Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 55

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Das heißt im Klartext: Es dauert lange, es ist für Menschen leichter machbar, die einigermaßen juristisch bewandert sind oder sich einen Rechtsanwalt leisten können, die im Regelfall ein gewisses Bildungsniveau haben, sich das zutrauen und vor den gesetzlichen Autoritäten wenig zurückschrecken. Alle anderen, die diesen mühsamen Weg nicht gehen können, werden keinen Schutz vor Stalking erfahren, weil Sie das in Ihrem Gesetz nicht vorsehen. Ich halte das für blamabel. (Beifall bei den Grünen.)

Weiters fällt auf, dass es bei der Begutachtung einiges an Kritik an der Regierungs­vorlage gab, auch von der Stadt Wien, wo man betreffend Anti-Stalking schon Erfahrungen gesammelt hat. Doch was war Ihre Reaktion darauf? – Das Gesetz wurde weiter verwässert; statt nachzuverbessern, statt dringende, wichtige Dinge zu ergän­zen, haben Sie die Bestimmungen noch einmal verwässert. Sie sagen: Bei allen Stalking-Formen, die sozusagen via Telekommunikation ausgeübt werden, gibt es kein Offizialdelikt mehr, sondern nur noch ein Antragsdelikt! – Im Unterschied zu Ihrer eigenen Regierungsvorlage, Frau Ministerin! Sie hatten ja am Anfang gedacht, es wäre wichtig, da ein Offizialdelikt zu verankern. Jetzt aber schwächen Sie die Situation und die Ausgangslage der Opfer noch weiter ab. Das ist das Ergebnis der Begutachtungen, im Rahmen derer Sie Kritik geerntet haben.

Ich frage mich, ob das nicht auch mit einer gewissen Form von Verharmlosung zu tun hat, wie wir sie ja auch von Sprechern des Innenressorts kennen, die über die Medien salopp mitteilen ließen: Man kann doch nicht jemanden ins Gefängnis stecken, weil er Rosen schickt! – Entschuldigung, wenn er vielleicht täglich Rosen schickt und es dezidiert unerwünscht ist, wenn es Psychoterror ist, Rosen zu schicken, dann muss das natürlich geahndet werden! Sie glauben, dass das eine Kavaliersgeste ist. Sie machen aus einem Gewaltakt ein Kavaliersdelikt! (Beifall bei den Grünen.)

In Summe kann man also herauslesen, dass Sie in Wirklichkeit der Verharmlosung des Stalkings Vorschub leisten, weil Sie es im Gesetz nicht ernsthaft und nicht seriös behandeln und weil es Ihnen offensichtlich reicht, dem Namen nach ein Anti-Stalking-Gesetz vorgelegt zu haben.

Dasselbe Muster finden wir bei der mitbehandelten Novelle des Umweltstrafrechtes, wo Sie die Europa-Konvention sehr wirtschaftsfreundlich interpretieren und bei weitem nicht ausschöpfen, was die Konvention zuließe, und wo es Ihnen auch reicht, dem Namen nach das Umweltstrafrecht novelliert zu haben.

Sie meinen, dass es reicht, Dinge dem Namen nach zu erledigen – wir meinen, es ist unabdingbar, Dinge dem Inhalt nach korrekt, ernsthaft und seriös zu erledigen. Ich kann Ihnen daher nur sagen: Ihre Arbeit und Ihre Vorlagen reichen jedenfalls nicht! (Beifall bei den Grünen.)

10.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. Ihre Wunschredezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.32.26

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin Gastinger! Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich aus der Praxis heraus dem Thema Anti-Stalking widmen – und nicht den Werdegang des Gesetzes zitieren. Ich darf heute mit einem Beispiel beginnen; ich wurde von einer Betroffenen autorisiert, das heute hier darzulegen.

Vor zirka einem Monat habe ich in der Beratungsstelle einen Anruf bekommen, bei dem eine Lehrerin Folgendes schilderte: Sie hat seit November immer wieder Anrufe bekommen – es hat sich aber der Anrufer nicht gemeldet. Es ist ihr dann ein bisschen angst und bange geworden. Und es war dann so, dass im Umfeld ihrer Familie jemand


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