Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / Seite 59

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Punkt. Diese hat aber Bundeskanzler Schüssel nicht gestartet, soweit mir bewusst ist. (Abg. Mag. Molterer: Initiative gestartet!) Sie haben hier keine Initiative gesetzt.

Ein Volksbegehren, das rein populistischen Zwecken beziehungsweise der Stärkung einer Partei dient, kann von den Grünen nicht unterstützt werden. Das ist Missbrauch des Willens und des Wunsches von Bürgerinnen und Bürgern. (Beifall bei den Grünen.)

10.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Winkler. – Bitte.

 


10.59.30

Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Volksbegehren „Österreich bleib frei!“ fordert, dass der Nationalrat folgende drei Fragen verfassungsrechtlich regeln soll – sie wurden schon angesprochen –: Der Bestand der österreichischen Neutralität und die EU-Verfassung sollen einer Volks­abstim­mung unterzogen werden, und die Zustimmung zu einem möglichen EU-Beitritt der Türkei soll nicht ohne Zustimmung der österreichischen Bevölkerung Gesetzeskraft erlangen.

Dieses Volksbegehren greift damit zweifellos Themen auf, die der österreichischen Bevöl­kerung sehr wichtig sind und die auch diskutiert werden müssen und sollen. Allerdings ist festzustellen – das Volksbegehren verabsäumt es leider, darauf hinzu­weisen –, dass bei diesen Themen zurzeit kein Handlungsbedarf besteht. Wer auch immer in der österreichischen Bevölkerung diese Sorgen, die im Volksbegehren ange­sprochen werden, teilt – und das sind mit Sicherheit mehr als jene, die das Volksbegehren unterzeichnet haben –, wäre beruhigter, wenn er sich die einschlägigen Rechtstexte, die Entschließungstexte, die Beschlüsse des Europäischen Parlaments und die Beschlüsse des Europäischen Rates näher ansehen würde.

Lassen Sie mich auf die drei Themenbereiche im Volksbegehren etwas näher einge­hen. Ich beginne mit dem Thema Neutralität. Wie hier schon mehrfach festgestellt worden ist, ist die österreichische Neutralität seit dem 26. Oktober 1955 in der öster­reichischen Bundesverfassung verankert – und keine politische Kraft hier in diesem Hohen Haus denkt daran, sie aufzuheben! Österreich ist neutral und Österreich wird neutral bleiben, das ist verfassungsrechtlich verankert. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die österreichische Außenpolitik ist eine Friedenspolitik – eine Friedenspolitik, die sich auf die Prinzipien des Völkerrechtes, insbesondere auf die Prinzipien der Satzung der Vereinten Nationen gründet. Die Prinzipien des Völkerrechtes und die Prinzipien der Satzung der Vereinten Nationen entwickeln sich natürlich auch im Lichte der politischen Realitäten weiter. Ich erinnere etwa daran, dass der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Vereinten Nationen im Vorjahr unter anderem das Prinzip des „responsibility to protect“ angenommen hat – ein Prinzip, das auch die Frage des Gewaltverbotes weiterentwickelt. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

In den Verhandlungen zum Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und später auch zum Verfassungsvertrag sind alle österreichischen Vertreter, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, konsequent dafür eingetreten, dass Österreich auf euro­pä­ischer Ebene immer so handeln kann, wie es den Erfordernissen des Neutralitäts­gesetzes entspricht, und diese Linie hat auch zum Erfolg geführt. Ich erinnere daran, dass im Verfassungsvertrag eindeutig klargestellt wird – ich zitiere –, dass der „beson­dere Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten


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