Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 60

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.21

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rede des Abgeordneten Schweisgut ist eigentlich beachtlich: Es war nämlich eine Rede nicht für das vorliegende Gesetz, son­dern schon für das nächste. Stichwort: Sonntagsöffnung. Ich betone: Sonntagsöffnung von Seiten der ÖVP!

Es haben brav alle ÖVP-Bürgermeister in den letzten Jahren – gemeinsam mit ande­ren Bürgermeistern; das gebe ich schon zu – die Forderung unterschrieben: Hände weg vom arbeitsfreien Sonntag!, doch jetzt kommt der Abgeordnete Schweisgut und sagt: Nein, nein, auch am Sonntag wollen die Leute, die Touristen eine Einkaufsmög­lichkeit haben! – Die Touristen sind es immer, die dafür herhalten müssen, wenn irgendjemandem in diesem Hohen Haus oder auch draußen schon wieder das nächste Begehren einfällt. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Wir beschließen heute ein Gesetz zur weiteren so genannten maßvollen Liberalisie­rung der Ladenöffnungszeiten, doch gleichzeitig stellen sich ÖVP-Abgeordnete her und sagen: Damit ist nicht genug, sondern Ruhe ist erst dann, wenn am Sonntag offen ist! (Abg. Schweisgut: Sie haben nicht zugehört! Das ist eine Verdrehung meiner Aus­sage!)

Halten wir das fest, Herr Kollege Schweisgut: Es ist offensichtlich die Absicht bezie­hungsweise die Haltung der ÖVP, sich an die eigenen Beschlüsse, die viele Bürger­meister, viele Gemeinden in den letzten Jahren, und zwar vor allem auch mit Zustim­mung der ÖVP, getroffen haben, nicht zu halten. So schaut es aus! (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Damit bin ich beim eigentlichen Thema angelangt. Herr Abgeordneter Schweisgut, man kann über die Ladenöffnung unterschiedlicher Meinung sein. Ich kenne natürlich auch die verschiedenen Vorstellungen und Begehren, und wir diskutieren das auch. Dass jemand sich um 4 Uhr in der Früh gerne in einer Buchhandlung in aller Ruhe ein Buch aussuchen würde und darin schmökern möchte, das gibt es. Genauso gibt es das Be­dürfnis, sich am Sonntag – und zwar nur am Sonntag – die Möbel für die Eigentums­wohnung oder für die Mietwohnung auszusuchen, weil unter der Woche zu wenig Zeit dafür ist. Das trifft gerade auf die im Handel Beschäftigten zu, denn die müssen in Zu­kunft bis Samstag arbeiten. Wenn die also die Möglichkeit haben sollen, einzukaufen, dann müssen Sie mit dem Argument, das komme den Handelsangestellten zugute, die Sonntagsöffnung verfügen, weil die sonst kaum mehr die Möglichkeit haben, einzukaufen. So kommen wir nicht weiter! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Natürlich gibt es die unterschiedlichsten Bedürfnisse, aber was mir bei dieser Debatte, soweit ich sie bis jetzt verfolgt habe, auffällt, das ist der Umstand, dass sie wortiden­tisch das widerspiegelt, was wir 1997 bei der letzten Liberalisierung der Ladenöff­nungszeiten hier im Hohen Haus diskutiert haben. Damals sind die Abgeordneten von den Regierungsparteien – und es gab damals eine andere politische Konstellation; Herr Kollege Dolinschek, ich komme noch darauf zurück – hier gestanden und haben die Meinung vertreten – die SPÖ eher mit der Sorge um die Handelsangestellten –, es sei eine maßvolle Liberalisierung. Damals hieß es: Wir machen es nur maßvoll!

Das zweite Argument von damals lautet, diese maßvolle Liberalisierung im Handel werde zu einem Einkommens- und zu einem Beschäftigungszuwachs bei den Handels­angestellten führen und der Handelsumsatz werde insgesamt steigen. Doch jetzt hör­ten wir vom Herrn Wirtschaftsminister, dass die Umsätze im Handel zurückgehen. Herr Bundesminister, ich frage Sie: Was ist da los? Ihre Versprechen hinsichtlich der


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