs. Daraus resultiert eine im internationalen Vergleich niedrige AkademikerInnenquote: Mit 15 % liegt Österreich weit unter dem OECD-Schnitt von 24 %. In den USA, in Japan, Finnland, Schweden, Australien liegt die AkademikerIn­nen­quote über 30 %.


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Niedrige MaturantInnenquoten und unterdurchschnittliche Hochschulzugangsquoten verschlechtern Österreichs Bildungsposition (jetzt, im Zeitalter der sog. Wissens­basierten Ökonomien!) und legitimieren die Forderung nach höheren Studierenden­zahlen: Allein um den OECD-Schnitt der Übertrittquoten an die Universitäten zu erreichen bräuchten wir 100.000 Studierende mehr.

Österreich ist neben Frankreich jedoch das einzige Land, in dem es laut OECD im Jahr 2004 weniger Studierende gab als 1999. Österreich hatte mit 241.576 Studierenden im Wintersemester 2000/01 bereits vor Einführung der Studiengebühren weniger Stu­dierende als die meisten EU- und OECD-Staaten. Derzeit sind 211.000 Studierende an österreichischen Unis inskribiert. Statt jedoch Anreize für Studierwillige zu schaffen, wurden Gebühren und Zulassungsbeschränkungen eingeführt. Knappe Budgets führen zur Reduktion von Studienrichtungen, schlechten Betreuungsverhältnissen und scha­den der Qualität der Lehre.

Auch das Hochschulbudget in Österreich ist im internationalen Vergleich unterdurch­schnittlich. Daran ändert auch die von der Regierung versprochene sogenannte „Uni-Milliarde“ nichts. Die schwarz-blau-orange Bundesregierung hatte zwei Legislatur­perioden Zeit, um den seit dem Jahr 2000 unter ständiger Budgetnot leidenden Uni­versitäten ein auch international vergleichbares Uni-Budget zur Verfügung zu stellen, was jedoch bis zum bereits beschlossenen Budget für 2006 nicht geschehen ist.

Die Beruhigungsfloskel der Bundesregierung, die Gründung einer Elite-Universität werde den bestehenden 21 österreichischen Universitäten keine Ressourcen ent­ziehen, weil sie mit „frischem Geld“ erfolge, ist daher kein Trost. Österreichische Universitäten brauchen auch „frisches Geld“.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1. Wie tragen Sie folgender Feststellung der Projektgruppe „Austrian Institute of Advanced Science und Technology“ (AIST) Rechnung: „Das Schließen von Kom­promissen oder der Abtausch von Mängeln in einem (Standortbewertungs-) Punkt durch eine mehr als ausreichende Erfüllung in einem anderen, erhöhen die Gefahr des Scheiterns enorm ...“?

2. Wie haben Sie die vier Kriterien „Erreichbarkeit bestehender wissenschaftlicher Einrichtungen“, „Campusbildung“, „Spin-Offs und Firmenansiedelungen“, „Finanzie­rungs­angebote“ bei Ihrer Entscheidung gewichtet?

3. Weshalb spielte das Kriterium „Finanzierungsangebot“ bei der Standortentscheidung eine herausragende Rolle – trotz der eindeutigen Warnung der AIST-Projektgruppe, man möge die übrigen Standortnachteile deshalb nicht ignorieren?

4. Welche internationalen Institutionen (Universitäten/Institute) dienten Ihnen als Vorbild für Ihr Vorhaben?

5. Kennen Sie erfolgreiche Neugründungen von Exzellenzzentren, losgelöst von gewachsenen Strukturen und lokalen Forschungskompetenzen?

6. Sollen, wie LH Pröll bekannt gab, wirklich „Bagger auffahren“, bevor man weiß, wer in Gugging was zu forschen beabsichtigt?

7. Werden Sie die Kritik der AIST-Projektgruppe an der Standortentscheidung bei Ihrem weiteren Vorgehen berücksichtigen? Wenn nein, warum nicht?

8. Mit wem werden Sie nach Rücktritt der Projektgruppe das Projekt „Elite-Uni“ bzw. AIST fortsetzen?


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9. Werden Sie die Kritik österreichischer SpitzenforscherInnen im Ausland an der Standortentscheidung und mangelnder Vernetzung mit bestehenden Einrichtungen bei Ihrem weiteren Vorgehen berücksichtigen? Wenn nein, warum nicht?

10. Werden Sie die Anregung zahlreicher Rektoren, neues Geld besser in bestehende Spitzeneinrichtungen österreichischer Universitäten zu investieren, bei ihrem weiteren Vorgehen berücksichtigen? Wenn nein, warum nicht?

11. Wie soll die unkomplizierte, jederzeit mögliche direkte Kommunikation von Wis­senschafterInnen und PhD Studierenden in Gugging mit fachverwandten Gruppen in Wiener Spitzenzentren (Institut für Molekulare Pathologie/IMP, Vienna Bio Center) organisiert werden?

12. Gibt es bereits einen Gesetzentwurf zur Einrichtung des AIST? Wenn ja, warum wurde darüber kein Konsens mit der Wissenschaftsszene und der Opposition gesucht?

13. Weshalb wurde den Vorschlägen der AIST-Projektgruppe, einen breiten Konsens zur Errichtung von Exzellenz-Zentren mit der Wissenschaftsszene und allen politischen Parteien zu suchen, nicht Rechnung getragen?

14. Ist es wahr, dass Sie die AIST-Projektgruppe mit der Aussage „entweder Gugging oder gar nichts“ konfrontiert und zur Unterschrift „ermuntert“ haben?

15. Aus welchem Grund ist für Sie die Geschwindigkeit der Standortentscheidung wichtiger als ein breiter Konsens über Inhalt und Struktur eines neuen Zentrums für Spitzenforschung?

16. Warum haben Sie sich trotz warnender Stimmen über die Standortentscheidung aus der AIST-Projektgruppe so „einbetoniert“?

17. Falls Sie an Ihrem Projekt weiterhin festhalten, wann soll die Bestellung des Aufsichtsrates des AIST durch die Geldgeber erfolgen?

18. Wann wird das Gründungskomitee des AIST konstituiert?

19. Wann wird der/die provisorische VerwaltungsdirektorIn des AIST bestellt?

20. Wann wird der wissenschaftliche Beirat des AIST konstituiert?

21. Wann wird der/die PräsidentIn des AIST bestellt?

22. Wie garantieren Sie die strikte Unabhängigkeit der WissenschafterInnen und leitenden Organe an diesem Institut von Geldgebern und Sponsoren, insbesondere auch der Industriellenvereinigung?

23. Haben Sie alternative Projekte der Exzellenzförderung entwickelt?

24. Schlechte Betreuungsverhältnisse an Universitäten stellen keine geeignete Basis zur wissenschaftlichen Nachwuchsförderung und Exzellenz-Entwicklung dar. Welche Maßnahmen, Betreuungsverhältnisse zu verbessern und kontraproduktive Zulassungs­beschränkungen zu reduzieren, haben Sie gesetzt bzw werden Sie 2006 noch setzen?

25. Österreich hat eine AkademikerInnenquote, die weit unter dem Durchschnitt der OECD-Länder liegt. Warum haben Sie keine Maßnahmen getroffen, die Zahl der Studienplätze auf OECD-Niveau anzuheben und entsprechend zu finanzieren?

26. Während in Österreich nur 35 Prozent der SchülerInnen nach der Matura zu studieren beginnen, sind es in Finnland und Schweden über 70 Prozent. Wie soll die niedrige Anzahl von StudienanfängerInnen erhöht werden, wenn Sie gleichzeitig Uni-Zugangsbeschränkungen einführen?


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27. Verlangt der Zustand österreichischer Universitäten nicht genauso dringlich „frisches Geld“ wie ein von zahlreichen WissenschafterInnen als fragwürdig bezeich­netes Projekt politischer Selbstdarstellung (mit untauglichem Standort)?

28. Warum haben Sie keine Maßnahmen getroffen, das Finanzierungsniveau öster­reichischer Universitäten auf internationales Spitzenniveau (über 1,5 % am BIP) anzuheben? Oder hat sich der Finanzminister quergelegt, oder der Bundeskanzler ein Veto eingelegt?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs. 1 GOG verlangt.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Van der Bellen als erstem Fragesteller zur Begründung der Dringlichen Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Kollege Van der Bellen.

 


15.00.19

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war einmal ein Professor (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der wollte Vize­kanzler werden!), der wollte etwas Gutes tun – nicht für sich, sondern für nach­wachsende Generationen von jungen Wissenschaftlern, jungen Forschern. Das heißt, er wollte wenigstens einem Teil von ihnen – einem kleinen Teil von ihnen – die Mög­lichkeit geben, so zu arbeiten und zu forschen, wie es an einigen wenigen For­schungsstätten in der Welt möglich ist – hauptsächlich in den USA, in Kanada, in Israel und noch in einigen anderen Ländern.

Dieser Professor fand bald einige Kollegen an der Universität, die ähnlich motiviert waren und ähnlich gedacht haben, und sie haben eine Art Proponentenkomitee für ihre Ideen gegründet.

Dann begann alles schief zu gehen, ohne dass diese Universitätsmenschen das gleich merken konnten oder merken mussten – schließlich sind sie keine Politiker. Es begann schief zu gehen, als Bundesministerin Gehrer und Bundeskanzler Schüssel sich für die Ideen dieser Professoren zu interessieren begannen (Abg. Dr. Brinek: Das ist aber Ihre Variation!) – beziehungsweise glaubten das Professor Zeilinger und seine Kolle­gen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Deshalb hat er sich an Sie gewandt!)

Er ist ja kein Politiker und auch kein Fachmann des politischen Marketing, und vor allem denkt er in anderen Zeitdimensionen. Herr Kollege! Bevor Sie glauben, dass Professor Zeilinger ein guter Kumpel von mir ist, möchte ich Ihnen sagen: Ich kenne Herrn Professor Zeilinger gar nicht. Ich habe ihm vielleicht einmal bei einem Empfang die Hand geschüttelt. – Das ist es schon. (Abg. Dr. Mitterlehner: Wieso wissen Sie dann die Details?)

Solche Professoren denken in anderen Zeitdimensionen. Die Planung von Spitzen­forschung und die dafür notwendigen Institute und Institutionen auf weniger als zehn bis 15 Jahre anzulegen, das hat überhaupt keinen Sinn.

Spitzenforschung kostet außerdem Geld.

Drittens ist es für die Reputation der Forschung und der Forscher persönlich ent­scheidend, dass sie unabhängig sind – unabhängig von Interventionen von außen. Zeilinger selbst hat das in einigen Interviews und Gastkommentaren, wie zum Beispiel in der „Presse“ vom 4. Februar, sehr deutlich und klar ausgesprochen. Das Prinzip


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Nummer eins für solche Forschungsinstitutionen lautet – auf Englisch, weil es sich um ein internationales Papier handelt –: 

„Independence in organization, management, recruiting, finances; no influence whats­oever by politics, industries, sponsors on the decisions (...).“ – Unabhängigkeit von den finanzierenden Institutionen, sei es der Bund, das Land, die Industriellenvereinigung, wer auch immer, Unabhängigkeit in der Organisation solcher Institute, im Recruiting – das heißt im Finden des Personals – und so weiter, sonst funktioniert das nicht, sonst kann das nicht funktionieren.

Ein Politiker – namentlich ein ÖVP-Politiker – denkt hier ganz anders. Dem ist wichtig, welches Etikett wir für diese Institution finden und wie wir das gut politisch verkaufen können, zum Beispiel als Weltklasseuniversität, als Eliteuniversität, als Exzellenz­universität. – Das ist alles nicht erfunden, das waren alles die Beiworte, die Adjektiva des letzten Jahres und heuer. (Abg. Dr. Brinek: Warum unterstellen Sie ...?)

Was die Unabhängigkeit betrifft, so sichern „wir“ – ich spreche hier für die ÖVP – diese natürlich am Papier zu – selbstverständlich! –, aber im Ernstfall, wenn es darauf ankommt, gilt immer noch der gute österreichische Grundsatz: Wer zahlt, schafft an! – Das haben Sie mittlerweile hinlänglich bewiesen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Schon der Name dieser Institution, das Etikett, unter dem das zunächst verkauft werden konnte und teilweise bis heute läuft – „Eliteuniversität“ – war verheerend, meine Damen und Herren! (Abg. Großruck: Stimmen Sie zu, wenn wir es „Van-der-Bellen-Universität“ nennen?) Ich weiß nicht, ob die Professoren daran völlig unschuldig sind, jedenfalls sind sie keine Fachmänner des politischen Marketings, sondern der Physik, der Chemie, der Mathematik und so weiter.

Warum ist das verheerend? – Weil sich die bestehenden Universitäten und die Men­schen, die dort arbeiten, natürlich gedacht haben: Aha, dort die Eliteuniversität, dort arbeiten die Geistesgrößen, und wir, die „Deppen“, müssen schauen, wie wir weiter­kommen!

Das zweite Problem war, dass der Eindruck entstanden ist, diese Eliteuniversität bekommt das Geld, und die bestehenden Universitäten müssen schauen, wie sie mit den bestehenden Restriktionen zurechtkommen.

Es hätte also zumindest gleichzeitig mit der Idee dieses internationalen Forschungs­instituts den Universitäten ein glaubwürdiges, langfristig orientiertes Programm bezüg­lich der Finanzierung und des Ausbaus in der Lehre und in der Forschung zugesichert werden müssen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die schlechte Ironie bei dieser Sache war ja, dass Zeilingers Idee beziehungsweise die Ideen dieses Professorenteams nie auf eine Universität im traditionellen Sinn angelegt waren – das war nie der Fall! –, sondern für einen begrenzten Teil der Naturwissen­schaften – Physik, Mathematik, vor allem Chemie, Biologie, Computerwissenschaften – sollte ein Angebot an Lehre und Forschung entwickelt werden. In der Lehre sollte es kein Vollprogramm geben, sondern ausschließlich eines für Doktoranden, für PhD-Studenten.

Das ist ja keine Universität im landläufigen Sinn, sondern ein Forschungsinstitut – ein Spitzenforschungsinstitut, wenn es die entsprechenden Menschen anzieht und die entsprechenden Finanzmittel erhält.

Nach diesen Ideen sind viele Monate ins Land gegangen, und es haben Verhand­lungen zwischen Ministerium und dem betroffenen Komitee stattgefunden. Bis heute gibt es jedoch weder ein inhaltliches Konzept für diese Forschungsinstitution, noch ist


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klar, wie die bestehenden Universitäten an- und eingebunden werden. Es ist vor allem auch völlig unklar, wie die Unabhängigkeit dieser Institution garantiert wird.

Eines ist aber passiert: Die Standortfrage wurde angegangen. Die Standortfrage ist zwar wichtig, aber dass die Politik – in Gestalt von Ministerin Gehrer und Bundes­kanzler Schüssel – diese Frage vorgezogen hat, hätte unsere Wissenschaftsmenschen nervös machen müssen. Aber sie sind eben keine Politiker. Vielleicht waren sie ja nervös.

Die Standortfrage ist für einen typischen Politiker der ÖVP etwas ganz anderes als für einen Forscher. Da geht es um Fragen wie: Wann wird das Band durchschnitten? Wann kann ich ein Plakat aufstellen, dass hier Hunderte von Geistesmenschen arbeiten? Wann kann ich eine Rede bei der Eröffnung halten? Komme ich in die „ZiB 1“ und die „ZiB 2“? Und das alles vor der Nationalratswahl! – Das sind gute Kriterien für einen Politiker – für einen Forscher schaut das vollkommen anders aus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. Ruf bei der ÖVP: Die Grünen sind sehr medienscheu!)

Den Gutachtern, die dafür beschäftigt wurden, wurden auch klare Entscheidungs­kriterien vorgegeben. Sie wurden jedoch, so glaube ich, von Ministerin Gehrer und der ÖVP nicht verstanden.

Wenn beispielsweise von der Möglichkeit der Campusbildung die Rede ist, dann geht es nicht darum – jedenfalls nicht primär –, dass entsprechende Räume für die Lehre und die Forschung beziehungsweise entsprechende Zimmer und Wohnungen für die dort arbeitenden Menschen bereitgestellt werden müssen, sondern es geht um die Architektur des Ganzen, um die Kommunikationsmöglichkeiten. Es geht darum, ob dieser Standort für den wissenschaftlichen Austausch zu Fuß vor Ort geeignet ist, ob es leicht möglich ist, bestehende Universitäten zu erreichen et cetera.

Tatsache ist jedenfalls, dass sich unsere Professoren im Papier vom 24. Jänner ausdrücklich gegen Gugging ausgesprochen haben. Sie hätten es vielleicht noch deutlicher sagen müssen, damit es auch von Abgeordneten der ÖVP verstanden wird.

Ein Fehler bei der Wahl des Standortes ist so gut wie unkorrigierbar, heißt es zuletzt. Zuvor wird argumentiert, warum Maria Gugging eine solche Fehlentscheidung bei der Standortwahl ist.

Das Ergebnis war dementsprechend: Eine Woche später haben Ministerin Gehrer und Bundeskanzler Schüssel dekretiert: Na klar, Gugging wird’s. Das ist der Standort für diese Spitzenforschungsinstitution, die da geplant wird. (Abg. Dr. Fekter: Das ist der beste Standort!)

Der „Erfolg“ – unter Anführungszeichen – war dementsprechend (Abg. Dr. Fekter: Würden Sie nach Gugging gehen?): Postwendend haben die Professoren Anton Zeilinger, Arnold Schmidt und Peter Schuster das Komitee verlassen und ihre Koope­ration aufgekündigt, und sogar Sigurd Höllinger, der vom Ministerium für die Organi­sation des Ganzen zuständig war, hat das Komitee verlassen. Der Scherben­haufen seither – seit Anfang Februar dieses Jahres – ist komplett. So macht man keine internationale Forschungsinstitution! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Warum nicht? – Unsere Professoren haben spät, aber doch Folgendes erkannt: Die wichtigen Entscheidungen fällen im Ernstfall Bundeskanzler Schüssel, Ministerin Gehrer und Landeshauptmann Pröll. Die engagierten Wissenschaftler und Forscher dienen nur als Feigenblatt für solche Entscheidungen. (Abg. Dr. Stummvoll: Na geh bitte!)


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Da ist die Standortfrage nur die Spitze des Eisberges, Herr Kollege von der ÖVP! Es geht da nicht nur um den Standort: Wer heute beim Standort durch politische Entschei­dungen drüberfährt, der wird morgen bei Personalentscheidungen hineinpfuschen und drüberfahren, und übermorgen wird er sich in die Forschungsausrichtung dieses Instituts einmischen und entsprechend intervenieren. (Abg. Mag. Molterer: Wie der Schelm denkt, so spricht er! Haben Sie das vor?) Unter solchen Umständen ist ein Forschungsinstitut, das international orientiert ist, das internationale Standards für sich in Anspruch nimmt, undenkbar. – So wird das nichts, Herr Kollege Molterer, und so kann das nichts werden! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben die zentrale Bedingung nicht nur des Professors Zeilinger, sondern jedes engagierten Forschers in diesem Zusammenhang verletzt, nämlich die Unabhängigkeit von den Geldgebern. Wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist, dann können Sie sich diese Forschungsinstitution bis zur Nationalratswahl irgendwo hinschmieren. Das wird so keine international herzeigbare Institution. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben geradezu gezeigt – ich warte schon auf einen kleinen Artikel im „Economist“, mehr wird ihm das wahrscheinlich nicht wert sein –, how not to promote excellent research. (Abg. Mag. Molterer: Sie werden sich täuschen, Herr Van der Bellen! Sie liegen nicht richtig!)

Schauen Sie, wenn sich nur die Bundesregierung damit lächerlich machen würde, dann würde ich mich – wie soll ich sagen – freundlich lächelnd in meinem Lehnstuhl zurücklehnen. (Abg. Mag. Molterer: Sie haben einen Lehnstuhl?) Aber es ist ja nicht nur die österreichische Bundesregierung, die sich hier lächerlich macht. Österreich selbst ist von dieser Totgeburt genauso betroffen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage das und spreche das offen aus, wobei Professor Zeilinger nie die Worte gefunden hat, die ich hier verwende. – Das ist offensichtlich ein sehr höflicher Mensch. (Abg. Mag. Molterer: Der ist ein kluger Mann! Ein guter Mann! Abg. Großruck: Ein gescheiter Mann!) – Dass er ein sehr guter, kluger Mann ist, braucht er sich, glaube ich, von Ihnen nicht bestätigen zu lassen, Herr Kollege Molterer! Er spielt in einer anderen Kategorie als Sie oder ich. (Beifall bei den Grünen.) Wenn man diese Kritik aber offen ausspricht, dann ist das für so manchen ÖVP-Politiker offensichtlich eine Majestätsbeleidigung.

Landeshauptmann Pröll wurde im „Report“ und – ich glaube – auch in der „Presse­stunde“ in diesem Zusammenhang befragt, und die Worte, die er da gefunden hat, sind wirklich bemerkenswert. „Wankelmütiger Professor“, entnehme ich dem „Standard“ vom 9. Februar, sei noch die höflichste Formulierung gewesen, die Erwin Pröll im Gugging-Gezerre für Anton Zeilinger fand. Dann meinte er noch, zum Aufbau der Elite-Universität bräuchte es eben „umsetzungsfreudige, kompetente, verlässliche Menschen“, mit einem Wort – ich zitiere –:

„Zeillinger stempelte er damit zum inkompetenten, unzuverlässigen Verhinderer, des­sen Argumente gegen Gugging schimpfte er im ORF-‚Report‘ schlicht ‚Stumpf­sinn‘.“ (Nein-Rufe bei der ÖVP. Abg. Ellmauer: Ihre Interpretation! Abg. Dr. Brinek: Das ist eine eigenartige Interpretation!)

Das sind wörtliche Zitate! Was heißt hier „nein“? (Beifall bei den Grünen. Abg. Dr. Brinek: Nein, das habe ich nicht gehört!– Gut, besorgen wir uns das Protokoll, wenn das so ist!

Da soll ein widerspenstiger Wissenschafter einfach lächerlich gemacht werden, schreibt die Autorin in diesem Artikel. Was heißt hier widerspenstiger Wissenschafter? (Abg. Ellmauer: Das müssen Sie mit der Autorin besprechen!) – Er hat die Konse-


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quenzen daraus gezogen, dass die ÖVP-Politik ihm offensichtlich nicht das ermöglicht, was Ziel des Ganzen war.

Im Grunde genommen könnte man sich über diese ganze Sache eher lustig machen, wenn die Lage nicht so ernst wäre. Ein paar Anekdoten habe ich mir notiert, und die Zeit erlaubt es, sie zu bringen. – Heute bin ich ungewöhnlich schnell. (Ruf bei der ÖVP: Es gibt ja auch nichts zu erklären!)

Ein paar Anekdoten zum Ernst der Lage: Bundeskanzler Schüssel sagt zum Beispiel, so entnehme ich den Medien, man brauche vierzehn Minuten von der Stadt Wien nach Gugging. (Abg. Öllinger: Mit dem Flugzeug! Mit dem Hubschrauber!) – Es wurde getestet: Der schnellste Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauert eine Stunde, aber Landeshauptmann Pröll war der Meinung, es dauere nicht 14 Minuten, sondern 13 Minuten. Wahrscheinlich sind beide davon ausgegangen, dass Professor Zeilinger sie vom Ballhausplatz nach Gugging beamen kann. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Mit Tempo 160!)

Ein niederösterreichischer Lokalpolitiker sagt, selbst die berühmte Harvard-Universität liege abseits der großen Städte. – Vielleicht sollten wir ihm ein Flugticket nach Boston besorgen. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ. Abg. Broukal: Soweit man das halt in Niederösterreich weiß! Bis zu der U-Bahnstation!)

Im „Standard“ war ein Faksimile eines Gesetzentwurfes abgedruckt, den es ja angeblich gar nicht gibt. – Es gibt diesen Gesetzentwurf zum damals noch so unselig benannten Wittgenstein Institute of Technology nicht, Herr Molterer, aber er war dort abgedruckt. Bundesministerin Gehrer sagte, dazu befragt, das Papier sei nicht von ihr. – Also von uns war es auch nicht! Wir haben keinen Gesetzentwurf zum Wittgenstein Institute of Technology gemacht. (Abg. Dr. Stummvoll: Das glauben wir sofort! Abg. Mag. Molterer: Was haben Sie gegen Wittgenstein?)

Außerdem sagt sie, mit dem Namen Wittgenstein habe sie schon überhaupt nichts zu tun. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Das stimmt möglicherweise, denn angeblich war es die Idee von Bundeskanzler Schüssel, einen anerkannten Philo­sophen zum Schirmherren eines Physik- und Chemieinstitutes zu machen.

Habe ich noch etwas übersehen? – Ja, das ist auch gut: Landeshauptmann Pröll sagte, im September 2006 – das ist heuer, meine Damen und Herren! – werden die ersten Büros funktionstüchtig sein.

So habe ich mir eine Elite-Universität oder ein internationales Forschungsinstitut immer schon vorgestellt: dass dort die ersten Büros funktionstüchtig sind, in der Landes­nervenheilanstalt Gugging. (Abg. Dr. Brinek: Ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit! Ruf bei der ÖVP: Das ist billig!) – Billig ist das, ja. (Abg. Murauer: Wenn die Grünen ohne Büro ...!) Es ist nur die Frage, was Sie als billig bezeichnen: Wollen Sie Gugging renovieren, oder wollen Sie ein internationales Forschungsinstitut machen? – Das ist die Frage! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass es bald die ersten funktionstüchtigen Büros geben kann, das glaube ich schon. Da steht ein Schreibtisch drinnen und ein Telefon, und die Fenster sind hoffentlich dicht. Aber das ist ja nur die Karikatur eines internationalen Forschungsinstituts! Wo werden Sie denn, wenn der Ruf jetzt erst ruiniert ist, diese internationalen Forscher hernehmen? Haben Sie die Vorstellung, dass die ohnehin arbeitslos auf der Straße herumvegetieren und dadurch problemlos einstellbar sind? Was soll denn das? Ist das nicht ein interessantes, ernsthaftes Projekt, und Sie verludern das auf diese Art? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Konsequenz aus diesem Debakel kann meines Erachtens nur heißen: Zurück an den Start! Gönnen wir uns eine neue Denkpause,


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und die kann nicht eine Woche dauern, die muss Monate dauern. (Abg. Murauer: Wir sind ja nicht bei den Grünen!) Schauen wir, wie wir trotz dieses Debakels aus dem Schlamassel herauskommen. Weg mit der Hast, unbedingt vor der Nationalratswahl ein Gesetz beschließen zu wollen, damit irgendein Bundes- oder niederöster­reichi­scher Politiker ein Band durchschneiden kann.

Das Gute an dieser Diskussion ist immerhin: Es hat nicht nur – wie soll ich sagen – kabaretthafte Äußerungen gegeben. Es ist auch eine sinnvolle Diskussion über die Frage in Gang gekommen, wie man in Österreich wenigstens in dem Bereich der Natur­wissenschaften ein ernst zu nehmendes, international konkurrenzfähiges For­schungsinstitut kreiert. – Man muss schon sagen „kreiert“, denn das ist eine kreative Sache, nicht nur eine Sache von Gesetzesparagraphen.

Barry Dickson zum Beispiel, der neue Leiter des Forschungsinstituts für Molekulare Pathologie in Wien, hat heute im „Standard“ einen sehr interessanten Kommentar geschrieben, wie man aus dem Schlamassel herauskommt – einerseits die Vorschläge von Zeilinger, Schmidt, Schuster und so weiter aufgreifend, was diese internationale Institution betrifft, aber andererseits auch durch bestimmte Maßnahmen gewähr­leistend, dass diese Nachwuchswissenschafter tatsächlich an österreichische Univer­sitäten angebunden und eingebunden werden, dorthin wechseln können, sodass für beide Institutionen – sozusagen die außeruniversitäre Forschungslandschaft einerseits und die bestehenden Universitäten andererseits – das Beste herausgeholt werden kann.

Das finde ich wirklich interessant, aber auf die Art, wie Sie es bisher betrieben haben, meine Damen und Herren von der ÖVP, wird das nie etwas – nicht 2006 und auch nicht später! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Mag. Molterer: Vielleicht liegen Sie da aber sehr falsch!)

15.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


15.19.26

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich zuerst bei der Grünen Oppositionspartei bedanken, dass es heute Gelegenheit gibt, über dieses Institute of Science and Tech­nology in Austria zu diskutieren.

Ich hoffe sehr, dass diese Diskussion eine eingehende, eine fachliche Diskussion wird, die auf der Entwicklung beruht, die es bisher gegeben hat.

Ich möchte daher als Erstes die Entwicklung darstellen, wie sie in den letzten Monaten vor sich gegangen ist. Ich beantworte damit auch die Fragen 1, 2, 3, 7, 14, 15 und 16.

Meine Damen und Herren! Herr Professor Zeilinger hat am 29. Oktober 2003 gefordert, dass in Österreich eine University of Excellence eingerichtet wird; das wurde über­setzt mit „Elite-Universität“ (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek) – dem hat niemand widersprochen, auch nicht die Professoren, die es eingebracht haben. Diese University of Excellence wurde dann in verschiedenen Gremien beraten. Es wurden verschiedene Workshops gemacht. Von der Industriellenvereinigung wurde diese Einrichtung einer University of Excellence ausdrücklich begrüßt und die Unterstützung zugesagt.

Da möchte ich jetzt gleich etwas entkräften, Herr Professor Van der Bellen, was Sie in Ihren Ausführungen erwähnt haben. Sie haben von Hast, von Eile gesprochen. Ich stelle nachdrücklich fest: Herr Professor Zeilinger hat am 28. September 2004 bei einem Workshop der Industriellenvereinigung gesagt: Was ich nicht will, ist eine wei-


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tere Machbarkeitsstudie, et cetera. Wenn das nicht binnen eines Jahres entschieden ist, dann nehme ich das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, das war die Vorgabe, die die Herren Professoren gemacht haben: Wenn eine derartige Entscheidung fällt, muss sie schnell fallen.

Herr Professor Zeilinger ist von sich aus an den Herrn Bundeskanzler, an den Herrn Finanzminister herangetreten. Herr Professor Zeilinger hat diese Idee sehr intensiv vorgetragen und hat viele Leute von der Idee begeistert, dass diese University of Excellence gegründet werden soll – wobei sich dann ziemlich schnell die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es besser ist, zu sagen, dass ein Institute of Excellence gegründet werden soll –, dass das etwas ganz Wichtiges ist. Etwas Wichtiges in einer Zeit, in der die Europäische Union gemeinsam die Lissabon-Ziele erreichen möchte, in der sie wettbewerbsfähiger sein möchte, in der wir in die Wissensgesellschaft ein­treten, in der die Europäische Union daran denkt, ein European Institute of Technology als Hochleistungsforschungsinstitut zu gründen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Grüne­wald.)

Meine Damen und Herren! Österreich hat in den letzten Jahren gerade im Bereich der Forschung so viele Anstrengungen unternommen – die Forschungsquote wurde angehoben, viel mehr Gelder wurden zur Verfügung gestellt –, dass es wirklich ein wichtiger Schritt ist, bei dieser Einrichtung eines Spitzenforschungsinstitutes mit dabei zu sein. Wir haben in den letzten Jahren zahlreiche Spitzenforschungsinstitute gegründet und wir erhalten diese auch.

Wie ist es dann weitergegangen? – Es wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet – Herr Professor Zeilinger hat das befürwortet –, es wurden internationale und nationale Experten zusammengerufen. Und im Jänner 2005 hat diese Arbeitsgruppe die Arbeit aufgenommen. Der Vorschlag der Arbeitsgruppe – überhaupt nicht mein Vorschlag! – war es, zuerst die Standortfrage zu entscheiden, die finanziellen Aspekte zu klären und dann in die Inhalte, ins Gesetz, in die weitere Umsetzung zu gehen.

Meine Damen und Herren! Es war auch die Aussage der Wissenschafter, die übrigens sehr praktisch veranlagt sind, Herr Professor Van der Bellen, da kann ich Sie beruhigen – wenn ich nämlich den Umkehrschluss aus Ihren Aussagen ziehe, dann müsste ich sagen, die Wissenschafter sind weltfremde Theoretiker, weil Sie immer sagen, es sind ja nur Wissenschafter, nur Professoren; die sind sehr praktisch veran­lagt und wissen sehr genau, was ein Institute of Excellence braucht, nämlich einen Campus und Geld –, dass sie eine objektive Entscheidung für einen Campus herbeiführen wollen, dass sie wollen, dass die Bundesländer in einen Wettbewerb eintreten und verschiedene Standorte anbieten. Das war die Idee dieser Arbeits­gruppen. Weiters wollten sie, dass die Politik für das notwendige Geld sorgt.

Also zwei Aufgaben hat die Politik von den Wissenschaftern erhalten: erstens die objektive Campus-Entscheidung dann auch umzusetzen und zweitens das notwendige Geld herbeizuschaffen.

Es gab in der Folge viele Planungssitzungen, viele Besprechungen. Die Arbeitsgruppe hat an mich herangetragen, dass man doch objektive Untersuchungen über die Standorte, die Standortangebote machen müsste. Das CHE wurde eingeladen, die Firma McKinsey sollte den Gesamtbericht erstellen.

Diese Wissenschafter-Arbeitsgruppe, das so genannte Kernteam mit Professor Zeilin­ger an der Spitze, hat auch einen genauen Zeitplan erstellt, einen Zeitplan, nach dem im Dezember 2005 die Standortentscheidung gefällt (Abg. Dr. Grünewald: Die richtige!) – das stammt nicht von mir! – und daraufhin im Jänner die Gesetzesvorlage in den Nationalrat eingebracht und dann das Gesetz beschlossen werden soll. Sie hat


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auch gesagt, dass die Politik in der Zwischenzeit auch noch für die finanziellen Mittel zu sorgen hat.

Das hat sich dann interessanterweise gezogen und verlängert, irgendwie wollte niemand mit diesen Gutachten, die schließlich ich bezahlt habe, denn ich habe ja laut Aussage der Wissenschafter für das Geld zu sorgen ... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die Steuerzahler!) – Ja, aber ich habe zu erreichen, dass das vom Steuer­zahler bereitgestellt wird, meine Damen und Herren, von selbst kommt nichts! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Wir haben dann etliche intensive Besprechungen gehabt, und bei diesen intensiven Besprechungen haben die Professoren gesagt, man müsse noch Nachbesserungen einholen, Nachbesserungen von Wien, es sei noch nicht alles klar, man müsse dieses und jenes. – Das ist immer so weitergegangen. Irgendwann habe ich dann gesagt: Ihr Zeitplan läuft ja völlig aus dem Ruder!

Ich habe dann am Sonntag, 29. Jänner, zu einer Besprechung eingeladen – Herr Professor Zeilinger, Herr Professor Schuster, Herr Professor Schmidt, Vertreter der Industriellenvereinigung und ich waren dabei. Wir haben ernsthaft diskutiert, und ich habe immer gefragt: Was ist das Ergebnis der objektiven Beurteilung durch die Firma McKinsey? McKinsey hat ja das Gutachten vom CHE und das Gutachten des Raumplanungsinstitutes zusammengeführt.

Meine Damen und Herren! Schlussendlich habe ich dieses Blatt (die Rednerin zeigt es) nach langem Hin und Her bekommen, und die Kerngruppe hat mir dann erklärt: Wir haben vier Kriterien aufgestellt, und zwar: Kriterium wissenschaftsbezogenes Profil, Kriterium generelles Standortprofil, Kriterium Immobilienangebot und Kriterium Finan­zierungsangebot. Und trotz aller Nachbesserungen, die man ständig eingeholt hat, geht aus diesem Blatt eindeutig hervor, dass Klosterneuburg das beste Angebot macht, sowohl was den Campus betrifft, als auch was die Möglichkeiten betrifft, rasch anzufangen, was die Finanzierung betrifft und was auch die Möglichkeiten betrifft, spätere Ausbaupläne zu verwirklichen.

Meine Damen und Herren! Von den Professoren wurde dann ein Ergebnis unter­schrieben – es hätte jeder gehen können. Bei mir sind alle Türen offen, da kann jeder hinausgehen, es kann aber auch jeder, der wieder mitmachen möchte, hereinkommen, wenn er will. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Es wurde damals einvernehmlich unterschrieben: „Die Beratungen haben sich mit den zuletzt vorliegenden erstgereihten Angeboten, nämlich jenem der Stadt Wien/Aspern und Klosterneuburg/Niederösterreich, befasst. Nach intensiven Beratungen und einem intensiven Austausch aller Argumente unterstützt die Wissenschaftsgruppe des Kernteams mehrheitlich den Standort Klosterneuburg, obwohl in einer mehr als 10-jährigen Entwicklungsperspektive der Standort Aspern eine breitere Entwicklungs­möglichkeit bieten könnte.“ – Also wenn man mehr als zehn Jahre hinaus denkt. Das war die Meinung.

Weiter heißt es: „Auf Grund des finanziellen Beitrags Niederösterreichs, der auf 10-jährige Sicht das Projekt Aspern um mehr als 40 Mio. € übertrifft, der Möglichkeit einer rascheren Verfügbarkeit und der aus heutiger Sicht etwa gleichwertigen Expansions­möglichkeit hat sich die Mehrheit der Sitzungsteilnehmer bei voller Unterstützung dieses Projekts“ – ich wiederhole: „bei voller Unterstützung dieses Projektes“! – „... für den Standort Niederösterreich ausgesprochen.

Als unbedingte Voraussetzung wird angesehen, dass die Verkehrsanbindung – die heute als Nachteil angesehen wird – zwischen dem vorgeschlagenen Standort der Einrichtung und Wien wesentlich verbessert wird.“ – Unterschrieben von Professor


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Arnold Schmidt, der dagegen gestimmt hat; unterschrieben von Professor Zeilinger, der dafür gestimmt hat; unterschrieben von Professor Schuster, der dafür gestimmt hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, es wurde niemand gedrängt! Das Einzige, was mir wirklich wichtig war, war, dass wir eine objektive Entscheidung fällen. Und wenn die objektive Entscheidung für Wien ausgegangen wäre, dann wäre die objektive Entscheidung für Wien ausgefallen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Cap.) Und wenn sie für Graz ge­we­sen wäre, wäre sie für Graz gewesen. Das ist das, was ich vom Kernteam, vom Professorenteam verlangt habe: eine objektive Entscheidung. Deshalb habe ich auch 220 000 € für diese Untersuchungen ausgegeben, um eine objektive Entscheidungs­grundlage zu erhalten. Das heißt, das Kernteam hat den Auftrag gegeben, das ist die objektive Entscheidungsgrundlage, auf Grund derer entschieden wurde.

Meine Damen und Herren! Ich meine, dass wir gerade in einer solch wichtigen Ange­legenheit – Sie alle haben Recht, wenn Sie sagen, dass das eine wichtige Angele­genheit ist – nicht im Zickzackkurs laufen können, wie das von Ihnen sonst manchmal gerne gemacht wird. Wir sollten geradlinig vorgehen und auf Grund der Entscheidungs­grundlagen, die wir haben, auch geradlinige Entscheidungen fällen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist geschehen, wir haben auf Basis dieser objektiven Entscheidung, auf Basis dieser Vereinbarung unsere Entscheidung über den Standort gefällt.

Meine Damen und Herren! Zu den Fragen 4 und 5: „Welche internationalen Institutionen ... dienten Ihnen als Vorbild ...?“ – Darauf antworte ich mit Professor Zeilinger, mit dem, was in seinem Papier steht:

Das Scripps Research Institute in San Diego, das Weizmann-Institut in Israel, das ich mir selbst angeschaut habe, das Salk Institute for Biological Studies in Kalifornien, das Basel Institut für Immunologie. All das sind Institute, die losgelöst von bereits beste­henden Strukturen gegründet wurden. – Damit habe ich die Fragen 4 und 5 auch beantwortet.

Zur Frage 6: Wenn Herr Landeshauptmann Pröll sagt, dass bald Bagger auffahren werden, dann wird wahrscheinlich gemeint sein, dass Wohnungen adaptiert werden, dass Studentenwohnungen vorgesehen werden und dass es Planungsmöglichkeiten, dass es Vernetzungsmöglichkeiten geben muss für die Planungsarbeit, für die Errich­tungsarbeit. Und das wird zur Verfügung gestellt.

Meine Damen und Herren! Ich stimme diesbezüglich vollkommen mit Herrn Professor Zeilinger und seinem Papier überein: Es wird zwei Jahre dauern, bis die erste Wissenschaftler-Gruppe dort arbeitet, denn wir müssen sie gewinnen, wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen. Wir wollen heute anfangen, damit wir in zwei Jahren die ersten jungen Wissenschaftler dort haben – und nicht in einem Jahr, wodurch sich dann alles noch weiter hinausziehen würde.

Professor Zeilinger schreibt in seinem Papier auch, dass wir einen Vollausbau nach etwa zehn Jahren haben werden. Dem stimme ich vollkommen zu, und so ist das ganze Projekt auch angelegt.

Nun fasse ich die Fragen 8, 9, 10, 12 und 13 zusammen, das sind Fragen zur weite­ren Vorgangsweise, Sie fragen, was weiter gemacht wird. – Ich stelle fest, dass wir, genau so, wie es das Kernteam vorgesehen hat, am Gesetzentwurf arbeiten. Ich glaube, dass heute dazu auch ein Initiativantrag eingebracht wird – nach den Vor­stellungen des Kernteams. (Abg. Dr. Van der Bellen: Wo ist das Kernteam?) Die Eigenständigkeit, die Unabhängigkeit, die Selbstverwaltung, all diese Fragen sind im


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Gesetzentwurf von Professor Zeilinger enthalten. Die haben einen Gesetzentwurf ausgearbeitet.

Ich sage Ihnen Folgendes: Das Kernteam hat seinen Auftrag erfüllt, hat seine Auf­gaben abgeliefert, auch Herr Sektionschef Höllinger. Herr Sektionschef Höllinger arbeitet weiter, er ist in Pension, er hat einen Auftrag, etwas weiter zu machen, weil er es gerne macht, er hat seine Aufgabe abgeliefert.

Und wenn Sie mich fragen, von wem der Gesetzentwurf war, der da veröffentlicht wurde (Zwischenruf der Abg. Sburny): Er war von Herrn Sektionschef Höllinger ausgearbeitet. Wie er in die Presse gekommen ist, weiß ich nicht. – Von mir war er nicht!

Jedenfalls darf ich dazu Folgendes feststellen: Wir arbeiten ganz zielorientiert weiter. Der Gesetzentwurf wird, soviel ich weiß, heute als Initiativantrag eingebracht.

Das Zweite ist, wir haben die Artikel-15a-Vereinbarung mit dem Land Niederösterreich intensivst verhandelt. Im Entwurf des Kernteams steht, dass wir in zehn Jahren etwa 400 Millionen € brauchen werden für den Betrieb und all das. – Ich werde Ihnen dazu Folgendes sagen: Wir haben bisher so gut verhandelt, dass wir diese Summe des Kernteams sogar übertreffen werden.

Wir erfüllen also alle Voraussetzungen, die Professor Zeilinger mit seinem Team in seinen Unterlagen formuliert hat. Ich glaube, das ist ein guter Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, zu den Fragen 11, 17, 18, 19, 20, 21 und 22:

Ich bitte Sie um Verständnis dafür, aber dazu muss ich sagen: Diese Fragen sind erst zu beantworten, wenn das Gesetz beschlossen ist und die Umsetzung gemacht wird.

In der Gesetzesvorlage ist enthalten, wie dieses Institute of Science and Technology funktionieren soll, es ist die Unabhängigkeit festgeschrieben. In der Artikel-15a-Vereinbarung wird die Finanzierung festgeschrieben. Ich meine, dass wir damit eine sehr, sehr gute Basis haben, wie wir dieses Institute of Excellence auch wirklich umsetzen können.

In der Frage 23 fragen Sie, ob es weitere Exzellenzmaßnahmen gibt. – Wer die For­schungslandschaft in den letzten Jahren wirklich beobachtet hat, hat gesehen, wie die österreichische Bundesregierung in Exzellenz investiert.

Ich erinnere an IMBA, das Institut für Molekulare Biotechnologie. (Abg. Dr. Grünewald: Vor Ihrer Zeit!) Ich erinnere an das Institut für Quantenoptik. Ich erinnere an CeMM, das Zentrum für Molekulare Medizin. (Abg. Broukal: Das war Minister Einem, wenn ich mich richtig erinnere, nicht Sie!) Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung bereitet ein Exzellenzprogramm für Universitäten vor. Ich erinnere an RICAM, ein Exzellenzinstitut für Mathematik. Selbstverständlich gibt es da sehr viele Möglichkeiten.

Diese bestehenden Institute werden bestens unterstützt, sie haben noch nie so viel Förderung bekommen wie in den letzten Jahren, sie wurden noch nie so ausgebaut wie in den letzten Jahren.

Meine Damen und Herren! Ich komme zu den Fragen 24, 25, 26, 27 und 28, da fragen Sie hauptsächlich nach der Entwicklung der Universitäten und der Akademiker-Quote: Ich möchte wiederholen: Die Akademiker-Quote hat sich von 1995 bis 2003 von 8 auf 15 Prozent erhöht. Aber mit der Akademiker-Quote werden nicht die Abgänger der Universität, sondern die Akademiker, die im Arbeitsprozess in Österreich tätig sind, erfasst. (Abg. Dr. Grünewald: Wissen wir!)


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Das Zweite: Die Universitäten erhalten gesicherte Mittel, Herr Professor Van der Bellen. Ich würde Sie wirklich bitten, das zu akzeptieren. Die Universitäten erhalten für die Jahre 2007, 2008 und 2009 eine Erhöhung ihres Globalbudgets um 525 Mil­lionen €. Anscheinend weiß überhaupt niemand mehr, wie viel Geld das eigentlich ist. (Abg. Broukal: Das ist aber falsch! Es sind 170 Millionen pro Jahr!)

Sie haben 100 Millionen € als Sofortmaßnahme verlangt – wir stellen 525 Millionen € zur Verfügung, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), und 500 Millionen € für den Ausbau der Universitäten. Wir haben das schriftlich vereinbart! Wir haben auch erreicht, dass es keine Bindung bei diesen Geldern gibt.

Ich meine, die Universitäten sind im Budget sehr gut ausgestattet worden.

Wir werden auch für den FWF mehr Mittel zur Verfügung stellen, damit der freie Wett­bewerb zwischen dem zukünftigen Institute of Science and Technology und den Universitäten gewährleistet ist. Wir haben steigende Studierendenzahlen, steigende Anfängerzahlen, wir haben steigende Absolventenzahlen. Meine Damen und Herren! Die Universitäten entwickeln sich bestens.

Ich möchte zusammenfassend Folgendes feststellen: Österreich ist auf dem Weg der Exzellenzförderung, ist im Bereich der Forschung ganz enorm weit gekommen. Wir haben die Forschungsquote, das Geld, das wir ausgeben, anteilig am BIP, von 1,88 Prozent auf 2,35 Prozent erhöht. Wir haben da einen enormen Schritt gemacht.

Wir haben junge Forscher und Forscherinnen, wir haben gut ausgebildete Wissen­schafter und Wissenschafterinnen. Und mit diesem Institute of Science and Tech­nology, das einen sehr guten Campus, ein sehr gutes Gesetz und eine sehr gute finanzielle Ausstattung haben wird, geben wir vielen jungen Nachwuchsforschern und Nachwuchsforscherinnen die Chance, in einem tollen Institut zu arbeiten, zu forschen, mit tollen Wissenschaftlern zusammenzuarbeiten. (Abg. Sburny: Mit welchen?)

Ich habe zum Schluss eine Bitte: Ich bitte Sie, unterstützen Sie diese Bestrebungen zur Exzellenz in Österreich! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Bravorufe bei der ÖVP.)

15.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zu.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 10 Minuten Wunsch- und gesetzliche Redezeit. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


15.39.25

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Frau Bundesministerin Gehrer, Sie machen jetzt etwas in meinen Augen sehr Gefährliches: Zeilinger ist Univer­sitätsprofessor, Proponent der Idee, Idealist – und Sie sind die verantwortliche Minis­terin. (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!) Das ist ein großer Unterschied. Vielleicht ist es für Zeilinger gut, nicht Politiker zu sein, denn er darf öffentlich sagen, er habe sich in der Politik geirrt, er wurde getäuscht, er habe sich das anders vorgestellt. Sie dürfen das anscheinend nicht sagen. Da fängt das ganze Problem an. (Abg. Dr. Brinek: Das hat er nie gesagt, dass er getäuscht wurde!)

Um es einmal ganz klar zu sagen: „Elite“ ist kein altrevolutionärer Kampfbegriff, aber es ist auch kein moralischer Begriff. Es gibt auch Eliten der Macht, Eliten von Geburt –


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das meint der Adel, er sei es – und viele andere. Diese haben mit Gut und Böse etwas zu tun, aber dürfen nicht moralisch bewertet werden.

Reden wir doch lieber von Exzellenz und herausragenden Leistungen, da kommt nicht das Kuddelmuddel heraus, das durch ideologische Überfrachtung teilweise entsteht. Aber Exzellenz, Talente und herausragende Leistungen, Frau Ministerin, das wissen Sie – Sie waren ja auf einer Pädagogischen Akademie oder damals dem so genannten MuPäd oder LBA sogar –, die fallen nicht vom Himmel, die werden nicht in die Wiege gelegt, die gehören gefördert.

Und da ist der zweite große Denkfehler: Exzellenz fällt nicht wie eine Sternschnuppe vom Himmel, und ich kann auch nicht sagen, Pröll steht vor sternenklarem schwarzem Nachthimmel, eine Sternschnuppe kommt, und da darf er sich etwas wünschen. Ich wünsche mir eine Eliteuni. Und die Sternschnuppe verglimmt.

Und was ist da? – Drei Proponenten, die alle begründet ausgeschieden sind. Das registrieren Sie nicht. Sie sagen, sie hätten das gesagt. Sie haben an etwas geglaubt und haben sich getäuscht.

Sternschnuppen allein machen keine Exzellenz. Die Standortfrage – unser jetziges Thema – ist eine wichtige Frage. Die zweite Frage ist: Brauchen wir ein Institut für Exzellenz – ja oder nein –, oder gibt es andere Prioritäten? Ich frage, welche Priorität kommt zuerst? Ich komme schon zum Standort. Was sind die Prioritäten öster­reichischer Forschungspolitik? Und wenn wir uns darauf einigen können, dass dies die Chance auf Spitzenleistungen, die Chance darauf, Talente wirklich sozusagen in internationale Konkurrenzfähigkeit zu bringen, die sie auch an vorderster Front stehen lassen, ist, dann sagen doch die meisten, dass eine breite, fundierte und qualitativ hoch stehende Ausbildung die ideale Voraussetzung dafür ist, statistisch gesehen höhere Anteile an so genannten Spitzenleuten zu bekommen. Das ist ein statistisch ganz einfach zu verstehendes Problem. (Beifall bei den Grünen.)

Und dann frage ich mich: Sind die Prioritäten jetzt richtig gesetzt? – Darüber kann man streiten. Für manche scheint es fast frivol zu sein, über Exzellenzinstitute zu reden, solange 15 000 SchülerInnen die Schule verlassen, die nicht Sinn erfassend lesen können. Manche finden es auch frivol, über ein Exzellenz-Institut und dessen Finan­zierung zu reden, wenn 75 Prozent international reviewter und als hervorragend und prioritär gereihter Forschungsprojekte vom Österreichischen Forschungsfonds nicht bewilligt werden können, weil ihm das Geld dafür fehlt. Wissen Sie, wie viel Sie da an Hoffnung junger Begabter, aber auch älterer und etablierter Wissenschafter vernichten, wie viel Monate es dauert, die entsprechenden Anträge zu schreiben, um dann zu hören, Sie waren hervorragend, Sie waren prioritär gereiht, als förderungswürdig, aber das geht in Österreich nicht! Das bedeutet für mich das Pferd beim Schwanz auf­zäumen.

Weiters gibt es Infrastrukturmängel, Mängel in der Basisausstattung, an Gerätschaften, Apparaten, teilweise desolate Gebäude. Frau Ministerin Gehrer, Sie sagen, was die Unis alles bekommen. – 500 Millionen Euro, die die Unis von Ihnen ab 2007 auf Jahre verteilt bekommen sollen. Sie wissen, wofür die dienen. – Die dienen dazu, 20 Prozent prioritär gereihter Projekte, wo nicht einmal die Arbeitnehmerschutzbestimmungen an Universitäten auf Grund baulicher Mängel zu garantieren sind, wieder so instand zu setzen, dass dort Leute arbeiten dürfen, dass dort ein Labor aufgesperrt werden kann. Das dient primär nicht der Exzellenz, das ist internationaler Standard und an und für sich etwas ganz Vernünftiges.

Und wenn diese Leute, die unter diesem Mangel leiden (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek) – es gibt auch Gutes, Universitäten sind ja nicht nur desolat, das sage ich nicht –, hören, dass im Endausbau dieses Exzellenzinstitut ein Jahresbudget von zirka


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70 bis 80 Millionen Euro haben wird – das entspricht dem Budget der gesamten Universität Salzburg oder der gesamten Universität Linz –, dann fragen sie sich, ob diese Mittel wirklich zielgerecht, vernünftig und nachhaltig eingesetzt sind. Gut, man kann sich anders entscheiden. (Beifall bei den Grünen.)

Weiters habe ich den Eindruck, dass Sie glauben – und das ist ein großer Irrtum, und das glauben Zeilinger und andere Proponenten, auch viele von uns nicht –, dass Forschung verordenbar, von oben herab sozusagen in die Wiese oder sonst wohin gestellt werden kann. Das funktioniert international selten. Sie haben jetzt Institute genannt und früher erwähnt, da waren Berkeley, Princeton, Yale, Harvard, Stanford, MIT. Ja wissen Sie, dass Harvard und Stanford eine Tradition haben, die um 1760 beginnt, wie lange die gebraucht haben? Wissen Sie, dass diese Eliteuniversitäten über 300 Studienrichtungen anbieten? Wissen Sie das? (Abg. Dr. Stummvoll schüttelt den Kopf.) – Sie schütteln den Kopf, dann wissen Sie es eben nicht. Das sind Universitäten. Ich würde mit dem Begriff „Universität“ etwas selektiver umgehen. Aber das haben Sie, glaube ich, auch schon eingesehen, so etwas Institut zu nennen, ist klüger.

Aber Forschung funktioniert nicht, indem ich Wissenschaftler einkaufe wie inter­nationale Stürmerstars und sie in eine Mannschaft stelle, die niemand kennt, oder in einen Verein. Das geht nicht!

Da braucht es Tradition, da braucht es Anbindung an Strukturen, die gewachsen sind und die schon an die Exzellenz heranreichen beziehungsweise Exzellenz sind. Dafür gibt es genügend Beispiele.

Der Österreichische Forschungsfonds hat 16 Spezialforschungsbereiche etabliert, die auch einer internationalen Evaluierung unterliegen. Da war keine Österreicherin, kein Österreicher, der da mitgeredet hat. Internationale Experten wurden gefördert. Warum steckt man einen Teil dieses Geldes oder das ganze Geld in solche Institutionen, die nochmals Peer-reviewt werden, die nochmals einer internationalen Begutachtung unterliegen? Man holt sich da die Besten und macht es Fächer übergreifend, Naturwis­senschaften, Technik. Und bitte vergessen Sie nicht Kultur- und Sozialwissenschaften und Geisteswissenschaften. Auch da hat Österreich Tradition. Es ist nicht alles Exzellenz, was man mit Maschinen erforscht, da gibt es auch noch etwas anderes, dazu hat man nämlich einen Kopf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was denke ich mir noch? Es könnte ja auch Alternativen geben, in diese Bereiche hineinzufinanzieren. Da sind die Universitäten auch nicht gekränkt und auch nicht zu Recht gekränkt und sehen eine Chance. Junge Leute brauchen Entwicklungs­poten­tiale. Und wenn Sie sehen, dass sich jetzt immer weniger um Posten bewerben, weil kurze Dienstverträge sich mit miserablen Gehältern paaren – alles andere zu behaup­ten wäre verlogen –, dann ist das nichts, was eine Basis für eine zukünftige Exzellenz und Spitze bildet.

Und noch etwas: Wenn Mangel herrscht, gehört er behoben, um alle österreichischen Universitäten konkurrenzfähig zu machen. Dann kann man auch über Exzellenz­institute reden.

Rektor Skalicky, den Sie ja sicherlich kennen, ist für Bonmots bekannt (Abg. Mag. Molterer: Nicht nur!), aber nicht nur das, und ich komme jetzt zu keinem Bonmot, sondern zur schlichten Wahrheit. Es gibt eine Auflistung weiterer Vergleiche: TU Wien mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne oder Zürich. Und wenn ich sehe, dass Zürich und Lausanne pro Studierenden ihrer Universität das 40-Fache von dem ausgeben, was die TU Wien ausgibt, dann, muss ich sagen, kann ich von


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Exzellenz reden. Dort gibt es Bedingungen und Ressourcen, die Exzellenz auch entstehen lassen.

Ich würde auch das Weizmann Institut, das auch eine 50-jährige Tradition hat und nicht in fünf Jahren Exzellenz war, wo über 1 000 Professoren arbeiten, nicht unbedingt gleichsetzen mit dem, was in Gugging geplant ist.

Und jetzt komme ich noch einmal kurz zum Standort. Es geht nicht gegen Nieder­österreich, es geht auch nicht gegen die Bevölkerung von Gugging, aber diese Wis­senschaftler haben gesagt, wir haben vier Kriterien, wenn ein Kriterium nicht erfüllt wird, kann es durch andere nicht aufgewogen werden. Es müssen alle vier exzellent sein. Und wenn man meint – und da haben Sie nicht ganz die Wahrheit gesagt –, dass Geld die mangelnde Vernetzung mit Wissenschaftsstandorten und die etwas ungüns­tige Erreichbarkeit aufwiegt, dann irren Sie sich. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.) Ich habe einmal gemeint, dann könnte auch Stronach kommen und sagen, ich fördere die Staatsoper mehr als jeder andere, und diese steht in Mürzzuschlag, denn da gibt es auch eine Musikhochschule. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Dr. Brinek zu Wort. Ihre Wunschredezeit ist 7 Minuten. – Frau Kollegin, bitte.

 


15.50.10

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Führung des FWF ist heute hier zu Gast, herzlich willkommen. Die Chance, über Elite zu reden, über Exzellenz zu reden, über ausgezeichnete Leistun­gen an Universitäten zu reden, nehmen wir sehr gerne wahr, wir von der ÖVP, vom BZÖ, von der Regierung. Also Sie machen uns mit der heutigen Aktuellen Stunde eine richtige Freude. (Abg. Öllinger: Dringliche! Keine Aktuelle Stunde!) Es kann einiges richtig gestellt und einiges erhärtet werden.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Professor Zeilinger vor einigen Äußerungen der Grünen hier in Schutz nehmen. Herr Zeilinger hat nie gesagt, er ist getäuscht worden. Ich möchte nicht, dass dieser Satz hier im Raum stehen bleibt. Vielmehr haben sich die bisherigen Äußerungen der Grünen eigentlich um etwas gerankt, was man zusam­menfassend als Angst vor Exzellenz bezeichnen könnte. Die Grünen waren nie für eine Exzellenzeinrichtung, ob jetzt als University, als Universität oder als Institut. Die SPÖ war meinetwegen eine Zeit lang mit halbem Herzen dafür. Die SPÖ wird sich künftig entscheiden müssen. In Wien sagte Vizebürgermeister Rieder zuletzt: Schade, wir haben die Chance vertan. Damit kann er nur Wien gemeint haben.

Meine Damen und Herren, vor allem Herr Professor Grünewald: Frau Bundesministerin Gehrer hat nie die genannten Orte den Orten gleichgestellt, die Sie genannt haben. Sie hat nicht von Stanford und von Berkeley geredet. Haben Sie zugehört? Sie hat die Vorbildinstitute, die Professor Zeilinger erwähnt hat, genannt. Bitte bleiben wir bei der Wahrheit!

Was will ich damit sagen? – Es gibt weltweit nicht das Exzellenzinstitut und nicht die „Exzellenzhervorbringungsmethode“, sondern es gibt viele Wege. Bundeskanzler Schröder von der SPD ist das erste Mal mit dem Wort „Elite-Uni“ gekommen. Das hat in ganz Europa ein Nachdenken darüber ausgelöst: Wie gehen wir mit unserem Inno­vations- und Exzellenzstandort, mit unserem Exzellenzpotential Europa um? Und es war nicht die Bundesregierung, die das Wort „Elite-Uni“ gebraucht hat – das lässt sich auch nachlesen –, sondern es waren mehrheitlich die Medien. Das ist vielleicht


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manchmal auch notwendig, um auch im letzten Winkel der Republik erklären zu können, worum es denn eigentlich geht. Also, bitte, sowohl Zeilinger als auch die Bundesregierung und den Bundeskanzler nicht in die Pflicht für etwas zu nehmen, was man selber gerne verbergen möchte.

Meine Damen und Herren, was mich besonders freut, ist, dass über Exzellenz und Elite, auch über Hochleistung in Forschung und Lehre in Österreich diskutiert werden darf. Und ich bin sehr froh über Artikel, wie sie etwa von Hans Rauscher im „Format“ und in anderen Medien gebracht werden. Über Elite zu reden, ist hierzulande endlich wieder salonfähig, sagte er. Das ist eine wichtige Trendwende. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein paar auch von Klubobmann Professor Van der Bellen aufgeworfene Dinge richtig stellen. Also das Exzellenzinstitut gibt es nicht, ob Sie jetzt MIT, das Weizmann Institut oder das Triangle Center in North Carolina, ein Forschungsinstitut in der Mitte von drei Universitäten, ansehen. Und niemand, der sich professionell dazu geäußert hat, kann für sich auch nur ein Super­modell in Anspruch nehmen.

Professor Zeilinger war der spiritus rector. Vielleicht war es – das ist jetzt meine Position, die an Ihre Gedanken anschließt – auch zu lange eine thematische Engfüh­rung, sodass andere Disziplinen nicht berücksichtigt wurden und auf Naturwissen­schaften zu stark fokussiert wurde. Aber ich stehe dazu und ich unterstütze den Weg, den Vorschlag der Bundesregierung, mit Naturwissenschaften und Mathematik zu begin­nen. Und Sie alle hier, die bisher gesprochen haben, einschließlich der Frau Ministerin, haben anschaulich ausgeführt, dass es ein langer Weg ist, um zu einem Vollausbau einer solchen Einrichtung zu kommen. Aber es ist der richtige Start-Zeitpunkt, um mit Zeilinger zu sprechen, es ist jetzt die Entscheidung zu treffen. Wenn im März 2003 Professor Zeilinger das erste Mal diese Idee angeregt hat, das heißt, so etwas in Österreich zu etablieren, dann ist es ungefähr drei Jahre später für eine Entscheidung nicht zu früh. Und Zeilinger selbst hat zwischendurch, das heißt 2004, gesagt, wenn jetzt die Entscheidung binnen Frist nicht getroffen wird, dann würde er sich vom Projekt verabschieden. Das wollten wir nicht riskieren. Da bin ich dem Bundeskanzler und der Ministerin dankbar, dass sie hier initiativ geworden sind.

Rückzieher sind etwa festzustellen bei einem Mitbewerber um den Standort, das war die Gemeinde Wien. In der Gemeinde Wien gab es zum Beispiel im Juni 2005 einen Antrag der Grünen, um jetzt meine These zu erhärten, dass man sich erst dann, wenn es eine ausreichende Finanzierung der Universitäten gäbe, überhaupt vorstellen könne, zu Exzellenz Stellung zu nehmen. Der Vertrag des Bundeskanzlers und der Bun­desregierung einschließlich der Ministerin mit den Rektoren zur weiteren Finanzierung der Universitäten mit einem Paket von über 1 Milliarde € ist der beste Garant dafür, dass die Zukunft der Universitäten gesichert ist. Und die Grünen haben ihren Antrag im Wiener Gemeinderat nicht modifiziert. Im Gegenteil, meine geschätz­ten Kolleginnen und Kollegen: Die SPÖ hat dem zugestimmt. Das heißt, Sie haben sich halbherzig engagiert.

Die relative Zögerlichkeit von Bürgermeister Häupl, der offenbar auch den Anträgen seiner SJ, seiner Bezirksorganisationen aus Hietzing, Josefstadt und anderen erlegen ist, nämlich überhaupt gegen ein Exzellenz-Institut aufzutreten (Abg. Jakob Auer: Da schau her!), hat eben dazu geführt, sich mit den Nachbesserungen und mit den Offertlegungen so lange Zeit zu lassen, dass er zu spät kommen musste. Vize­bürgermeister Rieder, wie schon gesagt: Schade, wir haben die Chance verpasst.

Meine Damen und Herren, es ist nicht so – ich zeige gern noch einmal die Graphik, Herr Kollege Grünewald (die Rednerin zeigt eine Graphik) –, dass der Standort Maria


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Gugging nur in einem Parameter gut abgeschnitten hat, sondern in zweien. Diese Expertise ist kein Geheimpapier. Diese habe ich vom Arbeitsgruppenleiter Höllinger noch im Jänner bekommen.

Vielleicht noch kurz zum Standort. Erstens: St. Marx ist schon früher ausgeschieden. Es ging also darum, ob Aspern oder Klosterneuburg. Und wenn Maria Gugging oder – ohne „Maria“ – Gugging als Standort verunglimpft wird, weil dort einmal ein Neuro­logisches Krankenhaus angesiedelt war und dort Künstler arbeiteten, die manchmal „ver-rückte“ Gedanken hervorgebracht haben – vielleicht muss auch eine wissen­schaftliche Exzellenz Gedanken ver-rücken –, dann möchte ich nicht, dass diese negative Aufladung allen Menschen, die dort Großartiges geleistet haben, zur Last wird. Ich habe noch erlebt, dass St. Marx als Rinderschlachthof bekannt war, und deshalb war das für mich auch nicht von vornherein ein nicht in Frage kommender Ort.

Meine Damen und Herren! Wir stehen vor europäischen Herausforderungen, die heißen, Österreich soll mitsprechen und mitverhandeln können, wenn es darum geht, in Europa ein Exzellenznetzwerk zu entwickeln. Dazu braucht es eine Entscheidung über einen Standort, über einen Campus in Österreich. Diese Entscheidung ist gefallen, diese Entscheidung ist auf der Basis objektiver Unterlagen gefallen. An der weiteren Entscheidung sollten wir arbeiten.

Nicht alle Wissenschafter waren gegen den Standort, einige haben gesagt, zwei Spitzeninstitute gründen. Wir werden einen Antrag einbringen beziehungsweise haben ihn schon eingebracht, der in Zukunft weitere Gründungen möglicht macht. Andere Professoren haben gesagt, erbost euch nicht so über den Standort, entscheidend ist das Geld. Meine Damen und Herren! Hier liegt auch ein wirklich überzeugendes Projekt vor. Wir sind zuversichtlich. Exzellenz kann weiter entfaltet werden, ob beispielsweise in Exzellenz-Clustern des FWF, ob in einem Spitzenforschungsinstitut in Maria Gugging, ob in weiteren Instituten in späteren Jahren. Vielleicht werden unsere Kinder und Kindeskinder einmal an einem Institut an einem Ort ihre Exzellenz beweisen können, den wir heute noch gar nicht kennen. Europa ist vernetzt, Österreich möchte mitspielen. Danke der Bundesregierung für diese Initiative. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Broukal. 5 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


15.58.34

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn der Tag lang ist, bekommt man hier schon einiges zu hören, zum Beispiel dass der Wiener Bürgermeister Häupl von der SJ Josefstadt ferngesteuert wird. Über das müssen wir einmal reden bei einem Glaserl; dort gehört das nämlich hin, aber nicht in eine vernünftige Debatte im Plenum. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

An und für sich wäre die Diskussion um diese Elite-Universität seit Wochen abgehakt. Ich nehme an, das Bundesland Wien hätte das Gleiche gesagt, was das Bundesland Steiermark zwei Tage vorher gesagt hat, nämlich: Wir haben eine Reihe von Univer­sitäten, für die wir als Bundesland schon sehr viel Geld hergeben. Daher ist unsere Kriegskasse – das war, glaube ich, der Ausdruck, den die steirische Wissenschafts­landesrätin Edlinger-Ploder gewählt hat – weniger voll als die niederösterreichische, die, halten zu Gnaden, die Donau-Universität hat, also weniger Geld für Universitäten ausgibt als etwa das Bundesland Steiermark. Ich nenne das Bundesland Steiermark deshalb, weil es auch für Sie ein unverdächtiges Beispiel sein sollte. Es handelt sich bei Frau Edlinger-Ploder um eine ÖVP-Politikerin, falls Sie es nicht wissen.


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Das Gleiche hätte Wien sagen können, das für seine Universitäten, für Forschung und Wissenschaft, wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe, in den letzten sieben Jahren 404 Millionen € ausgegeben hat – davon ein großer Teil Dinge, die eigentlich der Bund hätte zahlen sollen.

Ich erinnere Sie an das, was ich hier einmal schon gesagt habe: an die Professorin, die Rektor Skalicky geladen hat und die gleich wieder gehen wollte, als sie das Institut gesehen hat, wo dann die Stadt Wien 500 000 € ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) – Sie reden von einer anderen! Ich rede von einer, die geblieben ist. Achtung, die Geschichte ist noch nicht aus!

500 000 € hat die Firma Siemens für das Institut zur Verfügung gestellt, 500 000 € der Wiener Bürgermeister, damit ein Professor, der aus dem Ausland eingeladen wurde, in Wien überhaupt bleibt, weil die Technische Universität keine adäquaten Arbeits­mög­lich­keiten bieten konnte. (Abg. Dr. Brinek: Das waren andere Bedingungen!)

Ich denke, das Thema könnte seit Wochen erledigt sein, wenn nicht von Professor Zeilinger angefangen über Professor Schuster und Professor Schmidt – die, die mit ihrem Herzblut an der Sache beteiligt waren – auf einmal sagen: Da machen wir nicht mehr mit!, wenn nicht 39 auslandsösterreichische Wissenschafter sagen: An die Uni­versität kommen wir auf keinen Fall zurück, wenn nicht alle ... (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gehrer.)

Ja, das stimmt! Das haben sie nicht gesagt, sie haben nur gemeint: Es wird kaum jemand gerne kommen. – Das stimmt, das ist ein kleiner Unterschied. (Abg. Dr. Brinek: Das ist eine Überheblichkeit!) Aber ich nehme an, keiner von ihnen hat gesagt: Ich käme schon, aber sonst keiner!, wenn ich es richtig im Kopf habe. (Abg. Dr. Stummvoll: Warten wir ab!)

Die Wittgenstein-Preisträgerinnen und Wittgenstein-Preisträger der letzten Jahre, hoch dekorierte Wissenschafter, die, wenn ich das richtig sehe, an und für sich auf gutem Gesprächsfuß mit der Frau Bundesministerin sind – Penninger, Schroeder, Kromp-Kolb –, haben alle gesagt: Gugging nicht!

Es sind die Wissenschafter, die Ihnen abgesprungen sind von diesem Projekt und die dieses Projekt in der öffentlichen Diskussion gehalten hätten! Wenn es nur um die Politik ginge, wäre das seit Wochen erledigt: Der, der das beste Angebot gegeben hat, möge gewinnen, aber es sind die Wissenschafter, die sagen: Das genügt uns nicht! Darum gefällt mir ja das Beispiel vom Kollegen Grünewald so gut, der immer sagt: Was ist, wenn Stronach die Wiener Staatsoper mit Milliarden von Euro nach Mariazell ver­pflanzt? Ist das dann ein guter Standort, weil sie mehr Geld bekommt, als wenn sie in Wien ist? – Nein! Die Wissenschafter sagen: Der Standort gefällt uns nicht! – Was soll ich dagegen tun? (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) – Ich erkläre Ihnen nur, worum es in der öffentlichen Diskussion geht.

Ich denke, es war Frau Professorin Renée Schroeder, die den genialen Satz gesagt hat: Gugging ist ein idealer Forschungsstandort für einen autistischen Wissenschaf­ter. – Das war ihre Meinung, das können Sie in der Zeitung nachlesen.

Wie geht es aber jetzt weiter? (Abg. Dr. Brinek: Auf dieser Ebene kommen wir „sicher“ weiter!) – Ich denke, dass nach der Nationalratswahl über das neu nachgedacht wer­den wird ... (Abg. Dr. Stummvoll: Das glauben Sie wirklich?) – Ich verstehe gar nicht, was Sie sagen. Sie können ruhig weiterreden, ich höre es nicht. Es tut mir Leid. Vielleicht sagen Sie es mir nachher. (Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Ich denke, dass wir nach der Nationalratswahl, wenn die Mehrheitsverhältnisse in diesem Haus andere sein werden, über das Ding noch einmal reden werden. Und das heißt nicht, dass Gugging nicht in einem Konzept für eine Spitzenforschungsein­rich-


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tung im Osten von Österreich eine Rolle spielen kann, darf und soll, aber es kann auch nicht so sein, dass es überhaupt keine ernste Diskussion mehr darüber gibt, was ein unbestreitbar mächtiger Wissenschaftsstandort wie Wien in einem solchen Institut auch an Mitsprachemöglichkeiten und Mitfindungsmöglichkeiten haben soll.

Es wird sicher eine Lösung geben, die dann anders aussehen wird und die nicht „Nein, Gugging“, sondern „Gugging ja, aber ...“ heißen wird. (Abg. Mag. Molterer: Ah!) Und diese Lösung wird es dann geben, und Sie werden sehen, wir werden das gemeinsam beschließen. (Abg. Mag. Molterer: Gugging ja, heißt das!)

Und Ende gut, alles gut: Die Wissenschafter werden kommen, niemand wird mehr Angst haben, dass er da parteipolitisch vereinnahmt und missbraucht wird, und das Projekt wird doch noch an ein gutes Ende kommen.

Bis dahin mögen die Bagger auffahren und die Bürogebäude bauen – das kostet ein paar Hunderttausend Euro – sei es drum! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. – Bitte.

 


16.03.54

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Anschließend an die Rede des Kollegen Broukal habe ich viel Staunen in den Rängen der Kollegen der SPÖ gesehen. Sie haben wirklich sehr erstaunt geschaut! Ich weiß nicht, ob Sie ihm wirklich zugehört haben. (Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: Sie staunen noch immer!) Sie staunen noch immer, und der Applaus für die Rede war auch relativ schmal, weil wahrscheinlich niemand verstanden hat, woher dieser Schwenk auf einmal kommt: Es wird ein gutes Ende finden. – Ich freue mich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich freue mich, dass die SPÖ mit beteiligt sein wird an dem guten Ende für Gugging und für das Institute of Science and Technology! Das entnehme ich Ihren Worten. Ich freue mich sehr, aber ich sehe leider noch Staunen in Ihren Rängen. – Es wird Ihnen wie so oft gehen, Herr Kollege Broukal: Ihr Klub wird nicht ganz mittun mit den guten Ansätzen, die Sie zeigen. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie haben nicht zugehört!)

Sie sagen, die Wissenschafter sind abgesprungen. Sie haben aber heute selbst von der Frau Ministerin gehört, dass es eine Unterschrift von diesen Wissenschaftern, von denen Sie gesprochen haben, gegeben hat, die sich zu Gugging bekannt haben. (Abg. Broukal: Aber nur zwei Tage lang!) – Ich kann wahrscheinlich diesen großen Wis­senschaftern nicht folgen, aber ich verstehe das nicht! Sie unterschreiben erst ein Papier, wo sie sich zu Gugging bekennen, das wir hier gesehen haben, und am nächsten oder übernächsten Tag – ich kenne die Zeitabfolge nicht genau – sagen sie auf einmal: Das nicht mehr! (Abg. Broukal: Das müssen Sie aber den Zeilinger fragen, nicht mich!)

Ja, aber Sie heben ja Zeilinger immer aufs Podest und sagen, er ist abgesprungen. – Ja, fragen Sie ihn einmal, wieso er ein Papier unterschreibt! (Abg. Broukal: Gugging oder nichts! So hat man ihm die Pistole an den Kopf gesetzt!) Wenn ich etwas unterschreibe, dann überlege ich mir ganz genau, was ich unterschreibe; und wenn ich unterschreibe: Ich bin für Gugging!, dann bin ich aber auch für Gugging und springe nicht am nächsten Tag ab. – Also, das ist meiner Meinung nach wirklich zu klären! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist zu klären! Klären Sie das mit Herrn Professor Dr. Zeilinger! Fragen Sie ihn einmal, warum das so war!


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Ich wundere mich sehr über all die Wissenschafter, die Sie jetzt aus dem Hut zaubern, die sagen: Ich komme nie nach Österreich zurück! – Ich wundere mich: Anscheinend ist Österreich so schrecklich, dass man nicht zurückkehren kann. (Abg. Broukal: Nein! Nach Gugging, haben sie gesagt!) Und sie wissen alle schon, dass ihr Bereich der Bereich sein wird, in dem das Institut tätig sein wird. – Ich wundere mich sehr! Heute weiß noch niemand, in welchen Fachbereichen dieser Exzellenzbereich sein wird. Das weiß noch niemand! Da werden sich international anerkannte Wissenschafter aus Österreich und dem Ausland zusammensetzen, um zu entscheiden: Welcher Fach­bereich wird es denn überhaupt sein? – Es ist ja interessant, dass heute schon viele sagen: Ich nicht! – Na, wahrscheinlich sind sie traurig, weil es nicht ihr Fachbereich sein wird.

Wir sollten uns über diese Frage wirklich erst unterhalten, wenn man weiß, in welchem Fachbereich das Institut tätig sein wird. In der End-Ausbaustufe sollen es zehn Fach­bereiche sein, anfangen wird man vielleicht nur mit zwei, drei, vier, maximal fünf – wenn überhaupt! Das wird ja das Spannende sein! Und da – glauben Sie mir! – wird sich die Regierung wohl sicherlich nicht einmischen, denn ich denke, dafür sollen dann die Wissenschafter ihre Erkundungen einholen und überlegen: Was ist der wirklich richtige Bereich, der Fachbereich, in dem dann unser österreichisches Institute of Science and Technology Austria tätig sein wird? – Das sollen die Wissenschafter völlig weisungsfrei entscheiden, denn ich denke, das ist das Wichtige und das wird das Entscheidende für das Institut werden.

Wenn hier vom Ruf von Österreich gesprochen wird, vor allem seitens des Professors Van der Bellen, dann frage ich Sie: Wer macht denn diese ganze Entwicklung wirklich lächerlich? Wer spricht von einer Totgeburt? Wer spricht von einem Scherbenhaufen? Wer ruiniert denn im Endeffekt den Ruf? – Überlegen Sie doch auch selbst, was Sie anrichten mit der Form, wie Sie über dieses Institute, das wir gründen werden, sprechen! Überlegen Sie das doch auch einmal!

Von welchen Debatten, denken Sie, wird ein ausländischer Journalist denn berich­ten? – Der wird schauen, was von der Opposition im eigenen Land gesagt wird, wie die Diskussion verläuft. Und da brauchen Sie sich dann nicht zu wundern, wenn in den ausländischen Medien das eine oder andere nicht so Positive steht, denn Sie sind dafür auch maßgeblich mit verantwortlich. Und überlegen Sie sich, welche Verant­wortung Sie hier haben für Österreich und für den Ruf der österreichischen Wis­senschaft in Europa! (Abg. Mag. Kogler: Nationaler Schulterschluss fürs Bagger­fahren!)

Es ist auch ganz klar, sehr geehrte Damen und Herren, dass dieses Gesetz nur den Rahmen gibt, in dem später dann die Tätigkeit der Wissenschafter stattfinden wird. Es kann in keinster Weise sein – dagegen verwahre ich mich schon! –, dass es hier Einflussnahmen der Politik geben wird!

Es wird ein Präsident bestellt werden von einem Kuratorium, das natürlich von irgend­jemandem bestellt werden muss – denn den Anstoß muss man ja geben, da wird man sich nicht ganz verabschieden können –, und die Arbeit wird weisungsfrei aufge­nommen werden. Der Präsident wird, wie in so vielen anderen Bereichen bei solchen Instituten, eine wichtige Funktion und auch viel Macht haben, wo man sich nicht wird einmischen können.

Insofern bin ich sehr gespannt, was Sie sagen werden, wenn dann die Arbeit aufgenommen werden wird, denn auch Sie wissen, es wird nicht so schnell gehen und es wird einiges an Zeit brauchen, damit so etwas überhaupt ins Laufen kommen wird.

Ich denke, Sie wissen selbst auch, Herr Kollege Grünewald, dass Geld nicht vom Himmel kommt, und wir können nicht alles und jedes bezahlen! Wir können nicht


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hundert Fachbereiche für eine Exzellenz zur Verfügung stellen, es werden nur wenige sein. – Ich glaube, das wissen Sie, dass es eben nur in einigen ausgewählten Fachbereichen wird sein können.

Ich bitte von Ihrer Seite um eine Richtigstellung, denn ich höre immer wieder unter­schwellig aus Ihren Reden heraus, wenn Sie über die Frau Ministerin sprechen, diese habe ja eh nur auf einer PÄDAK den Abschluss gemacht, in der Form von: Wie können Sie überhaupt bei diesem Thema mitreden? (Abg. Dr. Grünewald: Nein! Ich habe von Talentförderung gesprochen!) – Ich höre ein Nein, also verstehe ich das falsch. Sonst hätte ich gemeint, dann könnte Kollege Broukal auch nicht zu Wissenschaft sprechen, und über Exzellenz-Uni dürften wir alle nicht reden, denn wir sind alle – Sie vielleicht ausgenommen – keine Forscher, und dann dürften wir alle hier nicht über dieses Thema reden, sondern nur Sie. – Also ich hoffe, dass das nicht stimmt. (Abg. Dr. Grünewald: Ihre Hoffnung trügt Sie nicht!) – Wie? (Abg. Dr. Einem: Sie reden schneller als Sie denken!) – Ich habe nur diese unterschwelligen Dinge immer gehört, und ich hoffe, dass das nicht stimmt.

Ich betone: Es sind sehr wohl Leute, die nicht studiert haben, fähig, über diese Dinge zu entscheiden! – Das beruhigt mich sehr, dass Sie (in Richtung Grüne) dem zustimmen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Grünewald.)

Das beruhigt mich sehr, denn ich halte es für wichtig, dass man seitens der Regierung sehr wohl die Möglichkeit hat, zu entscheiden, auch wenn man vielleicht nicht die Qualifikation hat, die Sie (in Richtung des Abg. Dr. Grünewald) besitzen – und dass sie sehr wohl auch die Möglichkeit hat, über eine Standortfrage zu entscheiden, denn auch da geht es um Rahmenbedingungen, die gegeben werden müssen. Und das ist, wie ich meine, etwas, was nicht von den Wissenschaftlern entschieden werden kann, sondern das hat seitens der Politik vorgegeben zu werden.

Zu dieser Expertise, die von einem unabhängigen Gremium, von mehreren unab­hängigen Instituten gemacht wurde und in der nun einmal steht, dass Gugging in zwei von vier Bereichen, die bewertet wurden, am besten abgeschnitten hat. Das kann man schlicht und einfach nicht vom Tisch wischen!

Da von Vorrednern gesagt wurde, ein Standort müsse in allen vier Bereichen am besten abschneiden: Da würde doch überhaupt keiner von den Standorten in Frage kommen, wenn man in allen vier Bereichen am besten abschneiden muss! Mir ist keine Ausschreibung bekannt, wo das der Fall gewesen wäre.

Zur Aussage, die Steiermark beziehungsweise die Steirer konnten nicht so viel Geld investieren: Ja, dass die Entscheidung anders ausgefallen ist, tut mir, da ich aus der Steiermark komme, persönlich auch Leid, aber man muss fairerweise schon dazu sagen, dass nicht das Geld ausschlaggebend war, sondern die Steiermark ist deshalb ausgeschieden worden – nochmals: was mir persönlich wirklich sehr wehtut –, weil der falsche Standort angeboten wurde, ein Standort, an dem es keine Spin-off-Möglich­keiten gibt. Eine ehemalige PÄDAK in Eggenberg wurde als möglicher Standort ange­boten, wobei es dort keine zusätzlichen Räumlichkeiten gab; ebenso gab es dort keine Spin-off-Möglichkeiten, was aber in Niederösterreich beziehungsweise auch im Falle Aspern sehr wohl der Fall ist.

Es muss also die Möglichkeit gegeben sein, Gewerbeparks anzusiedeln, um der Wirtschaft entsprechende Aussiedelungsmöglichkeiten anzubieten. Deshalb wurde die Steiermark ausgeschieden – und nicht deswegen, weil sie zu wenig Geld zur Verfü­gung gestellt hat. Das war vielleicht auch ein Grund, aber der Hauptgrund für die Ablehnung lag am Thema unzulängliche Räumlichkeiten. (Abg. Broukal: Ich zitiere ja nur die Frau Landesrätin!) – Das war die Entscheidung eines unabhängigen


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Gremiums, bitte! (Abg. Broukal: Sie meinen, die Frau Landesrätin hat Unrecht?) – Die Frau Landesrätin in der Steiermark hat leider das falsche Gebäude ausgewählt, sie hatte vielleicht auch nicht so viel Zeit, um genau zu überlegen, welche anderen Möglichkeiten noch zur Verfügung stünden.

Zielsetzung des Exzellenz-Institutes ist es – ich denke, das ist doch etwas, was wir alle wollen –, Grundlagenforschung auf Spitzenniveau in Forschungsgebieten, die in Öster­reich noch unerschlossen sind, zu etablieren, und zwar unter hervorragenden Arbeits­bedingungen und Entfaltungsmöglichkeiten für exzellente Forscherinnen und Forscher. Eine umfassende Exzellenz-Strategie in Österreich – und in Vernetzung mit Exzellenz-Zentren anderer wissenschaftlicher Einrichtungen – soll einen wesentlichen Auf­schwung für das gesamte österreichische Wissenschaftssystem nach sich ziehen, soll einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Steigerung der Attraktivität des Wissen­schafts- und Forschungsstandortes Österreich leisten, um damit eine Umkehrung des Brain-drains zu bewirken.

Das sind doch alles Dinge, die wir, wie ich meine, alle gemeinsam wollen, dass näm­lich Wissenschaftler wieder zurück nach Österreich kommen, dass wir dort, wo wir in den letzten Jahren schon sehr viel Geld investiert haben, nämlich in die Forschung, jetzt noch eins draufsetzen und sagen: Hier machen wir etwas, was sich europaweit auswirken wird, sodass wir in Europa mit im Spitzenfeld sein werden, eben mit einem exzellenten Institute for Science and Technology.

Ich wundere mich jedenfalls sehr, dass Sie von den Oppositionsparteien dazu beitra­gen und versuchen, den Ruf eines solchen Institutes vorab zu ruinieren. Ich fordere Sie auf beziehungsweise ersuche Sie: Denken Sie noch einmal über Ihre Argumen­tationsweise nach; schauen Sie sich diesen Entwurf an, vor allem aber: Treten Sie mit ein in eine sachliche Diskussion, sodass wir für die Forscherinnen und Forscher in Österreich neue Gebiete eröffnen und ihnen neue Möglichkeiten geben, um Österreich in Bezug auf ein Exzellenz-Institut wieder ins Spitzenfeld zu bringen! (Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. Ich erteile es ihr.

 


16.14.38

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! In zweifacher Weise finde ich diese Inszenierung hier sehr befremdlich. Erstens einmal zu dem, was Sie, Frau Kollegin Bleckmann, hier jetzt gesagt haben: Wenn ich nicht wüsste, dass Sie das selber nicht ganz ernst nehmen, dann würde ich mich wirklich darüber ärgern, dass Sie hier geradezu so tun, als ob die Opposition schuld daran wäre, dass dieses Projekt jetzt den Bach runter geht! Das ist doch wohl das Allerletzte! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neudeck: Also hilfreich war es nicht!) – Ich werde mit meiner Argumentation noch sehr konkret werden!

Das Zweite ist nicht die Frage, ob dieses Projekt gut ist oder nicht. Wir sind überzeugt davon, dass ein solches Projekt als wirklich gut zu bezeichnen ist – und genau des­wegen machen wir uns Sorgen darüber, wie Sie von den Koalitionsparteien mit dieser Sache umgehen. Der Punkt ist eben der, welchen Ablauf es gerade in diesem Zusammenhang gibt. Ich finde es geradezu symptomatisch, wie Sie, Frau Bundes­ministerin Gehrer, über diese Kerngruppe von Wissenschaftlern gesprochen und gesagt haben, diese hätten ihre Aufgabe erfüllt. Das war so im Geiste – das hat man dabei herausgehört –: Und jetzt können sie gehen, denn wir werden das Konzept umsetzen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Ja, Sie können dieses Konzept schon umsetzen – die Frage ist nur: mit welchen Wissenschaftlern/mit welchen Wissenschaftlerinnen? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist der Punkt, um den es hier und heute geht: dass Sie zwar ein Top-Forschungs-Institut einrichten wollen, dabei jedoch die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen so etwas von komplett vergrämen und verärgern, dass niemand von ihnen mehr Lust haben wird, sich da zu engagieren, weil sie eben sehen, dass es dort nicht jene Forschungsmöglichkeiten geben wird, die sie sich gewünscht haben.

Das heißt, das Problem ist, Sie von den Regierungsparteien versuchen, diese Leute zu benützen – nur das „Dumme“ in diesem Falle ist, dass es sich nicht um Angestellte handelt, die Sie zum nächsten Monatsende kündigen können, sondern dass es dabei um hoch qualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geht, die man unbe­dingt in Österreich brauchen wird, wenn Sie nämlich das, was Sie behaupten, erreichen zu wollen, tatsächlich erreichen wollen. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Worüber unter den ForscherInnen Einigkeit besteht – und das habe ich eigentlich von Ihnen auch noch nicht bestritten gehört –, ist, dass es einen Austausch brauchen wird, denn wenn man so ein Top-Forschungs-Institut haben will, bedarf es eines Austauschs mit Universitäten, mit anderen wissenschaftlichen Forschungsstätten.

Das ist die Frage, die auch den Standort Gugging durchaus problematisch macht, weil es dieses Umfeld dort nicht gibt. Frau Dr. Barta, die als Forschungsleiterin im Vienna Biocenter arbeitet, hat das, finde ich, sehr treffend gesagt: Wenn ich allein an einer Uni sitze, kann ich leicht gut sein! Man merkt erst dann, wo wirklich Qualifikation ist, wenn es einen Austausch gibt, wenn man die Möglichkeit hat, sich mit anderen hoch qualifizierten Leuten auszutauschen!

Da ich bei einer Veranstaltung des Club Research war, wo sowohl Frau Professor Nowotny als auch Frau Dr. Barta über dieses Thema referiert haben, möchte ich Ihnen kurz schildern, dass sie unter anderem darüber gesprochen haben, warum Gugging aus ihrer beider Sicht sehr problematisch ist: Das hängt damit zusammen, sagen sie, dass diese Umgebung, die Forschung so dringend braucht, dort derzeit nicht gesichert ist. Das sage aber nicht, dass man grundsätzlich einen Forschungsstandort wie Gugging nicht nehmen könne, sondern nur, so die beiden Referentinnen, dass man dort vielleicht 20 Jahre brauche, um das aufzubauen, was es in Wien oder vielleicht an anderen Standorten, vielleicht auch in Niederösterreich schon gibt.

In Niederösterreich ist ein anderer Standort vielleicht wirklich ein bisschen schwierig; aber als Langenloiserin würde ich sagen: Da wäre ja vielleicht Krems noch besser als Gugging, denn dort gibt es ja wenigstens schon ein bisschen etwas. – Jedenfalls würde das sehr viel Zeit brauchen. Und wenn Sie das jetzt so abwickeln, wie Sie das vorhaben, dann haben Sie diese Zeit nicht, wenn Sie im Herbst damit starten wollen.

Die Frage ist also: Warum machen Sie das so? Warum wollen Sie jetzt und auf der Stelle dieses Forschungszentrum in Gugging durchziehen? Die Antwort, die Sie hier gegeben haben, stimmt ja ganz offensichtlich nicht. Dass das der beste Standort sei, diese Antwort stimmt nachgewiesenermaßen nicht. (Zwischenruf des Abg. Mag. Don­nerbauer.)

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Eine, glaube ich, sehr realistische ist, dass Sie (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer) ablenken wollen von der allgemeinen Bildungsmisere, von dem Desaster, das Sie rund um die Hochschulen, aber auch rund um die gesamte Bildungspolitik verursacht haben beziehungsweise verursachen. (Ruf bei der ÖVP: Von welchem sprechen Sie?)


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Eine Möglichkeit, warum Sie das so durchziehen wollen, wäre zum Beispiel, dass Sie einen ÖVP-Landeshauptmann unterstützen wollen, der sowieso schon gewisse All­machtsphantasien hat und den Sie vielleicht jetzt noch ein bisschen mehr in den Vordergrund spielen wollen. Oder, schlicht und einfach: Sie wollen ein Renommier­projekt vor der Wahl absegnen, um zumindest diesbezüglich eine gute Schlagzeile zu haben. (Abg. Amon: Sie glauben, es wird gut?!)

Die Frage lautet: Was kostet Sie das und was kostet uns das in Österreich? – Die Wissenschafter und Wissenschafterinnen verabschieden sich, wie sie das seit vielen Jahren und Jahrzehnten tun, und die Situation in Österreich wird dadurch nicht besser, sondern schlechter. Sie müssen dann mit Maßnahmen wie neue Wohnungen und Ähnliches mehr verzweifelt versuchen, sie aus dem Ausland wieder zurückzuholen. – Das ist ein ganz gravierender Punkt.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass Sie insgesamt einem Exzellenzzentrum, wo immer es dann sein wird, schlechte Startbedingungen verschaffen. Auf Grund dessen, wie Sie das jetzt abwickeln, wird es wenige Leute geben, die sich in Zukunft daran beteiligen wollen, die sich von Ihnen in dieser Art benützen lassen wollen, in der Sie jetzt offenbar diese so genannte Kerngruppe benützen, politisch instrumentalisieren.

Das heißt, abschließend kann man nur sagen: Dieser Preis ist einfach zu hoch für Österreich, nur damit Sie eine politische Inszenierung für die ÖVP vor der Wahl hier haben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

 


16.21.18

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundes­minis­terin! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu meiner Vorrednerin kurz gesagt: Machen Sie sich keine Sorgen, dieses Projekt wird leben, das ist keine Totgeburt, davon bin ich überzeugt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen auch gerne, warum. Der Titel der heutigen Dringlichen Anfrage der Grünen lautet: „Elite-Universität Maria Gugging: ein Scherbenhaufen“. Ein sehr dras­tischer Ausdruck, meine sehr geehrten Damen und Herren. Jetzt frage ich mich und fragen sich wahrscheinlich viele hier herinnen und auch alle anderen Bürgerinnen und Bürger: Was ist passiert, das diesen Ausdruck rechtfertigt? Was ist wirklich passiert? Stehen weniger Geldmittel als notwendig und erwünscht zur Verfügung? (Abg. Sburny: Die Forscher sind weg! Haben Sie es noch nicht verstanden? Die Leute, die dort arbeiten sollen, sind nicht mehr da! Blöde G’schicht!) Wird dieses Projekt finanziell ausgehungert, ausgetrocknet, wie Sie das immer gerne behaupten?

Die im Auftrag der Stadt Wien erstellte Machbarkeitsstudie hat objektiv festgestellt, dass für ein solches Projekt, für eine University of Excellence, Kosten für den Voll­ausbau in Höhe von 80 Millionen € notwendig wären. Tatsächlich hat das Land Nieder­österreich allein für die nächsten 20 Jahre beinahe 180 Millionen € zugesagt, und auch der Bund wird natürlich einen entsprechenden Beitrag leisten. Das heißt, es stehen ausreichend Geldmittel zur Verfügung, um dieses Projekt zu verwirklichen. – Das kann offensichtlich nicht der Grund sein.

Was kann noch passiert sein, was diesen Aufschrei von Rot und Grün verursacht hat? Wurde vielleicht eine Personalentscheidung getroffen, die Ihnen nicht ganz passt? Ist es das vielleicht? – Davon ist mir nichts bekannt. Es gibt keinen Grund für eine


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derartige Entscheidung, und es steht auch keine an. (Abg. Broukal: Die Wissen­schafter haben Personalentscheidungen für sich ...!)

Was kann es wirklich sein, das solche Aufregung verursacht, das den Ausdruck „Scherbenhaufen“ rechtfertigt? – Ganz einfach, Sie haben es ja heute mehr als deutlich gesagt: Es ist eine Standortentscheidung gefallen. Es ist eine Entscheidung gefallen, ob diese Elite-Universität, wenn wir sie schon so nennen, zehn oder 15 Kilometer weiter nördlich oder weiter südlich liegt. Sie wollen uns weismachen, dass das für einen Wissenschafter einen Unterschied macht, ob zehn oder 15 Kilometer weiter nördlich oder weiter südlich! (Abg. Sburny: Wir sagen, dass die, die das machen sollen, das nicht mehr machen! Und das können Sie nicht bezweifeln!) Also wenn Sie das wirklich als Grund heranziehen wollen, dann kann ich nur sagen, das ist nicht nachvollziehbar. Das zeigt, dass es keine sachlichen Gründe gibt.

Was kann wirklich der Grund sein? Was ist der Grund für Ihre Ablehnung? Mir kommt da schon ein ziemlich schlimmer Verdacht, auch angesichts der Diskussionen der letzten Wochen und Monate. Es geht Ihnen nicht um eine Sachentscheidung, denn dafür gibt es keinen Grund. Ob St. Marx, ob Aspern, ob Klosterneuburg, das ist, glaube ich, aus internationaler Sicht nicht wirklich von Bedeutung. Aber es geht Ihnen darum – und das ist für die SPÖ, für Sie, Herr Broukal, für Herrn Gusenbauer ja noch ein­zusehen –, es geht Ihnen ganz allein darum, aus vielleicht parteipolitischen Gründen Ihrem Freund Michael Häupl zur Seite zu stehen und daher zu sagen, es darf nur Wien sein, so etwas kann nur in Wien stehen, weil Michael Häupl das will und weil Wien das einfach braucht. – Das ist offensichtlich der Hintergrund für diese ganze Aufregung. (Abg. Broukal: Da haben Sie aber jetzt gerade nicht zugehört! – Abg. Dr. Puswald: Die Wissenschafter ...!) Nein, nicht die Wissenschafter, Sie tun das, Sie machen das. Sie wollen das, was Michael Häupl, was die SPÖ in Wien vielleicht versäumt hat – Kollegin Brinek hat das ja schon ausgeführt –, jetzt um jeden Preis aufholen.

Jetzt frage ich mich aber: Was bewegt die Grünen dazu? (Abg. Sburny: Sie hätten zuhören können, statt jetzt Ihre vorgeschriebene Rede zu halten!) Da, muss ich sagen, fällt mir nur ein einziger Grund ein: Das ist vielleicht schon eine Vorleistung für die gewünschte rot-grüne Koalition nach der nächsten Wahl. Ist das der Grund dafür, dass Sie hier jetzt so vehement für Wien in die Bresche springen? Ist das der Grund dafür, dass Sie sagen: Niederösterreich kommt für uns nicht in Frage!? Dazu muss ich Ihnen sagen, meine lieben Damen und Herren von den Grünen, da ist das noch ehrlicher, wie die SPÖ hier agiert.

Wenn Herr Broukal sagt, für Niederösterreich geben wir sicher kein Geld her, dann ist das wenigstens ehrlich. (Abg. Broukal: Was? Das Gegenteil habe ich gesagt vor zehn Minuten!) Wenn Herr Klubobmann Gusenbauer sagt, die Entscheidung für einen Standort in Klosterneuburg – das ist, wie gesagt, nur wenige Kilometer vor den Toren Wiens – ist Dummheit, dann ist das wenigstens noch ehrlich. Damit sagt er wenigs­tens, er hat keine sachlichen Gründe, sondern er lehnt es einfach aus anderen Grün­den ab. Wie man das im Übrigen bei jemandem zu qualifizieren hat, der wie Herr Klubobmann Gusenbauer Spitzenkandidat bei der Nationalratswahl in Niederösterreich war und es angeblich auch bei der nächsten Nationalratswahl wieder sein wird, das sollen die Wählerinnen und Wähler in Niederösterreich beurteilen. Ich glaube, diese werden sicherlich eine klare Antwort darauf geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen! Ich empfinde das wirklich als sehr schmerzhaft (Abg. Öllinger: Na geh, bitte!), dass Sie für diese Sache hier nicht nur eine Vorleistung erbringen wollen, sondern dass Sie offensichtlich versuchen, sehr seriöse Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter auf der ganzen Welt in Geisel­haft zu nehmen. Das ist der Hintergrund, den Sie versuchen, uns hier weiszumachen.


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Herr Kollege Broukal hat behauptet, alle Wittgenstein-Preisträger haben das abgelehnt. Das ist überhaupt nicht wahr. Der Sprecher der Wittgenstein-Preisträger hat das abgelehnt, aber es gibt viele Wittgenstein-Preisträger, die durchaus Sympathien auch für den Standort Gugging haben. (Abg. Broukal: Welche? Nennen Sie nur einen Namen, bitte! – Abg. Öllinger: Sagen Sie uns einen Namen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, diese Standortentscheidung war eine wirklich gute Entscheidung, und ich denke, dass wir alles daransetzen werden – auch die Wählerinnen und Wähler werden das machen –, dass diese Standortent­scheidung auch nach der nächsten Wahl aufrecht bleibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen! Ich hoffe, dass Sie sich halt nur nicht getäuscht haben mit Ihrer Vorleistung für die rot-grüne Koalition und dass Ihnen die Wähler und Wählerinnen nicht einen Strich durch diese Rechnung machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


16.27.12

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Hohes Haus! Herr Kollege Donnerbauer, niemand von uns hat gemeint, ausschließlich Wien käme in Frage, aber alle von uns haben gesagt, wir können uns natürlich auch Niederösterreich als Standort vorstellen! Wir haben einen Weitblick – im Gegensatz zu Ihnen –, und uns geht es darum, dass wir WissenschafterInnen, For­scher und Forscherinnen einbinden in diese so wichtige Angelegenheit und sie nicht von den Befindlichkeiten eines Landeshauptmannes, der eine Geldspritze zugesagt und dafür diesen Standort ausgesucht hat, abhängig machen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Außerdem finde ich es wirklich bemerkenswert, dass der Landeshauptmann in ganz Niederösterreich plakatiert: Österreichs erste Elite-Uni kommt nach Klosterneuburg; er schreibt nicht einmal Maria Gugging. Die Bevölkerung von Maria Gugging wird sich beim Herrn Landeshauptmann dafür bedanken, dass ihr Ortsname nicht einmal er­wähnt wird. Außerdem liegt der Gesetzesantrag erst heute vor, wird dem Wissen­schaftsausschuss erst zugewiesen – aber der Landeshauptmann plakatiert schon! Das ist typisch. Dieser Landeshauptmann hat das Ansehen Niederösterreichs genau in dieser Sache schwer beschädigt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn es Pröll wirklich wichtig wäre, dann hätte er in dieser Frage Niederösterreich nicht so kleinbürgerlich und unprofessionell großen Schaden zugefügt. (Ironische Heiter­keit bei der ÖVP.) Um die Reputation Niederösterreichs ist es sowohl im Inland als auch im Ausland viel schlechter bestellt, seit er sich so aufgeführt hat.

Frau Bundesministerin Gehrer, wir haben nur mehr 0,98 Prozent des Bildungsbudgets für die Unis. Wir haben nur mehr 0,13 Prozent des Bildungsbudgets für Erwachsenen­bildung. Es gibt gerade 100 Millionen € für diese Spitzenforschungseinrichtung, den Rest wird, wie wir soeben gehört haben, Niederösterreich beitragen. (Abg. Dr. Brinek: Wieso wissen Sie das? Was Sie alles wissen!) Wenn Ihnen Ihre Bildungspolitik wirklich wichtig wäre, Frau Bundesministerin, dann hätten Sie diese Entscheidung auch nicht in der Form getroffen. (Abg. Hornek: Schauen Sie sich die Arbeitslosenzahlen in Wien an!)

Weil aber beide ÖVP-Spitzenfunktionäre sind, meine sehr geehrten Damen und Herren (Abg. Dr. Brinek: Wer?), haben Sie Ihr Verantwortungsgefühl zugunsten meiner An-


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sicht nach schwarzer Spielereien mit höchstem Geldeinsatz aufgegeben und nicht darauf geachtet, dass wir gemeinsam mit allen konsensual versuchen, die Einrichtung eines Spitzenforschungsinstitutes hier in Niederösterreich oder wo auch immer zu etablieren. (Abg. Rädler: Wo? Wo?)

Selbstverständlich sind wir als sozialdemokratische Politikerinnen und Politiker für eine derartige Einrichtung. Ja, das ist eine riesengroße Chance. Aber was sollen wir bitte mit einer Elite-Uni ohne Elite? (Rufe bei der ÖVP: Aber hallo!) Das hat Kollegin Sburny gerade gesagt. Diese Elite hat sich nämlich von Ihnen verabschiedet. Nennen Sie mir bitte einen Wittgenstein-Preisträger, der sich für dieses Projekt in dieser Form noch ausspricht! Ich möchte gerne Namen hören.

Herr Landeshauptmann Pröll hat gesagt, Zeilinger habe die Türe zugemacht. – Ich frage Sie: Wer hat ihn denn rausgeschmissen? (Rufe bei der ÖVP: Niemand! Er ist selber gegangen!) Wer hat ihn denn rausgeschmissen mit Worten, die eines Landes­hauptmannes von Niederösterreich wirklich nicht würdig sein sollten? Das war mehr als enttäuschend!

Der Landeshauptmann von Niederösterreich agiert ähnlich abenteuerlich in vielen anderen Bereichen. Erwähnt seien zum Beispiel seine Aussagen zum Fahrplan für die Elite-Uni. Im April stehen die Bagger vor der Tür, und im September werden die ersten Büros funktionstüchtig sein, so Pröll. Das ist zum Beispiel vergleichbar damit: Landes­hauptmann Pröll verspricht der Bevölkerung eine Brücke, die Bevölkerung sagt: Aber wir haben ja gar keinen Bach!, worauf der Landeshauptmann sagt: Den kriegt ihr auch noch! – Genauso hat er in der Frage Elite-Uni agiert, und das ist fahrlässig. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Frau Bundesministerin! Wenn Sie vom Herrn Landeshauptmann schon einen Standort-Vorschlag mit viel Geld, das er da in die Hand nimmt, erhalten, dann frage ich Sie: Haben Sie ihm im Gegenzug zwei, drei, vier Namen von Wissenschaftern oder Wis­sen­schafterinnen nennen können, die auch bereit wären, in dieser Spitzenfor­schungseinrichtung tätig zu sein? Ich habe von Ihnen noch keinen einzigen Namen gehört. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Pröll macht gerne Spatenstiche, meine sehr geehrten Damen und Herren! Er ist ein Spatenstich-Experte, das wissen wir, ich war sogar schon bei einigen dabei – aber oft kommt nachher nichts mehr. Das Fernsehen ist immer dabei, aber dann passiert nichts mehr. Daher bin ich mir gar nicht sicher, ob diese Universität in Maria Gugging auch tatsächlich errichtet wird, weil das von den Forschern und Forscherinnen in dieser Form heute ohnehin niemand will.

Daher sage ich Ihnen zum Abschluss Folgendes, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten begrüßen ausdrücklich eine Spitzenforschungseinrichtung in Niederösterreich, ja – und das wurde auch in der Aktuellen Stunde im Landtag von uns thematisiert –, aber bitte mit Fingerspitzengefühl und nicht mit dem Polithammer, so wie es Landeshauptmann Pröll gemacht hat. Wir wollen alle einbinden und fordern daher ein Zurück an den Start. Wir wollen ein gemeinsames Konzept und endlich zu einer sachbezogenen Arbeit zurückkehren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

16.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.

 


16.32.43

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Heinisch-Hosek, ich


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begrüße Ihre Aussage, dass Sie für ein Exzellenz-Institut in Niederösterreich sind. Ich gratuliere, dass Sie genauso wie Ihr Kollege Broukal zu dieser Erkenntnis gekommen sind. Viel wichtiger aber wäre noch, wenn Sie auch den Weitblick, den Sie zuerst gefordert haben, hätten, damit Sie sagen könnten: Bitte so schnell wie möglich dieses Exzellenz-Institut umzusetzen! Das gerade auch im Hinblick darauf, dass erst letzte Woche EU-Kommissionspräsident Barroso das Europäische Technologieinstitut vor­gestellt hat, das ja aus einem Netzwerk von Exzellenz-Zentren entstehen soll. Da ist jegliche Verzögerungstaktik, die Sie jetzt an den Tag legen wollen, absolut fehl am Platz. Es ist höchste Zeit, dass wir in Österreich ein Exzellenz-Zentrum aufbauen, dass bei uns ein Spitzenforschungszentrum zur Verfügung steht, dass wir europaweit mit im Spitzenfeld der Forschung liegen. (Abg. Heinisch-Hosek: Speed kills!)

Frau Kollegin Sburny, Sie werden, denke ich mir, nicht sehr erfreut sein, wenn Sie von den Regierungsparteien immer wieder hören müssen, dass sich Österreich in der Forschung auf einem sehr guten Weg befindet, dass wir im Spitzenfeld liegen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Sburny – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Aber das ist ein Witz!) Frau Kollegin Sburny! Wir sind eines der wenigen Länder in der ganzen EU, die überhaupt die Möglichkeit haben, das Lissabon-Ziel zu erreichen, und wir haben eine sehr, sehr gute Entwicklung. (Abg. Sburny – noch immer ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Sie kennen das, und Sie wissen, dass das ein Witz ist!)

Sie wollen die Zahlen oft nicht hören, denn die Zahlen sind wirkliche Fakten, und damit tun Sie sich natürlich schwer. Sie tun sich wirklich schwer damit (Abg. Sburny: Das ist eine Zumutung!), wenn Sie hören, dass unsere Forschungsquote von 1,88 Prozent im Jahr 1999 auf 2,35 Prozent gestiegen ist! Das hören Sie nicht gern, das ist mir schon klar, weil das sehr positiv ist. Es wird auch in Zukunft noch sehr viel investiert werden, um das Forschungsland Österreich noch besser zu finanzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dieser Forschungserfolg begründet sich nicht nur auf den finanziellen Mitteln, sondern ich möchte auch noch insbesondere die steuerlichen Anreize erwähnen, die vor allem Klein- und Mittelbetrieben zur Verfügung stehen, sowie eine Strukturreform, durch die endlich einmal die Forschungsförderungen geballt wurden, sodass es für jeden, der eine Forschungsförderung haben will, einfacher ist, an diese heranzukommen.

Eines ist klar, und das haben Sie oft bemängelt, daher wundert es mich, dass Sie das jetzt wieder nicht wollen: Die Grundlagenforschung in Österreich weist nach wie vor ein Defizit aus. Daher soll jetzt genau hier ein Spitzenforschungsinstitut eingerichtet werden, um diesem Defizit entgegenzutreten. Es ist wirklich wichtig, dass wir die Mög­lichkeit haben, dieses Exzellenz-Institut so schnell als möglich einzurichten und aufzubauen, den Forschern Arbeitsbedingungen zu bieten, dass sie wirklich unter besten Bedingungen forschen können, und dafür zu sorgen, dass die Forscher in Österreich bleiben beziehungsweise nach dem Sammeln internationaler Erfahrungen wieder nach Österreich zurückkommen.

Folgendes ist mir ganz wichtig zu erwähnen: In den Rahmenbedingungen rund um dieses Exzellenz-Institut ist verankert, dass ein Schwerpunkt darauf gelegt worden ist, dass es zu einer Vernetzung mit allen Exzellenz-Zentren in Österreich kommt – mit den Universitäten, aber auch mit außeruniversitären Institutionen –, denn ein Exzellenz-Institut kann nur dann auch wirklich erfolgreich agieren, wenn es an die Universitäten in Österreich, aber auch an die Universitäten in Europa angebunden wird.

Eines ist wirklich schade, wir haben das in der Debatte ja immer wieder gehört, nämlich dass die Standortfrage dieses ganze Projekt so madig macht. Frau Kollegin Heinisch-Hosek hat gemeint, wir sollen Namen von Wissenschaftern nennen, die sich positiv zu


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diesem Standort bekennen. Ich darf dazu aus den „Oberösterreichischen Nachrichten“ von letzter Woche zitieren. Herr Professor Buchberger, der nicht unbekannt ist als Begründer des renommierten Softwareparks in Hagenberg, hat hier etwas ge­schaf­fen – auch auf der so genannten grünen Wiese, zwar in einem Schloss, aber ohne Infrastruktur –, mit ganz tollen Spin-offs, die jetzt vorhanden sind. Und Buch­berger sagt – ich zitiere wörtlich –: „Zeilinger hätte bei Gugging einen Freudenschrei machen müssen.“

Das aus dem Munde eines wirklich sehr renommierten Wissenschafters, der ein sehr gutes Institut in Oberösterreich aufgebaut hat und der sich auch vernetzt mit Linz, obwohl das nicht nur 5 Minuten entfernt liegt, sondern auch eine gewisse Distanz zurückzulegen ist. Für diesen Wissenschafter ist es anscheinend kein Problem, sich mit anderen Instituten zu vernetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition! Es wäre wirklich wichtig, dass wir im Sinne der Forschung und Wissenschaft alle Kräfte miteinander bündeln und dass wir gemeinsam so rasch als möglich die Einrichtung dieses Exzellenz-Instituts unter­stützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.38


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. Ich erteile es ihm.

 


16.38.26

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte gemeinsam mit Ihnen ein paar Zahlen über­legen, die es mir schwer machen, an einen Erfolg dieser Institution zu glauben. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Mit dem Universitätsgesetz 2002 wollten Sie, Frau Ministerin – mit Ihren eigenen Worten –, viele Weltklasse-Unis in Österreich etablieren. Angesichts dieser vielen Weltklasse-Unis fragen sich natürlich einige Leute: Was soll da noch ein Exzellenz-Institut? Ist das nicht sozusagen eine Superlative der Superlativen? Die Bundes­regierung weiß ja schon gar nicht mehr, welche Worte sie finden soll. Im Hinblick auf die tatsächlich triste Situation an den Universitäten ist das in meinen Augen eher Zynismus.

Damit wir aber vom falschen Stolz, der da rausposaunt wird und vielleicht angesichts des Wahlkampfs die tatsächlichen Verhältnisse übertönt, ein wenig runterkommen, möchte ich ein paar Vergleichszahlen bringen; Kurt Grünewald hat ja schon damit begonnen. Das MIT, meine Damen und Herren, ist eine Weltklasse-Uni und hat ein Jahresbudget von 2 Milliarden Dollar; umgerechnet sind das zirka 2 Milliarden €, nur damit wir später damit rechnen können.

Über die Kosten der Exzellenz-Uni ist nicht sehr viel bekannt. Wir wissen, dass sie in den ersten Jahren 22 Millionen € kosten soll – laufend, jährliche Kosten – und dass diese Kosten nach zehn Jahren auf 70 Millionen € steigen sollen.

Jetzt muss man aber dazu wissen, dass diese 22 Millionen für 50 Wissenschafter und Wissenschafterinnen gedacht sind und dass dann nach zehn Jahren 500 For­scherinnen und Forscher dort arbeiten sollen. Das ist natürlich schon eine eigenartige Rechnung: Zehnmal so viele Forscherinnen und Forscher brauchen nur ein dreifach so hohes Budget. Da kann ja irgendetwas nicht stimmen. Ich denke, das ist wenig glaub­haft. Hoffentlich kommt es später nicht zu bösen Überraschungen. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Warum habe ich das mit dem MIT zuerst erwähnt? – Weil dort 5 000 Wissenschafter und Wissenschafterinnen arbeiten! Und wenn man den Betrag von 2 Milliarden


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dividiert, kommt man genau auf diese 200 Millionen €, die tatsächlich für diese 500 Wis­senschafter bei uns benötigt werden würden.

Jetzt haben Sie uns heute einen Antrag vorgelegt, in dem eigentlich das, was die Arbeitsgruppe als Endbericht herausgebracht hat, nicht ganz übernommen wurde und wird. (Abg. Dr. Brinek: Aber in weiten Teilen!) – Ja, ich kann Ihnen sagen, in welchem Teil. (Abg. Dr. Grünewald: Aufsichtsrat!) Statt 500 ForscherInnen wollen Sie nach zehn Jahren plötzlich nur mehr 300 Forscherinnen und Forscher haben. Das sind 200 weniger! (Abg. Dr. Brinek: Wenn es 5 000 sind, ist es uns auch recht!)

Ich kann Ihnen dazu die Arbeitsgruppe zitieren, die im Bericht vorsichtig Folgendes schreibt: In zehn Jahren eine weitere, kleine Universität zu haben, die durch­schnitt­lichen Ansprüchen genügt, lässt eine Neugründung nicht rechtfertigen. – Zitatende.

Das heißt: Wir haben es hier natürlich mit einer Verringerung zu tun, was die Zahl der ForscherInnen betrifft, mit einer Verringerung, was die Qualität der Forscher und Forscherinnen betrifft. Das gilt auch für die Geldmittel – das habe ich Ihnen gerade vorgerechnet – und auch für den Standort.

So wird das Ganze meiner Meinung nach – und nicht nur meiner Meinung nach – in eine Richtung laufen, wie sie von der Arbeitsgruppe als worst case abgelehnt wird: Niederösterreich bekommt eine durchschnittliche, kleine Universität. (Abg. Dr. Brinek: Wer sagt denn Universität?)

Es steht noch etwas in diesem Antrag, was auf diese Provinzialität hinweist. Frau Dr. Brinek, schauen Sie sich einmal § 6 an! Dort steht nämlich, dass von den sieben Kuratoren und Kuratorinnen drei vom Land Niederösterreich bestellt werden. – Vier von der Bundesregierung, drei vom Land Niederösterreich: Das ist Ihre provinzielle, „unab­hängige“ Forschungspolitik, die Sie betreiben, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Das ist internationaler Standard! Von internationalem Standard haben Sie noch nie etwas gehört?!)

Spannend wird für mich noch die Frage, ob Maria Gugging Klosterneuburg einge­meindet werden muss, damit es Uni Klosterneuburg heißen darf.

Was mir an dem Ganzen ganz eindeutig erscheint, ist, dass das ein aufgeblasenes Instrument für die kommenden Nationalratswahlen ist. (Abg. Dr. Brinek: Geh bitte!) Ich möchte Ihnen dazu noch einen Vergleich bringen. Im Jahr 1998 ist ein ähnlicher Fall aufgetreten. Da wurde auch vom Wissenschaftsressort die so genannte Galerie der Forschung zur internationalen Positionierung österreichischer Wissenschaft gefordert, und diesem Wunsch wurde tatsächlich entsprochen. Seither sind acht Jahre vergan­gen, und Jahr für Jahr sind viele Millionen Euro in diese Galerie der Forschung geflossen, und diese Gelder sind komplett den Bach runtergegangen. Wenn Sie sich die Homepage dieser Galerie der Forschung heute ansehen, dann ist da einmal im Jahr ein Referat zu finden, an Publikationen gibt es gar nichts. Jetzt steht die Ein­richtung vor dem Aus.

So gehen Sie mit den Steuergeldern um, meine Damen und Herren! Und das war damals nichts anderes als eine Übung für eine Exzellenz-Universität. Ich kann nur sagen, diese Übung ist Ihnen wirklich nicht gelungen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Die Dringliche Anfrage ist auch nicht gelungen!)

16.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 



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16.44.21

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich dem nur anschließen: Die Dringliche Anfrage ist auch nicht sehr gelungen, denn darüber, was zuletzt Kollege Zinggl, aber auch andere vorgebracht haben, bin ich wirklich erschüttert. Jetzt bemüht er schon das Prinzip Hoffnung. Irgendwie habe ich den Eindruck, Sie hoffen alle darauf, dass dieses ganze Projekt kein Erfolg wird. (Abg. Dr. Brinek: Genau!) Sie weinen zur falschen Zeit am falschen Grabstein. (Beifall bei der ÖVP.)

Bevor noch das Gründungskomitee überhaupt das Konzept vorgestellt und fertig gestellt hat (Abg. Sburny: Das „Gründungskomitee“?), kommen Sie schon und sagen: Es hat sich noch niemand dafür ausgesprochen, dass er nach Maria Gugging gehen wird. Ja, man soll sich erst dann dafür aussprechen, wenn einmal feststeht, wie überhaupt, mit welchen Forschungsschwerpunkten begonnen wird, aber nicht jetzt.

Für den Misserfolg des Projekts bringen Sie die Standortfrage ins Spiel, ausschließlich die Standortfrage. Da muss ich schon sagen: Sie beurteilen von der Ferne, als Fern­diagnose, dass das Projekt am falschen Standort aufgesetzt wird. (Abg. Dr. Grüne­wald: Vogelperspektive!) Meines Erachtens gibt es kein absolutes Projekt, das nur Vorteile oder nur Nachteile haben wird.

Mich wundert es ein bisschen, dass Sie mit solchen Argumenten kommen und dass Sie vor allem mit Professor Zeilinger als Beleg dafür kommen. Ich kenne seine Powerpoint-Präsentation von Anfang an, und da war Wien als Standort vorgesehen. (Abg. Dr. Brinek: Immer nur Wien!) Das spricht dafür, dass er eine gute persönliche und eine gleich bleibende Meinung hat, denn er hat in seinen Charts die Staatsoper, das Neujahrskonzert und den Standort Wien drinnen. (Abg. Dr. Brinek: Lipizzaner!)

Aber im Endeffekt ist er doch unbeweglich, wenn er dann bei einer objektiven Aus­schreibung nicht von seiner Meinung abweichen kann und sagt, entweder Wien oder gar nichts. Das spricht daher nicht dafür, dass hier nicht objektiv vorgegangen worden ist, sondern das spricht eigentlich gegen Professor Zeilinger, was ich bedauere, weil er in der Form sehr viele Ideen für das Projekt eingebracht hat.

Was mich auch ein bisschen wundert, das ist der Zugang des Herrn Professor Van der Bellen. Herr Professor, ich muss schon sagen, irgendwo finde ich diese Diskussion beziehungsweise Ihre Meinung fast kleinkariert, wenn Sie mit Fußminuten kommen, um die Entfernung des Standortes der Uni vom Zentrum von Wien zu bemessen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Vom Campus!)

Wir leben in einer international vernetzten Welt, wir haben ein virtuelles Denken. Wenn vom European Institute of Technology gesprochen wird, stellt sich auch die Frage: Wie vernetzen wir uns in Europa mit welchen Städten in Amerika? – Und Sie kommen mit Fußminuten zum Campus! Da muss ich ganz ehrlich sagen: In welcher Welt leben Sie eigentlich? (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Punkt ist: Herr Zinggl hat gerade angesprochen, das Kuratorium sei so und so zusammengesetzt. – Ich finde es bedauerlich, wenn Sie so denken. Da ist Ihr Denken eigentlich beispielgebend, aber negativ, denn nehmen Sie die Steiermark, was wäre denn dort? Es würde genauso politisch hinterfragt werden, wenn der Standort dort wäre. (Abg. Dr. Van der Bellen: Ja eh!) Da hätte sich dann eben der Landes­hauptmann oder die Landeshauptfrau durchgesetzt. Daher: Lassen Sie doch die Entscheidung Entscheidung sein und schauen Sie, dass – und jetzt kommt der wirklich wichtige Punkt – wir zur Umsetzung kommen!

Wir brauchen den Standort für die Wirtschaft, wir brauchen die Grundlagenforschung. Und auch da muss ich sagen: Ich finde Ihre Formulierungen in der Dringlichen Anfrage


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bedauerlich. Warum? Sie machen sich auf der einen Seite lustig, Herr Zinggl hat es ja illustriert mit diesen 2 Milliarden € oder US-Dollar, die das MIT zur Verfügung hat. Auf der anderen Seite hat er gesagt: 300 Wissenschafter wollen Sie dort nur haben! Das ist ja lächerlich!

Und Herr Professor Van der Bellen tritt dann da bei nächster Gelegenheit auf – das letzte Mal war es rund um das Bildungsbudget – und sagt: Ein Wahnsinn, wir haben zu wenig Mittel zur Verfügung, wir brauchen dort und dort noch Mittel. Aber das Nettodefizit darf auch nicht ansteigen.

Jetzt frage ich Sie, Herr Professor: Wie machen Sie es? Wo nehmen Sie das Geld her? – Auf der einen Seite kritisieren Sie, dass wir nicht 2 Milliarden US-Dollar haben, auf der anderen Seite sagen Sie, wir sollen sorgsam das und das und das machen. Das ist irgendwie widersinnig!

Zweitens: Mir fällt auch auf, dass Sie immer die Absolventen der Universität messen, vergleichen und dann sagen: Da haben wir noch zu wenige Absolventen im Vergleich zu anderen Ländern. – Sie sollten die Forscher messen, Herr Professor! (Abg. Dr. Van der Bellen: Beides!) Schauen Sie einmal, was Indien hat, was China hat, was andere haben! Und daher brauchen wir einerseits die Grundlagenforschung, andererseits brauchen wir den universitären Bereich.

Was ist mit der einen Milliarde, die man jetzt in einem Zehn-Jahres-Plan zur Verfügung gestellt hat? – Beides ist da. (Abg. Dr. Van der Bellen: Wo denn? Geh! Da ist gar nichts!)

Meines Erachtens ist mit dieser Entscheidung ein Zeitfenster aufgegangen. Ich war selber dabei und habe gehört, als seitens Zeilinger und Schuster gesagt wurde, wir brauchen die Entscheidung rasch. (Bundesministerin Gehrer: ... einem Jahr!) – Richtig! Man hat diese Entscheidung getroffen – und jetzt ist es wieder nicht recht. Jetzt frage ich Sie schon: Was wollen Sie? Einmal wollen Sie das, einmal das Gegenteil!

Damit komme ich zu Ihnen, Herr Broukal. Sie verfolgen irgendwie eine Kurvenpolitik. Zuerst: Nein, wir werden das revidieren. Heute haben Sie schon gesagt: Ja, aber. – Das finde ich alles interessant. Wahrscheinlich werden Sie dann genau zu dem kom­men wie bei den Universitäten: Eigentlich haben Sie schon immer gesagt, dass Gugging der richtige Standort ist. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube im Endeffekt, das ist die richtige Grundsatzentscheidung. Zur Frage, ob die Details auch stimmen werden: Ich bin relativ zuversichtlich, dass auch das passen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.50


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. Ich erteile es ihm.

 


16.50.06

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Kößl: Fang mit einer Entschuldigung an!) Das Projekt Maria Gugging ist für mich mit hoher Wahrscheinlichkeit die nächste Publi­kation in der Perlen-Reihe mit dem Titel „Wie man etwas nicht macht“. Es ist ein Synonym für verfehltes Projektmanagement. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wie komme ich eigentlich dazu? Wenn man sich die Erfolgsvoraussetzungen für ein Projekt überlegt, für diese Elite-Universität, worauf kommt man dann? Da muss man schauen: Was sind die Erfolgsfaktoren in Cambridge? Was sind die Erfolgsfaktoren beim MIT? Was sind die Erfolgsfaktoren beim Basel-Institut? Was sind die Erfolgs-


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faktoren beim Weizmann-Institut? (Abg. Dr. Brinek: Das liegt mehr als 70 km außerhalb der Stadt!) Man kann das fortsetzen. – Nein, erstens sind das nur 20 Minuten von Jerusalem, zweitens wissen Sie ganz genau, dass man in Jerusalem keinen Platz zum Ausbauen hat. (Abg. Dr. Brinek: Einigen wir uns auf Tel Aviv?) – 20 Minuten, das liegt dazwischen.

Was ist die erste Voraussetzung? – Die erste Voraussetzung für den Erfolg eines solchen Projektes ist, dass es ein so genanntes Blue Ribbon Panel gibt, eine verschworene Gruppe, die die Ideen eines solchen Projektes vorantreibt. Sie können das überall in all diesen erfolgreichen Instituten beobachten. Und das ist durch den Weggang von Schmidt, von Schuster, aber auch von Zeilinger zerbrochen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Es gab auch in Österreich so ein Projekt. Es gibt in Österreich noch heute ein erfolg­reiches Projekt aus den sechziger Jahren, das Institute for Advanced Studies, IHS, im Rahmen dessen Oskar Morgenstern und Paul Lazarsfeld Sozialwissenschafter mit höchster Ausbildung nach Österreich geholt haben. Herr Felderer hat das in der Zwischenzeit ein bisschen heruntergewirtschaftet, das wissen wir schon. Aber das war damals eine postgraduale Elite-Ausbildung in Österreich, in Mitteleuropa. Das fällt jetzt einmal weg.

Der zweite Punkt, der wichtig ist, ist, dass man junge, hungrige, schräge Wissen­schaf­ter braucht, die unkonventionell forschen. Und wenn sie diese Mentoren wie Schuster und Zeilinger verlieren, dann kommen sie nicht, dann haben sie diese Mentoren nicht. Daher ist das ein wichtiger Punkt. Dieser professorale Nährboden fällt weg. Daher ist der Standort wichtig. (Abg. Dr. Brinek: „Daher ist der Standort wichtig“! Genau!)

Ein dritter wichtiger Punkt ist die wissenschaftliche Freiheit. Jeder, der in der Wissen­schaft gearbeitet hat, weiß, was das bedeutet. Es ist wichtig, frei zu forschen, unabhängig von irgendwelchem Druck von außen. Und was genauso wichtig ist für diese junge Elite, ist, dass sie einen interdisziplinären Nährboden hat.

Ob Maria Gugging mit dem dortigen Umfeld ein interdisziplinärer Nährboden ist? – Das fällt mir dazu nicht gerade ein. Daher ist der Standort so wichtig.

Ein vierter Punkt, der immer wieder genannt wird und bei allen Evaluierungen zu Tage tritt, ist die finanzielle Ausstattung, und zwar nicht die einmalige, sondern die dauer­hafte! Daher muss man sich bei einer Bewertung überlegen – wer immer das dann fachlich richtig gemacht hat –, ob man dauerhaftes Fehlverhalten oder Standort­nach­teile mit einer einmaligen Ausstattung ausgleichen kann.

In diesem Zusammenhang hat mir einmal ein Amerikaner gesagt: You can’t beat the basics. – Also: Wenn der Standort nicht stimmt, dann kannst du das mit Geld nicht ausgleichen. Das Beispiel mit der Oper vorhin war vielleicht ein anderer Ansatz.

In diesem Zusammenhang, Herr Mitterlehner, ist mir schon wichtig, eines zu sagen: Die Wirtschaft finanziert mit. Die Industriellenvereinigung hat gesagt, sie wolle 30 Millionen dafür hergeben. Da fürchte ich, dass sich Veit Sorger schön langsam Sorgen darüber macht, ob sein Geld in diesen Standort auch richtig investiert wird.

Ein fünfter wichtiger Punkt, den man immer wieder findet, ist, es darf kein Anwen­dungsdruck herrschen. Grundlagenforschung agiert ohne Anwendungsdruck. Aber wenn eine Anwendung möglich ist, dann muss es die Möglichkeit geben, Gründer­zentren, wissenschaftliche Einrichtungen und Wissenschaftsparks zu implementieren, damit dort auch etwas angesiedelt werden kann. Und das ist natürlich in diesem Bereich nicht in diesem Ausmaß gegeben. Das muss aber auch gleichzeitig mit Risiko­kapital und mit entsprechendem Management unterstützt werden.


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Was sind meine Schlussfolgerungen? – Einige Experten und die Proponenten haben Maria Gugging als Standort abgelehnt. (Abg. Mag. Donnerbauer: Nein! Sieben zu eins!) Auch Schüssel, Gehrer und Pröll müssen akzeptieren: You can’t beat the basics. Und ein teurer Pilotversuch auf Kosten der öffentlichen Hand, auf Kosten von öster­reichischen und von niederösterreichischen Steuergeldern im Land der intellektuellen Speerspitze der ÖVP, wo einer behauptet, dass er nur ein Buch gelesen hat, nämlich „Der Schatz im Silbersee“, das halte ich für einen Schlag ins Gesicht für dieses Projekt.

Ich bin überzeugt, die nächste Publikation in der Perlen-Reihe wird folgen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Mitterlehner: „Der letzte Mohikaner“!)

16.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte.

 


16.55.44

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Die Entscheidung, dieses Institut in Nieder­öster­reich, konkret in Maria Gugging, einem wunderschönen Ort, anzusiedeln, ist zukunfts­weisend. Ich sage, es ist ein weiterer Meilenstein in der österreichischen und nieder­österreichischen Bildungslandschaft.

Wenn Sie, Herr Kollege Moser oder Frau Kollegin Heinisch-Hosek, so sehr gegen diesen Standort gewettert haben (Abg. Binder-Maier: Zuhören!), dann kann ich das nur auf eine plötzlich aufwallende Eifersucht auf Niederösterreich und die erfolgreiche Politik von Landeshauptmann Dr. Pröll und der niederösterreichischen Volkspartei zurückführen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man sich die Erfolge Niederösterreichs in den letzten Jahren anschaut, dann, so meine ich, dürfen Sie auch eifersüchtig sein. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Ich erinnere nur an MedAustron und andere Projekte. Aber merken Sie sich das: Eifersucht trübt den Blick. Und Ihr Blick scheint getrübt zu sein, denn Tatsache ist: Niederösterreich hat schon früh, und zwar im Oktober 2005, ein Top-Angebot gelegt, Wien hat erst im Jänner ein Angebot abgegeben. Allein daran erkennt man schon das wirkliche Interesse.

Tatsache Nummer zwei: Niederösterreich zahlt 180 Millionen €, Wien zahlt nur 120 Mil­lionen €. Auch an dieser Tatsache erkennt man, welch großen Stellenwert Bildung in Niederösterreich hat. Die Zahlungen für den laufenden Betrieb in der Höhe von 3 Millionen und der Gebäudewert in der Höhe von 35 Millionen seien auch noch erwähnt.

Tatsache Nummer drei ist: Die Lage des Areals und seine Größe eignen sich hervor­ragend. Ihr Argument, es fehle die Nähe zu einem Stadtzentrum, ist grotesk. Ich darf Ihnen schon sagen – Kollege Mitterlehner hat auch darauf hingewiesen –, die Vernet­zung erfolgt heutzutage nicht mit der Bim, sondern auf anderem Wege. Ich denke, dass nirgendwo Exzellenz-Institute nahe am Stadtkern sind; das Weizmann-Institut ist schon erwähnt worden.

Tatsache Nummer vier: Der Standort ist gut, weil er in eine landschaftlich, kultur­historisch und nicht zuletzt auch kulinarisch einzigartige Region eingebettet ist. Ich glaube, das ist auch ganz wichtig, vor allem was die Kultur anlangt. Ich verweise nur auf die Sammlung Essl und anderes.

Tatsache Nummer fünf: Herr Kollege Broukal, die Elite-Universität an einem Platz einzurichten, der historisch belastet ist, halte ich nicht, wie Sie gesagt haben, für nicht zielführend, sondern – im Gegenteil! – für den Ausdruck der humanitären Weiterent­wicklung unserer Gesellschaft. Geistig, wirtschaftlich und architektonisch ist diese Uni-


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versität sicherlich eine große Herausforderung, aber ich bin überzeugt davon, dass Bund und Land das hervorragend lösen werden.

Ich möchte nur ein Beispiel bringen: die Donau-Universität. Ich erinnere mich noch an die Diskussion, Herr Kollege Niederwieser, wie sehr Sie gegen diese Donau-Uni gewet­tert haben. Alle Ihre Kollegen waren auf Niederösterreich eifersüchtig und haben gegen dieses Projekt gearbeitet. Heute ist die Donau-Uni mit dem Campus Krems mit mehr als 3 000 Studierenden ein europäisches Modellprojekt. Und Sie lassen keine Gelegenheit aus, sich dort zu präsentieren.

Nehmen Sie zur Kenntnis, vor allem meine Kolleginnen und Kollegen aus Nieder­österreich: Sie können die Vorwärtsentwicklung in Niederösterreich, ja in ganz Öster­reich nicht bremsen! Ich finde es erschütternd, dass Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ Niederösterreich, sich gegen dieses Projekt aus­sprechen beziehungsweise nicht eindeutig Stellung beziehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie werden es erkennen und Sie werden es insgeheim auch schon wissen, aber es wäre schön, wenn Sie es zugeben könnten: Niederösterreich ist auf dem Weg zu einer Top-Ten-Region in Europa. (Abg. Gaál: Ihr müsst eure Wienfeindlichkeit vergessen!) Und dieses Institut ist ein weiterer Meilenstein dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

16.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer gemeldet. – Bitte.

 


16.59.50

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Kollege Moser hat in seinem Redebeitrag be­hauptet, dass sich mehrere Wissenschafter bei der Entscheidungsfindung rund um den Standort gegen Klosterneuburg ausgesprochen haben. (Abg. Brosz: Das kann man nicht berichtigen!)

Ich berichtige tatsächlich: Bei der Entscheidungsfindung waren acht Personen invol­viert. Sieben davon haben für den Standort Klosterneuburg entschieden und eine dagegen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brosz: War das eine tatsächliche Berichtigung, Herr Präsident?)

17.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. Ich erteile es ihm.

 


17.00.14

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Hohes Haus! In dieser sehr interessanten Diskussion kam nach meinem Dafürhalten der bemerkenswerteste Beitrag von Kollegin Bleckmann. Kollegin Bleck­mann weiß nämlich schon, dass dieses Projekt ein Fiasko wird. Kollegin Bleckmann weiß aber nicht nur, dass dieses Projekt ein Fiasko wird, sondern sie kennt auch schon die Schuldigen. (Abg. Dr. Bleckmann: Das waren aber nicht meine Worte!)

Hier an diesem Rednerpult, Kollegin Bleckmann, haben Sie nämlich vor etwa einer Stunde klar erklärt, die Opposition sei schuld, wenn aus diesem Projekt nichts wird. Weil wir uns getrauen, daran Kritik zu üben, weil wir es wagen, diese Entscheidung der Bundesregierung nicht mit Weihrauchfässern zu begrüßen, sondern kritisch zu beurteilen, sind wir schuld daran. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ihr seid Berufsjammerer!)

Kollegin Bleckmann und Kollege Scheuch! Das Recht, an der Bundesregierung Kritik zu üben, lassen wir uns von Ihnen nicht nehmen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)


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Das geht in Richtung Ihres ehemaligen Parteivorsitzenden Haider, der gemeint hat, wenn jemand im Ausland etwas Schlechtes über Österreich sagt, dann gehöre er eingesperrt. – Weit weg von dieser Meinung sind Sie ja nicht. (Abg. Scheibner: Sie wollten uns einmal alle miteinander einsperren! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich weiß schon, dass er mit Ihnen nichts mehr zu tun hat. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich! Wenn Sie nichts zu reden haben, dann gehen Sie wieder hinein!)

Es gibt natürlich schon einen guten Grund für diese Eile, dafür, das so schnell über die Bühne bringen zu wollen, und es gibt einen guten Grund, die Wissenschafter unter Druck zu setzen, wie das ja Herr Professor Zeilinger sehr klar zum Ausdruck gebracht hat, nämlich: Die Nationalratswahl steht bevor. (Abg. Scheibner: Reden Sie einmal mit Ihrem Wissenschafter, damit Sie wissen, wo Sie dafür und wo Sie dagegen sind!)

Nicht nur bei der Wahl des Standortes Gugging und bei der Bestellung der ent­sprechenden Gremien für Gugging ist Eile geboten, wenn man das parteipolitisch besetzen will, so wie Sie das all die Jahre getan haben (Abg. Scheibner: Das ist anscheinend das einzige Thema, das Sie interessiert!), sondern auch bei den päda­gogischen Hochschulen, wo ich das heute schon erlebt habe. (Bundesministerin Gehrer: Sieben Jahre!) Auch da muss das rasch geschehen, damit die ent­sprechen­den Gremien noch schön schwarz und orange besetzt werden können.

Genauso ist es bei Gugging. Und das ist ein Eingeständnis dessen, dass Sie wissen, was Ihnen bei der nächsten Nationalratswahl bevorsteht, nämlich das Ende dieser Koalition. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir haben uns durchgesehen, was die Wissenschafterinnen und Wissenschafter als Voraussetzungen für das Gelingen dieses Projektes genannt haben. Ich denke, wer das durchliest, der wird schwerlich zur Überzeugung kommen, dass Gugging so ein toller Standort ist. Selbst Kollegin Brinek hat zumindest das Wort „suboptimal“ dafür gefunden.

Ich zitiere aus dem Bericht der Expertengruppe:

Die Anbindung der neuen Einrichtung an einen internationalen Flughafen sowie an eine innerstädtische, sehr gute öffentliche und private Verkehrsanbindung zu anderen Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen muss gewährleistet sein. – Ende des Zitats.

Ich frage Sie: Welche Ihrer Rednerinnen und Redner hat behauptet, dass diese Bedin­gung erfüllt wäre. – Sie ist nicht erfüllt!

Oder: die Möglichkeit einer Clusterbildung, die Nähe zu anderen Universitäten, die Möglichkeit der Ansiedlung von Wissenschaftsparks. – Das ist noch einigermaßen gegeben. (Abg. Dr. Brinek: Lesen Sie unseren Antrag!)

Oder: gute Erreichbarkeit von internationalen Schulen, ein erstklassiges Freizeit- und Kulturangebot. – Kollege Brader hat es zumindest mit dem Beispiel der Gastronomie in Klosterneuburg zu begründen versucht. Das ist auch etwas – aber ich denke nicht, dass die Autoren dieses Papiers das damit gemeint haben, Kollege Brader.

Was die Experten noch sagen und was Sie hingegen sträflich vernachlässigen, ist, dass alle Entscheidungen, so die beiden Wissenschafter Zeilinger und Schuster, von einem breiten Konsens von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft getragen werden sollen. Das ist eine Grundvoraussetzung!

Also von einem Konsens in der Politik kann keine Rede sein, es sei denn, der Konsens in der Politik besteht darin, dass sich die Bundesregierung mit dem nieder­österreichi-


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schen Landeshauptmann einig ist. Ob das ein breiter politischer Konsens ist, sei dahin­gestellt.

Was den breiten Konsens in der Wissenschaft, Kollegin Brinek, anlangt, so muss ich sagen: Einen einzigen Namen habe ich in der ganzen Diskussion gehört, und zwar den von Professor Buchberger. Ich muss mir das noch einmal genauer ansehen. Bei allen anderen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern, die sich bisher dazu geäußert haben, war von einem breiten Konsens schon die Rede, aber von einem breiten Konsens gegen dieses Projekt. Da denke ich, da brechen Sie etwas übers Knie, was nicht sein sollte und was diesem Projekt sicher nicht gut tut.

Eines wäre schon wichtig: eine Exzellenzeinrichtung im Bereich der Forschung. Es ist europäisch gesehen wichtig, dass wir die besten Wissenschafterinnen und Wissen­schafter halten, zurückholen und für andere aus aller Welt als Standort zur Verfügung stehen. Das ist auch ein europäisches Anliegen.

Wenn wir das als ein europäisches Anliegen sehen, nämlich dass Österreich als Stand­ort für eine solche europäische Einrichtung in Frage kommt, dann sieht es, denke ich, mit Gugging überhaupt schlecht aus. Und wenn jedes europäische Land – und da sollte es, wie wir wissen, ungefähr fünf bis zehn solcher Einrichtungen geben – an­fängt, solche kleine Guggings zu machen, dann wird auch dieses europäische Projekt ein Misserfolg werden.

Wir appellieren daher an Sie: Hören Sie auf die Einwände, die da kommen! Tun Sie sie nicht ab, als wären es parteipolitische! Es geht uns in der Zielsetzung auch um unsere Wissenschafter. Es geht uns um diesen Standort – aber nicht mit dieser Entscheidung und nicht mit diesem Gesetz! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

17.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Brinek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.06.45

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollege Niederwieser hat gesagt, ich hätte mich zum Standort Maria Gugging oder Klosterneuburg in der Weise geäußert, dass ich es als „suboptimal“ be­zeichnet habe. Kollege Niederwieser kann sich dabei auf ein „Standard“-Zitat berufen haben. Ich muss den „Standard“ vor Niederwieser in Schutz nehmen.

Ich zitiere den „Standard“:

„VP-Wissenschaftssprecherin Brinek, lange Fürsprecherin einer Zwei-Länder-Lösung, kritisierte ‚als Wienerin‘ das aus ihrer Sicht zu lasche Engagement Wiens bei der Bewerbung, gab aber auch – verklausuliert – zu, dass das von Zeilinger und Co. verwendete Wort ‚suboptimal‘ nicht das falscheste ist:“

Also verklausuliert ist das Wort von Zeilinger.

Jetzt Brinek im O-Ton – siehe „Standard“ –: „Die Entscheidung für Gugging ist nicht eine, die zu 99 Prozent richtig und zu einem Prozent falsch ist.“

Dazu stehe ich! Es genügen auch schon 60 zu 40 Prozent. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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139. Sitzung / Seite 151

17.07.48Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zu einer kurzen Debatte über den Antrag des Abgeordneten Ing. Kaipel, dem Finanzausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 464/A der Abgeordneten Ing. Kaipel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung-Gesellschaft mit beschränkter Haftung geändert wird, eine Frist bis 28. März 2006 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung des Antrages über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

 


17.08.40

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahre 2001 haben die Regierungsfrak­tionen hier im Hohen Haus das Bundesbeschaffungsgesetz beschlossen. Seit damals beschaffen alle Bundeseinrichtungen zentral über Wien, mit dem Ergebnis, dass diese Lieferungen, die früher Tausende kleine Unternehmen bewerkstelligt haben, heute eine Handvoll großer Unternehmen übernommen haben. Diese nehmen jetzt eine Monopol­stellung bei den Lieferungen ein. Diese Änderung bei der Bundesbeschaffung hatte zur Folge, dass viele kleine Unternehmen heute praktisch nicht mehr Partner dieser Bun­desstellen sind, und das hat bewirkt, dass deren Umsätze gegen null gegangen sind. Letztlich wurden dadurch viele Jobs vernichtet.

Des Weiteren gibt es zahlreiche Klagen über mangelnde Qualität. Man klagt auch darüber, dass die Lieferungen heute teilweise sehr lange dauern und dass es Falsch­lieferungen und Lieferungen, die nicht in Ordnung sind, gibt.

Zur Behauptung des Finanzministers, diese Einrichtung würde Kosten sparen – es wird da von 50 Millionen gesprochen –, muss ich sagen, dass der Herr Finanzminister bis heute diese Einsparungen nicht nachweisen konnte. Im Gegenzug dazu kann ich nach­weisen, dass viele Beschaffungen heute teilweise wesentlich teurer sind, als das zur Zeit vor der Errichtung der Bundesbeschaffung-Gesellschaft der Fall war. Es gibt Produkte, die heute um einen bis zu 700 Prozent höheren Preis eingekauft werden als seinerzeit.

Auch die Ausschreibungen enthalten Bedingungen, bei welchen die kleinen Unterneh­men keine Chance mehr haben. Es gibt viele Beispiele dafür; ich möchte nur zwei anführen.

Es werden in großen Warenkörben 360 Produkte und auch mehr ausgeschrieben, und wenn ein Produkt davon nicht geliefert werden kann, dann ist man nicht mehr mit dabei oder man muss nachweisen können, dass in der letzten Zeit innerhalb einer kurzen Phase Aufträge in der Größenordnung von einer Million Euro umgesetzt wurden. Das heißt, die Bedingungen werden immer konkret auf bestimmte Lieferanten abgestimmt.

Natürlich ist es notwendig, dass diese Unternehmen versuchen, einen Ausgleich her­zustellen, wenn sie nicht sterben wollen. Das ist aber nur teilweise möglich, und wenn,


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dann oft nur mit wesentlich höherem Aufwand und wesentlich längeren Lieferstrecken. Das Kuriose dabei ist, dass die früheren Kunden heute von anderen, neuen, großen Lieferantenfirmen beliefert werden, die wiederum über sehr weite Strecken die Pro­dukte ankarren. Damit haben Sie eine Regelung geschaffen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, die sowohl in wirtschaftlicher als auch in ökologischer Hinsicht unsinnig ist.

Auch in dieser Frage haben Sie, wie so oft, Berater bestellt. Es soll nur darauf hinge­wiesen werden: Es geht dabei um ein sehr „bescheidenes“ Gesetz mit 19 Para­graphen; Kostenpunkt: 3,6 Millionen €.

Sie sind jetzt dabei – und darin sehe ich eine ganz wesentliche Gefahr –, die Möglich­keiten für die Bundesbeschaffung-Gesellschaft auszuweiten. Ihr Gesetzesvorschlag, der schon in Begutachtung war, sieht vor, dass die Bundesbeschaffung-Gesellschaft künftig auch für die ausgegliederten Gesellschaften der Länder und der Gemeinden tätig werden kann. Wenn Sie das ermöglichen, meine Damen und Herren von der Koalition, dann werden Sie ein weiteres Sterben der kleinen Unternehmen in den Re­gionen verursachen, und dadurch werden weitere Arbeitsplätze in den Regionen vernichtet.

Ich bemühe mich in den letzten drei Jahren, gemeinsam mit vielen Betroffenen auf diese Entwicklung beziehungsweise Problematik hinzuweisen. Dankenswerterweise waren auch sehr viele betroffene Unternehmen bereit, ihre Betroffenheit selbst zu erklären. Die Mehrzahl der Unternehmer traut sich das allerdings nicht zu tun, weil sie Angst vor Repressalien hat. (Abg. Neudeck: Vielleicht in Wien, wo die SPÖ regiert! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ihre Reaktion – auch Ihre, Herr Kollege Neudeck – bisher war die, dass Sie behaup­teten, dass das alles nicht stimme, dass das alles falsch sei. Ich darf in diesem Zusam­menhang nur darauf hinweisen, dass der frühere Präsident der Wirtschaftskammer des Burgenlandes, Herr Kröpfl, noch vor einem Jahr gesagt hat, ihm seien keine Probleme bekannt. – So gehen Sie von Wirtschaftskammerseite her mit Ihren Firmen um!

Ich nehme an, dass auch Sie Kenntnis haben vom Bericht der KMU FORSCHUNG AUSTRIA, in welchem all diese meine Kritikpunkte bestätigt und darüber hinaus viele weitere kritische Anmerkungen gemacht wurden. Wenn der Hinweis kommt, dass die Zahl der KMUs in der BBG größer wird, dann wird sich das wahrscheinlich nur auf den Teil der MUs beziehen. Die kleinen und Kleinstunternehmen kommen da kaum vor. Sie machen zwar 90 Prozent oder mehr aller Unternehmen aus, sind aber laut diesem Bericht nur zu etwa 15 Prozent Partner der BBG.

Darüber hinaus sind alle Kulanzleistungen heute kostenpflichtig. Dieser Bericht bringt auch zum Ausdruck, dass der Schaden, welcher den Firmen durch die Arbeit der BBG zugefügt wird, größer ist als die Einsparung, die durch dieses Bundesgesetz erzielt werden soll.

Es ist schon interessant, dass seit kurzer Zeit – wahrscheinlich wird der Druck auch für die ÖVP und für Ihre Partei, Herr Kollege Neudeck, von Seiten der Betroffenen größer – auch Sie von den Regierungsparteien sich zu Wort melden. Herr Abgeord­neter Mitterlehner, der es vorzieht, sich heute dazu nicht zu äußern, hat am 3. Februar gemeint, dass die Beschaffungspraxis der BBG bei den KMUs zu großen Emotionen geführt habe. Er führte auch aus, dass die ausgeschriebenen Lose technisch und prak­tisch so gestaltet seien, dass die KMUs sich an den Ausschreibungen nicht beteiligen könnten.


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Wenn er meint, dass die KMUs stimulierende Rahmenbedingungen bräuchten und nicht weitere Einschränkungen, dann gebe ich ihm Recht. Aber was hindert ihn daran, diese auch zu gestalten? Wir sind gerne bereit, unsere Unterstützung dabei zu geben.

Auch Sie, Herr Kollege Neudeck, werfen der Beschaffungsgesellschaft vor, dass nur mehr große Konzerne und Universalanbieter zum Zug kämen. Sie haben Recht! Sie ver­gleichen die BBG mit zentralistischer Planwirtschaft der Sowjetunion, die es heute, wie Sie meinen, nicht einmal in Russland mehr gäbe. (Abg. Neudeck: Er liest meine Pressedienste!)

Was bringt die Praxis? – Ihre Antwort, Herr Neudeck, lautet: nur zusätzliche Kosten für österreichische Arbeitslose. – Sie haben Recht! Ich lade Sie ein: Versuchen wir gemeinsam, diese Situation zu verbessern!

Ich möchte aber an dieser Stelle hinzufügen, dass sozusagen die Bösen nicht die Beamten und die Mitarbeiter der BBG sind, sondern eigentlich diejenigen, die dieses Gesetz geschaffen haben – oder der Finanzminister, der diese Aufträge zur Umset­zung gibt.

Ich denke, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, Konzernpolitik zu betreiben. Viel­mehr ist es Aufgabe des Staates, einen Ausgleich herzustellen. Zweifellos gibt es Nachteile für die Regionen gegenüber dem Zentralraum oder Nachteile für die kleinen Unternehmen gegenüber jenen im städtischen Bereich. Da ist, denke ich, die Politik gefordert, einen Ausgleich herzustellen.

Wenn wir wollen, geht es. Es gibt auch in der Frage des Ökostromes die Möglichkeit, dass Bundesdienststellen teuren Ökostrom zu Recht kaufen, weil uns saubere Umwelt etwas wert ist. Genauso sollten wir auch Regelungen für die kleinen Unternehmen in den Regionen treffen, wenn diese uns etwas wert sind. Uns sind sie jedenfalls sehr viel wert! Wir wehren uns dagegen, dass Jobverlagerungen aus den ländlichen Re­gionen in den städtischen Bereich stattfinden.

Was wir wollen, das haben wir in unserem Antrag sehr deutlich zum Ausdruck ge­bracht, nämlich dass die kleinsten Unternehmen besonders unterstützt werden. Wir wollen auch, dass die Region entsprechend der Nutzregelung der Europäischen Union definiert wird, dass auch ein Bezirk als Region zu sehen ist. Wir wollen auch eine Berichterstattung an das Parlament, um prüfen zu können, dass die kleinen Unter­nehmen tatsächlich zu Aufträgen kommen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie reden schon zehn Minuten, und Ihre Fraktion hat noch kein einziges Mal geklatscht!)

Wir wollen auch den Beschaffungskatalog ausdünnen für jene Produkte, die heute teurer kommen als früher.

Vor eineinhalb Jahren wurde dieser Antrag eingebracht, heute soll die Fristsetzung dazu vorgenommen werden. Ich hoffe, dass Sie diesen Fristsetzungsantrag auch mit unterstützen werden.

Wenn Sie, Herr Mitterlehner, und auch Sie, Herr Neudeck, das ernst gemeint haben, was Sie vor wenigen Tagen von sich gegeben haben, dann darf ich an Sie die Aufforderung richten, dafür zu sorgen, dass bei Ihren Ministern und bei Ihrem Bun­deskanzler volkswirtschaftliche Vernunft einkehrt.

Ich lade Sie ein, diesem Fristsetzungsantrag Ihre Zustimmung zu geben, damit wir sehr rasch alle Anträge, und zwar sowohl Ihre Anträge als auch unsere Anträge, gemein­sam behandeln können – im Interesse der kleinen und kleinsten Unternehmen und deren Beschäftigten in den Regionen und im Interesse des ländlichen Raumes.

Wir, die Sozialdemokraten, werden jedenfalls so lange nicht ruhen, solange wir nicht eine lebensfähige Situation für die kleinen Unternehmen und deren Beschäftigte, vor


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allem in den Regionen, hergestellt haben. Sie können sich darauf verlassen, dass wir sehr konsequent darum kämpfen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Böhm. – Bitte.

 


17.18.53

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Kaipel hat soeben in einer wunderschönen blumigen Art die Situation der österreichischen KMUs dargestellt. Ich als typischer Vertreter eines kleinen mittelständischen Unternehmens, und das mittlerweile in dritter Generation – wir feiern heuer unser 40. Jubiläum, und wir haben derzeit 15 Mitarbei­ter –, kann mich sehr wohl in die Situation hineinversetzen, in welcher die einzelnen Betriebe sind, und zwar nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Vertreter des österreichischen Maschinenhandels über die Wirtschaftskammer als auch als Vertreter des Salzburger Maschinenhandels über die Wirtschaftskammer Salzburg, als auch als Vertreter der österreichischen Maschinenhändler über die WKO, denn wir beschäftigen uns schon seit Jahren mit dieser Problematik.

Herr Abgeordneter Kaipel! Wir vertreten nicht nur den Maschinenhandel, sondern auch den Bereich, den Sie angesprochen haben. Das ist vorwiegend der EDV-Handel und der Handel mit all dem, was mit Computern und mit computerisierten Systemen zu tun hat.

Sie schreiben in Ihrem Antrag: „Der Bundesminister für Finanzen hat durch Verordnung jene Güter und Dienstleistungen zu bestimmen, die nach diesem Bundesgesetz zu beschaffen sind. Dabei hat er Maßnahmen zu bestimmen, wie auf die regionale Ver­sorgungsstruktur durch Kleinstunternehmen und durch Klein- und Mittelbetriebe, Arbeitsplätze und Wertschöpfung Bedacht zu nehmen ist. Über die Ergebnisse dieser Bedachtnahme hat der Bundesminister für Finanzen dem Nationalrat jährlich Bericht zu erstatten. Eine ,Region‘ im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine Gebietseinheit kleiner als ein Bundesland.“

Das ist ein wunderschöner Antrag, ursprünglich haben wir den auch mit ausgearbeitet über die Wirtschaftskammerorganisationen. Er beinhaltet nur leider einige Fehler.

Erstens ist der KMU-Bereich ein problematischer Bereich von der Terminologie her. Es gibt den klein- und mittelständischen Unternehmer auf österreichischer Ebene. Wir wissen, 80 Prozent der österreichischen Mittelbetriebe, der KMUs beschäftigen durch­schnittlich zehn Mitarbeiter, 90 Prozent beschäftigen schon 20 Mitarbeiter. Und da besteht natürlich die Diskrepanz auf europäischer Ebene: Laut EU-Definition haben wir heute 250 Mitarbeiter im KMU-Bereich oder, wie es so schön im internationalen Jargon heißt, im SME-Bereich, bei den small and middle-sized entrepreneurs. Diese Betriebe machen doch immerhin einen durchschnittlichen Umsatz von 50 Millionen € bei einer Bilanzsumme von knapp 43 Millionen €. Auch da ist ein sehr großer Unterschied zu österreichischen Betrieben.

De facto wurde aber seitens des Finanzministeriums auf Grund Ihres Antrages Vor­sorge getroffen. Es sind bereits zwei Erlässe vom Finanzministerium herausgegeben worden, und es wurde ein so genanntes Beschaffungscontrolling eingeführt. Im Rah­men dieses Beschaffungscontrolling wird letztendlich das gemacht, was Sie in Ihrem Antrag verlangen, nämlich die hundertprozentige Überprüfung der klein- und mittel­ständischen Unternehmer in Bezug auf die Bundesbeschaffung-Gesellschaft. (Zwi­schenruf des Abg. Ing. Kaipel.)


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Ich diskutiere jetzt nicht mit Ihnen, Herr Kollege. Ich habe Ihnen zugehört, fairerweise hören Sie mir jetzt bitte zu.

Um Ihnen nur eine Größenordnung anzugeben, worum es eigentlich bei diesem Be­schaffungsmarkt in Österreich geht: Der komplette Beschaffungsmarkt in Österreich macht zirka 220 Milliarden € aus. Auf die Bundesbeschaffungsgesellschaft entfallen jährlich zirka 0,5 Milliarden €, das sind knapp 0,25 Prozent. Die einzelnen Märkte zu vergleichen ist natürlich eine äußerst schwierige Angelegenheit. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Kaipel.)

Herr Kollege Kaipel, ich verstehe Ihre Problematik, da ich weiß, dass Sie aus dem Südburgenland kommen – ich als Weinliebhaber, man sieht es mir nicht an (Rufe bei der SPÖ: O ja!), habe große Präferenzen für das Südburgenland – und Sie natürlich von Ihren Unternehmen gerügt und genötigt werden, weil diese gewisse Institutionen nicht mehr beliefern können.

Aber nichtsdestotrotz: Bezüglich der Regionen, die Sie angeführt haben, gibt es auch seitens der EU mittlerweile eine Vorgabe. Das Ganze wird sich nach der so genannten NUTS-Systematik, der „Nomenclature des unites territoriales statistiques“, richten; da sind die einzelnen Regionen genau definiert.

Ich zitiere: „Die gemäß Anhang I der Verordnung (...) über die Schaffung einer gemein­samen Klassifikation der Gebietseinheiten für die Statistik (NUTS) in Österreich geltende NUTS-Gliederung umfasst auf Ebene 3 auch einzelne oder mehrere Politi­sche Bezirke.“ (Zwischenruf des Abg. Ing. Kaipel. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Mein Schlusssatz, Herr Präsident: Auf Grund der geltenden europäischen Gesetze können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Ich erteile es ihm.

 


17.24.17

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Mitgliedern der Regierung interessiert diese Thematik offensichtlich nicht, ob es den kleinen und mittleren Unter­nehmen möglich ist, weiter zu existieren. Aber gut, so ist es eben. (Abg. Neudeck: Herr Bürgermeister, sie müssen regieren und nicht Schmäh führen!) Ich weiß schon, sie müssen nicht da sein.

Mein Vorredner hat gemeint, er habe eine Präferenz für das mittlere und südliche Bur­genland. Herr Kollege, die Erhaltung der kleinen und mittleren Unternehmungen ist nicht eine Frage der Präferenz für eine ländliche Region, sondern es ist eine Überlebensfrage des ländlichen Raums insgesamt! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Und wenn ich mir vorstelle, dass über ein Jahr lang dieser Antrag hier unbehandelt liegt, und wenn ich mir weiter vorstelle, wie viele Wortmeldungen ich aus den Reihen der Regierungsparteien gehört habe, wie notwendig es ist, dass wir die KMUs unter­stützen, und wie wichtig sie für die Arbeitsplätze und für unsere ländlichen Regionen sind, dann frage ich mich schon, wieso wir hier über eine Fristsetzung debattieren müssen, um überhaupt einmal über diesen Antrag ins Gespräch zu kommen!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ist Ihnen der ländliche Raum wirklich nichts mehr wert?


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In den „Salzburger Nachrichten“ lese ich, dass Abgeordneter Mitterlehner gegen die Novelle stimmen wird, die dafür sorgen soll, dass Gemeinden und Länder auch von der BBG bedient werden. Da dürfte ein Fehler vorliegen, denn die Gemeinden und Länder können jetzt schon bedient werden. Es geht darum, dass ausgegliederte Gesell­schaften das weiterhin in Anspruch nehmen können. Ich bin schon gespannt, wie sich Herr Kollege Mitterlehner dann bei der Abstimmung über diese Änderung verhalten wird.

Meine Damen und Herren, der ländliche Raum ist drauf und dran, entleert, entvölkert zu werden. Schaut einmal in unsere ländlichen Gemeinden: Wie viele Bäcker haben zugesperrt, wie viele Fleischhauer haben zugesperrt, wie viele Gewerbebetriebe gibt es denn noch da draußen? – Und genau mit dieser BBG wird diese Entwicklung noch weiter verstärkt.

Und jetzt sagt man uns Gemeinden: Freunde, bedient euch doch dieser BBG, dann könnt ihr auch sparsam einkaufen! – Kann mir jemand sagen, was sich die Gemeinden da wirklich ersparen? Kollege Kaipel hat es schon angesprochen, es gibt keine Zahlen. Kann mir bitte jemand von Ihnen sagen, was es bedeutet, wenn ein Betrieb nach dem anderen zusperrt?! Kann mir bitte jemand von Ihnen mit Zahlen belegen, was es bedeutet, wenn wir keine Arbeitsplätze mehr in der Region haben?!

Also das ist Doppelbödigkeit: auf der einen Seite die KMUs immer wieder hervor­zuheben, die müsse man fördern und so weiter, und dann nicht bereit zu sein, einen Antrag zu diskutieren, der gerade diesen kleinen und kleinsten Gewerbebetrieben und Unternehmungen helfen würde.

Lassen Sie mich ein Beispiel nennen aus der praktischen Berührung mit der BBG. Die Gemeinde Schwertberg hat einmal versucht, ihren Telefonanbieter zu überprüfen. Wir haben einen Vertrag mit einem Telefonanbieter, haben einen regionalen Handyshop, der uns betreut – wunderbar. Wir wollten einmal wissen, wie wir liegen, und haben versucht, bei Telekom/A1 eine Anfrage zu machen. Wissen Sie, was ich von dort gehört habe: Das geht nicht, die Gemeinde kann nicht mit uns verhandeln! Die Gemeinde kann nur über das Abkommen mit dem Gemeindebund mit der Telekom in Kontakt treten. Also wir konnten kein Angebot bekommen.

Wissen Sie, was wir hätten tun sollen? – Wir hätten eine Verpflichtung unterschreiben müssen, dass wir nichts von dem, was wir mit der Telekom ausmachen, an die Öffent­lichkeit weitergeben. Wenn wir etwas öffentlich sagen, werden wir dafür bestraft. – Erster Punkt.

Zweitens: Wenn wir diesen Vertrag mit Telekom und Gemeindebund in Anspruch neh­men wollen, dann müssen wir quasi Mitglied bei der BBG werden, also einen Mitglieds­beitrag zahlen. Und wenn das alles geschehen ist (Abg. Neudeck: Mitgliedsbeitrag gibt es keinen!) – Leistung müssen wir bezahlen –, dann dürfen wir den Vertrag mit der Telekom machen und diesen Tarif in Anspruch nehmen.

Die sind nicht mehr in der Lage, mit uns selbst zu verhandeln! Das ist freie Markt­wirtschaft?! Das ist doch Ihre Idee! Sie hängen doch so am freien Markt! – Nein, da müssen wir zuerst eine Erklärung unterschreiben, dann müssen wir zahlen und dann dürfen wir den Vertrag abschließen. Interessanterweise haben sich die anderen An­bieter dieses Themas schon angenommen, und der Regulator beschäftigt sich mit diesem absolut unlauteren Wettbewerb, der hier betrieben wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und der kleine Handy-Shop, der kleine Anbieter im ländlichen Raum wird mit Sicherheit nichts davon haben.


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Wenn Ihnen der ländliche Raum wirklich das wert ist, was Sie vorgeben, wenn er Ihnen nicht nur Großbauernförderung wert ist, wenn es Ihnen wirklich ein Anliegen ist, dass die Leute im ländlichen Raum auch Beschäftigung und Arbeit haben, dann stimmen Sie zumindest dieser Fristsetzung zu! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

 


17.30.05

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Gaßner, wenn Sie mit A1 wegen Handys telefonieren, dann sind Sie wahrscheinlich am falschen Dampfer, denn die werden Ihnen die Gesprächsgebühren verrechnen und die Handys höchstens als Goodies draufgeben. Ich glaube, ihr habt in Schwertberg keinen, der ein Leitungsnetz hat, der Ihnen die Gespräche vermitteln wird. Also da haben Sie falsch verhandelt. Und ich glaube, es ist durchaus üblich, dass, wenn man mit einem Großabnehmer einen Preis ausmacht, dann gesagt wird, ich möchte aber nicht, dass dieser Preis an die Öffent­lichkeit gelangt, weil es natürlich ein Kampfpreis ist. (Abg. Mag. Gaßner: Kann ich nicht! Er verhandelt nicht mit mir!) – Ja, weil Sie sich anscheinend nicht bereit erklärt haben, über den Preis, der mit Ihnen ausgemacht wird, Stillschweigen zu bewahren, denn sonst will ihn ja jeder haben.

Aber Sie könnten sich der BBG bedienen, die verhandelt anscheinend, wie ich es jetzt aus Ihrer Schilderung erkennen konnte, besser als Sie, und dann sind Sie schon ein­mal der Erste, der für Ihre Gemeinde spart. (Abg. Mag. Gaßner: Ich habe es nicht verstanden, Herr Kollege!) Ich erkläre es Ihnen nachher, Kollege, ich habe nicht so viel Redezeit.

Kollege Kaipel, ihr seid so gegen die BBG, wobei ich sage, da könnten wir bei vielen Dingen einen Schulterschluss zusammenbringen, das geht von der ÖVP über unsere Fraktion bis zu euch. Wir sind auch der Meinung, in diesem Bereich gibt es Sachen, die geändert gehören. Nur: Ändern tun wir sie nicht mit einem Fristsetzungsantrag, ändern tun wir es nicht mit medialem Skandalisieren, sondern wir müssen einmal miteinander reden. Nur, Sie sind noch nicht auf uns zugekommen. (Abg. Mag. Gaßner: Ein Jahr und drei Monate liegt er da!) – Sie haben mit mir noch nie darüber geredet!

Es ist doppelbödig, auf der einen Seite zu sagen, die BBG ist so katastrophal und furcht­bar, was sicher nicht stimmt, denn gerade bei Energie- und anderen Groß­beschaffungen trifft es nicht die Kleinst- und Kleinunternehmer. Ich rede nicht mehr von KMUs, denn in Österreich sind, wie wir wissen, 99,6 Prozent der Unternehmen KMUs. So ein Kleinunternehmerland sind wir nicht, also müssen wir von den Kleinst- und Kleinunternehmern reden und nicht von den Mittelunternehmen.

Aber zurück zu Ihrer Doppelbödigkeit: Sie reden gegen die BBG, und der Öster­reichische Städtebund, der meines Wissens von Häupl dominiert wird oder jedenfalls von der sozialdemokratischen Fraktion ... (Abg. Ing. Kaipel: Das ist eine Ablenkung jetzt!) Da liegt mir ein Schreiben vor vom 20. Jänner: Der Österreichische Städtebund begrüßt den Entwurf der Änderung des BBG-Gesetzes, der teilweise über Initiative der Interessenvertretung der Gemeinden erarbeitet wurde. Insbesondere die für ausgeglie­derte Einrichtungen von Ländern und Gemeinden geschaffene Möglichkeit, dass die Bundesbeschaffung nunmehr in deren Namen und auf deren Rechnung Vergabe­verfahren durchführen kann, wird zu Einsparungen dieser Institutionen führen.

Also über eineinhalb Seiten lobt der sozialdemokratisch dominierte Städtebund die BBG.


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Wissen Sie, einen Fristsetzungsantrag zu stellen, wo man bei anderen wichtigen Themen ... (Zwischenrufe der Abgeordneten Gaál und Mag. Gaßner.) – Ja, aber da sind wir ja d’accord. Nur wenn man dann bei anderen wichtigen Themen Ausschüsse unterbricht oder gar keine Termine vergibt, wie es beim Innenausschuss und anderen passiert ist, wo ihr den Vorsitz habt, dann muss ich über eine Fristsetzung lachen und kann ihr natürlich nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. Ich erteile es ihr.

 


17.33.30

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Bundes­vergabe oder das Vergaberecht insgesamt hat ein sehr hehres Ziel, nämlich einen fairen Wettbewerb herbeizuführen. Allerdings sollte auch an eine Beförderung anderer öffentlicher Interessen gedacht werden, wie zum Beispiel Umweltschutz oder auch das Sozialrecht.

Das, was definitiv im Vergaberecht im Hintergrund steht, ist die Frage: Wie wird die regionale Wirtschaft, ich sage jetzt gar nicht einmal, gefördert, sondern zumindest nicht zerstört? Denn das, was momentan über die Bundesbeschaffung passiert, ist, dass kleine beziehungsweise auch Mikrobetriebe, Betriebe mit einem bis fünf MitarbeiterIn­nen und einem sehr kleinen Umsatz, derart benachteiligt werden, dass sich ihr Umsatz so reduziert, dass es zu einer Auflösung des Betriebes kommen kann und auch kommt.

Letztlich geht es also nicht nur darum, ob eine Beschaffung betriebswirtschaftlich gesehen aus öffentlicher Sicht sinnvoll, weil billiger ist, sondern es geht auch um die Gesamtkosten, um die volkswirtschaftlichen Kosten. Und da ist es einfach auch notwendig, sich anzuschauen, wie sich das auf die mittleren und vor allem auch Kleinbetriebe auswirkt.

Es ist heute schon mehrfach gesagt worden, wie sich Vertreter der ÖVP und auch des BZÖ dazu geäußert haben, nämlich durchaus auch skeptisch. Und wenn Kollege Mitterlehner hier intelligente Wege bei der öffentlichen Beschaffung sucht, dann kann ich ihn dabei nur unterstützen, frage mich aber, warum Sie jetzt diesem Fristsetzungs­antrag nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dieser Fristsetzungsantrag ist letztlich nichts anderes, als einmal diese Sache zu thematisieren. Und wenn Kollege Neudeck sagt, an ihn ist noch niemand heran­getreten, dann kann ich nur sagen: Machen Sie es wie ich: Lesen Sie den Antrag, und sagen Sie den Kollegen, was Sie davon halten beziehungsweise was aus Ihrer Sicht geändert werden müsste, damit Sie zustimmen können! So ist die Sache ganz einfach zu erledigen.

Das, was Sie machen, und das ist ja ein bewährtes Mittel in dieser Regierung, ist: Sie drücken sich davor, sich hier zu positionieren, indem Sie die Behandlung dieses Antrags auf die lange Bank schieben. Das ist eine sehr übliche Methode dieser Regie­rung, dass Sie über ein Jahr oder noch länger die Behandlung eines Antrages hinausschieben, damit Sie nicht nein sagen müssen, weil Sie genau wissen, dass in Regionen wie dem Burgenland, aber auch im Waldviertel, also in wirtschaftlich benach­teiligten Regionen, die Betriebe sich sehr wohl bei Ihnen bedanken würden, wenn Sie einem derartigen Antrag nicht zustimmen würden.

In diesem Sinne werden wir dem Fristsetzungsantrag natürlich zustimmen, damit der Antrag überhaupt einmal zur Abstimmung steht und die Regierungsparteien sich hier


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einmal deklarieren müssen, wie sie zu diesem Thema stehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Ing. Kaipel, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 464/A der Abgeordneten Ing. Kaipel, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bun­desbeschaffung-Gesellschaft mit beschränkter Haftung geändert wird, eine Frist bis 28. März 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist das die Minderheit und damit abgelehnt.

17.37.26Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 6 bis 9 der Tagesordnung wieder auf.

Wir haben noch zwei Redner vor der Abstimmung. Als nächster Redner zu Wort ge­meldet hat sich Herr Abgeordneter Freund. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


17.37.32

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich setze also die Debatte zum neuen Passgesetz fort und komme zu folgenden Feststellungen: Die organisierte Kriminalität hat heute ganz andere Möglichkeiten, Reisedokumente zu fälschen, als sie es bei der Einführung des aktuellen Reisepasses hatte. Das zwingt uns zum Handeln. Das EU-Parlament hat sich bereits auf neue einheitliche Sicherheitsstandards für Pässe und Reisedokumente geeinigt. Die Umsetzung dieser EU-Verordnung werden wir heute im Nationalrat be­schließen. Damit wird die Fälschungssicherheit von Reisepässen wesentlich verbes­sert und somit der Kampf gegen Terrorismus und grenzüberschreitende organisierte Kriminalität unterstützt. Konkret bedeutet dies, dass ein digitales Bild des Passinhabers als biometrisches Merkmal auf einem Mikrochip im Pass gespeichert sein wird. Diese biometrischen Daten garantieren in Hinkunft für die Identität und Authentizität des Passinhabers.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir müssen unserer Polizei jene Instru­mente in die Hand geben, die sie für eine erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung braucht. Dies ist ein wichtiger Schritt gerade auch im Hinblick auf die Einreise­bestimmungen anderer Staaten, wie zum Beispiel der USA.

In Österreich werden jährlich 500 000 Pässe ausgestellt. Hergestellt werden sie in der Österreichischen Staatsdruckerei. Der Preis in der Höhe von 67 € für einen Reisepass bleibt auch in Zukunft gleich. Die Bürgerinnen und Bürger werden lediglich den Pass nicht mehr sofort mitnehmen können, sondern erhalten ihn nach Antragstellung per Post.

Für Kinder wird es auch weiterhin die Möglichkeit der Miteintragung in den Reisepass der Eltern geben. Neu eingeführt wird aber zusätzlich ein Kinderreisepass. Er wird 26 € kosten, was nahe der Gebühr für eine Miteintragung ist.


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Einen wesentlichen Punkt sehe ich auch darin, dass die Beantragung des Reisepasses auch weiterhin am Gemeindeamt möglich sein wird. Gerade die ländliche Bevölkerung kann davon entscheidend profitieren.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen: Der Chip, auf dem sich die biometrischen Daten befinden, ist fälschungs­sicher, wie uns die Experten versichern.

Wir sind Schengen-Mitglied und somit auch den anderen EU-Ländern gegenüber verpflichtet, unsere Pässe fälschungssicher zu gestalten. Im Interesse aller Bürge­rinnen und Bürger der EU darf ich Sie daher ersuchen, dieser Regierungsvorlage Ihre Zustimmung zu geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.40


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Gaál zu Wort. – Bitte.

 


17.40.24

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Kollege Kapeller, zurückkommend auf deine Äuße­run­gen betreffend den Ausschussvorsitzenden, Kollegen Parnigoni: Wenn hier davon gesprochen wird, dass die Unterbrechung eine willkürliche Machtausübung ist (Ruf bei der ÖVP: Was sonst?), dann muss ich das zurückweisen. Das ist nicht nur eine unfaire Wortwahl, sondern sie ist auch rechtlich und inhaltlich falsch.

Zum einen: § 34 Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz besagt genau, durch wen, wann und warum solche Sitzungen unterbrochen werden dürfen. Und wenn man sich die Aussagen des Herrn Staatssekretärs Finz in Erinnerung ruft, muss man sagen, dass diese völlig inakzeptabel sind! Wenn er angesichts des riskanten und belastenden Einsatzes der Exekutive – Kollege Neugebauer hat heute richtigerweise gesagt, man ist verpflichtet, die Gefahr aufzusuchen, und du als Kollege aus der Exekutive wirst das ja bestätigen müssen – dann, wenn es um die Schwerarbeit und deren Anerkennung in diesem Bereich geht, das Ganze sehr flapsig, salopp und respektlos heruntermacht und die Exekutive vor den Kopf stößt und dann nicht bereit ist, diese Anwürfe zu­rückzunehmen, dann ist diese Unterbrechung mehr als gerechtfertigt! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den gegenständlichen Abkommen, meine Damen und Herren: Frau Bundes­minis­terin, wir werden natürlich zustimmen. Zum einen geht es, was die Grenzübertritte auf touristischen Wegen und in besonderen Fällen betrifft, ganz einfach darum, im Bereich des Tourismusverkehrs Erleichterungen zu schaffen, die freundschaftlichen Beziehun­gen zu vertiefen und auszubauen, und man erhofft sich dadurch eine allgemeine Belebung des Tourismus und eine Belebung des Grenzraumes.

Was die polizeiliche Zusammenarbeit angeht, so sind wir alle gemeinsam interessiert an einer verbesserten Koordination und an einer noch effizienteren polizeilichen Zu­sam­menarbeit. Diese Tätigkeit ist umfassend zu sehen, gilt natürlich auch für das Grenzgebiet und ist weiterzuentwickeln, Frau Bundesministerin, wie Sie richtigerweise feststellen, hin zu echten Sicherheitspartnerschaften. Es werden hier gemeinsame Zentren für die Aus-, Fort- und Weiterbildung eingerichtet.

Worum es mir geht, Frau Bundesministerin: Es ist zu hoffen und dafür Sorge zu tragen, dass es durch die zusätzlichen Beamtinnen und Beamten, die für den Streifendienst benötigt werden, zu keiner Personalausdünnung und auch zu keiner Stellenplan-


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kürzung kommt, sondern dass man ausreichend qualifizierte Sicherheitsbeamte zur Verfügung stellt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Ich bitte, Platz zu nehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz und das Gebührengesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1340 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Meldegesetz geändert wird, in 1341 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kößl, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen las­sen.

Die Abgeordneten Kößl, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend die Ziffer 1 des Gesetzentwurfes eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Ange­legenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1272 der Bei­lagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1194 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

17.45.0910. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Einspruch des Bundesrates (1286 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürger­schaftsgesetz 1985 (StbG), das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührenge­setz 1957 geändert werden (Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005) (1342 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte.

 


17.45.42

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Leider ist es uns nicht möglich, der gegenständlichen Novelle zuzustimmen – wir haben das schon bei der Plenarsitzung im Dezember dargestellt und begründet. Wir zählen jetzt schon zu den drei Ländern mit den restriktivsten Staatsbürgerschafts-Regelungen in der EU – die ja an sich hier eine Erleichterung vorschlägt. Wir brauchen keine Verschärfungen, meine Damen und Herren von der Regierung, die nur zu einer Verstärkung der Integrationsdefizite führen! Schon durch die Fristsetzung kam seinerzeit Ihre Linie in diesem Bereich klar zum Ausdruck: Man geht hier mit aller Härte, mit aller Schärfe vor, ohne Rücksicht auf Verluste. (Ruf bei der ÖVP: Toni, das glaubst du ja selber nicht!)

Wir haben ja keinen Staatsnotstand, meine Damen und Herren, nirgendwo war Gefahr im Verzug, und die Dringlichkeit konnten Sie auch nicht begründen. Wir waren dafür, dass man diesen sehr sensiblen Bereich umfassend diskutiert, erörtert und abklärt, denn letztlich geht es hier um Menschenschicksale und immerhin auch um die Ärmsten der Gesellschaft, die unserer Hilfe bedürfen. Daher hätte man bei diesem Gesetz mit sehr viel mehr Sensibilität vorgehen müssen, denn ich denke, wir müssen den Men­schen helfen, aber nicht zusätzlich Barrieren und Hindernisse aufbauen. Daher: kein Verständnis für dieses rasche Vorgehen, für dieses rasche Durchziehen!

Wie gesagt: Das Fremdenrechtspaket ist ein sensibler Bereich, den man umfassender diskutieren sollte, und davon gehen wir ganz einfach nicht ab. Es gab keine gründliche Vorbereitung, keine ausführliche Beratung und Diskussion. Das hat mir gefehlt, meine Damen und Herren!

Ich darf an den Dezember erinnern, als Ihre Experten – die von der Regierungsfraktion nominierten Experten! – im Ausschuss teilweise sehr, sehr kritisch über die neuen Bestimmungen gesprochen haben: Sie seien nicht objektiv festgelegt, insbesondere was den sozialen Bereich angeht, sondern ausschließlich politisch definiert. Es gibt keine Entschärfungen, keine Erleichterungen, sondern wesentliche Einschränkungen und, wie immer wieder gesagt, sehr starke und zusätzliche Hindernisse – alles wurde erschwert und verschärft.

Diese Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle, meine Damen und Herren, ist nicht erfor­derlich! Wir brauchen sie nicht! Wir wollen einen Weg gehen, für den das Wiener Modell als Beispiel gilt, wo wir einen Integrationsfonds eingerichtet haben – ein erfolgreicher Kommunikator zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, der mit


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Information, mit Beratung bei der Konfliktbewältigung unterstützt: einheimische, aber natürlich auch zugewanderte Wienerinnen und Wiener.

Diesen Weg sollte man gehen, meine Damen und Herren! Wir setzen auf Integration statt auf Ausgrenzung, auf ein Miteinander statt eines Gegeneinanders, auf Lebens­qualität für alle – und das garantieren Sie mit dieser Novelle leider nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

17.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


17.49.04

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz habe ich meinem Vorredner wirklich nicht folgen können (Zwischenruf bei der SPÖ) – danke für die „netten“ Zwischen­rufe! –, denn genau das, was mein Vorredner hier in Abrede gestellt hat, wird mit dieser Novelle natürlich bezweckt.

Was ist denn der Hauptpunkt der Integration? – Das sind natürlich Sprachkenntnisse. Sprachkenntnis ist eine Grundvoraussetzung für Integration! Und das wird in Wien leider abgelehnt. In mehreren Interviews der zuständigen Stadträtin Wehsely – ich kann sie Ihnen zeigen – werden diese verpflichtenden Sprachkurse in Wien abgelehnt.

Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns: Wir sind für Integration. Da braucht man auch entsprechende Rechtsgrundlagen, um auch Verpflichtungen einlösen zu kön­nen, und eine Verpflichtung für die neu Hinzukommenden ist es, unsere Sprache zu erlernen, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Weinzinger: Um unsere Ortstafeln zu lesen!)

Sie können sich lustig machen darüber (Abg. Mag. Weinzinger: Das machen Sie sich!) – wir machen uns nicht darüber lustig, sage ich Ihnen, denn denken Sie nur: Allein in Wien hatten wir im Jahr 2003 mehr als 18 000 Einbürgerungen; und wenn es bei mehr als 18 000 Einbürgerungen nur 4 Fälle gab, die mangels Deutschkenntnissen abgelehnt wurden, dann ist das meiner Ansicht nach eine zu lasche Handhabung in diesem Bereich.

Ich verstehe auch die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat nicht, die vier Begründungen angeführt hat, warum sie gegen dieses Gesetz ist: Da wird behauptet, das neue Staatsbürgerschaftsrecht wäre eine unnötige Verschärfung. – Meine Damen und Herren! Das ist keine unnötige Verschärfung, sondern eine notwendige Maßnahme, die wir natürlich zu setzen haben! Wir hatten von 1980 bis 1990 zwischen 7 700 und 9 900 Einbürgerungen. Wir hatten dann in den neunziger Jahren einen Anstieg, und die Zahl der Einbürgerungen lag zwischen 10 000 und 18 000. Und 2003 sind wir dann auf 45 000 Einbürgerungen hinaufgefahren!

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich das ansehen: Vom Jahr 1980 weg hatten wir 457 595 Einbürgerungen. Da braucht uns niemand den Vorwurf zu machen, dass wir restriktiv waren, denn allein in den letzten fünf Jahren gab es 215 810 Einbürgerungen! Also die Integrations- und Aufnahmefähigkeit ist in Österreich ohnehin gigantisch, aber es gibt Grenzen, die wir nicht überschreiten dürfen, denn dann haben wir tatsächlich Probleme, und hier gilt es rechtzeitig zu handeln und die Schritte nicht zu spät zu setzen.

Da ist es daher völlig falsch zu behaupten, dass diese Novelle kontraproduktiv wäre. Das Gegenteil wäre kontraproduktiv: die Augen zuzumachen und nicht zu sehen, dass es hier natürlich eine große Herausforderung gibt: von der Schule beginnend und auch auf dem Arbeitsmarkt. Nehmen Sie nur etwa Wien als Beispiel, und sehen Sie sich die


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aktuellen Arbeitslosenzahlen an: Wo ist der Anstieg groß? Wo ist das Problem am größten? – Bei jenen, die neu zu uns kommen. Bei den Ausländern ist das Problem auf dem Arbeitsmarkt größer als bei den Inländern. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ... Ausländerbeschäftigungsgesetz!) Und daher kann ich nicht dort, wo ohnehin schon große Probleme bestehen, dann noch einmal aufmachen, um die Probleme in diesem Bereich noch zu vergrößern. Daher sage ich Ihnen: Mit dieser Novelle werden die Integrationsbemühungen von uns sehr ernst genommen und fortgesetzt. Und das, was Sie sagen, geht in die falsche Richtung.

Integration ist nur bei Sprachkenntnissen möglich, und bei Integration gibt es Grenzen der Aufnahmefähigkeit, die wir nicht überschreiten wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Ich erteile es ihr.

 


17.53.08

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Herr Abgeordneter Lopatka, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Ortstafeldebatte wirklich nicht lustig ist, sondern dass Sie sie ernst nehmen sollten und ernst führen sollten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Lopatka: Aber was hat die mit Einbürgerung zu tun? Was hat die mit dem Staatsbürgerschaftsgesetz zu tun?)

Das, was das mit dem Staatsbürgerschaftsgesetz zu tun hat, ergibt sich aus dem Zusammenhang, den Sie selbst immer herstellen. Das kann ich Ihnen gerne erklären, Herr Abgeordneter, wenn Sie das bislang noch nicht gemerkt haben. Sie vertreten in Ihrer Novelle, die Sie vorlegen, mehr oder weniger offen etwas, was man in Deutsch­land unter dem Begriff „Leitkultur-Debatte“ zusammengefasst hat, wenn Sie sich die Formulierung „die Orientierung des Fremden am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich“ anschauen. Und wie schaut denn das aus? – In Ihrer Wahrnehmung, zumindest der in Kärnten – und das unterstützt Ihre Partei ja massiv –, offensichtlich in erster Linie deutschsprachig. Das ist aber nicht Österreich. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Abg. Ellmauer: Das ist ja völlig falsch! Das ist völlig falsch! Es gibt ... für die autochthonen Minderheiten, jedes Jahr! – Keine Ahnung!)

Ich weiß schon, dass Ihnen dieses Thema unangenehm ist. Mir wäre es auch super­peinlich, wenn ich ein einigermaßen seriöser Politiker wäre – und ich unterstelle Ihnen, dass Sie solche haben –, wenn ich das, was in Kärnten im Zusammenhang mit der Ortstafeldiskussion stattfindet, decken müsste. (Beifall bei den Grünen.) Aber das müssen Sie mit sich ausmachen, nicht mit mir.

Das, was man aus der Novelle gut ablesen kann, ist, dass es erstens darum geht, Ihre Linie, auf die Sie sich aus ideologischen Gründen festgelegt haben, gegen jeden Widerstand, gegen jede Expertenmeinung einfach durchzupeitschen. Das ist die Vorgangsweise, die Sie gewählt haben: Sie fahren drüber, wie auch in anderen Materien, über das, was Experten sagen, über das, was Menschenrechtsvertreter und -organisationen sagen. Ihre Devise lautet: Wir verschärfen auf Teufel komm raus! Das hat man im gesamten Fremdenrechtspaket immer wieder gesehen, das kann man in x Details hier nachvollziehen, das hat der Bundesrat gesagt, und auch Abgeordneter Lopatka hat das soeben wieder gesagt.

Er malte irgendwelche Zahlen an die Wand, als würden da Menschen aus dem Aus­land hereinströmen und Hunderttausendschaften eingebürgert werden. Sagen Sie doch den Hintergrund dazu! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lopatka, ein Schriftstück in die Höhe haltend.) Ich habe auch die Zahlen: 2003/2004 nimmt es aus demographischen


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Gründen wieder ab, aus den gleichen demographischen Gründen, aus denen es zuvor zugenommen hat. (Abg. Dr. Lopatka: 2003 war der Höchststand!) Und sagen Sie doch dazu, dass ein Drittel Kinder sind! Wollen Sie wirklich hergehen und Kindern, die in Österreich geboren sind, die österreichische Staatsbürgerschaft verweigern, wenn sie die Eltern haben? (Abg. Ellmauer: Da geht es auch um Zuwanderung!) – Genau das machen Sie doch! Sie sagen: Wir prüfen zuerst diese Kinder, ob sie ausreichend Deutsch können. – Das, was Sie betreiben, ist Bildung mit dem Holzhammer. Das ist Ihre Philosophie, die Sie auch woanders haben: Und jetzt lernst du, ob du willig bist oder nicht, sonst reagiere ich mit struktureller Gewalt – nämlich mit der Verweigerung der Einbürgerung, im schlimmsten Fall für eine ganze Familie! (Abg. Dr. Lopatka: Sind Sie dagegen, dass die Deutsch lernen? Sind Sie dagegen, ...?)

Sie gehen her und versuchen, das, was Sie als Integration verkaufen wollen, mit Sank­tionsandrohung zu bewirken. Was ist denn das für eine Integrationspolitik? Erklären Sie mir doch nicht, dass es Ihnen ein Anliegen ist, tatsächlich Menschen in Österreich Integration zu ermöglichen! Da geht es nicht nur um das Lernen von Sprachen, Herr Abgeordneter Lopatka, da geht es darum: Welche Chancen gebe ich den Menschen, Zugang zum Arbeitsmarkt zu haben? (Abg. Ellmauer: Die Voraussetzung: die Sprache! – Abg. Dr. Lopatka: Ein Nachteil ist es nicht!) Schauen Sie sich ... (Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, man sieht ja in der UNO, dass allein die deutsche Sprache die Voraussetzung ist. – Seien Sie nicht so simpel! Sie machen sich das derart leicht! Wenn ich mit demselben Maßstab an österreichische Kinder herantreten würde, würden wir lustig aussehen. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Integration weitaus mehr umfasst als den reinen Sprachenerwerb! (Ruf bei der ÖVP: Aber Voraussetzung ist die Sprache!) Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sprachenerwerb, so wie jedes Lernen, nur dann wirklich gut funk­tioniert, wenn ein förderliches Umfeld besteht – und nicht, wenn jemand dasteht und sagt: Du fliegst jetzt sofort aus unserem Land raus, wenn du die Prüfung nicht gleich bestehst! (Abg. Ellmauer: So ein Unsinn!)

Entschuldigung, das, was Sie da betreiben, ist doch vorvorvorgestrig (Beifall bei den Grünen), und es maskiert noch nicht einmal einigermaßen das, was Sie mit Ihrer Frem­dengesetzgebung, auch im Staatsbürgerschaftsrecht, betreiben, nämlich Anbiederung an den rechten Rand. Sie treten einmal mehr Bürgerrechte und Menschenrechte mit Füßen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ellmauer: Die völlige Unwahrheit! Die völlige Unwahrheit! Keine Ahnung!)

17.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


17.57.48

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Leicht gemacht hat es sich der Bundesrat mit diesem Einspruch, denn dieser ist derart nichts sagend und inhaltslos und weist in Wirklichkeit überhaupt keine Begründung auf, warum dieses Gesetz nicht akzeptiert wurde.

Da wird zunächst einmal begründet, die Länder wären bei den Verhandlungen nicht einbezogen gewesen. – Das widerspricht den Tatsachen! Wir haben ein sehr umfang­reiches Hearing abgehalten, bei dem alle möglichen Vertreter ihre Meinung äußern konnten. Und ich erinnere mich daran, dass aus Salzburg eine Vertreterin der Staats­bürgerschaftsabteilung anwesend war, und diese hat auch ganz eindeutig gesagt, worum es den meisten Staatsbürgerschaftswerbern geht: Es geht darum, zunächst einmal den Reisepass zu bekommen, mit dem neuen österreichischen Reisepass dann sofort zum Sozialamt zu gehen, damit man die Sozialunterstützung beziehen kann, und


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das Dritte ist dann, zu überlegen, wie man den Familiennachzug möglichst rasch bewerkstelligen kann. – Das ist die Aussage einer Expertin, die, wie gesagt, im Aus­schuss auch gehört worden ist.

Weiters ist der Einspruch nur auf zwei Punkte gegründet, nämlich: Die Länder­referenten – da ist schon ein Widerspruch, denn zuerst sagen Sie, es seien keine Länderreferenten dabei gewesen, und dann stützen Sie sich auf die Länderreferen­ten – sagen, das jetzige Gesetz sei eh so super, es sei vollziehbar und praktikabel.

Im Ausschuss, beim Expertenhearing haben wir nur das Gegenteil gehört: dass es nämlich nicht praktikabel und nicht gut vollziehbar ist.

Es ist im Ausschuss auch die Meinung der Vertreterin der Gemeinde Wien zum Ausdruck gekommen, und dieser hat sich offensichtlich auch der Bundesrat ange­schlossen. Sie müssen aufpassen, was diese Vertreterin der Gemeinde Wien gesagt hat. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Diese Vertreterin der Gemeinde Wien hat gesagt: Wir können in Wien die Versagungs­gründe – also warum keine Staatsbürgerschaft verliehen wird – gar nicht wirklich prüfen, da in Wien 16 000 Anträge gestellt werden; wir haben weder die Zeit noch die Möglichkeit, diese Anträge zu überprüfen. – Das heißt, man umschifft ganz einfach das Gesetz, man hält das Gesetz nicht ein!

Ähnlich verhält es sich mit den Deutschkenntnissen. Diese werden nicht abgefragt, eben weil es so viele Anträge gibt. Das macht aber der Vertreterin der Gemeinde Wien nichts aus: Die Leute bekommen die Staatsbürgerschaft verliehen. In Wien ist die Zahl ganz besonders hoch; ich glaube, es waren 15 000 allein in Wien, die die Staats­bürgerschaft bekommen haben. (Abg. Ellmauer: 18 000 ...!)

Interessanterweise sagt diese Vertreterin: In Wien sind Anträge auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nur in fünf Fällen wegen mangelnder Deutsch­kenntnisse abgelehnt worden. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Jeder von uns kennt sehr viele Leute, die den österreichischen Reisepass – jetzt: EU-Pass – in der Hand haben und über keine Deutschkenntnisse verfügen. Da hat die Gemeinde Wien ganz einfach verliehen, ohne die Voraussetzungen zu überprüfen. Das wollen wir eben nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Im Einspruch steht auch, es handle sich um eine unnötige Verschärfung. Ich kann nur darauf hinweisen, dass wir wollen, dass die Gesetze eingehalten werden und dass ein Gesetz vorhanden ist, das so vollzogen wird, dass es keine Umwege darum herum gibt und dass man nicht sagt: Wir können die Anträge gar nicht genau prüfen, weil es ganz einfach zu viele sind.

Wir müssen danach trachten, dass diejenigen, die die Staatsbürgerschaft erlangen, wirklich integriert sind, dass sie ein eigenes Einkommen haben, dass sie die Landes­sprache sprechen und dass sie einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich haben.

Frau Abgeordnete Weinzinger, Sie haben bemängelt, dass Kinder die Staatsbürger­schaft nicht mehr bekommen können. Nach dem geltenden Gesetz muss ein Kind nicht einmal seinen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich nachweisen und bekommt doch schon die Staatsbürgerschaft. So kann es doch wirklich nicht sein! Wir haben jetzt alles auf die Grundlage gestellt, dass jeder den rechtmäßigen Aufenthalt hier in Österreich nachweisen muss, erst dann bekommt er die Staatsbürgerschaft.

Die Einbürgerung muss das Schlusslicht der Integration sein. Dazu ist es eben not­wen­dig, auch die Deutschkenntnisse zu haben und nachzuweisen. Jemand, der nicht Deutsch kann, jemand, der nicht die Landessprache kann, kann nicht am Leben


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teilnehmen. Er kann keinen ordentlichen Job bekommen, er kann in den Schulen nicht mit den Lehrern verkehren, er ist ganz einfach ausgeschlossen.

Wir von meiner Fraktion bekennen uns zu der so genannten Verschärfung. Diejenigen, die lange genug in Österreich sind und alle Voraussetzungen erfüllen, sollen die öster­reichische Staatsbürgerschaft bekommen, und die anderen müssen eben so lange warten, bis sie die Voraussetzungen erfüllt haben. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.02

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dr. Hlavac 3 Minu­ten zu uns. – Bitte.

 


18.02.57

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Ich habe es schon in der ersten Debatte zu diesem Thema gesagt: Diese Novelle ist unnötig, sie ist kontraproduktiv. Sie ist unnötig, weil es ohnedies kaum vorzeitige Verleihungen gibt, und sie ist kontrapro­duktiv, weil damit den Menschen, die die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben wollen, die in Österreich leben, die hier in Österreich arbeiten, nur Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden und weil in Wirklichkeit in keiner Weise berücksichtigt wird, wie weit sie sich bereits integriert haben.

Wenn Sie sagen, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Abschluss einer gelungenen Integration sein soll, dann frage ich mich, warum das Kriterium der nachhaltigen persönlichen und beruflichen Integration für die Verleihung nach sechs Jahren gestrichen wird. Das wäre durchaus etwas gewesen, was sinnvoll ist, dass es einen zusätzlichen Anreiz für die Integration gibt. Aber gerade das wird abgeschafft, es soll keine Ausnahmen mehr geben. Das finde ich sehr bedauerlich.

Was die Kinder betrifft, so meine ich doch, dass es sinnvoll ist, dass, wenn die Eltern die Staatsbürgerschaft bekommen, dies auch für die Kinder gilt. Wenn jetzt die Deutsch-Note im Schulzeugnis darüber entscheidet, ob ein Kind die Staatsbürgerschaft bekommt oder nicht, dann halte ich das geradezu für absurd und zynisch.

Sie haben die Sprachkurse angesprochen und die Notwendigkeit, dass die Menschen Deutsch lernen. Das ist etwas, was wir in keiner Weise in Frage stellen. Gerade Wien tut hier besonders viel und ist vorbildlich. Es gibt in Wien sehr viele Sprachkurse, viel mehr als sonst irgendwo, und all diese Sprachkurse sind ausgebucht. Die Stadt Wien ist gar nicht imstande, so viele Kurse anzubieten, wie danach Bedarf besteht. Das heißt, die Menschen sind sehr wohl daran interessiert, die Sprache zu erlernen und sich zu integrieren. Wien zeigt überhaupt vor, wie es gemacht werden soll; das Wiener Modell ist zweifellos ein vorbildliches, nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa.

Wenn Sie jetzt die Zahlen der Einbürgerungen als Grund für diese Novelle ansprechen, muss ich Sie daran erinnern, dass die Zahl der Einbürgerungen inzwischen wieder abgenommen hat. Erst vor wenigen Tagen sind die neuen Zahlen vorgestellt worden: Die Einbürgerungen sind zurückgegangen, und zwar ohne diese Novelle. Warum ist das geschehen? – Weil eben die vielen Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien, die bei uns Zuflucht gefunden haben, inzwischen eingebürgert sind. Dass diese Ein­bürgerung richtig war (Abg. Ellmauer: Um die geht es nicht! Das ist eh schon lang erledigt!), dass es richtig war, diesen Menschen die Möglichkeit zu geben, in Österreich zu leben, das wird hier hoffentlich niemand in Frage stellen.

Daher abschließend nochmals: Diese Novelle ist kontraproduktiv. Es wäre besser gewesen, dem Vorschlag des Bundesrates zu folgen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.06



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Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Ellmauer ist der nächste Redner. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.06.40

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Die Zahl der Verleihungen der öster­reichischen Staatsbürgerschaft ist in den letzten Jahren sehr hoch geworden. Wurden im Jahr 2000 noch 24 320 Personen eingebürgert, so waren es im Jahr 2003 bereits 44 694 Personen. Es besteht daher Handlungsbedarf, um einem Missbrauch entsprechend entgegenzuwirken und die Integration voranzutreiben.

Nun kurz zu den Schwerpunkten dieser Novelle: Einbürgerung nur bei entsprechenden Sprachkenntnissen und Grundkenntnissen der demokratischen Ordnung und der Ge­schichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes, Vereinheitlichung der Fristen für die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft sowie rechtmäßiger Aufent­halt und Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Transferleistungen. Dies sichert die Integration der Neu-Österreicher, und das sind wichtige Punkte zur Erlangung der Staats­bürgerschaft, zumal mit dieser bedeutende Rechte wie zum Beispiel das Wahlrecht verbunden sind.

Andererseits sind in dieser Novelle wichtige Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung vorgesehen, um der Erschleichung der Staatsbürgerschaft durch Urkundenfälschung, falsche Zeugnisse oder Scheinehen vorzubeugen.

Es ist daher verwunderlich, warum hier offensichtlich auf Verzögerungstaktik gesetzt wird. Anstatt zu handeln, versucht die Opposition immer, alles auf die lange Bank zu schieben. Mit der Blockade von Sozialdemokraten und Grünen im Bundesrat können Tausende mehr mit teils zweifelhaften Unterlagen ins Land kommen, als wir durch das Gesetz verhindern könnten. Wenn man sich die Tagesordnung von heute und morgen durchsieht, erkennt man, dass sieben wichtige Gesetzesmaterien durch zum Teil sehr fragwürdige Einspruchsbegründungen des Bundesrates unnötig hinausgezögert wer­den. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Dass Österreich niemand im Stich lässt, der wirklich in Not gerät, beweist die jüngere Geschichte. Anfang der neunziger Jahre wurden zu Beginn des Krieges in Jugoslawien etwa 90 000 Bosnier in Österreich auf­genommen, und über 60 000 von ihnen sind in Österreich bereits integriert beziehungsweise haben die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Für unsere Gesellschaft beziehungsweise für unsere Bürger ist es von großer Wichtigkeit, dass die Verleihung der österreichi­schen Staatsbürgerschaft sehr sorgsam und mit Bedacht geregelt wird. Dieses neue Gesetz liefert uns dazu die Grundlagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Sie wünscht, 3 Minuten zu sprechen. (Es kommt zu einer kurzen Verzögerung, bevor die aufgerufene Abgeordnete zum Rednerpult tritt.)

Danach wird der nächste Redner Markus Fauland sein. Ich bitte, in die Bereitstellungs­räume einzurücken, weil wir sonst bis 3 Uhr in der Früh hier sitzen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.09.32

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Danke, Herr Präsident, aber ich glaube, da ist in der Rednerliste etwas umgeschichtet worden.


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Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir sprechen jetzt über die Änderung des Staats­bürgerschaftsgesetzes, und ich denke mir, dass es Kollegen Ellmauer eigentlich nicht zusteht, die Einspruchsbegründungen einer anderen gesetzgebenden Körperschaft als fragwürdig zu bezeichnen. Ich finde die Begründung sehr schlüssig. (Heftige Zwischenrufe bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wenn Sie sich die Begründung einfach einmal durchlesen würden! (Abg. Dr. Fekter: Sie auch einmal!)

Geschätzte Damen und Herren von den Koalitionsparteien, Sie sprechen im Zusam­menhang mit der Integration oder mit der Staatsbürgerschaft immer davon, dass die Verschärfungen vor allem deshalb erforderlich sind, um eine erfolgreiche Integration ausländischer Mitbürger zu gewährleisten. – Ich finde, das ist schon sehr eigenartig. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frau Ministerin hat überhaupt davon gesprochen, dass es ihr sehr wichtig sei, dass jene Menschen, welche die Staatsbürgerschaft erlangen, sich in Österreich zu Hause, daheim und vor allem integriert fühlen müssen. Ich denke mir, das klingt recht gut, Frau Ministerin. Es klingt aber für mich vor allem sehr, sehr verwunderlich, wenn man sich dazu das Staatsbürgerschaftsgesetz anschaut, das nämlich eindeutig und unwider­ruflich echte Verschärfungen bringt gegenüber dem ohnehin sehr restriktiven Staats­bürgerschaftsgesetz, das wir haben. Es kann doch in diesem Haus niemand wirklich glauben, dass verlängerte Fristen und neue Hürden für die Menschen, die um die Staatsbürgerschaft ansuchen, ein positives Signal an unsere ausländischen Mitbür­gerInnen oder auch ein positives Signal an die Österreicherinnen und Österreicher sind.

Ich glaube nicht – und ich glaube auch nicht, dass Sie das meinen können –, dass die Art der Diskussion richtig ist, wie wir über ausländische MitbürgerInnen sprechen, auch hier in diesem Haus und auch heute wieder, wenn ich mir die Rede von Frau Partik-Pablé noch einmal ins Gedächtnis rufe, die ja alle ausländischen MitbürgerInnen irgendwie ins Sozialschmarotzer-Eck stellen möchte (Abg. Fauland: Stimmt ja gar nicht!), oder von Kollegen Lopatka, der einfach mit Zahlen jongliert, die nicht stimmen. (Abg. Dr. Fekter: Das sind Unterstellungen!) – Sie hat es ja gesagt! (Zwischenrufe bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich glaube nicht, dass diese Art der Diskussion für ein offenes Klima in unserem Land sorgen kann ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben ja nicht einmal aufgepasst!) Ich habe schon aufgepasst! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe gesagt, das hat eine Expertin gesagt! Das habe ich gesagt!)

Ich glaube nicht, dass diese Art der Diskussion für ein offenes Klima in unserem Land sorgen kann, damit Integration in unserem Land tatsächlich stattfinden kann. Das trägt nicht dazu bei. Ich denke mir, das trägt nur dazu bei, dass es noch mehr Ressen­timents gegen ausländische Menschen in unserem Land geben kann. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Bleiben Sie bei der Wahrheit, bitte!)

Integration, Frau Kollegin Partik-Pablé, bedeutet nämlich mehr, als nur über Deutsch­kenntnisse zu sprechen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Eine Expertin, die jeden Tag mit dem Staatsbürgerschaftsrecht zu tun hat, hat das gesagt!) Es bedeutet nämlich vor allem einen Prozess, der – das ist sozialpolitisch so begründet – ein Prozess ist, durch den bisher außen stehende Personen oder Gruppen zugehörige Glieder einer größeren sozialen Gruppe werden können. Allerdings bedeutet Integration nicht die vollkom­mene Assimilation, sondern sie bedeutet auch, dass jene Gruppen, die hereingeholt werden sollen, ihre eigene Identität behalten dürfen. Sie sprechen – ich habe zumin­dest diesen Eindruck – im politischen Alltag, wenn Sie von Integration sprechen, haupt­sächlich von Assimilation. Das ist nicht mein Verständnis von Integration.


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In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen ein paar Gedanken zum Abschluss mit­geben, nämlich Synonyme zu  „Integration“. „Integration“ bedeutet Einbeziehung, Ein­bin­dung, Zusammenführung. Und Gegenwörter dazu sind: Abschiebung, Abschot­tung, Ausgrenzung, Isolation und Isolierung. Vielleicht sollten wir alle, die wir in politi­schen Mandaten stehen, uns diese Gedanken öfter ins Bewusstsein rücken, wenn wir über Integration sprechen. Ich bin nämlich davon überzeugt, dass unsere Aussagen sehr viel dazu beitragen, wie in Österreich das Klima im Umgang mit ausländischen Mit­bürgerInnen ist. Wir haben meiner Meinung nach die Verantwortung, ein positives Klima zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.13.48

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Herr Präsident, ich melde mich am Rednerpult!

Bezogen auf die Aussagen der Sozialdemokratie war ich heute ansatzweise sehr erfreut darüber, dass beim Passgesetz der Realitätssinn der Sozialdemokraten kurz einmal aufgeblitzt ist und man sich einer Thematik gestellt hat, was in diesem Fall wirklich notwendig ist. Aber wie so oft wurden wir auch hier in kürzester Zeit eines Besseren belehrt: Die Ausführungen, dass es keine Notwendigkeit gibt, eine Optimie­rung des Staatsbürgerschaftsrechtes durchzuführen, sind sicherlich nicht haltbar.

Wenn es heißt, dass hier Kritik am Bundesrat zum Ausdruck gebracht wurde, muss ich sagen, diese Kritik war sicherlich gerechtfertigt. Denn wenn man sich die Stellung­nahme des Bundesrates anschaut, dann sieht man: Das war äußerst, äußerst dürftig.

Was die Ausführungen vor allem der Kollegin Hlavac betrifft, möchte ich noch ein paar Anmerkungen machen, und zwar was diese doch so gute Integrationspolitik in Wien betrifft. Schauen wir uns die Realitäten einmal an.

Wir haben durch die Zuwanderung, durch die Konzentriertheit auf einzelne Bezirke eine Ghettobildung, und in diesen Ghettos wird eines nicht gesprochen, nämlich Deutsch. Wir haben dadurch eine massive Einschränkung der Deutschkenntnisse. Aber eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte uns doch klar sein: Die deutsche Sprache und die Kenntnis der deutschen Sprache ist wohl die erste Stufe für eine vernünftige Integration, und ohne Sprachkenntnisse kann es keine Integration geben! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was Integration als solche betrifft, muss man Integration auch als das Ende eines Weges sehen. Es ist nicht der Beginn eines Weges, sondern das Ende einer Weges von Menschen, die die österreichische Staatsbürgerschaft erlangen wollen, und am Ende dieses ganzen Prozesses steht die Integration. Die österreichische Staats­bürgerschaft ist eben ein Gut, das wertvoll ist, und ein wertvolles Gut muss man sich erarbeiten. Daher kann Integration keine Einbahnstraße sein, sondern man muss auch erwarten dürfen, dass jene Menschen, die die österreichische Staatsbürgerschaft erlangen wollen, auch uns entgegenkommen.

Deswegen glaube ich, dass mit diesem Gesetzentwurf Regelungen geschaffen worden sind, die – und das stelle ich außer Streit – sicherlich als eine der rigorosesten innerhalb der Europäischen Union gelten, die aber eben eines darlegen: Für uns ist die österreichische Staatsbürgerschaft wertvoll, und jemand, der sie bekommen will, muss einen Weg gehen, auch wenn dieser Weg manchmal mit Dornen versehen ist. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.16



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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.16.25

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sprache ist der Integrationsfaktor schlechthin. Nur wer die Landessprache erlernt, hat in Wirklichkeit den Zugang zum Arbeitsmarkt und somit auch Chancen in seinem neuen Heimatstaat. Die Landessprache ermöglicht in Wirklichkeit auch die gesellschaftliche Integration.

Ein gewisser Druck zum Lernen, und zwar am Beginn der Einwanderung, der Ein­bürgerung, ist meiner Meinung nach notwendig. Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus der Praxis nennen, stellvertretend aus meinem Bezirk, aber wahrscheinlich funktioniert das auch bei Ihnen, in Ihrem Umfeld so. In vielen ausländischen Familien zeigt sich vor allem an Frauen das Phänomen, dass sie in zweiter Generation, oft in Österreich geboren, nicht Deutsch sprechen, weil dies von der Familiensippe oder dem Mann nicht gewünscht und auch nicht erlaubt wird. Daher ist dies besonders auch für Frauen ein Integrationsfaktor. Ich verstehe eines nicht: Warum lehnen Sie dieses Staats­bürgerschaftsgesetz aus diesen Gründen ab? Warum sollen wir es diesen Menschen nicht ermöglichen, Deutsch zu lernen, und dabei nicht auch einen gewissen Druck ausüben? – Ich verstehe Ihre Politik in diesem Punkt nicht.

Ich denke, Sie betreiben hier Totalopposition. Es ist auch gut so, denn Sie werden ab November ebenfalls wieder vier Jahre dort sitzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Bösch. 4 Minu­ten Wunschredezeit (Zwischenruf des Abg. Dr. Bösch auf dem Weg zum Rednerpult); er möchte sie gar nicht ausschöpfen. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.17.54

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Vielen Dank, Herr Präsi­dent! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Meine Kollegin Rosenkranz und ich werden diesem Regierungsantrag heute nicht die Zustimmung geben. Dasselbe betrifft auch den Tagesordnungspunkt 13. Wir haben das in den Sitzungen, die wir zu diesem Thema hatten, ja schon erläutert.

Ich räume ein, dass in diesem Gesetz einige gute Ansätze vorhanden sind. Es kann aber nicht den letzten Schritt zur wirklichen Umsetzung machen. Ich glaube, dass die Staatsbürgerschaft ein so wichtiges Gut ist, dass wir viel behutsamer mit ihr umgehen und auch gesetzesmäßig einen klaren Paradigmenwechsel einleiten sollten. Der Para­digmenwechsel sollte sein, dass die Erlangung der Staatsbürgerschaft nicht vom Ablauf gewisser Fristen abhängig ist, sondern von der klaren Erreichung von Kriterien für den, der eingebürgert werden möchte.

Wir müssen auch im Gesetz klarmachen, dass nicht nur von Seiten der Gesellschaft die Integration gewollt wird, sondern dass auch von Seiten der Betroffenen gezeigt wird, dass sie integriert werden wollen. Diese Integrationswilligkeit von beiden Seiten zu fördern, das gilt es nach unserem Dafürhalten auch im Gesetz zu verankern.

Es kann nicht sein, dass in Schulklassen, in denen nur 10 oder 20 Prozent die deutsche Sprache beherrschen, von einer Integrationsmöglichkeit gesprochen wird. Die Integration, von der wir alle reden und die wir seit Jahren im Mund führen, meine Damen und Herren, ist in ihrer Machbarkeit auch eine Frage der Quantität. Wir sollten das nicht gering achten.


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Wir sollten auch auf europäischer Ebene, Frau Minister, die Staatsbürgerschaftsrege­lun­gen und die Zuwanderungsregelungen im Rahmen der Europäischen Union harmo­nisieren und hiefür klare Regeln festlegen, die sicherstellen, dass es in den nächsten Jahren nicht zur Entwicklung von Parallelgesellschaften in Europa, aber auch bei uns in Österreich kommt, Parallelgesellschaften, die sich nicht nur selbst entwickeln, sondern die auch in einer Radikalität, die uns alle überrascht, unsere Gesellschafts­ordnung in Europa, aber auch in Österreich ablehnen.

Ich ersuche Sie deshalb auch, im Rahmen der EU-Präsidentschaft auf europäischer Ebene Klarheit zu schaffen und auch deutlich zu machen, dass von Seiten der europäischen Gesellschaftsordnung klare Regeln auf diesem Gebiet gebraucht werden. – Danke.

18.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu: Abgeordneter Scheibner. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


18.20.31

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mich wundert immer, meine Damen und Herren, dass bei einer Debatte über das Staatsbürgerschaftsrecht von Integration gesprochen wird, also die Staats­bürger­schaft als Integrationsmittel aufgefasst wird. Sie ist aber kein Integrationsmittel, sondern die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist der letzte Punkt nach einer erfolg­reichen, abgeschlossenen Integration. Das ist, so meine ich, der Denkfehler, den auch manche bei Ihnen hier machen, meine Damen und Herren.

Da gibt es keine Diskussion mehr, ob der die Sprache in Zukunft lernen soll, ob er sich integrieren soll in der Zukunft, sondern da muss er oder sie bereits voll integriert sein, da muss er oder sie die deutsche Sprache voll und ganz beherrschen, da muss er oder sie sich voll und ganz und vorbehaltlos zu dieser Republik Österreich und dem Werte­system, das diese Republik Österreich umfasst, bekennen. Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich weiß schon, dass Sie damit ein Problem haben, denn Sie wollen – und das haben wir auch im Verfassungskonvent gesehen – ja das Institut der Staatsbürgerschaft am liebsten abgeschafft sehen. Alle Menschen, die hier anwesend sind, sind gleich­berechtigt. Natürlich sind sie alle gleich, aber nicht alle gleichberechtigt, weil es eben Menschenrechte gibt, die allen zukommen, und Staatsbürgerschaftsrechte, die eben nur den Staatsbürgern zukommen können, weil mit dieser Staatsbürgerschaft eben nicht nur Rechte verbunden sind, sondern auch Pflichten, Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, Pflichten gegenüber der Republik.

Deshalb unterscheiden wir uns hier, und wir unterscheiden uns ganz bewusst. Und ich sage Ihnen: Wir sind stolz darauf, dass wir mit diesem strengen Staatsbürger­schafts­recht genau dieses Signal gesetzt haben, nämlich dass jemand, der die Rechte eines Staatsbürgers in Anspruch nehmen möchte, natürlich auch die Verpflichtungen wahr­nehmen muss und auch die Kriterien – und die wurden ja schon aufgezählt – von A bis Z erfüllen muss. Dass wir Ihre Zustimmung hiefür nicht finden werden, ist klar. Wir sind stolz auf diese Regelung, die in sehr schwierigen, aber letztlich guten Verhandlungen erzielt worden ist. Dass das anderen noch immer zu wenig ist, mag sein. Für uns ist aber wichtig: Es gibt keine zwei Kategorien von Staatsbürgern! Wer diese Staatsbür­ger­schaft hat, ist Österreicher wie jeder andere auch, aber der Weg dorthin muss entsprechend definiert sein und die Kriterien müssen auch eingehalten werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.23


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139. Sitzung / Seite 173

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten in 1342 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschafts­gesetz, das Tilgungsgesetz und das Gebührengesetz geändert werden (Staatsbürger­schaftsrechts-Novelle 2005) zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt. (Abg. Dr. Jarolim: Dadurch ist er auch nicht besser geworden!)

018.24.1911. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden und das Zivildienstgesetz-Über­gangsrecht 2006 erlassen wird (1343 d.B.)

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Der Herr Berichterstatter, Abgeordneter Ellmauer, wird eine Druckfehlerberichtigung einbringen, und ich erteile ihm hiezu das Wort.

 


Berichterstatter Matthias Ellmauer: Danke, Herr Präsident! Ich bringe folgende Druckfehlerberichtigung zum Ausschussbericht 1343 der Beilagen vor:

In Artikel 1 Z 6 hat die Zitierung „§ 54 Abs. 4“ richtigerweise „§ 55 Abs. 4“ zu lauten. – Danke, Herr Präsident.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erste Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Sie spricht bis zu 3 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin. (Abg. Freund: Es spricht Kollege Wöginger!)

Hier bei mir steht Baumgartner-Gabitzer und ich erteile ihr das Wort! Und meinen Anordnungen diesbezüglich ist Folge zu leisten. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Da steht Baumgartner-Gabitzer! (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer macht sich auf den Weg zum Rednerpult.)

Ich muss mich entschuldigen! Vom Computer wurde die falsche Debatte gestartet. Beim Zivildienstübergangsrecht ist Abgeordneter Wöginger der Erste. – Bitte.

 


18.26.07

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Ich danke für die Worterteilung.


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139. Sitzung / Seite 174

Seit zwei Jahren wird der Zivildienstbereich intensiv im Parlament behandelt: 2004 die Einrichtung einer Reformkommission, 2005 die Zivildienstnovelle, die eine wesentliche Verbesserung gebracht hat, eine Verkürzung des Zivildienstes von zwölf auf neun Monate, und heute das Zivildienstgesetz 2006. Was mich besonders freut, ist, dass jetzt ein sehr positives Endergebnis vorliegt, das auch von allen Fraktionen im Hohen Haus mitgetragen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was beinhaltet das heutige Gesetz, die heutige Vorlage? – Wiederum wesentliche Verbesserungen sowohl für die Zivildienstleistenden als auch für die Trägerorgani­sationen. Der Bund, der Staat hebt die Pauschalen für die Trägerorganisationen um 80 € pro Monat an, und zwar für die Blaulichtorganisationen von 500 € auf 580 € und für die Sozialeinrichtungen von 310 € auf 390 €. Bereits mit 1. Jänner dieses Jahres wurden die Pauschalen um 70 € angehoben. Das haben wir im vergangenen Juli beschlossen. Also insgesamt in einem Jahr gab es für die Trägerorganisationen eine Anhebung der Pauschalen um 150 €!

Unsere Frau Bundesministerin Prokop hat diese Einigung mit den Trägerorgani­sa­tionen erzielt, und das meiner Meinung nach in einer sehr hervorragenden Art und Weise, weil die Träger in mehrfachen Runden und Gesprächen mit eingebunden wurden. Stellvertretend für die Trägerorganisationen, Frau Bundesministerin, darf ich mich für diese Art der Vorgangsweise ganz, ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieses Geld gibt es zusätzlich auch rückwirkend per 1. Feber 2006, weil seither die Verpflegungsverordnung in Kraft getreten ist. Mit dieser Verordnung hat Frau Bundes­ministerin Prokop dem Verfassungsgerichtshofurteil vom Herbst 2005 voll und ganz Rechnung getragen. Es gibt entweder die Naturalverpflegung für die Zivildiener oder die Ausbezahlung von bis zu 13,60 € pro Tag. Es sind Abschläge möglich: minus 15 Prozent bei gleich bleibendem Dienstort oder jeweils minus 10 Prozent, wenn entweder eine Kücheneinrichtung vorhanden ist oder eine geringe körperliche Tätigkeit vorliegt.

Mit diesem Gesetz werden auch die Altforderungen der Zivildiener mit erledigt. Die Zivildiener, die von 2001 bis 2006 tätig waren, haben bis sechs Monate nach Inkraft­treten dieses Gesetzes die Möglichkeit, ihre Ansprüche geltend zu machen. Die Trägerorganisationen zahlen die Differenzbeträge nach Bescheid aus und können bis zu 4,20 € vom Bundesministerium für Inneres zurückfordern.

Ein Beispiel eines Zivildieners, der beim Roten Kreuz tätig war: 6 € wurden von der Organisation ausbezahlt. Laut der neuen Verordnung bekommt ein Zivildiener beim Roten Kreuz jetzt 10,20 €. Der Differenzbetrag macht also 4,20 € aus; das multipliziert mit 365 Tagen ergibt einen Betrag von 1 533 €. – Insgesamt werden mit diesem Gesetz 100 Millionen € für die Zivildiener zur Verfügung gestellt.

Was bedeutet die zukünftige Regelung? – Die ist mir ebenfalls besonders wichtig. – Wiederum am Beispiel eines Zivildieners beim Roten Kreuz in Oberösterreich: Er bekommt mit Februar 2006 um 200 € mehr als im Februar des Vorjahres, und zwar um 74 € mehr durch die Anhebung der Grundpauschale und 126 € plus durch die Anhebung des Verpflegsgeldes. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist wirklich eine tolle Leistung für unsere Zivildiener. Dieses Gesetz bedeutet auch für die Trägerorganisationen ein sehr gutes Ergebnis. Das steht im Gegensatz zu den Anträgen der Opposition, und das möchte ich abschließend wirklich noch hervorheben. Wir haben diese gestern im Ausschuss behandelt, und das SPÖ-Kostenteilungsmodell hätte beinhaltet, dass die Trägerorganisationen 8 bis 9 € pro Tag bezahlen sollen. Das macht zwischen 240 und 270 € aus. Die Grünen haben gesagt, dass die Träger­organisationen 350 € pro Monat bezahlen sollen. Unser Vorschlag lautet: Bei uns


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bezahlt der Bund 8,50 € pro Tag für die Zivildiener, und der Rest wird von den Trägerorganisationen beglichen, und das sind bei den Blaulicht- und Sozialein­richtungen 1,70 € pro Tag. Jetzt stelle ich die Frage: Wer hat hier die bessere Lösung für den Zivildienst und für die Trägerorganisationen? – Das sind einzig und allein wir, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dieser Regelung erhalten die Zivildiener so viel Geld wie nie zuvor, und die Trägerorganisationen bekommen ebenfalls eine sehr gute Entlastung und damit eine sehr gute Lösung. Deshalb herrscht sowohl bei den Zivildienern als auch bei den Trägerorganisationen eine hohe Zufriedenheit. Das weiß ich aus vielen Gesprächen der vergangenen Tage und Wochen.

Am Schluss einer sehr intensiven Diskussion ein sehr positives, einstimmiges Ergebnis für den österreichischen Zivildienst – so machen wir Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

18.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Darabos. (Abg. Freund – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Darabos –: Das wird schwierig!) 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.31.37

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Wöginger, ich weiß nicht, wovon Sie gesprochen haben. Sie verwechseln da Äpfel mit Birnen. Es ist eigentlich unglaublich, was Sie da am Rednerpult abgeliefert haben. (Abg. Lentsch: Jetzt können Sie sagen, was Sache ist!) Fakt ist: Es geht heute darum, die von Ihnen den Zivildienern vorenthaltenen Gelder denselben rechtmäßig zuzuweisen, und zwar mittels gesetzlicher Maßnahmen. Die SPÖ hat durch zwei Verfassungsgerichtsverfahren erreicht, dass die Zivildiener jenes Geld bekommen, das Sie ihnen über sechs Jahre vorenthalten haben. Darum geht es heute, um nicht mehr und nicht weniger! (Beifall bei der SPÖ.)

Die gute Nachricht ist, dass durch den heutigen Gesetzesbeschluss dieses Geld jetzt tatsächlich den Zivildienern zugewiesen wird, und da bin ich durchaus der Frau Minister dankbar, dass sie in diesem Sinne endlich nach sechs Jahren im Gegensatz zu ihrem Vorgänger bereit war, Verfassungsgerichtshofurteile zu akzeptieren und den Zivildienern das Geld zuzuweisen, das ihnen zusteht. (Abg. Dr. Lopatka: Endlich einmal ein vernünftiges Wort!) Davon betroffen sind immerhin 40 000 bis 50 000 Men­schen. Es geht heute mit diesem Beschluss darum, den Zivildienern die ihnen von der ÖVP und von der Regierung vorenthaltenen 2 000 € im Schnitt zuzuweisen. Insofern sage ich ganz deutlich, auch wenn wir bereits im Innenausschuss sozusagen eine Marken-, eine Mascherldiskussion gehabt haben, wer dafür verantwortlich ist: Ich bin froh darüber, dass die Zivildiener diese 2 000 € im Schnitt bekommen auf Grund der zwei Verfahren beim Verfassungsgerichtshof, die die SPÖ für die Zivildiener ange­strengt hat, Herr Kollege Lopatka. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Lopatka: Das haben wir schon gehört!)

Es ist auch Fakt, dass wir seit Jahren um diese gerechte Problementsorgung gekämpft haben, und das werden auch die anderen anerkennen, denn es ist klar, dass Sie versucht haben – und Minister Strasser hat das ja auch in öffentlichen Stellungnahmen geäußert –, den Zivildienern ihre gerechte Entlohnung zu verwehren. Es ist schön, dass es endlich gelungen ist, diese gerechte Entlohnung für die Zivildiener zu erkämpfen. Wenn wir uns heute darauf in einem Vierparteienbeschluss einigen, dann kann man sagen: Die Gerechtigkeit hat gesiegt!


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Es gibt aber einige Schönheitsfehler, das sage ich auch ganz offen dazu. Die Zivildienerorganisationen meinen, dass es relativ schwierig sein wird, dieses Geld zu erkämpfen, weil wir heute auch beschließen, dass das über die Organisationen zu erfolgen hat. Wir als SPÖ werden ganz genau darauf schauen, dass die Zivildiener – es sind 40 000 bis 50 000 an der Zahl – auch zu ihrem Geld kommen. Es ist ein schöner Tag für die Zivildiener. Wer immer sich dafür ein politisches Hütchen aufsetzen will, dem sei sozusagen erlaubt.

Fakt ist: Auf Grund der Verfassungsgerichtshofurteile und auf Grund des Kampfes der SPÖ ist das gelungen. Wir sind froh darüber und sehen diesen Tag, an dem das auch gesetzlich beschlossen wird, als guten Tag für die Zivildiener. (Beifall bei der SPÖ.)

18.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Fauland 3 Minu­ten. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.34.57

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist da irgendwie ein kleiner Mascherlstreit im Gange. Das erinnert mich ein bisschen an eine Sandkiste, in der unterschiedliche Schauferln drinnen sind und man sich um die Schauferln zu streiten beginnt. Dann im Anschluss an meine Rede wird Kollegin Haidlmayr noch betonen, dass es allein die Grünen waren, die das möglich gemacht haben. Aber lassen wir das dahingestellt. Die Fakten sprechen für sich: Es hat ein Verfassungsgerichts­hofer­kenntnis gegeben, und dieses Erkenntnis ist umzusetzen gewesen.

Meinen Dank an die Frau Bundesminister, dass es ihr in dieser kurzen Zeit möglich war, das in dieser Art und Weise zu erledigen. Wir beschließen heute rückwirkend für die Zivildiener, ihnen – und das, Kollege Darabos, kann man so nicht im Raum stehen lassen – nicht das vorenthaltene, sondern das auf Grund der damaligen gesetzlichen Lage sehr wohl übermittelte Geld aufzustocken, einfach auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes. (Abg. Mag. Wurm: Es waren mehrere!) Es ist schon fast etwas anmaßend, einen Vorsatz zu behaupten oder zu unterstellen, dass wir oder die Frau Bundesministerin das Geld hätten vorenthalten wollen.

Es wird dieses Gesetz heute beschlossen. Die Zivildiener werden dann bis zu 13,60 € erhalten. Lassen Sie mich als Militär auch eines anmerken: Es ist natürlich auch für die Rekruten ein interessantes Erkenntnis und auch eine interessante Gesetzgebung, wenn man sich nämlich vor Augen hält, dass ein Rekrut nur 3,40 € am Tag zur Verfügung hat, womit das österreichische Bundesheer dann das Auslangen finden muss, damit er verköstigt wird. 13,60 € stellt nur den Höchstsatz für einen Rekruten des österreichischen Bundesheeres dar, wenn er irgendwo – Unternehmerkost nennt sich das – in einem Gasthaus verköstigt wird.

Deswegen würde ich mir auch im Sinne der Gleichberechtigung wünschen, dass, insoweit dies möglich ist, die Naturalverpflegung herangezogen wird, um da nicht Ungerechtigkeiten zu schaffen, mit denen wir uns dann irgendwann einmal wieder zu beschäftigen haben werden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ihre Wunschredezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte.

 


18.37.13

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen das Spiel nicht mitzumachen: Wer hat sich was auf die Fahne geheftet? Wir brauchen es nicht auf unsere Fahnen zu heften,


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denn es war immer unsere Meinung. Wir brauchen nichts hinaufzuheften, was immer klar war!

Um das zu dokumentieren, möchte ich – Herrn Fauland ist noch nicht so lange im Parlament, er kann nicht wissen, wie die Geschichte gelaufen ist – daran erinnern, dass es nur die Grünen waren, die immer auf den 13,60 € bestanden haben, und das seit dem Jahr 2000. (Beifall bei den Grünen.)

Von dieser Linie bin ich keinen Millimeter abgerückt – bis dato, und jetzt haben wir es erreicht.

Weil Herr Wöginger sagte, Sie seien so gut und was Sie nicht alles geleistet hätten: Ich weiß nicht, ob Sie sich, Herr Wöginger, noch an den 1. Juni 2004 erinnern können. Damals hat es eine Studie vom Herrn Pfannhauser gegeben – vielleicht können Sie sich noch daran erinnern –, und dann hat es eine Aussendung Ihres Kollegen Matthias Ellmauer gegeben, in welcher Folgendes stand: Gutachten untermauert bisheriges Erkenntnis: 4,88 € pro Tag und Zivildienstleistenden würden ausreichen.

Das heißt also: 4,88 € habt ihr bis dato den Zivis vergönnt, um keinen Cent mehr, aber auch um keinen Cent weniger. Um 4,88 € lässt es sich jedoch nicht leben. Das ist amtlich, ein Papier vom 1. Juni 2004, und zwar OTS. (Abg. Neudeck: Das ist nicht amtlich!) Sie können dann gleich die Kopie haben, um sie sich vielleicht zur Erinnerung aufzuheben.

Jetzt zur SPÖ, die auch so tut, als wäre sie, ach, so gut gewesen. Sie haben letztes Jahr einer Zivildienstnovelle zugestimmt, die nicht die 13,60 € für Zivildienstleistende sichergestellt hat. Sie haben gesagt: Gut, dann sind es nur sechs, lieber sechs als gar nichts, aber wir stimmen dem Zivildienstgesetz zu! Sie haben es auch getan und haben damit die Zivildienstleistenden nicht nur geschockt, sondern auch verraten. Die Ein­zigen, die ihre Linie gehalten haben, sind die Grünen, und darauf bin ich, ganz ehrlich gesagt, unheimlich stolz. (Beifall bei den Grünen.)

Dass wir Grünen mit unserer Forderung Recht behalten haben, zeigt sich auch durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom Oktober 2005. 13,60 € als Grundlage hat der Verfassungsgerichtshof vorgeschrieben. Frau Ministerin, das ist genau der Betrag, den wir gefordert haben. Sie sind jetzt durch das Verfassungsgerichtshofurteil gezwun­gen gewesen, es umzusetzen. Deshalb haben wir heute diese Novelle zu  be­schließen – und nicht deshalb, weil die ÖVP den Zivildienern gegenüber plötzlich großzügig und spendabel geworden ist – die Freiheitlichen waren es sowieso nicht – und die SPÖ umgedacht hätte, sondern weil der Verfassungsgerichtshof die Forde­run­gen der Grünen mitgetragen hat. Wir haben immer gewusst, dass das der einzige Weg ist, und dieser einzige Weg, der auch der einzig richtige ist, wird heute umgesetzt.

Frau Ministerin! In 47 Fällen werden sich Zivildiener in nächster Zeit bei Ihnen melden und ihr Geld haben wollen, das Sie ihnen seit 2001 schulden. Das sind bis zu 2 500 € pro Zivildienstleistendem.

Frau Ministerin! Es ist beschämend, dass wir in einer Republik, die so reich ist, Zivil­dienern diesen Betrag seit fünf Jahren und länger vorenthalten. Ich hoffe, dass die Verfahren jetzt rasch abgehandelt werden und dass sich die Einrichtungen nicht ein böses Spiel erlauben und die Auszahlung an die Zivildienstleistenden verhindern oder verzögern.

Eines möchte ich auch noch sagen: Ich hätte mir grundsätzlich eine weitergehende Regelung gewünscht, aber noch sind Sie an der Regierung. Es wird sich ändern, und dann werden wir auch da etwas ändern – zum Positiven für die Zivildienstleistenden. (Beifall bei den Grünen.)


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Eine große Änderung, die noch notwendig ist, betrifft den Auszahlungsmodus. Frau Ministerin, es ist absolut nicht und von niemandem einzusehen, warum die Zivildiener am Gängelband der Organisationen hängen. Sie haben mit den Organisationen keinen Vertrag. Sorry! Sie machen Zivildienst, weil der Bund es von ihnen als Ersatz für die Wehrpflicht verlangt. Deshalb müssen sie auch vom Bund finanziert werden und nicht von den Einrichtungen. Das heißt ganz konkret: Zivildiener müssen ihre Leistungen vom Bund ausbezahlt bekommen, und die Einrichtungen sollen so, wie es früher auch der Fall war, ihren Kostenbeitrag an den Bund abliefern.

Die 350 €, die Sie so kritisiert haben, sind kein erfundener Betrag, sondern exakt jener Betrag, der von den Blaulichtorganisationen vorgegeben wurde, nämlich der Betrag, den sie ein Zivildiener derzeit im Monat kostet, und zwar noch nach der alten Regelung und nicht nach der neuen mit den 13,60 €. Die Blaulichtorganisationen haben gesagt, sie haben einen Kostenaufwand von 360 € im Monat pro Zivildienstleistenden. Wenn sie diesen Kostenaufwand eins zu eins dem Bund zahlen, haben sie ein Nullsum­menspiel, ja im Gegenteil, sie haben ein Plus, weil dann die ganze Verwaltung über den Bund geregelt wird und die Einrichtungen Personalkosten und andere Kosten einsparen können. Das heißt, das wäre nicht nur organisatorisch ein Vorteil, sondern auch eine – unter Anführungszeichen – „Entlastung“ für die Einrichtungen, was Sie bis jetzt noch nicht kapiert haben, so wie Sie für die Erhöhung des Verpflegungsgeldes fünf Jahre gebraucht haben, bis das in Ihren Köpfen war und bis Sie das kapiert haben.

Vielleicht habe ich Illusionen, aber ich denke, man kann Ihnen zutrauen, dass Sie auch das noch kapieren und wir in ein paar Jahren hier stehen und Sie sagen: Wir sind so super (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Gahr: Sie sollten kapieren, dass Ihre Wortwahl nicht in Ordnung ist! – Abg. Neudeck: Was sollen wir kapieren?), jetzt zahlen wir das den Zivildienern aus und die Einrichtungen entlasten wir, indem sie nur 350 € an den Bund zahlen müssen. Es braucht seine Zeit. Wir werden sie Ihnen geben, aber nicht zu lange. Darauf können Sie sich verlassen. (Beifall bei den Grünen.)

18.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lopatka. 3 Minuten. – Bitte.

 


18.44.11

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war John F. Kennedy, der einmal gesagt hat, der Sieg hat viele Väter (Abg. Parnigoni: Der Kennedy hat vieles gesagt!) – und auch heute haben wir diese Situation, denn es gibt natürlich etwas, was es hier von uns allen zu begrüßen gilt, nämlich eine sehr gute Regelung für Zivildiener. Ich sage aber heute ein bisschen salopp, dieser Sieg hat vor allem eine Mutter, das ist die Innen­ministerin (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), denn ihr ist es gelungen, nicht nur eine Vier-Parteien-Einigung zu erreichen, sondern auch – und das unterscheidet mich von meiner Vorrednerin – eine Lösung zu finden, mit der auch die Träger zufrieden sind.

Ich sage es Ihnen, für uns ist die Leistung und die Arbeit der Zivildiener eine ganz wichtige. (Abg. Mag. Wurm: Aber Sie haben erst den Verfassungsgerichtshof ge­braucht!) Aber auch das Zusammenspiel mit den Trägern – das sollte man nicht ganz vergessen – ist für unsere Gesellschaft von enormer Bedeutung. (Abg. Mag. Darabos: Warum haben Sie dann erst den Verfassungsgerichtshof gebraucht?) Ob das die Blaulichtorganisationen sind, ob das die Volkshilfe ist, ob das die Caritas ist, wer auch immer, das sind ganz wichtige Einrichtungen. Da sind wir jetzt bei einer Lösung, mit der wir alle zufrieden sein können. Das ist ja auch der Grund, warum Sie dieser Lösung Ihre Zustimmung geben.


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Da habe ich es jetzt von Ihrer Seite her nicht verstanden, dass in dieser Form die Angriffe gekommen sind, denn was Innenministerin Prokop hier gelungen ist, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. (Abg. Dr. Einem: Dem Verfassungsgerichtshof ist es gelungen!) Wir haben den Zivildienst verkürzt. Weil sich der ehemalige Minister Einem da zwischendurch meldet: SPÖ-Minister haben den Zivildienst nie verkürzt. (Abg. Dr. Einem: Weil es an der ÖVP gescheitert ist!) Das möchte ich Ihnen nur in Erinnerung rufen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja, so ist es. (Abg. Broukal: Warum das so war, daran können wir uns schon noch erinnern, Herr Kollege!) Kollege Broukal ist auch aufgewacht.

Es ist so, dass wir das natürlich in einer Form gemacht haben, die wir verantworten können. (Abg. Parnigoni: So sind Sie in Wirklichkeit!) Genauso sind wir in Wirklichkeit: Wir tun etwas für die Präsenzdiener und für die Zivildiener! Sie haben Recht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Sie versuchen nur, persönlich zu diffamieren!) Wir tun nicht nur etwas bei der Verkürzung des Zivildienstes, sondern auch im finanziellen Bereich. Freuen Sie sich, dass wir diese Lösung hier gemeinsam gefunden haben. (Abg. Parnigoni: Seien Sie froh, dass wir den Prozess durchgezogen haben, sonst könnten Sie das jetzt nicht sagen!) Na, ganz sicher nicht. Wir haben immer gesagt, wir haben einen klaren Zeitplan: Verkürzung des Zivildienstes, dann sehen wir, was vom Erkenntnis kommt, und dann handeln wir. (Abg. Parnigoni: Ach so ist das!) Ja, genau so ist es und nicht anders.

Jetzt haben wir gehandelt. Freuen Sie sich mit uns. Die Zivildiener werden sich freuen. Wir haben hier gemeinsam eine gute Lösung gefunden. Ein herzliches Dankeschön der zuständigen Ministerin. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

18.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Parnigoni – in Richtung des sich zu seinem Platz begebenden Abg. Dr. Lopatka –: Eine schwache Vorstellung war das! – Abg. Mag. Darabos: Vom Lopatka kann man nicht viel erwarten! – Abg. Parnigoni: Die Erwartungshaltung war ohnehin nicht sehr hoch!)

 


18.47.20

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte schon noch einmal darauf hinweisen, Herr Abgeordneter Lopatka, dass es sehr wohl eines Verfassungsgerichts­hoferkenntnisses ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Parnigoni, bei Ihnen ist das Maß bald erreicht! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete Wurm ist jetzt am Wort!

 


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (fortsetzend): ... eines Verfassungsgerichts­hofer­kennt­nisses bedurft hat, damit die Regierung endlich tätig geworden ist, und es hat lange gebraucht, bis diese Verfassungsgerichtshoferkenntnisse jetzt endlich zur Umsetzung gekommen sind. Das ist das Traurige an dieser Geschichte.

Jetzt liegt – Gott sei Dank, sage ich, sehr geehrte Damen und Herren – ein Kom­promissvorschlag vor, dem auch wir die Zustimmung geben. Aber wirklich begeistert und total zufrieden sind wir deshalb noch lange nicht, deshalb rede ich hier von einem Kompromiss. (Abg. Dr. Lopatka: Sie raunzen immer!) Ja, Sie sagen, wir raunzen immer. Wenn Ihnen etwas nicht gefällt, heißt es raunzen, und wenn Sie etwas machen, was allen gefallen soll, dann sollen alle jubilieren. So funktioniert die Demokratie nicht, Herr Dr. Lopatka! (Beifall bei der SPÖ.)


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Wir haben uns nun nach Abwägen aller Für und Wider dazu durchgerungen, dieser Bestimmung zuzustimmen. 40 000 bis 50 000 Zivildiener sind davon betroffen. Rückerstattet werden 2 000 € pro Zivildiener; das ist viel Geld für einen jungen Menschen. Das war für uns und für mich eine Begründung, damit wir dieses lange und traurige Schauspiel endlich beenden können, Herr Dr. Lopatka. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Verfassungsgerichtshof – ich zitiere – hat in seinem Erkenntnis vom 15. November 2004 festgestellt, dass das Verpflegsgeld für Zivildiener von € 6 pro Tag zu gering bemessen ist. In der Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass man sich an den vergleichbaren Regelungen für den Wehrdienst zu orientieren habe und nicht an den Regelungen für die Versorgung von Asylwerbern, wie es vom ÖVP-Innenministerium ins Treffen geführt wurde. – Dazu möchte ich sagen: Es ist eine absurde Idee, dass man die Entlohnung der Zivildiener an die Zuwendungen für die Asylwerber hat angleichen wollen. Das ist eine wirklich absurde Idee!

Der Verfassungsgerichtshof stellte klar, dass den Zivildienern € 13,60 pro Tag zu­stehen. Nun ist es so, dass die Rückforderungen insgesamt zirka 100 Millionen € betragen, das sind in alter Währung 1,3 Milliarden Schilling, die den Zivildienern in den Jahren 2001 bis 2005 vorenthalten wurden. Das kann und muss auch gesagt werden, sehr geehrte Damen und Herren.

Lassen Sie mich zum Abschluss sagen, dass die Zivildiener nicht nur geduldet sind, sondern eine sehr wichtige Funktion in unserem Staat haben. Sie sind keine billigen Arbeitskräfte, sie verdienen unsere höchste Wertschätzung für ihren Beitrag, den sie im Rettungswesen, in der Katastrophenhilfe, in der Sozial- und Behindertenhilfe, in der Alten- und Krankenbetreuung und in anderen wichtigen Lebensbereichen leisten. Sie sind inzwischen eine tragende Säule unseres Sozialstaates, unseres Gemeinwesen geworden. Dafür sei ihnen gedankt, und daher stimmen wir der Gesetzesvorlage auch zu. (Beifall bei der SPÖ.)

18.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. 2 Minuten Redezeit. – Der nächste Redner ist dann Jochen Pack und dann Vinzenz Liechtenstein, jeweils 2 Minuten. – Der Anmarsch dauert schon 2 Minuten, Frau Kollegin. Sie sind am Wort.

 


18.51.15

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich glaube, nachdem wir für junge Menschen sowohl beim Präsenzdienst als auch beim Zivildienst in den vergangenen Monaten sehr, sehr viel weiterbringen haben können, ist es umso erfreulicher, dass wir uns jetzt zum Schluss, obwohl der Innenausschuss einmal unterbrochen hat werden müssen, um dann fortgesetzt werden zu können, obwohl sich heute die SPÖ den Erfolg auf ihre Fahnen heftet – Sie hätten gar nicht verzögern müssen, sondern gleich zustimmen können, Frau Kollegin Trunk, dann wäre es auch ein bisschen schneller und einfacher gegan­gen –, heute hier einig sind, dass wir für Zivildiener etwas Gutes tun müssen. Wir haben die Zivildienstzeit um ein Viertel auf neun Monate gekürzt, es gibt eine freiwillige Verlängerung auf zwölf Monate. Wir haben den Zivildienst auch für Frauen geöffnet. Die Pauschalvergütung wurde analog zum Präsenzdienst um 71 € auf 256 € angehoben. Und heute beschließen wir auch die Regelung zum Verpflegungsentgelt, die für zukünftige Zivildiener gelten kann und gelten wird, aber auch für jene, die seit 2001 sich sozusagen ehemalige Zivildiener nennen.

Das ist eine faire Regelung, wobei ich glaube, dass man hier auch nicht herumstreiten sollte, wer es zuerst gesagt hat, wer es zuletzt sagen wird. Faktum ist: Die Frau Bundesministerin ist jene, die die Einigung mit den Trägerorganisationen herbeigeführt


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hat. Das war gar nicht einfach, und das ist ihr daher auch sehr hoch anzurechnen. Dafür, Frau Bundesministerin, möchte auch ich mich sehr herzlich bei Ihnen bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pack. 2 Minuten. – Bitte.

 


18.53.16

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Die Erhöhung des vom Bund an die Rechtsträger auszubezahlenden Zivildienstgeldes sowie die Möglichkeit für ehe­malige Zivildiener, eine Nachzahlung des Verpflegsgeldes zu bekommen, sind wirklich ein großer Erfolg für unsere Jugend. Nach den Verbesserungen beim Präsenzdienst – Stichwort: Reduktion auf sechs Monate – sind nun der Bundesregierung auch beim Zivildienst weitere Verbesserungen gelungen.

Ich möchte nun folgenden Antrag hier einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wöginger, Dr. Partik-Pablé, Mag. Darabos, Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Evaluierung des Systems der Verpflegung von Zivil­dienstleistenden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Inneres wird ersucht, im Rahmen des Zivildienstberichtes für die Jahre 2005 bis 2007 auch über die Abgeltung von vermögensrechtlichen An­sprüchen im Zusammenhang mit dem Zivildienst-Übergangsrecht 2006 sowie – unter Einbindung der Rechtsträger – über den Vollzug des neuen Verpflegungssystems nach der gegenständlichen Zivildienstgesetz-Novelle und der Verordnung über die Vorsorge für die angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden zu informieren.

*****

Meine Damen und Herren, ich bitte um Zustimmung für diese Vorlage! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Pack eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Wöginger, Partik-Pablé, Darabos, Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Evaluierung des Systems der Verpflegung von Zivildienstleistenden ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wöginger, Dr. Partik-Pablé, Mag. Darabos, Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Evaluierung des Systems der Verpflegung von Zivil­dienstleistenden

Im Zusammenhang mit den Beratungen zum Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienst-


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gesetz 1986 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden und das Zivil­dienstgesetz-Übergangsrecht 2006 erlassen wird (1343 d.B.)

Da die Frage einer angemessenen Verpflegung von Zivildienstleistenden nach dem Zivildienstgesetz von grundsätzlicher Bedeutung und hohem öffentlichen Interesse ist, stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesministerin für Inneres wird ersucht, im Rahmen des Zivildienstberichtes für die Jahre 2005 bis 2007 auch über die Abgeltung von vermögensrechtlichen An­sprüchen im Zusammenhang mit dem Zivildienst-Übergangsrecht 2006 sowie – unter Einbindung der Rechtsträger – über den Vollzug des neuen Verpflegungssystems nach der gegenständlichen Zivildienstgesetz-Novelle und der Verordnung über die Vorsorge für die angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden zu informieren.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Seine Wunschredezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.55.12

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie die Redner der ÖVP auf die absurde Idee kommen, die jetzige Regelung als einen Erfolg der Bundesregierung zu bezeichnen. (Zwischenruf des Abg. Fauland.) Wenn es hier einen Erfolg gibt, dann den, dass ausnahmsweise – ausnahmsweise! – beide Regierungsparteien einem Erkenntnis des Verfassungs­ge­richts­hofes nachkommen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Mehr ist es ja nicht. Gratuliere herzlich! (Abg. Mag. Molterer: Danke!) – Erstens.

Zweitens: Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, dann hätten wir nach wie vor eine Diskussion darüber, ob überhaupt die Verpflegung und Ernährung von Zivildienern ausreichend ist. Da muss der österreichische Verfassungsgerichtshof tagen, damit Zivildiener, deren Arbeit Sie plötzlich für sich entdeckt haben, überhaupt zu genug Kalorien pro Tag kommen, weil die Bundesregierung und die Regierungsparteien ihnen einen Teil der notwendigen Kalorien für die Ableistung von Zwangsarbeit im Dienste des österreichischen Staates verweigern. (Abg. Mag. Molterer: Was heißt „Zwangs­arbeit“?) Und das ist ein Erfolg der Bundesregierung? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was verstehen Sie unter „Zwangsarbeit“?)

So, und jetzt reden wir noch weiter. Zwangsdienste, meine Damen und Herren, sind laut Menschenrechtskonvention verboten. Mit einer einzigen Ausnahme – da hat Kollege Scheibner vollkommen Recht –, das ist die Wehrpflicht. (Abg. Mag. Molterer: Zivildienst bezeichnen Sie als „Zwangsarbeit“?) Da macht die Menschenrechts­konvention eine große Ausnahme. (Abg. Neudeck: Ihre Rede ist eine Zwangs­be­glückung!)

Wenn ich höre, wie in den Ausschüssen diskutiert wird, dann stelle ich fest: Früher haben Sie immer gesagt, Zivildiener drücken sich vor der Wehrpflicht, machen es sich


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leicht und so weiter. Heute argumentieren Sie mit dem Zivildienst, um die Wehrpflicht überhaupt noch rechtfertigen zu können, weil Sie gar nicht mehr rechtfertigen können, warum es eine allgemeine Wehrpflicht gibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Murauer: Sie ist sehr wohl gerechtfertigt, nur der Abgeordnete Pilz weiß das nicht!) Die ÖVP, die Freiheitliche Partei und das BZÖ haben den Zivildienst entdeckt. So weit sind wir jetzt gekommen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber die Rechtfertigung für den Wehrdienst wird nicht halten, weil spätestens im Jahr 2008 – die Frau Innenministerin hat auch im Ausschuss wieder darauf hingewiesen – die neuen Mitglieder der Europäischen Union an den nördlichen und östlichen Grenzen der Republik Österreich dem so genannten Schengenraum beitreten werden, womit die Notwendigkeit für den Assistenzeinsatz des Bundesheeres entfällt und damit auch die letzte sicherheitspolitische Rechtfertigung für den Wehrdienst entfällt. Sie werden es dann weder den jungen Menschen noch der Wirtschaft klarmachen können, dass man junge Männer aus der Ausbildung oder aus dem Beginn der beruflichen Entwicklung herausreißt, nur um sie irgendwo herumstehen und herumsitzen zu lassen, wiewohl ihnen niemand mehr sagen kann, wozu das gut ist.

Jeder vernünftige Mensch – da geht es nicht um Parteizugehörigkeit – weiß, dass es eine Schädigung der Wirtschaft und eine Schädigung des Bildungswesens ist, gegen jede sicherheitspolitische Vernunft den Präsenzdienst aufrechtzuerhalten. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir werden spätestens im Jahre 2008 vor der Frage stehen – nicht, wer ersetzt die Arbeit der Präsenzdiener, denn die wird überflüssig, sondern –: Wer ersetzt die Arbeit der Zivildiener? Denn wenn der Präsenzdienst fällt, fällt damit ja auch der Zivildienst. Und Sie haben sich wieder nicht darauf vorbereitet. Der Zivildienst wird jedoch gemein­sam mit dem Präsenzdienst abgeschafft werden, werden müssen, und der Zivildienst ist derzeit nichts anderes als eine notdürftige Kaschierung eines längst existierenden Pflegenotstandes durch einen sozialen Zwangsdienst. Das ist das Problem. (Abg. Mag. Molterer: „Zwangsarbeit“ haben Sie vorhin gesagt!) Und wenn der soziale Zwangsdienst weg ist, dann haben wir von einem Tag auf den anderen einen akuten Pflegenotstand. (Abg. Scheibner: Was für ein „Pflegenotstand“?)

Erzählen Sie uns nichts! Sie, Herr Kollege Scheibner und Ihre Parteikollegen und -kolle­ginnen, werden dann wahrscheinlich nicht Regierungsverantwortung tragen.

Wer auch immer dann Regierungsverantwortung trägt, wird dann mit einem akuten Pflegenotstand, der von der jetzigen Bundesregierung hauptverantwortet wird, konfron­tiert sein.

Was heißt Sicherheitspolitik? – Sicherheitspolitik ist nicht nur militärisch zu sehen, sondern auch im Interesse von alten und kranken Menschen, die der Pflege bedürfen. Sicherheitspolitik bedeutet, rechtzeitig vorbeugen und rechtzeitig planen, damit es eben nicht zu diesem Pflegenotstand kommt. Das heißt, rechtzeitig ausbilden, die Men­schen rechtzeitig qualifizieren, junge Menschen rechtzeitig davon überzeugen, dass es bei der Ausübung des Pflegeberufes berufliche Perspektiven und auch die Möglichkeit von Qualifikation, Einkommen und beruflichem Ansehen gibt, die Pflegeberufe auf­werten und so weiter. Das ist Sicherheitspolitik und nicht das Festkleben an etwas, was zu Ende geht, nämlich der allgemeinen Wehrpflicht.

Das, was wir heute beschließen, sind gerade ein paar Kalorien mehr, die Sie Zivil­dienern nicht zugestehen wollten. Das ist kein Erfolg, sondern das verdanken wir dem Verfassungsgerichtshof, dass die Leute bei einem ohnehin schlecht bezahlten Zwangsdienst wenigstens anständig, unter dem Maß, irgendwie zufrieden stellend verpflegt werden. – Aber es geht ja um etwas ganz anderes, es geht um die Zukunft der Betreuung von alten und kranken Menschen. Es geht um einen Kernbereich der


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Sicherheit, nämlich der sozialen Sicherheit in Österreich. Es ist wirklich eine Schande, dass Sie sich darüber noch nicht einmal eine Minute lang den Kopf zerbrochen haben.

Im Jahre 2008 kommt der Pflegenotstand, und die nächste Regierung wird das aus­baden müssen, was Politiker und Politikerinnen wie Sie ihr eingebrockt haben. (Abg. Lentsch: Machen Sie sich keine Sorgen!) Die einzige Hoffnung ist, dass diese neue, andere Regierung von den Wählerinnen und Wählern Voraussetzungen bekommt, etwas wirklich ganz anderes zu machen, denn dann werden wir das Problem Präsenz­dienst und das Problem Zivildienst spät aber doch nicht nur im Sinne der jungen Menschen lösen können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Murauer: Sie sind sicher nicht dabei!)

19.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.02.26

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Auf diese gefähr­liche Drohung muss man natürlich eine Antwort geben. Meine Damen und Herren, wir haben jetzt schon einen Teil – der Wahlkampf begleitet uns schon – des rot-grünen Regierungsprogramms betreffend Sicherheitspolitik gehört. Wenn diese, von manchen gewünschte Regierungsform kommt, dann wird der erste Schritt die De-facto-Ab­schaffung des Bundesheeres – das haben wir jetzt gehört – und die Abschaffung des Zivildienstes sein, weil – und da hat Kollege Pilz Recht – wenn die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft wird, dann fällt auch die verfassungsrechtliche Grundlage für den verpflichtenden Zivildienst. Das sind die ersten Programmpunkte.

Herr Kollege Pilz, Sie waren in der Bundesheerreformkommission. Sie haben mit­gestimmt, und dabei war auch die Wehrpflicht entsprechend mit umfasst. Was ist also jetzt? – Sind Sie der Pilz in der Bundesheer-Reformkommission oder der Pilz im Wartezimmer zum Ministerposten? – Das sind Fragen, die Sie hier zu beantworten haben! Tun Sie nicht so, als ob Sie seriöse Sicherheitspolitik vortragen würden, und tun Sie auch nicht so, als ob Österreich in einen Pflegenotstand kommen würde, wenn die Zivildiener wegfallen würden! Kein Mensch sagt, dass die Zivildiener Drückeberger seien!

Herr Kollege Pilz, Sie tun so, als ob die Zivildiener fachlich qualifiziertes Pflegepersonal ersetzen könnten oder dürften, das ist genauso falsch, das wissen Sie ganz genau. Um einen Pflegenotstand zu verhindern, reicht es nicht, Zivildiener einzusetzen, sondern da brauchen wir fachlich hoch qualifiziertes Pflegepersonal. Und dafür sorgen wir auch, weil wir gerade für den Pflegedienst die Kriterien und die Ausbildung verbessert haben und dafür sorgen, dass der Zulauf entsprechend verbessert wird. Das ist eine aktive Politik in diesem Bereich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie wissen auch ganz genau, dass es zu Zeiten der Zivilkommission etwa 3 000 Zivil­dienstpflichtige gegeben hat, danach ist die Zahl exorbitant angestiegen, und man hat krampfhaft versucht, meine Damen und Herren, damit die Wartezeiten im Zivildienst nicht allzu lang sind, verschiedene Einsatzgebiete zu finden, die nichts mehr mit der Verfassungsrealität zu tun haben. Daher ist tatsächlich die Frage zu stellen, welchen Nutzen es hat, wenn Zivildiener – also Wehrpflichtige in Wahrheit, Zivildienstpflichtige – dann in irgendwelchen Büros sitzen oder Hilfstätigkeiten machen, nur damit sich manche Organisationen das Personal ersparen. Das könnte man durchaus hinter­fragen, meine Damen und Herren!

Sie sagen, die Wehrpflichtigen seien unnütz, sie würden der Wirtschaft schaden, und man schade ihnen selbst. Sie haben schon einmal gesagt – ich erinnere mich sehr gut


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an die Diskussion im Jahr 2002 –, 6 000 Soldaten seien genug. Wenige Wochen spä­ter habe ich von Ihnen nichts mehr dazu gehört, als wir 12 000 Personen, in der Mehrzahl Wehrpflichtige, eingesetzt haben, um den Österreichern die notwendige Hilfe bei der Hochwasserkatastrophe zu geben. Da hört man nichts mehr von diesem Wahlkampfgeplänkel.

Auch ich bin der Meinung, dass wir Schritt für Schritt von der allgemeinen Wehrpflicht weg- und hin in Richtung eines freiwilligen Gedankens, einer freiwilligen Armee, in Richtung Berufssoldaten und auch Freiwillige im Milizsystem kommen müssen. Solange aber das Geld, die Infrastruktur und auch die notwendigen gesetzlichen Grundlagen dafür nicht geschaffen sind, so lange müssen wir auf die allgemeine Wehrpflicht zurückgreifen. Leider ist diese Wehrpflicht ohne Grundlage schon jetzt um zwei Monate reduziert worden. Wie man weiß und wie auch Wehrsprecher Murauer richtig dargestellt hat, gibt es jetzt schon Probleme bei der Schneekatastrophe, meine Damen und Herren, aber das sind eben die Realitäten.

Wer in der Sicherheitspolitik versucht, Parteipolemik zu veranstalten und Wahlkampf­zuckerl zu verteilen – egal, von welcher Partei –, der gefährdet die Sicherheit des Landes. Schlagzeilen sind schnell umgeschrieben, Politikerreden sind schnell verges­sen, aber der Bevölkerung im Ernstfall die Hilfe nicht geben zu können, die dann zu Recht verlangt wird, dass muss ein Politiker erst einmal verantworten. Ich möchte das nicht. Wie Sie das sehen, ist Ihre Sache. Ich sage nur, das ist ein Punkt mehr, dass wir verhindern müssen, dass dieses rot-grüne Abenteuer auf Österreich zukommt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Wortmeldung hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Pilz gemeldet. 13 Minuten gesetzliche Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.07.02

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Präsident! (Abg. Dr. Mitterlehner: Aber nicht dann nachher heimgehen, wenn Sie geredet haben! – Heiterkeit bei der ÖVP.) Herr Kollege Scheibner, eines möchte ich mir von Ihnen als Pflegeexperte Ihrer Partei einmal erklären lassen: Wie sollen die hoch qualifizierten Pflegerinnen und Pfleger in den verschiedenen Einrichtungen dieser Republik ihre Arbeit versehen, wenn die Pfle­ge­hilfsdienste, die zu einem großen Teil von Zivildienern bestritten werden, plötzlich nicht mehr existieren? Wie sollen die Pflegerinnen und Pfleger in den Spitälern arbeiten? (Abg. Scheibner: Sie wollen die Abschaffung! – Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Wir reden gar nicht darüber, ob es dort heute genug Menschen gibt und ob sie gut genug bezahlt werden, das ist ein anderes Kapitel. (Abg. Scheibner: Sie verlangen die Abschaffung!) Es geht darum, wie diese Menschen arbeiten sollen, wenn die Blaulichtorganisationen, vor allem das Rote Kreuz, ihre Fahrten, ihre Fahrdienste nicht mehr aufrecht erhalten können und so weiter. Es gibt keine Pflege ohne Pflege­hilfs­dienste, das sollte sich auch schon bis zum Pflegesprecher Scheibner herum­gesprochen haben. – Das ist das Erste. (Abg. Scheibner: Sie wollen aber den Zivil­dienst abschaffen!)

Das Zweite ist: Es gibt keinen Übergang. Schengen kommt, Schengen II kommt, die Osterweiterung des Schengenraums kommt von einem Tag auf den anderen. Da gibt es eine Stunde null, und ab dieser Stunde null gibt es keinen Assistenzeinsatz mehr, weil die Grenzen nicht mehr bewacht werden. Da gibt es keinen langsamen Übergang im Assistenzeinsatz, da gibt es keinen langsamen Übergang im Präsenzdienst, und da gibt es auch keinen langsamen Übergang im Zivildienst. Das geht von hundert auf null.


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Zu einem Stichtag, zu einer Stichstunde wird das wahrscheinlich im Jahr 2008, spätestens im Jahr 2009 stattfinden.

Trotzdem sagen Sie weiter: Präsenzdiener. Brauchen wir diese für das Hochwasser, für ein Hochwasser, das alle paar Jahre stattfindet? Bilden wir junge Männer an Kampfpanzern dafür aus? (Abg. Fauland: Das ist unglaublich!) Bilden wir junge Männer an weit reichender Artillerie dafür aus? Bilden wir junge Männer im Jagdkampf dafür aus? Beschaffen wir dafür weiter Panzerkanonen, Sturmgewehre, um eventuell rechtzeitig Säcke im Falle eines Hochwassers von A nach B transportieren zu können? Das können Sie nicht billiger und sinnvoller organisieren? Das ist Ihr Konzept der Hochwasserbekämpfung? Wenn wir schon sonst nichts anderes zur Beschäftigung unserer Kampfpanzer haben, dann müssen das (Abg. Scheibner: Das ist Verhöhnung der Soldaten unseres Bundesheeres!) Jahrhunderthochwasser und die Jahrhundert­lawine dafür herhalten? Das ist das Konzept? Das ist die Zukunft des Bundesheeres? (Abg. Scheibner: Abschaffen wollen Sie!)

 Ich möchte das österreichische Bundesheer auf eine solidere Basis stellen als auf die Scheibner’schen Hochwasser und die Schüssel’schen Lawinen. Das ist eine äußerst mangelhafte und dünne Basis für die Aufrechterhaltung österreichischer Streitkräfte.

Wir in der Bundesheerreformkommission – und wir haben einige Freiheitliche sogar davon überzeugt – haben etwas ganz anderes entwickelt, nämlich ein Konzept zur Beteiligung an internationalen Friedenskräften (Abg. Murauer: Auch!) mit hoch spezialisierten Männern und Frauen, die mit UN-Mandaten dort Hilfe leisten können, wo es des Einsatzes von Streitkräften bedarf. Da ist kein Platz – da sind wir einer Meinung – für Präsenzdiener, da hat der Präsenzdienst überhaupt keine Funktion wie im Übrigen auch nicht die Eurofighter. (Abg. Scheibner: Was ist dann?)

Was bleibt für bewaffnete Streitkräfte im Inneren abgesehen vom Jahrhundert­hoch­wasser und der Jahrhundertlawine übrig? Wozu gibt es Präsenzdiener mit einer Aus­bildung an Waffen? – Es gibt offensichtlich ein altes freiheitliches Prinzip betreffend die Beschäftigung von Präsenzdienern nach dem Stichtag des Beitritts zu Schengen II. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Stichstunde!) – Dieses alte Prinzip heißt: Alles grüßen, was sich bewegt, alles putzen, was sich nicht bewegt. Etwas anderes wird für Präsenz­diener dann nicht mehr übrig bleiben. Es gibt keine sicherheitspolitische Aufgabe!

Denken Sie tatsächlich, dass Sie junge Männer und ihre Familien davon überzeugen können, ein halbes Jahr in eine Kaserne zu übersiedeln, obwohl sie weiter studieren wollen, einen Beruf lernen wollen, ins Berufleben einsteigen wollen, mit ihrer Karriere beginnen wollen, möglicherweise für ihre Familien sorgen wollen? (Abg. Mag. Mol­terer: Das ist Rot-Grün! – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Denken Sie, das Kommando „Ab in die Kasernen! Ein halbes Jahr sinnlos herum­sitzen!“ ist eine Botschaft an die jungen Männer dieser Republik? Denken Sie, dass es nach all dem, was wir über das Bildungssystem, über die Zustände im Gehrer-Ministerium gehört haben, noch eines Ergänzungsprogramms für junge Männer, nämlich sechs Monate sinnlos Herumsitzen in Kasernen bedarf? – Das ist doch völlig absurd! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Sie wissen, dass Sie das nicht durchhalten! (Abg. Mag. Molterer: Herr Pilz, Sie halten das nicht nur! Sie sind da ziemlich alleine!)

Ich habe folgende Position auch in der Bundesheerreformkommission vertreten – und es stimmt, es hat auf Grund der Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung keine Mehrheit dafür gegeben –: Wir müssen den Ausstieg aus dem Präsenzdienst für das Jahr 2008 vorbereiten, aber nicht wegen des österreichischen Bundesheeres. Sie würden bei den neuen Streitkräften nicht einmal merken, wenn es keine Präsenzdiener mehr gibt, sondern es sind ausschließlich Gründe der sozialen Sicherheit. Und es ist


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eine Frage, wie wichtig einem Pflegehilfsdienste – das klingt nach so wenig – sind, wie wichtig es einem ist, dass das auch nach dem Jahr 2008 zumindest so gut funktioniert wie heute.

Herr Kollege Scheibner, noch einmal: Das ist Sicherheitspolitik, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten und nicht mit einem völlig veralteten Bundesheer-Populismus von den kommenden Problemen der österreichischen Republik gerade in den sozialen Bereichen abzulenken. Versuchen Sie, einmal von Ihrer alten Klientelpolitik Abstand zu nehmen und ein Problem rechtzeitig zu erkennen. Im Jahr 2008, spätestens 2009 wird der Präsenzdienst in Österreich abgeschafft werden. Es wird keine Mehrheiten dafür mehr geben. Und wenn Sie nicht die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Pflege von alten und kranken Menschen schaffen, dann werden das eben andere tun müssen. (Beifall bei den Grünen.)

19.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Debatte setzt Herr Abgeordneter Scheibner mit seiner zweiten Wortmeldung fort. 3 Minuten Wunschredezeit; 14 Minuten gesetzliche. – Bitte.

 


19.14.15

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Die Debatte ist durchaus spannend, weil genau jetzt eine grundsatzpolitische Unterscheidung zu Tage tritt, die wichtig ist. (Abg. Dr. Mitterlehner: Die interessiert nur euch beide!) – Herr Kollege, ich hoffe nicht, dass das nur uns beide etwas angeht. Gerade Ihre Partei sollte sich auch zu diesen Grundsätzen bekennen, dass die Heimat etwas Schützenwertes ist und dass man einen persönlichen Beitrag dazu leisten sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Lieber Herr Abgeordneter Pilz, genau darum geht es! Wenn Sie fragen, ob ich denke, dass es noch irgendwelche Leute gibt, die sich in eine Kaserne setzen anstatt zu studieren, dann muss ich sagen: Ja, ich hoffe es. Und das ist auch einer meiner grund­satzpolitischen Ansätze, als ich Sicherheitspolitik begonnen habe. Ich möchte dafür arbeiten, dass in diesem Land genau diese Grundsätze weiter aufrecht sind, dass man einen persönlichen Beitrag für die Gemeinschaft leisten möchte und das nicht als Last, sondern als Freude, als Herausforderung sieht, egal, ob das bei den Sozialdiensten ist, ob das bei der freiwilligen Feuerwehr, beim Roten Kreuz, in karikativen Organisationen oder auch beim österreichischen Bundesheer ist. Man sollte einen persönlichen Beitrag für den Schutz und die Weiterentwicklung der österreichischen Gesellschaft leisten. Das hoffe ich, und das glaube ich auch im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege Pilz, aber das ist auch ein ideologischer Unterschied.

Wenn man so wie Sie und wie viele hier in dieser Hälfte des Hauses Jahre und Jahrzehnte lang der Bevölkerung und der Jugend erklärt hat: Du brauchst selbst keine Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen, denn all das nimmt dir die Gesellschaft, der Staat oder vielleicht die politischen Parteien und ihre Organisationen ab!, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, dass genau diese freiwilligen Organi­sationen immer mehr Probleme haben, ausreichend Freiwillige zu bekommen.

Herr Kollege Pilz, es ist mein Ziel, auf die Wehrpflicht dann zu verzichten, wenn wir es mittels einer entsprechenden Grundsatzarbeit und auch mittels Schaffung von Rah­men­bedingungen erreichen, dass ausreichend Freiwillige in den Sozialdiensten und im österreichischen Bundesheer bereitstehen und aus freien Stücken einen Beitrag für die Aufrechterhaltung der Sicherheit dieses Landes leisten. Das ist mein ideologischer und grundsatzpolitischer Ansatz, den ich auch weiter verfolgen werde.


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Ich werde mich gerne von jenen unterscheiden, die sagen, dieser Einsatz, dieser persönliche Einsatz, bei dem man die eigene Gesundheit und, wenn es notwendig ist, auch das Leben für die Gesellschaft auf das Spiel setzt, sei Herumlungern, sei Fadisieren oder was auch immer. Da unterscheide ich mich gerne von Ihnen! Ich sage Ihnen eines: Hoffentlich bleibt diese Unterscheidung noch lange, sodass wir viele Österreicher ohne Zwischenrufe aus den anderen Bereichen dafür gewinnen können, genau nach diesen Grundsätzen zu arbeiten und zu wirken. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

19.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Herr Abgeordneter Murauer zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.17.17

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Dr. Pilz, es ist unwahrscheinlich, auch wenn Sie jetzt vielleicht vor lauter Freude grinsen, dass Sie uns heute erklären, dass Wehrpflicht „Zwangsarbeit“ sei, dass Zivildienst „Zwangsdienst“ sei. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich! – Abg. Mag. Molterer: Das hat er gesagt!)

Herr Dr. Pilz, ich weise das im Sinne dieser jungen Leute, die sich für den Wehrdienst oder für den Zivildienst verpflichten, und im Sinne jedes Einzelnen zurück. Vielleicht werden auch einmal Sie für einen geleisteten Dienst sehr froh sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir von der Österreichischen Volkspartei bekennen uns selbstverständlich zur allge­meinen Wehrpflicht. Sie waren in der Bundesheerreformkommission und haben genauso allen dort inhaltlich festgelegten strategischen Grundlagen zugestimmt. Und darunter war auch die allgemeine Wehrpflicht, und daraus können wir Gott sei Dank den Wehrersatzdienst ableiten. Wir werden auch in Zukunft junge Männer ausbilden können, wollen und müssen, weil wir auch schließlich von der Verfassung her dazu verpflichtet sind. Wir haben sowohl im Inland als auch im Ausland Verpflichtungen übernommen, Herr Dr. Pilz, die Sie bitte zur Kenntnis nehmen sollten.

Es wäre angenehm, wenn Sie dazu stehen würden, was Sie in der Reformkommission mit beschlossen haben. Es zeichnen sich jetzt schon die Unterschiede der einzelnen Parteien Gott sei Dank in aller Klarheit ab.

Meine Damen und Herren! Sie von den Grünen sind gegen das Bundesheer. Das habe ich immer so gesagt, auch wenn andere Schalmeientöne von Ihnen gekommen sind, Herr Dr. Pilz! Und nach dem Applaus zu schließen – ich habe auch Applaus auf sozialdemokratischer Seite dazu gesehen –, ist die SPÖ ebenfalls dagegen. (Nein-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Innerlich habt ihr euch gefreut, das habe ich gesehen!) Das zeichnet sich ab, und da gibt es einfach den Unterschied. Rot und Grün sind dieser Meinung, und wir von der Volkspartei sind für das Bundesheer, für die allgemeine Wehrpflicht, für den Schutz und die Hilfe unserer Bevölkerung und für unser Österreich. (Abg. Mag. Wurm: Das ist nicht wahr! Wahrsehen ist verboten!)

Das ist der Unterschied, den wir den Wählern erklären werden, auch wenn Sie es nicht wollen, gnädige Frau! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.


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Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1343 der Beilagen – unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich gleichermaßen um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf erhält auch in dritter Lesung die einstimmige Zustimmung des Hohen Hauses und ist damit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Wöginger, Partik-Pablé, Darabos, Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betref­fend eine Evaluierung des Systems der Verpflegung von Zivildienstleistenden.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Dies geschieht einstimmig und ist daher einstimmig beschlossen. (E 172.)

19.21.2812. Punkt

Einspruch des Bundesrates vom 25. Jänner 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Durchführung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldegesetz 1991 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (1283 d.B.)

13. Punkt

Einspruch des Bundesrates vom 25. Jänner 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (1284 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Hinsichtlich dieser Einsprüche des Bundesrates wurde dem Verfassungsausschuss eine Frist bis 24. Februar 2006 zur Berichterstattung gesetzt. Die Verhandlungen über diese Gegenstände sind daher in dieser Sitzung aufzunehmen.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Wir treten in die Debatte ein.

Jetzt steht nicht Herr Abgeordneter Wöginger auf der Rednerliste, sondern Frau Abge­ordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.22.52

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident, zu diesem Thema fühle ich mich wirklich berufen, das Wort zu ergreifen, nicht zum Zivildienst­gesetz – das macht Kollege Wöginger.

Ich werde ganz kurz zum Einspruch des Bundesrates betreffend das Registerzählungs­gesetz Folgendes sagen. Ich habe mich natürlich mit dem Einspruch des Bundesrates auseinander gesetzt, und es ist recht interessant, die politische Diskussion dazu zu verfolgen. Dieses Registerzählungsgesetz, das wir hier schon einmal beschlossen hatten, haben alle Parteien grundsätzlich begrüßt, wiewohl die Oppositionsparteien


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hier nicht zugestimmt haben, mit der Begründung, dass datenschutzrechtliche Prob­leme dagegen sprächen.

Aus eben diesen Gründen haben die Oppositionsparteien auch im Bundesrat Ein­spruch erhoben; weiters wurde der Einspruch mit der Behauptung begründet, dass im Wege der Registerzählung Daten der Länder und Gemeinden miteinander verknüpft werden, wodurch sich eine große Betroffenheit dieser Länder und Gemeinden ergebe und das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Verwaltung empfindlich gestört werde.

Inhaltlich ist nichts davon richtig. Wenn Sie die Stellungnahmen der Länder und der Gemeinden – vor allem aber der Länder – im Begutachtungsverfahren anschauen, werden Sie ganz klar erkennen, dass das ein Punkt ist, der eigentlich nie releviert wurde. Ganz im Gegenteil: Die Einzigen, die sich mit diesem Problem der Verknüpfung und der Betroffenheit der Daten der Länder auseinander gesetzt haben, das waren die Wiener, und die haben lediglich legistische Anregungen dazu vorgebracht.

Daraus ergibt sich, dass der Vorwurf, dass es hier zu datenschutzrechtlichen Prob­lemen kommen würde, beziehungsweise das ganze Vorbringen des Bundesrates – in Wirklichkeit der Opposition – nichts anderes ist als eine Verzögerung; verhindern können Sie es ja nicht. Und ich sage Ihnen hier: Ich finde es schade, wenn der Bundesrat als ein sehr wichtiges Instrument der Bundesgesetzgebung dazu benutzt wird, um derartige politische Spielereien zu machen.

Ich bringe daher folgende Anträge ein:

Antrag

gemäß § 77 GOG

der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Bucher, Kolleginnen und Kollegen zum Einspruch des Bundesrates vom 25. Jänner 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Durch­führung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bundes­gesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldegesetz 1991 und das Bildungsdoku­mentationsgesetz geändert werden (1283 d.B.)


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 be­treffend ein Bundesgesetz über die Durchführung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldegesetz 1991 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden, wird gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG wiederholt.

*****

Antrag

gemäß § 77 GOG

der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Bucher, Kolleginnen und Kollegen zum Einspruch des Bundesrates vom 25. Jänner 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird, wird gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG wiederholt.

*****

Das zu verlesen, war notwendig, um den Gegebenheiten Rechnung zu tragen, damit wir dieses Gesetz wieder beschließen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Antrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Bucher, Kolleginnen und Kollegen, der soeben von Frau Abgeordneter Baumgartner-Gabitzer eingebracht wurde und den Einspruch des Bundesrates vom 25. Jänner 2006 gegen das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz in 1284 der Bei­lagen betrifft, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Auch der Antrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend den Einspruch des Bundesrates vom 25. Jänner 2006 gegen ein Bundesgesetz über die Durchführung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldegesetz 1991 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden, in 1283 der Beilagen ist hinreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. 5 Minuten Re­dezeit. – Bitte.

 


19.27.31

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass bei diesem Registerzählungsgesetz leider das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wurde, und zwar deswegen: An sich ist einer Registerzählung nichts entgegenzuhalten – das wäre eine moderne Form der Zählung –, aber hier gibt es schon eine Besonderheit: Es werden nämlich die Melderegister, das Sozialversicherungsregister, Bildungsanstalten-, Steu­er­register, Arbeitsmarktservice-, Unternehmensregister und Gebäude- und Wohnungs­register miteinander verknüpft. – Auch das wäre noch nichts Tragisches, aber jede Verwaltungseinheit kann ihr bereichsspezifisches Personenkennzeichen herstellen – das wäre auch in Ordnung – und kann dafür einen Dienstleister beauftragen. Es sollte aber dieses personenspezifische Kennzeichen innerhalb dieser Verwaltungsbehörde bleiben, und auch die Herstellung der Daten mit einer Person sollte nur in der Ver­waltungseinheit fungieren.

Aber was hat man hier gemacht? – Man hat das Innenministerium zum Dienstleister für alle Ministerien gemacht, sodass das Innenministerium in der Lage ist, alle diese bereichsspezifischen Personenkennzeichen mit Personendaten zu verknüpfen. Das heißt, in Wirklichkeit hat das Innenministerium den Schlüssel für alle personen­bezoge­nen Daten und kann sie dann verknüpfen – was nicht gewünscht wird bei einem Registergesetz und auch in vielen internationalen Registerzählungsgesetzen vermie­den wurde.

Man hätte da sogar private Dienstleister nehmen können oder die Ministerien selbst, aber die bereichsspezifische Personenkennzahl sollte nur dem Ministerium zur Verfü­gung stehen, und es sollte keine Stelle geben, wo man diese Personenzahlen mit Personendaten verknüpfen kann.


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Wir alle wissen, dass, wenn derartige technische Möglichkeiten bestehen, auch irgend­wann einmal der Bezug zu den Personen hergestellt wird und damit eigentlich eine Rasterfahndung auf Vorrat möglich ist.

Ich glaube, dass man hier weit über das Ziel hinausschießt, dass man hier dem Innen­ministerium schützenswerte Daten in die Hand gibt und letztendlich die Verknüpfung all dieser Daten im Innenministerium liegt – und das ist falsch! Zur Dienstleistungsbehörde für die Stammregisterbehörde das Innenministerium zu machen, ist datenschüt­ze­rischer Unfug. (Abg. Broukal: Super-GAU!)

Ich glaube, dieses Gesetz ist wirklich abzulehnen, weil das Innenministerium, wenn es die technischen Möglichkeiten besitzt, auch diese Verknüpfung herstellen muss, wenn man dort glaubt, dass man das braucht – und man wird sie auch herstellen. Technisch ist das überhaupt kein Problem.

Darüber hinaus ist in diesem Gesetz auch noch vorgeschrieben, dass man, wenn die Register fehlerhafte Angaben enthalten, also bei der Steuerbehörde und beim Melde­register unterschiedliche Angaben sind, sogar verpflichtet ist, die Personenbezogen­heit herzustellen, und damit sogar der Auftrag erteilt wird, alle Daten allen zur Ver­fügung zu stellen. Ich halte das für unnötig und weit über das Ziel hinausschießend.

Dieses Gesetz wird uns noch lange beschäftigen, da es viele, viele Missbrauchs­möglichkeiten in sich birgt. Dieses Gesetz ist daher abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Scheibner 4 Minu­ten. – Bitte.

 


19.31.23

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Argumentation des Kollegen Wittmann war jetzt schon interessant. Er hat in Wirklichkeit ja gesagt, dass eine Institution, ein Ministerium, in diesem Fall das Innenministerium, alle Möglichkeiten, die es theoretisch hat, auch ausnützen wird, und dies wahrscheinlich auch missbräuchlich.

Herr Kollege Wittmann, Sie nicken jetzt. Ich hätte gehofft, dass Sie sagen: Da haben Sie mich falsch verstanden! Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Innenministerium, Kollege Wittmann? (Abg. Dr. Fekter: Wie der Schelm denkt, so ist er!) Das Innen­ministerium war jahrzehntelang SPÖ-Ministern unterstellt, Sie selbst waren in einer SPÖ-geführten Bundesregierung. (Abg. Dr. Wittmann: Die Führerscheinabfragen waren kein Missbrauch?) Wenn ich mir vorstelle, dass das stimmt, was Sie da dem Innenministerium unterstellen, muss ich sagen: Dann allerdings ist wirklich Feuer am Dach, Herr Kollege Wittmann! Wenn das Innenministerium, wenn die Sicherheits­behörden alle Möglichkeiten, die sie haben, auch ausnützen, ja missbräuchlich aus­nützen, dann danke! (Abg. Broukal: Wieso können Sie das ausschließen?) Dann brauchen wir nirgends mehr zu telefonieren, denn da werden wir überall abgehört, dann werden die vorhandenen Daten ohnehin verknüpft, dann werden wir permanent beschnüffelt und was auch immer, und dann werden alle diese Daten auch in die Öffentlichkeit gebracht. (Abg. Broukal: Können Sie das ausschließen?)

Ich, meine Damen und Herren, glaube das nicht. Ich hoffe nicht, dass das stimmt, was Sie dem Innenministerium, was Sie der Sicherheitsexekutive unterstellen. Ich gehe davon aus, dass die Institutionen der Republik Österreich gesetzeskonform handeln – Sie anscheinend nicht.

Wenn wir davon ausgehen, dass jede Regelung missbraucht wird, dann brauchen wir da überhaupt nichts mehr zu machen, denn: Jedes Gesetz kann gebrochen werden, jede Regelung kann missbraucht werden. Natürlich muss man entsprechende Schutz-


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und Sicherheitsmechanismen einbauen, aber taxfrei hier zu sagen, das wird auf jeden Fall missbraucht, das halte ich für kühn – hoffentlich! –, denn sonst müsste ich mir wirklich überlegen: Welche Erfahrungen, welche Informationen haben Sie über die Praxis in diesem Bereich, die wir nicht haben? Darüber könnten wir dann ja noch diskutieren, Herr Kollege Wittmann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Wittmann: Wer hat den Missbrauch gemacht? War das nicht ein Parteikollege von Ihnen? Kleindienst!)

Ja, das wäre eine gute Geschichte. Da sieht man nämlich auch, wie Sie Politik machen, wie Sie solche Dinge verwenden, um gegen Politiker zu Felde zu ziehen, und wo dann am Ende nichts herauskommt, Herr Kollege Wittmann. Es wäre auch inter­essant zu überlegen: Wo sind Ihre Archive, wo Sie angeblich über jeden von uns schon ein Dossier haben, das Sie dann vor den Wahlkämpfen herausziehen? – Ah, jetzt lacht er! Jetzt haben wir ihn erwischt!

Das ist eben Ihr Verständnis von Institutionen, das ist Ihr Verständnis von Datenschutz, aber behalten Sie das bitte bei Ihnen in der Parteizentrale. Behalten Sie das dort, das wollen wir bei uns gar nicht hören. Wir haben Vertrauen in den Rechtsstaat, wir haben Vertrauen in die Institutionen der Republik. Wir haben auch Vertrauen in das Innen­ministerium, und es stimmt ja nicht, was Sie gesagt haben, dass da diese Daten irgendwo zusammengewürfelt werden und dann der böse Beamte mit dem Schlapphut nachschaut und sich die Namen heraussucht, die er gerade braucht, um das vielleicht dann irgendeiner Parteizentrale zuzustecken. (Abg. Dr. Wittmann: Kleindienst!)

Nein, diese Daten, die zusammengefasst werden, sind anonymisiert. Und ich sage Ihnen: Ich halte das für vernünftig, denn wir wissen, wir brauchen Volkszählungen in regelmäßigen Abständen. Darüber gibt es, glaube ich, keine Diskussion.

Und jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wir machen das antiquierte System so wie in der Vergangenheit und befragen alle 10 Jahre mit einem Riesenaufwand, Ver­waltungsaufwand, Budgetaufwand, jeden einzelnen Österreicher mit diesen elends­langen Fragebögen – oder wir nützen die modernen Techniken in der Form, dass Dinge, die schon einmal erhoben wurden, anonymisiert zusammengefasst werden, und ersparen den Bürgern Aufwand und der Republik viel Steuergeld. – Ich glaube, das ist sinnvoll – und Ihr Misstrauen in die Verwaltung behalten Sie für sich. Man muss natürlich kontrollieren, man muss aufklären, aber so eine taxfreie Verunglimpfung, glaube ich, brauchen wir hier nicht zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


19.35.53

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer! Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! – Herr Staatssekretär Morak, ist Ihnen bewusst, dass Sie heute hier als Bundeskanzler, als Innenminister sitzen, in ganz verschiedenen Funk­tionen also? Ich freue mich. Begegnungen mit Ihnen sind mir immer eine Freude. Es zeigt aber, wie ernst die Regierungsparteien diese Frage des Parlamentarismus nehmen, wer was wie ernst nimmt.

Frau Dr. Baumgartner-Gabitzer sagt: Das ist Verhindern, das ist Verzögern, das ist ganz schrecklich, dass der Bundesrat die gesetzlichen Möglichkeiten quasi in An­spruch nimmt! (Zwischenruf der Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer.) Dass Ihnen das nicht passt, ist nachvollziehbar. Dass Sie den Parlamentarismus nicht ernst nehmen, zeigt die Tatsache, dass die zuständigen Bundesminister heute nicht bei der Debatte


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anwesend sind. (Abg. Dr. Fekter: Es ist ja der zuständige Staatssekretär ...!) Ich rede von den Ministern. Der Herr Morak muss immer für alles herhalten. Er tut mir ja Leid. Lenk mich nicht ab, Maria! Was kann der Herr Morak dafür? (Abg. Mandak: Er wollte ja Staatssekretär sein!) Jawohl, Staatssekretär, aber für Kunst – für Kultur ja nicht –, für Kunst und Medien. Mit Kunst und Medien hat das insofern zu tun, als es eine Kunst sein wird, diese Verknüpfungen, von denen Peter Wittmann gesprochen hat, herzu­stellen.

Und jetzt bin ich bei der Begründung, warum ich, so wie damals, als das Gesetz im Nationalrat schon einmal beschlossen wurde, und dann auch im Ausschuss, nach wie vor dieses Gesetz vehement ablehne, Herbert Scheibner: weil ich Beamte des Innen­ressorts, des Polizeiministeriums, überhaupt nicht in die Verlegenheit bringen möchte, dass die böse Unterstellung, dass sie missbrauchen, auf sie anwendbar ist. Ja wie kommen Österreichs Polizistinnen und Polizisten, Mitarbeiter des Innenressorts dazu, dass diese Phantasie, die zugegeben jetzt noch Fiktion ist, tatsächlich Realität sein könnte? (Abg. Scheibner: Da darf es auch keine Telefonabhöranlagen geben!) Wie kommen die dazu? Wie kommen die Beamten und Beamtinnen dazu, dass wir unglaublich aufwändige und unheimlich teure Volkszählungen, so wie die letzte im Jahr 2001 mit den Zetteln, der Eintragung des Haushaltsvorstandes und diesem gan­zen Unfug, Gott sei Dank, sage ich, abschaffen – das ist ein Trend der Zeit – und eine Registerzählung durchführen, aber das gleich zum Anlass genommen wird, um eine mögliche Rasterfahndung mit – und das ist das Stichwort – den sensibelsten Daten über die österreichische Bevölkerung durchführen zu können (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das stimmt nicht, das wissen Sie genau!), wohl wissend, dass das keine guten Menschen sind, die das tun? (Abg. Scheibner: Da kann man dann aber gar nichts mehr machen!) Aber kannst du, Herbert Scheibner, mir garantieren, dass in diesem österreichischen Innenressort, von der Politik sozusagen überwacht, nur Gute sitzen? Ich kann es nicht garantieren. Ich kann dir nur sagen, ich möchte Beamte auch davor schützen, und das ist einer der Hauptgründe für meine Ablehnung, und das hat auch der Bundesrat mit den Möglichkeiten, die er hat, so definiert, auch im Einspruch: Was hat die Volkszählung mit der Polizei zu tun?

Sie, Kolleginnen und Kollegen, schaffen diese Möglichkeiten, und ich lehne das ab! Ich lehne auch und das ist das Letzte das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz ab. – Ist das jetzt schon auf der Tagesordnung? Das ist eine gute Frage, weil es da ja auch um einen Einspruch geht.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das ist mit dabei.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Ja, das ist mit dabei. (Abg. Scheibner: Ich bringe Ihnen das nächste Mal eine Tagesordnung mit!) Das lehne ich auch ab, denn das mit dem Fremdenrechtspaket ist ein Pfusch, Herr Klubobmann Molterer! Ich meine Pfusch jetzt nicht im legistischen Sinne  nicht nur im legistischen Sinne, sondern auch zutiefst inhaltlich. Der Pfusch bestand darin, dass man am selben Tag, an dem man das Gesetz beschloss, schon die Novelle zu diesem Gesetz einbrachte. Das war im Juli vorigen Jahres, noch vor der Sommerpause. Man sieht, dass Sie nicht einmal imstande sind, ein Fremdenrechtspaket so zu schüren (Abg. Mag. Molterer: Zu schnüren! Abg. Scheibner: Schüren tun Sie!– zu schnüren, dass es nicht schon novelliert werden muss, bevor es in Kraft tritt.

Das ist jetzt noch keine inhaltliche Stellungnahme, denn diese habe ich beim Frem­denrechtspaket schon intensiv genug abgegeben. Aber: Dafür wollen Sie auch noch Rückendeckung von ParlamentarierInnen, die ihre Arbeit ernst nehmen – nämlich ernst im Sinne von seriösen Gesetzen, die wenigstens halten, bis sie in Kraft treten? – Nein, nicht mit mir! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.41



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Praßl 2 Minuten. – Bitte.

 


19.41.05

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Einspruch des Bundesrates bezüglich Register­zählungsgesetz ist nicht in Ordnung. Meine Damen und Herren! Die Befürchtung der Oppositionsparteien ist nicht gerechtfertigt, dass auf Grund des Registerzählungs­gesetzes die Möglichkeit bestünde, im Rahmen dieser Registerzählungen verschie­dene Register zusammenzuführen und nebenbei auch zu berichtigen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass auch die in § 5 Registerzählungsgesetz normierte Qualitätssicherung nicht dazu führt, dass ein Datenabgleich zwischen den verschie­denen Datenlieferanten erfolgen kann.

Wenn nunmehr Widersprüche über ein- und dasselbe Datum aus verschiedenen Daten­quellen bestehen, so wird das in der Bundesanstalt Statistik durch eine Software angezeigt. Bei den jeweiligen Registern wird sohin eine Überprüfung veranlasst.

Die maschinelle Registerzählung funktioniert über die Bildung der bereichsspezifischen Personenkennzeichnungen. Diese sind für den Zweck der Zählungen geregelt und sind für alle Verwaltungsanwendungen unterschiedlich. Es gibt also weder einen Daten­austausch noch eine Datenrückführung an die Inhaber von Verwaltungsdaten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Somit ist auch hier klargestellt, dass die von der SPÖ, aber auch von den Grünen geäußerten Befürchtungen und Bedenken nicht zutreffen und es somit weder in der Bundesanstalt Statistik Österreich noch durch das Bundesministerium für Inneres in irgendeiner Weise zu einer Rasterfahndung kommen kann. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Winkler. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.43.09

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich darf in meinem Debattenbeitrag auf das Regis­terzählungsgesetz eingehen und grundsätzlich festhalten, dass ich es äußerst bedauerlich finde, dass die SPÖ und die Grünen einem Gesetz, das gewaltige Verwal­tungsvereinfachungen und damit auch enorme Kostensenkungen mit sich bringt, nicht zustimmen.

Ich halte es wirklich für vermessen – um nicht zu sagen für eine Gemeinheit –, wenn man eine ganze Gruppe von Dienstnehmern sozusagen dadurch verunglimpft, dass man ihnen Unrechtmäßigkeit unterstellt, weil vielleicht etwas passieren könnte. Aber wie man bei uns so schön sagt: Der Schelm denkt, wie er ist.

Ich möchte daher festhalten, dass das vorliegende Registerzählungsgesetz zu einer gewaltigen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger führt und eine Kostensenkung von mehr als 22 Millionen € mit sich bringt. Sie beklagen sich oft darüber, dass die Büro­kratie den Bürger belaste, und haben noch bei der letzten Volkszählung im Jahr 2001 den enormen Verwaltungsaufwand sowie das Ausfüllen der Fragebögen kritisiert.

Nun führt diese Bundesregierung eine moderne und zeitgemäße elektronische Volks­zählung ein, und Sie lehnen das Gesetz wieder ab, indem Sie das Gespenst der Rasterfahndung an die Wand malen!


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Geschätzte Damen und Herren von der Opposition, die Rasterfahndung kann in Österreich, wie Sie wissen, nur nach richterlichem Beschluss durchgeführt werden und dient dazu, gefährliche Personen beziehungsweise Gruppen, die den Staat unter anderem bedrohen könnten, zu finden.

Das vorliegende Registerzählungsgesetz hingegen dient nur dazu, wichtige Daten über den Bürger rasch und unbürokratisch zu erheben, damit der Staat äußerst notwendige Aufgaben wie zum Beispiel auch den Finanzausgleich erfüllen kann. Mit einer Ras­terfahndung, so darf ich noch einmal feststellen, hat dieses Gesetz überhaupt nichts zu tun.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass der von der SPÖ im Bundesrat erho­bene Einspruch nicht auf Bundesländerinteressen fundiert ist. Es steht dafür aber fest, wofür die SPÖ ist, nämlich nicht für weniger, sondern offensichtlich für mehr Bürokratie. Wenn Sie das Gegenteil beweisen wollen, dann stimmen Sie diesem Gesetz zu. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Antrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 in 1283 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Bucher, Kolleginnen und Kollegen den Antrag eingebracht, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Durchführung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldegesetz 1991 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden, zu wiederholen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Antrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.


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Damit hat der Nationalrat gemäß Art. 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 in 1284 der Beilagen.

Auch hiezu haben die Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Bucher, Kolleginnen und Kollegen den Antrag eingebracht, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird, zu wiederholen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Antrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieses Zeichen wird mehrheitlich erteilt. Daher ist das angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Art. 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

19.48.0914. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Achtundzwanzigsten Bericht (III-160 d.B.) der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2004) (1292 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 14. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Donabauer mit einer Wunschredezeit von 4 Minuten. – Bitte.

 


19.48.41

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren der Volksanwaltschaft! Hohes Haus! Mit dem jährlichen Bericht der Volks­anwaltschaft im Parlament erbringt die Volksanwaltschaft nicht nur einen beein­druckenden Leistungsnachweis, sondern stellt dem Nationalrat zweifelsohne auch eine wichtige Information zur Verfügung.

Die Arbeit der Volksanwaltschaft in Österreich kann als beispielgebend bewertet werden – derart, dass es wenige in Europa gibt. So sind wir in diesem, wie in vielen anderen Bereichen – im Sozialbereich, im Budgetbereich, im Arbeitsmarktbereich – ein führendes Land.

Ich denke, das muss gesagt werden, weil wir gerade in diesen Fragen ein viel größeres Wertebewusstsein dessen brauchen, was wir im eigenen Land machen und erarbeiten. Gerade die neuen Demokratien in Europa nehmen sich ein Beispiel an dem, was bei uns erfolgreich Jahre und Jahrzehnte hindurch betrieben wird.

Der etwa 400 Seiten starke Bericht der Volksanwaltschaft umfasst auch Darstellungen von konkreten Beschwerdefällen. Diese sind natürlich in den unterschiedlichen Rechts­bereichen angesiedelt. Ich denke, die Volksanwaltschaft – und das sagt sie auch in ihrem Bericht sehr deutlich aus – möchte einen Beitrag zur Stärkung des Grund­rechtsbewusstseins in der Verwaltung leisten.

Natürlich ist die Volksanwaltschaft als solche eine unkomplizierte Anlaufstelle für viele Bürgerinnen und Bürger, die sich im Alltag höchst überfordert fühlen. Viele Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, Regulierungen wirken auf die Bürgerinnen und Bürger ein, sie sind oft orientierungslos und wissen nicht, wohin sie sich wenden sollen. Darüber hinaus ist die Volksanwaltschaft jene Institution, die auch eine sehr erfolgreiche Vermittlerrolle zwischen den Behörden und den Bürgerinteressen darstellt.

In der Arbeit – ich beobachte sie sehr genau und habe mich auch mit dem Bericht kon­kret auseinander gesetzt – ist sehr deutlich zu bemerken, dass die Volksanwaltschaft nicht nur vermittelt, sondern vor allem auch eine enorm hohe Beratungsaufgabe erfüllt. Das ist lobenswert, denn ich denke, dass der Bürger solche Einrichtungen gerade in der heutigen Zeit nicht nur braucht, sondern auch sucht und dringend notwendig hat.

Die Zahl der Menschen, die sich an die Volksanwaltschaft wenden, nimmt leicht zu. Die Volksanwaltschaft wurde 2004 in 16 189 Fällen in Anspruch genommen. Das bedeutet, wie gesagt, einen ganz leichten Anstieg der Bearbeitungsfälle. Die Zahl der einge­leiteten Prüfungsverfahren ist allerdings mit 6 502 leicht zurückgegangen. Von den eingeleiteten Prüfungsverfahren bezogen sich 4 100 auf die Bundesverwaltung, der Rest auf Landes- und Gemeindeverwaltungen. Bei den 7 500 Prüfungsverfahren, die


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abgeschlossen wurden, wurde auch festgestellt, dass etwa 21 Fälle besonders schwer­wiegend sind.

Aufzeigen möchte ich – das ist, glaube ich, wichtig –, dass sich die Volksanwaltschaft in 5 444 Fällen als unzuständig erklärt hat. Ich denke, dass auch da Vorarbeit not­wendig ist, denn es geht ja um eine wertvolle, auf der anderen Seite aber auch zeit-, energie- und ressourcenraubende Aufgabe und Tätigkeit.

Ich möchte in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit noch kurz auf einige Fragen Bezug nehmen: Natürlich ist es wichtig, dass von Ihnen aufgezeigt wird, dass zum Beispiel in einer Pensionsversicherungsanstalt jemand sechseinhalb Jahre auf seine Waisen­pension warten musste. – Es ist ganz entscheidend, dass Sie in diesem Fall geholfen haben. Das muss gesagt werden, und das soll auch gelobt werden.

Ich habe auch einen zweiten wichtigen Ansatz herausgelesen: Sie schreiben zum Beispiel, Rettungshubschraubereinsätze nach Unfällen sind nicht immer gerechtfertigt. Man muss auch in diesem Bereich um mehr Gründlichkeit, um mehr Verantwor­tungs­bewusstsein und um mehr Sachbezogenheit bemüht sein. Es müssen natürlich Leben gerettet und alle Hilfsstrukturen angeboten werden, aber es muss auf der anderen Seite auch die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und die Kostenfrage kritisch hinterfragt werden. – Ich denke, das ist sehr wichtig.

Aus dem Bericht kann auch deutlich herausgelesen werden, dass ein Großteil der Beschwerden im Gerichtsverfahren eine sehr lange Bearbeitungsdauer hat. Bezüglich der Zahl der Beschwerdefälle habe ich festgestellt, dass es in Wien 123 Fälle und in Tirol nur 40 Fälle pro 100 000 Einwohnern gegeben hat. (Volksanwalt Mag. Stadler: Die haben einen Landesvolksanwalt!)

Viel wichtiger ist, dass Sie im Fernsehen wieder in unterschiedlicher Emotionalität auftreten, und ich denke, dass diese Sendungen angenommen werden und auch einen guten Zweck erfüllen, wiewohl ich hier weniger der Darstellung das Wort rede, sondern vielmehr der Lösung und der Information.

Ihnen, meine Damen und Herren von der Volksanwaltschaft, herzlichen Dank für Ihre Arbeit, vor allem aber auch Ihren Mitarbeitern, die sehr wesentlich dazu beitragen, dass diese erfolgreiche Arbeit durchgeführt werden konnte. Ich hoffe, dass Sie im Dienste der Bevölkerung diese Tätigkeit auch weiter fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Auch er spricht 4 Minuten. – Bitte.

 


19.54.14

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Meine Herren Volksanwälte! Ja, natürlich: Die Volksanwaltschaft soll und muss gelobt wer­den. Es wird großartige Arbeit geleistet, und dem Lob möchte ich mich gerne an­schließen. Aber, Herr Kollege Donabauer, das allein kann es ja wohl nicht gewesen sein! Man sollte auch die Empfehlungen der Volksanwaltschaft ernst nehmen.

Um gleich auf ein Beispiel einzugehen: Was die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung betrifft, Herr Kollege Donabauer, empfiehlt die Volksanwaltschaft die Erarbeitung von Leitlinien. – Da können Sie jetzt die Volksanwaltschaft unterstützen, und zwar mit dem Entschließungsantrag, den ich einbringen werde.

Die Volksanwaltschaft stellt eindeutig fest, dass rein parteipolitisch motivierte Aus­sendungen und Werbemaßnahmen, bei denen Sachinhalte fehlen beziehungsweise


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eindeutig hinter einseitigen Einflussnahmen zurücktreten, Fragen nach der Finan­zierung aufwerfen. (Zwischenruf des Abg. Donabauer.)

Meine Damen und Herren! Es ist nicht die böse Opposition, die sich über Werbe­ausgaben empört, sondern es ist die Volksanwaltschaft – und es ist der Rechnungshof, der seit Jahren verbindliche Regelungen einfordert. (Abg. Neudeck: Das ist die einzige Lebensexistenz, die Sie haben!) Die Stellungnahme vom Bundeskanzleramt zu dieser Forderung des Rechnungshofes ist ja an Zynismus gar nicht zu überbieten. (Abg. Dr. Fekter: Gilt das auch für den Häupl?)

Frau Kollegin Fekter! Wissen Sie überhaupt, was in diesem Rechnungshofbericht vom Bundeskanzleramt von sich gegeben wird, wenn es da heißt, das Bundeskanzleramt orientiere sich aber an den vom Rechnungshof empfohlenen Grundsätzen? – Ja mitnichten! Genau das passiert ja nicht, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Fekter: Gilt das auch für den Häupl? Wie ist das mit dem Bürgermeister? Der gibt nicht einmal bekannt, welche Kosten er hat! Der reagiert nicht einmal auf die Anfrage!)

Und nicht „nur“ – unter Anführungszeichen – die Volksanwaltschaft und der Rech­nungshof empören sich über die Regierungswerbung, nein, auch der Verfassungs­gerichtshof! Es gibt beim Verfassungsgerichtshof ein Gebot der Reinheit der Wahl – gewissermaßen die Antithese zum schmutzigen Wahlkampf vom Kollegen Lopatka –, wonach es ganz klar sein muss, dass keine Ministeriumsmittel eingesetzt werden dürfen, um Nationalratswahlen zu beeinflussen. (Abg. Dr. Fekter: Wie hoch ist das Informationsbudget vom Bürgermeister Häupl? Bürgermeister Häupl verweigert die Bekanntgabe der Daten! Da soll der Volksanwalt einmal schauen! Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Es gibt diese sieben Regeln des Rechnungshofes. Frau Kollegin Fekter, Sie sind ein­geladen, bei einem Entschließungsantrag mitzugehen, damit wir da endlich Ordnung hineinbringen.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von Rege­lungen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vergabe von Dienstleistungs­aufträgen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Regelungen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen für Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes umgehend zu normieren“.

*****

Meine Damen und Herren! (Der Redner hält eine Zeitungsseite mit dem Inserat der Bundesregierung zum Abschneiden Österreichs bei den Olympischen Winterspielen in Turin in die Höhe.) Das kann es ja wohl nicht gewesen sein! Ich will jetzt gar nicht näher auf die Rechtschreibfehler in diesem Inserat eingehen, aber das hat überhaupt nichts mit den Regeln zu tun, die der Rechnungshof aufstellt.

Selbst wenn Sie der Volksanwaltschaft, dem Verfassungsgerichtshof, dem Rech­nungshof keinen Glauben schenken – die Kompetenz und die Objektivität des ehe­maligen Präsidenten des Rechnungshofes, Herrn Dr. Franz Fiedler, ist ja, glaube ich, unbestritten. Er war ja zwölf Jahre hinweg der oberste Kontrollor. (Ironische Heiterkeit


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bei der ÖVP.) – Weil Sie so lachen: Wissen Sie, was er zu der Frage zu sagen hat? (Abg. Dr. Fekter: Habt ihr ihn gewählt beim ersten Mal?)

Was hat sich Fiedler gedacht, heißt es in einer heutigen Tageszeitung, als er die Olympiainserate der Regierung gesehen hat? (Abg. Neudeck: Ihre rote Brille macht Sie blind!) – Sachinformation ist das nicht, hat sich Fiedler gedacht. (Abg. Dr. Fekter: Wie ist das in Wien? Wie ist das mit Bürgermeister Häupl? Der verschweigt die Zahlen!) Wer sich informieren will, wer in Turin gewonnen hat, schlägt die Sportseite auf. – So einfach ist das. Der ist nicht auf Inserate angewiesen. Fiedler stellt eindeutig fest: Das ist eine Werbemaßnahme, weil sich die Regierung mit einer Positivmeldung verknüpft.

Meine Damen und Herren! So kann es, glaube ich, nicht weitergehen! Das ist nicht die „böse Opposition“, die da agitiert, sondern das sagen die Volksanwaltschaft, der Rech­nungshof, der Verfassungsgerichtshof und Koryphäen wie Dr. Franz Fiedler. Also ich kann nur an Sie appellieren: Schließen Sie sich dem Antrag der SPÖ an! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Neudeck: Fürs Protokoll: Ein Drittel der SPÖ-Abgeordneten hat geklatscht!)

19.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Kräuter eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kräuter, Kolleginnen und Kollegen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von Regelungen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vergabe von Dienstleistungs­aufträgen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über den 28. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2004) (III-160/1292 d.B.)

Die Volksanwaltschaft kritisiert in ihrem 28. Bericht rein parteipolitisch motivierte Aussendungen und Werbemaßnahmen, bei denen Sachinhalte fehlen bzw. eindeutig hinter einseitige Einflussnahmen zurücktreten. Diesbezügliche Maßnahmen werfen zwangs­läufig Fragen über die Grenzen der Finanzierung von Öffentlichkeitsarbeit aus dem Budget auf. Die Volksanwaltschaft regte diesbezüglich die Erarbeitung von Leitlinien zur Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung oder einzelner Bundesminister an.

Der Rechnungshof stellt im Wahrnehmungsbericht III-29 d.B. fest, dass die von ihm erarbeiteten Empfehlungen betreffend Informations- und Werbemaßnahmen der Bundesregierung in eine künftige generelle Regelung einbezogen werden sollen. Diese Empfehlungen des Rechnungshofes haben folgenden Inhalt:

a) Die Finanzierung von Öffentlichkeitsarbeit bzw. von Informations- und Werbe­maßnahmen aus Haushaltsmitteln ist unter Beachtung der Grundsätze der Spar­samkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zulässig. Diese Maßnahmen sollten dabei formalen und zugleich inhaltlichen Kriterien genügen, die den Bezug zur Arbeit der Bundesregierung bzw. des jeweiligen Ressorts begründen.

b) Die Öffentlichkeitsarbeit bzw. die Informations- und Werbemaßnahmen wären unmittelbar auf die vergangene, gegenwärtige oder aktuell zukünftige Tätigkeit der Bundesregierung bzw. des jeweiligen Ressorts zu beziehen.


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c) Die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium tritt bei allen Formen der Öffentlichkeitsarbeit deutlich als Bundesregierung bzw. Bundesministerium in Erscheinung.

d) Die Öffentlichkeitsarbeit bzw. die Informations- und Werbemaßnahmen aus Haus­haltsmitteln dürfen auch in der engeren Vorwahlzeit fortgesetzt, jedoch nicht auf parteipolitische Wahlwerbung ausgerichtet werden.

e) Die Grenzen der zulässigen und der unzulässigen Finanzierung von Öffent­lichkeitsarbeit bzw. von Informations- und Werbemaßnahmen sind erreicht, wenn der Sachinhalt eindeutig hinter die werbende Form zurücktritt. Dadurch werden diese Maßnahmen angreifbar.

f) Die Öffentlichkeitsarbeit bzw. die Informations– und Werbemaßnahmen sollten bei den Bürgerinnen und Bürgern den Eindruck einer werbenden Einflussnahme zuguns­ten einer Partei vermeiden.

g) Die Öffentlichkeitsarbeit bzw. von Informations- und Werbemaßnahmen durchge­führten Umfragen sollten der Erforschung der Meinungen und des Informationsgrades der Bevölkerung über die Arbeit der Bundesregierung bzw. des Bundesministeriums dienen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Regelungen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen für Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes umgehend zu normieren“.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


19.58.34

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Dame und Herren Volksanwälte! Kollege Gaál hat in einem Zwischenruf gemeint, ich hätte heute schon genug geredet. – Ich kann es dir nicht ersparen, lieber Toni Gáal! Vor allem eure Redner reizen einen eben, und man muss entsprechende Antwort geben, damit diese Halbwahrheiten nicht im Raume stehen bleiben.

Es ist ja wirklich interessant, dass Abgeordneter Kräuter auch die heutige Diskussion, in der es wirklich um die Volksanwaltschaft geht – das heißt um die Anwälte der Bevöl­kerung –, in der es um die berechtigten Anliegen der Bevölkerung geht, in der es darum geht, die Rechte der Bevölkerung und die Probleme, die man hat, gegenüber der öffentlichen Verwaltung zu vertreten (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter), in der es auch darum geht, über die Wünsche der Volksanwaltschaft zu reden, damit sie dieser Aufgabe besser gerecht werden kann, missbraucht, um wieder mit seinen Plakaten herumzuwacheln.

Aber, lieber Kollege Kräuter, Sie haben ja gesagt, was interessiert es Sie, was irgend­welche Bürgermeister für die Eigenwerbung verwenden. Es interessiert Sie wahr­scheinlich auch nicht, was Ihre Ministerien damals an Eigenwerbung verschwendet


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haben. Ich erinnere nur daran, dass es damals vom Verkehrsministerium diese Werbe­spots gab, wo die LKWs explodiert sind, und so weiter.

Wenn Sie schon irgendwelche Bürgermeister nicht interessieren, dann aber doch wenigstens Ihr Vorzeigebürgermeister in der Bundeshauptstadt Wien! Der wird Sie doch interessieren. – Oder interessiert Sie der auch nicht, Herr Kollege Kräuter? Dann gehen Sie einmal mit gutem Beispiel voran, und erklären Sie Bürgermeister Häupl, dass er so nicht mit der Informationspolitik umgehen kann!

Sie, Herr Kollege Kräuter, agieren ja mit Informationen, die Ihnen diese Bundes­regierung und die Ressorts gegeben haben, weil es eben die entsprechenden Auskünfte gibt – und es gibt wirklich keine Verschleierung!

Aber wie ist das bei Ihnen, wo Sie von der SPÖ Möglichkeiten zur Information hätten? Kollege Kräuter, welche Regelungen haben denn Sie von der SPÖ? Lesen Sie einmal in den morgigen Zeitungen! Vielleicht aber hatten Sie keine Zeit dazu, weil Sie sich für diese Vier-Minuten-Rede hier vorbereiten mussten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Seit 18 Uhr liegen jedenfalls die Ausgaben der morgigen Tageszeitungen auf. Lesen Sie nach, wie das ist bei der SPÖ in Wien!

Im Juni 2005 ist eine Anfrage bezüglich Eigenwerbung des Wiener Bürgermeisters Häupl eingebracht worden. Darauf gab es keine Antwort! 26 Mal ist urgiert worden – und dann kam endlich die Antwort, dass es 6 000 Einschaltungen in den Jahren 2000 bis 2005 gegeben hat. 6 000 Einschaltungen! Aber man könne, so lautete die Antwort, auf Grund des hohen Verwaltungsaufwandes nicht beziffern, was das an Steuer­geldern gekostet hat! – Lieber Kollege Kräuter, 6 000 Einschaltungen, aber in der Gemeinde Wien weiß man nicht einmal, was das gekostet hat! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Wir aber wissen ganz genau, wie viele Millionen Euro das Budget für Öffentlichkeits­arbeit, für Eigenwerbung Ihrer Genossen, Herr Kollege Kräuter, in der Bundes­hauptstadt Wien ausmacht, wo vor den Wahlen nicht Seiten mit Inseraten, sondern geradezu Bücher als Einlageblätter von der Stadt Wien aufgelegt werden! Für jeden Stadtrat ein eigenes Heftchen, um Eigenwerbung zu machen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Und Sie, Herr Kollege Kräuter, versuchen, sich hier als großer Aufdecker aufzuspielen!

Kehren Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, einmal im eigenen Bereich! (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Schaffen Sie es wenigstens, dass über Ihre Eigenwerbungen informiert wird! Und erst dann diskutieren wir darüber, ob unsere Informationen gerechtfertigt waren oder nicht!

Meine Damen und Herren! Jetzt aber soll es darum gehen, die Volksanwaltschaft bei ihrem Bemühen zu unterstützen, die immer mehr werdenden Beschwerden bezie­hungsweise Anregungen, die an die Volksanwaltschaft herangetragen werden, zu bewältigen. Deshalb noch einmal: Wir haben im Rahmen des Verfassungskonvents darüber diskutiert, ob es in Zukunft ein Volksanwalt sein soll oder ob wir bei drei bleiben sollen. – Aus meiner Sicht kann es nur so sein, dass man diese Anzahl belässt, denn der Bürger hat das Recht, dass er mit „seinem“ Volksanwalt entsprechend kooperieren, dass er auch den Kontakt zum Volksanwalt halten kann. Und wie das ein Volksanwalt bei 16 000 Fällen machen sollte, das möge man mir einmal erklären! Das wird wahrscheinlich bei dreien schon schwierig sein.

Selbstverständlich ist es auch notwendig, über die Kompetenzen zu diskutieren, denn eine stärker werdende Verwaltung – mit neuen Technologien ausgestattet – braucht vielleicht auch eine Adaptierung in Bezug auf Kontrolle, wenn es etwa darum geht, die Arbeitsweisen im Vergleich zu den Ministerien zu verbessern, etwa die Verkürzung der


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Auskunftsfristen. Über all das kann man diskutieren, auch über die Vorlage von Son­derberichten.

Selbstverständlich muss man darauf achten, dass die Volksanwaltschaft aus dem tagespolitischen Geschehen herausgehalten wird. Jeder Bürger soll – unbeeinflusst von irgendwelchen parteipolitischen Zugehörigkeiten – zu „seinem“ zuständigen Volks­anwalt/zu „seiner“ zuständigen Volksanwältin gehen können und die entsprechende Unterstützung bekommen.

Man muss natürlich auch aufpassen, dass es keine Doppelkompetenzen gibt zwischen der Volksanwaltschaft und dem Rechnungshof – beides Organe des Nationalrates. Aber ansonsten, glaube ich, können wir sehr zufrieden sein mit dieser Institution.

Was uns Parlamentarier betrifft, so wäre es, wie ich meine, gut, wenn wir uns nicht nur bei den Berichten der Volksanwaltschaft über die Volksanwaltschaft den Kopf zer­brächen, sondern einmal sehr eingehend darüber diskutierten, welche der Anregungen der Volksanwaltschaft für eine Verbesserung ihrer Arbeitsmethoden auch wirklich um­setzbar sind – und das dann nicht auf die lange Bank geschoben wird, wie wir es jetzt leider beim Verfassungskonvent haben, wo es aus parteipolitischen Gründen kein Ergebnis geben wird.

Man sollte sich also wirklich ernsthaft damit auseinander setzen, wie diese wichtige Institution Volksanwaltschaft auch in Zukunft dem Auftrag gerecht werden kann, eine wirkliche Anwaltschaft für die österreichischen Bürgerinnen und Bürger darzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.04


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Ich erteile es ihr.

 


20.04.43

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer, poštovane dame i gos­podo! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Ich habe jetzt überlegt, nachdem Herbert Scheibner hier begründet hat, warum die BZÖ-Partei für die Beibehaltung von drei Volksanwälten ist ... (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Ich bin ganz deiner Meinung!

Mir ist da jetzt eingefallen, da hier dauernd von „den Volksanwälten“ die Rede ist und eine Dame, nämlich Frau Volksanwältin Bauer, hier sitzt, dass ich eigentlich keine Institution in dieser Republik kenne, die so durchgehend mit Frauen besetzt war. Rund 28 Jahre lang gibt es die Einrichtung der Volksanwaltschaft jetzt schon – und es gab immer Frauen in diesem Gremium. Ich warne daher davor, dieses Gremium auf ein Mitglied zu reduzieren, denn da kann ich Ihnen jetzt schon prophezeien, wie viele Argumente es geben wird, warum man das nicht beibehalten könne. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das soll jetzt nicht als scherzhaft betrachtet werden, aber es stört mich schon immer, wenn ich von „den Volksanwälten“ höre – und hier Frau Volksanwältin Rosemarie Bauer sitzt. –

Bedanken möchte ich mich bei allen Dreien jedenfalls ganz herzlich für ihre Tätigkeit, ebenso bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Neben dem Rechnungshof – das wurde bereits erwähnt – ist auch die Volksanwalt­schaft ein Organ des Nationalrates, und es ist das ja jene Institution, die am aller­inten­sivsten und am allernächsten sozusagen an der Arbeit der Mandatarinnen und Mandatare ist. An Mandatare und Volksanwälte wenden sich Menschen mit Prob­lemen. Und ich bin wirklich froh darüber, dass ich viele dieser Probleme, die an mich


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herangetragen werden, direkt und unmittelbar an die Volksanwaltschaft weiterleiten kann, wobei ich da immer weiß, dass das Problem, das Anliegen, die Beschwerde – das ist das Schlüsselwort – in guten Händen ist. In guten Händen, soweit es die Möglichkeiten der Institution Volksanwaltschaft zulassen: soweit das personell und ressourcenmäßig möglich ist, und vor allem, soweit die Volksanwaltschaft die Kompe­tenzen dafür hat.

Die Zahl von 16 000 Fällen der Volksanwaltschaft wurde ja schon genannt. Und warum steigt diese Zahl nicht maßgeblich, wo doch die gesamte öffentliche Verwaltung viel komplexer wird und ich schon den Eindruck habe, dass die Menschen weit mehr Probleme mit der öffentlichen Verwaltung als früher haben? Warum steigt diese Zahl nicht? – Weil es schlicht und einfach so ist, dass man der Volksanwaltschaft große Kontrollbereiche entzogen hat.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass derjenige, der der Volksanwaltschaft deren Arbeit sozusagen entzieht, der Nationalrat selbst ist, und daher möchte ich anregen, über dieses Problem intensiv zu diskutieren.

Hinweisen möchte ich auch auf eine neue Einrichtung der Volksanwaltschaft in ihrem Bericht, nämlich den Grundrechtsteil. Bei diesem jetzt inzwischen fixen Bestandteil der jährlichen Berichte geht es ja in erster Linie darum, auf Artikel 6 der MRK hinzuweisen: faires Verfahren. Im Wesentlichen geht es also – das zieht sich wie ein roter Faden durch – um Verfahrensverzögerungen, um eine nicht verfassungskonforme Behand­lung von BeschwerdeführerInnen, weil man sie zum „Salzamt“ schickt oder so in der Art behandelt: „Schmeck’s, Kropferter!“, und diesen Menschen deshalb das verfas­sungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein faires Verfahren entzogen wird.

Daher meine ich, dass die Volksanwaltschaft dem Bürger/der Bürgerin nicht nur im Konkreten gute Dienste leistet, sondern dass das sozusagen auch pro futuro wirkt, dass es sich Behörden, die mit solchen Beschwerden konfrontiert werden, in Zukunft überlegen, nicht doch eine verfassungskonforme Vorgangsweise sicherzustellen, indem sie halt sozusagen korrekt arbeiten.

Abschließend, meine Damen und Herren – ich habe nur mehr wenig Redezeit –, möchte ich auf zwei Punkte hinweisen, die uns alle angehen. Dabei geht es um zwei Punkte, die seit Jahren hier im Nationalrat diskutiert werden: die Frage der Bestellung der Volksanwälte, ihre Wahl sowie das von der grünen Fraktion seit Jahren kritisierte und auch antragsmäßig immer wieder zur Korrektur und Novellierung vorgebrachte Vorschlagsrecht der drei stimmenstärksten Parteien des Nationalrates für diese Wahl. – In Wirklichkeit ist es ja dann keine Wahl mehr, weil es ja ein Vorschlagsrecht von drei Parteien ist. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt – darüber wurde vielfach auch schon diskutiert – ist die Frage der so genannten Absetzbarkeit von Volksanwälten. Die Volksanwälte genießen in der jeweiligen Besetzung immer das Privileg, in ein Amt geschickt zu werden und nicht absetzbar zu sein, ganz egal, was passiert. Es gibt keine vergleichbare Konstellation in der österreichischen Rechtsordnung.

Wofür die Grünen plädieren, ist, ein Modell umzusetzen – ich sage jetzt ein Modell, denn das kann man ja nicht eins zu eins – wie auch beim Präsidenten des Rech­nungshofes. Dafür werben wir nicht, sondern da plädieren wir für eine seriöse Dis­kussion. Es hat auch im Rahmen des Österreich-Konvents genügend Signale gege­ben, dass das gewünscht wird; aber das ist alles eingeschlafen. Ich hoffe, die Frau Volksanwältin und die Herren Volksanwälte sind auf Grund dieser eingeschlafenen Diskussion, in Bezug auf die Volksanwaltschaft insgesamt, nicht frustriert, werden ihre Arbeit genau so engagiert wie bisher weiter tun, und ich wünsche Ihnen und all Ihren


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MitarbeiterInnen alles Gute. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Diese unqualifizierte Beschimpfung!)

20.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grander. – Bitte.

 


20.11.07

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle­gen! Meiner Überzeugung nach ist die Volksanwaltschaft eine unkomplizierte Anlauf­stelle für Bürgerinnen und Bürger, die sich von Behörden nicht gerecht behandelt fühlen. Ausgehend von Einzelfällen wird die Wirkung der Rechtsordnung überprüft und auch bewertet. Die Volksanwaltschaft unterstützt dabei nicht nur die Betroffenen, son­dern übernimmt auch eine bedeutende Vermittlerrolle zwischen den Behörden und den Bürgerinteressen. Mich freut besonders, dass für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksanwaltschaft immer der Bürger und die Bürgerin im Mittelpunkt, also an vorderster Stelle stellen. Diesen wird somit der Zugang zu oft sehr komplizierten Gesetzen erleichtert.

Der Aufgabenbereich der Volksanwaltschaft reicht von schlichten Beratungstätigkeiten bis hin zu konkreten Überprüfungen der an sie herangetragenen Beschwerden. Durch eben diese Überprüfung gibt die Volksanwaltschaft auch der Verwaltung selbst ein wichtiges Feedback, das eventuell auch Missstände aufzeigt. Denn manchmal kann auch gesetzmäßiges Verhalten von Verwaltungsbehörden zu Ergebnissen führen, die für die Bürgerinnen und Bürger unbefriedigend sind. Durch den direkten Kontakt zu den Betroffenen können daher sehr rasch Gesetzesfehlentwicklungen erkannt und Folgen behoben werden.

Die Zahl jener Menschen, die sich an die Volksanwaltschaft wenden, nimmt weiter zu, das haben wir heute schon gehört. Sie stieg von 2003 auf 2004 um 400. Die Tatsache, dass immer wieder familienrechtliche Probleme zwischen Privatpersonen im Zusam­menhang mit Scheidung und Scheidungsfolgen an die Volksanwaltschaft herange­tragen werden, zeigt, welches Vertrauen von den Bürgerinnen und Bürgern dieser Institution entgegengebracht wird.

Durch ihre Vermittlerrolle übernimmt die Volksanwaltschaft eine bedeutende Rolle auch bei der Integration zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und dem politischen System.

Ich möchte mich bei der Volksanwältin und bei den Volksanwälten herzlich für diese unermüdliche Arbeit bedanken. Ebenso danke ich allen Beamten und MitarbeiterInnen der Volksanwaltschaft, die für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes tätig sind, und ich wünsche allen weiterhin viel Erfolg bei ihrer Tätigkeit für die Menschen in unserem Land. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


20.13.51

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Meine Herren Volksanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorred­nerin hat ja sehr umfassend die Aufgaben der Volksanwaltschaft vorgetragen. Eine ganz wesentliche Aufgabe ist es auch, der Gesetzgebung einen Spiegel vorzuhalten und auf Regelungsmängel hinzuweisen. Anlässe dazu, meine Damen und Herren, gibt


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es leider mehr als genug in Zeiten wie diesen, in denen die Qualität der Gesetzgebung mehr als zu wünschen übrig lässt.

Abgesehen von inhaltlichen Zweckverfehlungen werden immer mehr Formfehler offen­sichtlich, die eben den Menschen das Leben schwer machen. Das heißt, das Falsche wird auch noch falsch umgesetzt. Aktuelles Beispiel im vorliegenden Bericht ist das Kinderbetreuungsgeld. Abgesehen von der generellen Reformbedürftigkeit dieses Gesetzes, die ja von Organisationen wie der OECD bis über die Industriellen­vereini­gung bescheinigt wird, sitzt der Teufel in vielen Details, wie das gestiegene Be­schwerdeaufkommen auch zeigt.

So hat sich durch eine Unklarheit im Gesetzestext eine ganz sonderbare Vollzugs­praxis eingeschlichen. Unverheirateten Elternteilen mit einem karenzierten auslän­dischen Dienstverhältnis wurde der Kindergeldbezug mit einer abenteuerlichen Rechts­auffassung verwehrt, es fehle ihnen nämlich die Angehörigeneigenschaft. Also hier wird nicht auf die Angehörigeneigenschaft zum Kind abgestellt, sondern der Eltern zueinander. Und auch beim Wechsel der Anspruchsberechtigten ergaben sich Prob­leme, weil ein Anspruchsverzicht eines Teiles automatisch auch für den anderen Elternteil gilt. Also weder eine bloße Beendigungserklärung noch ein Widerruf des Verzichtes wurden vom Sozialministerium als möglich erachtet. Deshalb fordert die Volksanwaltschaft in diesen Fällen völlig zu Recht eine legistische Klarstellung.

Zu gratulieren ist insbesondere Volksanwalt Peter Kostelka zu den zahlreichen positiven Erledigungen von Beschwerden im Sinne der Betroffenen im Familienbereich insbesondere. (Abg. Neudeck: Alles andere hätte mich gewundert, Frau Kollegin!) Auch die anderen haben sich natürlich Lob verdient, aber ich möchte hier insbe­sondere den Familienbereich beleuchten. (Abg. Scheibner: Aber im Konvent haben Sie ihn im Regen stehen lassen, Ihre Partei!) So hat der Finanzminister 2003 eine anscheinend besonders lukrative Einnahmequelle entdeckt, nämlich die Rückforderung des Zuschusses zum Karenzgeld, was sehr viele, vorwiegend Väter, oft überraschend getroffen hat, zumal sie vom Zuschuss oft gar keine Kenntnis hatten. Als Reaktion darauf wurde zumindest die Information der Betroffenen ausgeweitet, sodass diese nicht aus allen Wolken fallen, wenn plötzlich die Rückzahlungsaufforderung ins Haus flattert.

Ein Dauerbrenner von Beschwerden ist die überlange Verfahrensdauer. So hat eine Entscheidung über die Weitergewährung der Familienbeihilfe mehr als zwei Jahre gedauert. Besonders häufen sich die Beschwerden wegen überlanger Verfahrensdauer im Bereich der Pflegegeldverfahren, die sich natürlich für Personen, die auf Pflege dringend angewiesen sind, besonders gravierend auswirken.

Pflegegeld ist überhaupt so ein Kapitel. Zwar wurde erfreulicherweise das Konsens­papier zur einheitlichen Begutachtung der Pflegebedürftigkeit überarbeitet, zu hoffen bleibt aber auch, dass die weiteren Anregungen der Volksanwaltschaft eingearbeitet werden, denn besondere Härten und Unverständlichkeiten gibt es bei der Feststellung des Pflege- und Betreuungsbedarfs von Kindern und Jugendlichen. Bei Kleinkindern und Säuglingen wird der tatsächliche Bedarf nur unzureichend berücksichtigt, mit der Begründung, dass gleichaltrige nicht behinderte Kinder ja auch pflegebedürftig sind.

Was es heißt, mit einem Kind kontinuierlich spezielle Bewegungstherapien oder Ähn­liches durchzuführen, ist so manchen Schreibtischtätern anscheinend völlig fremd. Da wirken sich bürokratische Spitzfindigkeiten sehr oft zu Lasten der Bevölkerung aus. (Abg. Dr. Fekter: Daher haben wir das Gesetz schon geändert!) Hier ist es insbe­sondere der Volksanwaltschaft zu verdanken, dass auf diese Missstände hingewiesen


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wird. Uns ist ans Herz zu legen, diese Anregungen auch ernst zu nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

 


20.18.20

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Volks­anwältin! Meine Herren Volksanwälte! Sie haben in diesem Bericht, den wir im Aus­schuss diskutiert haben und auch heute hier debattieren, über mehr als 16 000 Fälle berichtet. Ich bedanke mich bei Ihnen für diese Arbeit, die Sie nicht nur im Jahr 2004, sondern auch davor und danach geleistet haben.

Frau Kollegin Grossmann, Ihre Partei hätte sich im Österreich-Konvent, das wurde mir gerade von unserem Mitglied in diesem Gremium erklärt, mehr für die Rechte der Volksanwälte einsetzen sollen, als sie es getan hat, dann hätten Sie hier auch nicht mehr die Notwendigkeit, immer darauf zu bestehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Volksanwälte haben in ihrem Bericht auch mehr Rechte für ihre Institution verlangt. Sie haben eine Ausdehnung der Kontrollbefugnis auf ausgegliederte Rechtsträger, Gemeindeverbände et cetera angeregt, weiters die Ermächtigung zur Anfechtung von Gesetzen, die Verkürzung der Auskunftsfrist zur Beschleunigung von Prüfungsver­fahren, die Vorlage von Sonderberichten an das Parlament und vor allem auch die Idee, die Bundesheer-Beschwerdekommission mit der Institution Volksanwaltschaft zu verschmelzen, aber auch das Sachwalterrecht zu reformieren, und viele andere Punkte.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist die Aufgabe von uns Abgeordneten, dass wir sicherstellen, dass nicht auch in den nächsten zehn Berichten der Volks­anwalt­schaft diese Anregungen drinnen stehen, sondern dass wir im Verfassungsausschuss einen Unterausschuss einrichten, der sich jetzt endlich einmal mit diesen Anregungen verbindlich befasst. Und wir diskutieren Partei übergreifend in der Präsidiale, aber auch im Ausschuss darüber und bemühen uns, hier eine Regelung zu finden, die für die Zukunft vernünftig ist und uns allen auch helfen wird.

Meine Damen und Herren! Die SPÖ hat einen Antrag eingebracht, Herr Kollege Kräuter, der sehr vernünftig klingt. Sie wollen Regelungen haben, die die Werbung von Regierungsmitgliedern in der Öffentlichkeit auf den Punkt bringt, und ich gehe davon aus, dass Sie diese Richtlinien auch so abgefasst haben wollen, dass sie für alle Parteien gelten, also nicht nur für die jetzt in der Regierung befindlichen, sondern für alle, auch für Ihre, sollten Sie wieder einmal in die Regierung kommen. Im Vertrauen darauf werden ich und meine Kollegin Rosenkranz Ihnen gerne zustimmen. (Beifall des Abg. Gaál. – Abg. Dr. Fekter – in Richtung SPÖ –: Da wart ihr jetzt überrascht, oder?)

20.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. Ich erteile es ihr.

 


20.20.53

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volks­anwältin! Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Ja, Überraschungen gibt es, man glaubt es nicht. Die Arbeit der Volksanwaltschaft ist genau in diesem Bereich sicher auch eine sehr wichtige, nämlich was die Anregungen an die Bundesregierung betrifft. Es ist bereits im 27. Bericht festgestellt worden, dass die Erarbeitung von Leitlinien zur Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung oder einzelner Minister sinnvoll wäre. Im 28. Bericht steht lapidar: „Die Anregung der VA bleibt aufrecht.“ Auf gut Deutsch: Es ist


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nichts passiert! Es wird daher auch aus unserer Sicht höchste Zeit, dass hier etwas passiert, und in diesem Sinn werden wir den Antrag, den die SP hier einbringt, natürlich unterstützen.

Ich möchte aber zu einem ganz konkreten Fall auch noch etwas sagen, zu einem kon­kreten Beispiel, weil an diesem gezeigt wird, wie wichtig die Arbeit der Volks­anwaltschaft im Hinblick darauf ist, dass den Bürgern und Bürgerinnen geholfen wird, gerade auch in sehr diffizilen Angelegenheiten. Ich rede von der Gastgarten-Sperr­stunde. Es ist ursprünglich in der Gewerbeordnung im Jahr 2001 fixiert worden, dass die Sperrstunden für Gastgärten von den Landeshauptleuten per Verordnung geändert werden können, nämlich auf 23 Uhr beziehungsweise 24 Uhr angehoben werden können. Und das ist auch passiert. Zum Beispiel Ex-Landeshauptfrau Klasnic in der Steiermark hat das damals gemacht. Sie hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und eine Verordnung für die ganze Steiermark erlassen – ohne Differenzierung und ohne irgendeine Rücksprache mit den Betroffenen, das heißt auch ohne Ermittlungs­verfahren, das zum Beispiel in Graz auf enge Gassen, Wohngebiete und Ähnliches eingeht.

Nachbarn, Anrainer und Anrainerinnen sind rechtlich hilflos, und in einem Fall haben sie sich eben mit so einer Frage auch an die Volksanwaltschaft gewendet. Aus unserer Sicht geht es jetzt aber nicht darum, zu sagen, das soll sein oder soll nicht sein, die Sperrstunde soll da oder dort festgelegt werden, sondern es geht darum, dass das mit den Nachbarn, mit den AnrainerInnen ausgehandelt wird. Und das ist auf Ebene der Landeshauptleute nicht wirklich gut möglich.

Die Volksanwaltschaft hat das auch in ihrem Bericht festgestellt. Den zuständigen Minister Bartenstein hat das relativ wenig interessiert, wie ihn eben die Anliegen der Bevölkerung in dieser Frage tatsächlich wenig zu interessieren scheinen. Die Volks­anwaltschaft hat dann dankenswerterweise die Initiative ergriffen und diese Verord­nung dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt, der auch eine Änderung vorgenommen hat, nämlich in die Richtung, dass das nicht verfassungskonform sei und die Verord­nung von den Gemeinden erlassen werden müsse. Aus unserer Sicht ist das schon wesentlich sinnvoller, weil das eine Ebene ist, wo man mit den Bürgern und Bürgerin­nen einfach sehr viel leichter direkt ins Gespräch kommt und diese Differenzierung vornehmen kann. Das heißt, hier ist ein Fortschritt erzielt worden, der ohne die Volksanwaltschaft in dieser Form wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre.

Herzlichen Dank dafür, weil es hier tatsächlich um Bürger- und Bürgerinnenrechte geht und um die Möglichkeit, das jetzt besser auszustreiten. Die Frage ist, ob es auf Gemeindeebene auch immer den politischen Willen dazu geben wird, das auch wirklich auszustreiten. Man kann nur sagen, sollte das nicht der Fall sein, werden wir auch hier wieder auf die Volksanwaltschaft hoffen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Winkler. – Bitte.

 


20.24.38

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Auch ich darf in die Lobes­hymne meiner Vorredner einstimmen und dies anhand von einigen Zahlen auch unterstreichen.

Ich darf erwähnen, dass 2003 15 787 Bürgerinnen und Bürger die Hilfestellung der Volks­anwaltschaft in Anspruch genommen haben, 2004 waren es bereits 16 189 Bür­gerinnen und Bürger. Die Erfolgsgeschichte der Volksanwaltschaft gründet sich vor


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allem auf deren fachliche Kompetenz und das große Engagement um die Bürger­rechte. Sie ist für viele Bürger praktisch die letzte Anlaufstelle, um einen Verwaltungs­missstand bekämpfen zu können.

Ganz wichtig in diesem Zusammenhang sind die vielen Bürger- und Behördenkontakte. So waren es 2004 251 Sprechtage der Volksanwaltschaft und 1 984 Vorsprachen. Der Auskunftsdienst wurde 8 831 Mal in Anspruch genommen.

Die Öffentlichkeitsarbeit der Volksanwaltschaft zeigt sich auch eindrucksvoll an deren umfangreichem Informationsangebot. So wird seit 1996 eine eigene Homepage betrieben. 2004 haben diese Homepage bereits 147 000 Besucher mit insgesamt 744 000 Abfragen besucht. 67 520 Abfragen kamen aus Österreich, wobei die am häufigsten angeforderte Seite die Seite „Die Volksanwälte“ mit 27 753 Besuchern war.

Es gäbe noch viel Positives zur Volksanwaltschaft zu sagen, auf eines darf ich viel­leicht noch hinweisen: dass es sicher auch sehr sinnvoll ist, im Sinne der Verwal­tungsvereinfachung auf Vorschläge und Anregungen der Volksanwaltschaft einzuge­hen.

Auch ich möchte abschließend die Gelegenheit nutzen, sowohl der Frau Volksanwältin als auch den beiden Herren Volksanwälten und auch deren Beamtinnen und Beamten für ihre äußerst wertvolle und engagierte Tätigkeit zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger zu danken. Sie und ihre Beamten konnten beziehungsweise können mit ihrer Arbeit vielen Bürgern Gerechtigkeit verschaffen, und dafür auch herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


20.27.25

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Meine Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Zahlreiche Vorredner haben sich bereits bei der Volksanwaltschaft und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedankt. Ich mache das auch sehr, sehr gerne, möchte aber alle Kolleginnen und Kollegen auch einladen, wenn wir schon gemeinsam die Auffassung vertreten, dass hervorragende Arbeit geleistet wird – zahlreiche Vorrednerinnen und Vorredner haben darauf aufmerksam gemacht –, die Anregungen und Empfehlungen ernst zu nehmen. So haben es ja zumindest die Regierungsfraktionen, aber darüber hinaus natürlich auch zahlreiche andere Institutionen in der Hand, diese Empfehlungen auch wirklich umzusetzen.

Wenn wir gemeinsam die Meinung vertreten, dass die Zahl der Beschwerdefälle ansteigt, dann sollten wir, wie ich meine, auch gemeinsam versuchen, der Volks­anwaltschaft die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Hinter diesen Beschwerdefällen stecken natürlich menschliche Nöte und Sorgen. Wenn Herr Abgeordneter Donabauer gleich als Erstredner einen Fall angesprochen hat, nämlich jenen, der sehr bedauerlich ist, dass ein Verfahren auf Zuerkennung einer Waisenrente sechseinhalb Jahre gedauert hat, dann möchte ich auch generell zu den Fragen der Verfahrensdauer kurz hier Stellung nehmen. Ich glaube, es kann ja nicht Sinn oder Absicht gewesen sein, dass, wenn man zwei Pensionsversicherungsanstalten zusammenlegt, die Verfahrensdauer steigt. Aber wir haben nach wie vor eine steigende Verfahrensdauer! Wir sind derzeit bei ungefähr eineinhalb Jahren, und ich glaube, es ist höchst an der Zeit, diesbezüglich die entsprechenden Empfehlungen der Volksanwaltschaft auch aufzugreifen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Auch in der Frage der Unfallrenten-Besteu­erung haben wir an die 20 Prozent, die noch immer nicht erledigt sind. Wir haben ein


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Verfassungsgerichtshoferkenntnis, es sind zahlreiche Fälle und Beschwerden bei der Volksanwaltschaft anhängig. Dort werden die Empfehlungen ausgesprochen. – Ich denke, dass man auch im Interesse der Menschlichkeit und der Fairness darauf achten soll, dass diese Empfehlungen entsprechend umgesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten uns, gerade was die Fälle im Sozialbereich betrifft, aber nicht nur im Sozialbereich, wirklich ins Gedächtnis rufen, was für Schicksale oft hinter den einzelnen Fällen stehen.

Den Damen und Herren in der Volksanwaltschaft ist unser Dank auszusprechen. Versuchen wir, jene Fälle, die uns bekannt gemacht worden sind, wo Empfehlungen ausgesprochen worden sind, im Interesse der Menschlichkeit, aber auch im Interesse der enormen Arbeit, die die Volksanwälte und ihre MitarbeiterInnen leisten, ent­sprechend umzusetzen! – Herzlichen Dank und alles Gutes! (Beifall bei der SPÖ.)

20.30


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Praßl. – Bitte.

 


20.31.58

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zahl jener Menschen, die sich an die Volksanwaltschaft wenden, nimmt weiter zu. Dies geht aus dem jüngsten Bericht hervor. Demnach gab es über 16 000 Fälle, in denen Menschen die Dienste der Volksanwaltschaft angenommen haben. Das sind immerhin um 400 Be­schwerden mehr als im Jahr zuvor.

Wenn ich hier eine Aufschlüsselung der über 16 000 Beschwerdefälle vornehme, so betreffen etwa 10 745 Fälle den Bereich der öffentlichen Verwaltung, und in 5 444 Fäl­len erwies sich die Volksanwaltschaft für nicht zuständig. Die Volksanwaltschaft wird immer wieder mit familienrechtlichen Problemen zwischen Privatpersonen, etwa im Zusammenhang mit Scheidungen und Scheidungsfolgen, beauftragt.

In weiteren 4 243 Fällen konnten keine Prüfungsverfahren eingeleitet werden. Von den eingeleiteten 6 500 Prüfungsverfahren bezogen sich in etwa 4 107 auf die Bundes­verwaltung, 2 300 in etwa richteten sich gegen die Landes- und Gemeindeverwaltung.

Abgeschlossen werden konnten im Berichtsjahr 2004 7 581 Prüfungsverfahren. In immerhin 3 626 geprüften Fällen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sahen die drei Volksanwälte keinen Anlass für eine Beanstandung.

Ich möchte mich abschließend bei Ihnen für die beratende Tätigkeit auch in meinem Wahlkreis bedanken. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


20.33.09

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Meine Dame und meine Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Angesichts von 16 000 Geschäftsfällen fällt es leicht, Danke zu sagen. Man fragt sich auch, wie viel Mühe notwendig ist, um diese zu bewerkstelligen und so zu bearbeiten, dass die Betreffenden auch davon profitieren. Wir haben es gehört – auch von meiner Seite hier entsprechend Dank an die Mit­arbeiter und an die Volksanwaltschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben die Aufgabe, darüber nachzudenken, ob die personelle Ressource der Volksanwaltschaft ausreicht, um auch weiterhin steigende


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Anforderungen in Zukunft zu erfüllen. Ich denke, dass wir für diesen Bereich gemein­sam sagen können, dass das Steuergeld vernünftig verwendet wird. Es gibt andere Gelegenheiten, wo man das Gegenteil zu sagen hat, aber in diesem Fall dürfen wir, so denke ich, einheitlich sagen, das Geld ist gut angelegt, wir danken gemeinsam noch einmal.

Wenn man sich den Bericht genauer ansieht, so fallen doch einige Dinge auf, die nicht unwidersprochen bleiben sollten. So führt Herr Volksanwalt Stadler zum Beispiel im Bereich für Justiz unter „Allgemeines“ Folgendes an:

„Generell negativ ist aufgefallen, dass seit dem Wechsel an der Spitze des Minis­teriums die verfassungsrechtlich vorgesehene Unterstützung der VA durch das BMJ nachgelassen hat. Beispielsweise sei darauf hingewiesen, dass es nunmehr der VA erschwert ist in Gerichtsakten Einsicht zu nehmen. Wurden früher solche Akten der VA problemlos im Wege des BMJ übermittelt, vertritt das BMJ nunmehr die Auffassung, dass eine Gewährung der Akteneinsicht ein Akt der unabhängigen Rechts­prechung sei, welcher nur vom zuständigen Richter gewährt werden könne. Diese Haltung widerspricht eindeutig der verfassungsrechtlichen Anordnung des Art. 148b Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz.“

Ich denke, wenn solche Dinge für die Zukunft einreißen, dann sollten wir schon bei­zeiten darüber nachdenken, ob wir nicht die Schienen besser so zu legen haben, dass die Volksanwaltschaft ungehindert wird arbeiten können.

Nächster Punkt, Kolleginnen und Kollegen: Herr Volksanwalt Kostelka stellt fest: „Verbrechensopfergesetz – unzureichende Hilfe für die Opfer von Straftaten“.

Nicht oft, aber doch ist es der Fall, dass letztendlich Unterstützungen, die für Opfer von Verbrechen hätten herangezogen werden können, verspätet angefordert werden und somit auch teilweise verfallen. Dagegen etwas zu tun sind wir aufgefordert.

Die legislative Anregung der Volksanwaltschaft zum Beispiel an das Bundeskanzleramt bezüglich Angleichung der Verjährungsfrist nach dem Amtshaftungsgesetz – zehn Jahre – an die Verjährungsfrist nach dem bürgerlichen Recht – 30 Jahre – wurde bisher nicht aufgegriffen.

Die Erarbeitung – und das ist wichtig – von Leitlinien zur Öffentlichkeitsarbeit der Bun­desregierung oder einzelner Bundesminister ist zwar von der Volksanwaltschaft empfohlen und angeregt worden, hat aber bei den zuständigen Stellen keinen Widerhall gefunden.

Wenn Kollege Bösch zum Beispiel meint, beim Österreich-Konvent wäre es vermehrt möglich gewesen, gestaltend mit einzuwirken, darf ich festhalten: Die Sozialdemo­kraten sind nicht dagegen, dass die Befugnisse der Volksanwaltschaft ausgeweitet werden sollen (Abg. Dr. Fekter: Sicher! – Abg. Scheibner: Sie haben gesagt, dass jeder Konsens aufgehoben ist! Sie haben Ihre Vertreter im Regen stehen gelassen!), die Frage ist nur, meine Damen und Herren, was der Effekt aus Ihren Vorhaben letztendlich ist. Wenn wir eine Behinderung der Volksanwaltschaft daraus erkennen, sind wir dafür nicht zu gewinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

 


20.37.05

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Ich habe in diesem Bericht der Volksanwaltschaft gefunden, dass eine Enquete abgehalten wurde zum


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Thema „Bedarfssicherung durch Sozialhilfe – Impulse zur effektiven Armutsbekämp­fung“. Die Volksanwaltschaft hat angeregt, die sehr unterschiedliche Sozialhilfe zu verein­heitlichen.

Ich habe mir angesehen, wie denn das österreichweit ausschaut. Die niedrigste Sozial­hilfe, das heißt, die größte Armutsfalle besteht in Wien. (Ah-Rufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Gaál.) Wien hat die niedrigste Sozialhilfe, sie beträgt 405 €; in Oberösterreich beispielsweise beträgt sie 532 €. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die zweitniedrigste Sozialhilfe gibt es in Salzburg, gefolgt vom Burgenland.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie! Da wäre wirklich Handlungsbedarf gegeben. Vereinheitlichung kann nämlich nicht heißen, nach unten zu nivellieren, womöglich auf Wiener Niveau. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kräuter hat heute die Informationspolitik der Bundesregierung kritisiert. Herr Kollege Kräuter, ich halte das für ziemlich eigentümlich, wenn ich nach Wien schaue. Ich zitiere den „Kurier“:

„Das Demokratieverständnis der SP sei dem in kommunistischen Diktaturen nicht unähnlich.“ Anfragen an die Stadträte werden nicht beantwortet, wenn es darum geht, „wie hoch die Ausgaben des Presse- und Informationsdienstes der Stadt für Eigen­werbung sind“. Die Rede ist unter anderem von Herrn Bürgermeister Häupl und Herrn Stadtrat Mailath-Pokorny.

Herr Kollege Kräuter, legen Sie einmal diese Zahlen auf den Tisch, und dann schauen wir uns die Verschwendungspolitik an, die dort betrieben wird! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kräuter: Stimmen Sie dem Antrag zu!)

20.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler.

 


20.39.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Rosemarie Bauer! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz besonders aufgefallen bei dem Bericht ist mir, dass im Bereich des Verkehrsressorts die Zahl der Beschwerden von 2003 auf 2004 um 25 Prozent angestiegen ist und dass dies insbesondere Beschwerden gegen die Befristung von Lenkberechtigungen betrifft. Es stand auch sehr viel darüber in den Zeitungen zu lesen. Besonders zahlreich waren hier die Beschwerden gegen Entscheidungen des Verkehrsamtes Wien.

Die Volksanwaltschaft hat dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass es vor allem für die ärmere Bevölkerung eine enorme finanzielle Belastung bedeuten kann, Kon­trolluntersuchungen mit Kosten von bis zu 500 € durchführen zu lassen, und dass solche Befristungen vor allem für ältere Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, um noch halbwegs mobil zu sein, und die ja auch meist keine Gefährdung für die Verkehrssicherheit darstellen, eine Bedrohung ihrer Lebensqualität bedeuten.

Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes haben ja schon klargestellt, dass die Befristung nur dann durchgeführt werden darf, wenn damit gerechnet werden muss, dass tatsächlich eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintreten wird, aber nicht für den Fall, dass dies nur nicht ausgeschlossen werden kann. Das betrifft vor allem Diabetiker und Personen mit Bluthochdruck.

Außerdem hat die Volksanwaltschaft darauf hingewiesen, dass auch die Gutachten der Amtsärzte von der entscheidenden Behörde kritisch zu überprüfen sind und nicht


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einfach übernommen werden dürfen und dass außerdem der Auftrag zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens nicht willkürlich erteilt werden darf, zum Beispiel auf Grund einer anonymen Anzeige, sondern nur auf Grund von Tatsachen, die der Behörde bekannt sind.

Sie haben damit einen sehr wesentlichen Beitrag zu Rechtssicherheit in diesem für die Bevölkerung sehr wichtigen Bereich geleistet, und dafür möchte ich der Volksan­waltschaft sehr herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Volksanwalt Mag. Stadler. – Bitte.

 


20.41.53

Volksanwalt Mag. Johann Ewald Stadler: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident! Als turnusmäßiger Vorsitzender der Volksanwaltschaft darf ich auf die aufgeworfenen Fragen kurz eingehen.

Herr Abgeordneter Donabauer! Die Zahl der Anbringen, die bei der Volksanwaltschaft eingelangt sind, hat sich in der jetzigen Zusammensetzung der Volksanwälte im Vergleich zu seinerzeit praktisch fast verdoppelt. Wir haben auf hohem Niveau eine Zahl der Anbringen bis heute, auch im Jahr 2005, in Höhe von etwa 17 000 Fällen zu verzeichnen. Ich nehme an, dass das stabil so bleiben wird und daher die Inan­spruchnahme der Volksanwaltschaft auf diesem Niveau auch für die Zukunft sicher­gestellt ist.

Unzuständigkeitserklärungen sind immer auch mit einer Prüfung verbunden, das ist vollkommen richtig, aber auch mit einer Aufklärung. Wir legen sehr großen Wert darauf, dass auch Bürger, die sich unzuständigerweise an die Volksanwaltschaft wenden, mit einem Mindestmaß an Aufklärung durch die Volksanwaltschaft bedient werden.

Der Vergleich der Beschwerdezahlen zwischen Wien und Tirol hinkt, weil in Tirol eine landesvolksanwaltschaftliche Einrichtung vorhanden ist und in Vorarlberg ein Landesvolksanwalt installiert ist.

Frau Abgeordnete Mag. Stoisits! Die Frauenquote ist in der Volksanwaltschaft vor allem in der Mitarbeiterschaft durchgängig sichergestellt. Wir sind also einer der weni­gen Bereiche, wo die entsprechende Frauenquote in der Mitarbeiterschaft gewähr­leistet ist. Zu Beginn der Tätigkeit der Volksanwaltschaft war es allerdings eine ausschließliche Männerbesetzung. Es waren damals die Volksanwälte Bauer, Weisz und Zeillinger. Zu Beginn war es eine reine Männereinrichtung, aber dann haben wir immer wieder Damen, die wertvolle Arbeit geleistet haben, wie meine Kollegin Bauer, in der Volksanwaltschaft gehabt.

Große Kontrollbereiche werden uns tatsächlich entzogen, meine Damen und Herren, und ich mache darauf aufmerksam, dass das nicht ein Anliegen ist, um unsere Daseinsberechtigung unter Beweis zu stellen, oder weil Gefahr bestünde, dass es den Volksanwälten langweilig werden könnte in der Einrichtung, sondern es ist ein Problem, dass der Rechtsschutz suchende Bürger über die Volksanwaltschaft diesen Rechtsschutz nicht mehr bekommen kann, wenn er sich im Kommunalbereich, etwa über Bädertarife, Bäderordnungen, bei Tourismusbetrieben, bei Museen im Kom­munalbereich, aber auch bei den Österreichischen Bundesbahnen oder bei der Gebührenverrechnung im Rahmen der GIS oder in Angelegenheiten der Bundesforste bei der Volksanwaltschaft beschweren möchte.


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139. Sitzung / Seite 214

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich bitte Sie, zu bedenken, dass mit jeder dieser Auslagerungen immer auch ein Kontrollverlust so lange verbunden sein wird, solange sich das Hohe Haus nicht dazu verstehen kann, die Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft danach zu gestalten, welche Prüfkompetenzen der Rechnungshof bei diesen ausgelagerten Einrichtungen hat.

Frau Abgeordnete Sburny hat zu Recht auf die Anfechtung der Gastgartenverordnung des Landes Steiermark hingewiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat sich daraufhin auf ein Normprüfungsverfahren eingelassen und die maßgebliche Bestimmung in der Gewerbeordnung aufgehoben. Nunmehr ist das eine Sache der Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich, wo sie ursprünglich schon hingehört hätte. Aber der entscheidende Punkt ist nicht, wer die Verordnung erlässt, sondern der entscheidende Punkt ist, dass vorher ein Prüfverfahren durchgeführt werden muss. Das ist nämlich in keinem Bundesland bisher der Fall gewesen. Man darf nämlich nicht nur die Interessen der Tourismuswirtschaft, des Tourismus und der Gastronomie sehen, sondern man muss auch die Interessen der ortsansässigen, insbesondere innerstädtischen Bevöl­kerung sehen, die vor allem in den Sommermonaten durch die Gastgärten erheblich zu leiden hat, und ebenso die Interessen der sonstigen öffentlichen Einrichtungen wie Spitäler, Schulen und dergleichen mehr, wie sie ja auch im Gesetz an sich aufgezählt sind.

Eine derartige Prüfung hat es früher im Vorfeld der Erlassung einer solchen Sperr­zeitenverordnung in keinem Fall gegeben. Wir hoffen, dass das zukünftig über die neue Kompetenz durch die Gemeinden im Verfahren vor Erlassung einer Verordnung sichergestellt werden kann.

Herr Abgeordneter Prähauser hat auf einen wunden Punkt hingewiesen, auf den ich hier noch einmal hinweisen möchte. Die Bundesverfassung regelt ganz eindeutig, dass auch alle Gerichte zur Auskunftserteilung gegenüber der Volksanwaltschaft verpflichtet sind. Es steht den Gerichten nicht zu, zu überprüfen, ob die Volksanwaltschaft jetzt einen Prüfakt braucht oder nicht. Die Verfassung legt hier keinen Maßstab an, wo die Gerichtsinstitutionen selbständig eine diesbezügliche Prüfung durchzuführen hätten, ob sie jetzt eine Auskunft an die Volksanwaltschaft erteilen oder ob sie einen gewünschten Akt übersenden oder nicht.

Ich habe einen praktischen Fall im Zusammenhang mit der Prüfung einer Beschwerde im Bereich des Bundesministeriums für Inneres, wo es für den Prüffall entscheidend war, auch den Gerichtsakt zu bekommen, um beurteilen zu können, ob die Prüfung im Bereich des Disziplinarrechtes des Bundesministeriums für Inneres entsprechend richtig abgewickelt wurde. Ich möchte jetzt auf die Details dieses Falles nicht eingehen, aber es steht – ich betone das noch einmal – den Gerichten nicht zu, zu überprüfen, ob das oberste Organ der Republik zur Verwaltungs- und Missstandskontrolle einen Gerichtsakt braucht oder nicht. Das müssen wir selbst entscheiden und tun dies auch. Den entsprechenden Umgang mit Gerichtsakten kann man uns getrost überlassen.

Ich bitte überhaupt, zu sehen, dass ein Grundrechtsverständnis im Bereich des Bun­desministeriums für Justiz, das heißt nicht im Ministerium selbst, sondern insbesondere bei den Gerichten, immer noch sehr stark zu wünschen übrig lässt.

Ich möchte mich namens meiner beiden Kollegen für die anerkennenden Worte und Debattenbeiträge bedanken. Ich darf mich auch namens unserer Kollegen und Mitar­beiter der Volksanwaltschaft für Ihre Anerkennung und für Ihr Lob, das wir heute hier erfahren haben und mit überbringen werden, herzlich bedanken. (Allgemeiner Beifall.)

20.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

 



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20.47.54

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volkanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich für Ihre Arbeit bedanken, nicht nur für die, die Sie machen, sondern auch für jene, die Ihre MitarbeiterInnen machen, weil es jedes Jahr wieder eine Bestätigung dafür ist, wo die Sorgen und Nöte der Menschen liegen. Diese sind hier in diesem Bericht festgehalten, und ich glaube, Sie haben niemanden, der es nicht absichtlich will, übersehen.

Schon allein die Tatsache, dass es 16 000 Fälle im Jahr gibt, zeigt, wie groß der Bedarf ist und vor allem wie groß der Unmut der Bevölkerung darüber ist, dass sie überhaupt zu Ihnen kommen muss, um zu ihrem Recht zu kommen.

Erfreulich ist, dass Ihr Angebot für viele Menschen eine sehr niederschwellige Einrich­tung ist, dass man sich also auch hintraut, um dort seine Probleme und die Missstände vorzubringen. Das finde ich sehr wichtig. Ich glaube, auch die Sendung, die Sie jede Woche machen, ermutigt sehr viele Menschen, zu sagen: So, und jetzt mache ich das auch, denn anders komme ich nicht durch! Dieses Zusammenspiel ist in Summe, wie ich meine, ganz wichtig, um der Bevölkerung auch die Chance zu geben, ihre Rechte einzufordern.

Was den Bericht betrifft, ist es, muss ich sagen, bedauerlich, dass gewisse Dinge sich jedes Jahr wiederholen. Ich habe bereits den letzten Bericht zum Anlass genommen und zur Änderung von vielen Dingen, die dort aufgezeigt worden sind, wo es noch Missstände gibt, entsprechende Entschließungsanträge eingebracht.

Als Beispiel möchte ich nur den Pflegegeldbezug im Antrags- beziehungsweise im Sterbemonat anführen. Ich habe bereits vor Jahren einen Antrag eingebracht, dass es Pflegegeldanspruch im Antrags- und Sterbemonat geben soll. Es haben ÖVP und FPÖ beziehungsweise BZÖ – das muss ich bedauerlicherweise dazusagen – diesen Antrag zwar nicht abgelehnt, aber sie machen es leider so, dass sie eine Behandlung seit Jahren vertagen und deshalb keine Lösung erzielt werden kann, und das finde ich bedauerlich.

Diese Problematik kennen wir, diese Problematik kennt auch die Bundesregierung – mit dem Unterschied, dass die Bundesregierung sagt: Wir kennen diese Problematik, aber das ist uns Wurscht!, und deshalb wird ständig vertagt. Das soll aber nicht die Lösung sein, denn die Volksanwaltschaft legt ihre Berichte nicht deshalb vor, damit dann alle sagen: Es ist uns Wurscht, was da drinnen steht! Diese Berichte sollten eigentlich dazu ermuntern, entsprechend zu handeln, um diese Missstände abzustellen beziehungsweise diese Unklarheiten zu beseitigen.

Eine der Unklarheiten, die in dem vorliegenden Bericht auch wieder sehr stark zum Ausdruck gekommen ist, ist die leidige Geschichte mit dem Behinderten­einstellungs­gesetz. Es ist wirklich so – und wir Grünen waren dagegen –, dass die Kündigungszeit bei Einstellung von behinderten Menschen auf sechs Monate erhöht worden ist. Es gibt keine andere Gruppe von Menschen, der man zumutet, sechs Monate Probezeit zu machen. Das ist eine Diskriminierung, die ausschließlich für Menschen mit Behinde­rung geschaffen worden ist.

Viele Menschen glauben: Jetzt hab’ ich den Job, das passt schon, denn jetzt habe ich einen Kündigungsschutz! Nach fünf Monaten kommen sie jedoch drauf, dass das ein Irrtum war. Sie fliegen raus und haben gar nichts. Sie haben in der Regel keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil sie vorher meistens nicht gearbeitet haben und dieser Anspruch somit nicht gewährt werden kann. Dazu kommt noch, dass viele dadurch auch ihre Familienbeihilfe, die sie vorher hatten, verlieren. Das heißt, sie stehen hinterher schlechter da als vorher. – Auch dieses Problem ist bekannt, dessen


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Lösung wird aber von den Regierungsparteien nicht in Angriff genommen. Selbst das ist Ihnen Wurscht. Sie meinen, irgendwie werde es schon gehen.

Auch in Bezug auf die Hilfsmittelkostenrückerstattung, also die Rückerstattung von Kosten für den Umbau von Autos, für den Umbau von Wohnungen, für Duschstühle, um nur simple Dinge zu nennen, gibt es immer wieder große Probleme dahin gehend, dass die Betroffenen diese Hilfsmittel auch entsprechend finanziert bekommen. Manch­mal muss man den Kostenvoranschlag im Vorhinein einreichen, oder es heißt, man soll nicht vor Gewährung der Kostenrückerstattung zahlen. Es gibt viele solcher Geschichten. Dann irgendwie zu seinem Geld zu kommen, ist nicht einfach. Es gibt da große Probleme, die von der Volksanwaltschaft vor wenigen Wochen in einer ihrer Sendungen am Beispiel eines Autoumbaus auch aufgezeigt worden sind. Ich meine, das kann doch nicht sein, das ist echt ein Witz, dass man sich der Volksanwaltschaft bedienen muss, um solche Selbstverständlichkeiten, sage ich jetzt einmal, finanziert zu bekommen.

Auch im Bereich der Pflegegeldeinstufungen – und das stimmt, das sagen wir immer wieder – gibt es noch gravierende Missstände, weil Personen teilweise viel niedriger eingestuft sind, als ihnen tatsächlich zusteht. Es folgt dann wieder ein langer Weg des Verfahrens, die Leute bekommen einen verminderten Pflegegeldbetrag und können ihre Assistenz nicht bezahlen.

Es gäbe noch jede Menge an Fakten, die man hier vortragen könnte, es reicht aber leider die Zeit nicht aus.

Etwas möchte ich doch noch erwähnen, und zwar den so genannten § 29b StVO. Dieser regelt die Erteilung von Parkausweisen, die man bekommt, wenn man gehbe­hindert ist. Dass es da völlig unterschiedliche Handhabungen bei den einzelnen Aus­stellern gibt, wissen wir. Es gibt Bundesländer, da gibt es überhaupt kein Problem, diesen Parkausweis zu bekommen. Dann gibt es Gemeinden, da bekommt man ihn überhaupt nicht, und in den Städten ist das ganz unterschiedlich. Es kommt immer darauf an, wie viele Behindertenparkplätze es gibt und wie viele Ausweise schon ausgestellt worden sind. Danach wird dann entschieden, ob es noch einen weiteren Ausweis gibt oder nicht.

Auch diese Situation ist unhaltbar, denn ich denke, dass es selbstverständlich sein muss, dass gehbehinderte Menschen, die diesen Ausweis brauchen, ihn auch bekom­men müssen – unabhängig davon, ob jetzt schon dreimal so viele Ausweise ausgestellt worden sind, als Parkplätze vorhanden sind, oder nicht.

Das alles sind Dinge, die zu ändern sind. Ich ersuche Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, daher, diesen Bericht endlich ernst zu nehmen und Maß­nahmen, die immer wieder angeführt werden, umzusetzen, damit sie nicht nächstes und übernächstes Jahr wieder aufgelistet werden müssen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

20.55.00

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Prähauser hat gesagt, an der SPÖ sei es nicht gelegen, dass wir keine Einigung im Verfassungs-Konvent gerade in der Frage der Volksanwälte erzielen konnten.

Herr Kollege Prähauser! Ich glaube, Sie sitzen auch in dem Sonderausschuss, der die Ergebnisse oder Nicht-Ergebnisse des Verfassungs-Konvents behandeln soll. Dort ist


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das letzte Mal ganz klar zutage getreten, wer da keine Lösung haben will. Das sind Sie!

Wir haben gesagt: Wir stehen zu den konsensualen Bereichen im Verfassungs-Kon­vent! Wir haben 19 Monate lang gearbeitet. Ihr Vertreter, Kollege Prähauser, war Volksanwalt Kostelka, der dort gerungen hat um Kompromisse, der gearbeitet hat, der dort auch die Volksanwaltschaft vertreten hat. Was hören wir jetzt – leider, muss ich sagen, Kollege Kostelka – von der SPÖ? Ich habe noch gefragt: Bitte, was ist das, Kollege Kostelka hat da Konsense errungen? Herr Abgeordneter Wittmann und einige anderen haben darauf gesagt: Es interessiert uns nicht, was Volksanwalt Kostelka dort verhandelt hat! Das interessiert uns nicht! Für uns gilt nur das SPÖ-Programm, das wir vor dem Konvent dort eingebracht haben! – Das ist Tatsache, meine Damen und Herren, natürlich stimmt das!

19 Monate Arbeit im Verfassungs-Konvent von uns und von Ihrem Verhandlungsführer im Präsidium, Kostelka, waren umsonst, weil Sie im Ausschuss sagten, es interessiere Sie nicht, was Volksanwalt Kostelka dort auch für die Reform der Volksanwaltschaft verhandelt hat! Das ist das Problem. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!) Wenigstens bei einer Diskussion rund um die Volksanwaltschaft sollte man bei der Wahrheit bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Der Beitrag war sehr wesentlich!)

20.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Broukal. – Bitte.

 


20.56.40

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Ich möchte kurz auf die Aus­sagen von Frau Abgeordneter Fekter replizieren.

Frau Kollegin Fekter! 405 € betrage die Sozialhilfe in Wien, sagten Sie. (Abg. Dr. Fekter: Ja!) Ich darf Ihnen Folgendes berichten. (Abg. Dr. Fekter: Ohne Zu­schläge!) Aha, ohne Zuschlag. Also wir reden nicht über den Mietzuschlag, und wir reden auch nicht über den Heizkostenzuschlag. Darüber reden wir nicht, das ist aber nicht so übel. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich rede aber auch darüber, und ich sage Ihnen: Die Zahl der Wiener Sozialhilfe­empfänger, die Eigenheimbesitzer sind und einen eigenen Wald zum Schlägern haben, ist relativ gering. Das weiß man vielleicht in Vöcklabruck nicht so genau, in Wien aber schon.

In Wien haben Menschen, die Sozialhilfe beziehen, in der Regel eine Mietwohnung und beziehen Heizbeihilfe. Daher bekommen alleinstehende Sozialhilfeempfänger in Wien 712 €, Alleinerzieher mit drei Kindern 1 102 € und Ehepaare ohne Kinder 942 € an Sozialhilfezuwendungen der Stadt Wien. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie kennen sich aber genau aus!) Mit heutigem Tag sind diese Beträge um 5,3 Prozent erhöht worden – die größte Erhöhung in Wien. (Abg. Neudeck: Und die Strom- und Gaspreise um wie viel Prozent?)

Ich würde mir von Ihnen, Frau Mag. Fekter, wünschen, weil ich Sie so lange kenne und schätze, dass Sie ein Mindestmaß an intellektueller Redlichkeit hätten, wenn Sie hierher ans Rednerpult gehen, und nicht solchen Blödsinn behaupten würden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. (Ruf bei der ÖVP – in Rich-


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tung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Wittmann –: Bleib bei der Wahrheit! – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch. – Abg. Fauland: Er gehört vereidigt!)

 


20.58.15

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Dame, sehr geehrte Herren von der Volksanwaltschaft! Abgeordneter Scheibner hat in seiner Rede behauptet, die SPÖ hätte im Sonderausschuss, in dem die Konvents-Ergebnisse dis­kutiert werden, den Konsens verlassen. – Wir haben den Konsens selbstver­ständlich nicht verlassen (Abg. Neudeck: Den eigenen, den innerparteilichen!), sondern wir haben festgestellt, dass wir uns natürlich an alle Ergebnisse halten werden, aber dass das Ergebnis des Konvents nur dann ein Ergebnis ist, wenn über alle Themen ein Konsens erreicht wird und nicht über Einzelthemen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Ich habe gesagt, das ist euch egal, was der Kostelka verhandelt hat!)

20.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, den vorliegenden Bericht III-160 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von Regelungen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit, der Antrag ist damit abgelehnt.

20.59.5315. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bundesrates (1282 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz geändert wird (1311 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bundesrates (1287 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­vertrags­rechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1312 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1280 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geän­dert wird (1310 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 15 bis 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Leutner. – Bitte.

 


21.00.49

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir haben durch den Einspruch des Bundesrates heute noch einmal die Gelegenheit, eine Entwicklung gemeinsam zu diskutieren, die in den letzten Wochen – wie ich meine, zu Recht – auch öffentlich angeprangert worden ist.

Unfaire Vertragsklauseln setzen die ArbeitnehmerInnen auf dem Arbeitsmarkt immer mehr unter Druck. Die Situation ist einfach so, meine Damen und Herren: Wenn man sich teilweise mit 70 Mitbewerbern um einen Arbeitsplatz bemühen muss, dann unter­schreibt man alles, was einem vom Arbeitgeber vorgelegt wird, wenn man diesen Arbeitsplatz erhalten will – auch unfaire Klauseln in Vertragsformularen.

Da werden jetzt auch schon richtige Gift-Cocktails gegen die ArbeitnehmerInnen gebraut, meine Damen und Herren. Willkürliche Änderungen des Arbeitsortes, wodurch auf einmal Hunderte von Kilometern zurückgelegt werden müssen, werden mit undurchsichtigen Pauschalentlohnungen und einseitigen Arbeitszeiteinteilungen gemischt. Dazu kommen die berühmten Konkurrenzklauseln, die Ausbildungskosten­rückersätze, und als Draufgabe – das habe ich selbst gesehen – gibt es Vertrags­strafen, die den Arbeitnehmern bis zu Tausenden von Euro aufbrummen, wenn sie sich nicht nach den Wünschen der Arbeitgeber richten. – Das ist, meine Damen und Herren, ein Massenphänomen aus allerjüngster Zeit, das hat es früher in diesem Maße nicht gegeben.

Wenn wir uns heute fragen, meine Damen und Herren: Haben wir mit dem vorlie­genden Gesetzentwurf, mit den Vorlagen, die wir vor uns liegen haben, eine adäquate Antwort auf diese Entwicklung gegeben?, so lautet die Antwort eindeutig nein!

Für mich, Herr Minister, ist es unverständlich, dass von den insgesamt schon sieben nachteiligen Vertragsklauseln, die wir bereits zählen, in dem vorliegenden Gesetz­ent­wurf gerade einmal ganze zwei behandelt werden, nämlich die Konkurrenzklauseln und der Ausbildungskostenrückersatz. Alle anderen Klauseln – das müssen wir heute hier feststellen – können nach wie vor systematisch gegen die ArbeitnehmerInnen draußen in der Arbeitswelt angewandt werden, und das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Verbesserung bei den Konkurrenzklauseln – die einzige, die Sie dann anführen werden; davon gehe ich aus – erreicht, bei Licht besehen, wenn man die Werte anschaut, nicht einmal die Schutzstandards aus dem Jahre 1920. Das ist die Ver­besserung, die wir heute hier diskutieren.

Ganz unverständlich ist mir allerdings folgender Punkt, und da sind auch Sie, Herr Minister, angesprochen: dass beim Ausbildungskostenrückersatz nicht nur keine Ver­besserungen im Gesetz enthalten sind, sondern zwei ganz ausdrückliche Verschlech­terungen für die ArbeitnehmerInnen gegenüber der jetzigen Situation.

Erstens wird – das ist sehr bekannt geworden – die Frist für die Rückforderung von Ausbildungskosten seitens des Arbeitgebers von drei auf fünf Jahre verlängert; drei Jahre ist die jetzige Gerichtspraxis. – In einer Zeit, in der sich die Halbwertszeit des Wissens immer schneller verringert, eine völlig verquere Vorgangsweise der Bun­desregierung! Was uns besonders stört, meine Damen und Herren, ist, dass Sie das Gesetz jetzt so abgefasst haben, das, abgesehen von den Ausbildungskosten­rück­ersätzen, auch noch der Lohn während der Ausbildungszeit rückverlangt werden kann.


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Nach der Weise, wie dieses Gesetz formuliert ist, werden alle Arbeitnehmer Vertrags­formulare vor sich haben, wonach die Arbeitgeber für diese Zeiten auch Löhne zurück­verlangen können, darauf können Sie sich schon gefasst machen! – Wieder ein Schutz für die Arbeitgeber und das genaue Gegenteil von dem, was wir hier eigentlich brauchen.

Wir haben Ihnen in den öffentlichen Diskussionen und auch in den Diskussionen im Ausschuss immer wieder angeboten, mit uns gemeinsam, und zwar auch auf Sozialpartner-Ebene, umfassend Lösungen für das Problem zu erarbeiten. Aber das, was Sie heute machen, ist völlig unzureichend, bringt sogar einzelne Verschlech­terungen, deutliche Verschlechterungen für die Arbeitnehmer und ist auch schlecht gemacht. Wir haben eine Chance vertan. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

 


21.05.15

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Zustände, die in den letzten Jahren in Teilen der Arbeitsmärkte eingerissen sind, hat Kollege Leutner richtig geschil­dert. (Abg. Riepl: Und Sie haben keine Antwort darauf!)

Es gibt unfaire Vertragsklauseln. Seit 6. Dezember liegt, vom Nationalrat beschlossen, eine deutliche Verbesserung auf dem Tisch, was den Bereich der Konkurrenzklauseln betrifft. Ein Großteil der Arbeitnehmer wird überhaupt aus der Möglichkeit, so etwas vorgelegt zu bekommen, herausgenommen, und bei den so genannten Ausbildungs­kosten-Rückersätzen wird das Unding, dass man ganz normale Einschulungen als besondere Ausbildungskosten taxiert, abgeschafft. Die Vertragsfreiheit wird hier zu Gunsten der Arbeitnehmer ganz deutlich eingeschränkt. – So weit, so gut.

Aber was nützt es, wenn soziale Verbesserungen nicht stattfinden dürfen, weil sie von Seiten der sozialdemokratischen Gewerkschafter jahrelang verschlampt und ver­schla­fen wurden? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: So ein Blödsinn!) Dann greift man doch lieber zu dem Mittel des Einspruches des Bundesrates – auch Kollege Leutner ist uns die Erklärung schuldig geblieben, welche Länderinteressen hier eigentlich tangiert werden. Aber das soll so sein! Da werden Arbeitnehmerinteressen aufs Spiel gesetzt, weil es parteipolitisch nicht passt.

Dass Ihnen, meine Damen und Herren, die Arbeitnehmer völlig egal sind, wissen wir ja nicht erst seit dem Fall AMAG, wo auf dem Rücken der Leute Geld verprasst wird, nicht erst seit dem Fall BAWAG, wo Gewerkschaftsgelder im Ausland verspekuliert werden, aber vor etwas möchte ich Sie, bitte, warnen: Benützen Sie nicht die Arbeiterkammer als Propagandainstrument der SPÖ! Benützen Sie nicht die Arbeiterkammer dazu!

Sie wissen und Sie verlassen sich darauf, dass wir zu den Instrumenten der gesetz­lichen Interessenvertretung stehen, aber überspannen Sie den Bogen nicht! (Abg. Riepl: Ist das eine Drohung?) Die Stimmen werden stärker, die ich täglich höre – die ich täglich höre! –, dass sich Leute fragen, warum aus ihren Zwangsbeiträgen die Propaganda der SPÖ finanziert wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Verlassen Sie diesen Kurs, meine Damen und Herren! Sie können mit gutem Gewis­sen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember bestätigen, damit Verbes­serun­gen für die Arbeitnehmer in Kraft treten können. Lassen wir uns durch SPÖ-


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Propaganda nicht davon aufhalten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesminister Dr. Bartenstein – in Richtung SPÖ –: Austrofaschismus? – Abg. Amon: Das ist unglaublich! Ich habe es gehört! – Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja eine groteske Rede!)

21.08


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm.

 


21.08.29

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Regierungsmitglieder! Herr Abgeordneter Tancsits, ich möchte schon noch einmal festhalten: Das, was Sie jetzt gemacht haben, war effektiv eine Drohung an die Arbeiterkammer.

Jetzt frage ich Sie: Was darf die Arbeiterkammer Ihrer Meinung nach noch? Nur mehr Regierungsarbeit bejubeln? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich bin der Erste, der kritisiert, wenn ich den Verdacht habe, dass die Arbeiterkammer eine SPÖ-Position vertritt oder nur für die SPÖ arbeitet, aber eines sage ich Ihnen schon: Die Rege­lungen, die Sie hier und heute zu den Konkurrenzklauseln, zum Ausbildungskosten­rückersatz beschließen, sind nicht nur innerhalb der Arbeitnehmervertretung ÖGB und der Arbeiterkammer umstritten, sondern auch innerhalb der Wirtschaft.

Das wissen Sie, und das macht offensichtlich auch den Grund dafür aus, dass Sie hier herausgehen und sagen: Arbeiterkammer, einmal noch, dann werden wir wieder die Debatte um die Zwangsmitgliedschaft führen! So haben Sie es jetzt formuliert. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Dann werden wir vielleicht die Debatte um die Absenkung der Beiträge wieder führen!

Sie bewegen sich auf den Spuren von Herrn Haider; das muss man in diesem Zu­sammenhang leider feststellen. Das hätte ich mir nicht gedacht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das hätte ich mir beim besten Willen nicht gedacht. Das ist einzigartig, Herr Kollege Tancsits!

Jetzt aber zum eigentlichen Thema, Herr Kollege Tancsits. Ich war, wie vielleicht einige andere auch, der Meinung, es müsste doch möglich sein, zum Thema Ausbildungs­kostenrückersatz, Konkurrenzklauseln eine gemeinsame Position aller Parteien zu for­mulieren, wo doch alle Parteien der Meinung sind, dass Ausbildungskosten und Kon­kurrenzklauseln so, wie es sie jetzt in der Praxis beziehungsweise bei den Konkurrenz­klauseln de iure gibt, nicht mehr haltbar sind. Ich war der Meinung: Schließen wir Konkurrenzklauseln und Ausbildungskostenrückersatz generell aus und machen das nur mehr in Ausnahmefällen, in genau definierten Ausnahmefällen möglich!

Beispiel: das von Ihnen immer wieder zitierte Beispiel bei der Pilotenausbildung. – Ja, ich bin der Meinung, eine Pilotenausbildung, die man sich etwa durch das öster­reichische Bundesheer finanzieren lässt, kann nicht dazu führen, dass man dann bei der AUA entsprechende Honorarforderungen stellt und das Bundesheer – oder wer auch immer – als Ausbildungsträger durch die Finger schaut. Da geht es um eine wirklich extrem kostspielige Ausbildung. Die gibt es auch in anderen Bereichen – nicht nur bei der öffentlichen und privaten Wirtschaft, sondern auch bei der privaten und privaten Wirtschaft. Da soll man etwas machen.

Aber: Definieren Sie es doch, Herr Kollege Tancsits! Was Sie da machen, das ist ja reine Quacksalberei. Sie sagen: Wir unterscheiden jetzt zum ersten Mal zwischen Einschulung und Ausbildung! – Nichts unterscheiden Sie! Sie haben wohl den Terminus „Einschulung“ drinnen, aber worin sich eine Einschulung von einer Ausbil­dung unterscheidet, das ist im Gesetz nicht definiert.


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Ich könnte Ihnen Dutzende anderer Beispiele aus diesem kurzen Novellierungstext anführen, wo Sie schlampig gearbeitet haben, wo Sie genau das nicht gemacht haben.

Nächstes Beispiel: Tatsächliche Ausbildungskosten müssen rückerstattet werden. – Was sind denn tatsächliche Ausbildungskosten? Dazu gibt es eine Judikatur. Was machen Sie? – Sie machen die Judikatur zum Gesetz, definieren es aber nicht. – Das ist schlampig! So kann man nicht arbeiten! So kann man kein Gesetz formulieren! Wenigstens in den Erläuterungen hätten Sie das tun können, aber nicht einmal dort haben Sie es geschafft.

Tatsächliche Ausbildungskosten sind nicht definiert. Nicht definiert ist auch, was es für einen Arbeitgeber heißt, wenn er sich einen Teil der Ausbildungskosten beispielsweise vom Finanzamt oder vom AMS zurückholen kann. Was darf er dann dem Arbeitnehmer an tatsächlichen Ausbildungskosten verrechne: das, was die Ausbildung gekostet hat, oder das, was die Ausbildung gekostet hat minus dem Betrag, den er selbst als Gratifikation oder Bonus erhalten hat? Selbstverständlich bin ich der Meinung, dass es nur das Letztere sein kann. – Das ist in der Gesetzesvorlage nicht definiert!

Was heißt das? – Wir haben dann ein Gesetz vorliegen, nach dem die Leute erst recht wieder zu Gericht gehen müssen und die Gerichte das definieren müssen, was Sie als Gesetzgeber nicht imstande waren, zu definieren. – So schaut es leider aus! Also ein schlechtes Gesetz.

Ich gebe zu, im Bereich der Konkurrenzklausel gibt es eine geringfügige Verbes­serung – erkauft um den Preis einer massiven Verschlechterung beim Ausbildungs­kostenrückersatz, wo die Fristen von drei auf fünf Jahre verlängert wurden. Ich sagen Ihnen: Alle Leute in der IT-Branche, inklusive der Leute in solchen Unternehmen, werden Ihnen „danken“ für das, was Sie da verbrochen haben. Anders kann man das nicht bezeichnen, wenn Ausbildungskosten statt maximal fünf Jahre lang ab jetzt acht Jahre lang zurückgefordert werden können und gleichzeitig auch noch das Entgelt während der Zeit, in der man auf Ausbildung war, zurückgefordert werden kann.

Wissen Sie, was das in der IT-Branche heißt, wo die Leute pro Jahr zwei, drei Aus­bildungsgänge machen und für jeden einen Monat oder drei oder vier Wochen dienstfrei gestellt sind, wissen Sie, was sich da innerhalb von fünf Jahren ansammelt, was da von einem Angestellten zurückgefordert werden kann?

Wissen Sie es? – Nein, ich glaube, Sie haben das überhaupt nicht bedacht, sondern haben sich gedacht: Machen wir irgendetwas! Da setzen sich der Walch und der Tancsits zusammen, vielleicht noch mit irgendeinem Beamten, dem man das dann aufs Auge drückt, damit er das später zu Papier bringt.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt sage ich Ihnen eines: Das ist schlampig! Das ist fahrlässig!

Ich danke abschließend dem Bundesrat dafür, dass er wenigstens diesen massiven Lapsus, den Sie schon wieder bei einem Gesetz gemacht haben, bei dem es über­haupt nicht dafür steht, nämlich, dass Sie es ohne Begutachtung und auch ohne Vorinformation des Ausschusses ein paar Stunden vor der Ausschusssitzung dem Ausschuss serviert haben, korrigiert hat, indem er ein formelles Begutachtungs­verfah­ren durchgeführt hat.

Sie regen sich über den Bundesrat auf, dass er Einspruch erhebt? – Der Bundesrat macht von seinem Recht Gebrauch, Beratungen mit allen Interessenorganisationen durchzuführen. Diese hat es in diesem Fall auch gegeben, und das allein ist schon positiv.


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Dazu sind Sie in solchen Fragen nicht mehr imstande. Das ist ein trauriges Zeichen für den Parlamentarismus! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


21.15.22

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesminister! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Öllinger, was mir bei dir gefallen hat, war, dass du doch zugegeben hast, dass im vorliegenden Gesetzentwurf etwas Positives enthalten ist – zum Beispiel die Kon­kurrenzklausel.

Diese gibt es ja schon seit 1921. Und ich glaube – und dies sei an die Adresse der Oppositionspartei SPÖ gerichtet –, dass die Probleme nicht erst seit gestern und nicht erst seit heute bestehen, sondern dass es sie schon seit Jahrzehnten gibt.

Da erhebt sich die Frage: Wieso hat die SPÖ während ihrer Alleinregierung in diesem Bereich nichts gemacht? Wieso ist sie nie auf die Idee gekommen, da etwas zu tun? Wieso hat die Gewerkschaft da nicht nach einer Änderung geschrieen? (Abg. Öllinger: Das interessiert mich jetzt nicht!) Da muss ich schon den Kollegen Tancsits unter­stützen, der da meinte, da läge der Verdacht nahe, dass der ÖGB und die AK eine SPÖ-Parteizentrale sind.

Ich würde eigentlich von der Gewerkschaft verlangen, dass man auch einmal das Positive in der Öffentlichkeit hervorhebt und bei dieser Gesetzesänderung ... (Abg. Öllinger – die Handbewegungen des Redners nachahmend –: Ihr müsst das positiv sehen!) – Kollege Öllinger, horch gut zu, denn sonst widersprichst du dir selbst! Vorhin hast du nämlich die Konkurrenzklausel positiv dargestellt.

Früher konnte der Arbeitgeber hergehen und – egal, wie das Dienstverhältnis gelöst worden ist – in Wirklichkeit zurückfordern, was er wollte. So war es. An mich sind viele Leute herangetreten und haben gesagt: Bitte, Kollege Walch, unternimm jetzt einmal etwas, denn das ist nicht mehr zum Aushalten!

Was haben wir dann gemacht? – Wir haben gesagt: Die Konkurrenzklausel gilt für jene, die unter 2 057 € verdienen, nicht.

Auch das an die Adresse der Opposition – ich habe mich erkundigt –: Es gilt die Höchst­bemessungsgrundlage von 2 057 € brutto für netto, und die Sonderzahlung wird da nicht abgezogen. Das ist nämlich auch in der Judikatur so drinnen, denn bei der täglichen oder wöchentlichen Höchstbemessungsgrundlage gibt es keine Sonder­zahlung abzuziehen. – Das ist der erste Punkt.

Der nächste Punkt ist: Bei Kündigung durch den Dienstgeber, bei gerechtfertigtem vorzeitigen Austritt und bei entsprechend kurzen Dienstverträgen gibt es den Ausbil­dungskostenrückersatz nicht. Betreffend Ausbildungskostenrückersatz muss ich wirk­lich sagen, dass man das nun wenigstens einmal gesetzlich geregelt hat. (Abg. Öllinger: Verschärft!) Man könnte immer alles besser machen, jederzeit kann man etwas besser machen, aber das ist der richtige Schritt, dass das eben gesetzlich geregelt ist und dass die Unternehmer nicht mehr das tun können, was sie wollen.

Erstens gibt es einen Betriebsrat im Betrieb. Zweitens muss dieser mit darauf achten, wenn jemand eingestellt wird und was auf dem Zettel steht. Drittens muss der Arbeitnehmer beim Ausbildungskostenrückersatz zuerst einmal unterschreiben.


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Man darf nicht alle Unternehmen in einen Topf werfen. Es gibt welche, die das ausnützen, das stimmt, aber wenn sich das herumspricht, dann wird nie mehr jemand bereit sein, in diesen Unternehmen eine Ausbildung zu machen.

Es ist jetzt auch geregelt, dass jene Ausbildungen, die in Abendkursen absolviert werden – ob das der Staplerschein ist oder etwas anderes –, nicht darunter fallen. Ich glaube, dass mit dieser Gesetzeslage der erste Schritt in die richtige Richtung gemacht wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.18.51

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Kollege Walch hat in seinem Redebeitrag behauptet, ich hätte die Konkurrenzklausel durchwegs positiv gesehen. (Abg. Walch: Ja eh!) – Das ist nicht richtig!

Ich habe bei der Konkurrenzklausel wohl eine kleine Verbesserung gegenüber dem Status quo gesehen, aber nicht eine durchgehende Verbesserung. (Abg. Neudeck: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Steibl: Ihr glaubt, weil ihr die Grünen seid, könnt ihr die ganze Zeit quatschen!)

Kollege Walch hat weiters behauptet, dass der jetzige gesetzlich geregelte Status der Konkurrenzklausel eine Verbesserung gegenüber dem Status quo in Bezug auf prekäre Arbeitsverhältnisse sei. – Das ist nicht richtig, denn die Konkurrenzklausel ist in der Judikatur bei prekären Arbeitsverhältnissen schon jetzt als sittenwidrig eingestuft worden. (Abg. Dr. Mitterlehner: Das ist eine Wertung! – Abg. Steibl: Das ist eine Wortmeldung, Herr Präsident!)

Insofern fassen Sie in der Konkurrenzklausel nur die Judikatur zusammen.

21.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Minister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


21.20.00

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident Prinzhorn! Frau Kollegin Rauch-Kallat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Öllinger, Sie haben jedenfalls die Novellierung auf Basis des Initiativ­antrages der Abgeordneten Tancsits und Walch als geringfügige Verbesserung be­zeich­net. Ob man da nur von geringfügig sprechen kann, ich spreche da ... (Abg. Öllinger: In einem kleinen Punkt!) – Ich zitiere Sie wörtlich. (Ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger.)

Herr Abgeordneter, ich meine, dass man etwas, was aus dem Jahr 21 datiert, um hier präzise zu sein, sehr geehrter Herr Abgeordneter Leutner, nämlich 1921, gut 80 Jahre danach sehr wohl einer Novellierung unterziehen und vor allem auch anerkennen sollte und muss, dass es für Arbeitnehmer zweifellos ein Vorteil ist, wenn jetzt betragsmäßig unter einem Monatseinkommen von gut 2 000, nämlich zirka 2 100 €, jedenfalls eine Konkurrenzklausel nicht gültig sein kann. (Abg. Öllinger: Sagen Sie etwas zu den Ausbildungskosten!) Das ist nicht eine geringfügige, sondern das ist eine klare Verbesserung im Interesse der Arbeitnehmer Österreichs, und zwar der Mehrheit der Arbeitnehmer Österreichs, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: So what?)

Natürlich geht es um Interessenabwägungen zwischen den Interessen der Arbeit­nehmer und Arbeitgeber, was jetzt Konkurrenzklauseln anbelangt, und erst recht, was


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Ausbildungskosten anbelangt. (Abg. Öllinger: Eine Verschärfung!) Da ist für mich ja nicht nachvollziehbar, warum sich Herr Abgeordneter Leutner – er ist ja jetzt leider nicht mehr im Saal (Ruf bei der SPÖ: Er sitzt eh da!); ah doch –, ich spreche ihn jetzt auch als leitenden Sekretär des ÖGB an, besonders darauf kapriziert, dass jetzt die Frist für die Rückerstattung von Ausbildungskosten von drei auf fünf Jahre verlängert worden sei, dies auch deswegen, weil ich Ihnen, sehr geehrter Herr Abgeordneter Leutner, schon im Ausschuss ein im ÖGB-Verlag, nicht etwa in einem anderen Verlag, meine Damen und Herren, sondern im Verlag des Österreichischen Gewerk­schafts­bundes erschienenes Lehrbuch zum Thema Arbeitsrecht von Schwarz/Lösch­nigg zitieren durfte und konnte.

Hier ist ausdrücklich formuliert – und ich zitiere wörtlich –: „Als Richtwert für die zuläs­sige Bindungsdauer sind drei bis fünf Jahre anzunehmen.“ – Ich habe es im Ausschuss vorgelesen, ich trage es Ihnen noch einmal vor. (Abg. Öllinger: Ja und? Das ist nicht die Bibel! Drei bis fünf Jahre!) In Ihrem eigenen Verlag erschienen: ein anerkanntes Lehrbuch und Leitwerk von Schwarz/Löschnigg. Es waren bis jetzt drei bis fünf Jahre und sind jetzt gesetzlich fixiert ebenfalls drei bis fünf Jahre (Abg. Öllinger: Jetzt fünf bis acht Jahre! Nein!), wobei im Regelfall drei Jahre anzunehmen sein werden und nur im Ausnahmefall fünf Jahre, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Abg. Öllinger: Das stimmt ja nicht! Sie verdrehen alles, Herr Minister! Jetzt sind es fünf bis acht Jahre!)

Herr Abgeordneter Öllinger, auch wenn die Zeit schon vorgeschritten ist, darf ich noch­mals in Erinnerung rufen: Wir haben klargestellt, dass die acht Jahre lediglich für Spezialausbildungen für Piloten, zum Beispiel für Militärpiloten, vorgesehen sind. (Abg. Öllinger: Was sagt das Buch? – Drei bis fünf Jahre!) Deswegen, weil Sie jetzt nicht Recht haben, hilft es auch nicht, dass Sie Ihre Zwischenrufe verstärken und in der Lautstärke deutlich erhöhen. Darauf ist in den Erläuterungen auch so verwiesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dementsprechend auch hier ein klarer Vorteil für Österreichs Arbeitnehmer. Sie wissen jetzt, woran sie sind. Das, was bisher aus Judikatur, Rechtsprechung und Lehre zusammengeklaubt werden musste, haben jetzt die Abgeordneten mit einem Initiativantrag – hinter dem ich stehe und auch mein Haus steht – deutlich verbessert. Dementsprechend sind beides Maßnahmen, die in Wirklichkeit die Sicherheit und die Interessen der Arbeitnehmer dieses Landes verbes­sern, sowohl was Ausbildungskosten und deren Rückersatz anbelangt, als auch was die Frage der Konkurrenzklausel anbelangt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.23


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Keck. (Abg. Grillitsch – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Keck –: AMAG-Bericht!)

 


21.23.41

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Kollege Tancsits hat in seiner Rede zum Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und zum Angestelltengesetz gesagt, die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft verschleudern Gelder bei der AMAG.

Kollege Tancsits, ich hätte mir von einem Mitglied einer Regierungspartei, die Verant­wortung zeigen soll, wirklich nicht erwartet, dass solch eine Aussage kommt, denn man müsste auch sagen, was bei der AMAG wirklich passiert ist. Ein 40-Prozent-Eigen­tümer möchte seine Anteile verkaufen. Das ist legitim und sein gutes Recht, aber er würde für seine Anteile mehr Geld bekommen, wenn er es noch schaffen würde, dass die Stiftung ihre 20-prozentigen Anteile verkauft, denn dann würden diese 60 Prozent


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Anteile an einen amerikanischen oder kanadischen Konzern verkauft werden. (Zwi­schen­rufe bei der ÖVP.) Arbeitsplätze würden in der AMAG verloren gehen, der Standort wäre nicht mehr gesichert. Daher glaube ich, dass es ausgezeichnet ist, dass die Stiftungsräte, nämlich Arbeiterkammer und Gewerkschaft, sagen, nein, wir stimmen dem nicht zu, wir sichern Arbeitsplätze in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nun zum Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz. Meine Damen und Herren! Es ist auch eine gute Sache in diesem Gesetz enthalten, und das ist die Betreuung von schwersterkrankten Kindern. (Abg. Steibl: Das ist was Neues bei den Sozis!) Bei der Erstbeschlussfassung ist ein Abänderungsantrag gekommen, in dem auch die Stief­kinder und die Kinder von Lebenspartnern berücksichtigt werden. Damit ist ein großes Manko beseitigt worden. Dafür danke ich Ihnen, dass Sie damals darauf eingegangen sind.

Aber eine Änderung müsste trotzdem noch vorgenommen werden: Es müsste nämlich der Begriff „gemeinsamer Haushalt“ ersatzlos gestrichen werden, um wirklich allen Kindern in Österreich die Möglichkeit der Betreuung bei schwerster Erkrankung zukommen zu lassen. (Abg. Steibl: So ein fadenscheiniges Argument!)

Hätten Sie diese Änderung gemacht, könnten wir zumindest in diesem Punkt bei einer getrennten Abstimmung zustimmen. Aber da das im Gesamtpaket enthalten ist, wo auch die Konkurrenzklausel und die Rückerstattung von Ausbildungskosten beinhaltet sind, können wir natürlich diesem Gesamtpaket nicht zustimmen. Wir werden es auch heute ablehnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Soziale Kälte!)

21.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


21.26.03

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte gerne noch mit dem Abgeord­neten Pilz kommuniziert, aber er gibt immer seine entsprechenden Ausführungen zum Besten und verabschiedet sich dann in einen schönen Abend. (Abg. Neugebauer: Er verabschiedet sich gar nicht!) – Er hat sich nicht einmal verabschiedet, aber wir kennen seine Gepflogenheiten.

Er ist aber nicht Gegenstand meiner Ausführungen, sondern ich möchte zum Thema kommen und muss jetzt, was die Sache anbelangt, Herr Kollege Leutner, schon sagen: Das ganze Arbeitsrecht ist an sich ein Recht, das sich nicht unbedingt im vertragsfreien Raum befindet, sondern es gibt ja bestimmte Vorgaben mit dem Arbeitsverfas­sungsgesetz und einer ganzen Zahl von anderen einschlägigen Regelungen. Daher ist nur ein Teil der Vertragsfreiheit offen gelassen, die Vertragsfreiheit wird dann in der Ausgestaltung wahrgenommen.

Jetzt mag es sein, wenn der Arbeitsmarkt so ist, wie er momentan ausgestattet ist, dass da die eine oder andere Gestaltungsmöglichkeit ist und man da entsprechend korrigieren muss. Aber: Das ist Angelegenheit der Gerichte. In der Gerichtslinie ist jetzt nichts anderes passiert, als dass man das im Bereich der Konkurrenzklauseln und der Ausbildungskosten in gesetzliche Formulierungen umgewandelt und damit eine neue Vorgabe gemacht hat, wobei ganz klar ist: Die schon angesprochenen 2 125 € sind eine klare Verbesserung, was die Arbeitnehmer anbelangt, denn darunter kann keine Konkurrenzklausel anfallen.

Ich muss Ihnen offen sagen, das war nicht die Meinung all unserer Unternehmer. Es gibt Branchen, beispielsweise den Friseurbereich, wo derartige Summen beim Lohn gar nicht erreicht werden, daher kommt die Konkurrenzklausel gar nicht mehr zum


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Tragen. Es waren also auf der einen Seite nicht alle einverstanden, aber auf der anderen Seite ist das eine ganz klare Verbesserung für den Arbeitnehmer.

Zweitens, auch was die Ausbildungskosten anbelangt. Herr Kollege Öllinger, es gibt diese 3 000-€-Regelung überhaupt nicht. Die ist nirgendwo eine Angelegenheit der Rechtsprechung. Jetzt ist es präzisiert mit 5 000, beziehungsweise sind die 8 000 ein Ergebnis des Beamten-Dienstrechts. (Abg. Öllinger: Jahre!) Jahre, bitte um Entschul­digung! Das ist richtig. (Abg. Riepl: Jetzt haben Sie etwas durcheinander gebracht!) – Ich danke für den Hinweis, die acht Jahre sind ein Ergebnis des Beamten-Dienstrechts, was also zur Konsequenz hat, dass das eine ganz klare Präzisierung ist. (Abg. Öllinger: Eine Verschärfung!)

Was mich in diesem Zusammenhang wundert, ist, wir sollten doch die Verbesserungen positiv bewerten. Das, was in der Weise noch notwendig ist, wird sich entsprechend ergeben. – Aus! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

 


21.29.10

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Mitterlehner, so einfach erklärt sich die Welt nicht, wie Sie das jetzt bei der Konkurrenzklausel versucht haben. Da fehlt Ihnen ein wenig die Praxis, würde ich sagen.

Ich kann Ihnen auch sagen wo. Es ist, denke ich, drei Tagesordnungspunkte vorher gewesen: Da haben wir in einem anderen Zusammenhang über die Kranken­pflege­berufe geredet. (Abg. Neudeck: Jetzt fangen wir nicht wieder an!) Sie alle wissen, dass man gerade von Altenhelferinnen, von Krankenpflegerinnen et cetera erwartet, dass sie flexibel und praktisch sind, dass sie sich halt einfach dem Arbeitsmarkt anpas­sen. (Abg. Neudeck: Nur weil Sie eine alte Rede anbringen wollen, ...!) Wie es ihnen selber geht, fragt sowieso schon lange keiner mehr. – Das ist einmal das eine.

Jetzt stellen Sie sich einmal vor, Herr Mitterlehner – und das ist nicht lustig, sondern das ist tagtäglich gelebte traurige Realität von Pflegehelferinnen, von Altenhelferinnen und von Personen, die in Gesundheitsberufen tätig sind –, es ist heute irgendjemand bei einem Verein, zum Beispiel bei der Volkshilfe, im Rahmen eines Halbtagsjobs tätig, hat dort eine Ausbildung gemacht und hätte jetzt die Chance, zum Hilfswerk in der selben Stadt zu gehen und dort tätig zu sein. Das darf sie jetzt nicht mehr, weil sie nämlich die Konkurrenzklausel daran hindert.

Das wollen Sie als Fortschritt bezeichnen? Ist das tatsächlich ein Fortschritt? – Das ist ein Rückschritt, Herr Mitterlehner! Lassen Sie sich das von mir erklären, ich kenne mich da besser aus als Sie! Sie können da noch etwas von mir lernen! Ob Sie es glauben oder nicht: Es ist so! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Mitterlehner, Sie können nicht nur deshalb von mir etwas lernen, weil ich das weiß, sondern auch deswegen, weil ich aus der Praxis komme und regelmäßig erlebe, dass gerade Personen, die im Gesundheits- und Pflegebereich tätig sind, ihren Job wegen dieser unseligen Konkurrenzklausel nicht wechseln können. All diejenigen, die bisher noch nicht davon betroffen waren, werden in Zukunft auch unter diese Konkurrenzklausel fallen.

Ich habe bereits von einer Mitarbeiterin eines Vereins einen Anruf bekommen, und die hat mir gesagt: Stell dir vor, seit ihr das im Parlament diskutiert und seitdem man das aus der Korrespondenz des Parlaments weiß, wird bei uns auch daran gedacht, das


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einzuführen, und gesagt: Das führen wir jetzt auch ein! Wir haben das nicht gewusst, das ist eine gute Geschichte, denn damit können wir euch nämlich binden! Die Aus- und Weiterbildung müsst ihr bei uns machen, denn sonst seid ihr nicht mehr bei uns tragbar, weil es in diesem Bereich eben notwendig ist, sich ständig fort- und weiter­zubilden!

Jetzt erklären Sie mir, Herr Mitterlehner, wie das für diesen Personenkreis in Zukunft geregelt werden soll! Diese Beschäftigten sind wirklich an einen Verein gebunden und müssen dort bleiben, ob sie es wollen oder nicht – außer sie nehmen die großen Kosten der Rückzahlung der Ausbildung in Kauf.

Wenn Sie jetzt noch immer behaupten, das sei eine Verbesserung, Herr Mitterlehner, dann muss ich Ihnen sagen: Dann sagen Sie sich selbst die Unwahrheit! Damit müs­sen Sie selber fertig werden. Schauen Sie sich das einmal genauer an!

Wenn Sie sagen: Wenn es jetzt anders ist, dann werden wir es halt ändern!, dann darf ich Ihnen sagen: So leicht geht das nicht! Sie hätten bei dem Murks gleich von vorn­herein schauen sollen: Wo gibt es unter Umständen größere Probleme als Vorteile?

Speziell im Pflegebereich macht diese Konkurrenzklausel durch die Rückerstattung der Ausbildungskosten für den einzelnen Mitarbeiter und für die einzelne Mitarbeiterin mehr Probleme, als sie jemals Vorteile bringen wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mittermüller. – Bitte.

 


21.33.27

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Diese Bundesregierung hat eine Reihe von wesentlichen Verbesserungen für Familien im Sozialbereich in die Wege geleitet. Eine äußerst wichtige Maßnahme war die Einführung der Familienhospiz­karenz im Jahr 2002. Sie ermöglicht Arbeitnehmern, eine Auszeit aus der Berufstätig­keit zu nehmen, um für die Pflege (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nicht für die Pflege!) und Betreuung sterbender Angehöriger oder schwerstkranker Kinder da zu sein. Wie wertvoll diese Auszeit ist, zeigt die Tatsache, dass im Zeitraum von zwei Jahren rund 800 Antragsteller verzeichnet wurden, also die Zahl jener, die Familien­hospizkarenz in Anspruch nehmen, deutlich zugenommen hat.

200 bis 250 Kinder erfahren in Österreich jährlich die schreckliche Diagnose Krebs. Neben dem furchtbaren menschlichen Leid stellt sich für die Eltern dieser betroffenen Kinder die Frage: Wie bewältigen wir die Zukunft? Nachdem Krebstherapien meistens länger als ein halbes Jahr dauern, ist es notwendig, die Bezugsdauer der Familien­hospizkarenz für die Begleitung schwerstkranker Kinder von sechs Monaten auf neun Monate zu verlängern.

Des Weiteren wird der Rechtsanspruch auf Karenz auch auf die Begleitung der Kinder des Ehegatten oder der Lebensgefährten erweitert, und damit wird auch auf die aktuellen Lebensformen von Familien einzugehen versucht. Damit sind wesentliche Bedürfnisse der Betroffenen abgedeckt. Schade, dass der Opposition diese Leistungen immer noch zu wenig sind.

Da diese von mir genannten Gesetzesänderungen eine Weiterentwicklung der bis­herigen Maßnahmen für pflegebedürftige Menschen in Österreich sind und gemeinsam umgesetzt werden sollten, darf ich abschließend noch daran erinnern, dass diese Bundesregierung seit 2002 durch Pflegegelderhöhung, durch einen Härte­ausgleichs­fonds für Pflegekarenz und durch wesentliche Verbesserungen für pflegende Ange-


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hörige im Pensionssystem ein sehr gutes soziales Netz für Pflegebedürftige und deren Angehörige in Österreich geschaffen hat.

Schade also, dass diese Gesetzesänderung zur Familienhospizkarenz nicht im Kon­sens zustande kommen kann. Wir sind damit jedenfalls auf dem richtigen Weg. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Es kann aber auch ein Irrtum sein! – Ruf bei der ÖVP – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Jetzt wird er munter!)

21.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


21.36.03

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Es ist schon arg, meine Damen und Herren, wenn sich der Sozialsprecher der ÖVP hier zum Rednerpult stellt und sogar zugibt, dass auf Grund Ihrer verfehlten Arbeitsmarktpolitik nunmehr 380 000 Arbeit suchende Menschen (Abg. Grillitsch: 320!) – Arbeit suchende habe ich gesagt; wenn du aufgepasst hättest, würdest du es wissen – immer öfter gezwungen werden, in den Arbeitsverträgen trickreiche Formulierungen und „schmutzige“ Klauseln zu unter­schreiben, wenn sie einen Job wollen.

Wir alle wissen ganz genau, dass jemand, der auf Jobsuche ist, vieles unterschreibt, um einen Arbeitsplatz zu bekommen. Aber befremdend ist, dass das immer mehr um sich greift und dass auch die Wirtschaftkammer da ihr Spielchen spielt. Es werden nämlich Verträge vorgelegt, die einerseits die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer maximal verfügbar machen und andererseits ihre Bewegungsfreiheit immer mehr einschränken.

Und was tun Sie mit Ihrer Politik? – Sie unterstützen das, indem, wie schon gesagt, der Zeitraum bei der Ausbildungskostenrückerstattung von drei Jahren auf fünf Jahre verlängert wird (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein) und jetzt auch noch die Ausbildungskosten das gesamte Entgelt beinhalten.

Herr Minister, Sie brauchen nicht immer von da hinten dazwischenzuquatschen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Was die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen, das sind keine Konkurrenzklauseln. Was die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen, das sind auch keine pauschalen Bestimmungen über Rückforderungen der Arbeitsausbildungskosten. Was die Arbeitnehmer endlich brauchen würden, das sind faire Regeln für ihre Arbeitsverhältnisse. Und davon sind wir weit weg, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien!

Und wenn jemand wie die Arbeiterkammer diese verfehlte Politik aufzeigt, eine Politik, die sich ausschließlich gegen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer richtet, dann ist es für mich mehr als befremdlich, wenn sich der Sozialsprecher Tancsits hier herstellt und Drohungen gegen die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer ausspricht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon, die Hände zusammenschlagend: Bitte! – Abg. Großruck: Die Arbeiterkammer ist eine SPÖ-Vorfeldorganisation!)

21.38


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


21.38.17

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eigentlich den Herrn Kollegen Spindelberger fragen, ob er so sozial war.


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Herr Abgeordneter Spindelberger, was war denn eigentlich in der steirischen Gebiets­krankenkasse los, bevor Sie Abgeordneter geworden sind? Wie ist denn dort alles gelaufen? War das alles auch sozial? (Aha-Rufe bei der ÖVP.)

Oder: Herr Abgeordnete Keck hat uns des langen und breiten erklärt, wie sozial die SPÖ ist, sagte aber im selben Atemzug, dass die SPÖ gegen die Familienhospiz­karenz-Verbesserung stimmen wird.

Das ist ganz klar soziale Kälte! Das muss man einmal aufzeigen.

Sie drehen ja immer so gerne den Spieß um. Ich möchte das gar nicht weiter ausfüh­ren.

Meine Damen und Herren! Die Kollegin Mittermüller hat hier erklärt, worum es bei dieser Gesetzesänderung genau geht. Mit Jahresbeginn hätte diese Gesetzes­ände­rung in Kraft treten sollen, aber auf Grund Ihrer Vorgangsweise im Bundesrat, nämlich mit Ihrem Einspruch und so weiter, ist es nicht gelungen, das jetzt schon in die Wege zu leiten. Das heißt, Eltern, Mütter, Väter und auch Kinder müssen warten, bis die SPÖ bereit ist, zu sagen: Ja, vielleicht ist das doch eine gute Sache! Wenn wir nicht dafür sind, könnte vieles den Bach hinuntergehen!

Und wenn von „sozialer Kälte“ gesprochen wird, muss ich sagen: Die SPÖ deklariert sich zwar immer als die sozial aktive Partei, aber Taten sprechen mehr als tausend Worte, und Ihre Taten lassen ganz genau das Gegenteil erkennen. Das ist so nicht nur bei der Familienhospizkarenz, sondern auch im gesamten Bereich des Gesundheits­wesens, wo Sie Mehrleistungen und was sonst noch alles verlangen, und auch in vielen anderen Bereichen. Ich fordere Sie auf: Denken Sie einmal darüber nach, was Sie für die Menschen vor Ort tun, und erst dann reden Sie darüber! (Beifall bei der ÖVP.)

21.40


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


21.40.25

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Frau Kollegin Steibl, Sie wissen schon, warum wir gegen die Familienhospiz-Änderungen stimmen. – Weil sie in diesem Sammelgesetz verpackt sind, deshalb stimmen wir dagegen. Nur aus diesem Grund!

Ich wundere mich ohnehin sehr über den Verlauf dieser Debatte. Ich denke da nur an den Kollegen Mitterlehner, der sich hier herausstellte und versuchte, Verschlechterun­gen in diesem Anpassungsgesetz als positiv zu verkaufen. Er stellte sich hier heraus und gab zu, dass Fristen verlängert werden, und sagte: Alles andere, was noch zu erledigen ist, wird sich irgendwann ergeben! – Und aus! Das war’s dann.

Herr Kollege Mitterlehner, wenn das Ihr ganzer Beitrag war, um ein wirklich ernsthaftes Problem, nämlich ArbeitnehmerInnenrechte, zu diskutieren, dann finde ich das wirklich sehr eigenartig.

Kollege Tancsits, der Sozialsprecher der ÖVP, stellte sich hier heraus und verun­glimpfte jede Kritik der Oppositionsparteien als Vernaderung, als Jammern, als Pro­paganda, als Märchen. Ich frage mich wirklich, ob in diesem Land nur mehr das gesagt werden darf, was Sie für richtig halten. Ich denke halt schon, dass es Kritik und Meinungsfreiheit in unserem Land noch immer gibt. Das müssen Sie trotz Ihrer Macht- und Drüberfahrpolitik einfach akzeptieren, ob es Ihnen passt oder nicht, Kollege Tancsits, es ist einfach so! (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich frage mich auch, ob Sie wirklich glauben, was Sie hier heraußen sagen, nämlich, dass dieses Gesetz ein eindeutig sozialpolitischer Fortschritt ist. Ich frage mich, wo Sie da einen sozialpolitischen Fortschritt sehen, wenn Fristen verlängert werden, wenn die Konkurrenzklausel nicht gänzlich fällt, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer mobiler, immer flexibler werden müssen und sie sie mit diesem Gesetz daran hindern. Wo sehen Sie da einen sozialpolitischen Fortschritt?

All die Änderungen und Neuregelungen sind Verschlechterungen und kein Fortschritt. Sie belasten nämlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch mehr. Wir haben aber alle unsere Kritikpunkte bereits im Ausschuss vorgebracht.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Das ist ein sehr schlechtes Gesetz, legistisch ein schlechtes Gesetz, inhaltlich ein schlechtes Gesetz und meiner Meinung nach ein absoluter sozialpolitischer Keulenschlag auf dem Rücken aller ArbeitnehmerInnen in Österreich. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Billige Propaganda!)

21.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler. – Bitte.

 


21.42.55

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehr­te Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte nicht auf die Legistik eingehen, sondern noch einmal ein paar Anmerkungen zur Familienhospizkarenz machen, und zwar deswegen, weil es mir auch auf Grund meiner Arbeit im Hilfswerk wirklich ein wichtiges Thema ist.

Ich bedauere es sehr, dass wir, obwohl wir im Sozialausschuss eine sehr konstruktive Diskussion geführt haben – Herr Kollege Keck hat es ja lobenswerterweise auch erwähnt – und auf alle Argumente auch eingegangen sind und, so denke ich, wirklich eine sehr gute Gesetzesvorlage geschaffen haben, nunmehr heute vor der Tatsache stehen, dass der Bundesrat dieses Gesetz beeinsprucht hat. Und wenn Sie sich die Argumente anschauen, dann werden Sie sehen, dass es gerade in Bezug auf die Familienhospizkarenz meiner Ansicht nach wirklich kein Argument gibt, das dagegen­spricht.

Das, was Sie, Herr Kollege, hier angeführt haben, ist meiner Ansicht nach an den Haaren herbeigezogen. Wir haben alles mit aufgenommen, was auch von Seiten der SPÖ eingebracht wurde: die Ausweitung in Richtung der Wahl- und Pflegeeltern, die Ausweitung in Richtung der Stiefkinder, die Verbesserungen in Bezug auf den Härteausgleichsfonds, und so weiter und so fort. Ich glaube, wir brauchen es hier nicht noch einmal zu diskutieren, wir haben es oft genug getan.

Wir werden gerade deswegen, weil die Familienhospizkarenz die österreichische Ant­wort auf die Sterbehilfediskussion in anderen europäischen Ländern ist, dieses Gesetz heute hier wieder bestätigen. Und ich lade Sie wirklich noch einmal ein, das mit uns zu tun – im Interesse der Betroffenen, im Interesse jener Angehörigen, die Sterbende und Schwerkranke in ihren letzten und schwierigen Tagen begleiten wollen. Ich lade Sie noch einmal dazu ein, dieses Gesetz zu bestätigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 



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139. Sitzung / Seite 232

21.44.40

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Kollegin Scheucher, es wurden, was die Familienhospizkarenz betrifft, nicht alle Forderungen der SPÖ eingebaut. Kollege Keck hat anerkannt, dass einige wichtige Punkte umgesetzt wer­den, aber die Frage des gemeinsamen Haushalts ist schon auch eine, die noch zu lösen wäre.

Aber nun zu den Arbeitsvertragsklauseln, die ein vielfältiges Problem darstellen und die immer mehr Leute treffen. Es gibt eine große Bandbreite der Phantasie in Bezug darauf, welche Klauseln in Arbeitsverträge mit größter Selbstverständlichkeit immer häufiger eingebaut werden. Es ist eine lange Liste, die man hier anführen könnte, aber die Zeit dafür ist nicht da. Sie greifen nur zwei dieser möglichen Klauseln auf und schaffen damit nicht wirklich Verbesserungen, sondern, wie vorhin schon gesagt und bestätigt wurde, Verschlechterungen.

Wir müssen uns vor Augen halten, dass es sich dabei um keine Einzelfälle handelt, sondern dass davon immer mehr Leute betroffen sind und dass man da in nächsten Schritten immer umfangreichere Reformen angehen muss.

Aber wichtig ist mir in diesem Fall, auch die demokratiepolitische Ebene einmal zu beleuchten. Es ist hier wieder einmal eine umfangreiche Gesetzesmaterie im Wege eines Initiativantrags durch den Nationalrat gepeitscht worden, und zwar in Form eines Initiativantrags deswegen – dieser Verdacht liegt nahe –, um das Begutachtungs­verfahren zu umgehen. Dieses hat dann der Bundesrat dankenswerterweise nach­geholt.

Dann gab es eine kritische, sachlich fundierte, ausführliche Stellungnahme der Arbei­terkammer, aber die gefiel dem Sozialsprecher der ÖVP nicht. Das ist politisch – nicht inhaltlich und sachlich – Ihr gutes Recht. Nur, Herr Kollege Tancsits: Dass Sie dann hergehen und nur auf Grund einer kritischen, sachlich fundierten Stellungnahme zu drohen beginnen, das ist äußerst beschämend und zeugt von einem schlechten politischen Stil. Sie sollten sich überlegen, ob das wirklich der richtige Umgang ist. Ich finde es zutiefst beschämend. (Beifall bei der SPÖ.)

21.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mikesch. – Bitte.

 


21.46.46

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Für mich ist es völlig unverständlich, dass Sie von der Opposition Verbesserungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Bundesrat blockieren.

Wie es ausschaut, geht es Ihnen nur um parteipolitische Spielchen. Um die Sache kann es Ihnen ja nicht gehen, wenn wir von der Konkurrenzklausel sprechen.

Bisher war das vereinbarte Entgelt bei Konkurrenzklauseln nicht ausschlaggebend. Nun sind Bestimmungen, die Menschen am Arbeitswechsel hindern, bei niedrigen Ein­kommen nicht mehr zulässig. Die Sicherheit der Unternehmen bei hochqualifizierten und gut bezahlten Spezialisten bleibt aber bestehen.

Meine Damen und Herren! Die Erwachsenenbildung – und damit meine ich das Wissen in den Unternehmen – ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg unserer Wirtschaft. Unsere Unternehmerinnen und Unternehmer bilden ihre Mitarbeiter gerne aus und weiter. Das kostet aber viel Zeit und Geld. Diese Kosten werden in den meisten Fällen von den Unternehmen getragen. Deshalb muss die Chance bestehen, dass Inves­titionen in das Wissen der Mitarbeiter dem Unternehmen nicht verloren gehen. Vor


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allem unsere Klein- und Mittelbetriebe brauchen diese Sicherheit, um motiviert zu sein, ihren Mitarbeitern Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen.

Diese Bundesregierung steht auch zur Weiterbildung. Deshalb wurde auch der Bil­dungsfreibetrag geschaffen, um finanzielle Anreize zu geben.

Als Vertreterin der Klein- und Mittelbetriebe weiß ich, dass das Miteinander von Unter­nehmen und Mitarbeitern tagtäglich gelebt wird. Ganz wichtig sind dabei ein partner­schaftlicher Umgang, die Bereitschaft, seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu fördern und zu unterstützen, und die Begeisterung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für neue Wege. Das sind die Erfolgsgaranten, um Arbeitsplätze zu sichern. (Beifall bei der ÖVP. – Bravoruf des Abg. Großruck.)

21.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Keuschnigg. – Bitte.

 


21.48.43

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte einige Bemerkungen zum Landarbeitsgesetz machen, das ebenfalls vom Bundesrat beeinsprucht wurde. Dieser Einspruch reiht sich in die lange Liste der unsinnigen und unnötigen Einsprüche gegen zahlreiche Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates ein. Dieser Einspruch ist begründet worden mit Argumenten hinsicht­lich der kompetenzrechtlichen Bestimmungen. Zum Beispiel: Land- und Forstwirtschaft: Landeskompetenz; Gewerberecht: Bundeskompetenz. An diesem Punkt wurde die Argumentation aufgehängt.

Im Landarbeitsgesetz wurde eine sehr moderate Erweiterung des land- und forstwirt­schaftlichen Gebietes vorgenommen. Der Kern dieses Gesetzes ist, dass alle Dienst­nehmer, die mit der Gewinnung, Betreuung, Pflege oder Verarbeitung von Tieren und Pflanzen zu tun haben, zum gleichen Rechtsgebiet gehören, unabhängig von der Rechtsform des jeweiligen Betriebes.

Dass hier von der SPÖ diese Verbesserungen für die Arbeitnehmer mit rechtlichen Spitzfindigkeiten beeinsprucht werden, kann ich nicht verstehen, zumal alle Argumente sorgsamst geprüft worden sind.

Hier geht es eigentlich darum, dass die Arbeitnehmer eine bestmögliche Betreuung erhalten, in der beruflichen Weiterbildung, in der fachlichen Beratung, und das im Rahmen einer Interessenvertretung, einer Kammer, die hoch spezialisiert ist, die über ein gebündeltes Know-how verfügt und daher bestmöglich diese Dienstnehmer be­treuen kann.

Es liegt hier ein gutes Gesetz vor, das eigentlich unnötig verzögert wurde – und das wir selbstverständlich gerne wieder beschließen wollen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Großruck: Bravo!)

21.50


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Höllerer. Ich erteile es ihr.

 


21.50.37

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minis­terin! Auch ich möchte mich noch einmal auf die Familienhospizkarenz konzentrieren und meine Enttäuschung darüber aussprechen, dass es nicht möglich war, diesen extrem wichtigen Fortschritt im Bereich der Familienhospizkarenz gemeinschaftlich beschließen zu können, so dass wir uns heute hier noch einmal mit dieser Materie befassen müssen.


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Wir haben im Ausschuss sehr intensiv darüber diskutiert und selbstverständlich alle Bereiche und auch die Vorteile angesprochen, die dieses neue Gesetz haben wird, nämlich dass die Kinder, die besonders schwer erkrankt sind, von den Eltern in das Krankenhaus begleitet werden können. Hier geht es um eine Verlängerung der Zeit, in der die Familie zusammen sein kann und wo es selbstverständlich möglich sein muss, dass diese Beziehung, die zwischen den Eltern und dem Kind herrscht, auch in einer so schwierigen Situation weiter gelebt werden kann. Daher bin ich sehr enttäuscht, dass gerade von Seiten der SozialdemokratInnen die Unterstützung zu diesem Gesetz nicht gegeben wird.

Ich muss hier noch einmal anmerken, dass damit eine ganz wichtige sozialpolitische Errungenschaft erreicht wird und dass dieses Gesetz genau in diese Richtung geht: dass man denen, die am bedürftigsten sind und die die Unterstützung am meisten brauchen, auch die entsprechende Unterstützung zuteil werden lässt. Und mit der Familienhospizkarenz kann man für die schwer erkrankten Kinder und vor allem auch für die Eltern und berechtigten Bezugspersonen, die in so einem Fall besonders in Mitleidenschaft gezogen werden, sehr viel Positives bewirken. Daher bedaure ich sehr, dass die Zustimmung zu diesem Gesetz nicht einhellig gegeben wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


21.52.43

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe mir angesehen, mit welcher Begründung gegen das vom Nationalrat beschlossene Gesetz Einspruch im Bundesrat erhoben wurde. Einerseits wurde die Konkurrenzklausel, die Ausbildungskosten­rücker­stat­tungsklausel kritisiert, was bereits hinreichend diskutiert und argumentiert wurde. Aber auch die Erweiterung des Mitgliederkreises der Landarbeiterkammern diente als Begründung für die Ablehnung des Bundesrates.

Ich möchte kurz festhalten, wovon wir hier überhaupt reden. Es geht darum, Personen in eine gesetzliche Interessenvertretung einzubeziehen, die derzeit ohne jegliche Inter­essenvertretung von gesetzlicher Seite sind. Es geht um Personen, die ohne geltenden KV, ohne Ausbildungsrichtlinien und Dienstnehmerschutzbestimmungen arbeiten.

Meine Damen und Herren! Ich finde es beschämend, wenn eine Partei, die vermeint­lich die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertritt, aus diesen Gründen so ein Gesetz ablehnt.

Aber noch ein kurzes Wort zur Arbeiterkammer und der Parteipolitik der Arbeiter­kam­mer. Für die SPÖ in Wien gibt es die Mitgliederzeitung „AK für Sie“, sie wird Ihnen wahrscheinlich bekannt sein. In der letzten Periode wurde in der Arbeiterkammer-Vollversammlung ein Antrag einer Minderheitsfraktion mit den Stimmen der FSG abge­lehnt, wonach alle in der Vollversammlung der Arbeiterkammer vertretenen Parteien in dieser Mitgliederzeitung „AK für Sie“ auch schreiben dürfen. Wenn das keine Partei­politik ist, meine Damen und Herren, dann weiß ich auch nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin froh, meine Damen und Herren, dass ich nicht in der Welt lebe, die die SPÖ-Parteipropaganda uns hier zeichnet und vorgaukeln möchte, sondern dass wir in einer Welt leben, in der wir vernünftige Rahmenbedingungen für alle in diesem Land Lebenden gestalten. (Beifall bei der ÖVP.)

21.54



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
139. Sitzung / Seite 235

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


21.55.00

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Dieser Winter hat es in sich, nicht nur auf Grund der draußen herrschenden Temperaturen, sondern auch auf Grund der Tatsache, dass die SPÖ erstmals ihr sozialpolitisches Gesicht der sozialen Kälte gezeigt hat. Seit 6. Dezember liegt ein Gesetz vor, startklar – um in Ihrer Diktion zu bleiben – für all jene, die in der Familienhospizkarenz tätig sind und die Betreuung schwerstkranker Kinder durch­führen.

Sie haben diesen Gesetzesbeschluss im Bundesrat beeinsprucht und so das In-Kraft-Treten über Monate hinweg verhindert. Damit haben Sie sich endgültig auf die sozialpolitische Schattenseite gestellt, den Weg der großen Sozialreformer der SPÖ, den es eigentlich schon Jahrzehnte gegeben hat und der Ihre Partei ausgezeichnet hat, endgültig verlassen. (Zwischenruf des Abg. Schieder.)

Gehen Sie doch einmal her und bekennen Sie sich zu der Sozialpolitik dieser Bundes­regierung! Es schadet überhaupt nicht, wenn Sie den Vergleich anstellen, denn der Vergleich macht uns sicher. Schauen wir uns die Sozialquote an: Mit 29,4 Prozent liegt Österreich weit über dem EU-Durchschnitt von 27 Prozent.

Es wurde heute bereits beim Zivildienstgesetz angesprochen, und sehr viele, auch aus Ihren Reihen, haben sich bereit erklärt, die Herausforderungen der Zukunft im Pflege­bereich anzunehmen. Wir wissen, dass wir in den nächsten 20 Jahren rund 800 000 Menschen mit Pflegebedarf in unserem Land haben werden. Das ist ein Problem, das ist aber auch eine Chance, die Sie nicht wahrnehmen wollen: Das sind 40 000 Arbeitsplätze allein in den nächsten fünf Jahren.

Gehen Sie mit uns den Weg der sozialen Reform, trauen Sie sich das, denn das ist gut für Österreich – und denken Sie nicht parteipolitisch! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales in 1311 der Beilagen.


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139. Sitzung / Seite 236

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz geändert wird, zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales in 1312 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Landarbeits­gesetz 1984 geändert werden, zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist die Mehrheit und damit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1310 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Damit kommen wir zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetz auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies ebenfalls mit Mehrheit in dritter Lesung angenommen.

21.58.46 18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1273 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien über soziale Sicherheit (1313 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Damit gelangen wir zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Riener. – Bitte.

 


21.59.07

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Da wir heute den Tag der Beharrungsbeschlüsse haben, kann ich Ihnen versichern, dieses vorlie­gende Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien über soziale Sicherheit wird sicherlich nicht wiederkehren in diesem Haus, aber nicht nur deshalb, weil wir diese Materie heute einvernehmlich beschließen, sondern vor allem auch deswegen, weil in diesem Fall kein Beschluss des Bundesrates notwendig ist. Grund dafür: Durch dieses Abkommen werden keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt.

Doch nun zum Abkommen selbst. Da absehbar war, dass Rumänien nicht mit 1. Mai 2004 der Europäischen Union beitreten wird, wurden im September 2003 Gespräche zwischen Österreich und Rumänien begonnen, um dieses Abkommen zu schließen. Es gleicht den seinerzeitigen Abkommen mit Polen, Tschechien und der Slowakei.

 Dieses Abkommen soll die soziale Sicherheit für österreichische beziehungsweise rumänische Staatsbürger und ihre Familienangehörigen gewährleisten, die sich vor­über­gehend im jeweils anderen Staat aufhalten beziehungsweise dort eine Zeit lang


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139. Sitzung / Seite 237

erwerbstätig sind. Konkret geht es um die Gewährung von Sach- beziehungsweise Geldleistungen aus der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung.

Durch dieses Abkommen besteht Klarheit darüber, was passiert, wenn eine Arbeit­nehmerin beziehungsweise ein Arbeitnehmer in Rumänien zum Beispiel einen Arbeits­unfall hat. Oder wenn zum Beispiel in beiden Staaten Pensionsversicherungszeiten erworben wurden, braucht niemand mehr Angst zu haben, dass Ansprüche verloren gehen oder im schlimmsten Fall zu wenig Zeiten für einen Pensionsbezug vorhanden sind. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Der europäische Arbeitsmarkt braucht Flexicurity. – Das sagte kürzlich unser ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein bei seiner Rede vor den europäischen Generaldirektoren für Arbeitsbeziehungen in Wien. Das Leitthema der österreichischen EU-Präsidentschaft für den Bereich Arbeitsrecht und Beschäftigungspolitik ist Flexi­curity – Flexibilität durch Sicherheit. Eine erfolgreiche Anpassung der Arbeitsmärkte ist nur durch ein ausgewogenes Verhältnis von Flexibilität und sozialer Sicherheit möglich. (Abg. Mag. Molterer: Zeit! Zeit!) – Ja, das sind aber noch keine drei Minuten.

Von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern können wir diese Flexibilität nur dann erwarten und einfordern, wenn wir ihnen auf der anderen Seite auch Sicherheit bieten. Voraussetzung für gewinnbringende Entwicklungen für Unternehmen ist unter anderem das Gefühl der Mitarbeiter von sozialer Sicherheit. Dieses Abkommen bietet diese soziale Sicherheit – Sicherheit für ein gemeinsames Europa. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Seine Redezeit beträgt 2 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


22.02.02

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist erfreulich, dass es dazu den Konsens aller Parteien gibt. Mit diesem Abkommen soll die soziale Sicherheit von österreichischen und rumänischen Staatsbürgern und ihren Familien­angehörigen gewährleistet werden, die sich vorübergehend im jeweiligen Staat auf­halten beziehungsweise dort einen Teil ihres Erwerbslebens zurückgelegt haben. Konkret geht es um die Gewährung von Sach- und Geldleistungen aus der Kranken­versicherung, Unfallversicherung, Pensions- und Arbeitslosenversicherung.

Das ist wieder ein Gesetz in die richtige Richtung, und ich ersuche daher um Ihre Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Öllinger. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


22.03.01

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Dem Gesetz stimmen wir in der vorliegenden Fassung natürlich gerne zu, weil es eigentlich etwas herstellt, was in einem sich vereinigenden Europa selbstverständlich ist. Trotzdem möchte ich diese Gelegenheit auch dazu nützen, ganz kurz darauf hinzuweisen, dass es nicht nur darum geht, dass wir jetzt an Hand mehrerer Abkommen – in diesem Fall eines Abkommens über soziale Sicherheit; in der letzten Zeit gab es ja auch andere – feststellen, wie gut wir sind, sondern ich möchte auch festhalten, dass wir in den vergangenen Jahren Abkommen über soziale Sicherheit aufgekündigt haben, darunter das mit der Türkei und mit den exjugoslawischen Staaten, wobei Leistungen, die wir mit diesen Ländern vereinbart haben, auf Grund eines innerösterreichischen Sparpakets gestrichen wur-


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den, aber Sie von den Regierungsparteien damals versprochen haben, dass das bei „nächstmöglicher Gelegenheit“ korrigiert werde. – Inzwischen sind sieben Jahre vergangen. Sie hätten aber jetzt die Möglichkeit, das tatsächlich demnächst zu korrigieren. (Beifall bei den Grünen.)

22.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1273 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt, der Antrag ist daher angenommen.

22.04.37 19. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 751/A der Abgeordneten August Wöginger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002) und das Apothekengesetz geändert werden (1293 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1268 d.B.): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1294 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 778/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird (1296 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 780/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz geändert wird (1297 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 bis 22 der Tagesordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Lackner. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.


22.05.52

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich bin froh, dass


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139. Sitzung / Seite 239

wir zwar zu später Stunde, aber doch nebst den anderen Punkten auf der Tages­ordnung uns noch ausführlich über die Gesundheitspolitik dieser Bundesregierung unterhalten können. Das, meine Damen und Herren, ist notwendig, denn die Gesund­heitspolitik zählt in der Tat nicht zu den Stärken dieser Bundesregierung. Und das war moderat formuliert. (Beifall bei der SPÖ.)

Weniger moderat, meine Damen und Herren, könnte man sagen: Diese Bundes­regierung hat schlicht und ergreifend in der Gesundheitspolitik versagt. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lentsch: Reden Sie von England?) – Nein, ich rede jetzt von Österreich. Aber ich weiß, Sie verdrängen alles, Sie sind nervös. Ich verstehe das eh, Frau Kollegin, aber lassen Sie mich trotzdem kurz zurückblenden.

Seit nunmehr sechs Jahren werkt diese Bundesregierung am österreichischen Ge­sundheitssystem herum und merkt gar nicht, wie sie dieses Gesundheitssystem auf einzigartige Weise schädigt. „Reformpolitik“ dieser Bundesregierung bedeutet für die Menschen im Klartext: Alle Reformen – vom Gesundheitssystem über die Pensions­sicherung bis hin zur Bildung – weisen zwei entscheidende Merkmale auf: Die Kosten steigen und die Leistungen sinken, meine Damen und Herren!

Und das schlägt sich auch in Umfragen nieder. Die Österreicherinnen und Österreicher stellen dieser Reformpolitik ein äußerst schlechtes Zeugnis aus. Nur mehr jede/jeder Vierte meint, dass diese Bundesregierung beziehungsweise die ÖVP Kompetenz in der Gesundheitspolitik besitzt.

Frau Bundesministerin! Ich würde mir bei dieser schlechten Performance doch Gedan­ken darüber machen, was ich falsch gemacht habe. Aber ich überlasse die Bewertung Ihnen.

Hinzu kommt noch, meine Damen und Herren: Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher glauben, dass künftig nur mehr reiche Leute medizinisch in Österreich optimal versorgt werden können. (Abg. Dr. Fekter: Das ist aber ein Unsinn! – Abg. Dr. Brinek: Das ist nicht wahr!) Da helfen, Frau Kollegin, keine noch so teuren Inserate und keine Werbung, die dieses Faktum kaschieren können.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun kurz auf ein paar Beispiele hinweisen beziehungsweise diese Reformpolitik konkretisieren: massive Steigerung der Belastun­gen. Wie in einer Zeitschrift aufgedeckt, werken die ÖVP-Manager im Hauptverband bereits an den nächsten gesundheitspolitischen Grauslichkeiten: an der Einführung und Umsetzung von generellen Selbstbehalten in Höhe von 20 Prozent. Das heißt im Klartext Leistungskürzungen, weitere Leistungskürzungen.

Damit, Frau Bundesministerin, brechen Sie ein Versprechen, und zwar, dass es zu keinen weiteren neuen Selbstbehalten kommen wird. Es hat mich nicht sehr irritiert, dass das so kommt, weil ich ja von dieser Bundesregierung gerade in der Gesund­heitspolitik schon relativ viel gewohnt bin, und diese Maßnahmen würden sich ja nur nahtlos in diese unübersehbare Liste von Kürzungen und Belastungen während der letzten sechs Jahre einreihen.

Meine Damen und Herren, vielleicht kurz zur Erinnerung ... (Abg. Neugebauer: Aber die meisten Selbstbehalte eingeführt hat die SPÖ! Wenigstens in der Rufweite der Wahrheit bleiben!) – Herr Kollege, ich bin immer in der Rufweite der Wahrheit. Die Unwahrheit, Herr Kollege, überlasse ich Ihnen, da haben Sie die besseren Erfahrun­gen, da sind Sie überzeugender. Das können wir sicher nicht, Herr Kollege. (Beifall bei der SPÖ.)


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Faktum ist: Es gibt natürlich noch einige andere Baustellen, so etwa das ÖVP-Chipkarten-Chaos im Hauptverband. Dieses hat jetzt ein gerichtliches Nachspiel, Herr Kollege – das wollen Sie ja nicht sehen –, auch ein parlamentarisches Nachspiel. Und ich hoffe, dass die Frau Ministerin bei der Beantwortung der Fragen, die ich an sie gestellt habe, auch die Fakten auf den Tisch legen wird, meine Damen und Herren!

Ich will gar nicht auf die versprochene Ausbildungsoffensive für AllgemeinmedizinerIn­nen eingehen, die der Ärztekammer-Präsident als „Faschingsscherz“ bezeichnet hat – auch hier wurden Sie nicht gerade mit Lob überhäuft –, und so weiter.

Vielleicht noch ein kurzer Ausblick auf das Defizit der Kassen: Auch hier große Versäumnisse, meine Damen und Herren! Sie wissen, dass die Abgänge der Kran­kenkassen in den Jahren 2001 bis 2007 kumuliert rund 1 500 Millionen € betragen, obwohl Beiträge erhöht und Leistungen gekürzt wurden. (Abg. Neugebauer: Sie reden aber nicht von der BVA, oder?)

Herr Kollege Neugebauer, Sie müssten eigentlich wissen, dass Sie selbst dabei waren, als man gerade die neuen Angestellten in den Kommunen und so weiter der BVA überantwortet hat. Und Sie wissen genau, welche Auswirkungen das natürlich auch auf die Gebietskrankenkassen hat. (Abg. Neugebauer: Sie reden aber auch nicht vom Gewerbe!) Nein, bleiben wir bei der Wahrheit! Sie haben ja gerade vorher gesagt, Sie wollen bei der Wahrheit bleiben. (Abg. Ellmauer: Das fällt Ihnen so schwer!) Ich sehe, es bleibt bei einem Versuch – mehr ist mit Ihnen in dieser Hinsicht wirklich nicht zu machen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neugebauer: Aber Sie zeihen mich nicht der Unwahrheit! Sie nicht!)

Ich bleibe sicher bei der Wahrheit, denn das ist ein Faktum, das wissen Sie nur allzu genau, Herr Kollege! (Abg. Dr. Fekter: ... G’schicht’ln!)

Faktum ist, meine Damen und Herren – es gäbe noch einiges zu berichten –, dass Sie das Gesundheitssystem mit großer Geschwindigkeit hin zur Zweiklassengesellschaft, zur Zweiklassenmedizin führen – an dieser Tatsache führt kein Weg vorbei –, mit dem Ergebnis, dass der sozial schwächere Teil der Gesellschaft in der medizinischen Versorgung massiv benachteiligt wird.

Ich möchte jetzt schließen, meine Damen und Herren: Sie haben das Vertrauen der Bevölkerung und der Verantwortlichen im Gesundheitswesen verspielt. Das ist ein Faktum, an dem kein Weg vorbeiführt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

22.12

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.12.10

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! (Abg. Dr. Cap: Wir wollen einen Mediziner! Nicht parteipolitisch!) Ich weiß nicht, eigentlich bin ich ja heute Patient. (Abg. Mag. Johann Maier: Wer ist dein Hausarzt?) Aber wenn ich Patient wäre, wäre ich jetzt, nach Ihrer Rede, verwirrt.

Wenn ich da höre: „versagt“, „Umfragen“, „einzigartige Schädigung“, so kann ich Ihnen sagen, dass ich das eigentlich tagtäglich anders erlebe, nämlich dass Österreichs Patienten sehr stolz darauf sind, dass sie in einem Land wohnen können, wo es eigentlich eine tolle Versorgung gibt – eine tolle Versorgung! (Beifall bei der ÖVP.)


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Dass Sie konstante Kindesweglegung betreiben, nämlich insofern, als sehr viele Sozialdemokraten jahrzehntelang das entscheidend mit aufgebaut haben (Abg. Gaál: Ihr zerstört das alles!) und auch jetzt noch in den Krankenkassen entscheidend mitwirken, das geht völlig unter. Ich weiß nicht, welche Umfragen Sie da zitieren, aber reden Sie einmal mit den Leuten draußen! Das täte Ihnen wohl. (Abg. Parnigoni: Das tun wir ja!)

Und ich sage Ihnen eines, wenn Sie mir nicht glauben: Die Wiener Gebietskran­kenkasse hat eine Arzneimittel-Info ausgegeben – das ist gar nicht die mir nahe stehende Gebietskrankenkasse, sondern das ist Herr Bittner –, und da steht drinnen, dass diese ganze Reform der Medikamentenversorgung, die auch von Ihnen heftig kritisiert wurde, erstens dazu geführt hat, dass die Steigerungsrate sensationell gering ist – Zitat Gebietskrankenkasse –, und zweitens, dass bestätigt ist, dass die Versor­gung mit Krebsmitteln und anderen hochwertigen Mitteln, innovativen Mitteln, hervor­ragend ist und dass keinerlei Anzeichen einer Medikamenten-Minderversorgung be­stehen. – So weit die Wiener Gebietskrankenkasse.

Anders ist Folgendes zu sehen: Die Wiener Gebietskrankenkasse stellt zum Beispiel jetzt das Osteoporose-Screening bei den Instituten ein. Ich frage mich, wie das dann mit der Frauenfrage und der Prävention in Einklang zu bringen ist. – Die Wiener Gebietskrankenkasse steht nicht unter dem Einfluss der ÖVP. (Abg. Dr. Niederwieser: Das stört euch, gell?) Ich glaube daher, Sie müssten sich einmal selbst an der Nase nehmen.

Wir haben heute auch ein Thema zu behandeln, das durch ein Erkenntnis des Verfas­sungsgerichtshofs notwendig geworden ist, nämlich die Neuordnung der Abgrenzung der öffentlichen Apotheke zur Hausapotheke. Der Verfassungsgerichtshof hat einen Konsens der Apothekerkammer und der Ärztekammer aus dem Jahr 2000 aufgehoben, indem er sagt, der Vorrang der öffentlichen Apotheke habe zu gelten, lässt aber einen Spielraum, indem er sagt: Wenn es aus Gründen der Versorgung mit Ärzten, aber auch mit Heilmitteln notwendig ist, kann der Gesetzgeber entsprechend begründete Maß­nahmen treffen.

Ich sage Ihnen: Die Versorgung des ländlichen Raumes ist ein Grund, der eine solche Maßnahme rechtfertigt! Wenn ich Ihnen sage, dass im ehemaligen Ostdeutschland bis zum Jahr 2010 20 Prozent der Praxen nicht mehr besetzt werden können und deshalb dort Hausapotheken erlaubt werden, damit man überhaupt Ärzte aufs Land bringt, wissen wir, auf welcher Zeitbombe wir theoretisch sitzen. Es geht um die Versorgung Älterer, Behinderter und von Frauen.

Wenn ich höre, dass Sie von der SPÖ sich heute auch Sorgen um den ländlichen Raum machen, dann erinnere ich Sie daran: Wer kein Auto hat, hat es wahrscheinlich nicht einfach, wenn er 20 Kilometer oder mehr zu einer Apotheke im Nachtdienst fahren muss. Es geht also um die optimale Versorgung mit Medikamenten für die Patienten.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 751/A der Abgeordneten August Wöginger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arznei-


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139. Sitzung / Seite 242

wareneinfuhrgesetz 2002) und das Apothekengesetz geändert werden (1293 der Beilagen)

*****

Ich bringe diesen Antrag ein und ersuche wegen seines Umfanges den Präsidenten gemäß § 53 Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz um Verteilung an die Abgeordneten.

Ich erläutere im Folgenden die Kernpunkte dieses Antrages.

Erstens: In Gemeinden, in denen nur ein Arzt für Allgemeinmedizin mit Kassenvertrag seinen ständigen Berufssitz hat, wird die Regelversorgung mit Arzneimitteln durch die Hausapotheke geleistet. In diesen Fällen geht die ärztliche Versorgung Hand in Hand mit der gesicherten Abgabe von Arzneimitteln. Die 4-Kilometer-Sperrzone rund um eine Apotheke reicht nicht in diese Gemeinde hinein. Das bedeutet, dass die Hausapotheke in jedem Fall bestehen bleibt. Dies soll verhindern, dass strategische Umsiedelungen der Apotheke stattfinden.

Zweitens: In Gemeinden mit zwei Kassenvertragsärzten für Allgemeinmedizin wird eine Konzession für Apotheken möglich. Eine bereits bestehende Hausapotheke bleibt bis zum 65. Lebensjahr des Arztes, längstens aber zehn Jahre ab Konzessionserteilung.

Drittens: Neue Hausapotheken in solchen Zwei-Arzt-Gemeinden haben bei Konzes­sions­erteilung einer Apotheke einen Bestand von nur drei Jahren.

Viertens: Die Frist für eine tatsächliche Eröffnung einer Apotheke nach Konzes­sionserteilung wird von drei auf fünf Jahre verlängert, damit sich die Berechenbarkeit für die tatsächliche Eröffnung einer Apotheke in Zwei-Arzt-Gemeinden erhöht.

Fünftens: In Drei-Arzt-Gemeinden – oder mehr – müssen Hausapotheken bei Eröff­nung einer Apotheke nach drei Jahren schließen.

Sechstens: Die neuen Regelungen treten mit Kundmachung in Kraft. Für laufende Konzessionsverfahren gilt bis 31. Oktober 2006 die alte Rechtslage.

Sie sehen, wir von der ÖVP haben rasch auf dieses Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofs reagiert und entsprechend gehandelt. Es geht um die extrem schwierige Grenzziehung zwischen öffentlicher Apotheke und Hausapotheke, insbesondere im dünner besiedelten ländlichen Raum.

Wir haben gehalten: Wir werden das machen, was den österreichischen Patienten nützt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Matznetter: Was haben Sie gehalten?)

22.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Rasinger in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Rasinger, Rosenkranz zum Bericht des Gesundheitsausschusses in 1293 der Beilagen ist hinreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung. Er wird entsprechend § 53 Abs. 4 GOG verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 751/A der Abgeordneten August Wöginger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arznei­wareneinfuhrgesetz 2002) und das Apothekengesetz geändert werden (1293 d.B.)


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139. Sitzung / Seite 243

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Antrag wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel I lautet die Z 1:

„1. Im § 2 Abs. 10 2. Satz wird die Wortfolge „Bundesministerium für Gesundheit und Frauen“ durch die Wortfolge „Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen“ ersetzt.“

2. Im Artikel I erhalten die bisherigen Z 1 und 2 die Bezeichnung „2“ und „3“.

3. Im Artikel II erhält die Novellierungsanordnung zu § 3 Abs. 4 die Bezeichnung „1.“,  folgende  Z 2 bis 14 werden angefügt:

„2. Im § 8 Abs. 3 entfällt die Wortfolge „oder dafür zu sorgen, daß den Ärzten des Standortes in solchen Fällen die erforderlichen gebrauchsfertigen Arzneimittel zugänglich sind“.

3. § 10 Abs. 2 Z 1 lautet:

„1. sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genom­menen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allge­meinmedizin besetzt sind, oder“

4. § 10 Abs. 3 lautet:

„(3) Ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 besteht auch dann nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke

1. eine ärztliche Hausapotheke und

2. eine Vertragsgruppenpraxis befindet, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen nach Abs. 2 Z 1 entspricht und in der Gemeinde keine weitere Vertragsstelle nach § 342 Abs. 1 ASVG von einem Arzt für Allgemeinmedizin besetzt ist.“

5. Nach § 10 Abs. 3 werden folgende Abs. 3a und 3b eingefügt:

„(3a) In einem Zeitraum, während dessen ein Gesamtvertrag gemäß § 341 ASVG nicht besteht, besteht ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 dann nicht, wenn in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke weniger als zwei Ärzte für Allgemeinmedizin zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren ständigen Berufssitz haben und sich dort eine ärztliche Hausapotheke befindet.

(3b) Bei der Prüfung gemäß Abs. 2 Z 1 sind bloß vorübergehende Vertragsstellen, die einmalig und auf höchstens 3 Jahre befristet sind, nicht zu berücksichtigen.“

6. In § 10 Abs. 5 wird die Wortfolge „der Abs. 3 und 4“ ersetzt durch die Wortfolge „des Abs. 4“.

7. Im § 10 Abs. 7 wird der Ausdruck „ § 29 Abs. 4 und 5“ durch den Ausdruck „§ 29 Abs. 3 und 4“ ersetzt.

8. Nach § 10 Abs. 7 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Als bestehende Apotheken im Sinne des Abs. 2 Z 2 und 3 gelten auch alle nach der Kundmachung BGBl I Nr. 53/1998 rechtskräftig erteilten Konzessionen zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke.“

9. Im § 19 Abs. 1 Z 1 wird das Wort „drei“ durch das Wort „fünf“ ersetzt.

10. § 28 samt Überschrift  lautet:


Nationalrat, XXII.GP
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139. Sitzung / Seite 244

„Funktion ärztlicher Hausapotheken

§ 28. (1) Ärzten ist die Abgabe von Arzneimitteln nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen gestattet.

(2) Sind in einer Gemeinde weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt, oder hat in einer Gemeinde nur eine Vertragsgruppenpraxis, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Ver­tragsstellen nach § 10 Abs. 2 Z 1 entspricht, ihren Berufssitz, so erfolgt die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zur Sicherung der ärztlichen Versorgung in der Regel durch ärztliche Hausapotheken, sofern nicht Abs. 3 oder § 29 Abs. 1 Z 3 Anwendung findet.

(3) Ist in einer Gemeinde gemäß Abs. 2 eine Konzession für eine öffentliche Apotheke rechtskräftig erteilt worden, so kann eine Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke gemäß § 29 nicht erteilt werden.

(4) Durch Abs. 2 werden bestehende öffentliche Apotheken sowie deren Übergang und Fortbetrieb im Sinne der §§ 15 und 46 nicht berührt.“

11. § 29 lautet:

„§ 29. (1) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist einem Arzt für Allgemeinmedizin  auf Antrag zu erteilen, wenn

1. dieser in einem dem § 342 Abs. 1 entsprechenden Vertragsverhältnis steht, oder als Arzt für Allgemeinmedizin an einer Gruppenpraxis, die in einem Vertragsverhältnis nach § 342 Abs. 1 ASVG steht, beteiligt ist,

2. sich in der Gemeinde, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet, und

3. der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist.

In einem Zeitraum, während dessen ein Gesamtvertrag gemäß § 341 ASVG nicht besteht, findet Z 1 keine Anwendung.

(2) Verlegt ein Arzt für Allgemeinmedizin seinen Berufssitz in eine andere Gemeinde, so erlischt die für den vorherigen Berufssitz erteilte Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke.

(3) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist nach Maßgabe des Abs. 4 bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen, wenn

1. die Wegstrecke zwischen dem Berufssitz des Arztes und der Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet, und

2. sich die ärztliche Hausapotheke weder in einer Gemeinde gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 noch in einer Gemeinde gemäß § 10 Abs. 3 befindet.

(4) Der Inhaber der neu errichteten öffentlichen Apotheke ist verpflichtet, den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Apotheke der Behörde mitzuteilen. Die Behörde hat die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung auf Antrag des Inhabers der öffentlichen Apotheke mit Bescheid so rechtzeitig auszusprechen, dass die Einstellung des Hausapothekenbetriebes drei Jahre nach Rechtskraft des Bescheides erfolgt, mit dem die Konzession für die öffentliche Apotheke erteilt wurde. Wird die öffentliche Apotheke nach diesem Zeitpunkt in Betrieb genommen, ist die Hausapothekenbewilligung so zurückzunehmen, dass die Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke und die Einstellung des Hausapothekenbetriebes zum selben Zeitpunkt erfolgen.


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(5) Der Inhaber der neu errichteten öffentlichen Apotheke ist bei Einstellung des Hausapothekenbetriebes gemäß Abs. 4 verpflichtet, die nach den jeweils geltenden arzneimittelrechtlichen Vorschriften verwendungsfähigen Vorräte der Hausapotheke auf Begehren des Arztes gemäß § 57 abzulösen.

(6) Die Verpflichtung zur Ablösung erstreckt sich nur auf solche Mittel, welche der Apotheker zufolge behördlicher Verfügung (§ 7) vorrätig halten muss, und nur auf solche Mengen, welche dem voraussichtlichen Betriebsumfang der neu errichteten Apotheke entsprechen.

(7) Wird zwischen den Beteiligten über den Übernahmspreis keine Einigung erzielt, so ist dieser Preis im Wege einer Schätzung unter behördlicher Leitung zu ermitteln. Wenn über den Umfang der Ablösung oder deren Bedingungen Streit besteht, so ist der Anspruch im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.

(8) Durch die Eröffnung einer Filialapotheke werden Hausapothekenbewilligungen nicht berührt.“

12. Im § 30 Abs. 1a wird der Ausdruck „§ 29 Abs. 5“ durch den Ausdruck „§ 29 Abs. 4“ ersetzt.

13. Im § 48 Abs. 2 und § 51 Abs. 3 wird der Ausdruck „ § 29 Abs. 4 und 5“ durch den Ausdruck „§ 29 Abs. 3 und 4“ ersetzt.

14. Nach § 62 wird folgender § 62a eingefügt:

„§ 62a. (1) Wurde eine Konzession für eine öffentliche Apotheke nach dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2006 für eine Betriebsstätte erteilt, in deren Gemeinde zum Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 9 zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1, die von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, vorhanden waren, so ist abweichend von § 29 Abs. 3 und 4 die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke dann zurückzu­nehmen, wenn der Inhaber der Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke das 65. Lebensjahr vollendet hat, sofern die Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes bereits rechtskräftig erteilt war. Die Frist für die Zurücknahme und die Einstellung des Betrie­bes der ärztlichen Hausapotheke darf dabei insgesamt jedoch zehn Jahre ab Rechts­kraft der Konzession nicht übersteigen.

(2) Wurde eine Konzession für eine öffentliche Apotheke vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2006 oder gemäß Abs. 3 oder 4 rechtskräftig erteilt, so gilt hinsichtlich der Rücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke die Rechtslage vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. xxxx/2006 weiter.

(3) Auf im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2006 anhängige Verfahren ist bis zum Ablauf des 31. Oktober 2006 die Rechtslage vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. xxxx/2006 weiterhin anzuwenden.

(4) Auf im Zeitpunkt der Kundmachung BGBl. I Nr. 1/2006 anhängige Konzessions­verfahren, die bis zum Ablauf des 31. Oktober 2006 nicht rechtskräftig abgeschlossen sind, ist § 10 Abs. 2 Z 1 in der Form anzuwenden, dass ein Bedarf dann nicht besteht, wenn sich in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke eine ärztliche Hausapotheke befindet und in der Gemeinde oder im Umkreis von vier Straßenkilometern um die in Aussicht genommene


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Betriebsstätte zum Zeitpunkt der Antragstellung weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1, die von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, bestehen.

(5) § 8 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2006 tritt mit 1. Jänner 2008 in Kraft.““

Begründung

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 2005, G 13/05, G 37/05 und G 46/05, wurden wesentliche Regelungen für das Verhältnis ärztliche Haus­apotheken und öffentliche Apotheken (im wesentlichen § 10 Abs. 2 Z 1, § 28 Abs. 2 und 3 und eine Wortfolge im § 29 Abs. 4 Apothekengesetz) als verfassungswidrig aufgehoben. Diese Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2006 in Kraft.

Es erscheint dringend angezeigt, diese für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung wesentliche Frage einer verfassungskonformen Neuregelung zuzuführen.

Der Grundsatz dieser Neuregelung besteht darin, die für die Sicherung der Gesund­heitsversorgung der Bevölkerung notwendige Verbindung zwischen der ärztlichen Versorgung und der Arzneimittelversorgung zu schaffen. Es ist davon auszugehen, dass in ländlichen Gebieten eine Trennung zwischen ärztlicher Tätigkeit und Versor­gung der Bevölkerung mit Arzneimitteln aus ökonomischen Gründen nicht zu der gesundheitspolitischen Zielsetzung der ausreichenden flächendeckenden Versorgung führen kann. Dies betrifft jedenfalls Gemeinden, in denen nur ein versorgungswirk­samer Arzt für Allgemeinmedizin seinen ständigen Berufssitz hat. In diesen Gemeinden kann in Zukunft die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch die ärztliche Hausapotheke erfolgen.

Es soll nichts an der Bewertung geändert werden, dass der Gesetzgeber die ordnungs­gemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung auf Grund des umfassenderen Leistungsangebots in der Regel durch öffentliche Apotheken vorsieht. In besonderen ländlichen Strukturen (Ein-Kassenvertragsarzt-Gemeinde) wird jedoch die Versorgung durch ärztliche Hausapotheken als Versorgungsform vorgesehen und stellt insofern in diesen Bereichen ausnahmsweise keine der öffentlichen Apotheke untergeordnete Form dar.   

Zu Z 1:

Dient der Behebung eines Redaktionsversehens.

Zu Z 3:

§ 8 Abs. 3 dient der Verbesserung der Versorgungssituation mit Arzneimitteln.  

§ 10 Abs. 2 Z 1 und § 28 Abs. 2 tragen nunmehr dem Umstand Rechnung, dass in Gemeinden, in denen nur ein Arzt für Allgemeinmedizin mit Kassenvertrag den Berufs­sitz hat, die Arzneimittelversorgung vorrangig durch diesen Arzt im Wege einer ärzt­lichen Hausapotheke erfolgen soll. Nur dann, wenn sich in einer solchen Gemeinde keine ärztliche Hausapotheke befindet, soll eine öffentliche Apotheke eröffnen können. Sobald sich in einer Gemeinde mehr als ein Arzt für Allgemeinmedizin mit Kassenvertrag befindet, kann eine öffentliche Apotheke unabhängig vom Bestehen einer ärztlichen Hausapotheke errichtet werden. Durch den Verweis auf § 342 Abs. 1 ASVG wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich um Kassenvertragsärzte handeln muss, die eine im Stellenplan vorgesehene Planstelle innehaben.

§ 10 Abs. 3 berücksichtigt den Umstand, dass es auch Gruppenpraxen gibt, die weniger als die doppelte Mindestordinationsstundenzahl erbringen. Die Versorgungs­wirksamkeit eines an einer Gruppenpraxis beteiligten Arztes für Allgemeinmedizin


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richtet sich nach der im Rahmen der Gruppenpraxis vereinbarten Mindestordinations­stunden, den vereinbarten zu erbringenden Versicherungsleistungen, der Patientenfre­quenz oder dem Umsatz. Abs. 3a trifft eine Regelung für den Fall eines sog. „vertrags­losen Zustandes“. Abs. 3b enthält eine Sonderregelung im Hinblick auf bloß vorübergehende Vertragsstellen (Vorgriffsstellen, Nachfolgeregelungen, etc.). Sind bei derartigen Modellen Vertragsstellen bloß von vorübergehender Natur und fallen vereinbarungsgemäß längstens innerhalb von drei Jahren wieder weg, so sind diese im Rahmen der Bedarfsprüfung nicht zu berücksichtigen. Abs. 8 enthält eine Klarstellung.

In § 10 Abs. 7, § 30 Abs. 1a, § 48 Abs. 2 und § 51 Abs. 3 erfolgen Anpassungen der Verweise.

In § 19 wird der Zeitraum für die Öffnung der öffentlichen Apotheke nach Erteilung der Bewilligung um ein Jahr verlängert.

§ 28 bringt den Grundsatz zum Ausdruck, dass in Gemeinden mit nur einem Kas­senvertragsarzt die Regelversorgung der Bevölkerung durch ärztliche Hausapotheken erfolgt.

Gemäß § 29 Abs. 1 ist die Bewilligung für eine ärztliche Hausapotheke zu erteilen, wenn es sich bei dem antragstellenden Arzt um einen Kassenvertragsarzt für Allge­meinmedizin handelt und sich in der Gemeinde keine öffentliche Apotheke befindet oder diese mehr als sechs Kilometer entfernt ist.

§ 29 Abs. 3 sieht als Regelfall die Rücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke vor, wenn in einer Gemeinde mit mindestens zwei Vertrags­ärzten eine öffentliche Apotheke bewilligt wird und sich der Berufssitz des Arztes nicht mehr als vier Straßenkilometer entfernt befindet. In Gemeinden mit nur einem Vertragsarzt erfolgt im Hinblick darauf, dass in solchen Gemeinden die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch ärztliche Hausapotheken erfolgt, keine Zurücknahme. Dieser Schutz gilt allerdings nicht mehr, wenn zwischenzeitig in der Gemeinde ein zweiter Kassenvertragsarzt seine Praxis eröffnen sollte.

§ 62a enthält die notwendigen Übergangsregelungen. Abs. 1 sieht im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung und zur Verwirklichung der in § 342 Abs. 1 Z 1 ASVG vorgesehenen Wahlmöglichkeit zwischen zwei in angemessener Zeit erreich­baren Vertragsärzten für bestehende Hausapothekenbewilligungen eine Verlängerung des in  § 29 Abs. 4 vorgesehenen Zeitraums vor, ohne gleichzeitig eine Zutritts­schranke für öffentliche Apotheken zu errichten. Dadurch wird dem Umstand Rech­nung getragen, dass bei der Ausgestaltung des ärztlichen Versorgungsnetzes im ländlichen Raum bisher auch die Führung einer ärztlichen Hausapotheke in die Planung miteinbezogen wurde. Es ist daher für einen geordneten Übergang auf das nunmehrige System notwendig, diesen Hausapotheken eine längere Umstellungsfrist zu gewähren. In Gemeinden, in denen sich schon jetzt mehr als zwei Kassen­vertragsärzte befinden, ist davon auszugehen, dass die notwendige Versorgung der Bevölkerung mit Gesundheitsdienstleistungen auch gewahrt bleibt, wenn die bestehenden ärztlichen Hausapotheken innerhalb einer 3-Jahresfrist zurückgenommen werden müssen. Bei nach dem In-Kraft-Treten dieser Novelle besetzten Kassenplan­stellen oder bewilligten Hausapotheken kann hingegen bereits das neue System ent­sprechend berücksichtigt werden. Durch diese Regelung soll ausschließlich für einen begrenzten Zeitraum eine Übergangslösung geschaffen werden, nach wie vor wird aber am Grundsatz festgehalten, dass es keine dauerhafte Parallelstruktur zwischen öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken geben soll.

Abs. 2 sieht im Sinne des Vertrauensschutzes bei rechtskräftig erteilten Konzessionen eine Weitergeltung der bisherigen Rechtslage für die Zurücknahme ärztlicher Haus­apotheken vor.


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Anhängige Verfahren sind gemäß Abs. 3 bis zu der vom Verfassungsgerichtshof maximal vorgesehenen Frist für die Schaffung einer Ersatzregelung nach der bisher geltenden Rechtslage fortzuführen.

Abs. 4 berücksichtigt die besondere Situation von laufenden Verfahren.

Die Änderungen in § 8 Abs. 3 sollen im Hinblick auf die damit verbundenen organi­satorischen Umstellungen erst mit 1. Jänner 2008 in Kraft treten.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Csörgits. Sie wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.18.53

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kollege Rasinger, eine Bemerkung grundsätzlich: Unser Gesundheitssystem ist deshalb noch so einigermaßen gesund, weil Sie ein ganz hervorragendes Gesundheitssystem von der Sozialdemokratie übernommen haben (ironische Heiterkeit bei der ÖVP) und weil in den Gebietskrankenkassen noch die Selbstverwaltung etwas zu sagen hat. Es ist Ihnen bis jetzt noch nicht gelungen, das Gesundheitssystem total an die Wand zu fahren – Gott sei Dank, füge ich hinzu. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Stummvoll.)

In diesem Zusammenhang, geschätzter Kollege Rasinger, ist es nicht nur ... (Abg. Lentsch – sich von ihrem Platz erhebend und in Richtung Saalausgang begebend –: Da muss ich gehen! Das halt’ ich nicht mehr aus!) – Das macht nichts! Sie könnten etwas lernen, Frau Kollegin, aber anscheinend wollen Sie das nicht!

Geschätzter Herr Kollege Rasinger, es ist nicht nur jetzt schon spät, sondern Sie haben auch den Abänderungsantrag sehr, sehr spät eingebracht. Er ist bei uns im Klub um 18.26 Uhr eingelangt. Ich kann mich erinnern, dass wir irgendwann einmal verein­bart haben, dass wir bei so einer wichtigen Thematik eine längere Zeit zur Verfügung haben. Es tut mir wirklich Leid, aber ich denke mir, wenn wir gemeinsam etwas erarbeiten wollen, dann sollten wir das auch ein bisschen länger in den Klubs vorbereiten lassen. Außerdem handelt es sich hier um eine völlig neue Materie, daher wäre das besser gewesen. Also eine gute Zusammenarbeit in einem Gesundheits­ausschuss stelle ich mir etwas anders vor.

Aber da es sich dabei um eine ganz wichtige Materie handelt und es da um die Grundversorgung von Menschen im ländlichen Raum geht und uns als Sozial­demokraten das ein wichtiges Anliegen ist – im Gegensatz zu sehr vielen Maßnahmen, die zwar nicht im Gesundheitsausschuss gemacht worden sind; aber durch viele andere Maßnahmen hat diese Bundesregierung den ländlichen Raum ja ausgedünnt, hier aber ist eine positive Maßnahme gesetzt worden –, werden wir von der Sozial­demokratie erstens einmal dem Gesetz die Zustimmung geben und zweitens auch dem Abänderungsantrag. Ich würde aber trotzdem noch darum bitten, dass Sie in Zukunft auch diese Spielregeln betreffend die längere Zeit einhalten, denn nur dann kann man in einem sehr wichtigen Ausschuss, nämlich dem Gesundheitsausschuss, gemeinsam gute Arbeit leisten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Rasinger.)

22.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Rosenkranz. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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139. Sitzung / Seite 249

22.21.14

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Für einen doch sehr parteipolitisch motivierten Redebeitrag ist Gesundheitspolitik eigentlich kein geeignetes Thema. Das wird uns in keiner Weise weiterbringen, denn das ist ein besonders schwieriges Thema. Auf der einen Seite die Finanzierung, die auf Grund der medizinisch-technischen Entwicklung natürlich eine immer größere Herausforderung wird; auf der anderen Seite der leider – und das wäre wohl eine ausführliche Debatte zu einer günstigen Uhrzeit wert – immer schlechtere Zustand vor allem unserer jungen Leute auf Grund der zivilisatorischen Bedingungen, die eben für die Entwicklung nicht nur gut wirken. Aber dafür ist heute Abend nicht mehr die Zeit.

Ich werde mich also jetzt auf das, was letztes Mal im Gesundheitsausschuss sachlich verhandelt worden ist, konzentrieren und da vor allem, da es sich bei den vier Anträgen beinahe ausschließlich um Konsensmaterien handelt, zu jenem Punkt Stellung neh­men, der eine gewisse politische Herausforderung bedeutet hat. In der Gesundheits­politik ist man ja auch mit starken Standesvertretungen konfrontiert. Man muss also gesundheitspolitische Ziele mit dem politisch Möglichen und Machbaren in Einklang bringen. Und da geht es eben speziell um das Apothekengesetz.

Der eine Punkt ist eine Anpassung an eine EU-Richtlinie, die es uns eben nicht gestattet, bei der Zulassung von Apotheken an der Staatsbürgerschaft anzuknüpfen, sondern – wir machen das jetzt und ändern das – wir knüpfen es an das Apothe­kendiplom an.

Der zweite Punkt war eben, wie Kollege Rasinger gesagt hat, durch ein Verfas­sungsgerichtshof-Erkenntnis erzwungen, eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen öffentlichen Apotheken und Hausapotheken. Und dazu, auch für die vielen Bürgermeister unter Ihnen: Wir haben einen Grundsatz, den der Verfassungs­gerichtshof in seinem Erkenntnis auch neuerlich bestätigt hat, nämlich dass es sinnvoll ist, eine Trennung zwischen dem verschreibenden Arzt und dem verkaufenden Apo­theker zu machen. Dies erstens aus dem Grund, dass eine öffentliche Apotheke, was das Sortiment und das Offenhalten betrifft, natürlich ein umfassenderes Angebot bieten kann; zum Zweiten ist das aber auch deshalb sinnvoll – ohne irgendjemandem etwas zu unterstellen –, weil damit alle ökonomischen Motive bei der Verschreibepraxis ausgeschlossen sind.

Allerdings lässt sich dieser Grundsatz, der besteht, nicht rigoros durchhalten, nämlich dort, wo sonst die flächendeckende Versorgung im ländlichen Raum gefährdet wäre, weil eben bei vertretbaren Wegzeiten eine öffentliche Apotheke dort nicht sein könnte, weil das Patientenaufkommen zu gering wäre. Dort also gibt es Hausapotheken. Und da einen Modus Vivendi zwischen diesen beiden Gruppen zu finden, darum ist es gegangen.

Frau Csörgits und Herr Dr. Grünewald: Der Abänderungsantrag ist tatsächlich sehr spät zu Ihnen gekommen. Wir haben allerdings heute in der Früh noch einmal kleine Dinge ändern müssen und haben, so, wie ich es sehe, jetzt doch das weitgehende Einverständnis beider Standesgruppen erreicht, und das ist eigentlich schon sehr viel wert.

Insofern bin ich sehr froh, dass ich diese Sache zum Abschluss bringen kann und die letzte Woche, die ich mit Apothekern und Ärzten verbringen konnte, damit zu einem positiven Ende führen konnte, und ich freue mich sehr, dass wir heute hier zu diesem Punkt doch eine weitgehende Zustimmung erlangen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.24



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139. Sitzung / Seite 250

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krainer. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.24.45

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Kollegin Rosenkranz, das finanzielle Problem des Gesundheitssystems ist nicht so sehr ausgabenseitig zu sehen, weil die Ausgaben gemessen am BIP relativ konstant sind, sondern es ist eher ein Problem auf der Einnahmenseite, weil die Einnahmen gemessen am BIP laufend sinken, weil wir das Gesundheitssystem vor allem auf der Basis der Löhne und Ein­kommen der Nichtselbständigen finanzieren und diese weniger stark steigen als die Einkommen aus Gewinnen von Unternehmen oder aus Vermietungen und Verpach­tungen, also aus Kapitaleinkünften. Das ist eher das Finanzierungsproblem: ein strukturelles Problem der Einnahmen und nicht so sehr der davongaloppierenden Ausgaben.

Frau Bundesministerin, Ihre Gesundheitspolitik kann man im Prinzip durch drei Eigen­schaften charakterisieren, nämlich dass Sie strukturelle Probleme nicht lösen, finanzielle Probleme nicht lösen und dass Sie auch Konflikte nicht wirklich lösen, sondern dass Sie im Gegenteil so ein bisschen eine Loch-auf/Loch-zu-Strategie fahren, dass Sie Probleme aufschieben und dass Sie sehr zögerlich und sehr zauderl­ich dabei sind, im Gesundheitssystem notwendige Maßnahmen zu setzen.

Was ich meine, ist, dass das österreichische Gesundheitssystem einen Kurswechsel braucht, bei dem man mutig darangeht, diese Probleme, nämlich die von mir eingangs kurz skizzierten finanziellen, in der Struktur gelegenen Probleme, ernsthaft zu lösen und nicht vor sich herzuschieben, und das natürlich auch unter dem Grundsatz der Solidarität.

Einer der Gründe oder einer der Hauptgründe, warum es die Sozialdemokratie gibt, ist, dass wir in unserer Geschichte oder in der Geschichte der Menschheit erkannt haben, dass es eine Reihe von Chancen wie Bildung und Risiken wie das Risiko, alt zu sein und nicht mehr genug verdienen zu können beziehungsweise krank zu werden oder die Arbeit zu verlieren, gibt, die wir nicht individuell lösen wollten, und gesehen haben, dass man diese – sowohl die Chancen als auch die Risiken – nicht individuell tragen kann, sondern dass man diese nur als Gemeinschaft solidarisch tragen kann, nach dem Prinzip, dass stärkere Schultern eine größere Last tragen und schwächere eine geringere Last. Das ist auch etwas, was uns auszeichnet und auch unsere Gesund­heitspolitik auszeichnet. Kollege Rasinger hat ja nicht zu Unrecht gesagt, dass natürlich das Gesundheitssystem und die Struktur dieses Gesundheitssystems über Jahrzehnte maßgeblich von Sozialdemokraten aufgebaut wurde und natürlich auch ein sehr gutes System ist, das aber auch Anpassungen und auch strukturelle Anpas­sungen braucht.

Das, was Sie in den letzten Jahren gemacht haben, ist nicht, diese notwendigen Anpassungen durchzuführen, sondern die Probleme vor sich herzuschieben. Wir meinen daher, es ist Zeit, dass Sie auch hier Platz machen und einen Kurswechsel auch in der Gesundheitspolitik – unter den Grundsätzen, die ich vorher genannt habe – ermöglichen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Auch seine Wunschredezeit beträgt 3 Minuten. (Abg. Dr. Grünewald – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ach so?) Wollen Sie weniger? (Heiterkeit. – Abg. Broukal: Der Versuch ehrt Sie, Herr Präsident!)

 



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22.27.52

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Als ich vor Jahren hier ins Parlament gekommen bin, war ich der Meinung, in den Ausschüssen sitzt sozusagen – wir haben das Thema gehabt – die Elite, die Exzellenz, die Crème de la Crème der Fachleute und ringt stundenlang um Gesetze, um Verbesserungen und feilscht um Inhalte zum Wohle der Bevölkerung. Irgendwie ernüchtert stelle ich fest, dass heute ein Gesetz beschlossen werden soll, dass nicht das Licht des Ausschusses erblicken durfte, warum auch immer: weil die ÖVP so schnell ist, sagt Rasinger, weil man nicht der Zeit hintennach hinken will, weil es eilt. Trotzdem glaube ich, dass es bei einer Materie, die zumindest 2 000 Apotheken betrifft – öffentliche und hausärztliche Apotheken, wo ungeheure Umsätze gemacht werden, wo von beiden Seiten ein wichtiger Versorgungsauftrag erfüllt wird und wo zwei Gruppen mit unterschiedlichen Interessen relativ heftig miteinander kämpfen –, schon notwendig und verantwortlich wäre, dass man darüber spricht. Vom Verhandeln kann ich nämlich nicht reden, wenn ich zwei Stunden mitten an einem Plenartag Zeit habe, mir das durchzulesen.

Das ist unseriös, und ich erwarte mir etwas Seriöses und werde daher – und ich sage es beinhart – egal, was da drinnen steht, nicht zustimmen, denn ich lasse mir weder von der Apothekerkammer noch von der Ärztekammer sagen, dass meine Ent­scheidung drei Stunden nach Erhalt eines Papiers ohne jedwede Diskussion gefällt wurde.

Kollege Rasinger ist einer der ganz Schnellen, die dann Briefe an Ärzte schreiben: Naturalrabatte: Grüne wollen Hausapotheken vernichten! Die Versorgung am Land, die alten Frauen, die kleinen Kinder sind gefährdet! – Das möchte ich nicht wieder lesen. Sag bitte stattdessen den Leuten, warum wir nicht zustimmen!

Jetzt vielleicht etwas Generelles, damit wir das abgehandelt haben: Das Arznei­mittelgesetz ist okay; Patientencharta okay; Heilmasseurgesetz und diese Änderungen okay; alles andere im Großen und Ganzen auch. Aber wenn wir jetzt über Haus­apotheken reden, gibt es ein paar Fragen, die vielleicht in einem Ausschuss zu klären wären. Es fällt natürlich auf, dass hausärztliche Apotheken nahezu in der gleichen Anzahl wie öffentliche Apotheken existieren, da fehlt nicht viel. Jetzt kann man sagen, Österreich ist dermaßen ländlich, dass viele Gebiete ohne Schlittenhunde, ohne Motocross-Maschinen, ohne Jeep und ohne Saurer-Schützenpanzer nicht erreichbar sind – das möchte ich aber belegt haben.

Ich sage trotzdem, dass Hausapotheken eine wichtige Rolle spielen. Aber dass man, weil irgendwo eine Hausapotheke steht, jemand sagt, der es gelernt hat, der es studiert hat – und es sind zu 90 oder 80 Prozent Frauen –, er kann sich dort nicht niederlassen oder erst nach zehn Jahren oder erst dann, wenn das letzte Medikamenten-Ablauf­datum fünf Jahre zurückliegt, das ist seltsam. Ich rede jetzt nicht gegen Ärzte, sondern ich sage einfach für ganz normale Leute mit Hausverstand, was Freiheit eines Berufes ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ... sind keine normalen Leute mit Hausverstand?)

Wenn irgendwo in einem kleinen Ort eine Post existiert und man sagt, sie kann nicht überleben, weshalb sie jetzt noch eine Konditorei dazu betreibt, und wenn dann ein Konditor kommt und sagt: Ich möchte mich da niederlassen!, und dann die Post sagt: Das geht nicht, ich führe die Konditorei weiter!, dann finde ich das auch etwas seltsam.

Also: nicht gegen Hausapotheken, aber schon einen fairen Wettbewerb, in dem beide die Chance des Überlebens, des Wirtschaftens und des klugen Rezeptierens haben, ohne in Versuchung zu geraten und ihr zu erliegen – da wäre ich dafür, und daraus hätte man den Schluss ziehen können, mehr zu diskutieren. (Der Redner hält eine Landkarte von Österreich in die Höhe, auf der zahlreiche rote Punkte zu sehen sind.)


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Hier habe ich eine Landkarte von der Ärztekammer, darauf ist alles eingezeichnet, was gefährdet ist. Ich habe eine von der Apothekerkammer, die ganz Österreich umfasst und auch nicht klein ist. Darüber könnte man sich unterhalten, und dass das in einem Ausschuss nicht geht, finde ich eigentlich blamabel. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


22.32.56

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Kollege Lackner und Herr Kollege Krainer: Entweder sprechen Sie wider besseres Wissen, oder Sie haben nicht aufgepasst. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Beides!) Es dürfte Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, dass Sie hier – mit Ihren Stimmen ist das hier beschlossen worden – die größte Strukturreform in der Gesundheitspolitik der Zweiten Republik beschlossen haben, nämlich die gemeinsame Planung, Steuerung und Finanzierung des Gesundheitssystems. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch was die finanziellen Fragen anlangt: Herr Abgeordneter Lackner, 1 500 Mil­lionen €, wenn ich richtig verstanden habe, Abgang bei der Krankenversicherung. – Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. (Abg. Lackner: Kumuliert!) Ja, kumuliert vielleicht noch aus den letzten zehn Jahren! Herr Kollege, wir haben den Abgang jährlich reduziert, wir haben mit einer maßvollen – einer maßvollen! – Beitragserhöhung den Krankenkassen bis zu 900 Millionen € zusätzlich zugeführt, und wir haben durch entsprechende Strukturmaßnahmen auch Geld eingespart. Ich glaube, das ist der Weg, der sinnvoll ist. Sie haben ja Gott sei Dank in manchen Bereichen auch mitge­stimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Konflikte anlangt: Man kann mir viel nachsagen, aber nicht, dass ich konflikt­scheu bin; viele, die hier in diesem Raum sitzen, wissen das. Nur gehe ich von einem anderen Ansatz aus, und da sind die Hausapotheken, die öffentlichen Apotheken und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs ein gutes Beispiel. Ich gehe davon aus, dass es möglich sein muss, in weitestgehendem Maße eine Einigung zu finden, auch wenn beide Gruppen mit dieser Lösung nicht ganz glücklich sind. Das ist schwierig.

Uns geht es darum, für die Patientinnen und Patienten die bestmögliche Versorgung sicherzustellen, und das ist damit gelungen. Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen, die daran beteiligt waren – es ist dies ja ein Abänderungsantrag –, und hoffe, dass wir damit für die Versorgung der Österreicherinnen und Österreicher, aber auch für die Ärzte und die Apotheken eine tragbare und gute Lösung gefunden haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.35.32

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Gesundheitspolitik dieser Regierung beschränkt sich auf Worthülsen. Wir haben hier wieder einige Worthülsen zu hören bekommen. (Abg. Mag. Molterer: Wir haben es anders verstanden! Wir haben es verstanden!)

Im Gegensatz dazu ist es so, dass in der Bevölkerung schon Verunsicherung Platz greift (Abg. Mag. Molterer: Verursacht durch die SPÖ-Propaganda!), nämlich Verun­sicherung darüber, ob bei der Gesundheitspolitik die Patientinnen und Patienten im Gesundheitssystem auf ihre Kosten kommen, nach ihrem Wunsch behandelt werden


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und nicht eine dicke Brieftasche haben müssen, damit sie im Gesundheitssystem verbleiben können. (Abg. Kopf: Jetzt fördern Sie wieder ...! Die Menschen werden es Ihnen danken! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Frau Ministerin! Wenn Sie davon sprechen, wie viel Geld Sie aufgestellt haben, dann müssen Sie auch dazusagen, dass Sie das Geld zum Beispiel von der Unfall­versicherung genommen haben, dass Sie Krankenversicherungsbeiträge erhöht haben (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Rauch-Kallat), also dass diese Struktur­maßnahmen, die Sie angeführt haben, im Großen und Ganzen aus Worthülsen be­stehen und die Patientinnen und Patienten mehr oder weniger in Verunsicherung und in Unsicherheit entlassen. (Abg. Mag. Molterer: Verursacht wird es durch die SPÖ und ihre Propaganda!) Sie sind dafür zuständig, dass die Menschen kein Vertrauen ins Gesundheitssystem mehr haben. Das werden wir ändern, wir werden einen Kurs­wechsel in diese Richtung machen. (Abg. Kopf: Einen Kurswechsel machen ohne Chef!)

Ich möchte auch als ganz toll hervorheben, dass sich die Wiener Gebietskrankenkasse mit den Ärzten, mit der Ärztekammer in Verträgen geeinigt hat. Dadurch wird es erstmals möglich sein, dass die Hausärztinnen und Hausärzte als Lotsen durch das Gesundheitssystem zur Verfügung stehen – ein wesentlicher Beitrag, wie man Struk­tur­maßnahmen im Gesundheitssystem machen kann, dass die Patientinnen und Patienten zu ihrem Recht kommen und von den Hausärztinnen und Hausärzten betreut werden, die ihr Vertrauen genießen. Ich denke mir, das ist ein wesentlicher, ent­scheidender Punkt, woran man wieder sieht, wie wichtig es ist, dass die Selbst­verwaltung erfolgreich tätig sein kann.

Ich möchte auch noch zur Patientencharta sprechen, die heute mit Wien abgeschlos­sen wird. Es gibt in der Patientencharta Leitlinien in der Betreuung von Patientinnen und Patienten für Leistungen im Gesundheitssystem, zum Beispiel das Recht auf Achtung der Würde und der Integrität, das Recht auf Selbstbestimmung und Information, die besondere Stellung von Kindern im Gesundheitssystem und die Patien­teninteressen.

Auch das ist ein wesentlicher Beitrag dazu, dass das Gesundheitssystem von Ihnen nicht gegen die Wand gefahren werden kann, sondern dass sich sehr viele einfluss­reiche und initiative Partnerinnen und Partner im Gesundheitssystem dagegen­stem­men. (Beifall bei der SPÖ.)

22.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Wöginger. Wunsch­redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.38.17

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Lapp, wenn Sie vom Geldtascherl reden, das die Bürger beim Gesundheitssystem brauchen, dann reden Sie wohl von Großbritannien, wo die Sozialisten regieren. Dort braucht man eine Brieftasche, wenn man sich mit 70 Jahren eine Hüfte operieren lassen möchte (Abg. Mag. Lapp: Das war Thatcher! Die hat viel mehr ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), aber nicht in Österreich, wo wir eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben. (Abg. Krainer: So platt!) Das möchte ich Ihnen schon mit auf den Weg geben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: So platt kennen wir Sie gar nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz zur Novelle des Arznei­wareneinfuhrgesetzes Stellung nehmen. Diese Novelle ist eine logische Konsequenz (Abg. Krainer: Reden Sie ein bisschen weniger platt heute!) aus der Novelle des


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Blutsicherheitsgesetzes vom vorigen Jahr. Was heißt das? – Wir erweitern die freiwillige, gänzlich unbezahlte Blutspende auch auf die Einfuhr von Blutprodukten. Ausnahmen bleiben Spenderaufrufe in Notfallsituationen sowie die Sicherstellung der Versorgung mit äußerst seltenen Blutgruppen.

Dieser Novelle geht auch ein einstimmiger Beschluss der Landeshauptleutekonferenz vom 25. Mai 2005 voraus. Es soll damit die ungleiche Situation für in Österreich gewonnene Blutprodukte beseitigt und eine Verbesserung der Wettbewerbschancen erreicht werden. Das hohe Schutzniveau sowie die sehr guten Sicherheits- und Qualitätskriterien bleiben selbstverständlich erhalten. Eine Kommerzialisierung, wie sie zum Beispiel in Ostdeutschland der Fall ist, wo 20 € oder 25 € für eine Blutspende bezahlt werden, würde die hohe Qualität und damit auch die Sicherheit stark gefähr­den. Das wollen wir nicht, und deshalb beschränken wir den Import von Blutprodukten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch das sehr gut funktionierende österreichische Blutspendewesen besonders hervorheben. Wir bekom­men rund 500 000 Vollblutspenden pro Jahr von zirka 300 000 freiwilligen Spenderin­nen und Spendern. Das ist wirklich ein hervorragendes System, das wir hier in Österreich beim Blutspendewesen haben. Mit dieser Novelle ermöglichen wir, dass dies auch in Zukunft so geschehen kann und dass wir uns dieses System erhalten können. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Spindelberger. Auch er spricht wunschgemäß 2 Minuten. – Bitte.

 


22.40.43

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Kollege Wöginger, für den Fall, dass es sich bis zu Ihnen noch nicht durchgesprochen hat: Es war damals Margaret Thatcher, die das System in England privatisiert hat (Abg. Dr. Brinek: Das hätte aber Tony Blair schon längst ändern können!) und die das ausgelöst hat, was Tony Blair mit der jetzigen Regierung ausbaden muss. (Abg. Dr. Brinek: Der Arme! Er hätte es aber längst ändern können!) Wir haben in Österreich ähnliche Tendenzen – das darf man auch nicht vergessen (Zwischenrufe bei der ÖVP) –, weil nicht nur die Kranken­versicherungsbeiträge erhöht wurden, sondern teilweise auch unzumutbare Belastun­gen auf die Versicherten zugekommen sind, indem es viele, viele Erhöhungen bis hin zu gewaltigen Erhöhungen der Selbstbehalte gegeben hat.

Aber lassen Sie mich auf den Tagesordnungspunkt der Patientenrechte eingehen, die in sehr, sehr vielen Gesetzesmaterien verankert sind, wobei es auch viele Quer­schnittsmaterien zwischen Gesetzen aus den Ländern und solchen des Bundes gibt. Es ist sicherlich nicht einfach, das in den Griff zu bekommen, wenn man Folgendes überlegt: Wird ein einheitliches Bundes-Patientenrechtsgesetz geschaffen – mit der Auflage, vorher die Verfassung ändern zu müssen, da wir sonst nur Teilbereiche lösen könnten –, oder gibt man der Artikel-15a-Vereinbarung mit nunmehr allen Bundeslän­dern den Vorzug, wobei die Länder und der Bund sich gegenseitig dazu verpflichten, Patientenrechte einzuhalten?

Wenn man diese Regierungsvorlage anschaut – losgelöst von all den Kompetenz­streitigkeiten –, wodurch auch gewährleistet ist, dass nunmehr eine vollständige und übersichtliche Zusammenfassung aller Patientenrechte ermöglicht wird, und darüber hinaus auch in dem Bewusstsein, dass die Chance besteht, solche Vereinbarungen auch noch weiterzuentwickeln, dann können wir nur sagen: ja zu dieser Vereinbarung!, weil diese Lösung wirklich den großen Vorteil bietet, dass sowohl längst bestehende als auch neu zu schaffende Patientenrechte in einem Bundesgesetz zusammen-


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gefasst sind und somit trotz der kompetenzrechtlichen Zersplitterung eine übersicht­liche und umfassende Information gegeben ist. (Beifall bei der SPÖ.)

22.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.43.07

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Wir verhandeln hier vier Punkte der Gesundheitspolitik, die einstimmig beschlossen werden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Auf der einen Seite ist es das Arzneimitteleinfuhrgesetz, wodurch wir die Qualität der Blutkonserven sichern, auf der anderen Seite die Artikel-15a-Vereinbarung, in der es im Wesentlichen um die Sicherstellung der Patientenrechte geht, wo unter anderem festgehalten wird, dass jeder Patient das Recht auf Behandlung, Pflege und Selbstbestimmung hat; darin ist auch die Vertretung der Patienteninteressen geregelt.

Zum anderen behandeln wir auch das Apothekengesetz, das zweifelsohne sehr schnell über die Bühne gegangen ist. Uns wäre es auch lieber gewesen, wenn wir mehr Zeit gehabt hätten. Aber das Wesentliche ist ja, dass die Versorgung der Patienten speziell im ländlichen Raum gesichert werden kann. Natürlich treffen da zwei ökonomische Interessen aufeinander, auf der einen Seite jenes der Ärzte und auf der anderen Seite jenes der Apotheker.

In der Tat ist es so, dass es auf dem Land sehr unrentable Apotheken gibt, die es oft nicht schaffen, die Nachtdienste mit entsprechendem Personal zu besetzen; dann müssen auf der anderen Seite auch wieder die Ärzte einspringen. Es gibt natürlich Pharmakologen, die sagen, es besteht darin eine gewisse Qualität, weil sie fünf Jahre lang Pharmakologie studiert haben; auf der anderen Seite verschreiben immer noch die Ärzte die Medikamente.

Wir haben hier, glaube ich, eine ganz gute Lösung gefunden, auch wenn dies in der Eile geschehen ist. Uns geht es im Wesentlichen darum, dass die medizinische Betreuung und auch die Arzneimittelversorgung der ländlichen Bevölkerung gesichert sind. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es sind vorhin Worte wie „Mut zur Reform“ und „Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Medizin“ gefallen. Ich muss sagen: Es gehört eine Portion Mut dazu, sich hier ans Rednerpult zu stellen und das österreichische Gesundheitssystem schlecht zu machen. Denn ein Blick über die Grenzen hinaus, ein bisschen Weitblick zeigt uns, wie gut es uns eigentlich geht und wie gut unser Gesundheitssystem funktioniert. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Sie können froh sein, dass Sie hier leben und in den Genuss unseres Gesundheitssystems kommen.

Zu den zwei Klassen möchte ich sagen: Auf der einen Seite ist es, glaube ich, die Klasse der Menschen in Österreich, die das Gesundheitssystem wertschätzen, und auf der anderen Seite ist es die Klasse, die es offensichtlich nicht wertschätzen darf. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.46.02

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Bei mindestens einer Hürde hat mein Vorredner eingefädelt. Wir denken nämlich nicht daran, beim Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz dieser Verlängerung der


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Übergangsfristen zuzustimmen, weil das überhaupt keine Lösung ist. Das bringt überhaupt nichts, das wäre nur ein Zeitfenster, um da endlich etwas Vernünftiges zu machen – wozu Sie ja nicht bereit sind. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kräuter, was willst du denn da Vernünftiges machen ...?) Dazu sind Sie nicht bereit!

Wir sind sogar so weit gegangen – da gibt es den Antrag des Kollegen Grünewald –, Ihnen bis Ende Mai Zeit zu geben, etwas Vernünftiges zu machen. Aber darauf haben Sie mit keiner Geste auch nur reagiert! Da geht es um ein einheitliches Berufsbild, das da überfällig ist, um die Zusammenführung von Ausbildung, Qualitätssicherung und Kontrolle in einem Ministerium.

Frau Ministerin, da geht es um Leute, die praktisch vor dem Hunger- und dem Trinkstreik stehen! Da kann man nicht sagen: Dann machen wir eben irgendeine Lösung. (Abg. Dr. Rasinger: Das habt ihr gemeinsam mit uns beschlossen!) „Mut zur Reform“, hat der Vorredner gesagt. (Abg. Dr. Rasinger: Gemeinsam haben wir es beschlossen!) Seien Sie mir nicht böse: Wenn Sie auch nur ein Quäntchen Mut zur Reform hätten, dann hätten wir das gemacht!

Daher werden wir dieser Scheinlösung natürlich nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: Kollege Kräuter! Haben wir gemeinsam beschlossen!)

22.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl wunschgemäß 2 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


22.47.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Lackner, ich kann das, was Sie gesagt haben, nicht ganz nachvollziehen, nämlich dass die Gesundheitspolitik nicht zu den Stärken der Bundesregierung zählt. Ich würde Ihnen empfehlen: Schauen Sie sich einmal die Leistungsbilanz unserer Frau Bundesministerin an, dann werden Sie eines anderen belehrt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte nur ganz kurz auf den vorliegenden Gesetzentwurf eingehen, der der Anpassung des Arzneiwareneinfuhrgesetzes dient, die jetzt durch die Änderung des Blutsicherungsgesetzes notwendig geworden ist.

Die Einfuhr von Blutprodukten dient zur direkten Transfusion, und sie soll auch in Zukunft nicht möglich sein, wenn die Blutspende nicht gänzlich unbezahlt erfolgt. Diese gänzliche Unbezahltheit von Blutspenden ist ein wichtiger Faktor zu hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards, und dies dient letztendlich auch der Versorgungssicherheit. Ausgenommen davon soll der Ersatz tatsächlich entstandener Aufwendungen in jenen Einzelfällen sein, in denen konkret vorgemerkte Spender seltener Blutgruppen zur Abwehr einer akuten Lebensgefahr zur Spende aufgefordert werden.

Ein großes Sicherheitsplus liegt in der Motivation freiwilliger, unbezahlter Spender und Spenderinnen begründet, deren selbstlose Beweggründe zum Blutspenden nicht mit finanziellen Interessen kollidieren. Denn bezahlte Blutspender können aus diversen Überlegungen eigene Sicherheitsrisiken verschweigen. Das wird auch durch die einschlägige Literatur untermauert.

Nunmehr werden auch im Arzneiwareneinfuhrgesetz die notwendig gewordenen An­passungen erfolgen, um bei den Sicherheitsstandards die gleichen Voraussetzungen für inländische Blutspenden und aus dem Ausland erfolgte Importe sicherzustellen. Damit wird auch die ungleiche Situation für in Österreich gewonnene Produkte beseitigt und eine Verbesserung der Wettbewerbschancen erreicht, ohne das hohe Schutz­niveau für Blutprodukte zu senken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.49



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139. Sitzung / Seite 257

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Scharer. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.49.45

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Ich beziehe mich auf den Antrag, das Bundes­gesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird.

Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es zeugt von Desinteresse, Ignoranz und Unverständnis einer Berufsgruppe gegenüber, dass Sie sich, Frau Bundes­ministerin, mit einer Verlängerung der Übergangsfristen Ihrer Verantwortung entledi­gen, statt das Gesetz problemorientiert zu novellieren. – Dem stimmen wir nicht zu.

Die derzeitige Regelung bedeutet eine massive Benachteiligung der gewerblichen MasseurInnen. So wird zum Beispiel einer 54-jährigen Salzburger gewerblichen Mas­seurin nach langjähriger selbständiger Berufsausübung ihre ursprüngliche Befähi­gungs­prüfung aberkannt. Um den Heilmasseuren gleichgestellt zu sein, muss diese Frau ein Praktikum von sechs Monaten ohne Entgelt absolvieren, muss dann 800 Stunden Aufschulung zum Beispiel beim WIFI belegen. Das bedeutet, dass sie während dieser Zeit ihren Betrieb schließen muss, dass sie für die Aufschulung 4 000 € zu bezahlen hat, und das bedeutet weiters, dass sie nach der Praktikums- und Aufschulungszeit ihren Kundenkreis der Zuweisenden neu bewerben muss.

Insgesamt wird die Existenz der gewerblichen Masseure durch diese Regelung massivst gefährdet. Das bringt auch mit sich, dass zahlreiche Lehr- und Arbeitsplätze bedroht sind. Das kann doch nicht im Sinne einer guten Beschäftigungs-, Gesundheits- und Wirtschaftspolitik sein.

Meine Damen und Herren! Bei allem Anspruch der Qualitätssicherung in Ausbildung und Berufsausübung in den unterschiedlichsten Gesundheitsberufen nützt den rund 3 500 gewerblichen MasseurInnen eine Verlängerung der Übergangsfristen um zwei Jahre nichts. Das nützt denen nichts. Erforderlich wäre eine intelligente Lösung, um die Existenz der Betroffenen nicht zu gefährden. Das haben Sie, Frau Bundesministerin, verabsäumt. Diese Alibi-Aktion der Übergangsfristverlängerung findet daher seitens der SPÖ-Fraktion keine Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

22.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Grander. – Bitte.

 


22.52.07

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege aus Vorarlberg, wenn Kosten steigen, Leistungen sinken – unterhalt dich bitte einmal mit Leuten, die in der Air-Ambulanz mitfliegen! Wir brauchen gar nicht weit über unsere südlichen Grenzen zu fliegen, schauen die Dinge im Gesundheitswesen schon anders aus. Wir brauchen gar nicht bis nach England zu gehen.

Reden wir mit den Leuten, die direkt mit diesen Dingen befasst sind, die sagen uns andere Dinge. Ich denke, sie werden mir nicht irgendetwas vorlügen, denn ich habe auch Mitarbeiter gehabt, die in diesem Bereich arbeiten und klar sagen: Wir sind jedes Mal glücklich, wenn wir wieder an unseren Arbeitsplatz zurückkehren, denn es geht uns hier – ob jetzt Personal oder auch Patienten – wirklich gut.

Man könnte auch Beispiele aus Amerika bringen, wo eine Appendektomie, also eine Blinddarmoperation, 150 000 S, sagen wir 10 900 € kostet, die der Patient selbst be­rappen muss. Ich habe eine ehemalige Schulkollegin, die voriges Jahr im Sommer in Amerika war und das miterlebt hat. Daran sehen wir, in welch guten Verhältnissen wir hier leben.


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139. Sitzung / Seite 258

Strukturprobleme sind von der Frau Ministerin angesprochen worden. Es gibt den ÖSG. Da gibt es genug ... (Abg. Lackner: Eine Überschrift!) – Nein, das ist keine Überschrift, das wird jetzt alles der Reihe nach installiert, und das ist einfach Realität. Es findet in den Ländern jetzt hoffentlich überall statt; bei uns in Tirol schon. Ge­sundheitskonferenzen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lackner: Zumindest in Tirol!)

Zur Verunsicherung der Bevölkerung möchte ich nur Folgendes sagen: Wenn ich mir anhöre, was von der SPÖ-Fraktion an Verunsicherungen allein hier herinnen ständig geäußert wird, und wenn das Gleiche draußen beim Bürger und bei der Bürgerin auch gemacht wird, dann wundert es mich nicht, dass die Leute verunsichert werden. Wenn sie dann aber etwas brauchen, merken sie, dass es möglich ist, es zu bekommen, zu den gleichen Bedingungen wie bisher, dass sich also da nichts verschlechtert hat.

Was die gewerblichen und die medizinischen Masseure betrifft, gibt es da einfach einen Widerspruch: Man verlangt eine längere Übergangsfrist, die dann auch einge­räumt wird, indem diese Übergangsfrist einfach verlängert wird. In dem Zeitraum können dann viele Dinge stattfinden. (Abg. Mag. Lapp: Aber keine Problemlösung!) – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

22.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.54.46

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Am 19. Oktober des Vorjahres ist hier das Zahnärztegesetz beschlossen worden, und heute, vier Monate später, gibt es die erste Novelle dazu. Das deshalb, weil ursprünglich die richtige und sinnvolle Unterscheidung zwischen Zahnärzten und Fachärzten für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde durch eine gemeinsame, einheitliche Bezeichnung ersetzt wurde.

Sie haben seinerzeit alle Argumente der Opposition und der Berufsgruppe mit dem Argument vom Tisch gewischt, dass das europäische Recht dies nicht zulässt. Aus diesem und anderen Gründen haben wir seinerzeit dem Gesetz auch nicht zugestimmt.

Bereits acht Tage nach dem Beschluss hier im österreichischen Parlament hat der Europäische Gerichtshof jedoch bestätigt, dass eine unterscheidende Bezeichnung nicht dem Gemeinschaftsrecht widerspricht, und daher fordern die Berufsgruppen zu Recht die volle Umsetzung des EuGH-Urteils, und wir wollen sie dabei natürlich unterstützen.

Es ist aber schon unseriös, meine Damen und Herren, dass Sie immer wieder ver­suchen, der Europäischen Union das in die Schuhe zu schieben, was Sie national verbocken. Genau eine solche Politik macht Europa oft zu Unrecht unbeliebt. Gerade Sie, meine Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, die Sie sich immer als die Europapartei präsentieren wollen, sollten sich diese Praxis sehr wohl überlegen.

Eine Frage noch zum Schluss: Warum fällt es Ihnen eigentlich so schwer, gerade bei Gesundheitsreformen und in Gesundheitsdebatten die Opposition und vor allem auch die Betroffenen mit einzubinden? Ich denke, es wäre gut für die österreichische Gesundheitspolitik und auch gut für Sie, weil Sie dann wahrscheinlich weniger oft auf die Nase fallen würden. Sie sollten sich ernsthaft überlegen, ob es nicht gescheit wäre, doch gemeinsam Gesetze im Sinne der österreichischen Patientinnen und Patienten zu machen. Sie sollten darüber nachdenken! (Beifall bei der SPÖ.)

22.57



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Höllerer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.57.19

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Auch ich bin jetzt betroffen, muss ich sagen, insbesondere nach der Rede der Frau Abgeordneten Lapp, die sich hier mit einer Trauermiene hergestellt und davon gesprochen hat, dass das österreichische Gesundheitssystem so schlecht wie nur was ist. Sie hat damit wieder einmal bewiesen, wie man die eigenen Errungenschaften wirklich schlecht machen kann. Wir wissen natürlich, dass wir im Wahlkampf sind, aber das schlägt wirklich dem Fass den Boden aus.

Auch Herr Dr. Grünewald hat sehr ironische Kommentare über den ländlichen Raum abgegeben und davon gesprochen, was in Österreich nicht alles nur mit Schlitten­hunden zu erreichen wäre. – Ich bin im ländlichen Raum zu Hause, und ich lebe nicht im Berggebiet, sondern im Kamptal, einem eher nur hügeligen Gebiet. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Da braucht man dann eher ein Motorboot!)

Ich lebe in einer sehr ländlichen Gemeinde mit acht Katastralgemeinden, wovon eine Gemeinde mit einem Arzt versorgt ist, der eine Hausapotheke hat, und alle anderen Bürger dorthin kommen müssen, irgendwie dorthin kommen müssen: die alten Menschen, die jungen Frauen mit den Kindern, die Behinderten. Und da ist es selbst­verständlich wichtig, dass dort auch die Medikamente zu erhalten sind. Daher unterstütze ich natürlich auch diese ... (Abg. Dr. Grünewald: Lesen Sie das Gesetz!) – Eben, aber Sie haben ja gesagt, Sie werden hier nicht mitgehen können, weil das alles nicht in Ihrem Sinne diskutiert werden konnte und weil es ja bei uns so schwierig ist, im ländlichen Raum zu Hause zu sein.

Herr Abgeordneter, so, wie Sie das heute hier kommentiert haben, war das eher abwertend für den ländlichen Raum. Ich kann Ihnen nur sagen, dass gerade diese Verunsicherung, die bezüglich der Hausapotheken bestanden hat für die Menschen, die im ländlichen Raum zu Hause sind, sehr, sehr groß war und dass es daher sehr, sehr wichtig war, dass es hier eine schnelle Entscheidung gegeben hat. Dass diese Entscheidung heute auf dem Tisch liegt, das begrüße ich sehr, auch im Sinne der Menschen im ländlichen Raum, die die beste medizinische und natürlich auch medikamentöse Versorgung brauchen.

Ich möchte mich hier ausdrücklich bei der Frau Bundesministerin bedanken, die es geschafft hat, mit ihrem Vorschlag zur Strukturänderung des Gesundheitssystems und auch mit dessen Umsetzung, die in den Bundesländern bereits läuft, das Gesund­heitswesen in Österreich auf wirklich gute, sichere Beine für die Zukunft zu stellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Doppler 2 Minu­ten. – Bitte.

 


23.00.00

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich bin wirklich erstaunt über die Diskussion, die hier heute über das Gesundheitswesen geführt wird. Ich möchte es jedenfalls nicht verabsäumen, mich bei Frau Bundesministerin Rauch-Kallat dafür zu bedanken, mit welch mutigen Schritten sie Reformen im Gesundheitswesen angeht und wie mutig Umsetzungen durchgeführt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist natürlich hochinteressant, wenn Kollege Lackner die Reformpolitik beurteilt; hochinteressant ist es aber auch, wenn Kollege Grünewald über den ländlichen Raum


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spricht und da Arztpraxen, Ordinationen und Apotheken mit Postservice- und Konditor­stellen gleichsetzt. Da, meine ich, kann die richtige Rangordnung irgendwie nicht ganz zugeordnet werden.

Des Weiteren denke ich mir aber auch, dass Kollege Kräuter heute wirklich das Thema verfehlt hat, denn jedes Mal, wenn er hier spricht, attackiert er jemanden. Ich habe heute beim Kollegen Kräuter wirklich darauf gewartet, dass er etwas sagt zum LKH West in Graz oder zum AKH Wien, aber: Kein Wort dazu; daher: Er goutiert in Wirklichkeit unsere Reformpolitik. – Danke dir herzlichst, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Kosten im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen, das wird unserer Frau Bundesministerin gelingen. Ich bin diesbezüglich wirklich sehr zuversichtlich, da der Leistungskatalog in der Gebietskrankenkasse nicht ausgeweitet wird. Sollte es einmal die Absicht sein – wie Kollege Spindelberger das gezeigt hat –, dass chronisches Jam­mern, ständiges Schlechtreden und das Betreiben von Verunsicherung in den Leis­tungs­katalog aufgenommen wird, dann würden die Gesundheitskosten explodieren, und dann könnte diese Statistik, die offensichtlich aus Großbritannien stammt und die Kollege Lackner hier angeführt hat, tatsächlich noch Geltung haben.

In diesem Sinne: Herzlichen Dank, Frau Bundesministerin! An die Opposition: Bitte mehr Ernsthaftigkeit bei diesem Thema – und bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.01.58

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Ich begrüße auch die wenigen, aber wertvollen Gäste hier auf der Besuchergalerie! Ein Beruf, der in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird, ist der Beruf der Masseurin/des Masseurs.

Warum wird das so sein? – Im Zuge der Anspannung im Beruf, aber auch der Freizeit­gestaltung oder zum Beispiel auch der Lärmentwicklung in öffentlichen Räumen wird der Mensch immer verkrampfter und wird daher immer mehr die Entspannung suchen; es wird das ein zentrales Berufsthema sein.

Aber auch im Zuge der Sprachlosigkeit und Isolation in unserer Gesellschaft wird der Mensch, bei dem man endlich loslassen, bei dem man sich auch aussprechen kann, immer wichtiger – und das ist sehr, sehr oft die Masseurin/der Masseur, die oft entscheidende Lösungen bieten können: Lösungen für die Muskel, aber auch für die Psyche.

Bei diesem Berufsbild müssen wir aber etwas unterscheiden: die Ausübung dieses Berufes am gesunden oder am erkrankten Menschen. Am erkrankten Menschen muss man nach Absprache mit dem Arzt – beim Heilmasseur dann eben – die Dia­gnose entsprechend erarbeiten. Ich denke da zum Beispiel an die Erkrankung des Lympfgefäßsystems, wo natürlich ein Heilmasseur mit einer Lymphdrainage helfen kann. – Eine nicht entsprechend ausgebildete Kraft kann da enormen Schaden anrichten. Ich glaube, wir können das wirklich erst dann verstehen, wenn es uns selbst passiert. Ich wünsche es Ihnen nicht, aber es könnte sein.

Daher ist es außerordentlich zu begrüßen, dass in diesem sehr vielseitig spezialisierten Berufsbild Möglichkeiten der Aufschulung geboten werden und diese von den Fach­kräften in Anspruch genommen wird.


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Es hat sich herausgestellt, dass eine Aufschulung der gewerblichen Masseure zum medizinischen Masseur und Heilmasseur längere Zeit in Anspruch nimmt. Das bedeutet, dass die Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2009 verlängert wird.

Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, dieser Verlängerung zuzustimmen, und ich bitte Sie weiters, jenen Menschen eine Chance zu geben, die das nicht machen wollen. Ich meine, gerade auch ein gewerblicher Masseur hat in unserer Zeit große Chancen. Daher sollten wir diese genauso unterstützen wie jene, die eine Aufschulung in Anspruch nehmen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Wortmeldung: Herr Abgeordneter Donabauer. Auch er wünscht 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.04.50

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn man mit den Bürgern ein Gespräch über die Gesundheitspolitik in Österreich führt, bekommt man grundsätzlich eine positive Antwort. Ich denke, das Problem ist jedoch, dass die Opposition bis heute, und zwar nicht einmal im geringsten, bereit ist, da mitzuarbeiten oder mitzudenken. Außer dass sie phantasielose und laufend belastende Erklärungen und Vorhalte einbringt, trägt sie wirklich nichts dazu bei, dass wir diesbezüglich eine gemeinsame Vorgangsweise einschlagen könnten. Das Einzige, was ich von Ihnen dazu gehört habe, ist, dass Sie die Höchstbeitragsgrundlage anheben wollen. – Damit, meine Damen und Herren von der SPÖ, lassen sich die Probleme nicht lösen! Die Probleme sind vielschichtig, und ich denke, wir alle miteinander haben dafür zu sorgen, dass sich diese Dinge in eine bessere Richtung entwickeln.

Frau Bundesminister, wir können das, was gemacht wurde, herzeigen. In vielen Bereichen sind die richtigen Strukturmaßnahmen getroffen worden. Wenn heute eine Reihe von Gesetzesanträgen zur Abstimmung vorliegt, so werden diese selbstver­ständlich unsere Zustimmung finden – eben deshalb, weil es dabei um notwendige Entscheidungen geht, Entscheidungen, die ganz einfach nicht aufgeschoben werden dürfen.

Zum Thema Apotheke sei grundsätzlich Folgendes gesagt: Es geht nicht darum, öffentliche Apotheken und Hausapotheken gleichzusetzen, was Versorgungsaufgaben anlangt – da gibt es einen ganz deutlichen Unterschied –, sondern es geht darum, der Hausapotheke jenen Stellenwert beizumessen, den sie braucht, damit sie ihrer Aufgabe in peripheren Räumen gerecht werden kann.

Auf Grund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes ist ja da eine Neu­entscheidung notwendig geworden. Und jene Regelung, die jetzt vorliegt, führt sicher­lich zu Rechtssicherheit und sichert dem Betreiber einer solchen Apotheke mehr Gewährleistung sowie mehr Umsetzungsqualität als bisher. Ich denke, dass wir somit einen klaren Weg gegangen sind.

Frau Minister, die Richtung stimmt, die Qualität der Arbeit stimmt! Die Gesund­heitspolitik in Österreich ist gut – und wir gehen diesen Kurs daher weiter. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Gefährliche Drohung ...!)

23.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswörter werden nicht gesprochen.


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139. Sitzung / Seite 262

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren und das Apotheken­gesetz geändert werden, 1293 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Rasinger, Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Rasinger, Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 1 in Artikel I sowie auf die Einfügung neuer Ziffern 2 bis 14 in Artikel II bezieht.

Wer diesem Zusatzantrag seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes sowie samt der sich aus dem Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Rasinger, Rosenkranz ergebenden Änderungen der Ziffernbezeichnun­gen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Dieses Zeichen wird nunmehr einstimmig erteilt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmt, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mit Mehrheit ange­nommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über einen Antrag des Gesundheitsausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung zur Sicherstellung der Patienten­rechte (Patientencharta) gemäß Artikel 15a der Bundesverfassung in 1268 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das Zeichen erfolgt einstimmig. Das ist einstimmig ange­nommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über einen Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1296 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das Zeichen wird mit Mehrheit erteilt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das wird mit Mehrheit angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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139. Sitzung / Seite 263

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Zahnärztegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1297 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, der möge ein Zeichen geben. – Auch das geschieht einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

23.10.2423. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 777/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz), das Tabak­monopolgesetz und das Tabaksteuergesetz geändert werden (1295 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Schasching. Ihre Redezeit ist mit 3 Minuten angegeben. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


23.11.06

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Gleich vorweg: Die SPÖ steht bedingungslos zum Grundsatz, junge Menschen durch präventive Maßnahmen vor den Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen. Und es muss unser aller Ziel sein, junge Leute davon abzuhalten, mit dem Rauchen überhaupt erst zu beginnen, auch durch einen hohen Verkaufspreis. – Soweit sind wir uns einig.

Die heutige Beschlussvorlage aber sieht vor, dieses Tabakgesetz dahin gehend zu ändern, dass es zu einer Mindestpreisregelung kommt. Und das, Frau Bundes­minis­terin, findet nicht unsere Zustimmung! Ich führe Ihnen auch gerne aus, warum das so ist. Bei einem Mindestpreis unterstützen wir Hersteller billiger Tabakwaren dadurch, dass die Differenz zum Mindestpreis quasi als zusätzlicher Gewinn bei diesen Her­stellern verbucht wird. Da unterstützen Sie sozusagen die Maximierung der Gewinne der Tabakkonzerne. Es gibt aber einen Mindestpreis für Tabakwaren.

Unser Vorschlag wäre vielmehr, Frau Bundesministerin, diesen Mindestpreis über die Tabaksteuer zu erzielen. Das wäre eine wesentlich klügere Maßnahme, wie wir glauben, weil dadurch diese wirtschaftliche Differenz im Land bleibt und wir mit diesen Mehreinnahmen sehr wohl etwas präventiv im Gesundheitswesen tun könnten.

Dazu wäre es auch ein guter Vorschlag, noch einmal die Anhebung der Mindestspanne für Trafikanten vorzunehmen, so wie es im vergangenen Jahr konsensual durchgeführt wurde. Das würde den Trafikantinnen und Trafikanten tatsächlich helfen, diese Einnahmenrückgänge unter Umständen auch besser auszugleichen, und es würde vor allem auch nicht den Wettbewerb stören.


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Daher meinen wir, dass das eine wesentlich vernünftigere Maßnahme im Sinne der Volkswirtschaft wäre, eine wesentlich vernünftigere Maßnahme für unsere Jugend wäre, eine wesentlich vernünftigere Maßnahme dafür wäre, mehr Präventionsprojekte im Gesundheitsbereich durchzuführen, und dass es ganz sicherlich nicht dazu dienen würde, die Bilanzen der Tabakkonzerne zu gesunden.

Frau Bundesministerin, ich fordere Sie daher auf, sich nicht länger für die gesunden Bilanzen der Tabakkonzerne zuständig zu fühlen, sondern vielmehr für die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 3 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


23.13.48

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! (Abg. Broukal: Sie rauchen, Herr Doktor?) Eigentlich hätte ich mir mehr erwartet als diesen Slalomlauf: Wie ist man dafür und doch dagegen? (Abg. Broukal: Sie hätten zuhören sollen!) Frau Abgeordnete Schasching, Sie sind ja im Sport tätig, und Sport ist ein wesentliches Element der Gesundheit (Abg. Broukal: Sind Sie Sport-Raucher?), ich würde jetzt sagen, für mich fast das wichtigste Element. Aber in einem sollten wir uns schon einig sein: dass Österreich eine blamabel schlechte Rate an Rauchern hat, die im Jugendalter einsteigen.

Ich glaube, dass es auch Konsens sein sollte, dass man gegen diesen derzeitigen Preiswettbewerb nach unten, dem man auf Plakatflächen begegnet, etwas macht. Und die Experten sagen, dass der Mindestpreis eben die effizienteste Methode ist.

Ich denke schlicht und einfach, Sie wollen: Hü, hott, „Ich weiß nicht!“, vielleicht, ja, nein. – Sagen Sie doch ja! Sagen Sie ja, und Sie haben Ruhe! Sagen Sie ja zur Gesundheit, sagen Sie ja zum Tabakmindestpreis (Abg. Dr. Matznetter: Nein, weil es nur der Tabakwirtschaft dient!), dann zeigen Sie, dass Ihnen die Jugend ein Anliegen ist, dass es Ihnen ein Anliegen ist, dass wir endlich wegkommen von dem Spitzenplatz unter jenen Ländern – neben Grönland und anderen –, in denen viel zu viel geraucht wird! Dann sind wir alle miteinander glaubwürdig. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Die WHO – die WHO, bitte, nicht ich – hat gesagt, dass ein Mindestpreis eine sehr taugliche Maßnahme ist, um Erfolge zu erzielen. Wenn Sie eine Regelung über die Steuer machen, dann kann der Mindestpreis noch immer locker unterschritten werden. Das wissen Sie ganz genau, daher wäre das eine Pseudomaßnahme.

Ich glaube, wir sollten in der Gesundheitspolitik und vor allem in der Prävention bei Jugendlichen endlich einmal Nägel mit Köpfen machen. Es ist wirklich nicht notwendig, dass in unserem Land 14 000 Leute vorzeitig sterben und dass trotz diverser Gesetze die Zwölfjährigen schon rauchen wie die Schlote. Ich glaube, darauf brauchen wir nicht stolz zu sein. Im Hinblick darauf ist mir jede Maßnahme recht! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Ob das gescheit ist?)

23.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nun spricht Herr Abgeordneter Mag. Maier. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.16.07

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin in einem Punkt mit meinem Vorredner einer Meinung: In Österreich wird zu viel geraucht – das sage ich


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als ehemaliger Kettenraucher –, und ich glaube, dass im Vergleich zu anderen euro­päischen Staaten zu viele Jugendliche rauchen. Aber ich meine auch ganz klar, dass der Weg, den Sie heute mit dieser Vorlage gehen, der falsche Weg ist.

Ich möchte nur kurz aus den morgigen Medien zitieren. Die „Presse“ von morgen: „Mindestpreis schafft Monopol“. Es werden auf der einen Seite Monopole übrig bleiben, auf der anderen Seite wird darauf hingewiesen, dass die EU-Kommission – möglicher­weise, aber eben mit großer Wahrscheinlichkeit – ein Verfahren gegen Österreich einleiten wird.

„Kronen Zeitung“ von morgen: „Streit um neue Zigarettenpreise. Regierung plant Unter­grenze von 3,20 € pro Päckchen – das könnte EU-widrig sein.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte diesen Weg für falsch, obwohl ich gestehe, dass ich, als ich von einem Mitarbeiter der Frau Bundesministerin zu diesem Vorschlag kontaktiert worden bin, am Anfang gemeint habe, man könne damit das Problem lösen. Das glaube ich jetzt nicht mehr. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wem glauben Sie jetzt: der Ministerin oder sich selbst?)

Tabakprävention, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss anders aussehen! Mit dem Rauchen aufzuhören, Kollege Scheuch, muss im Kopf stattfinden und nicht durch einen Mindestpreis. Glauben Sie mir das! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie haben den Kopf zum Denken!) Und genau diese Prävention, diese Präventionsmodelle gehen mir derzeit ab. (Abg. Amon: Die Kollegin Schasching hat das anders gesagt!) Kollegin Schasching hat sehr klar unsere Position dargelegt. Sie hat darauf hingewiesen, dass möglicherweise auch eine Erhöhung der Handelsspannen ein richtiger Weg sein könnte oder die Erhöhung der Tabaksteuer. Das wäre aus unserer Sicht und, wie ich glaube, auch generell der richtige Weg.

Frau Bundesministerin! Ich möchte noch auf ein anderes Problem hinweisen. Wir diskutieren über Sucht, über Nikotinsucht und Prävention. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass Sie, obwohl Sie uns das vor zwei Jahren zugesagt haben, bis heute noch kein Konzept zur Bekämpfung der Alkoholsucht bei Minderjährigen vorgelegt haben. Es gibt einen Brief des Kollegen Stummvoll an Sie, dass wir im Finanz­ausschuss diese Problematik diskutiert haben in Anbetracht der Vorfälle, die sich insbesondere im Jugendbereich abspielen.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir auch nicht stoffgebundene Suchtbereiche haben, so etwa die Internetsucht oder die Spielsucht.

Abschließend: Aus meiner Sicht dürfte es in Österreich in keiner Weise eine Auf­weichung der gesetzlichen Bestimmungen geben, was das kleine Glücksspiel betrifft. Überall dort, wo es das kleine Glücksspiel gibt, wie in Kärnten beispielsweise oder auch in der Steiermark – und hier gibt es die Gutachten –, sind eine Steigerung der Spielsucht und der damit verbundenen Verschuldung, aber auch eine erhöhte Krimi­nalitätsrate festzustellen. Daher bin ich sehr dankbar, Frau Bundesministerin, dass Sie mir das in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung auch bestätigt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

23.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Lichtenegger gelangt zu Wort. 4 Minuten? (Abg. Lichtenegger – auf dem Weg zum Rednerpult –: Weniger!) – Bitte.

 


23.20.01

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Belgien, Frankreich, Italien, Irland haben aus ähnlichen Über­legungen heraus gleiche Lösungen gefunden; Schweiz, Slowakei, Rumänien sind am Überlegen. Rasches Handeln ist angebracht und notwendig, bevor sich die Billig-


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marken etablieren. Ich glaube, es ist nur eine fadenscheinige Ausrede, wenn man sagt, prinzipiell sei man dafür, aber vielleicht passe es nicht so. Auch Kollegin Schasching hat immer wieder gesagt, sie vermisse Initiativen in Richtung Prävention. – Das wäre eine Initiative, die meines Erachtens absolut unterstützenswert wäre.

Wenn man hier die Ausrede formuliert, das unterstütze nur die Maximierung der Gewinne der Unternehmen, dann muss man auch wissen, dass die meisten großen Unternehmen immer zwei Preiskategorien an Zigaretten anbieten: auf der einen Seite die hochpreisigen, indem sie ihre Marken aufbauen, sehr viel Geld auch in die Markeneinführung, in die Bewerbung investieren, auf der anderen Seite auch Billig­produkte, wie wir sie zum Beispiel auch von Handytelefonierern kennen.

Das hat also nichts mit Gewinnmaximierung zu tun. (Abg. Dr. Matznetter: Das hat sehr viel damit zu tun!) Ich glaube, das ist einfach nur Politik der Politik wegen. Dass 20 Prozent der Burschen und 25 Prozent der Mädchen bereits im Alter von 15 Jahren rauchen und dass für unser Gesundheitssystem auf Grund von Sekundärkrankheiten wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs, um nur einige zu nennen, Folgekosten in der Höhe von 2 Milliarden entstehen, das nehmen Sie gern in Kauf. Anstatt zuzustimmen und zu sagen, das ist eine gute Geschichte, machen Sie lieber Politik um der Politik willen. Aber gut, das ist Ihre Art und Weise, mit der Verantwortung gegenüber Jugendlichen umzugehen. Unsere ist es nicht – daher dieser Entwurf, den wir für eine gute Lösung halten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Wunschredezeit: 5 Minuten, Restredezeit der Fraktion: 17 Minuten. Feel free! – Sie sind am Wort.

 


23.21.50

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Nachdem 5 Minuten schon eine Zigaret­ten­länge wären, halte ich mich kürzer.

Es gibt Lösungen, die sind weder gut noch schlecht. Ich erzähle einmal, wie ich zu meiner Entscheidung gekommen bin.

Ich habe Anrufe aus dem Ressort bekommen, in denen mir erläutert wurde, dass es wichtig wäre, der Jugend sozusagen keine Lockangebote zu bieten, um in den Tabakkonsum einzusteigen. Natürlich denkt man sich als Gesundheitsminister: Na ja, ganz falsch ist das ja nicht, vielleicht sogar einmal primär vernünftig. Allerdings ganz glücklich bin ich mit der Lösung trotzdem nicht, weil meiner Meinung nach mehrere Maßnahmen gesetzt werden sollten.

Erstens: Wenn man diesen Mindestpreis schon haben will, sollte man sich vergewis­sern, ob das EU-rechtlich wirklich hält. Wir werden ja sehen. Hier vertraue ich aber der Ministerin, denn die Opposition kann ja der Regierung sozusagen diese Arbeit nicht abnehmen. Das sollte sie auch nicht.

Zweitens wurde uns die Auskunft gegeben, dass der steuerliche Anteil, also die Tabaksteuer, nicht erhöht werden könne, weil er schon an der Obergrenze sei und sonst eine Klage der Tabakindustrie vor dem EuGH drohe. Das hat sich nachträglich als falsch erwiesen. Das sagt dankenswerterweise sogar Frau Ministerin Rauch-Kallat, dass da noch was Platz hätte.

Daher sehe ich das als ersten Schritt, und ich meine, dass weitere Maßnahmen, auch steuerlicher Natur, insbesondere dann gerechtfertigt sind, wenn das Geld auch zweckgebunden der Gesundheit zugeführt wird und nicht jedes Jahr mit dem Herrn


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Finanzminister darüber monatelang verhandelt werden muss, ob er dazu bereit ist oder nicht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Bundesministerin Rauch-Kallat.

 


23.24.00

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich nur ganz kurz dazu Stellung nehmen.

Herr Abgeordneter Maier, Sie wissen ganz genau, dass wir ein umfassendes Pro­gramm auch für den Nichtraucherinnen- und Nichtraucherschutz gemacht und gemein­sam mit Ihnen, Gott sei Dank, beschlossen haben. (Abg. Dr. Niederwieser: Wo denn?) Wir sind in der Umsetzung, und es gelingt uns, auch durch Unterstützung über die Krankenkassen, sehr viele für den Ausstieg zu gewinnen.

Die Maßnahme, die wir heute setzen, ist schlicht und einfach der Versuch, den Preiskampf von Firmen, von Tabakkonzernen nicht auf den Rücken Jugendlicher austragen zu lassen und vor allem Jugendliche, von denen wir wissen, dass sie über den günstigen Preis natürlich auch einsteigen, davor zu schützen.

Jetzt kann man darüber diskutieren: Was ist vernünftig? Was ist steuerlich zu machen? Was ist mit einer Mindestpreisregelung zu machen? Ich bin nicht Finanzfachfrau, und ich kann Ihnen versprechen, ich werde mich mit dieser Verordnungsermächtigung in Zusammenarbeit mit den Expertinnen und Experten des Finanzministeriums sehr ernsthaft auseinander setzen, um den besten Weg zu finden, nämlich den besten Weg, wie wir auch Geld, zusätzliches Geld für das Gesundheitswesen über die Tabaksteuer hereinbekommen können. Ich kann Ihnen dann gerne das Modell, zu dem wir uns entscheiden werden, vorstellen. Wir werden ja auch eine entsprechende Verordnung zu erlassen haben.

Ich danke auf jeden Fall für die Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

23.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. 2 Minuten Wunschredezeit.

 


23.25.33

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Ich darf einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Dr. Kurt Grünewald, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Anton Wattaul, Werner Kogler, Kolleginnen und Kollege zum Antrag 777/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Dr. Kurt Grünewald, Dkfm. Dr. Günter Stumm­voll, Anton Wattaul, Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucher­schutz (Tabakgesetz), das Tabakmonopolgesetz und das Tabaksteuergesetz geändert werden (777/A), einbringen, den der Nationalrat in zweiter Lesung beschließen wolle, und ich möchte diesen Abänderungsantrag in seinen Kernpunkten erläutern.

Mit diesem Antrag sollen die bestehenden Beschränkungen bei der Werbung und der Annahme von Vorteilen durch Tabaktrafikanten präzisiert und Lücken geschlossen werden.

Es geht um die Präzisierung bezogen auf Großhändler und Dritte beim Werbeverbot, um eine ausgewogene Sortimentsgestaltung und um Klarstellung von Geldannahme­verbot beziehungsweise Verbot von geldwerten Vorteilen.


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Kurz möchte ich noch auf die Verordnungsermächtigung für die Gesundheitsministerin zum Zwecke einer Mindestpreisregelung für Tabakwaren eingehen. Ich begrüße jede Maßnahme sehr, die einen Einstieg in den Suchtmittelkonsum verhindert oder zumin­dest erschwert, vor allem wenn man weiß, dass Tabakkonzerne mit Billigstmarken auf Kundenfang gehen und auch sehr junge Kunden damit ansprechen.

In der Suchtarbeit ist die Primärprävention am wichtigsten. Das heißt: Wehret den Anfängen!

Folgekosten bei Suchterkrankungen kosten das Gesundheits- beziehungsweise Sozial­system viel Geld. Aus diesem Grund ist diese Maßnahme, die nichts kostet, aber sehr wirksam ist, zu unterstützen. Ich kann deshalb nicht nachvollziehen, dass die Kolle­ginnen und Kollegen von der SPÖ da nicht mitstimmen. Die ÖVP nimmt diese politische Verantwortung jedenfalls ernst. Es ist das eine politische Verantwortung zum Wohle der österreichischen Bevölkerung, insbesondere der Jugend. (Beifall bei der ÖVP.)

23.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Riener eingebrachte und in den Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 777/A der Abgeordneten Rasinger, Lichtenegger, Grünewald, Stummvoll, Wattaul, Kogler betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nicht­raucher­schutz, das Tabakmonopolgesetz und das Tabaksteuergesetz geändert wer­den, in 1295 der Beilagen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Dr. Kurt Grünewald, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Anton Wattaul, Werner Kogler Kolleginnen und Kollege zum Antrag 777/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Dr. Kurt Grünewald, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Anton Wattaul, Werner Kogler Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz), das Tabakmonopol­gesetz und das Tabaksteuergesetz geändert werden (777/A)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der oben zitierte Antrag 777/A in der Fassung des Ausschussberichtes 1295 d.B. wird geändert wie folgt:

Artikel II ( Änderung des Tabakmonopolgesetz 1996) wird wie folgt geändert

1) Die bestehende Novellierungsanordnung zu § 9 Abs. 1 erhält die Ziffernbezeichnung 2

2) Folgende (neue) Ziffer 1 wird eingefügt:

1. § 8 Abs. 5 lautet:

„(5) Der Lieferpreis ohne Umsatzsteuer errechnet sich aus dem Kleinverkaufspreis (§ 9) vermindert um die jeweilige Handelsspanne (§ 38) und die auf den Klein­verkaufspreis entfallende Umsatzsteuer. Das Anbieten und Gewähren direkter und indirekter Vorteile, wie Rabatte, Skonti, Zugaben jeder Art und Zahlungsziele, durch


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Großhändler oder Dritte ist im Zusammenhang mit der Lieferung von Tabakwaren oder mit der nach § 39 Abs. 1 zulässigen Werbung in der Tabaktrafik verboten.“

3) Nach der (neuen) Ziffer 2 werden folgende Ziffern 3 bis 5 angefügt

3. § 36 Abs. 1 lautet:

„(1) Tabaktrafikanten haben ihre Tätigkeit so auszuüben, dass der durch § 24 gewährte Gebietsschutz und das Monopolinteresse an der Nahversorgung gewahrt bleiben. Sie haben stets das Standesansehen zu wahren. Bei der Sortimentsgestaltung der Tabakwaren ist auf ein ausgewogenes und den jeweiligen Erfordernissen der Nahversorgung entsprechendes Angebot an verschiedenen Tabakwaren zu achten. Jede Einflussnahme Dritter, die auf eine Nichtanwendung der angeführten Grundsätze abzielt, ist verboten. Insbesondere ist dem Tabaktrafikanten die Annahme von Geld oder geldwerten Vorteilen in diesem Zusammenhang verboten.“

4. In § 36 Abs. 8 wird folgender Satz hinzugefügt:

„Für das Bereitstellen und Betreiben von Automaten gilt § 36 Abs. 1 sinngemäß.“

5. § 36 Abs. 10 lautet:

„(10) Tabaktrafikanten dürfen von Großhändlern oder von Dritten die Gewährung von direkten oder indirekten Vorteilen, wie Rabatte, Skonti, unzulässige Zahlungsziele und Zugaben jeder Art, wenn diese im Zusammenhang mit der Lieferung von Tabak­erzeug­nissen oder der nach § 39 Abs.1 zulässigen Werbung für Tabakerzeugnisse stehen, weder fordern noch dürfen sie diesbezügliche Angebote annehmen.“

Begründung:

Zu § 8 Abs. 5

Das Tabakmonopolgesetz regelt den dem Tabaktrafikanten zukommenden Ertrag aus dem Verkauf von Tabakwaren durch eine gesetzliche Handelsspanne. Diese ist für alle Tabaktrafikanten fix, nach Trafikarten gestaffelt und für die einzelnen Tabakwaren­gruppen einheitlich gestaltet. Mit dieser gesetzlich garantierten Handelsspanne ist der wirtschaftliche Nutzen, den der Tabaktrafikant aus dem Tabakwarenverkauf ziehen soll, abschließend festgelegt.

Abweichungen von diesem System durch zusätzliche Vorteilsgewährungen, sei es durch den liefernden Großhändler oder durch andere, am Verkauf von Tabakwaren wirtschaftlich oder in anderer Weise interessierte Personen, stehen im Gegensatz zum Konzept der gesetzlichen Handelsspanne und sollen daher vermieden werden. In der Praxis profitieren von zusätzlichen Vorteilsgewährungen erfahrungsgemäß die umsatz­starken Standorte, während umsatzschwächere Trafiken etwa auch in Grenzregionen nicht profitieren, im Wettbewerb somit benachteiligt werden.

Durch die Ergänzung „Großhändler und Dritte“ wird der Kreis der Verpflichteten weit definiert. Die Ergänzung um die Werbung schließt ebenso eine Lücke, sodass Umge­hungen durch Dritte ausgeschlossen werden.

Die Entgegennahme und Platzierung von Werbemitteln in der Trafik sowie die Übernahme einmaliger nachweisbarer Montage- oder Anschlusskosten an sich ist weiterhin zulässig. Unzulässig ist die Annahme von Geld oder geldwerten Leistungen für die Aufstellung der Werbemittel oder als laufender Aufwandsersatz. Die Bereit­stellung von Werbemitteln, für die auch eine Nach- oder Alternativnutzung möglich ist, ist in einem eingeschränkten Ausmaß zulässig. Unzulässig wäre jedenfalls die Überlas­sung von derartigen Werbemitteln, wenn deren Wert über der jeweiligen steuerlichen Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter liegt.


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Zu § 36 Abs. 1

Durch das Einzelhandelssystem mit Gebietsschutz kann eine flächendeckende Nahversorgung mit Tabakwaren gewährleistet werden. Durch den Gebietsschutz wird eine, auch gesundheitspolitisch unerwünschte, ausufernde Anzahl von Tabak ver­kaufenden Geschäften verhindert. Im Gegenzug muss aber sichergestellt werden, dass in den vorhandenen Tabaktrafiken dem Konsument alle wichtigen Sorten zur Verfü­gung stehen.

§ 36 Abs. 1 soll einerseits die Pflicht des Trafikanten zur Nahversorgung präzisieren, andererseits unterbinden, dass Dritte durch das Anbieten oder Gewähren von geldwerten Vorteilen die Sortimentsgestaltung durch den Trafikanten unzulässig beeinflussen.

Zu § 36 Abs. 8

In Entsprechung dieser Grundsätze ist gemäß § 36 Abs. 8 auch für die Schacht­belegung in Automaten ausschließlich auf die Abdeckung der Bedürfnisse der Konsu­menten Bedacht zu nehmen. Da die Bedeutung des Automatenverkaufs besonders außerhalb der Öffnungszeiten der Tabaktrafiken groß ist, ist eine ausgewogene Bestückung der Tabakwarenautomaten mit den gängigsten Sorten Voraussetzung für die Erfüllung des Nahversorgungsauftrages. Die Annahme von Geld oder geldwerten Vorteilen als Gegenleistung für die Präsentation bestimmter Tabakwaren in vom Trafikanten betriebenen Automaten ist ebenfalls verboten.

Zu § 36 Abs. 10

§ 36 Abs. 10 präzisiert entsprechend § 8 Abs. 5 das für Tabaktrafikanten bestehende Verbot, Vorteile von Großhändlern und Dritten und zwar auch im Zusammenhang mit der Werbung anzunehmen.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Neudeck. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.28.35

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Mit diesem Abänderungsantrag zeigen die Regierungsparteien – in diesem Fall auch mit Unter­stützung der Grünen –, dass sie ihre Verantwortung für die Gesundheit der Bevöl­kerung ernst nehmen. Der Preis ist sicher eine Einstiegsgrenze, die man sichern kann.

Für die SPÖ, die diesem Antrag nicht zustimmt, dürfte – so wie bei vielen Ent­scheidungen in den letzten Tagen – irgendein Wahlkampfstratege festgestellt haben, dass es weniger Trafikanten als Raucher gibt. Und daher geht man mit diesem Antrag nicht mit, weil es vielleicht für den Raucher wesentlich günstiger ist, wenn er billigere Zigaretten bekommt.

Zusätzlich wird in diesem Antrag auch noch geregelt, dass Rabatte oder sonstige Begünstigungen, die eine Marktverschärfung gebracht hätten, auch von dritter Seite nicht gegeben werden können. Somit ist das auch eine Sicherung für die kleinen Trafikanten, dass sie im Wettbewerb bestehen können. Ich bin einmal grundsätzlich gegen Monopole, aber wenn es sie gibt, dann sollen auch alle mit gleichem Maß gemessen werden, damit die Sicherung der kleinen Trafikanten gewährleistet ist.

Wenn die SPÖ sagt, man sollte die Spanne und die Steuern erhöhen, dann ist das wieder ein Schrei nach Steuererhöhung. Das dürfte sich bei Ihnen in letzter Zeit schon wie ein roter Faden durch Ihre Wünsche ziehen. Interessant ist nur, dass von Seiten


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der Trafikanten, die dem sozialdemokratischen Wirtschaftsverband angehören, inner­halb der Kammer derartige Vorschläge nie eingebracht wurden. Wenn Sie die Spanne für die Trafikanten erhöhen möchten, dann würde ich Sie ersuchen, auch mit Ihrer Inter­essenvertretung in der Kammer zu reden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.30.36

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn es wirklich einen Ratschlag gäbe, der zündet und der Veränderungen beim Aufgeben des Rauchens brächte, hätten wir ihn natürlich schon längst angewandt. Ich glaube, es geht da nicht um erwachsene Personen. Ich kenne sehr viele sehr sympathische, sehr kluge Raucher, die das ganz einfach brauchen, um glücklich zu sein. – Das steht im Raum, und das werden wir auch nicht ändern.

Persönlich weh tut es mir bei den jungen Menschen. Wenn bei einer Testgruppe der 15-Jährigen 37 Prozent der Mädchen und 26 Prozent der Burschen zumindest einmal wöchentlich rauchen und jeder Dritte über 15 Jahre eine Raucherin oder ein Raucher ist, dann ist das sehr, sehr bedenklich.

Nun habe ich es leicht, denn ich habe nie zur Zigarette gegriffen. Ein sehr probates Mittel war, dass ich als Eisläuferin eine Vierminuten-Kür zu laufen hatte, und das war ein „Beuschelreißer“. – So haben wir das genannt. Wenn man durch so einen Beuschelreißer durchmuss, dann kann man es sich ganz einfach gar nicht erlauben, zu rauchen. Das Schöne daran ist, dass einem so ein Erfolg durch eine sportliche Leistung eigentlich ein Leben lang etwas gibt, während das Rauchen einer Zigarette bald vorbei ist.

Wir haben uns jetzt natürlich in ganz Europa – wahrscheinlich in der ganzen Welt – den Kopf darüber zerbrochen, wie wir Jugendliche schützen können. Es hat schon Erfolge in EU-Mitgliedstaaten gegeben: in Irland – da schon seit 1988 –, in Frankreich, in Belgien und in Italien, und zwar mit dem Mindestkleinverkaufspreis. Die Maßnahme hat sich bewährt. – Das hört man aus Studien dort. Sie hat gezeigt, dass gerade Jugendliche weniger zur Zigarette greifen, wenn der Tabakpreis hoch ist.

Außerdem soll mit diesem Gesetz, das wir beschließen wollen, verhindert werden, dass Jugendliche vermehrt von Billiganbietern angesprochen werden und sich die Preisspirale weiter nach unten dreht.

Ich kann also diesen Antrag im besten Sinne meines Gewissens zuerst einmal dahingehend unterstützen, dass Jugendliche zu sportlichen Leuten erzogen werden sollen und dass dann eben versucht werden soll, sie vom Rauchen abzuhalten. Ich würde in diesem Fall sagen: Danke für dieses Gesetz. Ohne Rauch geht’s auch, aber nicht ohne Rauch-Kallat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 2 Minuten. – Bitte.

 


23.33.15

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Ich bleibe gleich bei der Vorrednerin. (Abg. Dr. Fekter: Sie heißt Ingrid Wendl!) Sie haben Recht: Da ruft der Generaldirektor des Gallaher-Konzerns beziehungsweise


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der ATW an, er bestellt, und Sie spielen. Lassen wir einmal Ihre Vorstellung beiseite, eine Festlegung von Mindestpreisen gehe nicht über die Tabaksteuer.

Dazu ein kurzer Blick nach Großbritannien: Dort gibt es keine Sorte unter 5,50 €, für die Marlboro-Raucher beträgt der Preis sogar 7,20 €. – Es geht also sehr wohl über die Tabaksteuer, aber eines wäre dann nicht gewährleistet: der Gewinn jenes Konzerns, an den die ATW viel zu billig verkauft wurde!

Aber der Gipfelpunkt Ihrer Art von Politik ist der nunmehr vorliegende Abänderungs­antrag. Das ist ein echter Spaß! In einer Marktwirtschaft stellt sich die ÖVP mit Unter­stützung der Freiheitlichen und der Grünen hin und verordnet, dass der Kaufmann Trafikant in seiner Trafik für ein Werbeschild kein Geld bekommen darf, wenn es aufgestellt wird. Das bedeutet doch nichts anderes, als wenn Sie gleich in das Gesetz schreiben würden, nur die ATW darf Werbung in der Trafik machen.

Noch schlimmer wird es, wenn man das Sortiment, das der Trafikant zu halten hat, gesetzlich vorschreibt. Nicht das, was seine Kunden kaufen, hat er verfügbar zu halten, sondern das, was Sie ihm vorschreiben!!

Viel Glück zu dieser Ihrer Vorstellung einer liberalen Marktwirtschaft! In diesem Sinne: Die Trafikanten sind die, die die Jugendlichen wirklich vom Rauchen abhalten können. Denen hätten Sie etwas mehr Spanne geben können und sie verpflichten sollen, Aufklärung zu betreiben. – Das wäre weitaus besser gewesen: mit den kleinen Trafikanten und nicht gegen sie! Das hier Vorgelegte ist wirklich kommunistische Plan­wirtschaft. Ich „gratuliere“ zu solchen Entgleisungen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Neudeck: Sie unterstützen die großen Trafikanten! Abg. Mag. Molterer: Ich hätte gedacht, wir sind neoliberal! Jetzt sind wir Kommunisten?)

23.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1295 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Rasinger, Lichtenegger, Dr. Grünewald, Kollegin­nen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betrof­fenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Rasinger, Lichtenegger, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kolle­gen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung neuer Ziffern in Artikel II zum Inhalt hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist daher angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes samt der sich aus dem Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Rasinger, Lichtenegger, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen ergebenden Änderung der Ziffernbezeichnung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf auch in dritter Lesung die Zustim­mung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

23.36.39 24. Punkt

Einspruch des Bundesrates vom 9. Februar 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle) (1302 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 24. Punkt der Tagesord­nung.

Hinsichtlich des Einspruches des Bundesrates wurde dem Verkehrsausschuss eine Frist bis 24. Februar 2006 zur Berichterstattung gesetzt. Die Verhandlung über diesen Gegenstand ist daher in dieser Sitzung aufzunehmen.

Eine mündliche Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. Seine Redezeit beträgt 2 Minuten. – Bitte.

23.37.32

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wir diskutieren diese Gesetzesnovelle jetzt das dritte oder vierte Mal hier im Hohen Haus. Die Positionen sind bekannt.

Für uns ist es wichtig, dass die Geschwindigkeit für der Führerscheinentzug bei 180 km/h gedeckelt wird. Was den Test in Kärnten betrifft, so werden wir ihn durch­führen und uns dann unter dem Motto „Urteil statt Vorurteile“ ein Urteil bilden.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Antrag

gemäß § 77 GOG

der Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Missethon, Kolleginnen und Kollegen zum Ein­spruch des Bundesrates vom 9. Februar 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle) (1302 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle) wird gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG wiederholt.

*****

Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Antrag der Abgeordneten Wittauer und Missethon zum Einspruch des Bundesrates zur 9. Führerscheingesetz-Novelle in 1302 der Beilagen, der jetzt von Herrn Abgeordneten Missethon verlesen wurde, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


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Ans Rednerpult gelangt Herr Abgeordneter Eder. Er wünscht 2 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


23.39.15

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Es ist schade, dass der Einspruch des Bundesrates hier so überhastet abgewickelt wird. Es hat nicht einmal mehr eine Ausschusssitzung gegeben, alles lief unter Dringlichkeit.

Man hat es wahnsinnig eilig, 160 km/h fahren zu dürfen. (Abg. Neudeck: Gesetzlich! Du fährst es ja jetzt schon!) Wenn ich das hier sage, dann auch unter Bedachtnahme des Umstands, dass in der morgigen Ausgabe des „Kurier“ eigentlich ein schöner Artikel über Ausweichmanöver in der Verkehrspolitik abgedruckt ist. (Der Redner hält eine Seite des „Kurier“ in die Höhe.) Morgen finden ja in Vorarlberg entsprechende Ministerratsbesprechungen statt. Es gibt kein einziges Land in Europa, in dem man mehr als 130 Stundenkilometer fahren darf, außer Deutschland. (Ruf bei den Freiheit­lichen: Steht das da drinnen?) – Nein, das steht nicht hier, ich zitiere nur, was die Verkehrsminister sagen.

In Deutschland ist es aber so, dass die 130 km/h meistens eingehalten werden und auf vielen Strecken nicht einmal 130 km/h gefahren werden kann.

Meine Damen und Herren! Von einem Test braucht hier gar keine Rede zu sein, denn man muss ja nicht testen, 160 km/h zu fahren. Es weiß jeder, was das im Bezug auf Lärm, Abgase, Gefahren et cetera bedeutet. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber geh! Abg. Scheibner: Mercedes-Fahrer!)

Vor allem der Einspruch des Bundesrates zeigt ja, dass die Länder – und auch die Landeshauptleute – das zum größten Teil auch nicht wollen, außer einem Landes­hauptmann, der das halt zugelassen hat.

Für diesen Test wurden Straßenabschnitte ausgewählt, die nicht dreispurig sind und wo vieles von dem, was Bundesminister Gorbach vorher versprochen hat, nicht erfüllt wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das glaubst du ja selber nicht!)

Es wäre viel gescheiter, wenn man sich im Bereich Verkehrssicherheit auf andere Dinge einigen könnte, wie zum Beispiel Kettenpflicht und Winterreifen bei LKWs. – Ich habe gesehen, das kommt jetzt in der neuen Straßenverkehrsordnung.

Es wäre wesentlich klüger, sich mit diesen Dingen zu befassen als mit Raserei oder Raserstrecken auf der Autobahn, die man testen will, wo doch jeder weiß, was dabei herauskommt: Es kann nichts anderes dabei herauskommen als das, was wir ohnehin wissen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bist du noch nie schneller als 130 gefahren?)

Es geht nicht darum, ob man schneller oder nicht schneller gefahren ist, sondern es geht darum, ob man 160 km/h konsequent immer weiter einführen will. Das will in ganz Europa niemand, und das braucht auch niemand. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kollege Eder, sind Sie noch nie schneller als 130 gefahren? Ehrlich! Wir wollen es!) – Und wenn Sie sagen „wir“, dann sind Sie nur zu zweit, denn im BZÖ gibt es nicht viel mehr. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir wollen es!) 

23.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.41.39

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Eder, es verwundert mich eigentlich, wenn Sie von einer „über-


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hasteten“ Abwicklung des Einspruches des Bundesrates sprechen. (Abg. Eder: Schau auf die Uhr, wann wir das diskutieren! Das ist nicht überhastet?) Sollten wir das jetzt nicht behandeln, dann müsste das bedeuten, dass die SPÖ für 210 km/h ist. (Abg. Eder: Das ist ein Unsinn!) Also wenn wir das jetzt nicht behandeln, dann kann auf Kärntner Autobahnen auf Teilstrecken 210 km/h gefahren werden, und das ist fahrlässig.

Über die Realisierung des Vorschlags, den der Abgeordnete Eder einmal gemacht hat, nämlich 150 km/h auf allen Autobahnen, wo das möglich ist, wären wir ja froh ge­wesen. Das heißt, wir vom BZÖ hätten ein bisschen Überzeugungsarbeit bei der ÖVP leisten müssen, aber 150 km/h wären dann machbar gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was war das Resultat? – Ein paar Wiener Abgeordnete, die auch im Parlament sitzen, haben das nicht für eine gute Idee gehalten. – Herr Abgeordneter Cap war da natürlich auch mit dabei. Der Vorschlag, 150 km/h einzuführen, ist abgewürgt worden. Das wäre ein Kompromiss gewesen, aber das haben Sie abgelehnt. – Gut.

Jetzt sagen Sie hier am Rednerpult, dieser Gesetzesbeschluss werde überhastet abgewickelt! (Abg. Eder: Es ist dreiviertel zwölf!) Ja, klar, weil wir nicht wollen, dass auf Autobahnen mit einer Geschwindigkeit von 210 km/h gefahren wird. Sie aber sind gegen dieses Gesetz. Die Schlussfolgerung davon ist: Die SPÖ will, dass mit einer Geschwindigkeit von 210 km/h gefahren wird. Vielleicht sollten wir Ihnen das Erlebnis möglich machen und diese Abstimmung hier im Hohen Haus nicht durchführen.

Aber es ist natürlich schon traurig. Herr Abgeordneter Eder ist jemand, mit dem man sehr gut reden kann. (Abg. Eder: Nicht einmal der Herr Staatssekretär will das!) Es ist traurig, dass der Verkehrssprecher der SPÖ nicht das verhandeln kann, worüber er Bescheid weiß. Vielleicht ist die Sima immer noch ein bisschen im Hintergrund, mit Tempo 50. Vielleicht reduzieren wir das Tempo auf Autobahnen noch um ein bisschen. – Nein, es ist eine Frage der Kultur. (Abg. Dr. Cap: Du willst ein Blaulicht!)

Wir wollen auf Autobahnen maximal 180 km/h, wie es bisher der Fall war. Das werden wir heute beschließen, und die Bevölkerung soll wissen, dass Sie im Grunde genommen 210 km/h wollen. Das ist Fakt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Ihre Uhr wünscht sie auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


23.44.01

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Das ist schon wieder eine „Lex Wittauer“, wie wir sie schon öfter gehabt haben. Nach der Pferdekoppel und den Bahnschwellen werden wir die 180 km/h, die der Herr Kollege Wittauer ohnehin schon auf der Autobahn fährt, wie wir ja schon öfter gehört haben, jetzt auch beschließen.

Obwohl es schon so oft gesagt wurde, sage ich es noch einmal, weil ich dem Ganzen eigentlich überhaupt keine heitere Note abgewinnen kann: Die Umwelt ist belastet. Wir sind durch Lärm und Emissionen belastet. Die Verkehrssicherheit wird beeinträchtigt. Die ÖVP-BZÖ-Ankündigung „160 muss 160 bleiben“ stimmt so nicht. Das war ein Schwindel, und es muss verstärkt Geschwindigkeitskontrollen geben, weil die Leute einfach nicht mehr so gut unterscheiden können, wie schnell sie jetzt eigentlich unter­wegs sind. Sie müssen sozusagen wieder heruntergebremst werden. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist das eine, was mich beschäftigt. Was mich aber eigentlich noch mehr beschäf­tigt und wirklich fassungslos macht, das sind so manche Aussagen von wirklich


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wichtigen Meinungsträgern in Österreich, zum Beispiel eine Aussage des Bundes­kanzlers, indem er – augenzwinkernd – sagte: Sind Sie nicht auch schon über 130 gefahren? Er sagt damit etwas Ähnliches wie: Wisst Ihr, ich halte mich auch nicht an Gesetze, oder nur dann, wenn es mir passt! – Das finde ich wirklich dramatisch.

Das wirklich Dramatische an dieser Angelegenheit ist, dass wir jetzt mit Augenzwinkern folgende Haltung einführen: Wir halten uns dann an Gesetze, wenn uns die Gesetze irgendwie logisch erscheinen!

Es gibt einen afrikanischen Dialekt in Mali, nämlich Lamarali, in dem bedeutet Bildung und Erziehung „ein Beispiel setzen“. (Abg. Scheibner: Das ist wie bei der Drogen­politik, Frau Kollegin!)

350 Tote haben wir auf Grund von Geschwindigkeitsübertretungen zu beklagen. Herr Kollege Scheibner, ich weiß nicht, ob Sie auch Kinder haben. Ich habe zu Hause zwei Söhne, und ich weiß, dass ein ganz hoher Prozentsatz von jungen Männern auf der Straße ihr Leben verliert.

Wenn man mit Kindern 19, 20 Jahre lang zusammenlebt, ihnen von klein auf alles beizubringen versucht, und wenn die dann von irgendeinem Wahnsinnigen, der 180 km/h fährt, oder von irgendeinem Menschen, der alkoholisiert fährt, zusam­men­gefahren werden, dann hört sich dieser Spaß auf und auch die ganze Heiterkeit, die ein Herr Kollege Wittauer bei diesem Thema immer an den Tag legt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Scheibner: Ein Beispiel setzen, zum Beispiel bei der Drogenpolitik! Das ist wichtiger!)

Ich weiß auch überhaupt nicht, woher diese Larmoyanz stammt. Ich kann Ihnen nur sagen: Das ist ein entsetzliches Armutszeugnis für vernünftige und vernunftbegabte Menschen. Sie brauchen auf diese Tat nicht stolz zu sein – und Sie sind es auch nicht. Das sieht man an Ihren Gesichtern. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!)

23.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 in 1302 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Wittauer, Missethon, Kolleginnen und Kollegen den Antrag eingebracht, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle) zu wiederholen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Antrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Daher angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Art. 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


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Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 794/A (E) bis 799/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4019/J bis 4025/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, also morgen, den 2. März 2006, 9 Uhr, ein. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mit­teilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.49.15Schluss der Sitzung: 23.49 Uhr

 

 

 

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