Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 160. Sitzung / Seite 180

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Öllinger. Gesamtrestredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.25.43

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Wissen Sie, Herr Maier, eine Ansammlung von Sätzen, auch wenn sie von einem Sprichwort garniert wird, ergibt noch nicht eine gute Rede. Aber das sei einmal dahingestellt. (Abg. Dr. Wolfmayr: Sprichwörter kennen Sie wahrscheinlich keine!)

Beim Sprichwort, das Sie genannt haben, ist mir gleich der Herr Finanzminister einge­fallen, der ja ebenfalls einmal ein Sprichwort umgedeutet hat in einer seiner berühmten Budgetreden, wo er sich zu lyrischen Höhen aufgeschwungen und gesagt hat: „Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget.“ (Bundesminister Mag. Grasser: Ja­wohl!) – „Jawohl“, sagt er noch! (Bundesminister Mag. Grasser: Jawohl! – Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Er hat darauf gewartet!) Ich kann mich noch an den Zwi­schenruf dazu erinnern: „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!“, Herr Finanz­minister. Und der hat gestimmt – nicht Ihr Satz! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich finde die Debatte teilweise absurd. Da stellt sich der Herr Maier heraus und kritisiert die SPÖ als Steuererhöhungspartei. Mag sein! Aber das, was die SPÖ hier vorgeschlagen hat, war ein massives Steuersenkungsprogramm (Abg. Scheibner: Wo denn?), ein massives Steuersenkungsprogramm, zu dem wir Grüne sagen: Na halt! Aufpassen! Wenn wir öffentliche Ausgaben finanzieren wollen, dann werden wir auch diese Einnahmen und Steuermittel brauchen. (Beifall bei den Grünen.) So einfach, dass wir uns gegenseitig nach unten konkurrieren und derjenige der Gewinner ist, der den niedrigsten Steuer- und Abgabensatz ausruft, wird es nicht gehen, auch wenn das der Herr Stummvoll selbst in einem seiner wunderbaren Lehr­sätze so darzustellen versucht hat. Er hat nämlich ganz simpel behauptet: Je niedriger die Steuern, desto höher der Aufschwung.

Also so etwas Banales von Ihrer Seite, Herr Abgeordneter Stummvoll, hätte ich mir nicht vorstellen können. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie hätten aufpassen sollen!) Denn das bedeutet nichts anderes als: Wenn die Steuern auf Null sind, dann haben wir den höchsten Aufschwung. Und so funktioniert leider Wirtschaft mit Sicherheit nicht. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Da können Sie noch so oft daher­kommen und sich gegenseitig Steuersenkungsprogramme an den Kopf werfen – das löst unsere Aufgaben nicht.

Was mich an dieser Debatte allerdings am meisten verwundert, ist, dass das eigentlich am ernstesten zu nehmende Problem, das wir tatsächlich haben, nämlich auf dem Ge­biet der Verteilung, der ungleichen Verteilung von Einkommen und Vermögen, von Ihnen so einfach nonchalant weggewischt wurde. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist etwas zu einfach.

Ich sage Ihnen, warum – meine Kollegin, die Abgeordnete Weinzinger, hat Ihnen ein Beispiel gebracht; nehmen wir dieses Beispiel noch einmal –: Die Verkäuferin – die wird ja gerne apostrophiert –, die 800 € verdient, hat durch die letzte Steuerreform keinen Cent Entlastung bekommen. Die hat vorher keine Steuer bezahlt, die hat auch jetzt deswegen nicht mehr und nicht weniger an Steuer bezahlt beziehungsweise an Entlastung erhalten.

Was wissen wir aber noch aus den Unterlagen, die Gott sei Dank noch aus dem Minis­terium kommen? Dass gerade bei den niedrigen Einkommen die Einkommenszuwäch­se minimal sind. Wenn Herr Abgeordneter Matznetter den durchschnittlichen Einkom­menszuwachs in den letzten fünf Jahren mit plus 1 Prozent beziffert, dann ist das der Durchschnitt, aber in den unteren Einkommensklassen gibt es keine Einkommenszu­wächse, da gibt es nur Einkommensverluste. Die untersten, nicht nur 10, 20, 30, son-


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