Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / Seite 73

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Der dritte Punkt, die Forderung: kein Beitritt der Türkei. – Aus meiner Sicht ist auf Grund der geographischen Lage, mit Grenzen zu unsicheren Staaten, auf Grund der hohen Einwohnerzahl und wegen der erforderlichen hohen Kosten für die anderen EU-Mitglieder die Aufnahme- und Funktionsfähigkeit der Europäischen Union mit einem solchen Beitritt überfordert.

Während wir immer dagegen waren, dass über Beitritte anderer Staaten, die ganz eindeutig zu Europa gehören, wie auch noch die West-Balkanstaaten, Volksabstim­mun­gen abgehalten werden, muss in diesem Sonderfall das Volk gefragt werden. Und das hat Bundeskanzler Schüssel bereits eindeutig klargestellt. Es gibt hiezu eine Entschließung des Nationalrates, und auch wenn der Herr Bundeskanzler jetzt in einer anderen Funktion als Ratspräsident darauf nicht besonders eingeht, ist doch vollkom­men klar, dass das seine und unsere Linie ist.

Ich persönlich glaube jedoch überhaupt, dass es in zehn oder 15 Jahren nicht ein Beitrittsergebnis geben wird, sondern dass – wahrscheinlich sogar im Einvernehmen mit der Türkei – eine Privilegierte Partnerschaft herauskommen wird, sodass die Befürch­tungen, die da geäußert wurden, gar nicht Realität werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

11.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Schieder. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.54.15

Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist schon mehrmals gesagt worden, das Volksbegehren hat drei Wünsche, drei Anliegen zum Inhalt: Garantie des Bestan­des der Neutralität, dass es Volksabstimmungen geben muss, bevor es in Österreich zu einer Zustimmung zu einer EU-Verfassung und bevor es zu einem allfälligen EU-Beitritt der Türkei kommt.

In der Begründung wird zu zwei von diesen drei Zielen gleich deutlich gesagt, was dahinter steckt, nämlich bei der Frage Volksabstimmung über einen solchen EU-Beitritt die „Vereitelung“ – wörtlich: die Vereitelung – des EU-Beitritts der Türkei und bei der Frage der Verfassung die „Abwehr“ der EU-Verfassung in der vorliegenden Form.

Ich glaube, es ist legitim zu verlangen, dass es Volksabstimmungen darüber gibt. Ich glaube, es ist legitim, die Meinung zu haben, auch wenn man diese nicht teilen sollte, dass es zu einer Vereitelung des EU-Beitritts der Türkei oder zu einer Abwehr der EU-Verfassung kommen sollte, aber: Eine Volksabstimmung mit der Begründung zu verlangen, weil man damit den Beitritt vereiteln und die EU-Verfassung verhindern kann, das ist meiner Meinung nach demokratiepolitisch in höchstem Maße bedenklich. Es ist bedenklich, wenn man für das Instrument der Volksabstimmung nur dann ist, wenn es gerade jenen spezifischen Zielen dient, die man selber hat. Ernst gemeint muss das Instrument bedeuten, dass man immer dafür ist – und nicht nur dann, wenn es den eigenen Zielen dient.

Zur Frage der Neutralität und zu dem, was hier zu Artikel 23f gesagt wurde. Ich möchte noch einmal festhalten – ich habe das schon mehrmals im Hause gesagt, auch bei der Beratung selbst –, der zitierte Initiativantrag hat deutlich gesagt, so, wie auch in den Unterlagen zum Volksbegehren zitiert ist, es gilt auch für den Fall, dass eine solche Maßnahme nicht in Durchführung eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Verein­ten Nationen ergriffen wird. Und dann steht in Klammern: Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen.

 


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