Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 63

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadlbauer. Die Uhr ist auf 3 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.31

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Kollege Dolinschek und Herr Minister Bartenstein, der größte Vorwurf, den Sie sich im Zusammenhang mit dem Öffnungszeitengesetz gefallen lassen müs­sen, ist der, dass Sie diese Novelle des Öffnungszeitengesetzes dafür verwenden, um Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenrechte abzubauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass ausgerechnet Sie, Herr Kollege Dolinschek, das als Arbeitnehmervertreter sagen, dafür sollten Sie sich wirklich schämen. Dass Herr Minister Bartenstein dafür ist, das kann ich aus seinem Background heraus verstehen, aber dass Sie als Arbeitnehmer­vertreter sich hier herstellen und so argumentieren, ist wirklich das Letzte, Herr Abge­ordneter Dolinschek! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dolinschek: Das ist eine Kann-Be­stimmung, keine Muss-Bestimmung!)

Es steht ja auch schon im Gesetzentwurf unter dem Titel „Problem“ Folgendes – ich zitiere –:

„Die derzeitige Regelung für Arbeitnehmer im Handel, wonach bei Beschäftigung am Samstag Nachmittag jeder zweite Samstag arbeitsfrei zu sein hat, wird als viel zu starr empfunden.“

Eines der Ziele dieses Gesetzes ist unter anderen die „Schaffung flexibler Einsatzmög­lichkeiten für Arbeitnehmer im Handel am Samstag Nachmittag“. – So steht es wörtlich im Gesetz.

Wir erkennen daran sehr gut, in welche Richtung das Ganze geht. Herr Minister Bar­tenstein hat im Ausschuss gesagt, dass das Öffnungszeitengesetz nicht für Arbeitneh­merrechte gültig ist. Ich frage Sie nun, Herr Minister Bartenstein: Warum schaffen Sie die gute, hervorragende Samstag-Freiregelung ab? Warum führen Sie wieder die Sechs-Tage-Woche im Handel ein? Warum schaffen Sie kein adäquates Schutzgesetz für Arbeitnehmer, um das Ganze abzufedern? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Dieses Öffnungszeitengesetz ist außerdem ein Gesetz, das Arbeitnehmerrechte ab­baut. Das wird deutlich bei der Ermächtigung für die Landeshauptmänner. Die Landes­hauptleute können nämlich bei regionalem Bedarf Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit und Nachtarbeit zulassen. Wir werden sehen, wie sie es machen werden. Sie verstecken sich allerdings hinter dieser Ermächtigung. In Wirklichkeit wollen Sie die Sonntags­arbeit einführen. Es hat ja auch Kollege Mitterlehner von der ÖVP im Wirtschafts­ausschuss gesagt, dass wir uns in Richtung Sonntagsarbeit bewegen. Es wird eine Liberalisierung nach der anderen kommen, und irgendwann werden Sie Ihr Ziel erreicht haben. Aber sagen Sie den Menschen doch endlich, was Sie wirklich vorhaben!

Der zweite Aspekt, den ich noch ansprechen will, ist der Umstand, dass die Mehrheit der Beschäftigten im Handel weiblich ist. Neben der fehlenden Sicherheit, den langen Anfahrtswegen, den fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen und der Tatsache, dass die Frauen und auch die Männer jetzt länger arbeiten müssen, dafür aber weniger ver­dienen, ist gerade bei den Frauen ein ganz wichtiger Aspekt die Vereinbarkeit von Be­ruf und Familie. Dieser Aspekt ist völlig links liegen gelassen worden. Doch daran gebe ich nicht einmal Herrn Minister Bartenstein die Schuld, denn das ist nicht wirklich sein Anliegen.

Es gibt in der Regierung eine Vertreterin, deren Anliegen das sein müsste, und zwar die Frauenministerin. Nun möchte ich Ihnen sagen, wie ernst die Frauenministerin die­ses Anliegen nimmt. Ich habe sie nämlich gefragt, ob sie sich angeschaut hat, welche


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