Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 144. Sitzung / Seite 32

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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Gastinger. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Vielleicht kann man das aufklären!)

 


11.51.04

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es freut mich, dass ich noch einmal die Mög­lichkeit habe, hier ein Statement vor Ihnen abzugeben; vor allem gab es doch einige interessante Redebeiträge, auf die ich gerne reagieren möchte.

Primär möchte ich damit anfangen, dass im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts natürlich auch der Bereich der Grundrechte von ganz immanenter Bedeutung ist. Ich glaube, es war Herr Abgeordneter Scheibner, der angesprochen hat, wie wich­tig in diesem Zusammenhang der EU-Verfassungsvertrag gewesen sei, der hier im Na­tionalrat mit einer Gegenstimme, soweit ich mich erinnern kann, verabschiedet wurde, denn dieser EU-Verfassungsvertrag hätte die Grundrechtscharta, die Europäische Grundrechtscharta auch in den Verträgen der Europäischen Union vorgesehen, was derzeit nicht der Fall ist.

Ich denke, viele Menschen wissen nicht, dass wir in der Europäischen Union, die ja praktisch ab der Zeit ihrer Gründung auf eine Wirtschaftsunion angelegt war, derzeit noch keine gemeinsame Grundrechtscharta haben, denn das wäre ein wichtiger Schritt gewesen. Ich hoffe doch, dass wir mit dieser institutionellen Reform und auch mit der Aufnahme der Grundrechtscharta in unsere Verträge in sehr absehbarer Zeit einen weiteren großen Schritt in die richtige Richtung machen können.

Wesentlich sind uns auch – das betrifft unmittelbar meinen Rat; das hat Frau Abgeord­nete Stoisits angesprochen – die Mindestverfahrensgarantien in strafrechtlichen Ver­fahren. Frau Abgeordnete, ich kann Ihnen versichern, das ist mir wichtig! Das war auch ein Thema, das wir während unseres informellen Rates im Jänner hier in Wien behan­delt haben, ausdrücklich behandelt haben, denn wie Sie sicherlich wissen, ist dieser Rahmenbeschluss, wie er derzeit in Verhandlung steht, vor unserer Präsidentschaft ziemlich in eine Sackgasse gelangt. Die österreichische Präsidentschaft unter meiner Führung bemüht sich, dass wir bei diesem Rahmenbeschluss ganz maßgebliche wei­tere Schritte setzen können. Wir haben vor, dies im April-Rat auch offiziell auf die Rats­tagesordnung zu bringen und hoffen, dass wir spätestens bis Juni einen neuerlichen Schritt weiterkommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Gut ist in diesem Zusammenhang aber auch zu wissen, dass es hiebei nicht darum geht, dass es keine politische Einigung auf europäischer Ebene gibt oder dass wir dies nicht haben wollen, sondern es geht darum, dass wir, wie in jedem anderen Rechtssys­tem auch in Europa, nur auf Basis unseres Rechtsrahmens agieren können. Bezüglich dieses Rahmenbeschlusses bestehen von Seiten einiger Mitgliedstaaten massive Zweifel, dass eine Rechtsgrundlage auf europäischer Ebene vorhanden ist, um prak­tisch auf europäischer Ebene tätig zu werden. Das ist der Punkt, weswegen wir im Grunde genommen Schwierigkeiten haben.

Es herrscht politische Einigung vor, dass wir die Mindestverfahrensgarantien im Straf­verfahren brauchen und dass wir einen Schritt weiterkommen müssen. Darin sind wir uns auch mit dem Europäischen Parlament einig, das diesen Punkt als eine der Priori­täten gesetzt hat.

Herr Abgeordneter Maier hat angeführt, dass es diese Problematik zwischen der ersten und der dritten Säule gibt. Ich möchte hier nur erläuternd ausführen, was die erste und die dritte Säule im europäischen Kontext heißt, weil ich glaube, viele unserer Zuhörer wissen das vielleicht nicht. Es ist so, dass in der ersten Säule das Gemeinschaftsrecht geregelt wird. Das bedeutet bei uns im Rat qualifizierte Mehrheit, im Entscheidungsver-


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