Stenographisches Protokoll

29. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 10. Juli 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 


 

Stenographisches Protokoll

29. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                 Donnerstag, 10. Juli 2003

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 10. Juli 2003: 9.00 – 23.42 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Wirtschaftliche Lage und Maßnahmen für den Wirt­schaftsstandort Österreichs“

2. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ge­mäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Wirtschaft­liche Lage und Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort Österreichs“

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz geändert werden, Bericht über den

Entschließungsantrag 44/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Anpassungen des Telekommunikationsrechts, über den

Antrag 49/A der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsgesetz – TKG) BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2002, geändert wird, über den

Entschließungsantrag 91/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für Mehrwertdienste

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird

6. Punkt: Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr samt Erklärung

7. Punkt: Bericht über den Antrag 162/A der Abgeordneten Werner Miedl, Mag. Eduard Mainoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei er­lassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird


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8. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 79/A (E) der Abgeordneten Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusatztafeln an Ortstafeln

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (22. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2003)

11. Punkt: Bericht über den Antrag 163/A der Abgeordneten Werner Miedl, Mag. Eduard Mainoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahr­zeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Festlegung des Bun­desbeitrags zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das Marchfeld­kanal­gesetz aufgehoben wird (Marchfeldkanal-Bundesbeitragsgesetz)

13. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich, mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich (Bund) und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Betrieb eines Marchfeldkanalsystems geändert und ergänzt wird

14. Punkt: Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsiche­rungs­einrichtungen und -Diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des Oberen Luftraums für die Zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste (CEATS) (Brüs­sel, 27. Juni 1997) samt Anlagen;

Besondere Vereinbarung zur Durchführung von Artikel 6 der Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und -diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des oberen Luftraums für die Zentral­europäischen Flugsicherungsdienste (CEATS)

15. Punkt: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeug­nissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabak­gesetz) geändert wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Gehaltskas­senge­setz 2002 geändert werden

18. Punkt: Bericht über den Antrag 104/A der Abgeordneten Karl Donabauer, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird

19. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 61/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des Lebensmit­telgesetzes und seiner Vollziehung

20. Punkt: Bericht über den Antrag 105/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geändert wird

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, geändert wird


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23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der ge­hobenen medizinisch-technischen Dienste geändert wird (MTD-Gesetz-No­velle 2003)

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste geändert werden (GuKG-Novelle 2003)

25. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 53/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Magnetfeldtherapiegeräte – Vertriebsverord­nung nach dem Medizinproduktegesetz (MPG)

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird

*****

Inhalt

Nationalrat

Beschluss auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2002/2003 der XXII. Ge­setzgebungsperiode des Nationalrates mit 11. Juli 2003 ..................................................................................... 276

Schlussansprache des Präsidenten Dr. Andreas Khol ......................................... 278

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 17

Geschäftsbehandlung

Einwendungen des Abgeordneten Dr. Josef Cap gegen die Tagesordnung ge­mäß § 50 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 17

Wortmeldungen im Zusammenhang mit den erhobenen Einwendungen gegen die Tagesordnung:

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 18

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 18

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 18

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................... 19

Redner:

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 19

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 20

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 22

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 23

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 25

Josef Broukal ................................................................................................................ 26

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 28

Karl Öllinger .................................................................................................................. 30

Einwendungen der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Dr. Alexander Van der Bellen finden keine Mehrheit           ............................................................................................................................... 32

Ersuchen des Abgeordneten Dr. Josef Cap auf Erteilung eines Ordnungs­rufes ....................              32

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfrage­beant­wor­tung 391/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................................................................... 34


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29. Sitzung / Seite 4

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung....... 190

Redner:

Dieter Brosz ................................................................................................................ 190

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 193

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 195

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 196

Mares Rossmann ....................................................................................................... 198

Michaela Sburny ......................................................................................................... 200

Antrag der Abgeordneten Michaela Sburny im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundesministers für Finanzen – Ablehnung ..............................  34, 35

Antrag der Abgeordneten Michaela Sburny auf Durchführung einer Geschäfts­ordnungsdebatte gemäß § 59 Abs. 3 GOG – Ablehnung ........................................................................................  34, 35

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 35

Antrag des Abgeordneten Karl Öllinger im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundesministers für Finanzen – Ablehnung ....................................................  56, 57

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen........................ 160, 182

Unterbrechungen der Sitzung ...........................................................................  186, 188

Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den Vorgängen im Zusam­menhang mit der Beschaffung von Eurofighter-Kampfjets gemäß § 33 Abs.1 der Geschäftsordnung ................................................. 274

Bekanntgabe ................................................................................................................. 261

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 276

Antrag des Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen, den Rech­nungshofausschuss und dessen Ständigen Unterausschuss gemäß § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung zu beauftragen, hinsichtlich des Verlangens gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung betreffend Prüfung der Gebarung des Bundes­ministeriums für Finanzen hinsichtlich Privatisierungs- und Ausgliederungsmaß­nahmen seit 1.1.2002, insbesondere Verkaufsvorbereitungen für Unternehmen der ÖIAG sowie Vergaben an externe Berater im Zusammenhang mit legis­tischen Vorhaben (Verwaltungsreform, Organisationsstruktur des Ressorts, Bun­desstaatsreform, Privatisierungsgesetzgebung) und Öffentlichkeitsarbeit ihre Ar­beiten während der tagungsfreien Zeit fortzusetzen – Ablehnung ......................................................  276, 277

Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen, den Unvereinbarkeitsausschuss gemäß § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung zu beauftragen, hinsichtlich der

1. Überprüfung der Tätigkeiten von Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser hin­sichtlich des Berufsverbotes nach § 2 Unvereinbarkeitsgesetz, insbesondere sei­ne regelmäßige Vortragstätigkeit für Banken und andere Institutionen,

2. Vereinbarkeit von Honorar- beziehungsweise Geldforderungen eines Finanz­ministers gegenüber Banken für seine dienstlichen Auftritte mit seinem Minister­amt, insbesondere hinsichtlich des Zwecks des Unvereinbarkeitsgesetzes sowie


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29. Sitzung / Seite 5

im Lichte seiner Funktion als Organ der Bankenaufsicht, unabhängig davon, ob die Zahlungen direkt an ihn oder an Dritte erfolgen,

3. Überprüfung der Anzeigen der Tätigkeiten von Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser im Sinne des § 2 Unvereinbarkeitsgesetz seit seiner erstmaligen Angelobung als Bundesminister,

4. Untersuchung, ob Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser seine Stellung in gewinnsüchtiger Absicht im Sinne der §§ 9 und 10 Unvereinbarkeitsgesetz (Mandatsverlust und Antrag auf Amtsverlust beim Verfassungsgerichtshof) miss­braucht hat, und

5. dem Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser die vorgebrachten Tatsachen mitzuteilen und ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben,

seine Arbeiten während der tagungsfreien Zeit fortzusetzen – Ablehnung ........  277, 277

Verlangen auf Durchführung einer Debatte darüber – Ablehnung ....................  277, 277

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidenten Dr. Andreas Khol .................................................................................. 277

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 278

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 17

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 33

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Finanzen betreffend „Freunderlwirtschaft, Interventionen und Lob­byismus zum Schaden Österreichs“ (658/J)                          117

Begründung: Dr. Josef Cap ........................................................................................ 128

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 134

Debatte:

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 147

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 148

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 150

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 152

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 155

Mag. Wilhelm Molterer (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 158

Dietmar Keck .............................................................................................................. 158

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 161

Maximilian Walch ....................................................................................................... 162

Mag. Hans Moser (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 164

Dr. Peter Wittmann (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 165

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 165

Bundesminister Günther Platter .............................................................................. 168

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 170

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 172

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 175


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29. Sitzung / Seite 6

Walter Murauer ........................................................................................................... 175

Mag. Werner Kogler (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 177

Michaela Sburny ......................................................................................................... 177

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 179

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 180

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 182

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 184

Josef Broukal .............................................................................................................. 185

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Absicherung des Industriestandortes Österreich durch Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär – Ablehnung (namentliche Abstim­mung) .................................................................................  160, 185

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherheitsbeschluss gegen den Ausverkauf der Voest­alpine AG – Ablehnung  177, 187

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Bundesminister für Landesverteidigung gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung     179, 188

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterführung der erfolgreichen Privatisierungsmaßnahmen durch die österreichische Bundes­regie­rung – Annahme (E 18) (namentliche Abstimmung)  181, 188

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Ge­schäfts­ordnung des Nationalrates zum Thema „Wirtschaftliche Lage und Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort Österreichs“                            36

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 36

2. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Tech­nologie gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Wirtschaftliche Lage und Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort Öster­reichs“ .................................................................................. 36

Bundesminister Hubert Gorbach ............................................................................... 40

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäfts­ord­nung                   32

Redner:

Dr. Kurt Grünewald (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 44

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 45

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 49

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 52

Mag. Wilhelm Molterer (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 57

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 57

Dr. Alfred Gusenbauer (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 61

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 61

Dr. Werner Fasslabend ................................................................................................ 64

Doris Bures (tatsächliche Berichtigung) ....................................................................... 67


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29. Sitzung / Seite 7

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 67

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (tatsächliche Berichtigung) ......................................... 70

Josef Bucher ................................................................................................................. 71

3. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (128 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das Komm­Austria-Gesetz geändert werden, über den

Entschließungsantrag 44/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Anpassungen des Telekommunikationsrechts, über den

Antrag 49/A der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Tele­kommunikation (Telekommunikationsgesetz – TKG) BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2002, geändert wird, über den

Entschließungsantrag 91/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Regelungen für Mehrwertdienste (184 d. B.) ................................................................. 73

Redner:

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 74

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 78

Kurt Eder ....................................................................................................................... 79

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 82

Dr. Evelin Lichtenberger ............................................................................................. 84

Mag. Karin Hakl (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 86

Bundesminister Hubert Gorbach ............................................................................... 86

Erwin Hornek ................................................................................................................ 88

Ing. Erwin Kaipel .......................................................................................................... 89

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................... 89

Franz Eßl ....................................................................................................................... 91

Rudolf Parnigoni .......................................................................................................... 92

Werner Miedl ................................................................................................................. 93

Josef Broukal ................................................................................................................ 94

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 96

4. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (130 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (183 d. B.) ............................................................ 97

Redner:

Peter Marizzi ................................................................................................................. 97

Bundesminister Hubert Gorbach ............................................................................... 98

Werner Miedl ............................................................................................................... 100

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 102

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................. 103

Johann Rädler ............................................................................................................ 104

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 105

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 106

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 107

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorla­ge (94 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird  (181 d. B.) ............................................................ 108


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29. Sitzung / Seite 8

6. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (13 d. B.): Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr samt Erklärung (182 d. B.) ..................................................................................................................... 108

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................... ... 113

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 109

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 110

Gerhard Steier ............................................................................................................ 111

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 113

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 115

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 115

Annahme des Gesetzentwurfes in 94 d. B. ................................................................. 116

Genehmigung des Staatsvertrages in 13 d. B. ............................................................ 190

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 13 d. B. .......... 190

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 162/A der Abgeord­neten Werner Miedl, Mag. Eduard Mainoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vor­schriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrs­ordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird (185 d. B.) ............................................................. 201

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungs­an­trag 79/A (E) der Abgeordneten Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusatztafeln an Ortstafeln (186 d. B.)                       201

9. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (23 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (22. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden (84 d. B.)     ............................................................................................................................. 201

10. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (76 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2003) (85 d. B.) ... 202

11. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 163/A der Ab­geordneten Werner Miedl, Mag. Eduard Mainoni, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird (189 d. B.) ............................................................................................................. 202

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger ..................................................................................  202, 213

Werner Miedl ............................................................................................................... 204

Gabriele Binder .......................................................................................................... 205

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................. 206

Hermann Gahr ............................................................................................................ 207

Bundesminister Hubert Gorbach ............................................................................. 208

Anita Fleckl ................................................................................................................. 210

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 211

Günter Kößl ................................................................................................................ 213

Petra Bayr ................................................................................................................... 214

Anton Wattaul ............................................................................................................. 216

Norbert Sieber ............................................................................................................ 216


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29. Sitzung / Seite 9

Anton Heinzl ............................................................................................................... 217

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 218

Anton Wattaul (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 221

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 221

Astrid Stadler .............................................................................................................. 222

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 223

Christoph Kainz .......................................................................................................... 224

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 185, 84, 85 und 189 d. B. ................................. 225

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 186 d. B. .................................................... 225

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (126 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Festlegung des Bundesbeitrags zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das Marchfeldkanalgesetz aufgehoben wird (Marchfeldkanal-Bundesbeitragsgesetz) (187 d. B.) ....................................................................................................................................... 226

13. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorla­ge (127 d. B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich, mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich (Bund) und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Betrieb eines Marchfeldkanalsystems geändert und ergänzt wird (188 d. B.) ........................ 226

Redner:

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 227

Petra Bayr ................................................................................................................... 227

Anton Wattaul ............................................................................................................. 228

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 228

Annahme des Gesetzentwurfes in 126 d. B. ............................................................... 229

Genehmigung des Staatsvertrages in 127 d. B. .......................................................... 229

14. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (56 d. B.): Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsiche­rungs­einrichtungen und -Diensten durch EUROCONTROL in der Bezirks­kontroll­zentrale des Oberen Luftraums für die Zentraleuropäischen Flugsicherungs­dienste (CEATS) (Brüssel, 27. Juni 1997) samt Anlagen;

Besondere Vereinbarung zur Durchführung von Artikel 6 der Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und
-diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des oberen Luft­raums für die Zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste (CEATS) (86 d. B.) ............................... 229

Redner:

Gerhard Steier ............................................................................................................ 229

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................. 230

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 231

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend aktives Eintreten für Steuergerechtigkeit im Flug­ver­kehr – Ablehnung ...............  231, 232

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 232

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG ........................................... 232


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29. Sitzung / Seite 10

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (57 d. B.): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (98 d. B.) ................................. 232

Redner:

Maria Grander ............................................................................................................. 232

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 233

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 234

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 234

Christine Marek .......................................................................................................... 236

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 237

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 238

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 238

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 239

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 240

16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (52 d. B.): Bundesgesetz, mit dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabak­erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucher­schutz (Tabakgesetz) geändert wird (100 d. B.) ..................................................................... 240

Redner:

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 240

Beate Schasching ...................................................................................................... 241

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 241

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 242

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 243

August Wöginger ....................................................................................................... 243

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 244

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 246

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (41 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Gehalts­kassen­gesetz 2002 geändert werden (99 d. B.)                     246

18. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 104/A der Abgeordneten Karl Donabauer, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird (101 d. B.) .............................................................................................. 246

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungs­an­trag 61/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des Lebensmittelgesetzes und seiner Vollziehung (102 d. B.) ................................................................................................. 246

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 105/A der Ab­geordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heil­masseurgesetz geändert wird (103 d. B.) ............... 246

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (70 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geändert wird (104 d. B.)                     246


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22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (69 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, geändert wird (105 d. B.)                247

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (72 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der ge­ho­benen medizinisch-technischen Dienste geändert wird (MTD-Gesetz-Novel­le 2003) (106 d. B.) ....................................................................... 247

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (71 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fach­dienstes und der Sanitätshilfsdienste geändert werden (GuKG-Novelle 2003) (107 d. B.)      ............................................................................................................................. 247

25. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungs­an­trag 53/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Magnetfeldtherapiegeräte – Vertriebsverord­nung nach dem Medizin­produkte­gesetz (MPG) (108 d. B.) .................................................. 247

Redner:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 247

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 248

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 249

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 250

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 251

Mag. Ulrike Sima ........................................................................................................ 251

Karl Donabauer .......................................................................................................... 252

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 253

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 255

Renate Csörgits .......................................................................................................... 255

Ridi Steibl .................................................................................................................... 256

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 257

Barbara Riener ........................................................................................................... 258

Erika Scharer .............................................................................................................. 259

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 259

Johann Rädler ............................................................................................................ 260

Annahme der sieben Gesetzentwürfe in 41, 101, 103, 70, 69, 72 und 71 d. B. .......... 262

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 102 und 108 d. B. ............................. 262

26. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (123 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (165 d. B.) ............................... 263

Redner:

Astrid Stadler .............................................................................................................. 263

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 264

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 265

Sabine Mandak ........................................................................................................... 265

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 266

Gabriele Binder .......................................................................................................... 267

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 267

Staatssekretärin Ursula Haubner ............................................................................. 268

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 268

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 269

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 269


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Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 271

Franz Riepl .................................................................................................................. 272

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 273

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 273

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes – Ablehnung ...................  270, 274

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 274

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 33

125: Annahmeerklärung betreffend den revidierten Text der Internationalen Pflan­zenschutzkonvention

194: Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (Europol-Übereinkommen), und des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten für Europol, die Mitglieder der Organe, die stell­vertretenden Direktoren und die Bediensteten von Europol

Bericht ........................................................................................................................... 34

III-43: Kunstbericht 2002; Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kin­derbetreuungsgeldgesetzes (192/A) (E)

Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Zuver­dienst­grenze beim Kinderbetreuungsgeld (193/A) (E)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kin­derbetreuungsgeldgesetzes (194/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesetzliche Maßnahmen gegen unseriöse Gewinnspielveranstalter“ (195/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusage von finanziellen Mitteln für den Standort der Universität Salzburg („Unipark Nonntal“ und „Science City“) (196/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesetzliche Maßnahmen gegen unseriöse Gewinnspielveranstalter“ (197/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wasserqualität und Zu­stand von Einzelwasserversorgungsanlagen (Hausbrunnen) – Schutz der Lebens­res­source Wasser“ (198/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wasserqualität und Zu­stand von Einzelwasserversorgungsanlagen (Hausbrunnen) – Schutz der Lebens­res­source Wasser“ (199/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend „Freunderlwirtschaft, Interventionen und Lobbyismus zum Schaden Öster­reichs“ (658/J)


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Jakob Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Feuerschutzsteuer (659/J)

Ing. Norbert Kapeller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die „Rollende Landstraße“ auf der Summer­auerbahn (660/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Erhöhung der Sitzungsgelder für den Bundeskommunikationssenat (661/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Österreichisch-Saudi-Arabische Gesellschaft (662/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Wasserqualität in Einzelwas­serversorgungsanlagen (Hausbrunnen) (663/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Punzierungsgesetz 2000 – Daten und Erfahrungen (664/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend Fachhochschul-Studiengänge in St. Pölten (665/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Ausgleich der so ge­nannten „Werkprämie“ (666/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderungen (667/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Schul- und LehrerInnendaten 2002/2003 (668/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Zunahme der Zahlungs­unfähigkeit von privaten Haushalten und Einzelpersonen auf Grund der ansteigenden Arbeitslosigkeit (669/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die schweren Versäumnisse von Generaldirektor Dr. Seipel (670/J)

Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Ausbau der Schleife Selzthal (671/J)

Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schwertransportbegleitung in der Steiermark (672/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Fahrplanänderungen der ÖBB, ge­meinwirtschaftliche Leistungen und Bahnreform (673/J)

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend skandalöse Vorgänge in der österreichischen Abfallwirtschaft (674/J)


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Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Vergabeskandal Institut für medizinische Genom­forschung (675/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Brand in der RPB Recycling Point Blumau Wiederaufbereitungsges.m.b.H in der Zeit von 24. September bis 3. Oktober 2002 und behördenseitige Abwicklung (676/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Brand in der RPB Recycling Point Blumau Wiederaufbereitungsges.m.b.H in der Zeit von 24. September bis 3. Oktober 2002 und behördenseitige Abwicklung (677/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Brand in der RPB Recycling Point Blumau Wiederauf­bereitungs­ges.m.b.H in der Zeit von 24. September bis 3. Oktober 2002 und behördenseitige Abwicklung (678/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Brand in der RPB Recycling Point Blumau Wiederaufbereitungsges.m.b.H in der Zeit von 24. September bis 3. Oktober 2002 und behördenseitige Abwicklung (679/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Friends of Fairness“ (680/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Budgetmittel für Qualitätssicherung (681/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Gefährdung der Verkehrssicherheit durch Umgehung der LKW-Gewichtslimite für Holztransporte (682/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend Gefährdung der Verkehrssicherheit durch Umgehung der LKW-Gewichtslimite für Holztransporte (683/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Vermittlung eines Tornadodeals mit Cote d'Ivoire in Wien (684/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Amtshandlungen zur Bekämpfung des Drogenhandels, pauschale Kontrol­len der Bevölkerungsgruppe der AfrikanerInnen (685/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Kontrolle des LKW-Fernverkehrs (686/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Transitmaßnahmen mit Bedeutung für Ober­österreich (687/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kontrolle des LKW-Fernverkehrs (688/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung Natura 2000, insbesondere im Rannatal (689/J)


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29. Sitzung / Seite 15

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verurteilungen bei Drogendelikten (690/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Bewertung des Pflanzenschutzmittels Aldicarb (691/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Hauptverband und EDS/ORGA (692/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Hauptverband und EDS/ORGA (693/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Bewertung des Pflanzen­schutzmittels Aldicarb (694/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vergabe der Beratungs- und Verkaufsleistungen für die Veräußerung der Bundeswohnbaugesellschaften (695/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend budgetrelevante Aspekte bei der Veräußerung der Bundeswohn­baugesell­schaften (696/J)

Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend ganztägige Schulformen in Österreich (697/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend barrierefreie Tourismusangebote (698/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Können Sie nicht oder wollen Sie nicht?“ – un­zureichende Beantwortung der Anfrage zu den der OECD falsch übermittelten Wochenstundenzahlen (699/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend überfällige Entscheidung zur Fachhochschule Wolfsberg (700/J)

Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ergänzende Fragen zur Anfrage­beantwor­tung 382/AB (XXII. GP.-NR) auf die Anfrage 390/J (XXII. GP.-NR) betreffend eine Machbarkeitsstudie für die Überbauung der Wiener Südosttangente (A 23) Bereich Kaisermühlen bis Inzersdorf (701/J)


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29. Sitzung / Seite 16

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Scheitern des Projektes ADONIS (702/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Mängel bei Computerausstattung und Fuhrpark bei der Exekutive (703/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Entwicklung der Kriminalität im Jahre 2003 (704/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Grenzschutz in Niederösterreich (705/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Mehrleistungskürzungen bei der Exekutive (706/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend verpflichtende Sprachkurse für Ausländer (707/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend eklatante Missstände im ARA-System und die dadurch entstandene Mehrbelastung für die heimischen Kon­sumentInnen (708/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verkehrshölle und andere Umweltbelastung für Österreich nach Eröffnung des Outlet-Centers bei Kleinhaugsdorf (709/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend das Pressefoyer vom 1.4.03 und die Niederlassungsverordnung 2003 (710/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend grenzüberschreitende Um­weltverträglichkeitsprüfungsverfahren für verkehrsvermehrende Projekte entlang der Staatsgrenze Österreichs mit Tschechien, Slowakei und Ungarn (711/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Infraschall und Mobilfunk (712/J)

*****

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend eigenartige Vorsitzführung im Nationalrat in den Abendstunden des 9. Juli 2003 (5/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (402/AB zu 374/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kol­leginnen und Kollegen (403/AB zu 380/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Kol­leginnen und Kollegen (404/AB zu 389/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kol­leginnen und Kollegen (405/AB zu 394/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kol­leginnen und Kollegen (406/AB zu 440/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (407/AB zu 418/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (408/AB zu 504/J)



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29. Sitzung / Seite 17

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle sehr herzlich.

Meine Damen und Herren! Gestern wurde in der Europa-Debatte angeregt, dass neben der österreichischen Fahne auch eine Europafahne am Präsidium steht. Ich darf darauf hinweisen – das ist gelungen. (Allgemeiner Beifall.)

Das Amtliche Protokoll der 27. Sitzung vom 8. Juli 2003 ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Einem und Lackner.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mit­gliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser wird durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll vertreten.

*****

Der Herr Bundeskanzler und der Herr Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie haben ihre Absicht bekannt gegeben, zum Thema „Wirtschaftliche Lage und Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort Österreich“ Erklärungen abzugeben. Diese stehen als Punkte 1 und 2 auf der Tagesordnung.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort gemeldet. – Bitte.

Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG

 


9.01

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte Einwendungen gegen diese Tagesordnung erheben, zum einen gegen die Art und Weise, wie diese Erklärung zustande gekommen ist, zum an­deren, weil wir der Meinung sind – und das möchte ich in Antragsform formulieren –, dass nicht der Herr Bundeskanzler und der Herr Minister Gorbach die Berufenen zu diesem Thema sind, sondern der Herr Finanzminister und der Herr Wirtschaftsminister. Es wäre unserer Meinung nach viel richtiger, wenn sich zum Thema „Erklärung zur wirtschaftlichen Lage“ der Herr Finanzminister und der Herr Wirtschaftsminister äußern würden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Bitte.

 



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29. Sitzung / Seite 18

9.02

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Das grundsätzliche Recht von Ministern, nach § 19 der Geschäfts­ordnung eine Erklärung abgeben zu wollen, ist selbstverständlich unbestritten, aber den konkreten Umgang damit, wie er sich heute hier darstellt, die Art des Zustande­kom­mens dieser Erklärungen, halte ich für unerträglich. Wenn das Schule macht, wie das in den letzten eineinhalb Tagen passiert ist, so macht das eine geordnete parla­mentarische Debatte unmöglich. – Ich beantrage die Abhaltung einer Geschäfts­ord­nungsdebatte darüber, Herr Präsident!

Zweitens bin ich mit der Reihenfolge der Tagesordnungspunkte, wie sie von Ihnen enunziert worden ist, nicht einverstanden und beantrage daher, dass der ursprünglich vereinbarte Punkt 1, das Telekommunikationsgesetz, Punkt 1 bleibt und erst dann die Erklärungen folgen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Klubobmann Molterer. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


9.03

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Ich begrüße nicht nur den Herrn Bundeskanzler, Herrn Minister Gorbach und Herrn Staatssekretär Kukacka (Staatssekretär Mag. Schweitzer nimmt soeben auf der Regierungsbank Platz – Abg. Schieder: Was ist mit dem armen Staatssekretär?), sondern ich begrüße vor allem, dass diese beiden Erklärungen als Punkte 1 und 2 auf der Tagesordnung stehen, weil damit selbstverständlich die Möglichkeit gegeben ist, eine der wichtigsten Fragen für das Land, nämlich die Frage Wirtschaft und Arbeit, zu diskutieren. Ich bin froh, dass das dem Parlament heute auf Basis dieser Erklärungen möglich ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Klubobmann Scheibner. – Bitte.

 


9.04

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Schieder hat sich beschwert, dass Herr Staatssekretär Schweitzer nicht begrüßt worden ist. (Abg. Schieder: Wir alle nicht!) Ich möchte das nachholen und ihn ausdrücklich auch im Namen des Abgeordneten Schieder be­grüßen.

Ich möchte, auch namens meiner Fraktion, sagen, auch ich finde überhaupt nichts da­bei – ganz im Gegenteil! –, dass der Bundeskanzler und der Infrastrukturminister heute über die Lage des Wirtschaftsstandortes Österreichs referieren werden. Wir haben so­mit die Möglichkeit, über dieses wichtige Thema zu debattieren. Die Möglich­keit, solche Erklärungen abzugeben, und auch die Vorgangsweise sind in der Geschäftsordnung festgelegt, und dementsprechend ist auch vorgegangen worden.

Es überrascht mich, dass gerade die Opposition nicht debattieren will und keine Er­klärungen haben möchte. Früher hat man eher darüber diskutiert, ob und wie man seitens der Opposition eine derartige Erklärung erzwingen kann. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

9.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Sie haben die Einwen­dungen gehört. Ich trete diesen Einwendungen nicht bei, weshalb der Nationalrat zu entscheiden hat.


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29. Sitzung / Seite 19

In der gemäß § 50 der Geschäftsordnung nunmehr stattfindenden Debatte beschränke ich im Einvernehmen mit den Fraktionen die Redezeit auf 5 Minuten und die Zahl der Redner pro Klub auf zwei.

Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr in dieser Einwendungsdebatte Herr Abgeordneter Lopatka. Redezeit: 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


9.06

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war jetzt schon etwas verwundert darüber, dass die sozial­demokratische Fraktion Einwendungen gegen eine Erklärung zur wirtschaftlichen Lage haben kann. Ich habe immer gedacht, dass wir uns darin einig sind, dass das ei­gentlich unser zentrales Thema ist, mit dem wir uns zu befassen haben.

Schon der amerikanische Ex-Präsident Bill Clinton hat gesagt: „It’s the economy, stupid!“ – Das ist es, worum es geht. Es ist die Wirtschaft! Eine starke Wirtschaft ist der Schlüssel dafür, dass es den Menschen in unserem Land gut geht. Uns ist das klar, der SPÖ anscheinend nicht. Nicht umsonst hat der Chefberater der SPÖ, US-Berater Stanley Greenberg, in seinem Schlussbericht über die Beurteilung der gesamten Wahl­bewegung festgehalten, die SPÖ müsse versuchen, wieder wirtschaftliche und steuer­politische Kompetenz zu bekommen. Weiters hat Greenberg gemeint, alle Beteue­rungen zu diesem Thema seien hauptsächlich rhetorischer Natur gewesen.

Heute, ein halbes Jahr später, hat sich bei Ihnen anscheinend nichts geändert. (Abg. Silhavy: Und ihr habt den Grasser!) Nur leere Worthülsen kommen von Ihrer Seite. Am 1. Juli zum Beispiel – noch nicht lange her – sagt SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusen­bauer in einer Aussendung:

„Wir müssen jetzt die nationalen wirtschaftspolitischen Spielräume nutzen.“

Dann liest man in der Aussendung weiter und wartet darauf, dass Vorschläge kom­men – aber es kommt kein einziger Vorschlag! Es bleibt wieder bei der Überschrift.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Das, was Sie hier haben, sind Phantomschmerzen. Das ist der Schmerz, den Sie deshalb empfinden, weil die Wirt­schaftspolitik bei Ihnen amputiert ist. Das sage ich Ihnen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das spüren Sie, daher wollen Sie diese Debatte heute hier nicht! Sie wollen diese De­batte heute nicht, weil wieder das zum Vorschein kommen wird, was Ihnen Ihr Chef­wahlberater ins Stammbuch geschrieben hat: Ihre Vorschläge sind bloß rhetorischer Natur. – Das habe nicht ich festgestellt. Ich kenne das Innenleben der sozialdemo­kratischen Fraktion nicht, aber ich glaube, dass Ihr Chefwahlberater Stanley Greenberg es sehr wohl kennt, und er hat gemeint, Sie müssen in dieser Frage – ich wiederhole mich – wieder wirtschaftliche und steuerpolitische Kompetenz zurückbekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir nehmen unsere Verantwortung ernst, wir setzen hier unsere Sachkompetenz ein. – Das mag Ihnen weh tun, es ist aber im Inter­esse der Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heit­lichen.)

Fragen zum Wirtschaftsstandort, das sind die zentralen Fragen – und nicht das, was Sie immer wieder versuchen, indem Sie sich darauf beschränken, durch ständig wie­derkehrende persönliche Angriffe auf einzelne äußerst erfolgreiche Minister die Sach­arbeit zu blockieren, meine Damen und Herren! Das ist zu wenig! Es ist zu wenig, sage ich Ihnen, dass Sie einerseits versuchen, notwendige Reformen zu blockieren, wäh­rend Sie sich andererseits auf persönliche Angriffe beschränken.


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29. Sitzung / Seite 20

Wir sehen unsere Aufgabe anders: Wirtschaft schafft Arbeit, und sozial ist, was Arbeit schafft, was Wohlstand sichert und was Wachstum fördert. – Das ist das Credo der Re­gierung Schüssel II. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Daher ist es richtig, dass dieses Thema heute als Tagesordnungs­punkt 1 verhandelt wird.

Sie, Herr Dr. Gusenbauer, mögen sich in Ihrer Politik hier im Haus auf Blockaden und auf diese immer wiederkehrenden persönlichen Angriffe beschränken – wir lassen uns nicht beirren. Wir arbeiten für die Zukunft Österreichs, wir arbeiten für den Wirt­schafts­standort Österreich und werden das in der heutigen Debatte auch sehr deutlich ma­chen. Vielleicht gelingt es Ihnen heute, über Ihre Beteuerungen bloß rhetorischer Na­tur, die von Ihrem Chefberater so beklagt worden sind, hinauszukommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Durch einen Irrtum bei der Erstellung der Rednerliste ist als Erster ein Kontraredner zu Wort gekommen, obwohl es eine Präsidialvereinbarung gibt, dass die Antrag stellenden Fraktionen den ersten Red­ner stellen. Ich bitte, das Versehen zu entschuldigen.

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


9.11

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Generalsekretär Lopatka! Das war jetzt natürlich eine mehrfache Themenverfehlung. Sie brauchen sich da nicht als Hilfsredner für den Bundeskanzler zu gerieren, um ihm sozusagen noch jene Punkte abzudecken, die er in seiner Erklärung zur wirtschaftlichen Lage vielleicht nicht mehr schafft. Es geht hier nicht um die Frage, ob es eine Erklärung zur wirtschaftlichen Lage geben soll – dafür sind wir selbstverständlich (demonstrativer Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen) –, sondern um die Frage: Weshalb muss diese Regierung den Finanz­minis­ter verstecken? Wieso ist er nicht hier? Wieso erklärt nicht er sich zur wirtschaftlichen Lage? – Das ist die Frage, die sich stellt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich sage Ihnen, das ist nicht die richtige Vorgangsweise! Es ist eine Missachtung des Parlaments, dass der Finanzminister fast zeitgleich mit dieser Sitzung – nämlich für 10 Uhr – eine Pressekonferenz in seinem blauen Salon ansagt, um Aktuelles zur ÖIAG zu präsentieren. Das ist ein Skandal, denn er hat sich hier im Haus zu befinden und sich nicht zur selben Zeit an anderer Stelle dazu zu äußern! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ist auch Usance in diesem Haus, dass der Finanzminister zur wirtschaftlichen Lage etwas sagt. Jetzt müsste man natürlich die Frage stellen: Wieso kommt er nicht auch, um sich zur wirtschaftlichen Lage zu äußern? (Abg. Mag. Posch: Weil er nichts zu sagen hat!) – Das wird heute noch Gegenstand einer Dringlichen Anfrage sein. Das wird heute den ganzen Tag über Thema sein; es ist schon Thema in den letzten Wo­chen gewesen. Auf Grund der vielen Vorwürfe zu seinen Malversationen kommt er nicht mehr dazu, sich um die Republik zu kümmern, sich um die Menschen hier zu kümmern. Das ist das Problem, vor dem wir heute stehen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie haben ihn schon die ganze Woche über versteckt. Das hat damit begonnen, dass am ersten Plenartag die ÖVP freundlicherweise schnell eine Dringliche eingebracht hat, damit der Finanzminister, nachdem er sich von der Ministerratssitzung ein biss­chen erholt hat, hier irgendwann am Nachmittag aufkreuzen kann, möglichst außerhalb der medialen Primetime. Gestern war er überhaupt nicht im Land, und heute wird er da


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sein, wird aber nicht da sein, weil er es eben vorzieht, sich mit Journalisten statt mit den Abgeordneten zu treffen.

Ich muss Ihnen sagen, das ist auch eine Missachtung Ihnen gegenüber. Oder ist es Ich­nen als Abgeordnete der beiden Regierungsparteien völlig gleichgültig, wie mit Ihnen hier seitens der Regierung umgegangen wird? Wenn ja, sagen Sie es, stellen Sie sich hierher, aber halten Sie nicht solche Luftreden wie Generalsekretär Lopatka vorhin! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Jetzt habe ich noch eine Frage. Früher war es immer so, dass sich eine Erklärung zur wirtschaftlichen Lage über einen langen Zeitraum abgezeichnet, angekündigt hat. Da ist etwas Großes geschehen, da hat es irgendwelche gigantischen Veränderungen ge­geben, da hat es irgendetwas gegeben, das den Grund für eine Erklärung lieferte. Bis noch vor zwei Tagen wusste niemand – anscheinend inklusive seiner eigenen Per­son –, dass der Herr Bundeskanzler heute eine Erklärung zur wirtschaftlichen Lage abgeben wird. Meine Frage daher: Was ist in den letzten 48 Stunden passiert, dass es so überstürzt diese Erklärung des Bundeskanzlers unter Nicht-Anwesenheit und Nicht-Erklärung des Finanzministers gibt?

Das wäre eine interessante Frage gewesen, Herr Generalsekretär Lopatka, anstatt sich in irgendwelche Ausreden zu flüchten, so quasi, wir, die Opposition kümmern uns nicht um die Wirtschaft. – Sie sollten sich um die Wirtschaft kümmern! Das wäre viel wichtiger, als dauernd Feuerwehr für Herrn Grasser zu spielen, ununterbrochen Krisen­management und so weiter, sodass überhaupt nichts mehr weitergeht in dieser Regierung. Ständiges Trouble shooten, die vielen Konflikte und Auseinander­setzun­gen, die Sie in der Regierung haben, weshalb diese Regierung den Namen Regierung gar nicht mehr verdient – das ist das wahre Problem! Und heute soll das wieder einmal übertüncht werden, nämlich mit dieser Erklärung. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Menschen haben ein Recht darauf, dass man ihnen klar sagt, worum es geht. Die Menschen in Österreich haben ein Recht darauf, dass man sich um das Land küm­mert, dass man sich um die Zukunft, um die Wirtschaft, um die Arbeitsplätze kümmert. Die Menschen sind nicht daran interessiert, dass es eine Regierung gibt, die aus­schließlich immer mit sich selbst beschäftigt ist, die jetzt vor allem damit beschäftigt ist, sich ständig hinter den Finanzminister zu stellen, damit er nicht zurücktritt oder zurück­treten muss. – Das ist die Situation, vor der Sie heute stehen, die Sie sich selbst ein­gebrockt haben, und Sie glauben, flüchten zu können, indem Sie hier diese über­stürzte, überhastete Erklärung zur wirtschaftlichen Lage abgeben.

Wenn man analysiert – und das werden die Redner in der Debatte ohnehin noch ma­chen –, wenn man sich die Beschäftigungszahlen anschaut, wenn man sich die Ar­beitslosenrate, das Wachstum anschaut, dann ist es vielleicht wirklich berechtigt, sich hier so überstürzt mit der wirtschaftlichen Lage auseinander zu setzen, aber dann ha­ben sich der Finanzminister und der Wirtschaftsminister dazu zu erklären und nicht der Bundeskanzler und der Infrastrukturminister, nur damit der Finanzminister besser ver­steckt werden kann.

Nehmen Sie zur Kenntnis: Die Österreicherinnen und Österreicher haben längst durch­schaut, welches Spiel von Ihnen hier in diesem Haus gespielt wird – auf unsere und auf ihre Kosten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. 5 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort.

 



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9.16

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Cap! Sie haben Ihrem Vorredner Lopatka Themenverfehlung vorgeworfen, aber Ihre Ausführungen jetzt in die­ser Geschäftsordnungsdebatte waren eine einzige Themenverfehlung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Geschäftsordnungsdebatte zu beantragen, um gegen die Änderung der Tages­ordnung zu Felde zu ziehen, nämlich gegen den neuen Tagesordnungspunkt, der uns die Möglichkeit bietet, mit dem Bundeskanzler und dem Infrastrukturminister über den Wirtschaftsstandort Österreich zu diskutieren, das ist natürlich Ihre Sache, das ist Ihr gutes Recht. Wenn Sie aber im selben Atemzug behaupten, dass Sie natürlich darüber diskutieren möchten, das sei keine Frage, das sei schon in Ordnung und wäre schon wichtig, und trotzdem diese Einwendungen erheben, dann frage ich mich wirklich: Wer ist jetzt stärker bei Ihnen, Sie oder Sie? Es gibt ja auch ein klassisches Vorbild dafür, aber diese Zerrissenheit Ihrer Partei und vielleicht auch mancher Personen müssen Sie mit sich selbst abklären, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir wollen über den Wirtschaftsstandort Österreich diskutieren. Für uns gibt es nicht nur ein Thema hier in Österreich, für Sie gibt es anscheinend nur mehr das eine The­ma: gegen einen Minister dieser Bundesregierung mit allen Mitteln zu Felde zu ziehen. Das ist auch Ihr Recht, das ist das Recht der Opposition, aber wir werden von unserem Recht Gebrauch machen – wie es auch in der Geschäftsordnung steht –, auch über andere Dinge zu diskutieren, denn ich meine, das sind die wichtigeren Dinge in diesem Land. Sie mit Ihrer Parteipolitik – wir mit unserer Verantwortung für Österreich und für die wirtschaftliche Lage in diesem Land! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Cap, Sie gehen so weit und sagen, es sei ein Skandal, wenn ein Finanzminister eine Pressekonferenz gibt, um über die ÖIAG zu referieren und eine Stellungnahme abzugeben, vielleicht auch über die voest. Es wäre doch für Sie und auch für uns besonders interessant, zu hören, dass wir davon ausgehen, dass die voest auch weiterhin ein einheitliches und österreichisches Unternehmen bleibt. (Rufe bei der SPÖ: Dann soll er es tun! Dann soll er herkommen! Im Parlament soll er das tun!) Sie wollen einem Finanzminister vorschreiben, ob er eine Pressekonferenz geben darf oder nicht?! – Das ist ein Skandal! Es ist ein Skandal, Politik so eindimensional, auch gegen einen Menschen zu führen, wie Sie das machen, und alle anderen The­men für nicht mehr wichtig zu erachten. Das halte ich für einen Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie sagen, überhastet würden da irgendwelche Debatten eingeschoben werden. – Bit­te, schauen Sie sich einmal die Geschäftsordnung an! Sie wissen ganz genau, dass es das Recht – das Recht! – eines Regierungsmitgliedes ist, auch zu Themen außerhalb der Tagesordnung Erklärungen abzugeben.

Überhastet wäre es nach der Geschäftsordnung nicht einmal, wenn sich der Bundes­kanzler oder ein Minister während der Tagesordnung zu Wort melden würde und dem Präsidenten mitteilen würde, dass er eine Erklärung abgeben möchte. Nicht einmal das wäre überhastet – höchstens überraschend, aber nicht überhastet und auch nicht ge­schäftsordnungswidrig.

Wir sind aber einen anderen Weg gegangen. Sie wissen ganz genau, dass wir uns ges­tern in einer Präsidialsitzung genau mit diesem Wunsch des Bundeskanzlers und des Infrastrukturministers auseinander gesetzt haben und auch einen Ablauf bespro­chen haben, so wie es in der Geschäftsordnung vorgesehen ist. Sie wissen auch ganz genau, dass es eben ein Recht eines Ministers ist, eine solche Erklärung abzugeben,


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aber keine Verpflichtung und dass wir im Nationalrat auch nicht die Möglichkeit ha­ben, irgendeinen Minister zu einer Erklärung zu zwingen.

Sie haben andere Mittel, auch solche der Opposition und solche, die in der Geschäfts­ordnung vorgesehen sind. Ich gehe davon aus, dass Sie von der Möglichkeit Gebrauch machen, einen Minister zu befragen und ihn auch hier im Parlament mit verschiedenen Dingen zu konfrontieren. Aber all die anderen Debatten, die wir hier zu führen haben, weg­zuwischen, nur weil man die eigene politische Agitation in den Vordergrund stellt – dass das Ihre Vorgangsweise ist, das sollten Sie auch hier am Rednerpult zugeben und nicht mit irgendwelchen anderen Argumenten verschleiern.

Für uns ist das Thema der heutigen Erklärung wichtig. Sie haben Ihre Rechte als Op­position; diese können Sie gebrauchen, so wie es in der Geschäftsordnung vorge­sehen ist. (Abg. Schieder: „Danke“! – Abg. Marizzi: „Danke schön“! – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Ob Sie sie mehr oder weniger intensiv nützen, das ist alles Ihre Sache. Ich war zehn Jahre lang Oppositionsabgeordneter, und ich kann Ihnen nur sagen: Von unserer Oppositionsarbeit hätten Sie noch einiges lernen können! (Hei­terkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir waren eine harte Opposition – keine Frage –, aber uns waren trotzdem immer die sachlichen Inhalte wichtiger als die politische Agitation! (Ironische Heiterkeit, Oh-Rufe und weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Das gilt für uns auch als Regierungspartei, und deshalb freuen wir uns, dass wir heute über den Wirtschaftsstandort Österreich eine Erklärung hören und darüber auch dis­kutieren können! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.22

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Klubobmann Scheibner! Die FPÖ als Oppositionspartei hat zweifellos ihre Verdienste gehabt. (Abg. Scheibner: Na eben!) Mein Gott, wenn damals nur ein Fünftel, ja ein Zehntel der Dinge vorgelegen wäre, die jetzt gegen Finanzminister Grasser vorliegen, was hätte die FPÖ da für ein Donnerwetter gemacht! (Abg. Großruck: Es liegt ja gar nichts vor! – Abg. Scheibner: Wir hätten gesagt: Das müssen wir aufklären!) – Jetzt aber, wo der Finanzminister zum zentralen Problem der österreichischen Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik geworden ist (Abg. Mag. Molterer: Das darf nicht wahr sein, Herr Professor!), da machen Sie ihm die Mauer! – Das ist ein Teil des Problems der FPÖ, Herr Kollege Scheibner. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Fischer: „VPÖ“! „Vertuscher-Partei Öster­reichs“!)

Ganz allgemein, meine Damen und Herren: Der § 19 der Geschäftsordnung des Par­laments sieht zweifelsfrei – das ist völlig unbestritten – das Recht eines Ministers vor, im Prinzip jederzeit eine so genannte Erklärung abzugeben. Von diesem Recht muss aber mit Maß und Ziel Gebrauch gemacht werden, Herr Kollege Molterer. Es ist sicher­lich richtig, dieses Recht für außergewöhnliche Situationen, für Notsituationen zu ha­ben, so wie es in der Vergangenheit auch meistens gehandhabt wurde. (Abg. Mag. Mainoni: In der Geschäftsordnung gibt es keine Notsituation! – Abg. Scheibner: Jederzeit! Jederzeit!) Aber die heutige Vorgangsweise darf meines Erachtens nicht Schule machen, und ich darf Ihnen auch kurz begründen, warum:

Zweifellos ist die Frage der wirtschaftlichen Lage des Landes wichtig – dagegen gibt es überhaupt keinen Einwand, das ist nicht das Problem. (Demonstrativer Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP und der Freiheitlichen sowie Beifall bei den Grünen und bei


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Abgeordneten der SPÖ.) Nur, Herr Kollege Molterer von der ÖVP: Es ist keine zwei Tage her, dass wir hier in einer Aktuellen Stunde, auf Wunsch der ÖVP, zu Recht die wirtschaftliche Lage und allfällige Wachstumsstrategien diskutiert haben. – Einen Tag später fällt Ihnen offenbar ein: Na ja, das war vielleicht doch nicht ausreichend. Ma­chen wir noch eine Erklärung dazu! (Abg. Scheibner: Wir diskutieren schon seit Wo­chen über Grasser!)

Zweitens: Minister Gorbach hat für heute ebenfalls die Abgabe einer Erklärung bean­tragt – Minister Gorbach, der heute sage und schreibe ein Dutzend Tagesordnungs­punkte, praktisch die Hälfte der gesamten Tagesordnung, für sich hat, wenn man so will. 12 Punkte der Tagesordnung betreffen Berichte des Verkehrsausschusses – das alles fällt ausnahmslos in den Bereich von Minister Gorbach! Aber nein, vor einem Tag fiel ihm ein: Eigentlich möchte ich noch einen 13. Punkt haben, weil ich mit den 12 Ta­gesordnungspunkten nicht auskomme!

Das nenne ich „Planung“, meine Damen und Herren: Planung der Bundesregierung, die die Planung des Parlaments total über den Haufen wirft!

Vom Wirtschaftsbericht will ich gar nicht erst reden. Jahre hindurch war es Usus, es war bekannt, dass Ende Juni, Anfang Juli der Wirtschaftsbericht vorliegt und dass er natürlich in die Tagesordnung des Plenums des Parlaments eingebaut wird. – Jetzt vergessen die Regierungsparteien darauf. So wichtig ist er ja vielleicht ohnedies nicht. Aber einen Tag vor der Sitzung fällt ihnen ein: Na ja, vielleicht sollten wir doch noch etwas machen! – Das ist so unglaubwürdig, Herr Kollege Scheibner, Herr Kollege Molterer, wie nur irgendwas! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Worum es Ihnen in Wirklichkeit geht, ist etwas ganz anderes und etwas ganz Durch­sichtiges, nämlich einen Vorhang, eine Nebelwand vor die Probleme des Finanz­minis­ters zu stellen – eines Finanzministers, der, gerade bei dieser Debatte, wenn es um wirtschaftliche Fragen geht, wenn es um die wirtschaftliche Situation des Landes geht, natürlich hier anwesend sein sollte, weil er ein Teil des Problems ist und nicht der Lösung für die wirtschaftlichen Probleme des Landes! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Na geh!)

Ich kann nur sagen: Das Recht eines Ministers, eine Erklärung abzugeben, ist unbe­stritten. Aber wenn das einreißt, was heute hier geschieht, dann können wir die parla­mentarische Planung irgendwo hinstecken! Dann brauchen wir uns nicht in der Prä­sidiale zu überlegen, wie man es am besten macht – Opposition hin, Regierung her –, sondern dann können wir planen, was wir wollen, und dann kommt ein Minister und sagt: Holadrio, da bin ich! Mir ist es Wurscht, was ihr für eine Tagesordnung vereinbart habt – ich spreche jetzt!

Und nur er, der Minister, weiß genau, worüber er sprechen wird. Wir hingegen dürfen uns diese mündliche Erklärung anhören (Abg. Scheibner: Wir wissen ja auch vorher nicht, worüber Sie sprechen, Herr Kollege!) und können nicht darauf vorbereitet sein – im Gegensatz zu Ihnen von den Regierungsparteien. – Das ist kein parlamentarisches Procedere!

Und noch einmal: Gerade in dieser Debatte, in der es um die wirtschaftliche Situation des Landes geht, fehlt der, der das Problem ist: Karl-Heinz Grasser, der Finanz­minis­ter, der durch seine Unglaubwürdigkeit in den verschiedenen Punkten in den letzten Wochen nun wirklich den letzten Rest an Glaubwürdigkeit, an Respekt verspielt hat! Ich erwähne hier nur den letzten Punkt, weil es gestern passiert ist und weil es skan­dalös ist, wie die Regierungsparteien mit dieser Frage umgehen:

Grasser hat von Banken Honorare für Vorträge erhalten. (Abg. Eder: Das muss man sagen!) Und ich sage Ihnen eines: Es geht nicht nur darum, ob Grasser hier auf wenig


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elegante Weise das Erwerbsverbot umgangen hat, es geht zweitens nicht nur darum, ob Grasser hier schon wieder im Verdacht der Steuerhinterziehung steht, sondern ich frage Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Finden Sie es in Ordnung, dass ein Minister, zu dessen Amtsbereich, zu dessen Kompetenzbereich die Bankenaufsicht, die Beaufsichtigung der Banken zählt, sich von diesen etwas bezahlen lässt (Ruf bei der SPÖ: Ungeheuerlich! – Abg. Scheibner: Soziale Spenden!) – sei es für ihn persönlich, sei es für eine Hilfsorganisation, sei es für mich oder Herrn Scheib­ner, was natürlich nicht der Fall ist? (Abg. Scheibner: Für mich nicht!)

Finden Sie das in Ordnung? Das ist Ihrer Ansicht nach kein Thema für den Unver­ein­barkeitsausschuss? – Genieren Sie sich, meine Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grillitsch. Rede­zeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.27

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Bundesminister! Meine Herren Staatssekretäre! Das ist ein Bild – und die Menschen vor den Fernsehgeräten sehen das heute. (Abg. Heinzl: Ja, genau!) Sie sehen, dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, in Wahrheit etwas zu verbergen haben! (Lebhafte ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Wissen Sie, was? – Ihre Ohnmacht und Ihre Konzept­losigkeit haben Sie zu verbergen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Neuer­liche ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen. – Abg. Schie­der: Den Minister Grasser haben wir versteckt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher bin ich froh darüber und freue mich darüber, Herr Bundeskanzler und meine Herren Minister, dass wir heute hier für die Menschen in Österreich in Wahrheit auch eine Standortbestimmung vornehmen. Es geht darum, zu sagen: Von wo sind wir aus­gegangen? Was haben wir von Ihnen übernommen? Wo stehen wir? Was haben wir gemacht und wo wollen wir hin? – Das ist Verantwortung und Kompetenz für Öster­reich, das ist ein neuer Stil mit Reformgeist, eine Politik, die die Menschen auch wol­len! Die Menschen wollen, dass Entscheidungen getroffen werden – und keine Politik der Panikmache, der Angstmache (Abg. Gaál: Lesen Sie keine Zeitungen?), wie Sie sie in den letzten Monaten auch hier in diesem Parlament betrieben haben. Sie werden sehen: Wahltag ist Zahltag! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Und für Sie wird das wieder ein besonderer Zahltag werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironischer Bravoruf bei der SPÖ.)

Politik hat für mich eine ungeheure Wechselwirkung! (Abg. Dr. Cap: Wechselbad! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Es geht nämlich darum (Abg. Parnigoni: Wechseln Sie den Grasser aus!), das, was die Menschen wollen, und die Sorgen der Menschen in dieses Hohe Haus mitzunehmen, hier zu arbeiten – statt hinauszugehen und ständig hier zu fehlen, Herr Dr. Gusenbauer! (Ruf bei der ÖVP: So ist es!) – und Entscheidungen zu treffen und den Menschen zu sagen, was realpolitisch machbar und möglich ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Broukal und Gaál.) Herr Bundes­kanzler! Ich gratuliere dir zu diesem Weg! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das ist keine Politik mehr, wie Sie sie gemacht haben – Schulden zu machen, Tarife und Steuern zu erhöhen –, sondern das ist eine nachhaltige, nachvollziehbare, zu­kunftsorientierte Politik für Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Es ist in den letzten Wochen und Monaten sehr viel erledigt worden, und das sollen wir den Menschen heute auch sagen: ein Doppelbudget, ein Budgetbegleitgesetz, eine Pensionssicherungsreform – alles Entscheidungen, die zukunftsorientiert sind. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Dr. Jarolim und Parnigoni.) Auch was meinen unmittel­baren Bereich betrifft, kann ich sagen: Auch hier hat unser Bundeskanzler beim Rat in Kopenhagen im Oktober mitgeholfen, um sicherzustellen, dass es Planbarkeit, Kal­kulierbarkeit und Stabilität in den Programmen insbesondere für die Menschen im ländlichen Raum und für die bäuerlichen Familien gibt. Auch dafür bin ich sehr dank­bar, denn wir brauchen das – gerade angesichts der Herausforderungen, vor denen wir stehen, und auch der jüngsten Entscheidungen in Brüssel und in Luxemburg, was die GAP-Reform betrifft.

Wissen Sie, wie Ihre Reformvorschläge lauten? (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirkl­huber.) – Entweder Schulden machen, Steuern erhöhen oder – wenn es die Bauern betrifft – kürzen, kürzen, kürzen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit des Abg. Eder.)

Wir machen eine Politik, mit der wir auch den Erfordernissen des ländlichen Raums gerecht werden – und da spreche ich, so glaube ich, doch auch für Sie, denn der ländliche Raum ist ja auch für Sie ein Hoffnungsraum und ein Sehnsuchtsraum. Auch Sie genießen die Natur, diesen Lebensraum, die Lebensmittelsicherheit in Österreich. Nur: Mit Ihrer Politik wäre das nicht gewährleistet!

Wir machen eine nachvollziehbare, nachhaltige Politik in Österreich! (Ruf bei der SPÖ: Wo?) Daher bin ich auch dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Bundesminister Pröll sehr dankbar dafür, dass dieser Weg eingeschlagen wurde, meine Damen und Herren (weitere Zwischenrufe bei der SPÖ): weil auch der ländliche Raum – und nicht nur die Ballungsräume – ein nachhaltiger Wirtschaftsstandort bleiben muss und die Menschen dort Arbeit finden müssen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Und weil wir mit diesem Weg, den diese Regierung geht, in Wahrheit auch eine Trend­umkehr in der Wertschöpfung einleiten (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger), näm­lich dahin gehend, dass die Menschen durch die stärkere Nutzung von heimischen Poten­tialen mit neuen Technologien auch im ländlichen Raum wieder mehr Arbeit finden (Abg. Gradwohl: Wo?), wieder mehr Einkommen erzielen können, Kollege Gradwohl (Abg. Gradwohl: Wo? Steigende Arbeitslosigkeit!), wieder mehr Inves­titionen tätigen können und die Wertschöpfung in der Region bleibt.

Das ist eine Politik mit Verantwortung, mit Kompetenz, mit Stabilität! Das gibt den Men­schen Sicherheit! Wir sind auf dem richtigen Weg! – Nehmen Sie sich am Riemen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Broukal zu Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Broukal –: Laptop? Der Laptop!)

 


9.32

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Guten Morgen! Ich hoffe, es geht Ihnen gut. Ich freue mich immer, wenn Sie ein bisschen zu sich kommen, wenn ich hier ans Red­nerpult trete. Es ist eine weithin unverdiente Ehre, aber ich werde versuchen, mich im Laufe der Jahre ihrer würdig zu erweisen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte bei Herrn Lopatka beginnen: Herr Lopatka, es ist fein, dass Sie immer wieder Stanley Greenberg zitieren (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schweitzer), aber ich zitiere lieber Lopatka:


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15. Jänner 2003, Steirischer Wirtschaftsklub. Es spricht Noch-nicht-Generalsekretär Lopatka im vollen Überschwang eines unverdienten Wahlsieges (lebhafte ironische Heiterkeit bei der ÖVP), und Sie wissen ja: Wessen Herz voll ist, dessen Mund geht über! (Abg. Dr. Stummvoll: Der Wähler hat Recht!) – Und was spricht Lopatka?

Er sagt erstens: Es ist ein Wunder, dass die ÖVP gewonnen hat, denn sie hatte den unpopuläreren Spitzenkandidaten. – Ihre Worte, wie auch schon oft in den Medien zu lesen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Großruck und Scheibner. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Lopatka, wenn Sie die Stirn haben, hier nach vorne zu kommen und das zu be­richtigen, freue ich mich! Dann gehen wir nämlich dorthin, wo das ausgetragen wurde. Ich kenne sieben Leute, die Sie gehört haben, als Sie das gesagt haben! – Sie müssen aufpassen, wo Sie die Dinge sagen. (Abg. Großruck: ... Gusenbauer ... Schüssel sicher!)

Punkt zwei in diesem Lopatka-„Non-Paper“ ist allerdings, dass der Wechsel von Herrn Karl-Heinz Grasser von der FPÖ zur ÖVP im Prinzip schon im Sommer ausgemacht worden ist – das mag Sie von der FPÖ vielleicht überraschen –, zwei Monate vor Knit­telfeld. Weit sind wir gekommen in diesen elf Monaten: Heute wird er versteckt, und Sie trauen sich nicht einmal mehr, ihn auf der Regierungsbank vorzuführen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Und da sehe ich ... (Zwischenbemerkung von der Regierungsbank: ... recht!)

Herr Präsident! Ich möchte Sie bitten – ich nehme an, es war der Herr Bundeskanzler, der soeben diese Zwischenbemerkung gemacht hat –, die Herren auf der Regierungs­bank zu bitten, mir nicht dreinzureden oder zumindest so laut sprechen, dass das Publikum im Fernsehen auch hören kann, welche unqualifizierten Zwischenbemer­kungen hier von der Regierungsbank aus immer wieder gemacht werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen und Bravorufe bei der SPÖ.)

Aber warum verstecken Sie denn heute Herrn Grasser? – Weil Herr Grasser für den Kern Ihrer Wirtschaftspolitik steht, für das Verkaufen und Verscherbeln von wertvollem öffentlichem Eigentum! Heute tagt der ÖIAG-Aufsichtsrat. In den Zeitungen lesen wir doppelseitige Inserate des Herrn Stronach, bei dem Herr Grasser ... – Was hat er jetzt eigentlich? – Ein karenziertes Rückkehrrecht, oder? (Zwischenbemerkung von der Regierungsbank: Verzichtet!) Mehr ist es ja nicht. Und dass er nie zu ihm zurückkehren wird, darauf würde ich heute an Ihrer Stelle nicht wetten. Die Chance, dass Sie diese Wette verlieren, ist groß! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn Herr Lopatka meint, wir hätten Phantomschmerzen, was die Wirtschaftspolitik betrifft (Ruf bei der ÖVP: Jawohl!), so muss ich Ihnen sagen: Wir haben ganz reale Schmerzen! Wir haben die Sorge, dass Sie den Freunden des Herrn Karl-Heinz Gras­ser Österreichs wertvollste Industriebetriebe ausliefern – zum Zerschneiden, zum Zer­stören, zum Filetieren, zum Geschäftemachen (Beifall bei der SPÖ und den Grünen – Abg. Dr. Fasslabend: Das ist ja ungeheuerlich!), so wie wir die Sorge haben, dass Sie Zehntausende Menschen, die in Wohnungen des Bundes preiswert leben, samt ihren Wohnungen auf den freien Markt werfen, sodass mit den Nachfolgern dieser Mieter dann endlich marktfähige Renditen erzielt werden können. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Dr. Fasslabend und Dr. Stummvoll.) – Das sind ganz reale Schmerzen, die wir haben (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zur Tagesordnung!), und ich finde, es ist ein Skandal, dass der Herr Finanzminister heute nicht da ist.

Wie es auch, Herr Präsident – und das möchte ich zum Abschluss sagen ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zur Tagesordnung! – Abg. Scheibner: Geschäftsordnungs­de­bat-


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te!) – Ich spreche zum Herrn Präsidenten über die Tagesordnung. Ich brauche Ihre Erinnerung nicht wirklich – vielen Dank!

Herr Präsident! Ich habe mit Interesse gelesen, dass Sie auch sagen, dass Sie mit Un­behagen die Politik der Bundesregierung sehen: eine Politik mit überfallsartig ange­kündigten Erklärungen hier im Hohen Haus, von denen sich zumindest die Opposition erst im Nachhinein ein Bild machen kann (Abg. Scheibner: Das ist immer so, dass man vorher nicht weiß, was erklärt wird!), eine Politik, die darin besteht, sich immer wieder gegenüber den Abgeordneten dieses Hauses einen Vorteil zu verschaffen, auch in der Präsentation der Regierungsarbeit in der Öffentlichkeit.

Ich würde mir wünschen, Herr Präsident, dass es gelingen möge, hier mehr Ausge­wogenheit herzustellen. Es steht in diesem Haus 53 : 47 – und das möge bitte die Verteilung der Chancen sein (Zwischenrufe bei der ÖVP), die die Opposition und die Regierungsparteien in diesem Haus haben.

Derzeit ist das nicht gegeben: Es erfolgen überfallsartige Erklärungen, falsche Erklä­rungen von der Regierungsbank (Abg. Mag. Molterer: Es hat noch gar nicht angefan­gen! Er hat noch nicht einmal angefangen! – Abg. Scheibner: Wieso wissen Sie schon, dass das falsch ist?) – ich erinnere Sie an die merkwürdige 30-prozentige Zu­nahme des Wissenschaftsbudgets und ähnliche Dinge –, die dann mühsam korrigiert werden müssen. (Ruf: „Modern Times“ ...!)

Das heißt mittlerweile nicht mehr „Modern Times“, sondern „Aha“ und ist eine Sendung in ATV (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), und ich danke Ihnen für diese Gratiswerbung! Ich habe gar nicht gewusst, dass im Parlament Unterbrecher­werbung üblich ist, aber danke! (Abg. Scheibner: ..., bevor Sie da so umeinan­derreden!) Wenn Sie vielleicht das nächste Mal noch so ein Plakat mitnehmen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Noch dazu wird das im ORF über­tragen. Das kann man ja nicht einmal kaufen: ATV-plus-Werbung im ORF!

Abschließend: Ich würde mir wünschen, dass die Verantwortlichen im ORF auch se­hen, dass es heute Nachmittag um 15 Uhr eine Dringliche Anfrage gibt, bei der Herr Finanzminister Grasser dann vielleicht das beantwortet, was Sie ihn gar nicht mehr beantworten lassen wollen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Ah! Um das geht es! Um das geht es!)

9.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Broukal! Von Unbehagen oder Be­hagen meinerseits kann nicht die Rede sein! Als Präsident habe ich weder Behagen noch Unbehagen. (Abg. Eder: Sie haben gar kein Gefühl! Sie haben überhaupt kein Gefühl! – Abg. Dr. Lopatka – in Richtung des Abg. Broukal –: Lernen Sie die Ge­schäfts­ordnung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und Gegenrufe bei der SPÖ.)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


9.38

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich habe geglaubt, dass die Opposition ernst zu nehmende Einwendungen vor­bringen würde, wenn sie schon eine Debatte verlangt. Aber ich habe von ernst zu neh­menden Einwendungen überhaupt nichts gehört! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Absolut unqualifiziert war die Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Broukal: Er hat sich mit der Tagesordnung ja überhaupt nicht beschäftigt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Klubobmann Gusenbauer! Sie sollten ihm einmal eine Belehrung oder eine Infor­mation darüber geben, was eigentlich eine Einwendungsdebatte ist. Da redet man nämlich zur Geschäftsordnung – und nicht über irgendein Thema, das einem gerade


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einfällt, wie beispielsweise der ORF! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein typischer Neuling!)

Typischer Neuling – das ist richtig, ja. (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist so was von lächerlich!)

Ich habe überhaupt zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie diese Einwendungs­debat­te dazu benützt haben, um Ihre Schmutzkübelkampagne ohne Substrat (He-Rufe bei der SPÖ), die Sie schon in den letzten Tagen betrieben haben, fortzusetzen. Es ist kennzeichnend, was Sie alles als Skandal bezeichnen: Herr Abgeordneter Cap sagt, es ist ein Skandal, dass der Herr Finanzminister eine Pressekonferenz gibt! – Herr Ab­geordneter Cap! Ich wünsche mir viele solcher „Skandale“! Dann wäre Österreich nämlich wirklich glücklich, wenn die Pressekonferenz eines Ministers bereits ein Skan­dal wäre. Das ist doch nur eine Informationspressekonferenz, über die wir eigentlich froh sein sollten, anstatt zu skandalisieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Wie schon gesagt, Sie sind also wieder bei Ihrem Lieblingsthema der letzten Wochen angelangt und scheuen auch nicht davor zurück, Unwahrheiten zu sagen! – Herr Ab­geordneter Cap! Sie behaupten, dass sich der Finanzminister vor dem Parlament ver­steckt hätte. Sie bringen eine Dringliche nach der anderen ein, Sie haben vor zwei Ta­gen einen Misstrauensantrag eingebracht, als der Finanzminister anwesend war, und dann sagen Sie, er verstecke sich? Haben Sie eine falsche Wahrnehmung oder sind Sie nie da? (Ruf bei der ÖVP: ... nie da!) Irgendetwas kann nicht stimmen, denn sonst wüssten Sie, dass das einfach falsch ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Van der Bellen, Sie haben gemeint, wir würden eine Nebelwand aufbauen. Das stimmt überhaupt nicht! (Abg. Dr. Glawischnig: Selbstverständlich!) Wir bauen weder eine Nebelwand auf, noch machen wir jemandem die Mauer. (Abg. Dr. Van der Bellen: Weil es nicht funktioniert!) Wir sind durchaus dafür, dass all das, was Sie bemängeln oder was vielleicht aufklärungsbedürftig ist, wirklich aufgeklärt wird. Deshalb gibt es morgen eine Sitzung des Rechnungshofunterausschusses, zu der auch der Finanzminister geladen ist. (Abg. Dr. Van der Bellen: Was ist mit dem Unvereinbarkeitsausschuss?) Dort haben Sie die Möglichkeit, ihn über all das zu befragen, was Ihnen nicht klar ist. (Abg. Mandak: Warum ... keinen Untersuchungs­ausschuss?)

Seien Sie unbesorgt, es wird alles geprüft werden, denn wir sind die Ersten, die alles, was irgendwo unklar ist, sofort untersuchen wollen. Aber was wir nicht wollen, ist, dass eine derartige Kampagne losgetreten, eine derartige Menschenhatz veranstaltet wird, ohne dass man überhaupt weiß, ob etwas dahinter steckt. (Abg. Mag. Posch: Aber der Herr Lopatka muss heute noch in den Stephansdom ...!) Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Van der Bellen! Sie haben weiters gesagt, dass nun eine geordnete Debatte unmöglich sei. – Das stimmt doch gar nicht! Wir haben die Tagesblockzeit für heute auf zehn Stunden ausgedehnt, also um genau so viel Zeit, wie für die Debatte über die wirtschaftliche Lage gebraucht wird. Dass Sie dazu sagen: „Wenn das ein­reißt“, finde ich wirklich arg! Der Bundeskanzler gibt einen Bericht, der Verkehrs­minister gibt einen Bericht – und Sie reden davon, das etwas „einreißt“, als ob das etwas Schädliches, als ob das etwas Schlechtes wäre! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Skandal!)

Das Parlament hat doch schon so oft nach Ministern gerufen, beispielsweise wenn „nur“ der Staatsekretär anwesend war. Jetzt ist der Bundeskanzler da, der Minister ist da. Jetzt können Sie debattieren! Nehmen Sie doch diese Gelegenheit wahr und reden Sie nicht vom „Einreißen“ und von „Tagesordnung zerstören“. Seien Sie doch nicht so


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bürokratisch! Sonst wollen Sie es ja auch nicht sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Niemand ist eher dazu berufen als der Bundeskanzler, über die gesamte wirtschaft­liche Lage Österreichs Auskunft zu geben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich glaube, Sie sollten diese Gelegenheit wirklich nutzen, mitdiskutieren und nicht wieder nur Ihre Kampagne gegen den Finanzminister fortsetzen! Sie haben heute die Gelegenheit, zu erfahren, dass Österreich, was beispielsweise das Budgetdefizit anlangt, an vorderster Stelle jener Staaten liegt, die die geringsten Defizite haben, dass wir bei der In­flationsrate hervorragende Daten haben, dass wir hinsichtlich der Unternehmens­grün­dungen hervorragende Daten haben. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß, all das wollen Sie nicht hören. Sie sind nur daran interessiert, Österreich schlecht zu reden. Aber dabei tun wir nicht mit, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Sie argumentieren ohnehin immer mit falschen Daten und Fakten. Heute haben Sie die Gelegenheit, die richtigen kennen zu lernen und in Ihre Wirklichkeit einfließen zu las­sen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Öllinger. (Abg. Dr. Cap: Zur Geschäftsordnung!) – Ich habe das Wort bereits erteilt, danach kommt die Meldung zur Geschäftsordnung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


9.44

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Her­ren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeord­nete Partik-Pablé! (Rufe bei der SPÖ sowie Gegenrufe bei den Freiheitlichen.) Wissen Sie: Die Pressekonferenz eines Finanzministers wäre an und für sich kein Skandal, da haben Sie schon Recht. Das erste Problem bei dieser Pressekonferenz des Finanz­ministers, die er jetzt, in wenigen Minuten, halten wird, ist (Abg. Dr. Partik-Pablé: Dass es gute Ergebnisse gibt!), dass jeder in Österreich mittlerweile weiß: Unser Finanz­minister, dieser Finanzminister, Karl-Heinz Grasser, macht keine Pressekonferenz ein­fach nur so, wie es vielleicht die anderen Regierungsmitglieder machen, sondern bei ihm kostet das Geld. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Da werden allein für Beratungs­unternehmen für Pressekonferenzen, für Powerpoint-Präsentationen Mittel ausgege­ben, die sich gewaschen haben. So schauen diese Pressekonferenzen aus! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das zweite Problem bei diesem Finanzminister ist: Er hält um 10 Uhr eine Presse­konferenz zum Thema ÖIAG ab, einem Thema, zu dem er angesichts dieser Debatte über die wirtschaftliche Situation hier Stellung nehmen sollte. Hier! Uns interessiert das, und wir haben ihm sehr viel dazu zu sagen. (Abg. Mag. Tancsits: ... schon vor zwei Tagen!) Das ist das zweite Problem: Er ist nicht da.

Drittes Problem (Abg. Dr. Stummvoll: Sie sagen immer das Gleiche!): Was, glauben Sie, werden ihn die Journalisten fragen? Zur ÖIAG? (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Sicher!) – Sicher auch, aber ein gut Teil seiner Pressekonferenz wird er dafür aufwenden müssen, sich für seine höchstpersönliche Misere, die nur er selbst verschuldet hat, zu rechtfertigen. Und das ist das eigentliche Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was haben wir für einen Finanzminister? – Einen, der als oberstes Aufsichtsorgan der Banken bei jenen Banken, bei denen er referiert – Vorträge hält –, um Spenden keilt.


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Das ist unerträglich und unvereinbar! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genauso unvereinbar ist es, wenn Herr Staats­sekretär Kukacka auf Ministeriumspapier Keilerbriefe für Inserate schreibt. Das ist genau das Problem, das wir, jenseits der Person des Herrn Finanzministers, mit Ich­nen als Bundesregierung, mit Ihnen als Regierungsparteien haben! Wenn Sie uns die Möglichkeit geben, die Vorgänge rund um Finanzminister Grasser in einem Unter­suchungsausschuss sauber und seriös aufzuklären (Abg. Ellmauer: Rechnungshof­ausschuss und -unterausschuss!), wenn Sie uns die Möglichkeit geben, die Frage, ob es unvereinbar ist, was Herr Grasser mit Spenden und mit den Mitteln für seine Home­page gemacht hat, im Unvereinbarkeitsausschuss zu klären – dann ist das kein Problem.

Das wäre das saubere Vorgehen auch einer Regierungsmehrheit, die weiß, dass sie kon­trollieren lassen muss. Das tun Sie aber nicht, und das ist das Problem! So werden wir eben auch in den nächsten Stunden nicht nur über die wirtschaftliche Lage, son­dern auch über die Misere einer politischen Kultur, einer politischen Bundesregierung, die sich weigert, ihre eigene Verantwortung an dieser Entwicklung (Abg. Dr. Spindel­egger: Seit wann gibt es eine politische ...? – Abg. Dr. Stummvoll: Unpolitische Bun­de­sregierung!) klar darzulegen beziehungsweise sich kontrollieren zu lassen, debat­tieren müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Finanzminister Grasser von der Industriellenvereinigung für seine – Zitat Gras­ser – „persönliche und private Homepage“ Geld nimmt, zwei Wochen später aber sagt, diese Homepage ginge ihn nichts an, sie gehöre einem Verein, mit dem er nichts zu tun habe, dann hat er ein Problem. Dann haben aber auch Sie ein Problem! Ja, wem glauben Sie denn? Dem Finanzminister, der hier in diesem Haus die Erklärung abgibt, dass das seine „persönliche, private Homepage“ sei? Oder jenem Finanzminister, der 14 Tage später in der Öffentlichkeit erklärt, damit habe er nichts zu tun?

Finden Sie das nicht aufklärungsbedürftig? (Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Haben Sie sonst noch etwas zu sagen, Herr Kollege?) Das interessiert Sie nicht? Finden Sie es nicht aufklärungsbedürftig, wenn im Aufsichtsrat der ÖIAG ein Mann wie Herr Wolf von Magna sitzt?

Ich sage Ihnen Folgendes: Mich interessiert das Anschütten von Magna überhaupt nicht! (Rufe bei der ÖVP: Aber nein! Nein!) Mich interessiert der Umstand überhaupt nicht, dass Herr Stronach die voest kaufen will. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.) Das Problem ist der Finanzminister, der als zuständiges Organ nicht dafür gesorgt hat, dass bei ihm selbst, in seinen Organen entsprechende Sauberkeit herrscht. Ein Finanzminister, der nicht einmal seine Steuern unter Kontrolle hat, ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Schlusssatz bitte!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... der muss zurücktreten! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl.)

9.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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9.50

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich ersuche Sie, Frau Abgeordneter Partik-Pablé für den Begriff „Schmutzkübelkampagne“ einen Ordnungsruf zu erteilen. Wir haben es nicht notwendig, uns hier von ihr be­schimpfen zu lassen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Trinkl: Ihr provoziert es ja!) Dies ist ein Haus, in dem es eine vernünftige Diskus­sions­kultur geben sollte, und keine Schimpforgien.

Ich bitte um einen Ordnungsruf. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

9.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Auch ich bin daran interessiert, dass die Debatte an einem solchen Tag, der sicherlich von großen Diskussionen geprägt sein wird, nicht ins persönlich Beleidigende geht.

Ich habe mir die Praxis der Ordnungsrufe angeschaut, weil natürlich auch mir das Wort aufgefallen ist. Es ist an der Grenze, aber es ist nicht personalisiert worden (Abg. Dr. Partik-Pablé: ... „Schmutzkübel“? Wir sind ja nicht in einem Mädchenpensionat!), daher erteile ich keinen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Danke! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Schieder: „Danke“ sagt sie!)

Wir gelangen zur Abstimmung.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über die Einwendungen, die vom Herrn Abgeord­neten Dr. Cap erhoben wurden.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die diesen Einwendungen Rechnung tragen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über jene Einwendungen, die vom Herrn Ab­geordneten Dr. Van der Bellen erhoben wurden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Einwendungen Rechnung tragen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Somit bleibt es bei der ausgegebenen Tagesordnung für die heutige Sitzung.

*****

Es liegt weiters ein Verlangen von fünf Abgeordneten vor, gemäß § 81 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung über diese Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Ver­kehrsministers sogleich eine gemeinsame Debatte durchzuführen. Das werden wir dann tun.

Vor Eingang in die Tagesordnung möchte ich noch einige Mitteilungen machen.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 402/AB bis 408/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:


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zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 188/A (E) der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Beibehaltung der Notstandshilfe als Leistung der Arbeitslosenversicherung;

Familienausschuss:

Antrag 189/A (E) der Abgeordneten Silvia Fuhrmann, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Fair Play“ für die österreichische Jugend;

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungsübernahme für von der Gesellschaft „Österreichische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ (Europäische Gesellschaft für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial) aufzunehmende Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird (175 der Beilagen);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (Europol-Übereinkommen), und des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten für Europol, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von Europol (194 der Beilagen);

Justizausschuss:

Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004 – ZivRÄG 2004 (173 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Dis­ziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechts­anwälten in Österreich sowie die Notariatsordnung geändert werden (174 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Umstellung des Grundbuchs auf automationsgestützte Datenverarbeitung und die Änderung des Grundbuchsgesetzes und des Gerichtskommissärsgesetzes (Grundbuchsumstellungsgesetz – GUG) geän­dert wird (GUG-Novelle 2003) (193 der Beilagen),

Antrag 187/A (E) der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend rechtliche Absicherung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften;

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Annahmeerklärung betreffend den revidierten Text der Internationalen Pflanzenschutz­konvention (125 der Beilagen),

Antrag 190/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kol­legen betreffend nationale Umsetzung der EU-Agrarreform;

Verfassungsausschuss:

Antrag 184/A (E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Bundesrahmengesetzes für die Fischerei durch den Bundes­minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft;

Verkehrsausschuss:

Antrag 191/A (E) der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine überfällige Kyoto-Offensive im Verkehrsbereich;

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:


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Antrag 185/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Abschaffung der Studiengebühren und Verbesserungen des Studienförderungs­gesetzes,

Antrag 186/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Studium.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Darüber hinaus weise ich den eingelangten Kunst­bericht 2002 (III-43 der Beilagen) dem Kulturausschuss zu.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der SPÖ hat gemäß § 93 (2) der Geschäfts­ordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 658/J der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Freunderlwirtschaft, Interventionen und Lobbyismus zum Schaden Österreichs“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Debatte über die Dringliche Anfrage frühestens drei Stunden nach Eingang in die Tagesordnung, also um 15 Uhr erfolgen.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 391/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass gemäß § 92 der Geschäfts­ordnung ein Verlangen gestellt wurde, eine Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung 391/AB der Anfrage 382/J der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Weiterleitung falscher Daten über die Unterrichtsstunden der SchülerInnen in Österreich an die OECD durch die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung eine Dringliche Anfrage eingebracht wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 5 und 6, 7 bis 11, 12 und 13 sowie 17 bis 25 der Tagesordnung jeweils zusam­men­zufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall, daher gehen wir so vor.

Wir gehen in die Tagesordnung ein. (Abg. Sburny: Zur Geschäftsordnung!) – Bitte. (Ruf bei den Freiheitlichen: Schon wieder! – Abg. Großruck – in Richtung der Abg. Sburny –: Welche Geschäfte wollen Sie ordnen? – Abg. Öllinger: Ihre, Herr Kollege Großruck!) – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


9.54

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich beantrage, gemäß § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung den Bundes­minister für Finanzen beizuziehen, und darüber hinaus gemäß § 59 Abs. 3 eine De­batte über diesen Antrag abzuhalten.


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Ich möchte das wie folgt begründen (Abg. Dr. Partik-Pablé: ... Pressekonferenz ...!): Der Bundeskanzler wird eine Erklärung zum Thema „Wirtschaftliche Lage und Maß­nahmen für den Wirtschaftsstandort Österreich“ abgeben. Auch wenn Sie von den Re­gierungsfraktionen offenbar nicht meinen, dass der Finanzminister etwas mit Wirt­schaftspolitik zu tun hat – wir können dieser Meinung nicht beitreten. Aus unserer Sicht ist es die Aufgabe des Finanzministers, bei einer derartigen Debatte anwesend zu sein und den Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen, insbesondere dann, wenn er mit seiner Budgetpolitik die wirtschaftliche Lage in Österreich eher verschlechtert als ver­bessert.

So weit zu meiner Begründung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist also erstens beantragt, den Herrn Bundesminister für Finanzen herbeizuholen, und zweitens, darüber eine Debatte abzuhalten.

Ich lasse zuerst darüber abstimmen, ob eine Debatte abzuhalten ist.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Abhaltung einer Debatte sind, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Abg. Dr. Fischer: ... nicht zu debattieren!)

Wir stimmen weiters ab über den Antrag der Frau Abgeordneten Sburny über die Her­beiholung des Bundesministers für Finanzen. (Abg. Großruck: Er gefällt ihr so! – Abg. Dr. Stummvoll – in Richtung der Abg. Sburny –: Haben Sie Sehnsucht nach dem Finanzminister?)

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher ab­gelehnt.

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer und Gestaltung der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 10 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 175 Minuten, Freiheitliche 120 Minuten sowie Grüne 130 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatte zu den Erklärungen von Bundeskanzler Schüssel und Minister Gorbach getroffen: Zunächst erfolgt eine Er­klärung des Herrn Bundeskanzlers mit einer Dauer von 15 Minuten, anschließend eine Erklärung des Herrn Bundesministers Gorbach von 15 Minuten, anschließend je eine Wortmeldung pro Fraktion zu je 15 Minuten und sodann je eine Wortmeldung pro Fraktion zu je 10 Minuten.

Wir kommen zugleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. (Abg. Dr. Jarolim: Aber das ist schon ziemlich erbärmlich eigent­lich, diese Vorgangsweise! – Die Abgeordneten der SPÖ erheben sich im Zuge des laufenden Abstimmungsvorganges von ihren Sitzen. – Ruf bei der ÖVP: Dafür müsst ihr auch zustimmen! – Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Das ist ein­stimmig angenommen.

Herr Abgeordneter Jarolim! Den Vorwurf der erbärmlichen Vorgangsweise habe ich besser nicht gehört. Es geht hier um einen Konsens in der Präsidialkonferenz! (Abg. Dr. Jarolim: Das hat sich auf den Finanzminister bezogen!)


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1. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Wirtschaftliche Lage und Maßnahmen für den Wirt­schaftsstandort Österreichs“

2. Punkt

Erklärung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Wirt­schaft­liche Lage und Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort Österreichs“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Ich erteile nun dem Herrn Bundeskanzler zur Abgabe der Erklärung das Wort. – Der Herr Bundeskanzler spricht. (Abg. Dr. Jarolim: Herr Präsident, dazu stehe ich auch!)

 


9.57

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf zu­nächst auf die Frage des Abgeordneten Josef Cap: Warum diese Erklärung? ganz offen sagen: Wirtschafts- und Arbeitsplatzpolitik in Zeiten wie diesen (Abg. Dr. Jarolim: Jammerhaftes Bild!), da wir eine Stagnation, wenngleich auf sehr hohem Niveau, zu verzeichnen haben, ist ganz einfach Chefsache! Das ist Sache des Regierungschefs. Ich möchte daher gerne vor diesem Haus und vor der österreichischen Öffentlichkeit Stellung dazu nehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist auch gar nichts Ungewöhnliches. Mein sozialdemokratischer Regierungs­kolle­ge Gerhard Schröder hat vor einigen Tagen im Deutschen Bundestag genau dieselbe Erklärung abgegeben (Zwischenrufe bei der SPÖ – Abg. Dr. Fischer: Aber mit dem Finanzminister!), denselben Weg gewählt. (Abg. Dr. Fischer: Er hat aber nicht den Finanzminister versteckt!) Und es ist auch sinnvoll, es ist absolut sinnvoll, am Ende einer Frühjahrssession, in der wir sehr viele Strukturänderungen vorgenommen haben, eine Bilanz zu ziehen: Wo stehen wir? Und: Wohin wollen wir in der Wirtschafts- und damit auch in der Beschäftigungspolitik gehen?

Die zentrale Frage bei diesem Thema – wir haben, wie gesagt, Stagnation, wenngleich auf sehr hohem Niveau – lautet: Wachstum. Wie können wir Wachstum stimulieren? Wie können wir mehr, allerdings qualitativ, ökologisch und nachhaltig verträglich, wach­sen? Das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt.

Es ist wichtig, zu erkennen, dass alle Strukturreformen, die wir in diesen letzten Wo­chen und Monaten gemeinsam – zumindest weitgehend, manche leider nicht! – nach einem großen und interessanten Diskussionsprozess beschlossen haben, ein Ziel ha­ben, nämlich Spielräume zu ermöglichen, damit wir in Zukunft schneller und besser wachsen können. Klar muss schon sein: Wenn wir Impulse setzen wollen – egal, ob in der Bildung, in der Infrastruktur, in der Forschungslandschaft –, dann müssen wir den Spielraum dafür dadurch schaffen, dass andere Prioritäten neu definiert und neu ge­ordnet werden.

Das haben wir gemacht. Alle Strukturreformen dienen einzig und allein dem Ziel, nicht Geld zu sparen, sondern die Hände frei zu haben für eine wachstums- und beschäfti­gungsorientierte Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Manchmal ist es ganz gut, die Wirtschaftspolitik in einen etwas größeren zeitlichen Zu­sammenhang zu stellen. Ich halte die Periode 1994 bis 2004 deswegen für beachtlich


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und beeindruckend, weil man darin die drei wichtigsten Phasen, die Österreich zum Teil spektakulär durchgerüttelt beziehungsweise verändert haben, beschreiben und daraus ersehen kann, dass wir auch in der Vergangenheit zum Teil massive Probleme gehabt, diese aber gemeinsam und eigentlich eindrucksvoll bewältigt haben.

Diese zehn Jahre sind in drei Phasen gegliedert: 1994 die Vorbereitung auf unseren ei­genen Beitritt, in den Jahren danach die Strukturänderungen vor allem in der Euro­päischen Union, die Liberalisierungen, die Schaffung des Europäischen Binnen­mark­tes, die Euro-Zone, in die wir eingetreten sind, wesentliche Veränderungen in der internen wirtschaftspolitischen Szenerie – Privatisierungen, Liberalisierungen –, und jetzt die Phase der Umsetzung der Erweiterung.

Meine Damen und Herren! Diese zehn Jahre waren eine schwierige Zeit. Diese zehn Jahre waren keineswegs einfach, und es sind in dieser Zeit sehr viele Strukturbrüche zu verarbeiten gewesen. Dennoch glaube ich, dass die Probleme lösbar waren und dass Österreich heute wesentlich besser dasteht als vor zehn Jahren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bedenken Sie, welch große Sorgen es damals, 1994, gegeben hat, die wir alle ernst genommen haben; die sind nicht leichtfertig formuliert worden. Was ist nicht alles gesagt worden, was etwa auf dem Arbeitsmarkt geschehen könnte! Und das Inter­essante ist, dass wir heute, zehn Jahre danach, 130 000 Arbeitsplätze mehr haben als im Jahr 1994, die höchste Beschäftigungszahl überhaupt seit Beginn der Zweiten Re­publik! 3,2 Millionen Menschen haben Arbeit und Brot. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dabei hat etwas sehr geholfen – was übrigens vielfach unterschätzt wird in der wirt­schaftspolitischen Diskussion –: Wir haben in diesen zwei Finanzperioden von 1995 bis 1999 und 2000 bis 2006 von Seiten der Europäischen Union insgesamt 15 Milliar­den € – also über 200 Milliarden Schilling! – in unsere Regionen investiert, in die Struk­turpolitik, in die Modernisierung des ländlichen Raums, in Beschäftigungsoffensiven, in die Grenzregionen.

Allein für die Grenzregionen steht für die kommenden Jahre fast eine Viertelmilliarde Euro zur Verfügung, 230 Millionen €, die nachhaltig die Situation in den Grenzregionen verbessern soll.

Das Ergebnis zeigt sich: In den steirischen Grenzregionen etwa gibt es teilweise Be­schäftigungszuwächse um 20 Prozent! Aber auch im Norden, im Osten Österreichs hat diese wieder geöffnete Grenze absolut positive Effekte gehabt.

Wenn Sie sich die Integrationseffekte, vom Wifo belegt, ansehen: Wir haben pro Jahr einen Zuwachs an Wachstum von etwa 0,4 Prozent gegenüber einem Nicht-Beitritt-Szenario gehabt.

Die zweite Phase bezieht sich vor allem auf die Strukturänderungen innerhalb der Eu­ropäischen Union. Da sind natürlich vor allem die Liberalisierungen, die Veränderun­gen in der Verwaltungsstruktur zu nennen, und das Interessante dabei ist, dass wir hier zum Teil beachtliche Veränderungen haben.

Nehmen wir als Beispiel nur die österreichische Verwaltung: Im Jahr 1994 gab es 310 000 Beamte des Bundes; Stellenplan 1994. Heute gibt es ein Viertel weniger, gibt es 70 000 Beamte weniger. Ein Teil wurde allerdings ausgegliedert – übrigens: sehr erfolgreich ausgegliedert –, aber insgesamt ist die Zahl der öffentlich Bediensteten um 14 000 gesunken. Das heißt, wir haben wesentlich mehr an Arbeit mit einem schlan­keren und effizienteren Staat und einer besseren Verwaltung bewältigen können. Ich möchte an dieser Stelle den öffentlich Bediensteten für diese großartige Leistung meinen herzlichen Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Wir haben in dieser Zeit enorme Privatisierungsschritte gesetzt. Ich möchte das gerade angesichts der Debatte von vorhin betonen, in der das ja eigentlich völlig unterge­gan­gen ist oder weggewischt wurde, in der es geheißen hat, dass wir nur verkaufen und verscherbeln wollen. Haben denn wirklich manche Redner hier im Hohen Haus – natür­lich sind manche noch nicht so lange hier – vergessen, dass etwa die frühere ver­staatlichte Industrie von Seiten des Steuerzahlers mit rund 60 Milliarden Schilling oder 4,3 Milliarden € gestützt werden musste? (Abg. Broukal: Mit Ihrer Zustimmung!) Und ist wirklich vergessen worden – oder wissen Sie es nicht, Herr Broukal? –, dass wir in den Jahren von 1995 bis jetzt um insgesamt 4,5 Milliarden € privatisiert haben? – Wir, die wir hier sitzen, in unserer Regierungsverantwortung dreimal so viel wie in früheren Regierungen. (Abg. Broukal: Ich weiß es! Ich habe darüber berichtet, dass Sie dem zugestimmt haben, immer wieder!)

Es waren das erfolgreiche Privatisierungen, meine Damen und Herren: zum Nutzen der Volkswirtschaft, zum Wohl der Betriebe und vor allem zum Wohl der Arbeitnehmer, die dort beschäftigt sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben früher die Verluste abdecken müssen – mit über 4 Milliarden € –, jetzt sind die Schulden bereits um insgesamt 4 Milliarden € gesunken. Das heißt, der Steuer­zahler ist durch diese erfolgreiche Privatisierungspolitik, für die wir alle stehen, nicht nur der Finanzminister, genau um diese Summe entlastet worden, die einst hinein­gesteckt wurde. Alle Zuseherinnen und Zuseher sollen auch wissen, dass wir hier nicht einfach etwas einsparen, sondern ganz bewusst einen erfolgreichen Weg weitergehen, damit die Arbeitsplätze sicher sind und die Headquarters in Österreich bleiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Folgendes sage ich Ihnen schon warnend: Unsere Politik hat Jahre gebraucht, um Ver­trauen aufzubauen – bei den Märkten, bei den Investoren, auch bei den Kunden dieser Betriebe –, und ein solches Vertrauen kann sehr schnell verspielt sein. (Zwischenruf bei den Grünen.) Der Herr Öllinger hat es hier gemacht. – Ich bitte Sie, auch bei der zu­gegeben notwendigen wirtschaftspolitischen Debatte Investoren in Österreich nicht dauerhaft zu verschrecken. Das bitte ich mir aus als Wirtschaftspolitiker, der die Dinge jahrelang mitgestalten konnte und durfte! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben einen zweiten großen Impuls in dieser zweiten Phase gehabt: die großen Liberalisierungen. Und all diese Liberalisierungen, die Monopole zerschlagen haben, die Schrebergärten geöffnet haben zum Nutzen der Konsumenten, waren eigentlich spektakuläre Erfolge. – Hier sitzt der Wirtschaftsminister, der mehrere Gewerbeord­nungsliberalisierungen gemacht hat. Allein die Zahl der mit gewissen Restriktionen be­hafteten Gewerbe ist in seiner Amtszeit halbiert worden.

Diese Liberalisierung bei den Unternehmungen hat uns insgesamt gut getan. Wir ha­ben heute, verglichen mit dem Eintritt in die Europäische Union, sage und schreibe 84 000 Unternehmer mehr als seinerzeit. 341 000 gegenüber zirka 260 000 – ein groß­artiges Gütesiegel für diese Politik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben im Bereich der Energiemärkte – das wird deutlich, wenn Sie die Senkung der Netzpreise und der individuellen Preise betrachten – eine Senkung gegenüber dem Jahr 1994 um 35 Prozent beim Industriestrom und bei den Haushaltsstrompreisen um 13 Prozent.

Daher: Diese Entwicklung war nicht ohne Kanten und Ecken, und sie ist zum Teil müh­sam durchgesetzt worden. Aber weil wir in mancher Beziehung auch Vorreiter inner­halb der Europäischen Union waren, haben eben die Konsumenten und der Wirt­schafts­standort Österreich davon absolut profitiert.


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Genauso war es bei der Liberalisierung des Telekombereichs. Die Festnetzpreise sind heute um 60 Prozent niedriger. Wir haben mit den Handys, mit den Mobilfunknetzen eine Durchdringung von über 80 Prozent und liegen damit an der Spitze. Zusätzlich ha­ben wir etwa 4 Milliarden € investiert in diese New Economy, und das hat uns innerhalb der Europäischen Union einen Spitzenrang beschert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Immer wieder wird kritisiert, manchmal auch zu Recht, in der Infrastruktur müsse noch mehr geschehen. Ich darf nur darauf hinweisen, dass wir in den Jahren seit 1994 23 Milliarden € in Schiene und Straße investiert haben – und das ist gut angelegtes Geld. Heute macht das Hubert Gorbach mit großem Elan und großer visionärer Zielsetzung. Überlegen Sie wirklich einmal, was in die Infrastruktur Österreichs geflossen ist – und was uns natürlich absolut gut tut.

Genauso war es bei der Bildung und bei der Forschung, wo in den letzten zehn Jahren ein ungeheurer Investitionsschub eingeleitet wurde. Die Erfolgsgeschichte der Fach­hochschulen ist eine Geschichte dieser letzten zehn Jahre, wo wir von Null weg 1 Mil­liarde € investiert haben und heute 22 000 Studienplätze in bestens geordneten Fach­studienrichtungen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In die Schulen ist enorm investiert worden! Unter Bildungsministerin Gehrer sind 1,5 Milliarden € – 20 Milliarden Schilling – nur in den Schulbau investiert worden. Wir haben damit auch 32 000 neue Schulplätze, Schülerplätze geschaffen. Die Ausgaben pro Kopf der Schüler sind dramatisch gestiegen. Ein Vergleich zeigt es: Die Ausgaben für einen Studenten etwa ist pro Kopf um ein Drittel höher als vor zehn Jahren, heuer werden 12 300 € für jeden Studenten ausgegeben! Und genauso sind die Ausgaben für die Pflichtschüler und für die AHS gestiegen. In Universitätsbauten wurden 1,25 Mil­liarden € investiert.

Ich sage das alles nicht, um uns zu berühmen, sondern um zu zeigen, dass wir diese zehn Jahre gut genützt haben.

Allein für Forschung und Entwicklung ist in den Jahren 1994 bis 2004 eine Summe von 35 Milliarden € investiert worden. 35 Milliarden € sind eine gewaltige Summe, weit ent­fernt von jeder Vorstellung, die wir am Anfang dieser Dekade gehabt haben! (Abg. Dr. Fischer: Die Hälfte von Finnland!)

Herr Abgeordneter Fischer, eines möchte ich schon deutlich dazusagen: Dass wir uns an den Besten messen müssen, ist überhaupt keine Frage. Aber es ist nachweisbar: dass gegenüber der Zeit, als Sie noch die Ressorts geführt haben, deutlich mehr in Forschung investiert wurde, und das darf ich doch wohl auch der Objektivität halber hier festhalten. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die dritte Phase, vor der wir jetzt stehen, ist die Erweiterung, die Vorbereitung der Er­weiterung und die Durchführung der Erweiterung. Wir glauben – und das Wifo hat uns darin bestärkt –, dass wir durch die Erweiterung fast 30 000 Arbeitsplätze bis 2010 be­kommen werden und dass wir letztlich auch einen Wohlstandsgewinn haben, obwohl der sicherlich nicht allein im Vordergrund steht. Daher ist diese Vorbereitung mit den entsprechenden Absicherungen – sieben Jahre Übergangsfrist auf dem Arbeitsmarkt, weitere Investitionen in die Regionen, in die Grenzregionen – ganz bedeutsam.

Das, was jetzt vor uns steht, ist allerdings, dass wir uns massiv den Kopf darüber zer­brechen müssen: Wie können wir den Standort in diesem erweiterten und größeren Europa bestmöglich absichern?

Dazu gehört einmal die weitere Senkung der Abgabenquote, dazu gehören die Steuer­senkung 2004, aber auch 2005. Wir müssen genau überprüfen, welche Konsequenzen es für die Investoren in Österreich hat, wenn etwa rund um uns die Unternehmens-


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steuersätze deutlich abgesenkt werden, und wir müssen daher genau dieses Thema sehr stark in den Vordergrund rücken. (Abg. Broukal: Der Herr Finanzminister könnte uns dazu etwas sagen, aber er ist nicht hier!)

Wir haben die Zukunftsthemen Bildung und Forschung, wo wir 600 Millionen € zusätz­lich zu all dem, was wir bisher festgehalten haben, in den nächsten drei Jahren im Bud­get vorbereitet haben, und dazu wollen wir noch eine Zukunftsstiftung einrichten, die ja wesentlich mehr zustande bringt.

Wir glauben, dass wir im Bereich des ländlichen Raums mit der Reform der Agrarpolitik und mit der Absicherung des 3-Milliarden-€-Pakets einen ganz großen Schritt zur Zu­kunftssicherung vorgenommen haben. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen. – Abg. Öllinger: Ist das jetzt die Erklärung gewesen?)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass wir auf dem Arbeitsmarkt so weitermachen sollen – Sonderprogramme für Jugendliche, Lohnnebenkostensenkungen für die Be­schäftigten in diesem Bereich, für die jungen und genauso für die älteren –, und ich glaube auch, dass wir psychologisch einiges anbringen können, vor allem mit den europäischen Programmen und den Initiativen, die diese Regierung vorhat. (Rufe bei der SPÖ: Redezeit!)

Meine Damen und Herren! Wir haben ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich bitte, die Redezeit zu beachten, Herr Bundeskanzler!

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel (fortsetzend): Wir haben einen großen ge­sellschaftlichen Konsens, dass wir für Forschung, Infrastruktur, Entwicklung vieles tun müssen und die Abgabenquote abzusenken haben werden. (Abg. Gradwohl: Re­de­zeit! – Herr Präsident, was soll das?) Wir wissen, dass wir Probleme haben. Wir trauen uns aber zu, diese Probleme zu lösen. Gemeinsam gehen wir es an! (Lang anhalten­der lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler.

Ich erteile nun Herrn Bundesminister Gorbach das Wort. Redezeit: ebenfalls 15 Minu­ten. Ich bitte, die Redezeiten einzuhalten, wir haben darüber in der Präsidialkonferenz Konsens erzielt. – Bitte.

 


10.14

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Eingangs darf ich zur Diskussion von heute Morgen doch auch, weil es mir nicht uninteressant zu sein scheint, mit Erlaubnis des Prä­sidenten den „Falter“ zitieren, Herrn Markus Martenbauer (Abg. Mag. Kogler: Matterbauer!) – Matterbauer! –, der in einer sehr aktuellen Ausgabe gemeint hat:

In der europaweiten Rezession 1993 hat der damalige EU-Kommissionspräsident Jacques Delors mit der Präsentation umfangreicher Pläne für Investitionen in trans­europäische Netze der Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur diese Signale ge­geben. Damit sind das Vertrauen der privaten Akteure gestärkt und die Glaub­wür­dig­keit der Wirtschaftspolitik erhöht worden. Eine solche Initiative zur koordinierten Er­höhung der öffentlichen Investitionen wäre auch heute notwendig. – Zitatende.

Ich glaube, das hier von mir Zitierte ist schon auch eine Begründung dafür, warum es gut ist, wenn wir über Infrastruktur, über Forschung und Entwicklung, Herr Kollege Broukal, über Wirtschaftspolitik reden und einen Bericht abgeben. (Abg. Sburny: Sie erreichen nicht einmal Ihre selbst gesteckten Ziele!) Ich persönlich würde mir wün­schen, dass wir viel öfter über diese Themen reden (Abg. Öllinger: Aber ordentlich,


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nicht so!), auch wenn es der Wirtschaft besser geht als im Moment, um aufzuzeigen, welche Signale die Politik zu setzen gedenkt, um konjunkturelle Einbrüche oder Wel­lentäler verkraften zu können und wieder positive Ergebnisse zu erzielen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Broukal: Aber würden Sie nicht auch meinen, dass der Herr Finanzminister hier sein sollte?)

Meine Damen und Herren! In einem kürzlich im deutschen Nachrichtenmagazin „FOCUS“ erschienen Artikel über Glücksstrategien schrieb der Münchner Sozial­psy­chologe Dieter Frey, es sei nicht so einfach, Schwung zu entwickeln, wenn das ganze Land jammert und negativ gestimmt ist, dass es aber geht.

Er empfiehlt für die Verwirklichung von Projekten und Visionen eine Art Drehbuch. Drei Prinzipien sollen in diesem Drehbuch verankert werden: Erstens sollen Teilziele fest­gelegt und in einem Zeitplan verankert werden, ein zweites Prinzip ist die Auflistung al­ler notwendigen Fertigkeiten und Voraussetzungen, etwa die finanziellen Rahmen­be­dingungen festzulegen, und drittens sollte man bedenken, welche Hindernisse den Weg kreuzen könnten.

Hohes Haus! Diese Bundesregierung hat eindeutig bewiesen, dass es möglich ist, auch in schwierigen Zeiten Schwung für dieses Land zu entwickeln. Die drei Prinzipien, von denen ich gesprochen habe, hat diese Bundesregierung nicht nur in ihrer Regie­rungserklärung verankert (Abg. Dr. Gabriela Moser: Aber sie hält sie nicht ein!), son­dern auch in ihrem konsequenten Handeln unter Beweis gestellt: Sie hat Ziele, sie schafft Voraussetzungen und sie bedenkt stetig Hindernisse, die den Weg kreuzen könnten, um sie schließlich zu überwinden. Den Pessimisten sei gesagt: In Österreich wird mehr Schwung denn je entwickelt, nämlich der größte in der Zweiten Republik! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das Wirtschaftswachstum lag in Österreich im Jahr 2002 mit 1 Prozent etwas über dem Vorjahreswert; damals waren es 0,7 Prozent. Wie in ganz Europa ist der Aufschwung letztes Jahr und auch heuer etwas ausgeblieben. Die schwache internationale Struktur war schuld daran, insbesondere auch bei unserem wichtigsten Handelspartner Deutschland, aber man spürt auch die extrem hohe Un­sicherheit, die natürlich die Investitionsfreudigkeit reduzierte.

Erfreulich sind aber die neuesten Zahlen aus der Baubranche, und auch das ist wieder ein Grund dafür, dass gerade heute der Infrastrukturminister etwas dazu sagen sollte: Das Umsatzplus in der Baubranche ist heuer doppelt so hoch wie in der Gesamt­wirtschaft, was nachweislich auf die hohen Investitionen im Bereich Verkehr und Infra­struktur zurückzuführen ist. Entsprechende Berichte sind aktuell nachzulesen.

Mit dem Doppelbudget 2003 und 2004, meine Damen und Herren, hat die Bun­des­regierung einen Baustein für eine zukünftig positive wirtschaftspolitische Entwicklung in Österreich gesetzt. Erst vor wenigen Wochen wurde hier im Hohen Haus die erste Etappe der größten Steuerreform der Zweiten Republik beschlossen.

Zur Ankurbelung des Konsums werden kleinere und mittlere Einkommen nachhaltig entlastet, Einkommen bis zu 14 500 € jährlich werden künftig steuerfrei gestellt sein, und davon werden immerhin 200 000 Österreicherinnen und Österreicher direkt profi­tieren. Das ist für die Wirtschaft wichtig und positiv. Das bedeutet eine Netto­wirk­sam­keit von 524 Millionen € – meine Damen und Herren, das wäre auch interessant, wenn es der Herr Finanzminister sagt – und in der zweiten Etappe der großen Steuerreform eine Nettoverbesserung der Situation um 2,5 Milliarden €.

Das sind Maßnahmen, die diese Regierung gesetzt hat und die der positiven Ent­wick­lung in wirtschaftlicher, arbeitsmarktpolitischer und damit gesellschaftspolitischer


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Hinsicht ordentlich „unter die Arme greifen“ werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zur Stärkung der Unternehmen, und zwar vor allem der Klein- und Mittelbetriebe als dem Herzstück der österreichischen Wirtschaft, wird die Besteuerung für nicht entnommene Gewinne auf den halben Steuersatz reduziert. Und auch der Entfall des 13. Umsatzsteuertermins wird insbesondere den Klein- und Mittel­betrieben helfen, besser durch die schwierige konjunkturelle Situation zu kom­men.

Meine Damen und Herren! All das sind Signale. Es ist ein Signal für eine wachs­tums­orientierte Wirtschaft in diesem Land, es ist ein Signal dafür, dass sich Arbeit und Leis­tung in diesem Land in Zukunft wieder mehr lohnen sollen, und es ist ein wichtiges Signal für den Wirtschaftsstandort Österreich insgesamt, um ihn attraktiver zu machen und zu stärken.

Dazu kann natürlich ein Infrastrukturminister ebenso beitragen wie ein Wirtschafts­minis­ter, aber auch der Forschungs- und Innovationsminister. (Abg. Broukal: Und der Finanzminister!) Ich tue das gerne, weil ich gerade mit dem Finanzminister, wie Sie wissen, sehr gut zusammenarbeite (Abg. Dr. Gusenbauer: Immer noch?!), sonst wä­ren auch die Budgets für Forschung und Entwicklung 2003 und 2004 nicht so positiv ausgefallen. Herr Kollege Broukal, es wird mehr für Forschung und Entwicklung in die­sem Land ausgegeben als je zuvor! Merken Sie sich das! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Broukal: Wo ist der Herr Finanzminister? Wo, wo? – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn Österreich – durch die Erweiterung, durch das wachsende Europa – vom Rand Europas in dessen Mittelpunkt, ins Zentrum Europas gelangt, dann wird es gut sein, sich auch infrastrukturell darauf vorzubereiten. Da sage ich Ihnen auch wieder einen markanten Satz, Herr Broukal: Es wird heuer und nächstes Jahr mehr in diesem Land für infrastrukturelle Maßnahmen ausgegeben als je zuvor. Auch da sind die Weichen richtig gestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Weil Sie immer nach dem Finanzminister rufen, liefere ich Ihnen noch ein paar inter­essante Zahlen, was die Entwicklung des Budgets betrifft. Die öffentlichen Finanzen zu verbessern, das ist auch ein Teilziel mit Zeitplan – ein Teilziel, dessen Erreichung nicht so einfach ist angesichts der großen Verschuldung, die die Regierung im Jahr 2000 von der vorhergegangenen Regierung übernommen hat, vor allem von sozialistisch be­ziehungsweise sozialdemokratisch dominierten Regierungen der letzten fast dreißig Jahre.

Meine Damen und Herren! Wenn das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2003 kurzfristig 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen wird und für nächstes Jahr 0,7 Pro­zent Defizit prognostiziert sind, dann liegt das nicht nur deutlich unter dem EU-Schnitt, der, wie Sie wissen, heuer bei 2,3 Prozent liegt und nächstes Jahr mit 2,2 Prozent prognostiziert ist, sondern dann ist das ein hervorragender Wert im Vergleich mit Ländern wie etwa Deutschland mit über 3 Prozent Defizit, wie etwa Italien, in Richtung 3 Prozent gehend, oder wie etwa Frankreich mit beinahe 4 Prozent. (Abg. Dr. Gla­wischnig – einen rot-weiß-roten Bericht in die Höhe haltend –: Der ist aktueller als Sie!)

Das heißt, diese Marken können sich absolut sehen lassen, und wir sind dem Ziel, in­nerhalb eines Budget- und Konjunkturzyklus in finanzieller Hinsicht ausgeglichen zu arbeiten, um den Rücken für wichtige Strukturmaßnahmen freizuhaben, einen großen Schritt näher gekommen und auf dem richtigen Weg. Auch das zeigen diese Zahlen, die der Finanzminister mit der Regierung zu verantworten hat.


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All das zeigt, dass wir im Gegensatz zu früheren Jahren Wirtschaftswachstum nicht mit neuen Schulden bewirken wollen (Abg. Broukal: Bitte nicht! 1 Milliarde € heuer!), son­dern mit Maßnahmen im Bereich Forschung und Entwicklung, mit der Verwaltungs­reform, mit Reformen im Gesundheitsbereich, mit Privatisierungspolitik, die der Herr Finanz­minister übrigens heute in einer Pressekonferenz erläutern wird, mit kaufkraft­stärkenden Maßnahmen wie etwa Einführung des Kindergeldes und mit Reformmaß­nahmen im Bereich der ÖBB – alles Maßnahmen, mit denen insgesamt sehr konse­quent die Budgetkonsolidierung verfolgt wird.

Das ist, wie ich meine, eine hervorragende Wirtschafts- und auch Finanzpolitik, die wir heute hier präsentieren können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es war Sir Winston Churchill, der einmal sagte, wer die bessere Einsicht hat, darf sich nicht scheuen, unpopulär zu werden. (Abg. Mag. Posch: Da fehlt Ihnen noch einiges!) – Ich glaube, die Sicherung des Pensions­systems war so etwas. Sie schien unpopulär zu sein, aber das war so etwas: Wenn man die bessere Einsicht hat und sich die Zahlen und die Entwicklung anschaut, vor allem, was den Finanzierungsanteil des Bundes betrifft, also die so genannten Bundes­mittel, dann ist völlig klar: Gäbe es keine Reform, dann wäre dieses Pensionssystem nicht mehr finanzierbar. Es ist völlig klar, wenn man sich die Zahlen anschaut, dass diese scheinbar unpopuläre Reform notwendig war, um den Generationenvertrag ein­zu­halten. (Abg. Mag. Posch – nach vorne kommend –: Aber zum Churchill fehlt Ihnen noch einiges! Auch an Statur! – Abg. Scheibner: Zwischenrufe vom Platz aus! – Abg. Mag. Mainoni: Kein Benehmen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn man diese Entwicklung genau und kritisch ansieht: Gesamtaufwendungen in Höhe von rund 24,6 Milliarden bis 27,1 Milliarden €, die für die Ausgaben im Zuge der Pensionen erwartet werden müssten, und einen Bun­des­zuschussanteil, der zwischen 2002 und 2006 um nicht weniger als 30 Prozent steigt, dann weiß man, dass die Pensionssicherungsreform einfach notwendig und erforder­lich war.

Was ich damit sagen möchte, ist, dass diese Regierung auch in Zukunft scheinbar un­populäre Maßnahmen vertreten und in Kauf nehmen wird, um die Zukunft nachfol­gen­der Generationen sicherzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Stichwort Standortpolitik. Zwei Schwerpunkte gibt es in der Standortpolitik. Erstens die konsequente Umsetzung des im Regierungsprogramm verankerten Generalver­kehrsplans Österreich, der ein umfassendes Infrastrukturprogramm für den Ausbau der drei Verkehrsträger Straße, Schiene und Schiff darstellt, natürlich abgestimmt mit den Flug­verkehrseinrichtungen, und zweitens, die erfolgreiche Forschungspolitik mit den Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Industrie auszubauen, um den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Österreich nachhaltig zu stärken, somit Arbeitsplätze zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Die vorgesehenen Investitionen rund um den Generalverkehrsplan sind natürlich auch Konjunkturbelebungsmaßnahmen: Derzeit im Bau befindlich sind Projekte im Bereich Straße im Umfang von 1,6 Milliarden €, im Bereich Schiene von 5,3 Milliarden €, und im Paket 1, das bis 2010 zu realisieren sein wird, werden nicht weniger als 4,7 Mil­liar­den € für die Straße ausgegeben, 5,6 Milliarden € für die Schiene und weitere 6,8 Mil­liarden € im Bereich Schiene, und zwar für Projekte, die über intelligente Finanzie­rungsmodelle wie etwa PPP-Modelle finanziert werden sollen.

Solche Maßnahmen führen dann zu Überschriften in den Medien wie etwa gestern und vorgestern, dass die Baubranche auf Grund dieser Investitionen gut unterwegs ist.


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Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch zu den Ausgaben des Bundes für Forschung und Entwicklung in Österreich etwas sagen. Wir haben im Jahr 2002 mit rund 1 457 Millionen € einen historischen Höchststand erreicht und lagen damit 7,3 Prozent über dem Vorjahresniveau und 19 Prozent über dem Wert des Jahres 2000. – Die Richtung stimmt also. Das sollen uns andere Länder erst einmal nach­machen, und wir sind auf gutem Wege. (Abg. Sburny: Wir liegen an viertletzter Stelle!)

Herr Abgeordneter Broukal, eine Sache, die Sie interessiert: Diese 2,5 Prozent F&E-Quote zum BIP als Zwischenziel 2006 zu erreichen und so, wie die EU es sich vor­genommen hat, 2010 bei 3,0 Prozent F&E-Quote zum BIP zu liegen, das wird wichtig sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Broukal: Es fehlen Ihnen immer noch 1 Milliarde €!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Prognosen von Wirtschaftsexperten und Analysten sind nicht rosig. Doch ich sage: Mehr Optimismus und mehr Dynamik schaffen auch mehr Schwung! (Abg. Öllinger: Ja, das merkt man da vorne auf der Regierungsbank: „Schwung, Optimismus“! – Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Ich halte es nicht mit Alt-Kanzler Vranitzky, der meinte, wer Visionen hat, brauche einen Arzt. – Ich meine, wer Visionen hat, braucht Mut und die richtige Strategie. Das gilt im großen Raum der Politik genauso wie etwa im Privaten. (Abg. Öllinger: Mut haben Sie schon, aber den falschen! Bei den falschen Sachen haben Sie Schwung! Beim Postenschacher!) Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat Mut und die richtige Strategie, diesem unseren Österreich den Schwung zu verleihen, den es verdient hat.

Meine Damen und Herren und insbesondere Herr Abgeordneter Öllinger! Lassen wir das Parlament zu einer schwungvollen Nicht-Raunzerzone erklären! Das Land Öster­reich würde davon profitieren! (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Bundesminister für seine Ausfüh­rungen.

Eine kurze Frage an die Klubobleute: Wir haben bei unserer Zeitvereinbarung die Fra­ge der tatsächlichen Berichtigungen nicht berücksichtigt. Sollen wir es so halten, dass wir tatsächliche Berichtigungen erst am Ende, nach der Blockzeit, aufrufen? (Abg. Eder: Gleich aufrufen! – Zustimmende Zwischenrufe bei allen Fraktionen.)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.30

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! In seiner parlamentarischen Pressekonferenz hat Bun­deskanzler Schüssel behauptet, dass die Ausgaben für Forschung und für Studierende enorm gestiegen seien. – Das ist unrichtig!

Richtig ist vielmehr – ich zitiere aus einer Studie des Wissenschaftsressorts von den Professoren Sturn/Wohlfahrt –, dass die Ausgaben pro Studierenden gemessen am BIP nach den OECD-Indikatoren seit 1970 um über 60 Prozent gesunken sind.

Zweitens – ich zitiere die Statistik Austria –: Die Forschungsquote stagniert bei 1,96 Prozent. Und im Technologiebericht (Abg. Scheibner: Das ist ein Debatten­bei­trag, das ist keine tatsächliche Berichtigung!) – doch, natürlich! – der Bundes­regie­rung steht sogar: Die österreichischen Leistungen in Forschung und Innovation sind höchst durchschnittlich, und um auf 2,5 Prozent des BIP zu kommen, wären jährlich


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1,2 Milliarden € notwendig. – Gerade die Hälfte davon stellen Sie zur Verfügung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer zu Wort. Die Redezeit ist bekannt. – Bitte.

 


10.32

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich habe mir die ganze Zeit die Frage gestellt, wieso bei einer wirtschaftspolitischen Debatte der Finanzminister den Weg ins Parlament nicht findet. Im Prinzip gibt es zwei mögliche Erklärungsmuster. Das eine ist: Er will zur wirtschaftspolitischen Lage nichts sagen (Abg. Mag. Posch: Oder er kann nichts sagen!) – oder er hat dazu nichts zu sagen. – Das ist für einen Finanzminister nicht unbedingt ein Kompliment.

Die zweite Möglichkeit ist – bei den neuen Private-Public-Partnership-Aktionen des Herrn Finanzministers –, dass er vielleicht deswegen nicht mehr ins Parlament kommt, weil hier im Parlament für Vorträge keine Extrahonorare bezahlt werden. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Das ist die zweite Möglichkeit.

Denn erstaunlich ist es schon, dass die Regierung sagt, das Wichtigste ist, dass wir jetzt über die Wirtschaftspolitik reden – und der Finanzminister ist nicht hier.

Ich hätte mir auch erwartet, dass heute, wenn so kurzfristig – binnen 24 Stunden – eine Erklärung des Bundeskanzlers zur wirtschaftspolitischen Lage angesetzt wird, irgend­ein Vorschlag kommt, dass der Bundeskanzler etwa sagt, wir stehen an einem be­stimmten Punkt, wir haben gewisse Probleme eingesehen, und ich möchte dem Hohen Haus nun einen Plan oder einen Vorschlag unterbreiten, wie man die wirtschafts­politi­sche Situation verändern kann. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, in der gesamten 15-minütigen Erklä­rung hat es keinen einzigen Vorschlag des Bundeskanzlers gegeben, wie sich die wirtschaftspolitische Lage Österreichs verbessern könnte. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite bemerkenswerte Umstand ist: Er hat nicht berichtet, wie sich die Wirtschaft seit seinem Amtsantritt als Bundeskanzler im Jahr 2000 entwickelt hat (Abg. Nürn­berger: Eher schlecht!), sondern er hat einen Vergleich mit dem Jahr 1994 gezogen, um das in einem zehnjährigen Vergleichszeitraum in einem anderen Licht darstellen zu können. (Abg. Dr. Fischer: Da schaut alles besser aus!)

Ich gebe Ihnen vollkommen Recht, Herr Bundeskanzler: In diesen zehn Jahren hat es Sie drei Jahre lang als Bundeskanzler gegeben und sieben Jahre lang sozialde­mo­kratische Bundeskanzler, und dass da eine Zehnjahresbilanz nur gut aussehen kann, diesbezüglich gebe ich Ihnen vollkommen Recht. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat gäbe es in Bezug auf die Wirt­schaftspolitik eine ganze Reihe von Dingen zu diskutieren. Lassen Sie mich zunächst mit einer kurzen Bestandsaufnahme beginnen.

Sie sagen immer, wir wollen uns in Europa an den Besten messen. – Dazu müssen wir leider feststellen, dass Österreich, was das Beschäftigungswachstum betrifft, in Europa auf Platz 14 liegt, sprich: an vorletzter Stelle.

Was die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen betrifft, liegt Österreich auf Platz 12 von 15. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Oder die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer: Da liegen wir auf Platz 11 in der Europäischen Union.


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Was das Wirtschaftswachstum betrifft, liegt Österreich auf Platz 10 in der Euro­pä­ischen Union. (Abg. Mag. Posch: Ui!)

Und da sagen Sie, Herr Infrastrukturminister, andere Länder sollen uns das einmal nachmachen? – Ich würde sagen, wenn man mit seiner wirtschaftspolitischen Ge­samtsituation so liegt, dann ist nicht in erster Linie bei den anderen Staaten, sondern in erster Linie in Österreich Handlungsbedarf gegeben, damit es wieder zu Wirtschafts­wachstum und Beschäftigung kommt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Nürnberger: Er hat nichts dazu gesagt! Er hat geschwiegen!)

Oder betrachten wir einmal die Entwicklung des wirtschaftlichen Reichtums, das Brut­toinlandsprodukt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dabei stellen wir fest, im Jahr 1998 war Österreich Nummer vier in Europa, Wirtschaft, Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. – Im Jahr 1999: noch immer auf Platz vier. Im Jahr 2000: Platz sechs. Im Jahr 2001: Platz acht, und auch im Jahr 2002: Platz acht.

Das heißt: Während im Jahr 1999 nur drei Staaten besser gelegen sind als Österreich, sind es in der Zwischenzeit sieben. Und wir sind in die zweite Hälfte der EU-Mitglied­staaten abgerutscht. Daher, Herr Bundeskanzler, ist eine grundsätzliche wirtschafts­politische Diskussion darüber notwendig, was hier falsch gelaufen ist und was in Zukunft anders gemacht werden soll. Denn mit der Politik, die Sie bisher betrieben haben, wird der Abstieg der österreichischen Wirtschaft im Vergleich zu den anderen europäischen Staaten leider fortgesetzt und nicht umgedreht werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man die wirtschaftspolitische Diskussion verfolgt und sich fragt: Was wären denn Maßnahmen, die uns helfen würden?, dann ist unzweifelhaft in ganz Europa klar – das zeigen auch die Daten –, dass jene Staaten, die am meisten in Forschung und Ent­wicklung investieren, gleichzeitig jene Staaten sind, die das stärkste wirtschaftliche Wachstum haben.

Aber was machen Sie, Herr Bundeskanzler? – Sie haben schon in der letzten Legis­laturperiode versprochen, dass wir 2,5 Prozent für Forschung und Entwicklung ausge­ben werden. Die letzte Legislaturperiode, selbst wenn sie nicht abgebrochen worden wäre, wäre in der Zwischenzeit auch schon vorbei – und das Ziel wurde nicht erreicht, es wird wieder an das Ende dieser Legislaturperiode verschoben.

Während andere Staaten in Europa, die heute das höchste Wirtschaftswachstum haben, für Forschung und Entwicklung 3,5, 3,7, 3,9 Prozent ausgeben, bleiben Sie in Österreich nach wie vor bei 1,9 Prozent. Und mit diesen im europäischen Vergleich geringen Ausgaben für F & E kann sich das Wirtschaftswachstum im Vergleich zu den anderen nicht erholen. In diesem Bereich ist die dramatische Trendwende angesagt, weil alle Beruhigungspillen, die Sie hier rhetorisch verabreichen wollen, nichts nützen! Die Politik muss geändert werden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Wir werden es so machen wie beim „Konsum“ ...!)

Nächster Punkt: Sie reden über weitere Elemente, die die Wirtschaft ankurbeln sollen, und Herr Bundesminister Gorbach hat darauf hingewiesen und gesagt, Optimismus würde helfen. – Na gut, aber Optimismus kann ja kein Appell sein, etwa nach dem Motto: Man geht zu einem der über 200 000 Arbeitsuchenden und sagt: Freunde, seid optimistisch! Ihr seid zwar arbeitslos, aber seid optimistisch! – Das ist doch keine Poli­tik. Dieser Optimismus muss ja in politische Maßnahmen gegossen werden!

Da kann ich ein gutes Beispiel anführen: Wenn Sie im Bereich der öffentlichen Ver­waltung Frühpensionierungsaktionen für Leute mit 55 Jahren durchführen, dann ist das kein Zeichen für Optimismus. Viel besser wäre eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die den


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Menschen auch eine Chance auf Beschäftigung gibt. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der Grünen.)

Wenn wir schon über Optimismus reden und Sie in diesem Zusammenhang auch die verstaatlichte oder ehemals verstaatlichte Industrie genannt haben, dann muss ich Ihnen sagen: Herr Bundeskanzler, Sie reden immer so gern von den Profis. Das war eine schwache Performance Ihrer so genannten Profis, dass rund um die Diskussion der voestalpine der gesamte Vorstand und Aufsichtsrat der ÖIAG bis zum heutigen Tag nicht imstande waren, einen vernünftigen Vorschlag auf den Tisch zu legen. Durch das gesamte Herumintervenieren, das hier stattgefunden hat, ist nur eine Verun­sicherung der Beschäftigten, des Managements, ganzer Regionen und der Anleger erfolgt. Und das ist keine professionelle Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zu Ihren so genannten erfolgreichen Privatisierungen: Nehmen wir doch das Beispiel der Austria Tabakwerke her, wo sich herausgestellt hat ... (Bundeskanzler Dr. Schüs­sel: Sehr erfolgreich!) – Sehr erfolgreich, und zwar für denjenigen, der es gekauft hat (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Auch!), denn mit vier Jahresgewinnen ist der gesamte Kaufpreis der Austria Tabakwerke wieder hereingebracht worden. Das nenne ich „ver­scherbeln“ und nicht eine vernünftige Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Wahrheit ist, dass heute eine Reihe unserer Industriebetriebe, die das Herz der österreichischen Industrie darstellen, zum Glück in einer hervorragenden Situation sind, weil es dort gute Mitarbeiter, ein gutes Management und eine vernünftige Stra­tegie für die Zukunft gibt. Das Problem bei vielen dieser Unternehmungen ist aus­schließlich der Eigentümer, nämlich die österreichische Bundesregierung, die den Staat vertritt, die durch eine permanente Diskussion die Menschen in diesen Betrieben ohne irgendeine Not verunsichert. (Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Das ist, wenn die Be­triebsräte Politik machen! Das ist das Problem!)

Bei der voestalpine, dem einzigen Stahlkonzern in Europa, der derzeit Gewinne macht mit einer Investitionsstrategie für die nächsten Jahre, ist kein Problem zu lösen. Das Problem, das Sie lösen wollen, haben Sie selbst gemacht, indem Sie die Ausverkaufs­diskussion begonnen haben. Das Beste ist daher: Beenden Sie diese Diskussion, denn diese hilft in Wirklichkeit niemandem! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht ja weiter mit den so genannten Profis. (Zwischenruf des Abg. Ellmauer.) – Ja ja, passen Sie einmal auf, was Ihre Leute so sagen, wenn sie gefragt werden.

Eine der bemerkenswerten Personalentscheidungen der letzten Woche war ja die Neubesetzung des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank. Alle wissen, dass sich diese Bundesregierung, die immer sagt, sie sei für Entpolitisierung, an ein­stimmige Vorschläge des Generalrates natürlich nicht hält. Und einer der neu bestell­ten Direktoren sagte auch gestern im „Mittagsjournal“ ganz offenherzig: Na ja, es mö­gen zwar andere besser qualifiziert gewesen sein, aber da hat halt die „Farbe“ nicht gepasst. (Abg. Dr. Fischer: Unglaublich!) – Das ist die Entpolitisierung nach dem Mot­to dieser Bundesregierung.

Aber das Allerstärkste, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist: Dieser neue Direktor der Oesterreichischen Nationalbank wird gefragt – an sich eine zulässige Frage –, was er denn jetzt in der Oesterreichischen Nationalbank vorhat und was er zu ändern gedenkt. Seine Antwort im „Mittagsjournal“ – und ich zitiere wörtlich –:

Ich kenne die Nationalbank, wie gesagt, nur von außen. Sie versuchen, mir jetzt lau­fend Fragen zu stellen, wo ich Insider-Kenntnisse haben sollte, und ich würde Sie


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ersuchen, mich in einem halben Jahr dasselbe noch einmal zu fragen. – Zitatende. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Schöne „Profis“ für die Oesterreichische Nationalbank, meine Damen und Herren! Parteipolitischer Postenschacher statt vernünftiger Währungspolitik – das ist es, was Ihre Politik auszeichnet! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, bleibt von Ihrer viel gerühmten Wirt­schaftspolitik eigentlich wenig übrig. Es bleibt nur ein Punkt übrig. Sie haben ange­kündigt: „Zukunft ohne Schulden“ und legen uns ein Budgetprogramm vor, das für die nächsten Jahre steigende Staatsschulden vorsieht. Herr Stummvoll! Wo ist da die Umsetzung Ihrer langjährig getrommelten Forderungen?

Und das Zweite, das Sie immer gesagt haben: Eine Steuerreform darf man nicht auf Pump machen. Haben Sie in Ihr eigenes Budgetprogramm geschaut? – Im Jahr 2005, in dem Jahr, in dem Sie die Steuerreform machen wollen, werden Sie – nach Ihren eigenen Angaben – das Budgetdefizit um 3,5 Milliarden € erhöhen. Meine Damen und Herren! Die Regierung redet von „Zukunft ohne Schulden“, redet davon, dass es eine Steuerreform nicht auf Pump geben soll, und die Wahrheit ist: Sie hat exakt vor, eine Steuerreform auf Pump zu machen (Abg. Öllinger: Vor der Wahl!), indem sie das Bud­getdefizit erneut erhöht. – Das, meine Damen und Herren, ist keine ehrliche Politik! Österreich hat sich etwas Besseres verdient! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden heute bei der Dringlichen Anfra­ge noch die Möglichkeit haben, auf verschiedene Kalamitäten des Herrn Finanzminis­ters einzugehen. Vielleicht geruht er dann dem Parlament gewisse Erklärungen abzu­geben. Wenn er schon zur Wirtschaftspolitik nichts mehr zu sagen hat, könnte es doch sein, dass er zu seinen privaten Verhältnissen, Finanzverhältnissen etwas beizutragen hat.

Aber eines würde ich Ihnen schon zu überlegen geben: Wenn sich in Zukunft alle öster­reichischen Steuerzahler auf den Standpunkt des Finanzministers stellen und sa­gen: Meine Einkünfte gebe ich vorläufig einmal in einen Fonds (Abg. Broukal: Will­kommen!), den ich in Zukunft gründen werde!, und wenn das die Grundlage der Steuermoral der Österreicherinnen und Österreicher ist, dann wird es mit den Steuer­einnahmen außerordentlich schlimm ausschauen.

Meine Damen und Herren! Ein Finanzminister sollte in Wirklichkeit Vorbild sein, was diese Fragen betrifft, und nicht allen anderen in diesem Land ein schlechtes Beispiel geben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Die heutige wirtschaftspolitische Erklärung hat von Seiten des Bundeskanzlers keinen neu­en Vorschlag zur Verbesserung der Lage gebracht und war nichts anderes als der Versuch, den Finanzminister im Ministerium zu verstecken. Aber ich kann Ihnen garan­tieren: Die Zeit des Versteckens ist vorbei. Er wird sich diesem Haus und der Öffent­lichkeit stellen müssen (Abg. Dr. Fasslabend: Mit Sicherheit!), denn es gibt ein Recht auf Kontrolle und Aufklärung! (Lang anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

10.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem nächsten Redner, Herrn Abgeordnetem Kopf, das Wort erteile, teile ich mit, dass wir unter den Fraktionen vereinbart haben, in dieser Debatte zwei tatsächliche Berichtigungen pro Fraktion aufzurufen.

Ans Rednerpult gelangt nunmehr Abgeordneter Kopf. Redezeit: 15 Minuten. – Herr Ab­geordneter, Sie sind am Wort.

 



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10.49

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Klub­obmann Gusenbauer, Sie haben zuletzt von Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit gespro­chen. Sie haben in Ihren Ausführungen die niedrige Beschäftigungsquote bei älteren Mit­arbeitern kritisiert.

Sie haben erstens zu diesem Thema sehr viel selbst durch Ihre Politik, als Sie noch in der Regierung waren (Abg. Broukal: Wo waren Sie damals?), beigetragen, und Sie haben zweitens jetzt, als wir eine Pensionsreform gemacht haben, die genau das beheben soll, nämlich eine Anhebung der Beschäftigungsquote bei den Älteren bewir­ken soll, mit aller Macht und mit zulässigen und manchmal auch unzulässigen Mitteln dagegen opponiert. Schämen Sie sich! Das ist unehrlich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die internationale Konjunktursituation ist wahrlich nicht berauschend, die Wirtschaftslage bei uns daher nicht optimal. Österreich ist als kleine offene Volkswirtschaft natürlich nicht losgelöst von diesen internationalen Entwicklungen, aber Österreich ist einerseits eines der wohl­habendsten Länder dieser Erde, und ein etwas geringeres Wachstum, das im­merhin noch bei knapp einem Prozent liegt, ist daher für dieses Land weder eine Ka­tastrophe, noch haben wir in diesem Land eine Krise. Und wir werden es nicht zu­lassen, meine Damen und Herren, dass destruktive Kräfte – und ich schaue auf diese Seite (der Redner blickt in Richtung SPÖ) – eine Negativspirale in Gang setzen, die so wie in Deutschland mit Blockaden, mit Streiks, mit einer Verweigerungshaltung ver­bunden ist und unser Land so wie Deutschland nach unten zieht. Das werden wir nicht zulassen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Wollen Sie uns das verbieten? – Abg. Dr. Matznetter: Deutschland liegt im Wachstum vor uns! Wir sind das Schlusslicht!)

Ich habe es schon erwähnt, meine Damen und Herren: Österreich ist eine kleine offene Volkswirtschaft. Die Möglichkeiten, die wir haben, die Konjunktur zu beleben, Kon­junktur zu schaffen, sind naturgemäß aus dieser Situation heraus – Herr Matznetter, Sie wissen das – begrenzt. Wir gehen daher den Weg, dass wir Maßnahmen nicht mit der Gießkanne über alle verteilen, sondern angesichts dieser volkswirtschaftlichen Si­tuation gezielt dort setzen, wo sie auch tatsächlich etwas bringen. Wir haben bereits eine ganze Reihe solch zielgerichteter Maßnahmen gesetzt:

Investitionszuwachsprämie – hat das Investitionsniveau in Österreich auf einer Höhe gehalten, wie es kaum anderen Ländern gelungen ist –, vorzeitige Abschreibe­möglich­keiten für Immobilien. Der Wegfall der 13. Umsatzsteuer-Vorauszahlung am Ende die­ses Jahres wird den Unternehmen wertvolle Liquidität belassen, und zwar gerade zu einem schwierigen Zeitpunkt, nämlich am Ende dieses Jahres. Wir entlasten die niedrigen Einkommen bis 14 500 € völlig von der Steuerverpflichtung, das heißt, wir schaffen dort zusätzliche Kaufkraft, wo sie tatsächlich auch in den Konsum geht und nicht in die Sparquote oder in andere Richtungen. Wir haben die Familienförderung in diesem Land enorm erhöht, wir haben die beste Familienförderung aller Länder dieser Erde. Gerade bei Familien mit Kindern sind das Gelder, die direkt in den Konsum gehen und damit konjunkturwirksam eingesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Sie sehen, meine Damen und Herren, wir handeln zielgerichtet und nicht planlos und schon gar nicht mit der Gießkanne über alles hinweg.

Was tun dem gegenüber die so genannten Wirtschaftsexperten der Sozialdemokratie, ob sie jetzt Schröder oder Gusenbauer heißen? – Sie versuchen, die Wähler zu ködern, sie versuchen, den Wählerinnen und Wählern, den Mitmenschen draußen Sand in die Augen zu streuen, ihnen Dinge, großflächige Steuersenkungen zu ver-


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sprechen, die wir in unserem Budget nicht unterbringen können. (Abg. Mag. Kogler: Sie versprechen doch große Steuersenkungen!) Die Experten, wie zum Beispiel Lehner vom Wifo, sagen, ein guter Teil solcher Steuersenkungen, nämlich dieser großflächigen Steuersenkung, würde lediglich in einen stärkeren Import oder in eine höhere Sparquote fließen, der erhoffte Konjunkturbelebungseffekt würde verpuffen. Oder Felderer vom IHS warnt davor, dass derartige Maßnahmen, wie Sie sie vor­ha­ben, die Gefahr des Verpuffens bei gleichzeitiger Zusatzbelastung des Budgets in sich bergen – ist gleich Schulden, und Schulden sind bekanntlich die Steuern von morgen.

Ich sage Ihnen Folgendes, meine Damen und Herren: Da machen wir nicht nur nicht mit, sondern mit einer solchen Politik zu Lasten Dritter, zu Lasten der nächsten Ge­neration wollen wir nichts zu tun haben! Österreich ist uns zu schade als bloße Kopie der ökonomischen Unvernunft, die von Rot-Grün in Deutschland praktiziert wird. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wirtschaftspolitik muss nachhaltig sein, sie muss Struk­tureffekte beinhalten, sie muss standortverbessernd wirken. Wir haben zum ersten bei guter Konjunktur am Beginn der Tätigkeit dieser Regierung ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Herr Matznetter, hören Sie einmal auf, sich als Kokommentator zu betätigen, Sie kommen ja sowieso noch zu Wort, Sie sind ja auf der Rednerliste. Gedulden Sie sich doch ein bisschen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben bei guter Konjunktur das Budget saniert, das heißt, wir haben die Basis dafür geschaffen: weniger Zinsen für die öffentlichen Haushalte, weniger an Inflation und damit auch weniger an Zinsen für die private Wirtschaft. Das sind Milliarden­beträge, die man mit Steuerreformen gar nicht zurückgeben kann, die wir hier mit dieser Budgetpolitik und der daraus resultierenden Niedrigzinspolitik den Unternehmen und auch dem Staat direkt zuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Eine Reihe von Maßnahmen, ob die Lohnnebenkosten­senkung – erste Etappe schon durchgeführt, zweite Etappe kommt –, ob die genannte Investitionszuwachsprämie, von der ich glaube, dass wir sie über das Jahr 2003 hinaus verlängern sollten, ob die Stromliberalisierung, ob die Forschungs-, Bildungs- und Lehrlingsfreibeträge, ob die vorzeitige Abschreibemöglichkeit von Immobilien, ob die Exportoffensive, die im Budget schon beschlossen ist, ob Steuerbegünstigungen bei Betriebsübergaben – es stehen immerhin 50 000 Betriebe in den nächsten Jahren zur Übergabe an –, ob die 28 000 Neugründungen von Unternehmen, ob die niedrigere Besteuerung nicht entnommener Gewinne und die daraus resultierende Stärkung der Eigenkapitalbasis der Betriebe und nicht zuletzt der Entfall der 13. Umsatzsteuer-Vorauszahlung – in Summe schlagen sich diese Entlastungen mit 2,5 Milliarden € jetzt schon zu Buche zugunsten des Wirtschaftsstandortes Österreich. Und wozu hat das alles geführt? – Wir haben uns im Standort-Wettbewerb in Europa nach dem letzten Lissabon-Zwischenbericht der EU von Platz acht immerhin schon auf Platz fünf verbessert, wir sind unserem Ziel, Platz drei, schon sehr, sehr nahe gekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Eine Bemerkung zum Thema Privatisierungen. Also wenn es jemand in diesem Land noch nicht begriffen haben sollte, dann bitte ich, doch noch einmal einen Blick zurück in die Vergangenheit zu werfen: Der Staat hat als Eigen­tümer von Unternehmen kläglich versagt! 55 000 vernichtete Arbeitsplätze, 59 Milliar­den Schilling an Zuschüssen an diese Unternehmen und trotzdem Verlust von Arbeits­plätzen. (Abg. Eder: Blödsinn!) – Wir haben daraus gelernt.

Die ÖIAG ist neu aufgestellt, die ÖIAG ist heute als Verwalter der Bundesbeteiligungen mit zwei ganz klaren Aufträgen ausgestattet: zum einen, den Wert der verwalteten Unternehmensbeteiligungen zu steigern. 50 Prozent Steigerung der Aktienwerte der


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ÖIAG-Beteiligungen – das sagt doch alles; diesem Auftrag kommt die ÖIAG ganz klar und erfolgreich nach. (Abg. Eder: Wer ist der Eigentümer?)

Es ist schon sehr interessant, meine Damen und Herren, dass Kollege Cap gestern kritisiert hat, dass man Unternehmen ausgerechnet dann verkaufe, wenn sie beson­ders gut laufen. – Herr Kollege Cap, das, was Sie da gestern abgegeben haben, ist aber ein wirtschaftspolitisches Armutszeugnis. Ja wollen Sie sie vielleicht verkaufen, wenn der Aktienkurs auf dem Boden ist? (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Also es tut mir schon sehr Leid. So viel zum Thema wirtschafts­politische Kompetenz der ersten Reihe der Sozialdemokratie. (Abg. Dr. Cap: Nicht genügend! Setzen!)

Meine Damen und Herren! Es war ein angenehmer Nebeneffekt der Privatisierungen – neben der Tatsache, dass es den Unternehmen gut geht –, dass die Schulden der ÖIAG von 6 Milliarden auf 2 Milliarden reduziert werden konnten. Aber das noch Wich­tigere dabei ist, dass es diesen Unternehmen heute gut geht.

Nehmen Sie nur die Austria Tabakwerke, deren Privatisierung auch von Ihnen kritisiert wurde. Haben Sie vielleicht vorgestern im „Report“ die Betriebsrätin gehört, die gesagt hat: Wir waren ursprünglich dagegen, und heute geht es dem Unternehmen besser denn je, weil vom neuen Eigentümer diesem Unternehmen zusätzliche Umsätze und Umsatzmöglichkeiten zugeführt wurden!? – Natürlich sind die Gewinne in diesem Unternehmen auf Grund dieser Tatsache gestiegen! (Abg. Dr. Cap: Denken – dann sprechen!) Die Betriebsrätin, die vorher dagegen war, sagt heute: Wir waren dagegen, und heute geht es uns besser denn je, Gott sei Dank hat dieser Staat das gemacht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Matznetter: Austria Tabak­werke?)

Meine Damen und Herren! Einen Satz noch zum Thema Frank Stronach. Jene, die wissen, dass mein Herz auch am Fußball hängt (Abg. Heinzl: Ihr Präsident!) – nicht mein Präsident, er ist der Bundesliga-Präsident –, wissen, dass ich mit dem, wie Frank Stronach im Fußball agiert und investiert, keine große Freude habe. (Abg. Mag. Kog­ler: Die springen ja nach seiner Pfeife im Fußball!) Aber Frank Stronach hat als Unternehmer in Österreich in keinster Weise einen Arbeitsplatz vernichtet – ganz im Gegenteil: Er hat 10 000 neue geschaffen und 5 500 gesichert. Ich weiß daher nicht, woher Sie ableiten, dass Frank Stronach, wenn er in die Lage käme, die voest zu übernehmen, jetzt auf einmal seinen Kurs um 180 Grad ändern und dort Arbeitsplätze vernichten sollte. Das ist eine böswillige Unterstellung gegenüber einem Mann, der in diesem Land wirtschaftspolitisch schon sehr, sehr viel getan hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe fast ein bisschen den Verdacht, dass es Ihnen eigentlich nur aus parteipolitischen Gründen darum geht, dass der Staat weiterhin Aktionär bei Unternehmen bleibt, damit Ihre sozialdemokratischen Betriebsräte dort weiterhin Unternehmenspolitik – nicht immer zum Vorteil dieser Unternehmen – ma­chen können. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Uns geht es bei der Privatisierung darum, dass Firmen in Österreich forschen, pro­duzieren, in Österreich Steuern zahlen und ihr Hauptquartier in Österreich haben – wem immer sie gehören. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wenn Sie von negativen Beispielen von Privatisierungen sprechen, dann sollten Sie einmal in den eigenen Reihen, zum Beispiel bei der Stadt Wien und der Bank Austria, nachschauen, wie man es nicht macht. Nicht wir, die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ, sind die Parteien des Aus­verkaufs; dieses Paradebeispiel haben schon Sie geliefert. Sie sind die Ausver­kaufs-


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partei Österreichs! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Zu guter Letzt: Meine Damen und Herren! Ich glaube, alle Experten der Wirtschafts- und Finanzpolitik sind sich einig: Standortsicherung, Arbeitsplatzsicherung, Sozial­staatsicherung (Abg. Dr. Gusenbauer: Wird alles nicht gemacht!) gelingen nur über Reformen und Impulse für die Wirtschaft, nicht jedoch über den Versuch der weiteren Pragmatisierung von staatlichen Unternehmen.

Meine Damen und Herren! 28 000 Unternehmensgründungen, im Spitzenfeld, und zwar im positiven Sinne, bei der Beschäftigung – wir sind drittbestes Land in Europa, was die Arbeitslosenrate anlangt. Die Zahlen sprechen eine ganz eindeutige Sprache, und wir, diese Koalition von ÖVP und FPÖ, werden diesen erfolgreichen Weg im Sinne des Wirtschaftsstandortes Österreich fortsetzen. Die österreichische Volkswirtschaft, die Unternehmen in diesem Lande und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden es uns danken! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste in dieser Debatte gelangt Kollegin Dr. Gla­wischnig zu Wort. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte.

 


11.04

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Bundeskanzler, ich war sehr gespannt auf Ihre Erklärung und habe sehr aufmerksam zugehört. (Abg. Scheibner: Sie haben ja gar nicht zugehört!) Irgendwann während Ihrer Rede habe ich auf die Uhr geschaut und mir gedacht, da müsse doch noch irgendetwas Neues kommen. – Aber es kam absolut nichts!

Ich hatte mir gedacht, dass es irgendeine Erklärung im Hinblick auf die deutsche Situation gibt oder dass vielleicht die italienische Präsidentschaft etwas Neues ange­kündigt hat. Aber außer dem, was wir schon seit Monaten kennen, kam nichts!

Herr Bundeskanzler, Sie präsentieren uns Statistiken, die zehn Jahre alt sind! Sie sagen zuerst: Die Lage ist ernst, daher muss ich das zur Chefsache erklären und eine Erklärung abgeben. Dann sagen Sie, dass alles bestens ist, und erzählen uns Dinge, die wir seit Monaten wissen. Der Wirtschaftsbericht, der letzte Woche von Ihnen prä­sentiert wurde (die Rednerin zeigt ein Exemplar), ist aktueller als das, was Sie heute gesagt haben. (Abg. Scheibner: Gute Dinge kann man nicht oft genug sagen!)

Ich muss Ihnen daher leider sagen: Es hat sich der Verdacht massiv erhärtet, dass das heute eine reine Schutzerklärung war, um abzulenken von der Causa prima, nämlich von den Verstrickungen des Finanzministers Karl-Heinz Grasser in ein Stiftungs- und Spendenimperium mittlerweile, das niemand mehr durchschaut, am wenigsten er selbst. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich hätte mir wirklich erwartet, dass wir über die Probleme, die es hier gibt, sprechen. Die Lage ist ernst – das ist durchaus etwas, was man unterstreichen kann. Nur: Sie ha­ben über die Probleme nicht ernsthaft diskutiert. Die Wachstumsraten sind, das ist offensichtlich, jetzt aktuell nach unten revidiert worden. Ich hatte erwartet, dass Sie das vielleicht mit dem internationalen Konjunkturabschwung verteidigen; und dann wäre wieder der Schlagabtausch gekommen, was jetzt hausgemacht ist und was nicht. – Aber auch dazu kam nichts!

Trotzdem haben wir, ich muss das noch einmal sagen, ein Problem. Wir haben die Situation, die durch den internationalen Konjunkturabschwung auf Österreich einwirkt, durch die hausgemachte Politik noch weiter verschärft. Ich hatte mir gedacht, dass vielleicht dazu etwas Neues kommt, eine Einsicht oder ein neuer Vorschlag – aber


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absolut nichts! Und das ist für die österreichische Wirtschaft wirklich unbrauchbar. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Konjunkturabschwung: Sie haben ihn so lange nicht wahrhaben wollen. Wir ha­ben Konjunkturpakete gefordert, Investitionen von Seiten des Staates. Sie haben das als Konzepte von gestern bezeichnet, um es ein halbes Jahr später erst zu machen, allerdings halbherzig, es greift viel zu wenig und ist in keiner Weise abgestimmt mit der internationalen Entwicklung.

Deutschland hat mittlerweile einiges erkannt. Deutschland zieht mittlerweile seine Steuerreform vor – dazu haben Sie auch nichts gesagt. Da steht immer noch das Argument im Raum, mit dem Sie wirklich wieder unsere Intelligenz nachweislich beleidigen, wenn nämlich der Finanzminister behauptet: Das ist auf Pump, und des­wegen machen wir das nicht!

In diesem Bericht (die Rednerin hält den Wirtschaftsbericht in die Höhe) fehlt wohl­weislich die Statistik für das Jahr 2005, in dem die österreichische Steuerreform gemacht werden soll, da fehlt dann aber die Defizitprognose. Sie behaupten, dass wir einen voll ausgeglichenen Haushalt haben, eine Steuerreform nicht auf Pump gemacht wird, und lassen auch bei den entsprechenden Tabellen die entsprechenden Zahlen aus. Sie halten uns wirklich für dumm. Das ist eine Beleidigung für jemanden, der ganz normal Zahlen nachlesen kann.

Natürlich wird die Steuerreform 2005 auf Pump gemacht! Nur: Wir brauchen die Steu­erreform jetzt und hier. Wir brauchen jetzt eine Steuerreform und eine Steuerent­lastung! (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben die Situation weiter verschärft: Konsum, Investitionen, das Angstsparen durch die Pensionsreform. Herr Abgeordneter Kopf, ich schäme mich überhaupt nicht dafür, gegen die Pensionsreform aufgetreten zu sein. Im Gegenteil. Das war absolut dringend notwendig. Ich verstehe überhaupt nicht, wie man sich darüber beschweren kann, wenn von Seiten der Opposition Verbesserungsmaßnahmen vorgetragen wer­den und gegen schlechte Maßnahmen Widerstand geleistet wird. Die Aussage, dass wir uns schämen sollten, hat in einer sachlichen Debatte überhaupt nichts verloren! Mir ist das völlig unverständlich. (Beifall bei den Grünen.)

Grasser hat sichtlich erkannt, dass es mit seiner Wirtschafts- und Budgetpolitik so nicht weitergeht. Vom Nulldefizit-Kurs sind wir schon lange abgerückt. Bei der Infrastruk­turpolitik müssten eigentlich die Alarmglocken schrillen.

Herr Infrastrukturminister Gorbach! Ich hätte mir erwartet, dass Sie auch zur aktuellen Aussage der Europäischen Investitionsbank, zu Herrn Nowotny etwas sagen. Es müss­ten die Alarmglocken läuten, wenn die Europäische Investitionsbank sagt: Österreich holt kein Geld ab! Österreich hat zu wenig Projekte! – Sie sagen hier, alles sei bestens. Ich bin vor dem Fernseher gesessen und habe mir gedacht: Da stimmt ja etwas nicht, da müssten doch alle Alarmglocken läuten! In dieser Konjunkturlage Geld für Infra­strukturprojekte nicht abzuholen, das ist grob fahrlässig, Herr Gorbach! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Gerade im Zuge der EU-Erweiterung wäre die Infrastrukturpolitik einer der Schlüssel­bereiche. Die italienische Präsidentschaft hat hier einen Schwerpunkt angekündigt. Was war die Reaktion Österreichs? – Österreich hat sich sehr distanziert verhalten. Ich hätte mir gewünscht, dass sich Österreich, was Italien betrifft, bei anderen Dingen et­was distanzierter verhalten hätte, aber nicht bei einem Infrastrukturschwerpunkt. (Bei­fall bei den Grünen.)

Auch ein Blick in die USA wäre ganz interessant gewesen. Herr Bundeskanzler, wie bewerten Sie das, dass die USA mittlerweile auf einen sehr viel pragmatischeren Kurs


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eingeschwenkt sind? Die USA haben Wachstumsraten von über 2 Prozent, von denen Europa nur träumen kann; Österreich ebenso. Dort wird investiert und nicht nur auf die Geldwertstabilität geschaut, sondern auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Ich bin nicht von allen Punkten der amerikanischen Politik begeistert, aber das wäre es doch wert gewesen, zumindest ein Wort darüber zu verlieren, darüber zu diskutieren.

Zwischen Europa und den USA haben wir immer noch einen gewaltigen Spielraum. Warum nicht einmal über die Leitzinsen diskutieren? Nichts ist heute diskutiert worden. Es war nur eine Nebelwandwerferei, ausschließlich um den Finanzminister zu schützen, und sonst nichts, obwohl es so viele interessante Fragen gibt.

Ich möchte gerne mit einem anderen Punkt fortsetzen, einem Punkt, der einem in der Seele weh tut – Kollege Grünewald hat das schon angesprochen –: Strukturpolitik. An den Universitäten haben wir im Moment eine absolute Misere. Im Herbst werden wir dort den Notstand ausrufen müssen. (Abg. Großruck: Schon wieder!) Den Unis droht im Herbst die Zahlungsunfähigkeit – aber das interessiert Sie sichtlich nicht. Fast alle Universitäten haben angekündigt, nicht nur im Lehrbereich, sondern auch im For­schungsbereich massiv zu kürzen. Die F&E-Quote in der Höhe von 1,96 Prozent des BIP wird sinken, meine Damen und Herren! Der Forschungsförderungsfonds muss schon Gelder des nächsten Jahres aufwenden, damit er die Projekte von heuer noch fertig finanzieren kann. Es gibt da also einen Vorgriff. Die Forschungsquote wird sinken, von den 2,5 Prozent können Sie nur träumen, die können Sie sich zu Weih­nachten wünschen. Ich würde mir wünschen, dass wir nicht über Träume sprechen, sondern über aktuelle Politik, und dass man da auch Maßnahmen setzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Erbärmlichste in diesem Bereich der Strukturpolitik (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Er­bärmlich“ ist aber wirklich kein schönes Wort in diesem Hohen Haus!): Sie wollen – Sie werden jetzt gut zuhören, denn das ist ein ernstes Problem; das ist eine weitere Parteipolitisierung! – eine Dachorganisation schaffen für die Forschungsförderungs­fonds. Man kann darüber diskutieren, ob es überhaupt sinnvoll ist, gewerbliche und universitäre Forschung unter ein Dach zu stellen. Aber dann geht es weiter: mit einem radikalen Durchgriffsrecht. Und besetzt werden soll die Stelle eines Geschäftsführers mit einem ehemaligen FPÖ-Mandatar. Ist das Forschungspolitik? Ist das eine offen­sive, offene Forschungspolitik? – Ich finde, das ist erbärmlich, Herr Kollege Scheuch. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Zentrum der Budgetpolitik von Karl-Heinz Grasser stand lange Zeit das Nulldefizit. Wir wissen es jetzt: 2001 war eine absolute Eintagsfliege; es war nur durch unerwartet hohe Einnahmen zu finanzieren. Es wäre interessant gewesen, heute einige Punkte in diesem Zusammenhang zu diskutieren, etwa wie sich das auf den Arbeitsmarkt, auf die Arbeitslosigkeit ausgewirkt hat. Aber von einem „voll ausgeglichenen Haushalt“ zu sprechen ist eine maßlose Übertreibung.

Und wenn in diesem Wirtschaftsbericht steht, dass wir erstmals einen voll ausgegli­chenen Haushalt haben, dann stimmt das einfach nicht. Es wäre an der Zeit, einmal einzugestehen, dass diese Politik gescheitert ist. Die Nulldefizit-Politik von Bundes­minister Karl-Heinz Grasser ist definitiv gescheitert! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) – Auf wessen Kosten?

Da kommen wir jetzt noch zum Arbeitsmarkt; dazu haben Sie heute auch sehr wenig gesagt, Herr Bundeskanzler, außer dass die Beschäftigung so hoch und ohnehin alles bestens ist. Sie haben auf die zehn Jahre verwiesen und dabei einen statistischen Trick angewandt – ich finde das unfair. Wenn man diesen Zeitraum wirklich vergleicht und die Zahlen von 1993 bis zum Jahr 2003 heranzieht, dann muss man Vollzeitäqui­valente nehmen. Man kann nicht Teilzeitbeschäftigung wie einen Vollzeitarbeitsplatz


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rechnen, wie eine Normalarbeitszeit. Bei einer Vollzeitäquivalent-Betrachtung haben wir nur sehr geringe Zuwachsquoten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Trotzdem Zuwachs!)

Was die Frauenbeschäftigung betrifft: Sie rechnen bei der Frauenbeschäftigung immer die Kindergeldbezieherinnen hinein. Ich gebe zu, die Frauen, die zu Hause sind und Kinder betreuen, haben alle Hände voll zu tun (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Eben, Vollzeit!), aber das ist keine Beschäftigung im Sinne einer wirtschaftspolitischen Be­trach­tung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Anstatt aktive Arbeitsmarktpolitik zu finanzieren, stagnieren beziehungsweise sinken die Mittel, obwohl die Arbeitslosigkeit steigt. Wir haben dramatische Zuwächse bei der Jugendarbeitslosigkeit; und diese wird sich weiter verschärfen. Mittlerweile ist es so, dass sich Qualifikation nicht mehr rechnet, Qualifikation wird entwertet. Wie, glauben Sie, wirkt sich die Pensionsreform 2000 aus? – Für junge Leute wird es immer schwie­riger werden, wenn Ältere länger im Berufsleben bleiben sollen. Und jetzt kommt die Pensionsreform 2003 noch dazu. Es ist ein tatsächliches Zugangsproblem vor allem für qualifizierte junge Leute geschaffen worden. Manche suchen jahrelang Arbeit, Herr Bundeskanzler! Sie haben dazu überhaupt nichts gesagt, außer dass alles bestens ist – und das ist wirklich zu wenig!

Der Arbeitsmarktförderungsfonds wurde ausgeräumt, um im Übermaß Pensionszu­schüsse zu finanzieren.

Was ist jetzt die aktive Beschäftigungspolitik? In welcher Form wollen Sie da in Zukunft Impulse setzen? – Sie haben dazu absolut nichts gesagt. Und gerade im Hinblick auf die jungen Leute und darauf, dass die Situation sehr ernst ist, war das heute auch ein Armutszeugnis! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur Industriepolitik möchte ich noch ein paar Worte verlieren. Von Industriepolitik habe ich nichts gehört. Industriepolitik ist für Sie ausschließlich Privatisierungspolitik. Ich habe eine Aussage außerhalb von Privatisierungspolitik gehört, nämlich von Herrn Na­tional­ratspräsidenten Khol, der behauptet hat, das größte industriepolitische Konzept dieser Bundesregierung und überhaupt der Zweiten Republik sei der Kauf der Abfang­jäger. – Ein industriepolitisches Konzept! Da kann ich nur gratulieren.

Wenn man die Privatisierungsvorgänge der Vergangenheit anschaut, diese einmal kritisch unter die Lupe nimmt und die Projekte der Zukunft dazustellt, dann ergibt das ein sehr problematisches Bild. Ich bringe ein paar Beispiele: Was ist denn als gute Privatisierung herausgestellt worden? – Die Austria Tabak Werke. Im Nachhinein frage ich mich: Mit dieser schönen Rendite, Kapitalertragssteuer, warum ist das eigentlich privatisiert worden? Jetzt haben wir eine Schachtelkonstruktion mit Tochterfirmen, die Gewinne werden ins Ausland transferiert, und unter dem Strich ist es viel zu billig hergegeben worden. Wenn man das durchrechnet, stellt man fest: Der Kaufpreis rentiert sind in drei, vier Jahren.

Die Telekom wurde viel zu billig verkauft. Und die Bundeswohnungen? – Sie sind sicht­lich dabei, sie zu verschenken. (Abg. Kopf: Wie bitte? Das hätte die SPÖ gemacht!) Ursprünglich 2,1 Milliarden geschätzt und jetzt 600 Millionen. Ich weiß nicht, warum Sie das so lustig finden. Das, was Karl-Heinz Grasser in seiner letzten Rede hier vorge­rechnet hat, ist haarsträubend und nicht nachvollziehbar. Wohin kommt denn all das Geld? Sie sind nachweislich dabei, das zu verschenken. Ich frage mich, an wen. – Und das wird noch zu untersuchen sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was ist jetzt Ihr industriepolitisches Konzept? Was sind Ihre industriepolitischen Vor­schläge? Was ist denn mit einer Steuersenkung hier und jetzt, die vielleicht etwas bringen würde? Welch andere Vorschläge gibt es, außer zu privatisieren? Das ist kein


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industriepolitisches Konzept, das ist gar nichts! Das ist ein Verkaufen, ein Verscher­beln, aber kein Konzept! Auch die Abfangjäger sind kein industriepolitisches Konzept.

Was bedauerlich ist: Sie sind dabei, das bei anderen Unternehmen auch so zu ma­chen. Die voest hat ein sehr gutes Betriebsjahr gehabt in einer sehr, sehr schwierigen Zeit, aber ich frage mich, warum man im Zusammenhang mit diesem Projekt, das Minerva heißt – in Anlehnung an die Göttin der Weisheit; das römische Pendant zur Pallas Athene –, von dem der Finanzminister angeblich nichts gewusst haben will, zu­erst ins Regierungsprogramm hineinschreibt: österreichischer Kernaktionär, hinter dem Vorhang aber einen vollen Privatisierungsauftrag ohne österreichischen Kernaktionär gibt. Ist das seriöse Politik? Woran soll man sich da als Unternehmen orientieren?

Herr Kopf, Sie sagen, jetzt sei der beste Zeitpunkt. Da Sie nicht sehen, dass es hier um Konkurrenzübernahme geht, muss ich Sie fragen: Wollen Sie ausschließlich mono­polistisch organisierte Industrielandschaften in Österreich? Magna ist der direkte Kon­kurrent. Und wenn Linz vorhat, ebenso ein Kompetenzzentrum für Automobilindustrie zu werden, so ist das ein industriepolitisches Konzept – Linz hat eines im Gegensatz zu Ihnen. Ich finde das unterstützenswert. Aber auch dazu haben Sie leider nichts ge­sagt außer Polemik.

Ich denke, es ist an der Zeit, internationale Kommentare zu unserer wirtschafts­politi­schen Situation zu bringen, vor allem zum größten Problem, das wir wirtschafts­poli­tisch, budgetpolitisch haben: Dieses Problem trägt den Namen Karl-Heinz Grasser. Es tut mir Leid. (Abg. Großruck: Der gefällt Ihnen, der Grasser!)

Wenn die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt, nur in Italien hätte Grasser noch nicht de­mis­sionieren müssen, wenn geschrieben wird, dass man in der österreichischen Alpenrepublik guten Freunden nicht nur ein Küsschen zum Abschied gibt, sondern auch einen Job, wenn das im Ausland nachweislich genauso kritisch kommentiert wird wie von der österreichischen Opposition, dann sollten Sie damit beginnen, sich Gedan­ken darüber zu machen.

Ihre Erklärung, Herr Bundeskanzler Schüssel, hat massiv unseren Verdacht bestätigt, dass das heute hier eine reine Showveranstaltung war – ohne Interesse daran, irgend­etwas für den österreichischen Wirtschaftsstandort zu verbessern. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber Sie spielen ja auch mit! Eine Hauptrolle!) Ich frage mich, was das tatsächlich zu bedeuten hat, außer jemanden zu schützen, der rücktrittsreif ist! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.19

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteilen kann, habe ich einerseits eine Wortmeldung von Kollegem Öllinger zur Geschäftsordnung, andererseits eine Wortmeldung des Kollegen Molterer.

Bitte, Herr Abgeordneter Öllinger.

 


11.19

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Mehrere Debattenrednerinnen und -redner haben in ihren Ausführungen das Thema der verfehlten Privatisierungspolitik der Bundesregierung und insbesondere die Rolle des Finanzministers dabei angesprochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Nachdem ich annehme, dass der Herr Finanzminister mittlerweile seine Pressekonferenz zu genau diesem Thema, nämlich Privatisierung beziehungsweise ÖIAG, beendet hat, stelle ich den Antrag auf Beiziehung des Herrn Finanzministers. Sofern das nicht mit zusätzlichen Spesen und


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Beratungshonoraren verbunden ist, wird sich das ja wohl machen lassen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag zur Geschäftsbehandlung, den Kollege Öllin­ger gestellt hat, ist zulässig; dieser ist ohne Debatte abzustimmen.

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zei­chen. – Ich stelle fest, dass der Antrag in der Minderheit geblieben ist. Ich habe be­reits auszuzählen begonnen, als die Wortmeldung zur Geschäftsordnung abge­ge­ben wurde, und daher kann ich das mit Sicherheit sagen. Ich stelle fest, der Antrag hat keine Mehrheit gefunden.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Herr Abgeordneter Molterer zu Wort. Ich darf darauf aufmerksam machen, dass zunächst die kritisierte Behauptung und dann der tatsächliche Sachverhalt zu formulieren ist. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.21

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Abgeordnete Glawischnig hat behauptet, die Forschungsquote in Österreich sin­ke. (Abg. Dr. Glawischnig: Wird sinken! Wird sinken!)

Richtig ist vielmehr, dass die Bundesregierung für die Jahre 2004, 2005, 2006 600 Mil­lionen € zur Verfügung stellt und die Forschungsquote steigt.

Frau Abgeordnete Glawischnig hat weiters gesagt, dass die Kindererziehung keine Beschäftigung sei. – Ich berichtige: Das ist die wichtigste Arbeit im Dienst an der Ge­sellschaft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei den Grü­nen.)

11.21

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir setzen in der Rednerliste fort. Nächster Redner ist Kollege Dipl.-Ing. Hofmann. 15 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Eine Erklärung zur wirtschaftlichen Lage Österreichs macht es erforderlich, Betrachtungen durchzuführen, es ist eine Diskussion hierüber zu füh­ren, es sind Vergleiche zum Wirtschaftsstandort Österreich anzustellen, und zwar Ver­gleiche hinsichtlich der zeitlichen Entwicklung innerhalb Österreichs und auch, wie ich meine, internationale Vergleiche. Bei sämtlichen Vergleichen ist anzuführen, dass sich Österreich in einer sehr guten und aufwärts strebenden Position befindet. Diesbe­züg­liche Zahlen wurden heute bereits genannt. Dies betrifft sowohl das Wirtschafts­wachs­tum als auch die Arbeitsmarktentwicklung, das heißt das Verhältnis Beschäftigte zu Ar­beitslose, die wir leider Gottes, wenn auch im internationalen Vergleich in einem sehr eingeschränkten Maße, auch in Österreich vorfinden.

Wir wissen, geschätzte Damen und Herren, dass es sehr viele Politikbereiche gibt, die direkten Einfluss auf die Wirtschaft haben. Ich denke, dass bei diesen Betrachtungen eine Analyse anzustellen ist, Maßnahmen und entsprechende Impulse zu setzen sind, die den Wirtschaftsstandort Österreich sichern und seine internationale Konkurrenz­fähigkeit festigen. Bei diesen Maßnahmen gibt es kostenbegründende und sicherlich auch kostenneutrale Maßnahmen. Für kostenbegründende Maßnahmen bedarf es einer Voraussetzung: der Verfügbarkeit der Mittel.

Geschätzte Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat das in seinem Bericht als Freiraum-Schaffen bezeichnet. Die Regierung, bestehend aus Volkspartei und Frei­heit-


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lichen, hat 2000 ein sehr schweres Erbe angetreten, was diesen Freiraum betrifft. Ich erlaube mir, das sehr höflich auszudrücken: Die Staatsfinanzen, die uns die sozialde­mokratischen Finanzminister übergeben haben, sind diesen Finanzministern – jetzt meine höfliche Ausdrucksweise – im Jahr 1999 aus dem Ruder gelaufen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Die Sozialdemokratische Partei hört dies nicht gerne, sie sieht sich – und das ist ihr Problem – einer sehr erfolgreichen Regierungspolitik in den verschiedenen Politikbereichen gegenüber: in der Wirtschaftspolitik, in der Budget­politik, in der Familienpolitik, in der Justizpolitik, in der Infrastrukturpolitik. Diese Bun­desregierung arbeitet im Sinne der Bürger und für die Zukunft dieses Landes.

Die Sozialdemokratische Partei hat ihre Rolle als Oppositionspartei – in einer Demo­kratie an sich etwas sehr Wichtiges – bis zum heutigen Tage, wie ich behaupte, nicht gefunden. SPÖ-Parteivorsitzender Gusenbauer hat – alle Besucher auf der Galerie und auch alle Zuseher vor den Fernsehgeräten haben das wohl mitbekommen – kei­nen einzigen konstruktiven Vorschlag, über den man diskutieren kann, um ihn ge­gebenenfalls auch politisch umzusetzen, in seinem Debattenbeitrag eingebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Reheis: Haben Sie nicht zugehört?)

Was Gusenbauer gemacht hat, geschätzte Damen und Herren, war, Kritik an einem angeblich nicht ausgeglichenen Budget zu üben. Dies hat er uns zum Vorwurf ge­macht, denn das wäre ja immer die Aussage der Regierung gewesen, dass sie für ein ausgeglichenes Budget Sorge trägt. Sie wissen genau, Herr Parteivorsitzender Gusen­bauer, dass immer davon gesprochen wurde, dass ein ausgeglichenes Budget über einen Konjunkturzyklus zu erstellen ist und dafür Sorge zu tragen ist. (Abg. Dr. Matznetter: Stimmt nicht! Falsch!)

Da Sie, geschätzte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, das Nulldefizit an­sprechen, von dem Sie immer wieder behaupten, es sei eine reine Show gewesen: Ihre Politik hat es nahezu verunmöglicht, dass der österreichische Bürger und der öster­reichische Steuerzahler noch das Gefühl haben konnte, es ist auch nur ansatzweise eine Chance gegeben, ausgeglichen zu budgetieren! Insofern war es not­wendig und war es ein wesentliches und wichtiges Signal, darzustellen, dass es möglich ist, für einen ausgeglichenen Haushalt zu sorgen. (Beifall bei den Frei­heit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Die Sozialdemokraten betreiben in ihrer Rolle als Oppositionspartei eine Politik der Verunsicherung. (Abg. Reheis: Sie als Regierung!) Ich gebe schon zu, die Zeit, in der wir uns befinden, bietet diesbezüglich für Sie hervor­ragende Möglichkeiten. Ich kann Ihnen auch sagen, warum: Sie haben als Regie­rungspartei dafür gesorgt, dass es einen Reformstau gibt, und wir sind dabei, diesen Reformstau abzubauen. Wir machen das, weil es eine Notwendigkeit ist, wir setzen das um. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Eine Reform, eine Veränderung sieht der Bürger natürlich immer kritisch, das ist keine Frage. Anstatt eine Aufklärung für die Bürger zu betreiben, stellen Sie sich hin und verunsichern die Bürger. (Abg. Reheis: Sie verunsichern die Bürger mit Ihrer Regierungspolitik! – Zwi­schenruf des Abg. Heinzl.)

Da Sie, geschätzter Herr Kollege, von „Grauslichkeiten“ sprechen: Zeigen Sie mir eine Maßnahme, die so grauslich war – um Ihr Wort zu gebrauchen – wie die, die Sie gesetzt haben, als Sie beispielsweise das Taschengeld der Behinderten um 50 Prozent reduziert haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)


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Geschätzte Damen und Herren! In Ermangelung aktiver Beiträge zur Bewältigung der Herausforderungen, denen wir uns in dieser Zeit zu stellen haben, heißt Ihr Motto Ablehnung, heißt Ihr Motto Verunsicherung, heißt Ihr Motto Denunzierung, heißt Ihr Motto Skandalisieren. Zielobjekt – das hat nun jeder mitbekommen, auch jeder Fern­seh­zuschauer – ist der Finanzminister, dessen Politik Sie nichts entgegenzusetzen haben, weswegen Sie sich in den persönlichen Bereich begeben. Das ist Ihre Art, Politik zu machen. (Abg. Öllinger: Wo ist denn der Finanzminister? – Abg. Reheis: Wo ist der Finanzminister? Wieso verstecken Sie den Finanzminister? – Abg. Dr. Cap: Wo ist er? – Abg. Dr. Gusenbauer: Hat er nichts zu sagen?)

Ich will gerne auf diesen Ihren Einwurf antworten: Sie können, das behaupte ich, dieser Politik nichts entgegensetzen. Nachdem Sie immer wieder Anträge stellen, um den Finanzminister herbeizuschaffen, werte ich das als Sehnsucht, die Sie empfinden, als Sehnsucht, ihn ständig in Ihrer Nähe zu haben, obwohl er nahezu jeden Tag in diesem Hause verweilt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Mein Gott! Wenn er nicht in Bali ist!)

Da könnte einem fast der Gedanke kommen, geschätzte Damen und Herren, der Finanzminister hat möglicherweise seine Homepage für Sie eingerichtet, damit Sie ständig mit ihm über das Internet Kontakt halten können. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schieder: Und Sie glauben, dafür zahlt die In­dustriellenvereinigung? – Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Geschätzte Damen und Herren! In diversen Debattenbeiträgen wurde heute schon die Privatisierung angesprochen, Frau Kollegin Glawischnig hat in diesem Zusammenhang von Verscherbeln gesprochen. Ich behaupte, dass das, was diese Bundesregierung im Bereich der ÖIAG, im Bereich der Privatisierung umsetzt, eine Erfolgsstory ist. Sie kön­nen sich, geschätzte Damen und Herren von der SPÖ, noch an Ihr SPÖ-Verstaat­lich­tendebakel Mitte der achtziger Jahre erinnern: Abbau von 55 000 Arbeitsplätzen, Zu­schussbedarf aus Steuermitteln in Milliardenhöhe. – Und Sie behaupten, dass das, was jetzt stattfindet, ein Verscherbeln ist?! Mitnichten! Wir können auf Grund der getätigten Privatisierungen nachweisen, dass Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen wur­den (Ruf bei der SPÖ: Austria Tabak!), dass die Entscheidungszentren durch die Privatisierungsschritte in Österreich geblieben sind, die im Übrigen auch Sie während Ihrer Regierungszeit bereits gesetzt haben, wenn auch nicht so erfolgreich. Auf Grund dieser unserer Maßnahmen ist nun ein erfolgreiches Wirtschaften dieser privatisierten Unternehmen die Folge – mit einer Sicherung der Arbeitsplätze und einem zusätzlichen Ausbau der Arbeitsplätze. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich will Ihnen auch nicht verheimlichen, wie die Zahlen im Bereich der Verstaatlichten tatsächlich ausschauen. Im Jahr 2000, als die Öster­reichische Volkspartei und die Freiheitlichen die Regierungsverantwortung für dieses Land übernommen haben, waren im Bereich der Verstaatlichten Schulden in Höhe von 6,3 Milliarden Schilling gegeben. (Rufe bei der ÖVP: Euro! Euro!) Wir haben ein Privatisierungsvolumen von 4,5 Milliarden Schilling abgewickelt. (Abg. Scheibner: Euro!)

Zum damaligen Zeitpunkt, im Jahr 2000, war es nicht möglich, die Zinsen für die Staats­schulden zu erwirtschaften. Heute ist es möglich, die Finanzierung der Zinsen und die Rückzahlung aus den Dividenden zu bestreiten. Das heißt, der Bürger, der Steuerzahler wird nicht mehr belastet.

Geschätzte Damen und Herren! Sie kennen auch den Entschließungsantrag, der hier im Hohen Haus beschlossen wurde, und das möchte ich im Besonderen zur geplanten Privatisierung der Voest Alpine sagen: Hier ist ganz klar und eindeutig festgehalten, welchen Auftrag die ÖIAG im Zuge der Privatisierung hat, nämlich dass dieses


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Unternehmen eine österreichische Kernaktionärsstruktur behält, dass die Einheit des Unternehmens gewahrt bleibt – das heißt, dass das Unternehmen nicht filetiert wird, so wie Sie es immer wieder ankündigen und damit Verunsicherung bei den Arbeitnehmern schaffen – und dass die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in Österreich er­halten bleiben und ausgebaut werden. Und die Entscheidungszentralen haben in Österreich zu bleiben, und das werden sie auch! Das sollten Sie den Voest-Mit­ar­beitern einmal kundtun, anstatt zu verunsichern, wie Sie es ständig betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Ganz kurz noch zur Forschung und Entwicklung; Sie kennen die Zahlen. Im Regierungsprogramm ist eine Steigerung der Forschungs- und Entwicklungsquote auf 2,5 Prozent des BIP bis zum Jahr 2004 festgehalten und für das Jahr 2010 eine Steigerung auf 3 Prozent. 1 €, der im Bereich Forschung und Ent­wicklung eingesetzt wird, und zwar erfolgreich eingesetzt wird, bei einer erfolgreichen Forschungs- und Entwicklungspolitik, lässt eine Hebelwirkung entstehen und ist gleich­zusetzen mit dem Einsatz von 8 €.

Geschätzte Damen und Herren! Wir haben in der vergangenen Gesetzgebungsperiode sehr viel Positives bewegt: eine Vollliberalisierung des Gas- und Strommarktes zu Gunsten aller Kunden sowohl im Industriebereich als auch im Gewerbebereich, als auch im privaten Bereich, eine „Abfertigung neu“, ein Konjunkturpaket I und II, eine Senkung der Lohnnebenkosten, eine Wirtschaftskammerreform mit Absenkung der Beiträge für die Pflichtmitglieder im Ausmaß von 30 Prozent.

Im Übrigen erlaube ich mir, eine Bitte an die Arbeiterkammer zu richten, es gleichzutun und hier auch für eine Absenkung der Beiträge und damit für eine Senkung der Lohn­nebenkosten zu sorgen, ohne dabei eine Qualitätseinbuße im Servicebereich für die Mitglieder einhergehen zu lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Eine Betriebsgründungsoffensive wurde gestartet, eine Liberalisierung der Gewerbe­ordnung durchgeführt, es werden Höchstinvestitionen im Bildungsbereich getätigt, es gibt eine Exportoffensive, eine Unternehmensneugründungsoffensive, die eine Verdop­pelung der Zahl der gegründeten Firmen innerhalb der letzten zehn Jahre mit sich gebracht hat; die Zahl 30 000 ist fast erreicht. Und aktuell: Wir schaffen den 13. Um­satzsteuertermin ab, er ist nicht mehr zu bezahlen, sondern gehört, im Jahr 2002 letzt­malig bezahlt, der Vergangenheit an.

Es wird ab dem Jahr 2004 die Steuerfreiheit für Einkommen bis 14 500 € brutto gege­ben sein, nur mehr der halbe Steuersatz für nicht entnommene Gewinne bis zu einem Einkommen von 100 000 € zu entrichten sein – eine sehr wichtige Maßnahme in Anbetracht der bevorstehenden Probleme im Zusammenhang mit Basel II und der sicherlich auch erforderlichen Eigenkapitalbildung der österreichischen Unternehmen. Und nicht zuletzt: die große Steuerreform im Jahr 2005 mit einem Volumen, das im­merhin 2,5 Milliarden ausmacht, eine Steuerreform, die Sie unter Inkaufnahme einer Neuverschuldung immer vorziehen wollen.

Es ist ein erklärtes Ziel dieser schwarz-blauen Bundesregierung, eine Zukunfts­siche­rung, eine Sicherung und Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich zu betreiben. Die Psyche spielt hierbei eine sehr wesentliche Rolle. Sie sollten in dieser Frage nicht Verunsicherung betreiben, sondern einen aktiven Beitrag leisten.

Diese Regierung hat Visionen, hat Mut, hat Umsetzungswillen und Umsetzungskraft und arbeitet mit vollem Einsatz zum Wohle der Bürger dieses Landes, zum Wohle aller Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


11.38


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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­ge­ordneter Dr. Gusenbauer zu Wort gemeldet. Die einschlägigen Bestimmungen wurden ja heute bereits erwähnt. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.38

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Abgeordneter Hofmann hat be­haup­tet, ich hätte keinen einzigen Vorschlag in meinem Debattenbeitrag gebracht. – Das ist falsch!

Wahr ist vielmehr, dass der Herr Bundeskanzler keinen einzigen Vorschlag gebracht hat und dass ich vorgeschlagen habe, in dieser Legislaturperiode die Forschungs- und Entwicklungsquote auf skandinavisches Niveau anzuheben. (Abg. Scheibner: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Weiters hat Herr Abgeordneter Hofmann behauptet, die SPÖ betreibe eine Politik der Verunsicherung. – Das ist falsch! (Abg. Scheibner: Das ist eine politische Wertung! Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Dr. Fasslabend: Das ist eine Wertung!)

Richtig ist vielmehr, dass wir wollen, dass durch die Garantie von „25 Prozent plus 1“ bei öffentlichem Eigentum die Menschen Sicherheit bekommen, während Sie mit dem permanenten Ausverkaufsgerede die Menschen verunsichern. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ellmauer: Billige Polemik! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

11.39

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist wahr, dass die Frage „verunsichern“ keine Tat­sachenfrage, sondern eine Wertungsfrage ist. Wir stehen hier immer wieder vor den gleichen Problemen, weil das in allen vier Fraktionen trotz wiederholten Darauf-Hinweisens vorkommt.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


11.40

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es möge die Frage der Verun­sicherung eine wertende sein, aber die Faktenlage dafür schafft einer, nämlich der Herr Bundeskanzler, ein Zweiter vielleicht nicht mehr, der Herr Finanzminister, der mit seinem Beitrag für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes bereits so uninteressant geworden ist, dass Sie selbst seiner Herbeischaffung hier nicht mehr zustimmen, weil Sie genau wissen, dass er mit anderen Dingen beschäftigt ist. Wir wären froh, wenn er wie eine alte Dame nur seine Lockenwickler pflegen würde. (Beifall bei der SPÖ.)

In der Realität gibt er das Geld der Steuerzahler aus, führt damit eine persönliche Kam­pagne zur Markenbildung Karl-Heinz Grasser und erteilt gleichzeitig Aufträge für Be­rater, die ihm dann sagen sollen, wie er seine Wirtschaftspolitik besser machen soll. Bleiben wir doch einmal bei den Fakten! (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist das Nach­mittags­thema, Herr Kollege! Falsche Rede!)

Heute wurde das Thema Verschuldung angesprochen, und es wurde dabei gesagt – Kol­lege Hofmann hat das gerade wiederholt –, wir Sozialdemokraten reden nicht gerne darüber. Wir reden sehr gerne darüber. Aber das, was wir nicht gerne hören, ist die Wahrheit, und zwar dass dieses Land die höchste Verschuldung seit zehn Jahren hat! Und dafür gibt es zwei Namen: Bundeskanzler Schüssel und Finanzminister Karl-Heinz Grasser! (Beifall bei der SPÖ.)

Jeder Zuschauer, der einen Zugang zum Internet hat, kann das sehr leicht überprüfen, und zwar unter www.oenb.at, der Homepage der Oesterreichischen Nationalbank – dort kann man sich die Statistik 5.4.2 über die Staatsverschuldung anschauen. Im


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Jahre 2002 hatten wir eine öffentliche Verschuldung im Ausmaß von 67,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, übergeben wurde im Jahr 2000 mit 66,8 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Die gesamte Zunahme haben diese Herren und der abwesende Finanzminister mit und schwer zu verantworten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Trinkl: Und die Zinsen für Edlinger!)

Zu Beginn der Regierungszeit unter einem Finanzminister Grasser haben wir – in Schilling gerechnet – 1 830 Milliarden Schilling öffentliche Verschuldung gehabt. Mit Ende des Vorjahres stehen aber über 2 000 Milliarden Schilling – 146,55 Milliarden € – zu Buche. In diesem Mehrbetrag sind natürlich auch jene 30 Millionen € enthalten, die er für Beratung und Werbung ausgegeben hat. Das ist ungefähr der Preis, um den man sechs oder sieben Schulen bauen kann. Das ist die nächste Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Kollege Hofmann hat die Hoffnung ausgedrückt, diese Regierung wäre eine Regierung im Interesse der Bürger. Herr Kollege Hofmann! Das Interesse der Bürger muss an erster Stelle stehen, es muss die notwendige Beschäftigung gegeben sein, und die Voraussetzung dafür – und darin sind wir uns, glaube ich, einig – ist eine funk­tionie­rende Wirtschaft.

Wir alle wissen, dass die Möglichkeiten der nationalen Wirtschaftspolitik in den letzten 20 Jahren mit Sicherheit abgenommen haben. Es ist sicher so, dass wir noch vor 20, 30 Jahren deutlich mehr direkt bewirken konnten. Aber dass man gar nichts bewirken kann, ist eine Behauptung, die nur von Menschen aufgestellt werden kann, die in Wirk­lichkeit die Verantwortung aus der Hand geben.

Die Prognose für das Jahr 2004 – das ist das Jahr, für das Sie diese großartigen Maß­nahmen beschlossen haben – schaut derzeit so aus – auch das kann jede Zuseherin und jeder Zuseher im Internet auf der Homepage des Wifo, www.wifo.ac.at, nach­lesen –: Die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts für das Jahr 2004 schaut im Vergleich mit den anderen Ländern im Euro-Raum folgendermaßen aus; da haben wir keine Wechselkurse: Hinsichtlich des Wirtschaftswachstums steht an erster Stelle Irland, dann kommen Länder wie Griechenland, Spanien, Finnland, Luxemburg, Frank­reich, Belgien und Italien, und dann kommt das viel gescholtene Deutschland, gemein­sam mit Portugal. Und am Schluss in diesem Euro-Raum stehen wir! Österreich hat die rote Laterne beim Wirtschaftswachstum. Das heißt, Sie haben nicht die Verant­wortung in diesem Land übernommen, sondern Sie haben sich übernommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir kommen zu den konkreten Maßnahmen. Sie haben sich vorher gerühmt, dass Sie eine Steuerentlastung für die kleinen Einkommen in der Höhe von bis zu 14 500 € ge­macht haben. Sie haben dabei verschwiegen, dass davon nur ein ganz kleiner Kreis von Beziehern, und zwar jene mit einem Monatseinkommen zwischen 900 € und 1 100 €, profitiert. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) All jene, die bisher schon keine Steuern gezahlt haben, weil sie weniger verdienen, bekommen keine Entlastung. Ihnen werden aber in mehrfacher Form Belastungen vorgeschrieben. Die Energieabgaben steigen, die Preise für Kohle, Diesel steigen. (Abg. Neudeck: Kanal- und Wasser­ge­bühren steigen – Bürgermeister Häupl!) Gleichzeitig werden die Beiträge zur Kranken­versicherung angehoben, und zwar für alle, die keine Arbeiter sind, also für Angestellte und so weiter, bei Pensionisten allein um 25 Prozent! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nein, die Krankenversicherungsbeiträge haben Sie beschlossen. Das ist wieder ty­pisch, dass wir hier Abgeordnete der Regierungsfraktionen haben, die nicht wissen, was sie vor ein paar Tagen beschlossen haben. Sie haben die Erhöhung beschlossen! (Beifall bei der SPÖ.)


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In Summe ergibt das Budgetbegleitgesetz nach den eigenen Erläuterungen der Bun­desregierung eine Belastung und keine Entlastung für das Jahr 2004. Profes­sor Lehner, der von der ÖVP nominiert wurde, wird wahrscheinlich künftig nicht mehr vorgeschlagen werden, denn er hat im Hearing gestanden, dass er sich von der Liste jener Personen streichen lassen muss, die das Budget noch durchschauen, weil es eben undurchschaubar geworden ist. Das heißt, es ist nicht mehr nachvollziehbar. Alle drei Experten, auch er, haben beim Hearing zum Budgetbegleitgesetz eines ausge­führt: Das Budget 2004 wirkt restriktiv und nicht expansiv. Das heißt, in Zeiten schwie­rigster wirtschaftlicher Lage tun Sie nichts und behindern in Wirklichkeit die Ent­wicklung der österreichischen Wirtschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Österreicher und Österreicherinnen haben einen Vergleich zur Hand: Wo standen wir 1970? – Ganz hinten in der OECD. Bevor die Verantwortung für dieses Land an die Regierung Schüssel/Riess-Passer, jetzt Vizekanzler Haupt, übergeben wurde, ist dieses Land – das hat Dr. Gusenbauer vorher schon ausgeführt – unter den Top 4 in Europa gewesen! – Jetzt fallen wir Platz um Platz zurück. Platz 8, den wir erreicht haben, wird nicht zu halten sein, weil wir auf Grund des schlechten Wirt­schafts­wachs­tums 2004 weitere ein bis zwei Plätze verlieren werden. Wir werden am Ende ange­kommen sein, noch bevor diese Regierung überhaupt eine erste Maßnahme gesetzt hat.

Lassen Sie mich noch ein paar Dinge berichtigen! Beschäftigung, gerechnet in Voll­zeitäquivalenten: Wenn ich von den 3 207 864 Beschäftigten des Jahres 2003 die Kin­dergeldbezieher und die geringfügig Beschäftigten abziehe, bleibt ein Saldo von 2 886 032. Das sind Vollzeitbeschäftigte. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Das stelle ich jetzt den Zahlen des Jahres 1999 gegenüber: Damals gab es 3 286 000 Beschäftigte. Ziehe ich beide Positionen ab, komme ich auf 3 126 759 Vollzeitbeschäftigte. Das heißt, Sie haben einen Rückgang von 51 878 Beschäftigten, also rund 1,77 Prozent zu verantworten, Herr Arbeitsminister! Das sind die Zahlen vom AMS.

Folgendes zur tatsächlichen Berichtigung des Kollegen Molterer: Ich bin Vater eines jungen Babies. (Abg. Großruck: Geh, hör auf!) Mütter haben eine hohe Verantwortung und ein hohes Arbeitspensum, aber den Arbeitsplatz und die Bezahlung kann Ihr Kindergeld und auch das Karenzurlaubsgeld nicht wettmachen. (Abg. Großruck: Altes Baby!) Was wir für die Menschen brauchen, ist Beschäftigung. Daher verwenden Sie und missbrauchen Sie nicht die Mütter, die Kindergeld beziehen, um Ihre Statistik zu schönen! Sagen Sie die blanken Zahlen! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber vielleicht kommen wir noch darauf zu sprechen, wie der Zustand der Regierung wirklich ist. –Falls die Zuseherinnen und Zuseher in diesem Sommer eine Art Déjà-vu-Erlebnis haben, dann ist das kein Zufall. Vor genau einem Jahr fing die Diskussion an, ob der Herr Landeshauptmann Frau Riess-Passer ersetzt.

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (fortsetzend): In dieser Zeit wollte Herr Gaugg den Posten in der Sozialversicherung. Heute ist es Hartinger, und der andere ist Mag. Haupt. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

11.50

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. Gleiche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 



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29. Sitzung / Seite 64

11.50

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Regierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe heute in der Früh in diesem Haus ein neues Erlebnis gehabt, nämlich dass die beiden Oppositionsparteien angesichts einer derartigen Situation eine Wirt­schaftsdebatte ablehnen, noch dazu unter dem Vorwand, sie hätten gern am Nach­mittag an den Finanzminister eine Dringliche Anfrage eingebracht, nämlich die Anfrage der Abgeordneten Dr. Cap, Genossen und Genossinnen an den Bundesminister für Finanzen. (Abg. Dr. Cap: Falscher Beginn!) Das ist ein bloßer Vorwand. So steht es da: „Genossen und Genossinnen“ – es ist Ihnen überlassen, wie Sie sich benennen. Ich weiß, das ist vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß, aber ich weiß, dass es sicherlich etliche von Ihnen noch immer gerne hören. (Abg. Marizzi: Wie viele Pensionen haben Sie?)

Meine Damen und Herren! In der ganzen Welt ist Wirtschaft das Thema Nummer 1 – egal, ob das in Europa, in Asien oder in Amerika ist –, und zwar einfach deshalb, weil es Probleme gibt, und Sie lehnen eine derartige Debatte ab! (Abg. Dr. Cap: Warum treten Sie eigentlich zurück?) Das ist meiner Ansicht nach wirklich etwas Bemer­kenswertes, und es zeigt auf, dass Sie Ihre Kompetenz in der Verantwortung für die Wirt­schaft (Abg. Dr. Cap: Warum treten Sie zurück?) und Ihre Kompetenz in der Verantwortung für die Arbeitsplätze schon längst abgegeben haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Ich finde es beschämend (Abg. Dr. Kräuter: Ja!), wenn ein Abgeordneter wie Herr Kollege Matznetter hier herausgeht und versucht, die Erfolge schlecht zu reden. (Abg. Nürnberger: Dass der Finanzminister nicht da ist, das ist beschämend, und dass der Kanzler nichts gesagt hat!) Ja, diese Regierung kann durchaus mit Stolz von sich behaupten, dass sie mehr Beschäftigte geschaffen hat, als es in der Geschichte des Landes je gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es wurde bereits erwähnt: Mehr als 3,2 Millionen Österreicher haben Arbeit, und das nicht in einer Zeit der Hochkonjunktur, sondern in einer Zeit, in der es überall in der Welt kriselt. (Abg. Dr. Cap: Der Finanzminister ist nicht da, und Sie treten zurück!) Sie selbst können täglich in den Zeitungen lesen, dass es in Deutschland 4,3 bis 4,6 Mil­lionen Arbeitslose gibt. Das ist die Realität, und wir haben einen Rekord an Be­schäftigung. Und ich kann Ihnen gleich dazusagen: Auch der Juli wird mit Sicherheit nicht schlechter werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heit­lichen. – Abg. Nürnberger: Einen Rekord an Arbeitslosen haben wir!)

Beschämend finde ich es auch (Abg. Heinzl: Herr Fasslabend, wie geht es Ihnen im ÖAAB?), was in den letzten Tagen auf diesem Sektor geschehen ist. Ich muss Ihnen wirklich sagen: Frank Stronach ist ein österreichischer erfolgreicher Unternehmer, und ich wiederhole das, was bereits Abgeordneter Kopf gesagt hat (Abg. Nürnberger: Bist du der Nächste, der einen Job bekommt bei ihm?): Ich bin auch nicht erfreut darüber, was er im Fußball tut, denn ich finde, man sollte keine Mannschaften aufkaufen kön­nen, aber das ist ein Problem, das man extra debattieren müsste. Aber dass man je­manden, der in den letzten zehn Jahren elf Fabriken in Österreich gebaut hat, der mehr als 12 000 Menschen beschäftigt, dazu zwingt, dass er sich in der Öffentlichkeit in ganzseitigen Inseraten rechtfertigen muss, das bleibt Ihnen vorbehalten, und das wird Ihnen letztendlich auch auf den Kopf fallen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wissen Sie, meine Damen und Herren, ich habe den Untergang sozialdemokratisch verwalteter Unternehmen persönlich miterlebt. Ich war zwei Jahrzehnte lang in nam­haften Industrieunternehmen beschäftigt. Unser wichtigster Kunde war der „Konsum“. (Oje-Rufe bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.) Ich habe das Funk-


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tionärsdenken dort miterlebt, ich habe miterlebt, wie man versucht hat, Funktionäre in alle Ebenen hineinzuschieben, was dazu geführt hat, dass dieser Betrieb letztendlich nicht nur nicht mehr konkurrenzfähig war, sondern auch draufgegangen ist. Er war von einem Tag auf den anderen pleite, und Ihre Parteigenossen sind zu mir gekommen und haben um Vermittlung, um Arbeit gebeten. Das habe ich miterlebt, und das möchte ich persönlich nicht mehr miterleben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Nürnberger.)

Ich habe als junger Abgeordneter miterlebt, wie Zehntausende Arbeitsplätze in der Ver­staatlichten draufgegangen sind, wie Sie versucht haben, mit althergebrachten Me­thoden dort einzugreifen, wie die Betriebskaiser aufgetreten sind und wie sich das Ganze dargestellt hat. Erst als wir dem ein Ende gesetzt haben, ist es wieder aufwärts gegangen. Ich sage Ihnen, ich möchte keine Rückkehr mehr zu einer derartigen Politik in Österreich haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ja, wir haben mehr Beschäftigte, und wir haben sie nicht durch Zufall, denn dahinter stehen nicht die Zahlen, wie Herr Abgeordneter Gusenbauer gemeint hat, die im We­sentlichen darauf zurückzuführen sind, was in der Vergangenheit zu Zeiten der großen Koalition passiert ist. (Abg. Dr. Cap: Ist das die Rücktrittsrede?) Herr Dr. Gusenbauer! Schauen Sie sich einmal die Exportstatistik an! (Abg. Dr. Gusenbauer: Ich kenne sie!) Allein seit 1999, also in nur drei Jahren, sind 17 Milliarden € Steigerung bei den Ex­porten Österreichs zu verzeichnen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17 Milliarden €, das sind fast 140 000 Millionen Schilling, ein gewaltiger Betrag, und der ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die richtige Wirtschaftspolitik gemacht wurde (Abg. Dr. Gusenbauer: Arbeitslosigkeit!), dass die Wirtschaft Ver­trauen in diese Regierung gehabt hat und dass es selbst in schwierigen und schlechten Zeiten gelungen ist, Erfolge auf internationaler Ebene gegen stärkste Konkurrenz zu verzeichnen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Arbeitslosigkeit!) Mit Ihren Methoden wäre das mit Sicherheit nie gelungen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Der Staat hat seine Rolle dabei. (Abg. Dr. Gusenbauer: Jetzt erklären Sie mir, warum das Wachstum so schlecht ist! Wo ist das Wirtschaftswachstum? Waren Sie schon im Keller?) Das Wichtigste ist, dass der Staat selbst innovativ vorgeht, dass der Staat selbst in Form einer Innovationspolitik Zeichen und Maßstäbe setzt. Eines können Sie nicht abstreiten: Diese Bundesregierung hat zweifellos mehr in kurzer Zeit getan (Abg. Mag. Trunk: Ja, Schlimmes!) und geleistet als jede andere Regierung vorher. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Bundesregierung hat schwierige Probleme angepackt, sie hat sich nicht ge­scheut, selbst dort, wo es um unpopuläre Maßnahmen gegangen ist, anzutreten und Ver­änderungen herbeizuführen. (Abg. Nürnberger: Belastungen!) Das Ergebnis ist, dass wir international besser dastehen als je zuvor. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

Das ist so, schauen Sie sich die Budgetzahlen an! Herr Matznetter kann sie gerne analysieren. (Abg. Dr. Gusenbauer: Hat er gerade!)

Es hat die Situation gegeben, dass ein immer größerer Anteil des Budgets nur für Transferzahlungen ausgegeben worden ist. Das, was wir gerade derzeit brauchen, sind mehr Investitionen. Geben Sie es doch zu, dass in den letzten Jahren noch nie so viel in die Infrastruktur dieses Landes, in den Ausbau der Österreichischen Bundes­bahnen, in den Ausbau der Straßen (Abg. Mag. Kogler: Das ist alles falsch!), in den Ausbau anderer Infrastruktureinrichtungen investiert worden ist wie jetzt! (Abg. Dr. Gu­senbauer: Alles falsch!) – Sie können durchaus sagen, das sei falsch. Schauen Sie


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selbst auf der Autobahn, dann werden Sie sehen, dass mehr gebaut wird als in den letzten Jahrzehnten zusammen! Das ist die Wahrheit, und das ist das Faktum. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Dr. Gusenbauer! Sie brauchen es mir nicht zu glauben, aber glauben Sie es zu­mindest Hannes Androsch, glauben Sie es Dr. Pöchacker, das sind Leute, die Ihnen nahe stehen (Abg. Dr. Cap: Wann beginnt Ihre Rede?), das sind Leute, die Wirt­schaftskompetenz haben – Wirtschaftskompetenz, die Ihnen hier im Hause leider sehr, sehr stark abgeht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Meine Damen und Herren! Sie haben die Frage der Beschäftigung und auch der Ar­beitslosen angesprochen, und ich möchte gerne darauf eingehen. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Arbeitsmarktpolitik im Vordergrund steht. Was ist hier geschehen? – Insgesamt haben wir drei große Gruppen, denen man helfen muss: Das sind die Berufseinsteiger, das sind die Wie­der­einsteiger, und das sind die älteren Arbeitnehmer. Für alle drei haben wir sehr umfang­reiche Beschäftigungspakete und -maßnahmen beschlossen, angefangen bei der Lohnnebenkostensenkung bis zur Qualifizierungsgarantie bei den Jungen. (Abg. Dr. Gu­senbauer: Wo ist das Resultat?) Und Sie sehen auch bereits den Erfolg: Wir haben eine wesentlich günstigere Beschäftigungslage bei den älteren Arbeitnehmern, als das noch vor wenigen Jahren der Fall war. Sehen Sie sich die Zahlen an! Ich habe es Ihnen mitgebracht, ich kann Ihnen gerne alle Statistiken nicht nur übergeben, son­dern auch entsprechend erklären. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Abg. Silhavy: Unglaublich!)

Meine Damen und Herren! Wir haben mehr neue Lehrberufe geschaffen, wir haben die Lehre mit einer Extralehrlingsprämie ausgestattet, damit neue Lehrlinge eingestellt werden, und das ist auch gelungen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Mehr Lehrlinge für we­niger Lehrplätze!) Ähnliches auch bei den Frauen: Es gibt jetzt eine Zuverdienst­möglichkeit, und es kann mehr Teilzeit in Anspruch genommen werden als früher. Auch bei den Älteren haben wir eine Lohnnebenkostensenkung vorgenommen, haben wir entsprechende Maßnahmen gesetzt mit der Altersteilzeit, damit die Leute am Ar­beitsmarkt unterkommen.

Es gibt ein einziges Problem – und das ist Wien. Ich weiß, wie sensibel Sie darauf reagieren. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sonst ist alles toll!) Ich möchte Ihnen nur zwei Daten zu bedenken geben. Ich komme ein anderes Mal auf die Beschäfti­gungs­situation zurück. (Abg. Dr. Gusenbauer: Ist Ihnen unangenehm!) Nein, ich nehme die ganz aktuellen Daten! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Wir hatten in Österreich im Juni bei den Arbeitslosen einen Zuwachs von über 9 000. In allen Bundesländern – außer in Wien – ergibt sich zusammen ein Plus von 3 500, in Wien allein von 5 600! Das ist die wahre Situation.

Wenn Sie sich das Ganze bei den Langzeitarbeitslosen anschauen, dann können Sie sehen, dass das ähnlich ist. (Abg. Gaál: Einsparungen im Verteidigungsministerium!) Das sind diejenigen, die bereits über ein Jahr in ganz Österreich – vom Bodensee bis zum Neusiedler See – auf Arbeit warten: 8 600 Leute, in Wien allein 10 700! (Abg. Dr. Gusenbauer: Redezeit!) Aber Sie werden das auch in Zukunft verleugnen.

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Fasslabend! Ich habe die Redezeit übersehen.

 


Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Mit Kopf-in-den-Sand-Stecken wird es nicht getan sein. Ändern Sie Ihre Linie, setzen Sie auf Wachstum, setzen Sie auf Förderung! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den


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Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Eder. – Abg. Jakob Auer: Jetzt hat die SPÖ alt ausgeschaut!)

12.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe jetzt 22 Sekunden lang zu lange zugelassen. Das hängt damit zusammen, dass ich in der Zwischenzeit versucht habe, mit den Frak­tionen Folgendes zu vereinbaren:

Diese Debatte wird in 20 bis 25 Minuten zu Ende sein. Wir kommen dann zum nächsten Tagesordnungspunkt. Für diesen haben wir gestern keine Redezeit­verein­ba­rungen vorgesehen, was sich besonders ungünstig auswirken könnte, weil wir ein Un­gleichgewicht zwischen Pro- und Kontrarednern hätten. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Günstig für die Kontraredner!)

Es liegt aber jetzt der einvernehmliche Vorschlag aller vier Fraktionen vor, dass wir die restliche Redezeit zwischen allen Fraktionen zu gleichen Teilen auf je einen Redner in folgender Reihenfolge aufteilen: Erste: Grüne, Zweite: Volkspartei, Dritte: Sozial­demo­kraten, Vierte: Freiheitliche. Die Grünen beginnen und die drei anderen Pro-Fraktionen kommen dann in der Reihenfolge ihrer Stärke. Das werde ich vorschlagen, wenn diese Debatte zu Ende ist.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Bures zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


12.03

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Abgeordneter Fassl­abend hat behauptet, dass wir heute die höchste Beschäftigungsquote, die es in Öster­reich jemals gegeben hat, haben. (Abg. Großruck: Das stimmt!)

Wahr ist vielmehr – und ich sage Ihnen noch einmal die Zahlen –: Wir hatten 1999, wenn man die Kindergeldbezieher abzieht, 3 126 759 Beschäftigte, wir haben im Juni 2003 nur noch 3 106 045 Beschäftigte. Das bedeutet ein Minus von 20 714 Be­schäftigten. Kollege Fasslabend! Das, was wir aber tatsächlich haben, ist die höchste Arbeitslosenquote seit 50 Jahren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: In Wien ist das Problem!)

12.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

 


12.04

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat abschlie­ßend gemeint, irgendjemand hätte den Kopf in den Sand gesteckt. Mein Befund muss eher lauten: Diese Regierung hat den Kopf absichtlich, wie ich meine, so weit im Sand vergraben, dass sie schon relativ kopflos wirkt.

Herr Bundeskanzler! Bei diesem Bild darf ich mit allem Respekt und durchaus aner­kennend zwei Dinge zum Ausdruck bringen. Ich registriere sehr wohl, dass gerade Sie sich sehr oft – im Vergleich zu früheren Bundeskanzlern – dem Parlament stellen, auch aus eigenem Antrieb in das Parlament kommen und zu Debatten Stellung nehmen.

Ich kann auch vermerken, dass Sie sicher in der Lage sind, Wirtschaftspolitik zu analysieren und Wirtschaftsstatistiken zu interpretieren. Umso verwunderlicher ist es für mich, dass Sie sich hier unter dem Titel „Wirtschaftsbericht“ in letzter Sekunde über Nacht – das ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Nacht- und Nebelaktion, denn erstens über Nacht und zweitens leider zum Zwecke des Vernebelns – in das Parla­ment hereinreklamiert haben, um einen, wie gesagt, so genannten Wirtschaftsbericht


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abzugeben. Bei dem, was ich Ihnen zutraue und was Ihnen durchaus zugetraut werden kann, muss ich sagen: Das war mit Absicht eine Kraut- und Rübenrede zum Zwecke des Vernebelns. – Das ist mein Befund. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese blockadeähnliche Vorgangsweise muss ihre Ursachen woanders haben; sie kön­nen nicht darin liegen, dass Sie die Dinge nicht besser wissen. Da haben wir jetzt Übereinstimmung hergestellt. Die Ursachen sind zu Beginn ausführlich diskutiert worden. Das liegt nämlich an der so genannten selbstverschuldeten Performance des Finanzministers – um im Jargon des Finanzministers zu bleiben –, wie ich meine, an der Performance seiner Person selbst. Sie decken ihn und vergaloppieren sich dabei so weit, dass Sie selber keinen klaren Blick mehr haben. Dann kommt so etwas heraus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte aber zum eigentlichen Tagesordnungspunkt Stellung nehmen und noch einmal vorausschicken, dass ich durchaus gewillt bin, außer Streit zu stellen, dass die meisten Konjunkturprobleme nicht von Österreich ausgehen und auch nicht aus­schließlich – oder nur zu einem kleineren Teil – in Österreich gelöst werden können. Damit ersparen wir uns vielleicht ein paar Zwischenrufe. Ich stelle das außer Streit.

Worum es geht, ist etwas ganz anderes. Es geht doch darum, worauf Wirt­schafts­politik, Budgetpolitik ihre Energie richtet. Darum geht es, aber Sie – das mache ich Ihnen schon zum Vorwurf – verwenden die meiste Energie darauf, zu analysieren, zu behaupten und zu erklären, warum man am besten noch immer nichts tun muss. Wir von den Grünen sagen, es gibt einen bestimmten Spielraum und es erfordert eine ge­wisse Arbeit, diesen überhaupt zu identifizieren. Ich gebe das zu. Das könnte man zwischen Opposition und Regierung ebenfalls außer Streit stellen, aber dann muss man dennoch innerhalb dieses Spielraums handeln. Das verweigern Sie jedoch, und Ihre Erklärung zum Wirtschaftsbericht war in Wirklichkeit ein Beweis dafür. (Abg. Kopf: Das stimmt doch nicht!) Mir tut das Leid, denn Sie müssten es eigentlich besser wissen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zu diesem Behufe haben Sie enttäuschenderweise entweder alte oder zumindest falsche Statistiken bemüht. Ich möchte nur einen Punkt exemplarisch herausgreifen und dann auf konzeptive Gegenvorschläge übergehen. Sie haben wieder einmal – gerade ist es noch einmal erwähnt worden – mit der Beschäftigtenzahl jongliert, Herr Bundeskanzler. (Abg. Dr. Fasslabend: Sie jonglieren!) Es wird aber nichts helfen, wenn Sie Unvergleichbares immer mit anderem vergleichen. Nehmen Sie einfach zur Kenntnis, dass sich die Statistiken in diesem Bereich verändert haben und dass das, was Sie uns dauernd erklären wollen, in Wirklichkeit keine Zunahme, sondern eine Ab­nahme ist – selbst bei der Beschäftigtenzahl, wenn wir die Zeitreihen nur richtig ver­gleichen wollen! (Abg. Kopf: Da schauen wir nicht schlecht aus!) – Das ist das eine.

Abgesehen davon ist, wie ich meine, in Zeiten der Konjunkturschwäche und der Kon­junkturprobleme die Arbeitslosenquote immer noch das trefflichere Kriterium, um sich zu streiten. Diese nimmt nicht nur zu, sondern es ist leider so, dass wir in Europa jene Nation sind, in welcher die Arbeitslosenquote am raschesten zunimmt. Ich gebe durchaus zu, dass sie im Verhältnis immer noch auf einem niedrigen Niveau ist, aber die Auswirkung auf eine Wirtschafspolitik im nationalen Rahmen kann man auch daran messen, wie die Veränderung dieser Kennzahl ist: Maßnahme und Veränderung. Doch wenn wir das beobachten, kommen wir zu einem traurigen Befund. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das wollen Sie nicht registrieren, und das hat seine Ursache in der Realitäts­verweige­rung, und diese Realitätsverweigerung dient dazu, dass man sich hier herstellt, wenig tun will und das dann noch rechtfertigen will.


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Sie von den Koaltionsparteien haben Ihre so genannten Konjunkturpakete aus den Vorjahren erwähnt. – Wir von den Grünen haben immer schon gesagt, diese Pakete würden diesen Namen gar nicht verdienen, aber es waren durchaus einige Maß­nahmen dabei, die man begrüßen kann. Deshalb haben wir auch in Teilen zugestimmt. Ich leugne auch das nicht. Allerdings greifen sie nicht wirklich, weil jene Maßnahmen, die für die Konjunktur notwendig sind, trotz des irreführenden Titels nicht enthalten sind. Darauf wollen wir jetzt noch eingehen.

Der Punkt ist auch, dass sich Ihre Maßnahmen an dem zentralen Steuerrad, wie wir bei der Betrachtung der Konjunkturpolitik sehen können, immer noch in Klientelpolitik verfangen und nicht zu mehr taugen. Das ist wiederum ein trauriger Befund, aber es ist so. Sie haben in erster Linie ein enorm hohes Niveau bei den landwirtschaftlichen För­derungen aufrechterhalten und ausgebaut. Nicht dass die Landwirtschaft keine Förde­rungen bekommen soll, aber Sie erhöhen sie sogar noch dort, wo sie völlig in die falsche Richtung wirken, und tragen damit zu einem Strukturkonservatismus bei, den Sie den anderen immer gerne vorwerfen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage Ihnen: Das ist, über die Jahre gerechnet, wesentlich mehr, als jemals in die verstaatlichte Industrie geflossen ist. Aber Sie wollen ja nicht rückrechnen, weil Sie auch da das „Vergesslichkeitsvirus“ haben walten lassen.

Wenn Sie schon ständig die Stahlindustrie bemühen: Ich muss Ihnen Folgendes sagen – ohne der Pflichtverteidiger der SPÖ sein zu wollen –: Alle Stahlindustrien, insbe­sondere die privaten, haben in den achtziger Jahren massiv öffentliche För­derungen wegen einer Strukturkrise bekommen. Vielleicht war das falsch, aber die österreichische verstaatlichte Stahlindustrie hat, auf die Tonne gerechnet, weniger Förderungen als viele Private bekommen. (Abg. Neudeck: Das kann man nicht beweisen!) Hören Sie auf damit, hier ständig Privat und Verstaatlicht in dieser wirklich schändlichen Art und Weise zu vermischen, denn dahinter versteckt sich Ihre Ideologie! Wenn schon, dann bekennen Sie sich wenigstens dazu! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ihr nächster Investitionsschwerpunkt ist – das wird ja mittlerweile sogar zugegeben – das Militär. Mittlerweile wird die Eurofighter-Beschaffung als industriepolitisches Projekt verkauft. Das ist selbstverständlich blanker Unsinn. Dann kaufen Sie doch 100 Euro­fighter, wenn das für die Konjunktur so nützlich ist. – Ein völliger Unsinn: Sie ver­prassen das Geld der Steuerzahler und wollen den Leuten über den Schmäh der Gegengeschäfte einreden, dass doppelt so viel Geld zurückkäme. Das glaubt Ihnen doch kein Mensch mehr!

Aber das ist trotzdem, wenn man die wirkliche Politik anschaut, ein Punkt, bei dem Sie gewillt sind, Geld auszugeben. Um die Parole „keine neuen Schulden“ kümmern Sie sich nicht mehr, Sie schmeißen 2 Milliarden € für Eurofighter hinaus, für das teuerste Gerät, das überhaupt verfügbar ist. Das ist unglaubwürdig! (Beifall den Grünen und der SPÖ.)

Ihre so genannte Pensionsreform ist in Wirklichkeit eine Pensionskürzung. Nur einige bleiben verschont. Das ist wieder Klientelpolitik: Bei den Beamten sind Sie nicht bereit, etwas zu tun. Da nützt Ihnen auch Ihr ganzes Harmonisierungs-Gerede nichts, weil Sie schon längst dabei ertappt worden sind, dass auch das nicht auf den Weg kommen soll.

Nächster Punkt: Investitionen. Vor wenigen Minuten hat der Staatsschuldenausschuss seinen Bericht abgegeben. Was ist darin zu lesen? – Im Verhältnis zu den staatlichen Transfers – das, was gerade Kollege Fasslabend beschrieben hat – waren die Inves­titionen noch nie so gering wie jetzt. Warum? – Weil Sie in bestimmte Transfers zur Klientelpolitik – so genanntes Kindergeld, Familienpolitik – so viel Geld wie noch nie


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ausgeben! Jetzt ist das vielleicht noch nicht das Malheur, aber Sie bringen es zu­stande, so viel Geld für die Familien wie nirgendwo sonst auf der Welt, wie Sie selbst sagen, auszugeben und trotzdem enorme Ungleichheiten zu produzieren. Lösen Sie doch das Armutsproblem und setzen Sie das Geld gezielter ein! Das wäre eine ver­nünftigere Herangehensweise. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In Sachen Steuerpolitik kann ich Ihnen nur sagen: Ja, es wäre richtig, Teile von Steu­ersenkungen vorzuziehen, und zwar gezielte Steuersenkungen – genau wie hier auch argumentiert wird. Sie müssen sich eben einmal auf etwas verständigen. Wenn das Kindergeld und die Ausweitung der Steuerfreigrenze auf 14 000 € pro Jahr richtig für die Kaufkraft sind, dann ist es auch richtig, dass andere gezielte Steuersenkungen durchgeführt werden, und zwar erst recht, wenn man jene in Betracht zieht, die bis jetzt überhaupt nicht von Ihren Maßnahmen profitieren. Aber das verweigern Sie.

Ihre Maßnahmen treffen gerade 180 000 Leute positiv, unsere Vorschläge würden dazu führen, dass es bis zu den mittleren Einkommen Verbesserungen gäbe. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen! (Abg. Großruck: Erste Etappe!) Sie kündigen eine Steuersenkung für das Jahr 2005 an, und zwar eine solche mit der Gießkanne, also quer über alle drüber – genau das, was Sie jetzt den anderen vorgeworfen haben –, aber das ist konjunkturpolitisch völlig falsch! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf: Ken­nen Sie die Steuerreform schon?)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Vielen Dank, Herr Präsident. – Sie von ÖVP und FPÖ wollen nichts anderes, als einen wahlpolitischen Budgetzyklus moti­vieren: vor der Wahl Steuerzuckerl für alle, anstatt jetzt das Richtige zu tun. – Das ist keine Konjunkturpolitik, das ist eben Sand-in-die-Augen-Streuen; und dort haben Sie Ihren Kopf schon längst vergraben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Dr. Stummvoll zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Gusenbauer: „Endlich“ eine Stummvoll-Rede! – Abg. Dr. Cap: Jetzt ist der „Höhepunkt“!)

 


12.14

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Mein Vorredner, Kollege Kogler, hat in seiner Rede erklärt, die konjunkturpolitischen Maßnahmen der Regierung hätten keine Wirkung. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) – Diese Behauptung ist unrichtig!

Wie aus den Zahlen der Budgets 2003 und 2004 herauszulesen ist, werden durch In­ves­titionszuschussprämien, Bildungsfreibetrag, Forschungsfreibetrag und Sonderab­schrei­bung insgesamt Beträge zwischen 500 und 600 Millionen € budgetwirksam, kon­junkturpolitisch wirksam. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist eine tatsächliche Berichti­gung? – Abg. Schieder: Das ist politische Werbung!)

12.15

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Stummvoll, soll ich es gleich sagen oder soll ich nachher sagen, dass das genau dasselbe ist, was wir vorher hatten? – Beide tatsächlichen Berichtigungen haben sich mit Themen beschäftigt, die wir in der Präsidialkonferenz als Wertungsfragen sehen. So ist es, ich kann nichts anderes sagen. (Zwischenruf des Abg. Schweisgut.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 



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12.16

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Es ist schon einigermaßen verwunderlich, dass sich die Opposition einer Debatte verschließt, die doch zu den wichtigsten Themen gehört, die wir hier im Hohen Haus zu debattieren haben, und der Wirtschaftsbericht von Ihnen torpediert wird. Das ist für mich unverständlich.

Das Einzige, was Ihnen dazu eingefallen ist, ist ständig der Ruf nach dem Herrn Fi­nanzminister. Wo ist der Herr Finanzminister?, haben wir ständig von Ihnen gehört, nichts anderes. (Abg. Dr. Gusenbauer: Muss er schon wieder Golf spielen? – Abg. Brosz: Ist er wieder auf Vortragsreise?) Das ist schon skurril, denn ich war als doch einigermaßen Befreundeter des Herrn Minister ja immer der Meinung, dass er eine gewisse Wirkung auf die Damenwelt hat, dass er aber eine Wirkung auf die Män­nerwelt hat, war mir bis jetzt unbekannt, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schieder: Das ist eine interessante Feststellung!)

Herr Kollege Matznetter, Sie haben hier am Rednerpult auch davon gesprochen, dass diese Bundesregierung den höchsten Schuldenstand der Zweiten Republik zu verant­worten habe. – Eine skurrilere Aussage gibt es wahrscheinlich nicht, denn Sie haben uns im Jahr 2000 163 Milliarden € an Schulden hinterlassen. Wir zahlen heute noch 7 Milliarden € an Zinsen, dafür könnten wir 100 000 Wohnungen schaffen und kosten­los an Wohnungsbedürftige und kleine Einkommensbezieher weitergeben.

Meine Damen und Herren! Das ist ein sehr verantwortungsloser Umgang mit der Wirt­schaftspolitik dieses Landes. Das ist bestenfalls eine Gulaschpolitik, die Sie betreiben, denn wenn Sie die Kritik ständig im eigenen Saft kochen, dann kann dabei nichts Ver­nünftiges herauskommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung verfolgt ein sehr ehrgeiziges Ziel, das kommt in diesem Wirtschaftsbericht klar zum Vorschein, nämlich Österreich an die Top-Position der europäischen Länder zu bringen. (Abg. Öllinger: Bei der Arbeits­losigkeit!) Wir wollen dazu beitragen, dass diese Bundesregierung das Ziel auch er­reicht, Österreich unter die Top 3, also an die Spitzenposition, zu bringen. Sie wissen, dass die Einflussmöglichkeit des Staates auf die Wirtschaftspolitik, auf die Konjunktur­politik immer geringer wird und dass die Spielräume für die Bundesregierung, für den Staat, immer kleiner werden, um Lenkungsmaßnahmen in Gang zu setzen.

Das ist ein Phänomen, mit dem nicht nur wir in Österreich allein zu kämpfen haben, das ist ein Phänomen, das die gesamte Konjunkturpolitik der EU, aber auch der gan­zen Welt betrifft. Durch die Globalisierung der Wirtschaft wird es zunehmend schwie­riger, konjunkturelle Maßnahmen zu setzen, die sich wirtschaftsbelebend und wachs­tumsstärkend auswirken.

Die EU-Osterweiterung ist ein sehr entscheidender Schritt für uns – und dazu bekenne ich mich als Wirtschafter –, weil es dadurch sehr viele Chancen für die Wirtschaft gibt, sich positiv einzubringen, sich zu beteiligen, obwohl es auch eine Reihe von Problem­feldern im Bereich des Arbeitsmarktes gibt, denen wir uns zu stellen haben, um vor allem in den Grenzregionen zu unseren östlichen Partnern dafür zu sorgen, dass es zu keinem Kaufkraftabfluss und zu keinen Arbeitsplatzverlusten kommt.

Das besondere Augenmerk, das mir in diesem Wirtschaftsbericht aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass vor allem auf die kleineren und mittleren Betriebe Einfluss genommen wird und klargestellt ist, dass diese Klein- und Mittelbetriebe das Rückgrat der österrei-


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chischen Wirtschaft bilden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir dürfen in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik die Grundlage dafür bietet, dass der Ausbau des Wohlfahrtsstaates gewährleistet bleibt. Mit diesen neuen Dynamiken, die in diesem Wirtschaftsbericht angeführt sind, und vor allem auch mit der Steuer­re­form und den gesamten Maßnahmen zur Wirtschaftsbelebung wird gewährleistet, dass Österreich dem „Lissaboner-Prozess“ Rechnung trägt, nämlich das strategische Ziel weiterhin zu verfolgen, eine dynamische wissensbasierte Wirtschaftsraumpolitik zu machen, die dem Ziel untergeordnet ist, Europa zu einem sehr blühenden und zu einem strategisch wichtigen Wirtschaftsraum auszubauen.

Die österreichische Bundesregierung kommt diesem strategischen Ziel heute schon sehr nahe, denn Österreich liegt, gemessen an den Strukturindikatoren, heute schon im oberen Spitzenfeld aller vergleichbaren europäischen Volkswirtschaften.

In diesem Wirtschaftsbericht, der auch von Frau Kollegin Glawischnig gelobt wurde, kommt klar zum Ausdruck, dass wir unsere Position verbessert haben. Wir konnten vom Rang 8 auf den Rang 6 vorrücken. Das beweist, dass die Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung in die richtige Richtung geht, dass der Kurs der richtige ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es stimmt nicht, dass wir in Österreich eine negative Arbeitslosenquote haben, wie heute hier behauptet wurde. Vielmehr stimmt es, dass wir in Österreich im Mai mit 3,2 Millionen Menschen, die in Arbeit waren, eine Rekordbeschäftigung hatten. Daraus ist zu schließen, dass wir im Vergleich zu allen übrigen europäischen Ländern eine enorm gute Arbeitslosenquote aufzuweisen haben. Sie ist mit 4,1 Prozent die dritt­niedrigste Arbeitslosenquote in Europa. Mit 1,7 Prozent haben wir die drittniedrigste Inflationsrate, und mit einem 4prozentigen Exportzuwachs ist gewährleistet, dass wir auch nach wie vor eine sehr positive Entwicklung in der Handelsbilanz aufzuweisen haben.

Zusätzlich möchte ich noch anführen, dass vor allem die Beschleunigungen, die Erleich­terungen und die Liberalisierungen in der Wirtschaftspolitik dazu geführt haben, dass durch sehr viele Unternehmensgründungen – 28 000 in den letzten Jahren – Arbeits­plätze geschaffen wurden, Einkommen gesichert wurden und das Wirt­schafts­wachstum gestiegen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Spitzenplatz zum Wohle der Menschen erreichen wir nur mit einer konsequenten Wirtschaftspolitik, mit einer Fortsetzung einer dynamischen Konjunkturoffensive – wie heute schon angeklungen ist, dienen dazu die Konjunkturbelebungspakete –, mit Investitionen in die Wissensgesellschaft, mit geziel­ter Förderung von Innovationen, mit Investitionsoffensiven sowie mit einer Stärkung der Exportwirtschaft. All diese Maßnahmen schaffen wir mit einem ausgeglichenen Bud­gethaushalt bei Duldung eines geringen Defizits. Wenn Sie das im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern betrachten, dann werden Sie draufkommen, dass Öster­reich einen sehr maßvollen und verantwortlichen Budgetweg beschreitet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Möglichkeiten zur Schaffung einer offensiven Wirtschaftspolitik und einer Dyna­mik in den Wirtschaftszweigen, die ich angeführt habe, können wir nur durch Reformen schaffen, aber diesen haben Sie sich in den letzten Wochen verschlossen. Das können wir nur durch Reformen im Bereich der Verwaltung, durch Modernisierungen im Mana­gementbereich bei den Selbstverwaltungskörpern, den Sozialversicherungsträgern, und durch eine sehr effiziente und verantwortungsvolle Mitteleinsetzung im Gesund­heits­bereich erreichen. Ein Beispiel dafür ist die Bundesgebäudeverwaltung.


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Heute ist von Frau Kollegin Glawischnig gesagt worden, dass wir die Bundes­woh­nungen „verscherbeln“. Vielmehr ist richtig, dass Sie im Jahre 1997 die Bundes­woh­nungen um 120 Millionen Schilling „verscherbeln“ wollten. Der Herr Finanzminister hat ein Veräußerungspaket errechnen lassen, das sicherstellt, dass wir durch die Ver­äußerung der Bundeswohnungen 600 Millionen € bis 1 Milliarde € erzielen werden. Das ist eine verantwortungsvolle Privatisierungspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mit der ersten Etappe der Steuerreform, die am 1. Jänner 2004 in Gang gesetzt wird, wer­den wir auch einen sehr positiven Einfluss auf die Wirtschaftsdynamik dieses Landes zustande bringen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir den österrei­chi­schen Steuerzahlern bis zu einer Einkommensgrenze von 14 500 € eine komplette Steuerfreistellung garantieren können. Das wird sich sehr positiv auf die Kaufkraft in diesem Land auswirken. Damit sind immerhin 200 000 Österreicherinnen und Öster­reicher unmittelbar betroffen. Diese Einkommensteuer- und Lohnsteuerfreistellung be­trifft insgesamt 2,4 Millionen Österreicher. Die Kaufkraft, die dadurch entstehen wird, wird die Wirtschaft in unserem Land existenziell stützen.

Die offensive Wirtschaftspolitik bezieht sich aber auch auf eine sehr aktive Eigen­kapital­bildung durch die Herabsetzung der Besteuerung der nicht entnommenen Ge­winne auf den halben Steuersatz und durch die völlige Streichung der 13. Umsatz­steuer­vorauszahlung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weil mir als Tourismusunternehmer natürlich auch die Tourismuswirtschaft am Herzen liegt, weiß ich, dass es eine sehr sinnvolle und wichtige Maßnahme ist, die Einkommensteuerherabsetzung ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten!

 


Abgeordneter Josef Bucher (fortsetzend): ... zur Eigenkapitalbildung heranzuziehen. Das wird die Tourismuswirtschaft in einer sehr wichtigen konjunkturellen Phase beflü­geln und dafür sorgen, dass der Tourismus auch in Hinkunft ein Garant für die Wirt­schafts­belebung in unserem Land bleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.26

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor, daher erkläre ich die Debatte für geschlossen.

Anträge wurden keine gestellt, daher sind damit die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung erledigt.

3. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (128 der Bei­lagen): Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Ge­setz geändert werden, über den

Entschließungsantrag 44/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Anpassungen des Telekommunikationsrechts, über den

Antrag 49/A der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Tele­kommunikation (Telekommunikationsgesetz – TKG) BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2002, geändert wird, über den


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Entschließungsantrag 91/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend Regelungen für Mehrwertdienste (184 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt nicht vor.

Wir gehen nun in die Debatte ein, und ich mache jetzt in aller Form den Vorschlag, dass wir bei den ersten vier Rednern so vorgehen, dass sie zu gleichen Teilen eine Rede sicherheitshalber von je 7 Minuten Dauer halten, und zwar beginnend mit einer Kontra-Wortmeldung, an die sich drei Pro-Wortmeldungen anschließen. Der weitere Verlauf der Debatte wird dann nach den Bestimmungen der GO vor sich gehen.

Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann gehe ich so vor.

Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Moser das Wort. Die Redezeit beträgt, wie vereinbart und vom Nationalrat genehmigt, 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.29

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auch auf der Tribüne! Das Interesse an wirtschafts­politi­schen Dingen ist sicherlich immer ein zentrales, und wir haben jetzt zwei Stunden über Wirtschaftspolitik, teilweise tiefgreifend von Seiten der Opposition, teilweise ober­flächlich von Seiten der Regierung, diskutiert (Abg. Scheibner: Waren Sie überhaupt da! – Heftiger Widerspruch bei der ÖVP) – das war mein persönlicher Eindruck (Beifall bei den Grünen) –, und jetzt haben wir die Chance, beim Telekommunikationsgesetz über Rahmenbedingungen zu diskutieren, die der Staat setzt, die wir setzen, innerhalb welcher sich dann Wirtschaftspolitik abspielen kann.

Bei dieser Diskussion über die Rahmenbedingungen, die optimal sein sollen, und zwar sowohl für den wirtschaftlichen Wettbewerb als auch für die Konsumentinnen und Kon­sumenten, haben wir sehr wohl Kritik anzumelden, und die möchte ich in detaillierter Form ein bisschen darlegen.

Der Ausgangspunkt ist, wie bei vielen Gesetzen, eine Anpassung an eine EU-Re­gelung. Da sind wir mit der heutigen Beschlussfassung zeitlich sehr knapp dran. Es ist höchste Zeit, dass wir diese Anpassung vornehmen. Warum ist das so spät passiert? – Das liegt daran, dass sich im Ministerium, im Ministerbüro die Meinungen gekreuzt ha­ben, in welche Richtung novelliert werden soll, welche Rahmenbedingungen endgültig konsumentenpolitisch den Vorrang haben sollen. Diese Verzögerung wurde koalitions­intern verursacht. Das war zumindest unser Eindruck.

Ich glaube, Herr Minister und Herr Staatssekretär, Sie selbst bildeten die zwei Pole in dieser Auseinandersetzung; Sie werden uns das dann nachher sicher noch näher erläutern.

Wie gesagt: Der Zeitpunkt wurde verzögert, die Anpassung ist notwendig, und nun stellt sich die Frage: Wie schaut es jetzt wirtschaftspolitisch aus, wie schaut es mit den Rahmenbedingungen für den Wettbewerb aus? – Auch in dieser Hinsicht ist das Ge­setz nicht optimal. Die zahlreichen Stellungnahmen und die zahlreichen Briefe von Marktteilnehmern, die bis zur letzten Minute, bis heute einlangten, haben uns das deut­lich bewiesen.

Was ist nach wie vor offen? – Wir haben in diesem Gesetz eine Marktanalyse vorge­sehen, die alle zwei Jahre stattfinden soll. Gerade im Telekommunikationsbereich än­dert sich der Markt sehr rasch, daher bräuchten wir rascher Marktanalysen, damit ra­scher reagiert werden kann.


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Zweitens: Der Kostenersatz für die Überwachungsdienste, der zwangsläufig – das ist ja nicht unsere Option – den Betreibern von Mobilfunk angelastet wird, ist auch nicht ge­regelt. Diese Regelung wird auf den Verordnungsweg abgeschoben. Unseres Erach­tens ist das wirtschaftspolitisch nicht optimal.

Drittens: Die Frage der fristlosen Öffnung von Frequenzen, ohne dass der Bewerber eine Konzession haben muss. – Auch das ist unserer Auffassung nach wettbewerbs­politisch nicht optimal.

Viertens: die Frage Ex-post-/Ex-ante-Regulierung, Das heißt einfach ausgedrückt, ob vorneweg reguliert werden soll oder ob zuerst einmal der Markt greifen soll und hintennach kartellrechtlich agiert wird. – Das ist unserer Meinung nach auch nicht opt­imal geregelt, vor allem angesichts der Tatsache, dass die Kartellbehörde in Österreich erst im Entstehen und personell noch immer unterbesetzt ist. – Das war noch eine wirt­schaftspolitische Argumentation.

Das Letzte reicht schon hinüber in die konsumentenpolitische Kritik, die wir anbringen beziehungsweise anführen: Es ist nach wie vor offen, ob der Verordnungsweg gewählt wird oder nicht. Wir wissen nicht, wie das jetzt bei der Übertragung der Rufnummern geregelt ist.

Wenn jemand mit seinem Handy jemand anderen anruft, weiß er nicht, ob dieser Ge­sprächspartner oder die Gesprächspartnerin im selben Netz oder in einem anderen Netz ist, er weiß nicht, wie viel sein Anruf kosten wird, weil er nicht weiß, in welchem Netz er telefoniert, und zwar deshalb, weil die Rufnummern übertragen werden kön­nen, ohne dass dem Anrufer ein Signal ausgesandt wird.

Herr Minister, da sind Sie die Regelung schuldig! Wir hätten es gerne auf dem Verord­nungswege geregelt, und zwar so, dass es konsumentenfreundlich ist. Wir stellen uns vor, dass am Beginn des Anrufes eine Stimme sagt: Sie sind verbunden mit dem Netz – zum Beispiel – 0664 oder 0676 oder einem anderen. Das wäre konsumenten­politisch günstig. (Beifall bei den Grünen.)

Zu einem weiteren wesentlichen Aspekt, und zwar über Werbe-Emails et cetera, wird mei­ne Kollegin dann noch nähere Ausführungen machen. Ich muss sagen: Da gibt es Rückschritte! Sie liberalisieren da zuungunsten der Verbraucherinnen und Verbrau­cher. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grillitsch telefoniert mit dem Handy.)

Herr Kollege Grillitsch, Sie telefonieren jetzt während der Fernsehübertragung illegaler­weise mit dem Handy. (Abg. Mag. Molterer: Was heißt „illegal“?) Der Herr Präsident urgiert das meistens sehr streng. Dass gerade ein Vertreter der ländlichen Region sich gegen gesetzliche und geschäftsordnungsmäßige Obliegenheiten wendet (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Ikrath: Kriminalisieren Sie nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), erscheint mir besonders beachtenswert. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Ich wollte ja ins gleiche Horn blasen, ich wollte sagen: Gerade für den ländlichen Raum – ich betone: gerade für den ländlichen Raum! – brauchen wir bei den Breit­band-Diensten Gerechtigkeit, aber das ist in diesem Gesetz nicht vorgesehen. Ich weiß, dafür sind extra finanzielle Maßnahmen notwendig.

Abschließend komme ich zu meinen Hauptkritikpunkt, und deswegen bringe ich auch ein diesbezüglichen Antrag, der schon im Ausschuss in Verhandlung war, ein. Mein Hauptkritikpunkt ist, dass Sie es verabsäumt haben, in der Zieldefinition dieses Gesetzes auch demokratiepolitische Aspekte beziehungsweise anrainerInnenrechtliche Aspekte sowie Gesundheitsvorsorgewerte zu berücksichtigen.

Herr Minister, das ist meines Erachtens wirklich ein Vergehen gegenüber der Bevöl­kerung, nämlich, dass Sie technische und wirtschaftliche Aspekte als Ziel definieren,


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aber nicht gesundheitspolitische und nicht demokratiepolitische, wie wir es schon im Aus­schuß feststellen mussten. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt zirka 5 000 Unterzeichner der Mobilfunk-Petition, und diese wollen vor allem gesundheitspolitische und anrainerpolitische Rechte haben. Doch das negieren Sie, darüber gehen Sie in diesem Gesetz hinweg!

In der Diskussion im Ausschuss war eines sehr bezeichnend, Herr Minister – ich kann mich noch genau daran erinnern –: Da haben Sie nämlich gesagt, bei der Wortfolge in unserem Antrag „unter Wahrung von Leben, Gesundheit, Wohlbefinden ...“ störe Sie das Wort „Wohlbefinden“. Ich betone: Wohlbefinden! Am Wort „Wohlbefinden“ haben Sie sich gestoßen!

Herr Minister! Für uns ist das Wohlbefinden der Bevölkerung auch bei technischen Belangen ein wesentlicher Aspekt, der in die Zielformulierung integriert gehört. (Abg. Mag. Ikrath: Ein unklarer Gesetzesbegriff!)

Denken Sie doch an die Definition des Begriffes „Gesundheit“ durch die Weltgesund­heitsorganisation! Dort ist das „Wohlbefinden“ verankert, und das wollen wir auch in technischen, in kommunikationspolitischen Bereichen integriert haben.

Daher bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. § 1 Abs. 1 lautet:

„(1) Zweck dieses Bundesgesetzes ist es, durch Förderung des Wettbewerbs im Be­reich der Telekommunikation die Versorgung der Bevölkerung ...“

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Dr. Moser! Bitte machen Sie es mir nicht schwer! Ich bin dafür, dass dieser Antrag von der nächsten grünen Rednerin eingebracht wird. Er steht dann zur Verhandlung. Der Antrag ist ziemlich lang. Wir bringen sonst die Vereinbarung durcheinander. – Ich bitte um einen kurzen Schlusssatz.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): ... unter Wahrung von Leben, Ge­sundheit, Wohlbefinden und Eigentum der Menschen und mit Bedachtnahme auf die Umwelt zu gewährleisten. – Das ist wichtig!– Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.37

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Dr. Moser, Sie haben jetzt den wesentlichen Inhalt des Antrages zur Kenntnis gebracht. Ich lasse diesen Antrag aus­nahmsweise vervielfältigen. Der zweite Antrag wird später eingebracht werden.

Der eingebrachte Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ver­kehrsausschusses über die Regierungsvorlage (128 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz geändert werde sowie über den Antrag 44/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Anpassungen des Telekommunikationsrechts, über den Antrag 49/A der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekom­munikationsgesetz – TKG) BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2002, geändert wird und über den Antrag 91/A (E) der Abgeordneten


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Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für Mehr­wert­dienste (184 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Tele­kom­munikationsgesetz – TKG) BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundes­gesetz BGBl I Nr. 134/2002, geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Regierungsvorlage (128 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikations­gesetz erlassen wird und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz geändert werden, wird geändert wie folgt:

1. § 1 Abs 1 lautet:

"(1) Zweck dieses Bundesgesetzes ist es, durch Förderung des Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft in ganz Österreich mit zuverlässigen, preiswerten, hochwertigen und innovativen Telekommunikationsleistungen unter Wahrung von Leben, Gesundheit, Wohlbefinden und Eigentum der Menschen und mit Bedachtnahme auf die Umwelt zu gewährleisten."

Begründung:

Seit Beginn des Mobiltelefonie-Netzaufbaus und insbesondere der breiten Anwendung dieser Technologie in Österreich besteht eine intensive Diskussion über gesund­heitliche, ökologische und anrainerInnenrechtliche Auswirkungen dieser und benach­barter Technologien und ihrer Anwendung. Auch die nachdrücklichen Versuche der Be­treiber und von Vertretern aus Politik und Behörden, das bisherige Nichtvorliegen gesicherter wissenschaftlicher Beweise für biologische Schäden fälschlicherweise in eine Unbedenklichkeit umzudeuten, haben diese Diskussion nicht abwürgen können. Viele Fragen, insbesondere nach Langzeitwirkungen und nichtthermischen Wirkungen, sind nach wie vor unzureichend untersucht. Dem in jedem Fall dringlich gebotenen Vorsorgeaspekt wird nicht durch weitestmögliche Minimierung der Belastung durch elektromagnetische Felder, durch neutrale Information anerkannter Institutionen und durch entsprechende klare Verortungskriterien für Basisstationen Rechnung getragen, obwohl aktuelle Messergebnisse etwa in Linz klar die technische Machbarkeit einer weitreichenden Minimierung belegen. Nach wie vor hat auch "keine Normungsbehörde Expositionsrichtlinien mit dem Ziel erlassen, vor langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen, wie einem möglichen Krebsrisiko, zu schützen", wie von der WHO festgestellt und im amtlichen "Teleletter" des BMVIT veröffentlicht.

Der Oberste Sanitätsrat (OSR) als Instanz des öffentlichen Gesundheitswesens in Österreich hat sich zu diesem Thema am 18.11.2000 in einer Resolution (Verortung und Minimierung) unmissverständlich geäußert und diese am 8.3.2002 in einem zentralen Punkt (Richtwert) ergänzt. Der OSR trifft darin Aussagen zur Frage der biologischen Schäden an Mensch und Tier, die eindeutig gegen jede Art genereller Entwarnung und für weitere epidemiologische und experimentelle Studien sprechen. Weiters trifft er auch Aussagen zur Belastung durch Endgeräte und Sendemasten, die in beiden Bereichen klare Anstrengungen von den Betreibern und Geräteanbietern fordern.

Mit der vorliegenden Gesetzesänderung soll die Verpflichtung zur Berücksichtigung gesundheitlicher, ökologischer und anrainerInnenrechtlicher Aspekte grundsätzlich für den gesamten vom Telekommunikationsgesetz abgedeckten Bereich klargestellt werden. Damit könnte insbesondere möglichen budgetären Folgewirkungen der unzu-


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reichenden Berücksichtigung dieser Aspekte vorgebeugt werden. Zugleich soll auf die Notwendigkeit eines gleichwertigen Zugangs zu Telekommunikationsdiensten in ganz Österreich, insbesondere auch im ländlichen Raum, hingewiesen werden.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.37

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Das Telekommunikationsgesetz, das heute beschlossen wird, ist ein neuer Schritt auf einem eigentlich Beispiel gebenden Weg der Telekommunikation in Österreich – ein Weg, gekennzeichnet von Liberalisierung und von Privatisierung und von den dadurch erzielbaren Erfolgen. Am Beispiel der Telekom ist es auch besonders nahe am Menschen für jeden Einzelnen nachvollziehbar, welche positiven Effekte die Liberalisierung und die Privatisierung für die Bürger, für jeden Einzelnen von Ihnen, für jeden Einzelnen von uns, gebracht haben und auch in Zukunft bringen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Vor über 100 Jahren war das erste neue Telefon in einer Ortschaft eine Sensation, später dann ist in jedem Haus zumindest ein Apparat gestanden, und von uns erinnert sich noch jeder an die Viertel- und an die Halbanschlüsse. Dann war in jeder Wohnung ein Telefon vorhanden. Es erinnert sich aber auch noch jeder Einzelne von uns daran, dass man zum Teil auf einen Neuanschluss gewartet hat wie auf einen Trabi in der DDR. (Beifall bei der ÖVP.)

Ende der achtziger Jahre hat die EU erkannt, dass gegenüber den bereits libera­lisier­teren amerikanischen und japanischen Märkten ein großer Wettbewerbsnachteil in Europa dadurch entsteht, dass die nationalen, gegeneinander abgeschotteten und von der Dienstleistungsqualität nicht auf dem höchsten Stand befindlichen Telekom­muni­kationsmärkte nicht funktionieren und dass sie zugunsten der Menschen geöffnet wer­den müssen. Es hat dann in Europa ein Liberalisierungsprozess eingesetzt, der bei uns die zweite erfolgreiche Phase der Telekommunikation in Österreich eingeleitet hat, und zwar zunächst mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und dann mit dem ersten Telekommunikationsgesetz 1997, mit dem die Telekommunikation in ein neues Zeitalter, in eine neue Ära aufgebrochen ist.

Der Handy-Boom hat eingesetzt, und heute hat beinahe jeder Bürger bereits ein Han­dy, genauer: 80 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher haben heute ein Handy, kommen in den Genuss des bequemen Telefonierens überall und zu jeder Zeit, und das – und das ist eigentlich das Bemerkenswerte daran – zu wesentlich günstige­ren Tarifen als vorher.

Im Festnetz in Österreich, in der Österreich-Zone, sind die Preise pro Minute um 75 Prozent gesunken. Ein durchschnittliches Unternehmen – wie wir wissen: kleine Unternehmen in Österreich! – erspart sich heute pro Jahr im Durchschnitt 8 000 € an Telefonkosten – ein Erfolg der Privatisierung und der Liberalisierung! (Beifall bei der ÖVP.)

Die neu in Österreich tätigen Unternehmen, seien es österreichische Konsortien, seien es Töchter großer ausländischer Konzerne, haben seit 1997 jedes Jahr 2 Milliarden € an Investitionen in Österreich und für Österreich geschafft. Das ist ein Umstand, für den wir diesen Unternehmen unsere Hochachtung und auch unseren Dank ausspre­chen müssen, denn das ist Infrastruktur-Investition, wie sie eigentlich auch von den


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Grünen immer gefordert wird – trotzdem lehnen sie dieses neue Gesetz ab! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Erfolgsgeschichte ist auch dadurch gekennzeichnet, dass die engere Vernet­zung für die Österreicherinnen und Österreicher mit dem Rest der Welt möglich ist. Das Internet hat seinen Erfolgszug auch durch Österreich genommen, auch da wurde in die Infrastruktur investiert; mehr als 60 Prozent der Haushalte in Österreich und fast alle Unternehmen sind im Netz. Das ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte, und daran zeigt sich, wie Privatisierung und Liberalisierung von Märkten zu Erfolgen führt, die für die Bürger erfassbar und spürbar sind, in der Geldbörse und bei der Lebensqualität! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Tamagotchi!)

Heute leiten wir, mitten im Informationszeitalter, mit dem neuen Telekommuni­kations­ge­setz die dritte Phase dieser Erfolgsgeschichte ein. Das ist der Aufbruch in die nächste Ära – bei dem uns, was mich sehr freut, auch die SPÖ begleitet –, initiiert von unserer Bundesregierung. Die Europäische Union hat auf Grund der positiven Erfah­rungen, die gemacht wurden, erkannt, dass es noch weiteren Handlungsbedarf gibt, und wir setzen mit dem neuen Telekommunikationsgesetz fünf Richtlinien der Europä­ischen Union um, die es auch möglich machen, diesen Markt künftig viel gezielter zu regulieren.

Bereits in der Vergangenheit hat sich die ehemalige verstaatlichte Telekom zu einem erfolgreichen Unternehmen gewandelt. Wenn man heute einen Festnetzanschluss braucht und zu Mittag dort anruft, dann sagt man dort: Macht es etwas aus, wenn wir erst um 16 Uhr kommen?

Wir schaffen mit diesem Gesetz faire Chancen für alle Mitbewerber in diesem Markt. Dort, wo noch Eingriffe in den Markt notwendig sind, kann der Regulator differenziert ein­greifen. Wir schaffen auch eine transparentere Telekommunikation für die Kunden: So wird künftig die Abrechnung über Verlangen detailliert zur Verfügung gestellt. Jeder Kunde wird die Nummer mitnehmen können, wenn er den Betreiber wechselt.

Meine Damen und Herren! Begleiten Sie uns in diese neue Ära, zu einem wirt­schaftlichen Erfolgskurs für alle Österreicherinnen und Österreicher, damit diese auch in Zukunft noch mehr und billig telefonieren und mit immer mehr anderen Menschen und mit anderen Märkten in Kontakt treten können! Ich würde mir wünschen, dass auch die Grünen dabei mittun würden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

12.43

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.44

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden neuen Telekommunikationsgesetz setzen wir nicht nur wichtige Richtlinien der Europäischen Union um, sondern legen, beruhend auf den Erfahrungen der erfolgreichen Telekom-Liberalisierung 1997, neue Rahmenbedingungen für diesen wichtigen Sektor unserer Volkswirtschaft fest. Dabei stehen die Erfolge der bisherigen Liberalisierung unter dem damaligen Verkehrsminister Caspar Einem außer Zweifel. So hat sich in nur vier Jahren das Preisniveau auf dem Telekom-Sektor gegenüber dem Ausgangsjahr um mehr als die Hälfte reduziert, und gleichzeitig hat die reale Wertschöpfung um mehr als 60 Prozent zugenommen.

Meine Damen und Herren! Abseits aller Erfolge, die die Telekom-Liberalisierung ins­besondere hinsichtlich der Einführung neuer Telekommunikationstechnologien und


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hoher Konsumentenschutzmaßnahmen und Konsumentennutzens durch sinkende Tarife mit sich gebracht hat, zeigen sich in den letzten Jahren auch eine Reihe von Problemen. Herr Bundesminister, hier darf ich darauf aufmerksam machen, dass die In­vestitionen im Festnetzbereich seit 1999 sehr wohl um mehr als ein Drittel zurück­gegangen sind; der anhaltende Trend, den wir hier erleben, gefährdet die Wirtschafts­standortqualität vor allem im ländlichen Raum.

So gibt es zum Beispiel auch Schwierigkeiten bei der Einführung neuer Technologien, insbesondere bei UMTS-Investitionen im mobilen Funkbereich, und zwar durch fehlende Rechtssicherheit. Es wurde schon darauf hingewiesen: 5 000 Unterschriften liegen in Form einer Petition vor, in welcher darum ersucht wird, die Grenzwerte ent­sprechend festzulegen. Kollegin Wurm hat mich gerade darauf aufmerksam gemacht, dass es wirklich höchst an der Zeit ist, dass wir uns dieses Themas annehmen, Herr Bun­desminister. Es gibt da eine Reihe von ungelösten Rechtsstreitigkeiten, wobei die Verfahren viel zu lange dauern. Es wurde auch überreguliert und dadurch die Einfüh­rung wichtiger neuer Technologien behindert.

Meine Damen und Herren! Tatsächlich ist das Telekommunikationsgesetz aber trotz­dem ein gutes Beispiel dafür, wie ein Gesetz über Parteigrenzen hinweg gemeinsam vorbereitet und letztendlich auch beschlossen werden kann. (Abg. Neudeck: Die Ver­nunft hat gesiegt!) So wurde seinerzeit bereits im Rahmen eines Unterausschusses die Lösung der Probleme bestmöglich vorbereitet. Das Ergebnis dieses Unter­aus­schus­ses war so, dass wir zwei unterschiedliche Entschließungsanträge hatten, aber es ist letzt­endlich gelungen, jetzt zu einer Regierungsvorlage zu kommen – woran der Herr Bun­desminister und der Herr Staatssekretär mitgearbeitet haben –, mit der auch wir uns sehr stark identifizieren können, weil eine Reihe von Forderungen, die wir ge­stellt ha­ben, nunmehr in diese Vorlage eingearbeitet worden sind. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

So darf ich einige der Änderungen nennen, die sonst nicht in diesem Gesetz gestan­den wären, nämlich zum Beispiel die Abkehr von der Ex-ante-Regelung hin zu einer Ex-post-Regulierung mit geringer Eingriffsintensität des Regulators – also mehr Markt spielen lassen, die Verhältnismäßigkeit auf dem Markt wurde jetzt besser geändert – und die Beibehaltung der bestehenden Behördenstruktur, jeweils ein Regulierer für den Telekom-Bereich, also für die Wirtschaft, und ein Regulierer für den Medienbereich. Auch die Fortführung des Universaldienstes in seinem bestehenden Umfang sowie dessen qualitative Weiterentwicklung haben wir durchgesetzt, weiters Incentives zur Steigerung der Investitionen im Telekom-Bereich, vor allem auch Anreize für die För­derung von Breitband-Internet in Österreich. Die Durchsetzung von Rufnummern-Por­tabilität heißt nichts anderes, als dass man jetzt mit der gleichen Nummer, die man hat, zu jedem Anbieter wechseln kann, wenn er eine preisgünstigere Angebotspalette hat.

Wir haben auch die Stärkung der Konsumentenrechte durchgesetzt, was gerade in diesem Bereich ein sehr wesentlicher Punkt ist. Künftig wird auch ein zweijähriger Telekommunikationsbericht an das Parlament zu liefern sein. Zwar kann man sagen, zwei Jahre sind lang, oder das ist nicht so lang, wie Kollegin Moser vorhin gemeint hat, aber eines steht fest: Es ist nun so, dass wir grundsätzlich überhaupt diesen Bericht bekommen, und das ist positiv! (Beifall bei der SPÖ.) Eine optimale Fortentwicklung des Telekom-Sektors und damit des Wirtschaftsstandorts Österreich wird dadurch ermöglicht.

Offen waren allerdings noch einige Wünsche im Bereich des Konsumentenschutzes. Dies­bezüglich haben wir sehr lange mit den Damen und Herren von der Regie­rungs­koalition verhandelt, und es ist dann nach diesen schwierigen Verhandlungen schließ­lich doch gelungen, auch da eine gute Lösung zu finden. So wird es zum Beispiel zu einer kostenmäßigen Begrenzung bei Mehrwertdiensten sowie zu verpflichtenden


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Preishinweisen für die Konsumenten durch die Anbieter kommen, wobei die Kosten für 0800er-Nummern und 0800er-Dienste durch Verordnung auf maximal 22 Cent pro Minute begrenzt werden sollen. Es hat der Herr Bundesminister zugesagt, dass er in einer Verordnung veranlassen wird – er nickt auch jetzt dazu –, dass 22 Cent pro Minute als Obergrenze zu gelten haben.

Weiters wird es in Hinkunft möglich sein, einmal jährlich Rufnummern kostenlos sper­ren zu lassen. Das ist im Sinne des Konsumentenschutzes wichtig. Denken wir an die 0900er-Nummern, bei denen es oft so sein kann, dass irgendjemand Apparate benutzt, hohe Rechnungen verursacht, und der Inhaber, der Zahler dieser Nummern irgend­wann munter wird und draufkommt, dass irgendein anderer über seine Nummern hohe Kosten verursacht hat.

Wir haben auch durchgesetzt, dass es nicht möglich sein soll, durch so genannte Dialer-Programme im Internet auf Rufnummern mit horrenden Kosten umgeleitet zu werden, denn man muss wissen, es gibt technisch zahlreiche neue Möglichkeiten, mehr Geld aus den Taschen der Konsumenten zu ziehen.

Schließlich haben wir erreicht, dass die Regulierungsbehörde das Hohe Haus jährlich insbesondere über die unlauteren Praktiken und die zu treffenden oder getroffenen Maßnahmen zu informieren hat.

Damit wird es uns möglich sein, die sich ständig neu entfaltenden betrügerischen Maß­nahmen wesentlich einzudämmen. Ich stehe auch nicht an, Herrn Bundesminister Gorbach und seinem Kollegen Kukacka zu danken, die auf die Argumente der SPÖ eingegangen sind und diese wichtigen Anliegen des Konsumentenschutzes tatsächlich Gesetz werden ließen.

Österreich wird mit diesem neuen Telekommunikationsgesetz die Rahmenbedingun­gen erhalten, welche die Investitionsbereitschaft der Telekom-Unternehmen steigern wird. Das ist uns ein wichtiges Anliegen gewesen und wird es uns auch immer sein.

Auf eines darf ich allerdings aufmerksam machen: Auch wenn wir jetzt zustimmen, soll die Regierung in Zukunft nicht einen schweren Fehler begehen. Wir glauben, dass es falsch ist, wenn man die Telekom Austria zur Gänze an das Ausland verkauft, zum Beispiel an die Swisscom, wie es jetzt im Gerede war. Das ist deshalb falsch, weil wir hier einen wichtigen nationalen Markt-Player brauchen, um die Bedingungen auf dem Telekom-Sektor mitgestalten zu können, die Investitionen und damit die Arbeitsplätze sichern und fördern zu können, letztlich auch, um die Preissituation für Telekom-Leis­tungen und das Service in Österreich unternehmerisch mitbestimmen zu können. Mei­ne Damen und Herren, daher hier die Bitte, mit diesem Eigentümerwechsel sehr vor­sichtig umzugehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Was das Telekom-Gesetz selbst betrifft, halte ich es für ein gutes, gelungenes Gesetz. Es wird uns mit diesem Gesetz gelingen, High Tech zu fördern, Arbeitsplätze zu fördern, Wirtschaftsstandortqualität zu sichern und den Konsumentenschutz auf einem hohen Niveau zu halten. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer – ans Rednerpult tretend –: Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär!)

12.51

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, ich hätte gerne die Gelegenheit, Ihnen das Wort zu erteilen. (Heiterkeit.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Die Redezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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12.51

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Danke, Herr Präsident! (Zwischenrufe.) Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Moser hat sich hier drau­ßen – und das ist ja sehr interessant – ohne Inhalt dargestellt. Sie, Frau Abgeordnete Moser, sind nicht darauf eingegangen, dass dieses hervorragende Gesetz sehr wohl die Konsumenten als auch den fairen Wettbewerb berücksichtigt. (Abg. Dr. Lichten­ber­ger: Sie haben es nicht verstanden!) Sie sind hier herausgegangen und haben wieder pauschal ein Gesetz verurteilt, das normalerweise sehr wohl Ihre Zustimmung bekommen sollte. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Ich möchte hier einmal den Beamten danken, die dahinter stehen, und möchte sie auch namentlich einmal nennen: Herrn Dr. Singer, Herrn Fürnkranz, Frau Sabitzer – stellvertretend für alle Beamten, die bei diesem Gesetz eine hervorragende Arbeit ge­leistet haben. Auch Ihnen, Herr Minister Gorbach, ein Danke! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Jetzt möchte ich auf die Inhalte des vorliegendes Gesetzes eingehen. Ein wesentlicher Vorteil – und jeder von uns hat es schon einmal erlebt – ist die Mitnahme der Handy-Nummer bei einem Wechsel des Betreibers. Die Betreiber sind aufgefordert, dies so schnell wie möglich umzusetzen. Für Telefonkunden muss auf Wunsch ein kostenloser Einzelgesprächsnachweis erstellt werden; auch das war immer ein Wunsch der Kon­sumentenschützer.

Jeder von uns wurde schon mit Massen-Mails, so genannten Spams , belästigt. Auch da wird für einen besseren Schutz gesorgt. Wenn die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verheimlicht oder verschleiert wird, kann der Empfänger die Einstellung solcher Nachrichten verlangen. Es muss dem Emp­fänger auch bei Zusendung der elektronischen Post – einschließlich SMS – ausdrück­lich die Möglichkeit gegeben werden, den Empfang solcher Nachrichten abzulehnen. Automatisch braucht es bei Versenden von 50 gleichen Nachrichten eine Genehmi­gung. Das ist Konsumentenschutz, meine Damen und Herren von den Grünen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Das ist eine Verschlechterung! – Abg. Dr. Lichtenberger: Das Gegenteil ist der Fall!)

Die Nutzungsrechte an Mobilfunkfrequenzen können unter Kontrolle der Regulierungs­behörde weitergegeben werden; das gilt auch für bereits vergebene Frequenzen. Damit wird der Wettbewerb gestärkt, und das ist ein klarer Vorteil für die Konsumenten. Der Regulator hat mehr Einfluss, um bei Wettbewerbsverzerrungen und einseitigen Marktmachtstellungen zu reagieren.

Auch wird die Regulierungsbehörde jährlich einen Bericht über unlautere Praktiken und die dazu getroffenen Maßnahmen an das Parlament erstatten. Damit ist gewährleistet, dass notfalls auch über den Gesetzgeber bei Nichtvollziehung Korrekturen vorgenom­men werden.

Die Höhe der Tarife der 0800er-Nummern – das wurde vorhin von Kollegen Eder ange­sprochen – wird in einer Ministerverordnung mit 22 Cent gedeckelt. Das betrifft die Informationsdienste, meine Damen und Herren.

In den letzten Jahren wurde viel Missbrauch betrieben. Das betrifft vor allem die frei kalkulierbaren Dienste ohne Deckelung, die so genannten 0900er-Nummern, in denen vor allem Sex-Dienste angeboten werden und Familien fast in den Ruin getrieben worden sind. (Abg. Öllinger: Nicht alles herunterlesen!) Herr Abgeordneter Öllinger, vielleicht können Sie dann auch heraußen ein bisschen darüber referieren. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Warum stimmen Sie unserem Antrag nicht zu?)


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Jugendlicher Leichtsinn hat extreme Kosten verursacht. Telefone wurden betrieben und missbräuchlich verwendet. (Abg. Öllinger: Sie sollten das überprüfen, was Sie da vorlesen!) Mit diesem Gesetz ist es nun möglich, einmal jährlich diese Nummern zu sperren. Damit ist erstmalig ein Schutz vor dieser Gefahr kostenfrei gegeben. Herr Abgeordneter Öllinger, hören Sie zu! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Denken! Lesen! Sprechen!) Ihre Abgeordnete hat nicht über den Inhalt dieses Ge­setzes geredet (Abg. Öllinger: O ja!), deshalb rede jetzt ich über den Inhalt, und ich hoffe, Sie hören einmal ein bisschen zu. (Abg. Dr. Lichtenberger: Sie haben nicht zugehört! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Auch Ihnen, Herr Abgeordneter Eder von den Sozialdemokraten, möchte ich für Ihre konstruktive Mitarbeit bei diesem Telekommunikationsgesetz danken. Ich begrüße die Zustimmung Ihrer Fraktion.

Das Telefonieren und das Benutzen des Internets wird kostengünstiger. Den Unterneh­mungen werden Wettbewerbsbedingungen des freien Marktes gegeben. Dieses Ge­setz ist ein Meilenstein im Telekom-Sektor. Herr Minister Gorbach, wir Freiheitliche werden diesem Gesetz mit Freude zustimmen!

Ich möchte einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Wittauer, Mag. Karin Hakl und Eder einbringen:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz ...

Ich möchte es jetzt nicht ausführen. Es betrifft die 0900er-Nummern, die für den Kon­sumenten besonders wichtig sind. Ich glaube, in diesem Fall werden Sie uns sicher zustimmen.

Ich möchte noch kurz auf etwas anderes zu sprechen kommen. (Abg. Öllinger: Was steht in dem Antrag?) Vorhin wurde Minister Grasser sehr stark kritisiert. (Abg. Schie­der: Was ist das für ein Antrag? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grü­nen.) Ich möchte Ihnen aus diesem ... (Abg. Dr. Lichtenberger: Was geschieht mit den 0900er-Nummern?) Wollen Sie es hören, Frau Abgeordnete? (Abg. Sburny: ... schon alles gesagt!)

Bei der Pressekonferenz kam ganz klar heraus: Grasser schließt Verkauf an strate­gische Investoren aus. Aus seiner Sicht sind zwei aus dem Rennen, das sind Magna und Thyssen Krupp. – Ich begrüße diesen Schritt, dass Minister Grasser ganz klare Worte zu Ihren Vorwürfen gefunden hat. (Abg. Öllinger: Nein, nein, hat er nicht! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Deshalb können wir auch diese Aussage von Minister Grasser unterstützen. Es war immer eine Forderung von uns, dass diese Unternehmungen in österreichischer Hand bleiben sollen. Da werden wir Freiheitliche ganz genau aufpassen, dass die vielen Arbeitnehmer geschützt bleiben und weiterhin ihrem Beruf nachgehen können!

Ich möchte auch auf die Telekom Austria AG zu sprechen kommen: 14 830 Arbeit­neh­mer – diese gehören geschützt! Bei der voest: 22 000! Wir Freiheitliche werden uns dafür einsetzen, dass diese Unternehmungen weiterhin Bestand in unserem Österreich haben. Wir werden uns dafür einsetzen, wir werden der Garant dafür sein, um diese Arbeitnehmer auch in Zukunft zu schützen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist frei­heitlich, Herr Abgeordneter! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.57

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Was den Antrag betrifft, schlage ich vor – so, wie der zweite Antrag der Grünen nicht verlesen wurde, wurde auch dieser nicht verlesen –,


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dass dann ein nächster Redner, zum Beispiel Herr Abgeordneter Hornek, den Antrag einbringt, damit man ihn in Verhandlung nehmen kann.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

 


12.58

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte an den Beginn meiner Ausführungen zum Telekom-Gesetz eines der Probleme stellen, das natürlich uns allen, die wir über Internet-Anschlüsse verfügen, die wir sehr viel über Mail abwickeln, unter den Nägeln brennt: Das ist das Problem der unerwünschten Werbung via Mail oder SMS.

Meine Damen und Herren! Der Nationalrat hat 1999 eine sehr positive Regelung ge­schaffen, die auch heuer – ich glaube, es war im Februar – vom Verfassungsgerichts­hof bestätigt wurde: dass sie nicht nur konform mit österreichischem Recht, sondern auch konform mit europäischem Recht ist. Die Regelung hatte zum Inhalt, dass uner­wünschte Werbung über SMS oder Mail verboten ist.

In die letzte Sitzung des Verkehrsausschusses ist Frau Kollegin Hakl mit einem Abän­derungsantrag gekommen, der nun diese sehr positive Regelung aufweicht, und zwar dramatisch aufweicht. Dazu muss ich sagen: Das lehnen die Grünen ab, weil es hier größte Schwierigkeiten gibt, gerade für Klein- und Jungunternehmer, weil hier die Differenz nicht gegeben ist. (Abg. Mag. Hakl: Das war bereits Gesetz, und wir haben zusätzlich ...!) Indem nun das Verbot der unerwünschten Werbung nur noch auf Konsumenten beschränkt wird, sind im Gegensatz zu früher all jene, die Kleinunter­nehmer sind, beispielsweise die Architekten, natürlich dem Schwall unerwünschter Werbung ungeschützt ausgesetzt. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Wollen Sie nicht nur verstopfte Briefkästen, Brieffächer beim Eingang zu Hause, sondern auch noch auf Ihren Mailseiten? Meine Damen und Herren! Das lehnen wir ab! Unerwünschte Werbung brauchen wir nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Und wenn es nun heißt, es müsse die Möglichkeit geschaffen werden, anzuklicken, dass man die Werbung nicht mehr haben will, so ist das zwar juristisch und technisch ein interessanter Vorschlag, allein werbetechnisch ist er absolut kontraproduktiv. Ich sage Ihnen eines: Diejenigen, die Internetwerbung machen, wissen das ganz genau. Wenn nämlich jemand den Knopf anklickt, hat er damit bewiesen, dass er die Werbung gelesen hat, und einer, der das gelesen hat, ist natürlich für andere Werbesendungen, nicht mehr für diese, ein extrem interessanter Adressat, weil er diese Dinge liest. Wenn es einfach gelöscht wird und dieses Signal nicht erfolgt, dann signalisiere ich der Werbewirtschaft ja nicht unbedingt, dass ich diese Dinge lese. (Ruf bei der SPÖ: Da haben Sie Recht!)

Das ist das Riesenproblem, das mit dieser Regelung einhergeht, obwohl es vielleicht sogar legistisch, juristisch gut gemeint war. In der Praxis der Werbewirtschaft ist das aber völlig kontraproduktiv und soll daher verschwinden. Das ist nicht zweckdienlich, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage es Ihnen noch einmal: Wir alle leiden darunter, dass unsere Briefkästen über­quellen. Viele von uns leiden auch darunter, dass ihre E-Mailboxen überquellen. Dazu kommen jetzt auch noch die unnützen SMS-Werbungen. Das wird langsam uner­träglich! Wir werden zugespamt, meine Damen und Herren! Der Verkehrsausschuss mit seiner schwarz-blauen Mehrheit hat nichts Besseres zu tun gewusst, als dem auch noch Vorschub zu leisten und mehr Möglichkeiten zu verschaffen. Das kann man


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wirklich nur ablehnen, denn das ist wirklich ein absolut falscher Schritt gewesen. (Bei­fall bei den Grünen.)

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt hinweisen – ich muss noch einen Antrag einbringen –, der von uns an diesem Telekommunikationsgesetz kritisiert worden ist und der nach wie vor der Sanierung bedarf: Es betrifft Amtshaftungsansprüche und daraus entstehende Schäden, wenn rückwirkendes Eintreten festgeschrieben ist.

Ich bringe hiemit folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (128 der Beilage): Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz geändert werden sowie über den Antrag 44/A(E) der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Anpassungen des Telekommunikationsrechts,über den Antrag 49/A der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommuni­kations­gesetz – TKG) BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2002, geändert wird undüber den Antrag 91/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für Mehrwert­dienste (184 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Telekommuni­ka­tionsgesetz erlassen wird und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz geändert werden (128 der Beilagen), wird geändert wie folgt:

§ 133 Abs. 2 wird geändert wie folgt und lautet:

,(2) Verfahren, in denen ein Bescheid aufgrund der Bestimmungen des TKG 1997 erlas­sen oder durch Erkenntnis des Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshofes oder durch die belangte Behörde selbst behoben wurde, sind nach der Rechtslage zu Ende zu führen, die bis sechs Monate vor dem Einbringen einer Säumnisbeschwerde bestanden hat. Wenn in einer verwaltungsgerichtlich anhängigen Rechtsache jedoch keine Säumnisbeschwerde eingebracht worden ist, ist nach jener Rechtslage zu entscheiden, die bis zum Zeitpunkt des ersten Bescheides bestanden hat, auch wenn dieser Bescheid abgeändert oder aufgehoben worden ist.’“

*****

Dieser Antrag klingt sehr komplex und sehr juristisch, bezieht sich jedoch auf einige Urteile, die in letzter Zeit ergangen sind, und auf eine Anmahnung des Verfassungs­gerichtshofs in dieser Sache. Das sollte dringend noch geändert werden. Da würde Ihnen wirklich zufällig mal kein Stein aus der Krone brechen, wenn Sie diesen Antrag unterstützen würden.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen: Es wäre schon extrem spannend gewesen, zu hören, was Kollege Wittauer bei den 0900-Nummern überhaupt ändern will. Er hat es zwar angekündigt, aber dann mitten im Satz abgebrochen. Ich hoffe, dass das nicht


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heißt, dass dieser Antrag jetzt nicht eingebracht ist. Ich bin schon sehr darauf ge­spannt, wie er aussieht. (Beifall bei den Grünen.)

13.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu einer tatsäch­lichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


13.05

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Abgeordnete Lichtenberger hat gerade behauptet, ich hätte im Ausschuss einen Abänderungsantrag eingebracht, der den Spammingschutz aufgeweicht hätte. (Abg. Dr. Lichtenberger: Stimmt!)

Richtig ist vielmehr, dass das Gesetz bedauerlicherweise lediglich einen Schutz für Verbraucher vorgesehen hat, weshalb ich einen Abänderungsantrag eingebracht habe, durch den ein neuer Absatz aufgenommen wurde, worin auch ein Schutz für Unter­nehmer enthalten ist. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das stimmt ja nicht!) Ich biete der Abgeordneten Lichtenberger sehr gerne an, ihr jetzt sofort – sie war offenbar un­aufmerksam – diesen Abänderungsantrag noch einmal zu übergeben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

13.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von der Vorrednerin, der Abgeordneten Dr. Lichtenberger, verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser, Kolle­gin­nen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Von der Regierungsbank zu Wort gelangt nunmehr Herr Minister Gorbach. – Bitte.

 


13.06

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach: Ge­schätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir einige Worte zu diesem heute zu beschließenden Telekommunikationsgesetz. Wir wissen, es hat einen langen Weg genommen. Bereits im Frühjahr 2002 war es im Ver­kehrsausschuss. Es geht nach all diesen vielen und langen Diskussionen auch darum, eine EU-Richtlinie umzusetzen. Ich habe deshalb relativ rasch nach Sichtung der offenen Angelegenheiten nach der Amtsübergabe den Auftrag gegeben, das in einer intensiven Arbeitsgruppe so vorzubereiten beziehungsweise voranzutreiben, dass wir fristgerecht dieses Telekommunikationsgesetz beschließen können, was wir auch schaffen werden.

Ich möchte festhalten, dass es für mich äußerst erfreulich ist, dass diese schwierige und konsumentenintensive Materie eine breite Zustimmung findet, und zwar nicht nur jene der Regierungsparteien, sondern eben auch die der großen Opposition. Herr Ab­geordneter Eder! Ich nehme Ihren Dank gerne mit beziehungsweise ich gebe ihn weiter an meine Beamten, weil wir wirklich intensiv auf die vernünftigen Vorschläge der SPÖ eingegangen sind. Und so beschließen wir heute ein meines Erachtens sehr gutes Telekommunikationsgesetz, bei welchem der König eindeutig der Kunde ist. Das war wohl unser aller Absicht.

Ich darf vielleicht ergänzen, dass es sich damit eindeutig um einen Meilenstein in der österreichischen Telekom-Geschichte handelt. Sie sollen auch in Erinnerung gerufen bekommen, dass bisher lediglich Finnland diese EU-Richtlinie umgesetzt hat, wir also, wenn wir den Fahrplan einhalten, dieses Gesetz also am 24. Juli im Bundesrat sein wird, dann per 25. Juli gemäß den EU-Richtlinien auf Kurs sein werden.

Die besonderen Vorteile des neuen Telekommunikationsgesetzes wurden bereits er­wähnt, insbesondere die Mobilnummernportabilität, die Tarif- beziehungsweise Netz-


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trans­parenz und natürlich auch der kostenlose Einzelentgeltnachweis. Ich möchte auch noch bestätigen, dass wir dieses TKG auch in Zusammenarbeit mit Konsumenten­schüt­zern ausgearbeitet und insbesondere die Problematik rund um die Portierung betreffende Stellungnahmen berücksichtigt haben.

Ich darf feststellen, dass es wiederum erfreulich war, dass es nach eineinhalbjährigen Verhandlungen mit den Betreibern gestern Abend in einer vierstündiger Diskussion mit allen Handy- und Festnetzbetreibern Österreichs mir und meinen Beamten gelungen ist, Einigung zu erzielen. Auch bei diesen Diskussionen, bei diesem Roundtable, der übrigens gezeigt hat, dass bei Roundtables auch etwas Vernünftiges herauskommen kann, stand auch wieder – und das ist erfreulich – sehr eindeutig der Kunde im Mit­telpunkt. Ich kann nur meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass auch die Be­treiber sehr auf unsere kundenfreundlichen Argumente eingegangen sind. Ich wün­sche mir bei dieser Gelegenheit auch, dass wir das konstruktive Klima fortsetzen können.

Herr Kollege Eder, ich habe Ihnen zugesagt, Ihre Vorschläge und Wünsche, insbe­sondere was die Tarifhöchstgrenze von 0,22 € für die Mehrwertdienste, die 800er, 810er und 820er-Nummern betrifft, mit in die Verordnung hineinzuverpacken. Ich kann das hier nur bestätigen und werde das auch tun. Dass einmal jährlich die entgeltfreie Sperre für Mehrwertdienste bereitzustellen ist, haben Sie schon erwähnt. Auch das war, wenn man so will, ein Kompromiss.

Zur Kritik von Frau Abgeordneter Dr. Lichtenberger: Ich bin eigentlich froh, dass diese dann noch gekommen ist, denn sonst hätte ich auf Grund der Verhandlungen im Ver­kehrsausschuss und auch der heutigen Ausführungen von Frau Dr. Moser das Gefühl haben müssen, dass die Grünen aus Prinzip dagegen sind, weil ich bisher keine wirklichen Argumente gehört habe. Diese Ihre Haltung könnte aber ein Argument sein. Ich sage Ihnen, dass auch ich mich oft etwas belästigt von viel zu viel Werbung fühle, aber nicht nur in diesem Bereich, auch in anderen Bereichen. (Abg. Dr. Lich­ten­berger: Papierwerbung genauso!) Aber Werbung ist eben auch ein Teil der Wirtschaft, und zwar kein unwichtiger. Und Wirtschaft sind wir alle, und wir sollten auch hoffen, dass es der Wirtschaft gut geht. Ich mache einen Link, einen Verweis auf heute Vor­mittag und die Ihnen offensichtlich überflüssig vorkommende Diskussion über die aktuelle wirtschaftliche Situation in unserem Lande.

Werbung ist also wichtig, und ich möchte betonen, dass im § 107 Abs. 4 bis 6 – Sie wissen es ja – die Zusendung elektronischer Post und von SMS an Unternehmen ohne vorherige Einwilligung möglich ist, wenn der Versender eine Möglichkeit einräumt, den Empfang weiterer Nachrichten abzulehnen, und die Zusendung elektronischer Nachrichten zu Zwecken der Direktwerbung unzulässig ist, wenn die Identität des Ab­senders verschleiert, verheimlicht oder nicht nachvollziehbar ist, so dass auch keine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten möglich ist.

Jetzt kann man natürlich sagen, das sei einem immer noch zu viel. Dann bekommt man eben gar keine Werbung. Die Problematik haben wir zum Beispiel auch im Postbereich und auch in anderen Bereichen. Wenn Sie eine Tageszeitung bekommen, wollen Sie vermutlich auch eher die politischen Nachrichten oder Sport oder was auch immer lesen – ich hoffe, nicht die Todesanzeigen –, auf jeden Fall aber nicht nur die Werbung, und Sie bekommen sie trotzdem mitgeliefert. Also ich meine, hier sollte man etwas liberal, etwas großzügig sein.

Insgesamt ist es ein ganz hervorragendes Gesetz, und ich freue mich, dass es im Parlament auf eine derart große Zustimmung stößt. Es war übrigens auch gestern bei den Verhandlungen mit den Betreibern zweifelsohne ein Vorteil, dass ich dort in Aus­sicht stellen konnte, dass dieses Gesetz heute eine große Mehrheit finden wird.


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Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

13.12

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

13.12

 


Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Anpassungsbedarf des Telekommunikationsgesetzes resultiert auf der einen Seite aus dem so genannten Telekom-Reformpaket des Rats der Euro­pä­ischen Union, der die Umsetzung der einschlägigen Richtlinien in die innerstaatliche Rechtsordnung vorsieht. Auf der anderen Seite sind technisch hochwertige und ökonomisch effiziente Telekommunikationsnetze heutzutage Grundvoraussetzung für einen guten Wirtschaftsstandort. Nach Öffnung des Markts im Telekommunikations­be­reich für private Anbieter versuchten diese ihren Wettbewerbsvorteil über optimale Net­ze zu positionieren, was in der Vergangenheit zu einem wahren Wildwuchs an Sen­demasten geführt hat. Partnerschaftliche Lösungen im technischen Bereich unter Mit­bewerbern waren früher nicht gegeben. Der Begriff Site-sharing war tatsächlich ein Fremdwort. Das hatte Auswirkungen, die zu Unmut bei der Bevölkerung und zu Unver­ständnis bei den Gemeindeverantwortlichen geführt haben.

Mittlerweile hat sich der Wettbewerb um den Kunden wesentlich verlagert. Heute sind es Dienste, die entscheidend sind: Vom E-Mail über versandte Fotos, Fernkontrolle, Fern­wirkung bis zum SMS reichen die Anbote. Das neue Telekommunikationsgesetz sieht unter § 8 Mitbenutzungsrechte vor. In Hinkunft werden Eigentümer oder Nutzungs­berechtigte von Antennenmasten oder Starkstromleitungsmasten Feuer­wehren, Rettungsdiensten sowie Sicherheitsbehörden die Mitbenützung gestatten.

Breitbandtechnologie ist ein Muss für Universitäten, Schulen, Betriebe und viele Pri­vate. Um diese Zukunftstechnologie rasch umsetzen zu können, ist es notwendig, dass es zu einem breiten Anbot kommt. Deshalb sieht § 14 vor: „Jedermann ist berechtigt, Kommunikationsnetze und -dienste unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bereitzustellen.“

In Bezug auf leitungsgebundene Technik wie Verkabelungen in ober- und unterir­discher Form ist eine enge Zusammenarbeit mit den Gemeinden unabdingbar, um Sy­nergien mit dem Kanal-, Wasserleitungs- und Fernwärmebau zu ermöglichen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass unser Landes­hauptmann Dr. Erwin Pröll und unser Wirtschaftslandesrat Ernest Gabmann gemein­sam die Initiative „Breitband Niederösterreich“ gestartet haben. Diese Initiative wird gewährleisten, dass wir diese Zukunftstechnologie spätestens innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellen können, und der Begriff „virtuelles Dorf“ bekommt eine positive Zusatzbedeutung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist dies ein modernes, ein gutes Gesetz. Ich erbitte Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.15

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Nein, Verzeihung: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte. (Abg. Neudeck: Ist uns ohnehin lieber!)

 



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29. Sitzung / Seite 89

13.16

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Wir stehen an der Schwelle einer neuen österreichischen Tele­kom-Zukunft: Die Entwicklung zu einem offenen Wettbewerbsmarkt im Bereich Tele­kommunikation ist praktisch abgeschlossen. Jetzt gilt es nachhaltige Stärkungsimpulse zu setzen, damit Österreich als innovatives Telekom-Infrastrukturland und als Impuls­geber für den Telekom-Beschäftigungsmarkt erfolgreich sein kann.

Besonderes Augenmerk muss dabei auf den ländlichen Raum gelegt werden, der für private Investoren auf Grund der fehlenden Masse nicht so attraktiv ist wie die Bal­lungs­räume. Daher wird es in diesem Raum auch besonderer Förderungen bedürfen, zum Beispiel in der Frage der Internet-Breitbandanschlüsse.

Nach einer vergleichsweise frühen Markteinführung von Breitband ist Österreich im letzten Jahr auf die fünfte Stelle in Europa zurückgefallen. Damit Österreich wieder einen Spitzenplatz unter den Informationsgesellschaften Europas erringen kann, müs­sen gezielte nationale Anstrengungen bei den breitbandigen Zugangstechnologien unternommen werden. Ebenso ist mit nützlichen E-Commerce-Lösungen und E-Government-Produkten die Nachfrage zu stärken.

Obwohl Österreich nach dem Aktionsplan „E-Europe“ verpflichtet ist, bis 2005 flächen­deckende Versorgung zu erreichen, gibt es derzeit keine quantitativen Zielvorgaben und keinen Zeithorizont hinsichtlich der Ausweitung des Breitbandzugangs im länd­lichen Raum. Auch gibt es weder Konzept noch Strategie in diesem für die Wett­bewerbsfähigkeit so zentralen Bereich. Daher fordern wir Direktförderung, flächen­deckende Versorgung in ausreichender Kapazität, flächendeckende Ausstattung der Schulen, Ausbildung für alle Bevölkerungsgruppen und verstärkte Nutzung beste­hen­der und auch alternativer Finanzierungslinien, um den ländlichen Raum maximal zu stärken.

Im heurigen Frühjahr startete die Rundfunk- und Telekom-Regulierungsgesellschaft die Breitbandinitiative Österreich. Ausgehend von einer Analyse des Status quo sollte diese Gesellschaft nach dem Motto „Breitband für alle“ unter anderem Möglichkeiten zur Förderung der Breitbandpenetration vor allem für unter- und unversorgte Gebiete aufzeigen und für die Öffentlichkeit, das Parlament und die Regierung die dafür geeigneten Modelle entwickeln. Ziel der Initiative sollte es vor allem sein, die öster­reichischen Aktivitäten zur Verbesserung der Breitbandversorgung zu koordinieren und zu steuern.

Im Gesetz, das uns nun vorliegt, meine Damen und Herren, findet sich von all dem leider nichts. Die von der Regierung beschlossenen steuerlichen Begleitmaßnahmen als einzige Maßnahme sind nicht geeignet, in den benachteiligten Gebieten ausrei­chende Wirkung zu erzeugen.

Meine Damen und Herren! Eine große Chance für den ländlichen Raum wurde vertan. (Beifall bei der SPÖ.)

13.19

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Jetzt gelangt Herr Abgeordneter Mag. Mai­noni zu Wort, und zwar mit 5 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.19

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Telekommunikations­gesetz 2003 in seiner Neufassung beinhaltet natürlich eine Reihe von Neuerungen, die notwendig geworden sind, weil der Rat der Europäischen Union im Wesentlichen vier Richtlinien ausgegeben hat.


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Ich möchte einen Bereich herausgreifen, der vor allem für die Konsumenten inter­essant ist, weil dieses Telekom-Gesetz doch auch sehr auf brancheninterne Bereiche eingeht. Ein Bereich ist für Konsumenten sehr wichtig – dies wurde ohnehin auch vom Herrn Bundesminister bereits erwähnt –, die Mobilfunkbenutzer sollen in Zukunft nämlich die Möglichkeit haben, ihre Rufnummern zu behalten.

Unter dem technisch sperrigen Begriff „Rufnummernportabilität“ ist nichts anderes zu verstehen als das, dass jemand, dem seine Nummer sehr gut gefällt beziehungsweise der aus beruflichen oder welchen Gründen auch immer das haben möchte, seine Ruf­nummer unter gleicher Vorwahl weiterhin behalten kann.

Das ist natürlich für die Betreiber ein heißes Thema auf diesem Milliardenmarkt. Wenn man bedenkt, dass die so genannte Marktdurchdringung eigentlich bedeutet, dass vom Kindergarten bis zum Seniorenheim 80 Prozent der Österreicherinnen und Öster­rei­cher bereits ein Mobilfunkgerät haben und sich das zu einem Milliardenmarkt ent­wickelt hat, so ist natürlich auch gerade der Wechsel, der eine Möglichkeit der Markt­verschiebung bietet, für die Betreiber von besonderer Bedeutung.

Der derzeitige Marktanteil ist ja in etwa so: Die Mobilkom hat 44,7 Prozent des Markt­anteiles, T-Mobile hat 29,6 Prozent, One etwa 20,3 Prozent, tele.ring 5,4 Prozent. Jetzt, durch eine Neuregelung der Europäischen Union, die das in nationales Recht transformiert haben will, ist natürlich eine wesentliche Marktverschiebung möglich. Und deshalb gab es ja auch ein großes Tauziehen zwischen jenen, die neu auf den Markt kommen, und jenen, die natürlich ihren Marktanteil behalten wollen. Alles in allem ist das aber vor allem für die Konsumenten von Vorteil.

Gestern konnte dann doch – Herr Bundesminister Gorbach hat das ja bereits er­wähnt – eine Einigung erzielt werden, was zuerst unmöglich erschien, nämlich eine Einigung zwischen den Mobilfunkbetreibern in Bezug auf diese Rufnummern­porta­bilität. Dazu nur ganz kurz: Wer wechseln will, braucht nur mehr zum neuen Betreiber zu gehen, sich aber nicht mehr beim alten abzumelden. Was wir aus der Werbung, was wir aus dem Bankensektor kennen, gibt es jetzt somit auch bei den Mobil­funk­betreibern: Wer zu einem neuen wechseln will, braucht dort nur mehr hinzugehen.

In einem standardisierten Vertrag erfährt der Kunde natürlich auch die Bedingungen, die er dabei eingeht. Technisch läuft das so ab: Ein Wechsel darf maximal drei Tage in Anspruch nehmen – eine relativ lange Frist in einer Zeit der Technologisierung, in einer Zeit der Telekommunikation. Man muss aber bedenken, dass ja ein Wechsel erst in der Nacht möglich ist, weil tagsüber die Netze doch sehr belegt sind, und man muss auch bedenken, dass möglicherweise ein Wochenende dazwischen liegt. Faktum ist jedoch, dass das wahrscheinlich in aller Regel spätestens in rund einem Tag erledigt sein wird.

Die Kosten für den Wechsel sollen sich im „überschaubaren Rahmen“ bewegen; es wurde das nicht genau definiert. Ein Beispiel hiezu: In Deutschland bezahlt der Wech­selnde; die Kosten hiefür betragen in etwa 20 bis 25 €; es wird aber noch genau erhoben, was ein marktgerechter Preis ist. – Von Betreibern hier in Österreich ist zu erfahren, dass man versuchen wird, jedenfalls für den, der wechseln will, diese Kosten zumindest zum Teil zu übernehmen.

Außerdem wird es eine einheitliche Textansage geben, in welches Netz man tele­foniert, denn das ist wichtig. Es kann ja durchaus sein, dass die Person, die man anruft, plötzlich das Netz gewechselt hat, was man aber im ersten Moment nicht erkennen kann, weil eben die Rufnummer gleich geblieben ist. Der Kunde wird sich dann entscheiden können, ob er diese Textansage haben will oder nicht. Alles Neure­gelungen also, meine sehr geehrten Damen und Herren, die zum Vorteil der Handy­benützer und konsumentenfreundlich sind.


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Besonders freut es mich, dass in dieser schwierigen Materie ein Konsens mit den So­zial­demokraten gefunden werden konnte, womit dieses wichtige Gesetz breite Zustim­mung erfährt. Wichtig ist, dass mit dem TKG 2003 sozusagen viele Aufgaben erledigt werden, so zum Beispiel die Wettbewerbsregulierung, eine periodisch wiederkehrende Evaluierung statt einer Ex-ante-Regelung; et cetera. Es ist dies also ein flexibles System.

Alles in allem: ein neues, ein gutes Gesetz, das Gott sei Dank auch breite Zustimmung findet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


13.24

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren auf der Regierungsbank! Meine geschätzten Damen und Herren Kollegen im Hohen Haus! Mit dem neuen Telekommunikationsgesetz werden wir den Anpassungs­erfordernissen, die auf Grund mehrerer Richtlinien der Europäischen Union notwendig wurden, gerecht. Aber es wird dabei in Zukunft neben dem reinen Telekommuni­ka­tions­bereich auch andere Übertragungssysteme, insbesondere auch Rundfunknetze und Rundfunkdienste, umfassen.

Ich möchte mich jetzt mit dem Bereich Telekommunikation auseinander setzen und einige Punkte herausgreifen; dabei liegt mir naturgemäß der ländliche Raum sehr am Herzen.

Vielleicht vertritt der eine oder andere von Ihnen sogar die Auffassung, dass der Bereich der Telekommunikation vor allem städtischen Anforderungen entsprechen müss­te. Ich sage: Das Gegenteil ist der Fall, müssen wir doch verstärkt darauf achten, Chancengleichheit für den ländlichen Raum zu schaffen. Mit diesem Gesetz legen wir fest, dass es einen Universaldienst, dass es ein Mindestangebot an öffentlichen Diens­ten geben muss, zu denen alle Endnutzer Zugang, und zwar zu einem erschwinglichen Preis, haben müssen. Die Kosten für Festnetztelefonie zum Beispiel wurden ja bereits in den letzten Jahren um rund 60 Prozent gesenkt. Dabei geht es also um einen wesentlichen Fortschritt in die richtige Richtung: für die Konsumenten, für die Bürger unseres Landes.

Mit der verstärkten Nutzung von Internet und anderen modernen Techniken können Wettbewerbsunterschiede verringert werden. Und es gibt durchaus auch heute schon ländliche Regionen mit einer großen Dichte an solchen Einrichtungen. In diesem Zusammenhang nenne ich etwa die Gemeinde Hüttschlag, eine Gemeinde, in der über 90 Prozent der bäuerlichen Betriebe über einen Internetanschluss verfügen. (Abg. Eder: Bravo!) Die Dichte allein ist jedoch nicht der einzige Maßstab: In Zukunft werden wir noch mehr in Richtung Qualität zu investieren haben. Im Bereich Breitbandver­sorgung müssen Initiativen gesetzt werden, denn damit kann man sicherlich auch eine Verbesserung der Arbeitsplatzsituation in ohnehin benachteiligten Regionen bewirken.

Meine Damen und Herren! Sie werden sicherlich auch verstehen, dass ich als Bauer großen Wert auf die Sicherung des Eigentums lege. Deshalb bin ich froh darüber, dass die einzelnen Entschädigungsbestimmungen beibehalten werden, und ich sage Ihnen auch, dass die bisher bezahlten gesetzlichen Entschädigungssätze für Grundinan­spruchnahme bei weitem nicht überzogen waren. Man braucht ja nur diese Ent­schädigungssätze mit denen privater Errichter von Leitungsnetzen zu vergleichen, die oftmals ein Vielfaches ausmachen.


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29. Sitzung / Seite 92

Alles in allem können wir feststellen, dass wir heute ein modernes Telekommuni­ka­tions­gesetz beschließen, das zum Wohle der Menschen in unserem Land wirkt. Ich lade alle ein, dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Broukal. (Rufe: Broukal ist nicht im Saal!)

Mit Vergnügen: Dann ist Herr Abgeordneter Parnigoni der nächste Redner. – Bitte. (Staatssekretär Mag. Kukacka: Das Fernsehen ist nicht mehr da – und Broukal ist nicht mehr interessiert ...! – Abg. Parnigoni – auf dem Weg zum Rednerpult –: Das ist eine unqualifizierte Bemerkung, Herr Staatssekretär!)

 


13.28

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der Kommunikationsmarkt ist ein wesentlicher Wirtschaftszweig; das haben ja bereits viele meiner Vorredner festgestellt. Es gibt enorme Zuwachsraten, und es ist das ein Bereich, der wesentlich zur Entwicklung der Informationsgesellschaft beiträgt. Mit dem Telekommunikationsgesetz des Jahres 1997, an dem ich mich maßgeblich mit betei­ligen durfte, wurde die Liberalisierung eingeleitet und der Übergang von einem Mono­pol zu einem geöffneten Markt möglich gemacht.

Hohes Haus! Der Wettbewerb ist nunmehr etabliert. In Österreich gibt es im Handy-Bereich eine enorm hohe Penetration, und wir haben auch relativ niedrige Tarife, was ja auch mit einer Liberalisierung des Marktes erreicht werden konnte. Allerdings hat sich seit dem Jahre 1997 eine Reihe von Problemen ergeben, Probleme, die ganz auffällig wurden, und daher ist natürlich diese Novelle dringend notwendig geworden, vor allem was die Konsumentenrechte anlangt. Da zeigt sich deutlich, dass gerade bei den Mehrwertdiensten vor allem die Streitschlichtungsfälle bei der RTR allzu dra­matische Zuwächse haben. Daher nochmals: Diese Novelle ist ganz wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Diese Gesetzesvorlage ist sehr lange und sehr ausführlich behandelt wor­den; es gab dazu auch einen Unterausschuss, und in diesem haben vor allem die Sozialdemokraten wirklich versucht, viele ihrer Ideen einzubringen. Viele Verände­rungen konnten auch erreicht werden.

Uns von der SPÖ ist es im Besonderen darum gegangen, von einer Ex-ante- zu einer Ex-post-Regulierung zu kommen. Uns ist es darum gegangen, dass die bestehende Behördenstruktur aufrecht bleibt, nämlich dass für den Telekom- und für den Rund­funkbereich ein eigener Regulator bleibt. Uns ist es weiters darum gegangen, dass die Universaldienste fortgeführt und qualitativ weiterentwickelt werden.

Für uns war auch wichtig, dass in diese Novelle entsprechende Incentives zur Stei­gerung der Investitionen im Telekombereich Eingang finden. Auch die Nummern­portabilität, die schon erwähnt worden ist, ist eine wichtige Angelegenheit. Vor allem ging es uns auch um die Stärkung der Konsumentenrechte. Und die kostenmäßige Begrenzung von Mehrwertdiensten und die Möglichkeit, Rufnummern durch die Kon­sumentInnen sperren zu lassen, sind ja sichtbare Zeichen hiefür. (Beifall bei Abge­ordneten der SPÖ.) – Ich danke herzlich. (Abg. Mag. Molterer: Tosender Applaus!)

Hohes Haus! Einiges konnten wir von der SPÖ, wie gesagt, unterbringen, und daher werden wir diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung erteilen. Festhalten möchte ich in diesem Zusammenhang, dass wir, weil wir eben zustimmen, die Abän­derungs­anträge der Grünen ablehnen, obwohl gewisse Teile davon inhaltlich durchaus diskus­sionswürdig und auch berechtigt sind.


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29. Sitzung / Seite 93

Daher warten wir auch schon, Herr Bundesminister Gorbach, auf die nächste Novelle. Ich habe ja bereits angemerkt, dass es bei den Universaldienst-Betreibern so ist, dass diese noch immer einer Ex-ante-Regelung unterliegen. Zum Zweiten ist nicht durch­setzbar gewesen eine akustische Tarifansage im Rahmen der Portabilität, beim Wech­seln eben von einem zum anderen Betreiber. Zum Dritten wäre es uns auch lieber gewesen, wenn die Tarifobergrenze mit den 22 Cent nicht in einer Verordnung, son­dern im Gesetz Platz gefunden hätte.

Vor allem aber – und das ist für uns ganz entscheidend – kann ich nicht verstehen, dass man in Bezug auf den § 107 Abs. 4 beziehungsweise diesem besonderen Wunsch der Kollegin Hakl nachgegeben hat, wo vom Schutz der Unternehmen geredet wird, aber in Wirklichkeit eine Opt-out-Variante geschaffen wurde, sodass die Zusen­dung von Spams erlaubt ist; es besteht nur die Möglichkeit, den Empfang von Spams durch eine weitere Nachricht abzulehnen.

Eine solche Regelung, meine Damen und Herren, versucht man in Deutschland zum Bei­spiel abzuwürgen. Die CDU bemüht sich, eine Opt-in-Lösung zu schaffen, weil es in Wirklichkeit dazu kommen wird, dass vor allem kleine Unternehmen enorm hohen Arbeitsaufwand haben werden, weil sie jetzt nicht nur die Spams löschen, sondern auch noch darauf antworten müssen. Das, Hohes Haus, wird zur Folge haben, dass in Wirklichkeit der Spammer dann eine Adresse bekommt, die er validieren kann, die sich in ihrem Wert sogar steigern wird. Das hängt damit zusammen, dass diese Adresse deshalb einen hohen Wert hat, weil ja ein echter Empfänger dahintersteht. Dann hält sich zwar der Spammer an das Gesetz und schickt keine weiteren Werbesendungen oder Ähnliches mehr. Die Adresse hat er allerdings rechtlich einwandfrei erworben, und er wird sie etwa ins Ausland verkaufen. Und dann ist es ganz einfach: Dann wird lustig weiter gespamt, und vom Ausland her wird das Unternehmen mit Spams geradezu überschwemmt werden. Und dennoch, meine Damen und Herren, ist das alles rechtens. – Das kann doch nicht der Sinn dieser Novelle sein!

Ich meine daher, Herr Bundesminister, dass das in einer Novelle geändert werden muss. – Sie werden ja sehen, meine Damen und Herren, Sie werden eine Fülle von Beschwerden gerade aus den kleinen Unternehmen bekommen.

Nochmals: Wir stimmen zu, allerdings muss die nächste Novelle sozusagen schon in der Pipeline sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

 


13.34

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich behebe jetzt hiemit den von Frau Kollegin Lichtenberger kritisierten formalen Mangel und bringe den von ihr urgierten Antrag im Namen der Abgeordneten Wittauer, Mag. Karin Hakl und Eder nunmehr ein.

Der Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wittauer, Mag. Karin Hakl, Eder zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird, und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Telekommuni­ka­tionsgesetz erlassen wird, und das Bundesgesetz über die Verkehrsarbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschuss­berichtes, wird wie folgt geändert.

1. In Artikel I wird im § 29 der Abs. 2 wie folgt geändert: Ein neuer Abs. 3 wird eingefügt, der bisherige Abs. 3 wird zu Abs. 4.

„(2) Bereitsteller von öffentlichen Telekommunikationsdiensten haben ihren Teilneh­mern auf Antrag einmal jährlich die entgeltfreie Sperre abgehender Verbindungen zu frei kalkulierbaren Diensten bereitzustellen.

(3) Erbringer des Universaldienstes haben ihren Teilnehmern außerdem nachstehende Einrichtungen und Dienste bereitzustellen:

1. Möglichkeiten zur Bezahlung des Zugangs zum öffentlichen Telefonnetz und der Nutzung öffentlicher Telefondienste im Voraus und

2. Möglichkeiten zur Bezahlung des Zugangs zum öffentlichen Telefonnetz in Raten.“

2. In Artikel I wird dem § 24 Abs. 2 nachstehender Satz angehängt:

„Die Regulierungsbehörde hat jährlich im Rahmen des Berichtes gem. § 34 Abs. 2 über unlautere Praktiken und die dazu getroffenen Maßnahmen zu informieren.“

*****

Soweit dieser Abänderungsantrag, Frau Kollegin Lichtenberger.

Eine kurze Anmerkung von mir: Seien Sie sich gewiss, dass Spam-mails, SMS-Wer­bungen und unseriöse Praktiken auf der neuen 100er Mehrwertnummer von, so ver­mute ich, keiner Gruppierung und Partei hier im Hause gewünscht werden. Wir werden alles unternehmen, dass das nicht erfolgt. Eines muss uns allerdings auch klar sein: Die Technik ist meistens einen Schritt voraus, der Gesetzgeber hinkt nach. Mit diesem Gesetz haben wir aber zumindest gleichgezogen.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten und einladen, dieser Gesetzesvorlage Ihre Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

13.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Miedl ver­lesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Wittauer, Hakl, Eder ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Broukal. Ich erteile es ihm. (Rufe bei den Freiheitlichen: Oh, Broukal ist wieder zurückgekommen ...! Hat es sich doch überlegt ...!)

 


13.37

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich einerseits, dass Sie sich freuen, mich wiederzusehen (Rufe: Nein, der Parnigoni hat viel besser geredet als Sie), aber andererseits denke ich: Irgendwann wär’s einmal an der Zeit, dass Sie sich an mich gewöhnen, so wie ich mich an Sie zu gewöhnen hatte, was mir, so glaube ich – mit einigen wenigen Ausnahmen – auch gut gelungen ist. Ich würde mir jedenfalls von Ihnen (in Richtung Freiheitliche und ÖVP) wünschen, dass wir etwas normaler miteinander umgehen ... (Beifall bei der SPÖ. –


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29. Sitzung / Seite 95

Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Aber es ist Ihnen unbenommen, diese Ihre Eigenschaften mir gegenüber hier weiter zu pflegen.

Es ändert nichts daran: Wir reden jetzt über eine Vier-Parteien-Materie. Auch meine Fraktion anerkennt, dass es ... (Rufe: Drei-Parteien-Materie!) Drei-Parteien-Materie, herzlichen Dank! Sie sind dagegen? (Ruf: Die Grünen!) – Die Grünen, und das verstehe ich, denn der Strahlenschutz wurde nicht gebührend berücksichtigt.

Eine EU-Richtlinie wird hiemit durchgesetzt, aber es gibt einige Dinge, die, wie ich meine, zumindest in nächster Zeit noch einmal genauer betrachtet und bei Gelegenheit geändert werden müssen. Das Erste wäre, dass eine Mitnahme der Rufnummer wohl so zu geschehen hat, dass der Konsument auf jeden Fall weiß, welche Kosten auf ihn zukommen. Die Einwände der Industrie, zu sagen: Rufnummern-Mitnahme ist ein Blöd­sinn, denn der Konsument weiß dann nicht mehr, was er für ein Gespräch zu zahlen hat!, sind so lange richtig, solange wir uns nicht dazu durchringen, bei jedem einzelnen Gespräch dem Konsumenten gegenüber transparent zu machen: Das kostet dich jetzt entweder fast nichts, weil es in deinem Netz bleibt – oder es wird teurer, weil du in ein anderes Netz wechselst, obwohl die Vorwahlnummer ursprünglich von deinem Netz gekommen ist!

Das Zweite, das man, wie ich meine, nach einiger Zeit noch einmal betrachten und dann auch noch einmal ändert sollte, sind die Spams. Ich glaube, dass die gewählte „Lösung“, zu sagen: Jeder, der unverlangte Zusendungen bekommt, kann ja zurück­schreiben, dass er diese nicht mehr will!, keine gute Lösung ist.

Ich zitiere da Fachzeitschriften, die das weltweit betrachten. Die Adressen von Internet-Teilnehmern können Sie heute kaufen bei eBay oder bei One Two Sold. Sie kaufen diese Adressen ohne jede Garantie, dass es sie auch wirklich gibt. In dem Augenblick aber, in dem jemand zurückschreibt: Ich will von Ihnen nicht mehr belästigt werden!, sagt er dem Spammer erst wirklich: Jawohl, mich gibt’s, ich bin eine gültige und daher wertvolle Internet-Adresse! Diese Adresse wird sofort weiterverkauft an den Nächsten. Dann bekommen Sie zwar vielleicht vom Ersten kein E-mail mehr zugesandt, aber Sie bekommen von all jenen, denen er Ihre Adresse verkauft hat, umso sicherer ein E-mail.

Es gibt da nur eine einzige Lösung: Spam muss verboten werden! – Aber das werden nicht wir entscheiden, sondern die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, wenn ich das richtig sehe.

Das Dritte, was ich sagen möchte, ist: Ich glaube, dass wir uns dem Problem widmen sollten, dass Jugendliche durch die Möglichkeiten der Telekommunikation dazu ver­führt werden, Pornographie zu betrachten, die nicht für sie geeignet ist und ihren Eltern oft Kosten verursacht, die diese einfach nicht bezahlen können.

Ich selbst kenne einen Fall. An meinem alten Arbeitsplatz im ORF ist vor vielen, vielen Jahren eine Kollegin, eine Sekretärin, gekommen und hat uns gebeten, bei der Tele­kom Austria zu intervenieren, denn es kann nicht sein, dass die Telefonrechnung 70 000 S ausmacht. Wir haben recherchiert, wir haben uns selbstverständlich für sie eingesetzt. Die Antwort der Telekom Austria war: Wir können Ihnen genau die Num­mern zeigen, die gewählt wurden. Und dann hat der Junior gestanden, dass er es war, der mit den Schulfreunden zusammen sich einen pubertären Nervenkitzel verschaffen wollte.

Solche Fälle gibt es immer wieder, und ich glaube, wir sind aufgefordert, hier ein wenig mehr zu tun. Es kann kein legitimes Geschäftsinteresse der Telekom Unternehmen ge­ben, solche Dinge zu fördern. Oder wenn die Telekom Unternehmen glauben, es ist legitim, dann haben wir ihnen zu sagen, es ist nicht legitim. – Ich danke Ihnen für Ihre


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29. Sitzung / Seite 96

Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP, der Frei­heitlichen und der Grünen.)

13.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 184 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen zwei Ab­änderungsanträge eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Wittauer, Mag. Hackl, Eder, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser hat hiezu ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen beziehungs­wiese vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile, der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 § 1 Abs. 1 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 1 § 1 Abs. 1 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich an­genommen.

Die Abgeordneten Wittauer, Mag. Hackl, Eder, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 § 24 und § 29 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies ein­stimmig angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen haben weiters einen Ab­änderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 § 133 Abs. 2 bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­be­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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29. Sitzung / Seite 97

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetz­ent­wurf ist somit mehrheitlich auch in dritter Lesung angenommen.

4. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (130 der Beila­gen): Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (183 der Bei­lagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Marizzi. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


13.45

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute über einen Bereich der Post und der Post AG. Die Post AG hat immerhin fast 29 000 Mitarbeiter, 1,5 Milliar­den € Umsatz, und wir können stolz darauf sein, dass diese Post jeden Tag, bei jedem Wetter, ihre Leistungen für die Österreicherinnen und Österreicher erbringt.

Natürlich – das muss man auch sagen – gibt es Strukturänderungen, die notwendig sind. Die Post hat sich auch den neuen Gegebenheiten anzupassen, und ich schicke voraus, dass wir Sozialdemokraten gegen eine sinnvolle, EU-konforme Liberalisierung natürlich überhaupt nichts einzuwenden haben.

Herr Bundesminister! Sinnvoll und vernünftig wäre es gewesen, Übergangslösungen zu schaffen, die bis zum Jahre 2009 gedauert hätten. Ich erinnere Sie daran – und Sie wissen das ganz genau –, dass die Deutsche Post ungefähr acht Jahre Zeit hatte, diese Liberalisierung in ihrem Bereich umzusetzen. Bei uns geht es jetzt schneller. Ich halte das nicht für sinnvoll. Sie wissen auch ganz genau, dass der Städtebund eben­falls Einspruch erhoben hat.

Es genügt ja nicht, dass wir die Strukturen aufrechterhalten, sondern es geht vor allem darum, dass der Universaldienst der Post in seiner Wettbewerbsfähigkeit gefährdet ist. Da werden nämlich die Mitbewerber im dichten Siedlungsgebiet sehr stark werden, während die Post auf dem Land die teuren Postmengen zu verteilen haben wird, was natürlich enorme Kosten verursacht. Und es ist die Frage, ob das dem Unternehmen, dem Sie vorstehen, gut tut. Ich halte das nicht für sinnvoll. Ich will Sie hier nicht loben, aber Sie sind nach dem ständigen Wechsel wahrscheinlich einer der Vernünftigsten im Vergleich mit Ihren Vorgängern. Deshalb habe ich es nicht eingesehen, dass Sie so ad hoc mit diesen Dingen beginnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was werden die Mitbewerber tun? – Diese werden Billigstpersonal einsetzen, da wird der Verteiler 2 € in der Stunde bekommen, die Schwarzarbeit wird blühen und gang und gäbe sein. Die Postler hingegen, die dann die teuren Dienste verrichten müssen, haben natürlich einen Kollektivvertrag, die zahlen Steuern für die Österreicherinnen und Österreicher, die zahlen Sozialabgaben, und damit gibt es einen unlauteren Wettbewerb. Und so stelle ich mir eine Libera­lisie­rung nicht unbedingt vor. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn das das Ende der Fahnenstange ist, dann, muss ich sagen, ist das eigentlich nicht das, was wir wollen.


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29. Sitzung / Seite 98

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der nächste Punkt ist der Austausch der Briefanlagen. Um 150 Millionen € werden 1,8 Millionen Anlagen ersetzt. Da werden – sage ich jetzt einmal – auch neuere Baujahre dabei sein. Was uns daran besonders stört: Das werden wieder die Konsumenten bezahlen. Und auch das ist nicht die Art, wie man sich eine Liberalisierung vorstellt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich schon bei der Post bin, dann möchte ich noch einige Sätze zu den ganzen Gerüchten und zu den ganzen Vorhaben sagen, dass die Post privatisiert werden soll. Wenn die Deutsche Post die österreichische Post kauft, dann ist das keine Priva­tisierung. Auch wenn der Postverkauf in der letzten Minute gestoppt wurde, gibt es doch immer wieder Aussendungen von der ÖIAG und von vielen anderen, etwa am 9. Mai 2003, dass der Verkauf der Post wieder in Diskussion steht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt auch Umfragen, wonach 82 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher den Verkauf der Post ablehnen. Sie, meine Da­men und Herren von den Freiheitlichen, haben sicher den Artikel in der „Kronen Zeitung“ mit dem Titel „VOEST ist Heimat“ gelesen. Ich glaube, dass auch die öster­reichische Post Heimat der Österreicherinnen und Österreicher sein soll. Wenn man sich nämlich die Ergebnisse der Post anschaut, die ein EBIT von 11 Millionen €, einen Cashflow von 95 Millionen €, eine Eigenkapitalquote von 50,5 Prozent, ein Anlagen­vermögen von 1,08 Milliarden € und dazu Grundstücke im Wert von 578 Millionen € hat, und der Verkaufspreis, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätte 530 Mil­lionen € betragen sollen, dann ist das wirklich gar kein Ausverkauf mehr, sondern das ist ein Scherz.

Herr Bundesminister! Stellen Sie einen solchen Unfug in Zukunft bitte ab! (Beifall bei der SPÖ.)

13.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Gorbach. – Bitte.

 


13.50

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es ist bekannt, dass wir mit der Novelle zum Postgesetz auch wieder eine EU-Richtlinie umsetzen, und ich glaube, dass die Diskussion ja schon gezeigt hat, dass man hier wirklich unter­schiedlicher Auffassung sein kann, insbesondere was das Tempo und die Geschwin­digkeit der Umsetzung betrifft.

Herr Abgeordneter Marizzi, auch ich habe Ihre Argumente im Verkehrsausschuss sehr genau angehört und kann dem einen oder anderen etwas abgewinnen, aber es ist nun einmal so, dass man Argumente eben abwägen muss und sich dann entscheiden sollte. (Abg. Marizzi: Aber mit Augenmaß!) Ich glaube, man kann schon von Augen­maß sprechen, wenn jetzt die Frist mit 1. Juli 2006 gesetzt wurde und die Verant­wortlichen dort ja wissen – nicht erst ab heute, wenn das beschlossen wird –, dass diese Liberalisierung oder die Aufgabe der Monopolisierung kommen wird. Da sind drei Jahre ein Zeitraum, in dem ein dynamisches und modernes Unternehmen – und als solches will ich die Post ja sehen – das schaffen kann. Ich stimme völlig mit Ihnen über­ein, wenn Sie sagen, dass Post auch ein Stück Heimat sein soll, auf das wir stolz sein können, ähnlich wie bei den ÖBB, aber stolz bin ich auf etwas, das in drei Jahren eine derartige Umstellung schafft und nicht acht Jahre dazu braucht wie unsere deut­schen Kollegen. In diesem Fall ist Deutschland für mich aber schon überhaupt kein Vorbild, Herr Marizzi. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Marizzi: Warum will der Finanzminister das an die Deutschen verkaufen? Das müssen Sie auch erklären!)


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29. Sitzung / Seite 99

Herr Abgeordneter Marizzi! Sie haben im Verkehrsausschuss auch gesagt, dass man die Post jetzt so abrupt in eine neue Situation hineindrängt. Also ich sage Ihnen etwas: Wenn die Post es nicht schaffen sollte, diese neue Situation bis 1. Juli 2006 zu bewältigen, dann wäre es höchste Zeit, dass wir dort etwas im Management überlegen und tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Parni­goni: Das wird dann der nächste Postenschacher!)

Damit bin ich auch schon bei der Grundsatzdiskussion: Es soll kein Ausverkauf der Post stattfinden. Das, glaube ich, ist gewährleistet. Ich habe den Eindruck, dass man gerade im Bereich der ÖIAG sehr sorgfältig mit Werten, mit guten Bilanzen, mit Kern­funktionen, mit Kernkompetenzen umgeht. Und die hat die Post ganz eindeutig. (Abg. Parnigoni: Das nützt ihr auch nichts!) Ich bin übrigens ein Fan der Post, und ich hätte jetzt beinahe gesagt, ich liebe meinen Postillion. Also mir gefällt das System auch. Vor allem in den ländlichen Bereichen ist es extrem wichtig, keine Frage, aber die Roman­tik hört sich halt dann auf – und das möchte ich Ihnen schon auch mitteilen –, wenn Postverantwortliche – da können die Postler nichts dafür, das ist wirklich im Overhead passiert – mit dem Monopol Werbung machen. Wenn sie nicht imstande sind, ihre guten Leistungen, ihre Geschwindigkeit, ihre Verlässlichkeit, ihre Vergleichbarkeit, was die Kosten betrifft, und andere Faktoren, die in der freien Wirtschaft eben maßgebend sind, so darzustellen, dass man sie in Anspruch nimmt, sondern wenn die Werbe­bot­schaft der letzten Tage und Wochen ist: Das Monopol, das wir haben, garantiert uns als Einzigen bis zu Ihrem Briefkasten ins Haus zu kommen!, dann ist das in Wahrheit eine Bankrotterklärung der Organisation. (Abg. Marizzi: Das habe ich nicht gesagt!) Ja, aber ich sage es Ihnen jetzt. (Abg. Gradwohl: Warum sollen die Mieter für etwas be­zahlen, was Sie sich wünschen?)

Herr Abgeordneter Marizzi, ich habe den Eindruck, wir sind nicht so weit auseinander, weil wir beide die Post schätzen, beide keinen Ausverkauf wollen, beide die positiven Werte, die dastehen, auch so dargestellt haben möchten. Aber, glauben Sie mir, es ist ein Managementversagen, wenn die Post das Monopol als besondere Leistung her­nehmen muss für die Werbung und sagt: Wir haben als Einzige die Möglichkeit, bis zum Briefkasten in Ihrem Haushalt zu kommen. Das kann es nicht sein, womit ich den Mitbewerb ausschalte.

Meine Damen und Herren! Geschätzte Abgeordnete! Auch was die Kosten betrifft, sei schon erwähnt: Ich habe mich hier defensiv verhalten, aber wenn ich Zahlen höre wie jene, die zuletzt kolportiert worden sind, dass diese Umstellung der 1,1 Millionen Post­fächer im Eigentum der Post AG und der darüber hinaus gehenden 650 000, also ins­ge­samt etwa 1,7, 1,8 Millionen, in etwa 100 Millionen € kosten werde, dann muss ich sagen, das sind Beträge, die einfach nicht stimmen. Sie wissen, dass es inzwischen Angebote gibt, alle Anlagen um etwa ein Fünftel dieses Betrages umzustellen. Erfah­rungen hat man noch keine, aber es gibt eben Anbieter, die das um einen Betrag zwi­schen 10 € und 15 € erledigen. Darüber hinaus gibt es private Anbieter, die interessiert sind, dass diese Umstellung schon schneller stattfindet. Das ist auch so eine Eigenheit des Marktes, dass er sozusagen dynamisiert – ich liebe diesen Prozess –, und wenn diese das wollen, dann werden sie sich an den Kosten beteiligen.

Im Übrigen wiederhole ich, was ich mich veranlasst sah, auch in einer Aussendung festzustellen: dass es an und für sich natürlich eine Hausherrenverpflichtung ist, diese Umstellung vornehmen zu lassen, und dass eben diese Kosten nicht auf anderen Wegen – ich weiß, dass es hier auch gute Organisationen wie Mieterschutz und Ähn­liches mehr gibt – eins zu eins und abrupt, wie Sie im Verkehrsausschuss gesagt ha­ben, auf den Mieter umgelegt werden sollen. (Abg. Gradwohl: Es ist ja egal, ob abrupt oder langfristig, zahlen muss er es!)


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29. Sitzung / Seite 100

Es ist zweifelsohne ein Kompromiss, aber alles in allem ist es ja nicht einzusehen, dass sich dieses Relikt oder dieses Unikum gerade bei uns noch hält, während rund­herum die Liberalisierung bereits vollzogen wurde. Und ein bisschen aktuell, um nicht zu sagen modern, sollten wir auch in Bereichen wie der Post sein. Ich habe den Ein­druck, dass viele Postler das selbst auch wünschen und dass sie genügend gute Argu­mente haben, um ihre Produkte, um ihre Dienstleistungen, die hervorragend sind, im Wettbewerb besonders gut dastehen zu lassen. Und dann können sie auch bestehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.56

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

 


13.56

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Kollege Marizzi, ich habe Ihnen schon im Ausschuss aufmerksam zugehört, und wissen Sie, was ich eigentlich so nicht akzeptieren kann: Da gibt es ein Gemisch aus Emotion und Unterstellung, nämlich die Emotion Heimat und so weiter – ich verstehe das alles – und daneben die Unterstellung, dass ein Privater das sofort mit Schwarzarbeitern macht. Und dann sagt man, dann ist ja klar, dass die Post, die das alles anständig zahlt und als Einziger auf dem Markt ist ... (Abg. Marizzi: Wir werden schauen! – Abg. Gradwohl: Kollege Miedl, Sie wissen, dass es da Erfahrungswerte gibt!) Herr Kollege Marizzi, das ist so nicht akzeptabel!

Das darf doch nicht wahr sein, Herr Kollege, dass die Liberalisierung der Post, die in Wirklichkeit ohnehin bereits vollzogen ist, von Postkastln abhängig gemacht wird. Herr Kollege, da sind Sie in Wirklichkeit argumentativ wahnsinnig schwach. Denn, Entschul­digung, Sie müssen mir erklären, wenn ich den Zugang zu diesen posteigenen Brief­fach­anlagen zulasse, worin der Unterschied besteht, ob das mit 1. Juli 2006 oder mit 1. Jänner 2009 stattfindet, Herr Kollege. Ich habe Sie im Ausschuss gefragt, Ihre Ant­wort ist im Ausschuss nicht gekommen, heute in der Diskussion ist sie ebenso ausge­blieben. (Abg. Marizzi: Ich habe es Ihnen gesagt! Sie haben nicht zugehört!)

Herr Kollege, ich sage Ihnen das zweite Argument: Es tut mir um die Post wahnsinnig Leid. Sie ist viel besser, als Sie sie hier darstellen. Die Post mit ihren 30 000 Mit­arbeitern ist in Wirklichkeit auf einem sehr guten Weg, das alles auch sehr gut zu überstehen. Nur dieses Krankjammern der Post halte ich in Wirklichkeit für eine verfehl­te Politik. (Abg. Marizzi: Das habe ich gesagt! Haben Sie jetzt geschlafen? Haben Sie mir nicht zugehört? Ich habe gesagt, dass die Post gute Leistungen er­bringt!)

Was ist denn passiert, Herr Kollege? – Ich erzähle es Ihnen. Die gesamte Post in Europa ist einem gewaltigen Wandel unterzogen. Das werden wir in Österreich nicht aufhalten können. (Abg. Marizzi: Das habe ich auch gesagt!) Es gibt bereits fast überall außer der Post auch andere Anbieter. Und so soll es auch in Österreich in Hinkunft sein.

Herr Kollege, ich sage Ihnen noch einmal: Auch die Post bedient sich bereits gekaufter Privater sozusagen – das große Schreckgespenst für Sie (Abg. Marizzi: Überhaupt nicht! Nein, überhaupt nicht!) –, nämlich der feibra Werbung, die unterwegs ist. Als Eigentümer ist die Post dort vorhanden, und die machen ihren Job ganz gut. All die Argumente, die Sie gegen so genannte Private vorbringen, wären damit auch für die feibra gültig, Herr Kollege. Das heißt, Sie würden auch der Post und ihrer Tochter feibra mit Ihren Argumenten einiges unterstellen, was nicht richtig wäre. (Abg. Marizzi: Haben Sie mir nicht zugehört?)


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Herr Kollege! Österreich hinkt dieser Entwicklung nach. Da haben wir einiges zu tun. Jetzt soll es darum gehen, dass die Post argumentiert, dass sie mit der Aufgabe der Hausbrieffachanlagen ihre Monopolstellung aufgeben müsste. Und da gibt es wahn­sinnig viele verschiedene Zahlen. Der Herr Minister hat das jetzt sehr korrekt darge­stellt. Ich danke recht schön dafür, Herr Minister, weil das die wirklichen Zahlen sind. Das sind rund 1,7 Millionen Hausbrieffachanlagen, die – ich sage jetzt einmal – rund 7 Millionen € kosten werden, wenn man sie erneuert. Da gibt es bereits Angebote – ich habe es im Ausschuss erwähnt –, von denen ich weiß. Aber das, Herr Kollege und meine Damen und Herren, habe ich in jedem Fall zu tun – egal, ob 2006 oder 2009, diese Aufgabe ist zu erledigen.

Natürlich hat die Post Probleme. Natürlich gibt es da strukturelle Probleme, die man sich anschauen muss und wo man mithelfen muss, dass der Post eine Lösung möglich gemacht wird. Ein großes Problem ist natürlich das Personal. Da gibt es einen Businessplan, der von der Post in Auftrag gegeben und von Fachleuten überarbeitet wurde, und die Fachleute haben festgestellt, dass man rund 4 200 Vollplanstellen bei der Post zu viel haben wird.

Das ist zum einen ein persönliches Problem für die, die es betrifft, und zum anderen natürlich ein finanzielles Problem für die Post, weil sie ihre Mitarbeiter sehr schwer wieder auf den Arbeitsmarkt bringt, da diese sozusagen doppelt und dreifach mittels Beamtendienstrechts und eines Arbeitsverfassungsgesetzes abgesichert sind. – Das ist für die Post nicht einfach.

Es gibt mehrere Mittel, dem zu begegnen. Ich denke, dass sich die Post der Qualität besinnen muss, die sie hat, dass die Post mit ihrer Qualität werben und in die Offen­sive gehen muss. Ich denke weiters, dass sich die Post wahrscheinlich zu überlegen hat, was sie mit ihrem Eigentum macht, das sie nicht mehr benötigt. Das beläuft sich meinen Informationen nach auf rund 650 Millionen €.

Außerdem muss die Post alles tun, um ihre Kunden nicht mehr zu verärgern. Vor kur­zem wurde der Preis einer Einzelbriefsendung von 0,51 € auf 0,55 € erhöht. Ich meine, wir sollten doch mit berücksichtigen, dass es wahnsinnig viele Menschen in Öster­reich gibt, die sich darüber ärgern, dass die Post nicht in der Lage ist, 55-Cent-Marken in der entsprechenden Stückzahl aufzulegen. Es ist fast nicht möglich, einen Einzelbrief mit einer 55-Cent-Marke zu versenden, und wenn man ihn falsch frankiert, bekommt man den Brief wieder zurückgeschickt. Das kostet ein Vielfaches mehr!

Wir sollten darüber reden, inwieweit die Stadt Wien der Post entgegenkommt. Ich lese da in einem durchaus angesehenen Blatt, dass die Post sehr sauer auf den Wiener Bürgermeister ist, weil er keine Hilfestellung dazu leistet, dass die Post bald das Verteilerzentrum auf ein Grundstück, über das die Stadt Wien verfügt, verlegen kann und dass das relativ schnell über die Bühne geht. (Abg. Kopf: Das ist Wien!) – Das sind alles Probleme, die wir anzugehen haben. (Abg. Kopf: Das ist das rote Wien! Wien ist anders!)

Diese Form des heutigen Beschlusses ist in Wirklichkeit ein längst ausständiges Ge­setz, das die Wirtschaft braucht, das der Kunde braucht und das in Wirklichkeit allen dienen soll – nicht zuletzt natürlich auch der Post und den Konsumenten, Herr Kollege! In diesem Sinne darf ich Sie einladen, diesem Gesetz Ihre Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.02

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 



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14.02

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das Bekenntnis zur Post – sei es emotionaler, traditioneller, historischer oder auch zukunftsorientierter Natur – ist in diesem Haus, glaube ich, wirklich überparteilich konsensual, denn nicht nur die Farbe, sondern auch das Emblem, das Erscheinungsbild, die Verlässlichkeit und die Qualität der Post rechtfertigen – bis auf einige Einbrüche in der letzten Zeit, aber die haben eine besondere Ursache – sicherlich eine gute Beurteilung. Das ist heute einfach auch herauszustreichen!

Vor diesem Hintergrund ist die Änderung des Postgesetzes, die ja wieder auf eine EU-Anpassung zurückzuführen ist, im Großen und Ganzen durchaus zu begrüßen und auch zu unterstützen. Es gab allerdings einen Vorgang – anscheinend im Ministerrat –, bei dem in heftiger Diskussion – stelle ich mir vor – eine Jahreszahl geändert wurde.

Ursprünglich war ja im Entwurf, auch in der Regierungsvorlage, das Jahr 2009 für diese Änderung – Liberalisierung der Zugänge zu den Postkästen, Hausbrieffach­anlagen – vorgesehen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Gorbach.) Dann gab es anscheinend eine heftige Diskussion, und nun heißt es 2006! (Abg. Miedl: Frau Kollegin! Zum spätestmöglichen Zeitpunkt!)

Für die Post bedeutet das eine rapidere Umstellung, für die KonsumentInnen bedeutet das eine schnellere Umstellung auf verschiedene Anbieter, die dann Zugang zu ihren Postfächern und zu den Vorräumen, in denen die Postkästen hängen, haben, und für die Industrie, die Postkästen beziehungsweise Hausbrieffachanlagen herstellt, ist es eine Herausforderung schlechthin. (Abg. Miedl: Drei Jahre!) – Herr Kollege Miedl! Sie haben, glaube ich, auch im Ausschuss durchaus zugestanden, dass es nicht leicht ist, in einem kurzen Zeitraum 1,8 Millionen neue Postkästen zu fabrizieren. (Abg. Mag. Regler: Drei Jahre!)

Die Frage der diesbezüglichen Kosten beziehungsweise des Preises ist auch bei weitem noch nicht geklärt. Die Einschätzungen differieren teilweise um an die 100 Millionen €: Die einen sagen, es koste 60, 70 Millionen €, die anderen sagen 150, 160 Millionen €. – Da wird sich auch im Preisbereich noch einiges abspielen.

Der Hintergrund dafür, dass dieser Schritt übereilt gesetzt wird und dass der Zeitpunkt der Umstellung jetzt sozusagen willkürlich auf 2006 vorverlegt wurde, ist im Bereich der Presseförderung zu suchen.

Herr Staatssekretär Kukacka! Sie haben ja selbst immer wieder betont, dass der Zugang von Seiten der Zeitungsherausgeber zu den Haushalten erleichtert werden müs­se. Das sehe ich ein, angesichts dessen, dass die staatliche Presseförderung dras­tisch verringert und zum Teil sogar gestrichen worden ist.

Sie ersetzen jetzt staatliche Presseförderungsleistungen dadurch, dass Sie billigere Zu­stelldienste ermöglichen. Die Voraussetzung dafür bildet der Zugang zu diesen Briefkästen. Das ist der eigentliche Hintergrund.

Wir würden jedoch einen anderen Weg vorschlagen, da ja diese Öffnung, diese Liebe­ralisierung der Postkästen und Briefkästen auch Begleitumstände nach sich zieht:

Erstens einmal kommen verschiedene zusätzliche Anbieter in die Haus- und Wohn­anlagen, wodurch die Sicherheit, dass nur der verlässliche Briefträger einen Schlüssel hat, nicht mehr im ursprünglichen Sinn gewährleistet ist. Verschiedene Zusteller müs­sen jetzt einen Schlüssel bekommen.

Zweitens ist das Problem auch, dass die alternativen Zusteller personalpolitisch ganz anders agieren als die Post. Die Post hat noch viele Beamte und relativ geregelte Arbeitsverträge. Die Alternativen müssen, um auf dem Markt Fuß fassen zu können,


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teilweise mit anderen Bedingungen agieren, und das ist das Problem. Herr Minister! Ich glaube, das ist sehr wesentlich, und auch die Post macht schon Vorstöße: Wir müssen auch Rahmenbedingungen für diesen neuen Wettbewerb definieren, in dem verschie­dene alternative Anbieter dann sozusagen bis in die Postkästen vordringen.

Vor dem Hintergrund, dass aus unserer Sicht wie auch aus der Sicht der Post und der KonsumentInnen der Zeitpunkt relativ willkürlich von 2009 auf 2006 heruntergesetzt worden ist, können wir dem Postgesetz, dem wir sonst sehr wohl einiges abgewinnen können, nicht zustimmen. (Bundesminister Gorbach: Schade!) Ich hoffe, dass Sie da noch regulierend eingreifen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte. (Abg. Dr. Mitterlehner: Regulieren, kon­trollie­ren: Das ist der Traum ...! – Abg. Mag. Regler: Damit es ja nicht billiger wird! – Widerspruch bei den Grünen.)

 


14.07

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir sind uns der Tatsache durchaus bewusst, dass es sich bei diesem Thema um ein sehr kontroversielles handelt, das natürlich verschiedene Facetten hat und das man nicht monokausal für sich betrachten kann.

Einer der Ausgangspunkte für die schwierige Situation, in der wir uns hier zweifellos befinden, liegt allerdings schon in der Verpolitisierung der Post begründet. Der Post­vorstand selbst sagt: Bitte, entbinden Sie mich verschiedener Gesetze, damit ich selbst unter gleichen Wettbewerbsbedingungen wie die anderen agieren kann; und wenn ich dazu in der Lage bin und Sie das schaffen, dann bin ich gerne bereit, auch in einen Wettbewerb einzutreten.

Es wurde von Seiten der Post darauf hingewiesen, dass es zum Beispiel ein Post­struk­turgesetz gibt. Es gibt ein Postbetriebsverfassungsgesetz, eine dreigliedrige Gewerk­schaft, die sich in einem Stufenbau in der Post festgesetzt hat. In der Post darf zum Beispiel niemand mehr als 90 Tage an einem anderen Arbeitsplatz verbringen, dann muss er wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkommen. All das sind Besonderheiten, die zu einer starren Situation der Post geführt haben – natürlich auch die Tarifregelung im Monopol. – Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite steht natürlich die Umsetzung der von der Europäischen Union und vom Europäischen Rat vorgegebenen Grundsätze, nämlich die Liberalisierung, und diese ist ja zweifellos auch sinnvoll, wenn ein Wettbewerb entsteht.

In vielen europäischen Staaten ist es ja der Fall, dass die Post Monopolstellung hatte. Der Wettbewerb hilft den Konsumenten da schon, und das ist der Wunsch der Eu­ropäischen Union. Deshalb ist dieser Wunsch natürlich auch bei uns umgesetzt wor­den.

Wir sind nun natürlich mit der Situation konfrontiert, dass 1,8 Millionen Hausbrief­fach­anlagen umgebaut und entsprechend adaptiert gehören. Ich glaube, wir sind uns darüber im Klaren – und selbst Sie von den Sozialdemokraten sind doch auch der Ansicht –, dass andere Zusteller auch in der Lage sein sollten, die österreichischen Haushalte zu bedienen, und dass das nicht mittels Nylonsackerl an die Türklinke geschehen sollte, sondern dass zum Beispiel auch andere Adresszusteller in den Wettbewerb eintreten können sollten. – Dafür brauchen wir eben neue Postkästen. Das Hauptproblem ist im Grunde genommen, wann diese Postkästen geändert werden sollten.


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Natürlich ist 2009 zeitlich gesehen die äußerste Grenze für die Umsetzung dieser EU-Forderung. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann das jedoch auch schon früher und konsumentenfreundlich erledigen. Das ist es allemal: Je früher eine Libera­lisierung eintritt, desto konsumentenfreundlicher. Ob hier unbillige Situationen auftreten oder nicht, hängt eigentlich nur vom Willen derer ab, die dazu in der Lage sind, diese Postkästen auszutauschen.

Es ist uns schon klar, dass das nicht einfach ist. Es wurde geprüft, ob man nicht die bestehenden Postkästen vielleicht von oben, von der Seite oder wie auch immer öffnen kann. – Es war nicht zu bewerkstelligen.

Wir kennen natürlich auch das Thema, ob man mittels eines Haustorschlüssels an­deren Zustellern den Zutritt zu den Häusern ermöglichen sollte. – Das wurde von den Hauseigentümern vehement abgewehrt. So wird es wohl dazu kommen, dass die so genannte „deutsche Regelung“ auch bei uns in Österreich Einzug halten wird: dass es eigene Postfach-Anlagen vor den Häusern oder in den Hauseingängen geben wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Für die Konsumenten – sprich für den Haushalt – ist es jedenfalls günstiger, wenn dieser freie Wettbewerb früher beginnt und die Post sich früher danach richten muss, weil dann auch für andere Institutionen die Gelegenheit besteht, die Adresszustellung ohne Behinderung durch einen Monopolisten durchzu­führen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


14.11

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie ein rot-grüner Faden zieht sich in den letzten Wochen die Debatte um das Verhindern von und die Angst vor Neuregelungen und Reformen durch dieses Haus – auch durch die Ausschusstätig­keiten. So ist es jetzt auch bei diesem Gesetzentwurf und bei dieser Beschlussfassung im Zusammenhang mit der neuen EU-Richtlinie.

In den letzten drei Tagen fiel in diesem Haus kein Wort mehr zur Pensions­sicherungsr­eform – deshalb, weil 80 Prozent der Menschen dafür sind! (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Krainer: Zuhören!) – Jetzt reduzieren wir uns auf die Briefkasten-Debatte des Herrn Abgeordneten Marizzi!

So ist es, denn ich habe noch gut in Erinnerung, dass Kollege Wittmann – er kommt ja gerade rechtzeitig – noch wenige Wochen vor den Landtagswahlen jener war, der in diesem Haus sehr lautstark wieder gegen etwas Neues polemisiert hat: Als das Land Niederösterreich die Wohnbaugelder veranlagt hat, war er derjenige, der gemeint hat, das Land Niederösterreich, Landesrat Sobotka, gehe mit den Geldern (Abg. Dr. Witt­mann: 3 Milliarden minus!) – mit 3 Milliarden minus, so meint er – in das Casino. Es ist verwunderlich, lieber Peter Wittmann: Wo sind deine Wortmeldungen heute, nachdem die niederösterreichische Landesregierung mit Zustimmung der Sozialisten beschlos­sen hat, weitere 250 Millionen € der Wohnbaugelder zu veranlagen? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Wittmann: Da musst du Zeitung lesen!)

Anscheinend ist deine Stimme in St. Pölten heute nicht mehr so viel wert wie vor der Landtagswahl. Nachdem sich Frau Onodi ja um ein paar Prozentpunkte erholt hat, wird sie ihren eigenen Weg gehen. – Damit komme ich wieder zurück. (Abg. Binder: Wie wäre es, wenn Sie einmal zur Sache kommen!) – Ja: Solche Inhalte und solche Infor­mationen werden über Briefe befördert, und damit sind wir wieder bei der Post. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)


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Zum Thema Post darf ich Ihnen Folgendes sagen: Es freut mich, dass der Herr Bun­des­minister sehr deutlich gesagt hat, dass wir bei der Post AG eigene Überlegungen haben werden. Auch ich bin dafür, dass wir eine Stand-alone-Lösung überlegen, denn 30 000 Beschäftigte bei der Post AG haben ein Recht darauf, dass wir alle Lösungs­mög­lichkeiten überdenken, bevor hier ein Ausverkauf erfolgt. (Abg. Oberhaidinger: Hinter Ihnen steht der Ansprechpartner!) – Ja, das ist der Ansprechpartner, und wir werden uns das genau überlegen.

Damit darf ich zum Abschluss kommen und sagen: Wenn wir Angst haben ... (Abg. Marizzi – einen „NEWS“-Artikel mit dem Titel „Erwin Pröll für VP-Kurswechsel“ in die Höhe haltend –: Herr Kollege! Zum Abschluss!) – Haben Sie Angst vor Erwin Pröll, Herr Kollege Marizzi? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Marizzi.) – Na, ich denke es mir. (Abg. Marizzi: Der Kollege Schüssel sollte Angst haben!)

Wir kommen zum Abschluss: Ich darf Ihnen sagen, dass diese Bundesregierung sehr wohl diesen Reformkurs weiterfahren wird, und wenn sich die Sozialisten auf eine Postkasten-Debatte beschränken, obwohl es noch immer an den Wohnungsbesitzern ist, diese Fragen zu lösen, dann tut mir das sehr Leid! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Binder: 3 Milliarden minus!)

14.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte.

 


14.14

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass wir heute mit dieser Regelung eine sachlich wirk­lich richtige und auch politisch vertretbare Lösung umsetzen. Es ist, glaube ich, wirklich nicht gerechtfertigt, in diesem Zusammenhang irgendwelche Ängste zu schüren, denn eines ist auch klar: Wir vollziehen hier etwas, das in anderen Ländern innerhalb der Europäischen Union längst geregelt ist. Wir sind hier die Letzten in der Europäischen Union.

Wenn Kollege Marizzi sagt, die Deutsche Post hatte acht Jahre Zeit dazu, dann sage ich dir, lieber Kollege Marizzi, aber auch: Das ist deshalb der Fall gewesen, weil die Deutsche Post natürlich auch sehr viel früher privatisiert und in die Freiheit entlassen wurde als die Österreichische Post. Auch Sie haben es verhindert, dass wir die Post viel früher und so, wie es eigentlich der Markt verlangt hätte, privatisiert und in die Freiheit entlassen haben. Die Europäische Union war in diesem Zusammenhang seit langem auf einem Liberalisierungskurs.

Meine Damen und Herren! Wir sind also im Hintertreffen, aber die Gerüchte, die hier in diesem Zusammenhang gestreut werden, sind unrichtig, denn die wirtschaftliche Zukunft der Post ist gesichert. Es geht nicht ums „Verscherbeln“, es geht in diesem Zusammenhang auch überhaupt nicht ums Privatisieren, sondern es geht darum, welche Strategie wir anwenden, damit auf der einen Seite die wirtschaftliche Zukunft der Post gesichert ist, aber auf der anderen Seite auch die Konsumenten in den Genuss der Liberalisierung kommen, durch mehr Wettbewerb und durch niedrigere Preise. – Das ist die Strategie, die wir verfolgen! (Beifall bei der ÖVP.)

Die jetzige Novelle hat ja eigentlich nur eines zum Ziel, nämlich dafür zu sorgen, dass – so, wie die Europäische Union es jetzt vorsieht – persönlich adressierte Briefe über 100 Gramm auch von anderen Zustellern als der Post zugestellt werden können. Meine Damen und Herren! Das ist der Sinn der Sache. Tun wir nicht so, als ob es nicht in weiten Bereichen der Postzustellung bereits jetzt einen freien Markt gäbe! In allen


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Bereichen, die nicht persönlich adressierte Poststücke betreffen, gibt es diesen, und auch im Paketbereich gibt es ja schon eine Vielzahl auch international renommierter Firmen und Unternehmen, die da tätig sind. Deshalb war es richtig und notwendig, auch hier in Österreich entsprechend Vorsorge dafür zu treffen.

Meine Damen und Herren! Auch die Post bedient sich ja bereits solcher Firmen. Der Name „feibra“ ist ja in diesem Zusammenhang schon gefallen. Dieses Unternehmen gehört zu 75 Prozent der Post. Das ist ein Unternehmen, das in erster Linie Werbe­sendungen und nicht persönlich adressierte Post an jeden Haushalt zustellt. Diese Werbung und diese Werbeflut gibt es ja jetzt schon, nur kommt sie nicht in den Brief­kasten, sondern an die Türklinke und in den Türschlitz. Vorhanden ist sie aber bereits.

Was jetzt kommt, ist eigentlich eine neue Ordnung in diesem System, dass nämlich eben eine Hausbrieffachanlage zur Verfügung gestellt werden kann, in die sowohl persönlich adressierte Post von mehreren, von allen möglichen Zustellern als auch persönlich adressierte Zeitungen und Zeitschriften, die nicht von der Post befördert werden, hineinkommen. (Abg. Gradwohl: Die Post wollte es nicht, Herr Staatssekre­tär!)

Meine Damen und Herren! Die Post kommt deshalb noch lange nicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten, denn sie hat ja viele Jahre lang das Postmonopol gehabt und dadurch einen großen Vorsprung. Sie hat ja außerdem noch immer das Monopol, persönlich adressierte Briefe unter 100 Gramm exklusiv zu befördern.

Mit dieser Monopolrente, die sie bis zum Jahr 2009 haben wird, wird sie doch wohl in der Lage sein, sich auf diese internationalen Rahmenbedingungen, auf diese Liebe­ralisierung und auf diesen Wettbewerb einzustellen, meine Damen und Herren! Wir gewähren ihr also eine lange Frist, wir unterstützen sie auch als ein österreichisches Unternehmen, aber wir handeln auch im Sinne der Konsumenten und der Bürger, wenn wir sagen: Hier ist ein neuer, wichtiger Schritt der Liberalisierung notwendig und fällig geworden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Herr Staatssekretär! Sie entscheiden gegen die Bürger!)

14.20

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


14.20

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das Europäische Parlament und der Rat haben eine weitere Liberalisierung des Postmarktes beschlossen. Das Monopol für Briefsendungen wird demnach ab 1. Jänner 2006 auf Briefsendungen bis 50 Gramm gesenkt. Schon ab 1. Jänner 2003 wurde das Monopol für Briefsendungen von 350 Gramm auf 100 Gramm gesenkt.

Mit dieser Liberalisierung wird ein fairer Markt geschaffen, faire Wettbewerbsbedingun­gen sind hergestellt – der Konsument wird schlussendlich davon profitieren.

Ein wesentlicher Teil dieser Novelle betrifft die neue Rechtsgrundlage für Brieffachan­lagen. Für diese hat es bisher keine verbindlichen Vorschriften über Gestaltung und Ausstattung gegeben. Die meisten Anlagen sind versperrbar und von außen nicht zugänglich. Sie besitzen keinen Einwurfschlitz und befinden sich im Eigentum der Öster­reichischen Post AG. Nur die Post hat Zugang zu diesen.

In Österreich sind 1,7 Millionen Brieffächer installiert, und davon haben 1,1 Millionen keinen öffentlichen Zugang. – Dies stellt für mich persönlich einen ungleichen Wett­bewerb dar. Es ist anderen Dienstanbietern nicht möglich, diese Fächer zu benützen.


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29. Sitzung / Seite 107

Mit der neuen Regelung werden wir einen chancengleichen Wettbewerb schaffen. (Abg. Gradwohl: Und was ist, wenn ich es nicht will?)

Herr Abgeordneter Gradwohl! Natürlich ist das auch mit Kosten verbunden, natürlich muss das jemand bezahlen, aber die Höhe der Kosten ändert sich nicht, egal ob man das jetzt bis 2006 oder bis 2009 umsetzt. (Abg. Schieder: Aber ich muss doch das Recht haben, nein zu sagen!) Für den Grundeigentümer bleiben die Kosten gleich. Der Zeitraum wäre ein etwas längerer, aber es ist nicht so, dass sich die Kosten deshalb erhöhen. (Abg. Gradwohl: Was ist, wenn ich das als Grundeigentümer nicht will?)

Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass von der EU die Fristsetzung mit dem Jahr 2009 vorgegeben worden ist – das ist ein langer Zeitraum, in dem wir uns bewegen können –, wir, die Regierungsmehrheit, haben aber beschlossen, dass wir diese Änderungen bis zum Jahr 2006 umsetzen werden.

Natürlich ist es bedauerlich, dass Kosten für Hauseigentümer entstehen. Wettbewerbs­gleichheit bedeutet aber ein Mehr für die Konsumenten, und diese Vorteile stehen für uns persönlich im Vordergrund. Deshalb haben wir auch die Zustimmung gegeben.

Auch die Zustellung solcher Kleinigkeiten wie etwa Zeitungen – jeder hat es schon ein­mal erlebt, dass die vor seiner Haustür abgelegte Zeitung verschwunden ist – wird besser funktionieren, da diese jetzt auch in das Postfach eingeworfen werden können. (Abg. Gradwohl: Das ist ein Blödsinn!)

Ich gehe auch kurz auf die Kritik der Opposition ein. Mehr Werbematerial, so lautete die Kritik der Opposition. – Das Werbematerial wird nicht mehr, es lag auch schon bis­her vor der Haustür. Ich denke, schlussendlich wird man das über den Konsumenten­schutz regeln müssen, dass unerwünschte Werbematerialien nicht mehr zugestellt wer­den. Das ist dann für mich eine vollkommen klare Regelung. Das Argument, dass mehr Werbematerial versendet wird, entspricht nicht den Tatsachen, das gab es auch schon bisher. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen meinen, dass dieses Gesetz mehr Vorteile für den Konsumenten, mehr Wettbewerbsfairness und -gleichheit bringen wird, und wir werden diesem Ge­setz zustimmen. Ich hoffe, dass sich die Opposition unseren Argumenten anschließt, sich schlussendlich noch anders entscheidet und diesem Gesetz ihre Zustimmung gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 183 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Ge­setz­entwurf zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies ebenfalls die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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29. Sitzung / Seite 108

5. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (94 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (181 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (13 der Beilagen): Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beför­de­rung im internationalen Luftverkehr samt Erklärung (182 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Zum Vorbringen einer Berichtigung zu Tagesordnungspunkt 6 erteile ich Herrn Abgeordne­tem Hofmann das Wort. – Bitte, Max! (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann begibt sich zum Red­nerpult und beginnt mit seinem Debattenbeitrag.)

 


14.26

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident – ich danke für diese freundliche Aufforderung! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Luftfahrtgesetz betreffend habe ich im Aus­schuss einen Abänderungsantrag angeregt, der nun nicht eingebracht wird. Ich will hier kurz erklären, weshalb dies der Fall ist, und dabei auch einige Klarstellungen treffen.

Es ging mir bei der Außenlandebewilligung, die ja durch den Landeshauptmann erteilt werden kann, nicht darum, beispielsweise den Flugplatzzwang zu umgehen, sondern mir ging es vielmehr darum, dass bei wiederkehrenden sinnvollen Bewilligungen im Sinne einer einfachen Verwaltung nicht immer das ganze Procedere durchlaufen werden muss.

Es ist gelungen, gemeinsam mit dem Ministerium ...

14.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Hofmann, ich muss Sie leider unterbrechen, und zwar aus folgendem Grund:

Als Berichterstatter sollten Sie eine Berichtigung zu Tagesordnungspunkt 6 vorneh­men, und dazu habe ich Ihnen das Wort erteilt. Sie sind zum Rednerpult und nicht zum Pult des Berichterstatters gegangen. Darf ich höflich fragen: Gibt es keine Berichtigung zu Tagesordnungspunkt 6? – Dann stimmt mein Croquis nicht! Oder gibt es eine Berichtigung zu Tagesordnungspunkt 6? – Dann würde ich Sie bitten, diese Berichti­gung vorzunehmen.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Es gibt eine Berichti­gung, eine Druckfehlerberichtigung meines Wissens, und wenn Sie gestatten, darf ich diese Druckfehlerberichtigung am Ende der Debatte vorbringen.

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Eigentlich nicht, Herr Abgeordneter! Ich würde Sie wirklich bitten, diese Druckfehlerberichtigung als Berichterstatter jetzt vorzu­brin­gen, dann kommt ein Kontraredner zu Wort, und dann kommen Sie als Proredner dran. Ich habe Sie zum Rednerpult gehen lassen im Glauben, dass Sie die Druckfeh­ler­berichtigung vornehmen.

Ich ersuche Sie, die Druckfehlerberichtigung vorzunehmen. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Ich habe sie noch nicht!)


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29. Sitzung / Seite 109

Als erste Rednerin in dieser Debatte ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger zu Wort gemeldet. Wenn Sie die Druckfehlerberichtigung am Ende zur Kenntnis bringen wollen, Herr Abgeordneter Hofmann, dann können Sie das machen, aber jetzt, bitte, erteile ich Frau Abgeordneter Dr. Lichtenberger als erster Rednerin das Wort. Die Druckfeh­lerberichtigung, Herr Berichterstatter, bitte ich dann vom Pult des Berichterstatters aus vorzunehmen. – Danke sehr.

Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger, Sie eröffnen die Debatte. (Von der Besu­cher­galerie werden Flugblätter geworfen. – Abg. Marizzi: Das war jetzt ein Attentat!) – Keine Sorge, das waren nur ein paar Blätter Papier. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Gaál: Aber Sie kennen den Inhalt nicht, Herr Präsident!)

 


14.29

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ohne jetzt zu wissen, welcher Druckfehler berichtigt worden ist, und in der Hoff­nung, dass diese Berichtigung des Druckfehlers den Sinn des Gesetzes nicht vollstän­dig verändert – dann wäre meine Rede unter Umständen gegenstandslos –, werde ich trotzdem sowohl jene Punkte, die aus unserer Sicht positiv, als auch jene, die aus unserer Sicht kritikwürdig sind, anführen. (Einige Abgeordnete sammeln die am Boden liegenden Flugblätter ein. – Abg. Schieder: Wieder ein Bürger, der gegen die Ab­fangjäger ist, was ja normal ist! – Abg. Heinisch-Hosek: Ein normaler Bürger!) – Ein Bürger, der Papier zum Thema Abfangjäger durch die Luft hat fliegen lassen, passt jetzt ganz gut zum Thema.

Insgesamt ist zu diesen beiden Verhandlungspunkten, Luftfahrtgesetz-Novelle und Montrealer Abkommen, Folgendes zu sagen: Es handelt sich im Wesentlichen um eine Sammlung, um eine Zusammenführung von überwiegend kleineren Punkten, so zum Beispiel der letzten Euro-Umstellungen, und man musste auch die Namen der Minis­terien ändern, was aber noch nicht wirklich umgesetzt ist.

Dazu möchte ich eine grundsätzliche Anmerkung machen, meine Damen und Herren! Ich denke, bei solchen Gesetzen, die für Normunterworfene ohnehin schon schwer zu verstehen sind, wäre es gut, wenn ab und zu eine Neuverlautbarung mit durchgehend geänderten Titeln und Anpassungen erfolgen würde. Gerade in Bezug auf den Euro, in Bezug auch auf die Änderungen der ministeriellen Einteilung hielte ich das für wichtig und sinnvoll.

Zur Materie selbst ist Folgendes zu sagen: Ich glaube, dass dabei eine große Chance versäumt wurde, nämlich die Chance, Anrainerschutz wirklich in die Materie aufzu­nehmen. Es sind – ganz im Gegenteil – einige Abschwächungen der Rechte von Anrai­nerinnen und Anrainern in diesem Gesetz enthalten, und das können wir natürlich nicht akzeptieren, denn wie Sie aus wissenschaftlichen Berichten, die in der letzten Zeit veröffentlicht worden sind, auch erkennen können, haben wir derzeit eine zunehmende Belastung und Belästigung der Menschen durch Lärm zu verzeichnen. Schon über 20 Prozent der Bevölkerung sind durch Fluglärm schwer beeinträchtigt. Das sollten wir ernst nehmen, und das sollte uns auch dazu motivieren, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Rechte auch in Bezug auf den Lärmschutz geltend zu machen, was dringend notwendig ist.

Ein zweiter wichtiger Kritikpunkt war für uns die Übertragung von Kontrollrechten an Organisationen auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b an eine zuständige Behörde; hinter dieser Behörde steht natürlich der Aero-Club, und das steht so sinn­vollerweise auch nicht im Gesetz. Diese Befugnisse werden weiter ausgedehnt. Ich habe schon große Bedenken – und möchte das auch deutlich unterstreichen –, wenn bestimmte hoheitliche Aufgaben von solchen Organisationen erfüllt oder wahrgenom-


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men werden, die auf der anderen Seite auch Normunterworfene sind. Hier kommt es zu Verstrickungen von Interessen, was ich nicht mehr für richtig und zielführend halte.

Meine Damen und Herren! Kontrollaufgaben sind aus meiner Sicht von der Behörde wahrzunehmen, die nämlich zweifellos objektiver handeln kann als ein Verein, der aus Mitgliedern besteht, die gleichzeitig Normunterworfene sind. Dass Herr Minister Böhm­dorfer der Vorsitzende der Obersten Nationalen Flugsportkommission des Aero-Club ist, ist wahrscheinlich nur ein Sahnehäubchen. Ich hoffe schon, Herr Minister Gorbach, dass Sie nicht die gleiche Praxis verfolgen, nämlich sich Freundeskreise zu schaffen, die dann bestimmte Dinge übernehmen, erledigen, auch per Gesetz machen können, wie das Ihre Ministerkollegen, vor allem Grasser und so weiter, schon vorexerzieren. Ich glaube, Sie könnten da einen anderen Weg gehen.

Die Optik in diesem Fall scheint mir sehr fatal, vor allem aber denke ich, dass man Normunterworfene nicht gleichzeitig zur Kontrollbehörde machen soll. Das ist für mich ein Problem, und das halte ich für keinen sinnvollen Weg. Das ist auch der Grund dafür, dass wir die Novelle des Gesetzes ablehnen müssen, auch wenn wir ganz klar sagen – und das bestätige ich hiemit –, dass viele dieser Dinge nur Umsetzungen aus internationalen Regelungen sind, zu denen wir verpflichtet sind und die im Ansatz auch sinnvoll sind, wenn sie international genormt werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler. – Bitte.

 


14.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben heute ein ganzes Paket von Luftfahrtregelungen zu verhandeln, und ich möchte jetzt gleich zu allen Punkten sprechen.

Beginnen möchte ich mit dem Übereinkommen über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, dem so genannten Montrealer Abkommen, das im Mai 1999 fertig gestellt worden ist. Jahrelang ist verhandelt worden, österreichische Experten waren einge­schaltet, und ich denke, wir sind zu einem guten Ergebnis gekommen.

Bisher gab es das Warschauer Übereinkommen aus dem Jahr 1929, zu dem es auch schon vier Änderungsprotokolle gegeben hat. Nunmehr ist alles modern geregelt, ins­be­sondere die Beförderungsdokumente, aber auch die Haftung für Verspätungen, für die Schäden an Personen, an Gepäck und an der Luftfracht. Es ist ein Schieds­ver­fahren vorgesehen, der Gerichtsstand wird festgelegt et cetera.

Da es bereits 71 Signatarstaaten gibt, haben wir damit wirklich ein modernes Abkom­men für die internationale Luftfahrt, und man kann nur sagen: Adieu Warschau, bien­venue Montreal!

Zweiter Punkt, die Novelle zum Luftfahrtgesetz. – Es ist dies seit dem Jahr 1997 die erste größere Novellierung. Auf der einen Seite geht es um die Umsetzung von Rege­lungen aus EU-Verordnungen, zum Beispiel um die Zuteilung von Slots auf den Flug­häfen. Vor allem aber geht es um die Umsetzung von Regelungen der Joint Aviation Authorities, der so genannten Jars, der Joint Aviation Regulations, die umgesetzt werden müssen. Ich denke, es ist ein guter Weg, dass wir viele Verordnungs­ermäch­tigungen für den Verkehrsminister haben, der diese Jars für verbindlich erklären kann. Es geht dabei um so wichtige Dinge wie die Überprüfung der Lufttüchtigkeit, um die Qualifikation des Personals und der Ausbildungsbetriebe oder um die Anforderungen an Instandhaltungsbetriebe – alles Dinge, die der Luftfahrtsicherheit dienen.


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Kurz ansprechen möchte ich in diesem Zusammenhang die Kosten für die Luftfahrt, und zwar sowohl für die Carrier als auch für die Flughäfen. Es legt nämlich nach dem Luftfahrtgesetz der Verkehrsminister die Kosten der Inanspruchnahme von Diensten der Flugsicherung fest, und ich würde wirklich herzlich darum bitten, im Interesse der Carrier und der Konsumenten, dass dabei auf große Kosteneffizienz Wert gelegt wird und nicht alle irgendwie anfallenden Kosten eingerechnet werden.

Genau dasselbe, Herr Bundesminister, gilt für die Sicherheitsdienste auf den Flug­hä­fen, die auch den Konsumenten weiterverrechnet werden. Die öffentliche Sicherheit ist doch auch eine wesentliche öffentliche Aufgabe, weshalb ich auch in diesem Bereich bitte, auf möglichste Kostengunst zu achten. Alles, was an Kosten bei den Betrieben anfällt, muss ja dem Passagier weiterverrechnet werden und verteuert damit das Flie­gen. Es ist selbstverständlich – dem stimme ich voll zu –, dass absolute Sicherheit gegeben sein muss, aber eine Kostengünstigkeit soll auf alle Fälle auch Platz greifen.

Weiters möchte ich gleich noch einiges dazu anmerken, was unter Tagesordnungs­punkt 14, zu dem ich Berichterstatter bin, verhandelt werden wird. Es geht dabei um das ceatS-Abkommen. Wir haben derzeit in Europa etwa 55 Flugsicherungs­zentra­len, nationale Zentralen, und diese sollen nun in Europa zu insgesamt sieben Gebieten zusammengeschlossen werden. Acht Staaten des südosteuropäischen Raumes mit Zentrum Österreich haben sich zusammengeschlossen und wollen nun gemeinsam die Flugsicherung betreiben, und zwar soll diese an Eurocontrol übertragen werden. Es geht dabei um den oberen Luftraum in mehr als 8 600 Metern Höhe, also dort, wo sich der Großteil der Zivilluftfahrt abspielt.

Man erwartet sich durch dieses Zusammenschließen Einsparungen durch Synergien; bis zum Jahr 2010 hoffen wir auf eine 20-prozentige Senkung der Flugsicherungs­ge­bühren. Es sollen Verspätungen beseitigt werden, die Sicherheit soll durch die Beseiti­gung von Schnittstellen bei der Übergabe von einer Überwachungsstelle an die andere erhöht werden, und die Leistungsfähigkeit der Luftstraßen soll damit gesteigert werden.

Ganz besonders positiv zu erwähnen ist, dass diese Flugsicherungszentrale ihren Sitz in Österreich haben wird, und zwar in Fischamend. Wir hatten zuerst einen Standort in Wien auf der Überplattung der Donauuferautobahn angeboten, tatsächlich wird sich nun die Zentrale in Fischamend niederlassen, weil eine Flughafen-Nähe in Hinblick auf die Sicherheit et cetera viel günstiger ist. Das bedeutet, dass 400 Beamte der CEATS, 400 Dienstnehmer, dort für uns tätig sein werden.

Wir hatten ganz große Konkurrenz durch Prag und Budapest. Ich möchte den Ver­handlern – das sind das Verkehrsministerium und das Außenministerium – sehr herz­lich zu diesem ganz großen Erfolg gratulieren, dass der Sitz der Flugsicherungs­zen­trale für den gesamten südosteuropäischen Raum in Österreich sein wird und dass wir uns da gegen die starke Konkurrenz von anderen Ländern durchgesetzt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

14.40

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steier. – Bitte.

 


14.40

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Die Novel­le zum Luftfahrtgesetz beinhaltet unter anderem eine Reihe von Bestimmungen, die zur Erhöhung der Sicherheit in der Luftfahrt beitragen sollen. Wir alle wissen, dass Si­cher­heitsfragen gerade im Bereich des Luftverkehrs von ganz elementarer Bedeutung


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sind. Gleichzeitig ist uns allen bekannt, dass Sicherheit in der Luft immer bereits am Boden beginnt.

Mit Maßnahmen, die zur Verbesserung der Sicherheitsstandards führen, wird daher ein richtiger Weg beschritten. Aus diesem Grund findet diese Novelle auch unsere Zustim­mung, wie übrigens auch das Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vor­schriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, das im Wesentlichen die Umsetzung internationaler Regeln, insbesondere betreffend Haftungsfragen, im Be­reich des Flugverkehrs beinhaltet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie den Erläuterungen der Luftfahrtgesetz-No­velle zu entnehmen ist, wird die Umsetzung der Regelungen der Joint Aviation Authorities zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Luftverkehrs­wirtschaft beitragen. Dies ist umso wichtiger, als sich der internationale Luftverkehr derzeit in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg befindet. Die Ursachen dafür sind ja hinlänglich bekannt: Nachwirkungen der Anschläge vom 11. Sep­tem­ber 2001, die Auswirkungen des Irak-Krieges, der Ausbruch von SARS, aber auch tief greifende Strukturveränderungen und das schlechte konjunkturelle Umfeld.

Einer Mitteilung der International Air Transport Association zufolge hat der internationa­le Flugverkehr im Mai 2003 im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang um 21 Prozent verzeichnen müssen. Da die in diesem Verband vertretenen 273 Fluggesellschaften mehr als 98 Prozent der im internationalen Flugverkehr eingesetzten Kapazitäten an­bieten, sind diese Daten um so alarmierender. Die stärksten Einbrüche waren mit über 50 Prozent bei Fluggesellschaften aus dem asiatisch-pazifischen Raum zu verzeich­nen, gefolgt von minus 20,6 Prozent bei den nordamerikanischen Airlines. Aber auch die europäischen Fluggesellschaften waren mit einem Minus von 5,5 Prozent im Pas­sagierbereich betroffen. Europas Fluglinien erwarten heuer mindestens 1,6 Milliarden € Verluste.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von der negativen Entwicklung der gesamten Branche sind auch die AUA und die Austro Control nicht verschont geblieben. Die Austro Control rechnet 2003 mit einem Erlösentfall von 10 Millionen € und bis zu sechs Prozent weniger Streckengebühren. Auch die Austrian Airlines AG hat ihre Gewinn­prognose zurückgenommen.

Im Lichte dieser Entwicklung kann man den Ausführungen des Verkehrsstaats­sekre­tärs nur zustimmen, dass die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Luftfahrt im Mittelpunkt der heimischen Luftfahrtpolitik stehen muss. Damit engstens verbunden ist für mich die Position und der Bestand der AUA als wichtigster Player im österreichischen Flugverkehr. Die Austrian Airlines Gruppe beschäftigt, wie wir alle wissen, sehr viele Arbeitnehmer – rund 7 000 – und ist von überragender gesamtwirt­schaftlicher Bedeutung. Daher muss sichergestellt werden, dass der Bund seinen strategischen Anteil an der AUA behält. Ein Verkauf der AUA würde den Verlust dieses wichtigen Schlüsselsektors bedeuten. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit ginge auch ein Verlust von Wertschöpfung und in der Folge von Arbeitsplätzen einher.

Ich darf nun an meinen Vorredner anschließen und zum Schluss den „Sicherheits­schilling“ ansprechen: Der Herr Staatssekretär hat vor kurzem eine Erhöhung der Sicherheitsgebühren für Flugpassagiere in Wien-Schwechat angekündigt. Die Einnah­men aus den Sicherheitsgebühren, derzeit rund 36 Millionen € pro Jahr, sollen auf 48 bis 72 Millionen € gesteigert werden, um, wie er sagt, aufwendigere Sicherheitsgeräte, aber zum Teil auch Sicherheitspersonal zu bezahlen.


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Natürlich wird kein vernünftiger Mensch etwas gegen zusätzliche Sicherheit einwen­den. Irritierend ist allerdings die Selbstverständlichkeit, meine geschätzten Damen und Herren, mit der davon ausgegangen wird, dass diese zusätzlichen Sicherheitskosten „entsprechend dem Verursacherprinzip“ ausschließlich den Passagieren angelastet werden sollen.

Uns allen muss klar sein, dass auch Flughäfen im Wettbewerb stehen. Daher ersuche ich darum, dies bei unseren Flughäfen, denen eine ganz besonders hohe Bedeutung als Wirtschaftsfaktor für die Region und auch für den Tourismus zukommt, zu berück­sichtigen. Diese Tatsachen sollten bei aller Notwendigkeit und Bereitschaft, in Sicher­heit am Boden zu investieren, nicht außer Acht gelassen werden. – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ.)

14.45

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Herr Abgeordneter, bitte beginnen Sie mit dem Vorbringen der Berichtigung und gehen Sie dann zu Ihrem Debattenbeitrag über.

 


Berichterstatter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann: Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Herr Staatssekretär! Ich komme zunächst in meiner Eigenschaft als Bericht­erstatter zur Druckfehlerberichtigung zu diesem Tagesordnungspunkt – und darf Frau Kolle­gin Lichtenberger mitteilen, dass keine inhaltliche Veränderung erfolgt, son­dern dass es sich eben um eine Druckfehlerberichtigung handelt (Abg. Dr. Lichten­berger: Man weiß ja nicht! – Abg. Mag. Molterer – in Richtung der Abg. Dr. Lichten­berger –: So misstrauisch?) –:

„Zum schriftlich vorliegenden Ausschussbericht 182 der Beilagen bringe ich folgende Druckfehlerberichtigung zur Kenntnis:

Hinsichtlich der Auflage der fremdsprachigen Fassung ist auf Seite 3 des Ausschuss­berichtes im 6. und 10. Absatz jeweils die Wortfolge ,Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie‘

durch die Wortfolge ,Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten‘ zu ersetzen.

Der Ausschussantrag an den Nationalrat ist wie folgt zu ergänzen:

,Das gegenständliche Übereinkommen wird gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kund­gemacht, dass es in arabischer, chinesischer, französischer, russischer und spanischer Sprache zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angele­gen­heiten aufliegt.‘“

Ich danke, Herr Präsident, die Berichtigung ist damit erfolgt – und Frau Kollegin Lich­ten­berger konnte ich damit, glaube ich, beruhigen und davon überzeugen, dass es sich um keine inhaltliche Änderung handelt.

*****

 


14.47

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Ich komme nun auf die vorliegende Gesetzesmaterie zu sprechen. – Einerseits begrüße ich es, dass eine Ver­einheitlichung eines Abkommens, das sich mit Haftungsregelungen befasst, stattfindet. Das Warschauer Abkommen, das aus dem Jahr 1929 stammt, hat auf Grund sehr unterschiedlicher nationalstaatlicher Entwicklungen wohl in Anwendung verschiedener internationaler Instrumente zu einer totalen Unübersichtlichkeit geführt. Insofern ist eine Neuregelung, nämlich ein neues Abkommen, sehr zu begrüßen. Des Weiteren sind die Regelungen für Haftung bei Personenschäden, so wie sie im Warschauer


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Abkommen geregelt war, mit Sicherheit nicht mehr zeitgemäß, und sie werden daher nun entsprechend angepasst.

Geschätzte Damen und Herren! Nun zum Luftfahrtgesetz: Ich habe im Ausschuss angekündigt, einen Abänderungsantrag einzubringen. Es wird nun keiner eingebracht. Es hat diesbezügliche Klärungen mit dem Ministerium gegeben. Aber ich möchte trotz­dem noch auf einige dieser Punkte eingehen, weil ich glaube, dass hier auch kleine Missverständnisse vorliegen:

So zum Beispiel im Zusammenhang mit einer nun im neuen Luftfahrtgesetz vor­ge­schriebenen zwingenden Befristung von Außenlandegenehmigungen, die aus ver­wal­tungstechnischer Sicht nicht überall Sinn macht. Sicher ist ein Problem, das seitens des Ministeriums aufgezeigt wurde, die Möglichkeit, bei der alten Regelung den Flug­platzzwang zu umgehen. Es dürfte allerdings gelingen, und zwar mit einem ent­spre­chenden Erlass und einer Durchführungsverordnung, im Sinne einer einfachen Ver­wal­tung diese Verwaltungsvereinfachung sozusagen in den Griff zu bekommen und nicht das gesamte Zulassungsprocedere, das gesamte Kommissionierungsprocedere durch­laufen zu müssen.

Des Weiteren gibt es einen Gedanken, diese Problematik Schulflüge und Reduktion der Anflugkosten in Kontrollzonen in den Griff zu bekommen. Nach wie vor erachte ich es als sinnvoll, Schulflüge, die jetzt nur mehr in sehr geringem Ausmaß zu Flughäfen stattfinden und die für mich einen Sicherheitsaspekt mit sich bringen, tatsächlich zu ermäßigen. Ich halte es für sinnvoll, wenn Schüler während ihrer Ausbildung diese Erfah­rung machen und damit eben auch das Umgehen mit dieser Situation lernen. Auch hierzu gibt es eine mögliche Lösung.

Ich habe auch die Zweimotorigkeit der Rettungshubschrauber angesprochen. Ich habe mittlerweile von Seiten des ÖAMTC ein Schreiben bekommen, in dem mir dargebracht wird, dass gleichsam ich dafür verantwortlich wäre, wenn ein einmotoriger Hubschrau­ber über verbautem Gebiet oder sonst wo abstürzen würde. – Also so kann es wohl nicht sein, und ich habe vor allen Dingen nie die Rettungshubschrauber, die Notarzt­hub­schrauber des ÖAMTC gemeint. Diese sind eine tolle Einrichtung! (Abg. Dr. Lich­tenberger: Trotzdem haben sie Recht gehabt!) Nein, nein, es geht nicht darum. Und es ist auch in der JAR-OPS 3 genau geregelt, wo und in welcher Umgebung einmoto­rige Hubschrauber, die natürlich eine entsprechende Sonderausrüstung brauchen, eingesetzt werden können. Was ich dabei sehe, ist natürlich eine Einschränkung der gewerblichen Flugunternehmen durch die Vorschrift der Zweimotorigkeit.

Hinsichtlich der Slots und der Zeitfenster ist anzumerken, dass die Voraussetzung zum Erteilen der Slots, wie ich meine, nämlich durch eine Kapazitätsprüfung, durch ent­sprechende Transparenz und Einbindung der Beteiligten, in dem Maße nicht gegeben ist. Es erscheint mir allerdings sinnvoll, bis zur nächsten Novelle des Luftfahrtgesetzes, die im Herbst bevorsteht, diesbezüglich noch Gespräche zu führen und auch zu dis­kutieren, inwieweit die Teilkoordination von Flughäfen wie beispielsweise Linz und Salzburg tatsächlich erforderlich und sinnvoll ist – oder eben Kosten und mitunter entsprechende Verzögerungen verursacht.

Sehr geehrte Damen und Herren! So viel zum Luftfahrtgesetz.

Abschließend noch eine kleine Anmerkung zu Frau Kollegin Lichtenberger: Der Öster­reichische Aero-Club ist nicht einfach irgendein Verein, in dem einige, die es schätzen, in der Gegend herumzufliegen, zusammengeschlossen sind, sondern der Österreichi­sche Aero-Club ist die Vertretung der General Aviation und auch als solche zu sehen. Und wenn Übertragungen stattfinden, geschätzte Frau Kollegin, dann sicherlich mit den entsprechenden Auflagen und der Gewissheit, dass der Aero-Club auch in der


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Lage ist, die Verpflichtungen, die er damit eingeht, wahrzunehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte.

 


14.53

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Hohes Haus! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Da wir ja diesen Tagesordnungspunkt noch vor der Dringlichen Anfrage zur Abstimmung bringen wollen, werde ich mich ganz kurz fassen.

Diese Luftverkehrsgesetz-Novelle und das CEATS-Abkommen bedeuten einen ganz wichtigen und positiven Impuls für Österreichs Luftfahrt, auch für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Man sollte nämlich, meine Damen und Herren, die Bedeutung der österreichischen Luftfahrtswirtschaft nicht unterschätzen, sie hat einen hohen Stellenwert: Immerhin gibt es in Österreich 57 Luftfahrtunternehmen mit zusam­men 224 Flugzeugen im Charter- und im Liniendienst. Wir sehen also, dass das ein ganz wichtiger, auch für den österreichischen Tourismus und Fremdenverkehr wichti­ger Wirtschaftszweig ist, den sich die Bundesregierung vorgenommen hat, auch ent­sprechend zu stärken und zu fördern.

Was die angesprochenen Sicherheitskosten betrifft, die mit der Luftfahrtgesetz-Novelle nun wahrscheinlich auch ansteigen werden, so muss uns klar sein, dass der 11. Sep­tember 2001 gezeigt hat, dass der Terror ein ganz großes Problem bedeutet, dass wir die österreichischen Passagiere schützen müssen, dass das erhöhte Sicherheitsvor­kehrungen bedeutet, dass das natürlich deshalb auch mehr Geld kostet und dass wir da natürlich in erster Linie nach dem Verursacherprinzip vorgehen müssen. Das heißt, der Passagier als Verursacher dieser Sicherheitskosten wird das sicherlich zu einem Großteil zahlen müssen. Die üblichen sicherheitspolizeilichen Aufgaben wird natürlich die Polizei – und damit auch der Steuerzahler – übernehmen müssen.

Meine Damen und Herren! Wir werden uns aber natürlich bemühen, diese Kosten in einem sehr erträglichen Ausmaß zu halten, und werden hier auch unsere Aufsichts­funktion als Verkehrsministerium entsprechend ausüben.

In diesem Sinne bin ich dankbar und froh, dass diese wichtigen Beschlüsse, die auch zur Stärkung der österreichischen Luftfahrt beitragen sollen, heute gefasst werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Böhm. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.55

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Das zur Debatte stehende Luftfahrtgesetz beinhaltet keine großen Änderungen, sondern es wurden lediglich Unklarheiten ausgeräumt und notwendige Anpassungen an Gemeinschaftsrecht vor­genommen. Die wenigen inhaltlichen Änderungen werden zu einer Erhöhung der Sicher­heit der Luftfahrt beitragen, wie Sie, Herr Staatssekretär, uns vorhin schon mit­geteilt haben.

Mir ist der 22. August 1991 noch sehr gut in Erinnerung. Es war im Kreuzungsbereich der Bundesstraße von Zell am See nach Salzburg, im Gemeindegebiet von Lofer. Es prallten zwei Autos aufeinander. Zwei verletzte Fahrer, einer davon schwer verletzt,


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konnten aus den total beschädigten Fahrzeugen befreit werden. Nach dem Eintreffen des Notarztes musste dieser feststellen, dass der schwer verletzte Fahrer nicht mehr mit dem Rettungsauto abtransportiert werden konnte.

Es wurde um etwa 13 Uhr ein Rettungshubschrauber – „Martin 1“, eine Aérospatiale Ecureuil AS 350 B1 – des Bundesministeriums für Inneres über die Notleitzentrale angefordert. Die Landung in Zell am See erfolgte um 13.44 Uhr. Nach der Übernahme des Patienten startete der einmotorige Hubschrauber um zirka 14 Uhr mit dem Ziel Krankenhaus Salzburg. An Bord befand sich ein Pilot, ein Notarzt, ein Sanitäter und ein Schwerverletzter. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Kurz nach dem Start, zwischen Lofer und Unken, erfasste den einmotorigen Helikopter eine Böe, und zwar so heftig, dass der Motor förmlich ausgeblasen wurde. Der Hub­schrauber stürzte ab. Der Pilot und der Notarzt überlebten das Unglück, allerdings schwer verletzt. Hätte man zu diesem Zeitpunkt einen zweimotorigen Helikopter ge­habt, wäre dieser fürchterliche Unfall vermeidbar geblieben.

Die Sicherheit von zweimotorigen Drehflügelfahrzeugen ist nun einmal doppelt so groß, wie mir die Piloten von der Salzburger Einsatzzentrale mitgeteilt haben. Das wesentlich höhere Drehmoment sorgt für mehr Leistungsfähigkeit in puncto Trag- und Steig­fähigkeit, und damit steigt auch die Sicherheit für Piloten und für Passagiere. Eine erhöhte Laufruhe sorgt für eine verbesserte Flugqualität und dafür, dass zweimotorige Helikopter wesentlich leiser sind als einmotorige, was wiederum der Umwelt dient.

Mir wurde auch mitgeteilt, und zwar vom Präsidenten des Salzburger Flugplatzes, dass einmotorige Helikopter durchaus ihre Existenzberechtigung haben: Einmotorige Hub­schrauber haben bei so genannten Schönwetterbedingungen im Sichtflug oder im VFR-Bereich – das heißt Visual Flight Rules – durchaus ihre Berechtigung. Allerdings sollten im Fall von schlechtem Wetter, wo nach so genannten IFR – Instrumental Flight Rules – geflogen werden muss, nur zweimotorige Drehflügelfahrzeuge zum Einsatz gebracht werden.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Lichtenberger! Ich sehe keinen Sicherheitsnachteil und ich glaube schon, dass man sehr wohl auch zweimotorige Maschinen im Gebirge, vor allem im Hochgebirge einsetzen kann, allerdings nur dann, wenn sie mit dement­sprechender Leistungsfähigkeit versehen sind. (Abg. Dr. Lichtenberger: Aber auch keinen Vorteil! Auch keinen Vorteil – das ist der Punkt!)

Zum Abschluss: Auf ein sicheres Österreich zu Lande und in der Luft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort seitens des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 94 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über diesen Punkt der Tagesordnung, beziehungsweise die Abstimmungen darüber, da die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden muss.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­des­minister für Finanzen betreffend „Freunderlwirtschaft, Interventionen und Lobby­ismus zum Schaden Österreichs“ (658/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 658/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

„In den letzten Monaten verdichteten sich immer mehr Zweifel betreffend die korrekte und unbeeinflusste Amtsführung des Bundesministers für Finanzen Karl Heinz Gras­ser. Handelte es sich in der vorigen Gesetzgebungsperiode noch um Vorwürfe wie extensive und unnotwendige Vergaben an externe Berater, peinliche Selbst­darstel­lungen im Rahmen der KMU-Road Shows auf Kosten der SteuerzahlerInnen und Ähnliches, so verstärkten sich diese Vorwürfe in letzter Zeit in Richtung Unfähigkeit zur Trennung von Privatem und Öffentlichem, begleitet von Vorwürfen der verbotenen Geschenkannahme oder der Steuerverkürzung.

Die Vorwürfe verstärken sich nunmehr aber in Richtung der verbotenen Intervention im teuersten Vergabeverfahren der 2. Republik, nämlich den Ankauf der Kampfflugzeuge, und dubiosen Vorgängen im Rahmen der von der Regierung geplanten Veräußerung der ÖIAG-Anteile an der VOEST, wo bekannt wurde, dass Geheimabsprachen zwischen Magna und dem ÖIAG-Vorstand zum Verkauf dieser Anteile eingeleitet wur­den. In beiden Fällen reagierte der Finanzminister äußerst eigenartig und unglaub­würdig, informierte das Parlament zum Teil gar nicht, zum Teil falsch, jedenfalls spie­lten aber immer Netzwerke rund um seine Person eine zentrale Rolle.

Der letzte, demokratiepolitisch beinahe undenkbare Skandal war aber die Unter­zeich­nung des Vertrages mit EADS, ohne dass die dafür notwendige gesetzliche Grundlage in Rechtskraft ging. Die teuerste Investition des Bundes wurde also alle haushalts­rechtlichen Grundlagen und die verfassungsrechtliche Budgethoheit des Parlaments negierend für die Republik Österreich vom Bundesminister für Landesverteidigung unterschrieben. Aus dieser Vorgangsweise – zusammen mit dem Nichtabwarten des vom Landesverteidigungsminister in Auftrag gegebenen Rechnungshofberichtes – könnten für die Republik Österreich außerordentlich hohe Schadenersatzforderungen nach sich ziehen.

Die Vorgangsweise des Finanzministers ist völlig inakzeptabel.

Im Einzelnen stellen sich die Sachverhalte wie folgt dar:

I. VOEST-ALPINE: Ein Schnäppchengeschäft unter den Freunden des Finanz­ministers?

Solange er noch von der FPÖ nominierter Finanzminister war, hat er mit seinem Ausverkaufs-Programm vor allem die „FOP’s“, die „Friends of Prinzhorn“, wie sie ein


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namhafter Kolumnist genannt hat, zum Beutezug nach den Filetstücken im Staats­besitz befindlicher Betriebe eingeladen. Nunmehr soll auch sein ehemaliger (und eventuell künftiger) Arbeitgeber die Möglichkeit erhalten, auf das Vermögen der österreichischen Steuerzahler zuzugreifen.

Im Rahmen dieses Ausverkaufs-Programmes ist – unter dem Codenamen „Minerva“ – das Herzstück der österreichischen Industrie, die VOEST-ALPINE, in den letzten Tagen in das Zentrum der öffentlichen Diskussion geraten:

Der vom Magna-Konzern Frank Stronachs quasi „karenzierte“ Finanzminister hievte seinen Freund, Magna-Europachef und Vizepräsident von Magna International Sieg­fried Wolf in den ÖIAG-Aufsichtsrat, wo dieser seit Monaten über den Zugang zu allen Firmendaten den Kauf der VOEST-ALPINE durch Stronach vorbereiten konnte.

Unter strengster Geheimhaltung hat der ÖIAG-Vorstand gemeinsam mit zwei Magna-Managern und Vertretern von Morgan Stanley – die bereits 2001 für Aufsehen gesorgt haben, indem der ÖIAG-Spitze eine Privatisierungsstudie kostenlos „angedient“ wur­de – an einem Konzept betreffend den Verkauf der VOEST-ALPINE an Magna. Die beiden Magna-Mitarbeiter sind enge Mitarbeiter von Siegfried Wolf. Diese ÖIAG-Arbeitsgruppe sollte Konzepte zum VOEST-Verkauf entwickeln.

Selbst Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl kritisiert die „ungeheuerlichen Vorgänge“ um die Geheimaktion „Minerva“. Er bedauerte, dass eine derartige Arbeits­gruppe überhaupt habe entstehen können, und meinte, dass diese „Geheimaktion“ gegen die gerade bei großen Privatisierungsvorhaben nötigen Prinzipien von Trans­parenz und Fairness verstoße. Bei Unvereinbarkeiten auf Aufsichtsratsebene müssten dort „Konsequenzen gezogen werden“.

Die im Zusammenhang mit der geplanten Veräußerung der ÖIAG-Anteile an der VOEST-ALPINE aufgetretenen Unvereinbarkeiten im Bereich der Gesellschaftsorgane in VOEST-ALPINE und ÖIAG sind gravierend. So ist Herr Grupp gleichzeitig Inter­essent an und Aufsichtsrat in der VOEST-ALPINE und Herr Wolf Interessent an der VOEST-ALPINE und Aufsichtsrat des Verkäufers ÖIAG.

Die beiden haben damit wesentliche Vorteile gegenüber anderen Interessenten im Verkaufsverfahren, weil sie die Möglichkeit hatten, sich zwei Jahre lang genauestens über die Ertragslage, Investitionspläne, Unternehmensentwicklung usw. zu informieren. Andere Interessenten müssen solche Informationen in aufwändigen due-diligence-Prü­­fungen erheben. Darüber hinaus ist es ihnen möglich, Einsicht und Einfluss auf die Verkaufsstrategie und auch auf die Preisbildung zu nehmen.

Die vom Finanzminister bzw. dem Kapitalmarktbeauftragen der Bundesregierung Schenz unter Mediengetöse vorgestellten Corporate Governance - Vorschriften, die unter Mitwirkung u.a. des Instituts der Wirtschaftsprüfer oder der Österreichischen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management im Jahr 2002 erarbeitet wur­den, werden durch diese Vorgangsweise mit Duldung des Finanzministers schwer verletzt. Denn diese Vorschriften sehen u.a. in Pkt. 48 vor, dass Interessenkonflikte, wie sie im Fall der VOEST-ALPINE vorliegen, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates oder dessen Stellvertreter bekanntzugeben und in der Folge entsprechende Konse­quenzen zu ziehen sind. Das ist nach den bisher vorliegenden Berichten nicht ge­schehen.

Die involvierten Aufsichtsräte Grupp und Wolf haben daher gegen jene Wohl­verhaltensregeln verstoßen, auf dessen Einführung der Finanzminister so stolz war. In diesem Fall müsste der Finanzminister selbst als Eigentümervertreter die Konsequenz ziehen und die beiden Aufsichtsräte abberufen.


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Die SPÖ fordert in diesem Zusammenhang, dass die beiden Aufsichtsräte ihre Ämter zurücklegen sollen bzw. fordert alternativ den Finanzminister dazu auf, die beiden abzuberufen, da grundlegende Elemente der international anerkannten Wohlverhal­tensregeln in den Corporate Governance - Vorschriften nicht eingehalten werden. Die vom Finanzminister geduldete Vorgangsweise widerspricht internationalen Standards, die eine unbefangene Entscheidung des Aufsichtsrates sicherstellen sollen. Damit wird auch dem Vertrauen in den Wirtschafts- und Investitionsstandort Österreich schwerer Schaden zugefügt – ein Schaden, den die SPÖ von Österreich fernhalten möchte.

Der Finanzminister hat nach Auffliegen dieses Skandals angeblich „inoffiziell“ ein­gegriffen und den in der ÖIAG eingerichteten Arbeitskreis gestoppt. Für die SPÖ ist der Magna-Deal allerdings alles andere als vom Tisch. Es besteht die Gefahr, dass das Projekt „Minerva“ nur wegen des oberösterreichischen Wahlkampfes vorübergehend gestoppt wurde.

Der Rechnungshof zeigte im Zusammenhang mit der ÖIAG und deren Privati­sierungstätigkeit bereits zahlreiche schwerwiegende Ungereimtheiten auf:

Jahresgagen in der ÖIAG von mehr als 650.000 Euro (über neun Millionen Schilling!) für blau/schwarze Günstlinge;

Mietbeihilfen, die 14 mal pro Jahr ausbezahlt werden;

eine Verdoppelung der Aufsichtsratsgagen;

Spesenexplosion um unglaubliche 2.000 Prozent;

Verrechnung privater Ausgaben auf Kosten der ÖIAG;

Missachtung des Aktienrechtes.

Der Präsident des Rechnungshofes und die Abgeordneten warten bis heute auf das vor zwei Jahren von Aufsichtsratsvorsitzendem Heinzel in einer Rechnungshof-Aus­schusssitzung im Parlament versprochene Privatisierungskonzept.

Auch in anderen Fällen war der Umgang von Heinzel und Co mit dem Aktienrecht sehr locker. So kritisiert etwa der Linzer Universitätsprofessor Peter Jabornegg in einem Gutachten, das von den Betriebsräten im ÖIAG-Aufsichtsrat angefordert wurde, dass bei der Entscheidung über den Verkauf der Austria Tabak an Gallaher „der ÖIAG-Aufsichtsrat-Vorsitzende und der ÖIAG-Vorstand im konkreten Anlassfall mehrfach pflichtwidrig handelten“. So wurden etwa den Mitgliedern des Aufsichtsrats weder ausreichende Informationen noch Vergleiche des Gallaher-Angebots mit jenen anderer Kaufinteressenten vorgelegt. Diese Verfahrenmängel, so Jabornegg, würden „für die Annahme einer Beschlussnichtigkeit ausreichen“ (Trend 3/2003).

Die VOEST-ALPINE liegt nicht nur im europäischen, sondern auch im weltweiten Vergleich unter den Top-Stahlunternehmen und hat eben das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt – „trotz“ des ÖIAG-Anteils von 34,7 Prozent. Es entbehrt somit jeder Logik, dass der Finanzminister dieses Gewinn bringende Weltklasseunternehmen gerade jetzt verkaufen will.

Dass es dem Finanzminister bei den sogenannten „Privatisierungen“ nur um eine kurz­fristige Geldbeschaffung für sein notleidendes Budget geht (denn langfristig fehlen natürlich die jährlichen Gewinne), zeigt die drohende Übernahme der Telekom Austria durch die Swisscom: Da die Swisscom selbst derzeit zu 62,7 Prozent im Eigentum des Schweizer Staates steht, könnte wohl niemand in diesem Zusammenhang von einer Privatisierung, sondern von einem reinen Ausverkaufsgeschäft des österreichischen Staates an den Schweizer Staat sprechen.

II. Gesetzeswidrige Unterzeichnung des Eurofighter - Kaufvertrages


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Die Bundesregierung hat mit Ministerratsvortrag vom 1. Juli 2003 beschlossen, den Kaufvertrag für die Eurofighter – vor Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2003 – zu unterzeichnen. Diese gesetzeswidrige Vorgangsweise löste in ganz Österreich zu Recht Proteste aus. Zu Recht wegen folgender Unregelmäßigkeiten:

Unrichtige Angaben des Finanzministers:

Der Finanzminister hat den Nationalrat bei der Beantwortung der Dringlichen Anfrage am 17. Juni 2003 wie folgt informiert:

„Ich habe den Herrn Aufsichtsratvorsitzenden Bischoff in Sachen Abfangjäger das erste Mal im Juni 2001 getroffen, das zweite Mal im März 2003. Sonst hab ich seit Juli 2001 keine Vertreter der Firma EADS getroffen.“

Inzwischen stellte sich jedoch heraus, dass der Finanzminister laut Bericht des „News“ vom 3. Juli 2003 ein wesentliches Treffen mit dem EADS-Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Bischoff dem Nationalrat nicht bekanntgegeben hat.

„Denn EADS-Aufsichtsrat Bischoff – nebenbei einflussreicher Manager des Daimler-Chrysler Konzerns – und Grasser sind noch einmal zusammen gekommen. Und zwar am Dienstag, dem 23. April 2002.“

Dieses Treffen hat somit nur zwei Monate vor der milliardenschweren, vom Finanz­minister beeinflussten Typenentscheidung zu Gunsten des Eurofighters stattgefunden.

Umstrittene Änderungen bei den Vergabekriterien:

Im März und April 2002 wurden wesentliche Ausschreibungskriterien verändert. So ge­nannte „Mussforderungen“ wurden in sogenannte „Sollkriterien“ umgewandelt. Die Nicht­erfüllung sogenannter „Sollkriterien“ führt aber nicht zu einer zwingenden Aus­scheidung des Anbieters aus dem Verfahren.

Wesentliche Kriterien, die von „Muss“ auf „Soll“ verändert wurden, sind der Liefertermin und die Länge des Lieferzeitraums für die neuen „Kampfjets“.

In der Ausschreibung war vorgesehen, dass die neuen Kampfflugzeuge schon 2005 verfügbar sein müssen. Die Änderung der Kriterien hatte zur Folge, dass es sich dabei nur mehr um eine „Sollbestimmung“ handelt.

Nun müssen die österreichischen SteuerzahlerInnen für eine Übergangslösung viele Millionen EURO pro Jahr zahlen.

Die „Mussforderung“, „dass ein Bieter seine Bereitschaft erklären muss, vor Vertrags­abschluss eine Flugerprobung zur Überprüfung der Einsatztauglichkeit in Österreich vorzunehmen“, wurde bei der Typenentscheidung und auch beim Ministerratsvortrag vom 1. Juli 2003 gänzlich außer Acht gelassen. Minister Platter bestätigte bei den Budgetberatungen, dass es keine solche Flugerprobung gab.

Zuschlag an Eurofighter im Juli 2002 aufgrund eines Vorteils bei der neunjährigen Finanzierungsvariante:

Die Entscheidung für den Eurofighter Anfang Juli 2002 fiel unter anderem deshalb positiv für EADS aus, weil bei einer Finanzierung über neun Jahre der Eurofighter knapp vor dem schwedischen Grippen lag.

Im „News“ vom 3. Juli 2003 ist zu lesen:

„Noch Mitte 2003 wurde mit verschiedenen Banken über Konditionen verhandelt. Womit sich die bescheidene Frage aufdrängt: Wie konnte der Finanzierungsvorteil errechnet werden, wenn ein Jahr später noch immer nicht feststeht, wie hoch die Zinsen für die Finanzierung des Jet-Deals sind?“


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Ungerechtfertigtes Ausscheiden der Lockheed Martin F-16:

In der APA-Meldung Nr. 535 vom 2. Juli 2003 ist zu lesen:

„Ausdrücklich wies der Manager darauf hin, dass die F-16 den Kriterien des österreichischen Bundesheeres "voll gerecht" werden. Im Vorjahr hatte die zuständige Heereskommission vor der Typenentscheidung die Bewertung des US-Jets eingestellt, weil Angaben zu zwei geforderten Kriterien gefehlt hatten. Im Herbst habe der damalige Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) dann aber brieflich bestätigt, dass die F-16 den Kriterien entspreche.“

Der Bundesminister unterstellt seinen Beamten damit Amtsmissbrauch. Die Konse­quenz wäre, dass der gesamte Ausschreibungs- und Bewertungsvorgang nicht den Vor­schriften entsprochen hat und daher neu durchzuführen gewesen wäre.

Viel zu hoher Preis für die Eurofighter:

Laut einem Bericht der „Financial Times“ vom Dienstag, 1. Juli 2003 haben die vier Produzentenstaaten des Eurofighters eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach die Wartungs- und Erhaltungskosten für die zweite Staffel der Eurofighter ab 2007 um 10 – 20 % gesenkt werden sollen. Just an diesem Tag hat Österreichs Regierung den Kaufvertrag zu den überhöhten Preisen unterschrieben. Diese Vorgangsweise entspricht nicht der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmannes.

Einflussnahme des Finanzministers auf die Beschaffung:

Das Nachrichtenmagazin „Format“ berichtet am 3. Juli 2003, dass der Finanzminister Einfluss auf die Beschaffung genommen hat. Im „Format“ ist zu lesen:

13. Juli 2001: Karl-Heinz Grasser stattet EADS in München einen Besuch ab. Das Eurofighter-Konsortium ist der einzige Anbieter, mit dem der Finanzminister direkten Kontakt aufnimmt. Bei Saab und Lockheed Martin beschränkt sich die Kommunikation auf lose diplomatische Anlässe.

20. Juli 2001: Das Finanzministerium moniert in einem Schreiben an das Verteidi­gungsressort, die von den Militärs angepeilte Ausschreibungsfrist von 120 Tagen sei zu kurz. Relevant ist das vor allem für den Eurofighter, der als Letzter - und völlig überraschend - gegen die favorisierte Konkurrenz von Saab (Gripen) und Lockheed Martin (F-16) ins Rennen geschickt wird.

August 2001: Das Finanzministerium will die Ausschreibungsfrist auf bis zu sechs Monate ausweiten und bringt eine neue Stückzahl für die Abfangjäger ins Spiel. Statt der 24 ein- und sechs zweisitzigen Maschinen, die das Verteidigungsministerium for­dert, schlägt es vor, nur achtzehn Stück mit einer Option auf weitere sechs zu kaufen.

14. September 2001: Das Verteidigungsministerium hält in einem Aktenvermerk fest, das Finanzministerium habe "in Übereinstimmung mit § 43 Abs. 2 Bundes­haushalts­gesetz" von seiner "Richtlinienkompetenz Gebrauch" gemacht und Bedingungen für die Ausschreibung gestellt. Die lesen sich so:

"1. Im Zuschlagsverfahren muss es möglich sein, dass das in der Angebotseinholung vorgeschriebene Mengengerüst 24 Einsitzer neu und 6 Doppelsitzer optional auf eine geringere Anzahl von Luftraumüberwachungsflugzeugen, z. B. 18 Einsitzer neu und 6 Doppelsitzer neu optional geändert bzw. reduziert wird.

2. Die Angebotsfrist hat bis 18. Jänner 2002 zu betragen.

3. Den Bietern muss die Möglichkeit eingeräumt werden, sowohl Alternativangebote als auch Vorschläge für eine Übergangslösung in allen Richtungen hin völlig offen zu gestalten."


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Auch die letztgenannte Vorgabe ist lediglich für EADS von Belang: Saab und Lockheed Martin können jederzeit Maschinen des gewünschten Typs zur Verfügung stellen, um die Lücke zwischen dem Ausscheiden des Draken und der Anlieferung der neuen Jets zu überbrücken. Beim noch nicht in Serienproduktion befindlichen Eurofighter geht das nicht.

Ein Jahr später, in der heißen Phase der Typenentscheidung, fordert das Kabinett Grasser, das - siehe oben - "keine wie auch immer geartete Kontaktaufnahme" gepflogen haben will, vom Verteidigungsministerium eine detaillierte Kostenkalkulation für alle Flugzeugtypen an.

Am 21. Juni 2002 will Josef Christl - als Grassers Kabinettsökonom in der Abfang­jägergegengeschäftskommission positioniert und seit dieser Woche auf Vorschlag des Finanzministers neues Mitglied im Direktorium der Oesterreichischen Nationalbank - vom Verteidigungsministerium folgende Informationen:

Übersicht Liefer- und Zahlungsplan für 18 und zwölf Stück Eurofighter und Gripen wie bei 24-Stück-Variante.

Komplettberechnung F-16 inklusive Bestellmengengerüst für 24, 18 und zwölf Stück sowie Zahlungsvarianten wie bei den anderen Mitbewerbern inklusive Ausbildung, Infrastruktur, Life Cycle Costs (LCC).

Betriebskosten und LCC für achtzehn Stück bei Gripen und Eurofighter detto für 24, 18 und zwölf Stück F-16.

Als der damalige Verteidigungsminister Herbert Scheibner vier Tage später, am 25. Juni 2002, im Ministerrat den Saab-Gripen beschließen lassen will, blitzt er bei Grasser ab: "Das muss alles noch sehr genau überprüft werden. Ich habe derzeit nicht alle notwendigen Informationen auf dem Tisch."

Eine Woche später, am 2. Juli, gewinnt Eurofighter den Bewerb.

Damit ist eindeutig nachgewiesen, dass der Finanzminister im gesamten Verlauf des Ausschreibungs- und Bewertungsverfahrens voll involviert und somit mitverantwortlich für den Kauf dieser Kampfflugzeuge war.

Vertragsunterfertigung vor Rechtskraft des Budgetbegleitgesetzes:

Durch die Abstimmungsergebnisse im Bundesrat konnte das Budgetbegleitge­setz 2003 nicht wie geplant mit 1. Juli 2003 in Kraft treten. Es ist daher äußerst bedenklich, dass die Bundesregierung mit Ministerratsvortrag vom 1. Juli 2003 die Vorgangsweise von Minister Platter unterstützte, den Vertrag vor Rechtskraft des Bud­getbegleitgesetzes 2003 zu unterfertigen. Damit wurde vorsätzlich gegen haushalts­rechtliche Vorschriften verstoßen.

Unterzeichnung des Eurofighter-Kaufvertrages vor dem Ergebnis der Rechnungs­hofprüfung:

Obwohl der Präsident des Rechnungshofes am 30. Juni 2003 versichert hat, dass der Bericht des Rechnungshofes noch im Juli dieses Jahres vorliegen wird, hat Minister Platter den Vertrag für den Eurofighter-Kauf am 1. Juli 2003 unterzeichnen lassen.

Der Rechnungshof sollte die Wirtschaftlichkeit, die Sparsamkeit, die Zweckmäßigkeit und die Rechtmäßigkeit des Kampfflugzeug-Deals beurteilen. Mit der vorzeitigen Un­terzeichnung werden der Rechnungshof und darüber hinaus alle Österreicherinnen und Österreicher vor den Kopf gestoßen.

Für alle genannten Sachverhalte im Zusammenhang mit der Beschaffung von Kampf­flugzeugen – wie den umstrittenen und rechtlich bedenklichen Änderungen der


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Vergabekriterien während des laufenden Verfahrens, der Änderung der Stückzahl, ohne ein Anbot der anderen Anbieter einzuholen, dem umstrittenen Ausscheiden eines Anbieters, der hohen, nicht absehbaren Belastung des Bundesbudgets, dem Unter­zeichnen des Vertrages ohne gesetzliche Grundlage, die in Rechtskraft gewachsen ist, dem Nichtabwarten des vom Bundesminister für Landesverteidigung verlangten Rechnungshofberichtes und daraus resultierenden Schadenersatzansprüchen gegen­über der Republik Österreich – tragen die volle rechtliche und politische Verantwortung alle Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere aber der Bundesminister für Landesverteidigung und der Bundesminister für Finanzen.

Unter Berücksichtigung der genannten Vorwürfe und auch im Hinblick darauf, dass die beiden Minister dem Nationalrat über Fragen in diesem Zusammenhang in vielen Fällen keine oder eine unvollständige Auskunft gegeben, in manchen Fällen nach­weisbar die Unwahrheit gesagt haben, ist ihnen das Vertrauen vom Nationalrat zu versagen.

Für den Bundesminister für Finanzen gelten über die Causa Kampfflugzeuge hinaus noch weitere Bedenken, die in dieser Dringlichen Anfrage wiedergegeben werden und so schwerwiegend sind, dass sie schon für sich alleine auch Grund für das Versagen des Vertrauens sind.

III. Dubiose Netzwerke des Finanzministers

ÖIAG/MAGNA/Rückkehrrecht:

Besonders aufklärungsbedürftig erscheint der Umstand, dass gerade der Finanz­minister als Eigentümervertreter der ÖIAG angeblich keine Kenntnis über das soge­nannte „Projekt Minerva“ hatte. Dementsprechend unklar gestalteten sich auch die Erklärungen des Finanzministers gegenüber der Presse. Noch am 24.6.2003 erklärte Grasser in der Tageszeitung „Kurier“, dass es keinen Verkauf der VOEST-ALPINE an Magna geben werde und er eine „österreichische Lösung“ wolle. Zwei Tage später, am 26.6.2003, berichtet die Austria Presse-Agentur, dass für Grasser der Magna-Konzern ein möglicher Käufer der VOEST-ALPINE sei.

Dieser Meinungsumschwung des Finanzministers beruht offensichtlich auf seinem Rück­kehrrecht zum Magna-Konzern. Mit seinem Eintritt in das Kabinett Schüssel I wurde zwischen dem Magna-Konzern und Grasser eine in den Medien als „Rück­kehrrecht“ bezeichnete Vereinbarung abgeschlossen. Unklar blieb bisher, ob es sich bei diesem Vertragsverhältnis um eine Karenzierung seines Dienstvertrages handelt, oder ob damit eine Wiedereinstellungszusage durch Magna abgegeben wurde. Mit 30.6.2003 erklärte Grasser, dass er auf sein Rückkehrrecht zu Magna verzichte, stellte aber nicht klar, wie dieser Verzicht formal durchgeführt wurde.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass auch bei einem rechtlich wirksamen, einseitigen Verzicht auf ein vereinbartes Rückkehrrecht Grasser jederzeit wieder vom Magna-Konzern beschäftigt werden könnte.

Rechtlich interessant sind jedoch die Folgen seines einseitigen Verzichtes auf ein vereinbartes Rückkehrrecht:

Bei einer Karenzierung würde diese Vorgangsweise zur Auflösung dieses Dienstver­trages führen und es wären zwischenzeitlich entstandene Ansprüche aus dem Dienst­verhältnis (z.B. Abfertigung, Teilnahme an Incentive-Programmen, Beendigungsan­sprüche) an den Finanzminister auszuzahlen. Durch diese Ansprüche würden weitere Unvereinbarkeiten entstehen. Unklar blieb bisher, ob der Finanzminister den parlamentarischen Unvereinbarkeitsausschuss über seine Vertragsverhältnisse zum Magna-Konzern richtig informiert hat.


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Home-Page:

Hinsichtlich der persönlichen Home-Page Grassers (www.karl-heinzgrasser.at), finan­ziert durch den von der IV geförderten „Verein zur Förderung der New Economy“, stellte der Finanzminister fest, dass er diesen Verein nicht kenne und dass er die Industriellenvereinigung nicht um Förderung dieses Vereines ersucht habe. Dem­gegenüber steht eine Aussage des Pressesprechers der Industriellenvereinigung, der klar ausführte, dass Grasser persönlich um eine betreffende Finanzierung ange­fragt habe.

Am 18. Juni 2003 wurden sämtliche Bediensteten der zuständigen Finanzbehörden angewiesen, dass „Anfragen über den Herrn Bundesminister, Mag. Karl-Heinz Grasser bzw. Anfragen über einen Verein im Zusammenhang mit seiner Person ausnahmslos an die Pressestelle, Dr. Winkler weiterzuleiten, bzw. anfragende Personen an Dr. Winkler zu verweisen“ sind. Über entsprechende Vorgänge sei die Finanzlandes­direktion zu informieren. Aus den internen Weisungen ergibt sich klar, dass sämtliche Informationen über den Steuerakt des Vereines ausschließlich über die Pressestelle des Finanzministers, durch dessen Kabinettchef und Obmann des Vereines, weite­rgeleitet werden. Nach dem Wortlaut der Weisung vom 18.6.2003 ist diese Vorgangs­weise auch auf Anfragen der Staatsanwaltschaft anzuwenden. Lediglich Presseanfra­gen werden über die Pressesprecherin des Herrn Staatssekretärs, Frau Roth, abge­wickelt.

Bedenklich erscheint auch das von Grasser eingeholte Gutachten hinsichtlich des Verdachtes von Steuerhinterziehung und Geschenkannahme durch den Betrieb seiner Home-Page über einen als gemeinnützig deklarierten Verein. Dieses Gutachten wurde von der Kanzlei Ernst & Young erstellt. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um einen Auftragnehmer des Finanzministeriums. Ein verantwortungsbewusster Finanz­minis­ter hätte seinen Beamen völlige Freiheit bei der Beurteilung ihn betreffender Vor­würfe gegeben. Grasser hat im Gegenteil seinen Beamten via Interview mitgeteilt, wie diese Prüfung auszugehen hat - „Die Finanzbehörden werden sagen, es ist alles korrekt im steuerlichen Bereich gelaufen“ – und hat ihnen dafür in Form eines bezahl­ten Gutachtens schon die Begründung mitgeliefert.

Beraterhonorare:

Durch das Finanzministerium wurden seit 4.2.2000 ca. 30 Millionen Euro für externe Berater, Propagandaausgaben und Inserate verschleudert. Darunter kuriose Werkver­träge, wie z.B. die Beauftragung eines Steuerberaters betreffend die Errichtung einer Börse­beteiligungs-Gesellschaft oder die Beauftragung von zwei Experten zur Kündigung eines Mietvertrages. Insgesamt handelt es sich bei der Gesamtsumme dieser Beratungskosten um die höchsten Ausgaben für externe Beratung seit 1945. Aufgrund der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Dr. Cap und Genossen stellte sich heraus, dass der Finanzminister den parlamen­tarischen Gremien bisher Beratungskosten in Höhe von weiteren 1,1 Millionen Euro verschwiegen hat.

Honorarnoten für Grasser:

Berichten des „report“ zufolge hat Finanzminister Grasser selbst bei verschiedenen Auftritten, wie z.B. bei einer Bankeröffnung im Vorjahr in Salzburg, bei einer Tagung einer Salzburger Bank im April 2003 und bei der Investorenkonferenz einer Wiener Bank, Honorare – kolportiert werden 7.000 Euro je Auftritt (ca. 100.000 ÖS) – kassiert. Gleichgültig wofür dieses Geld verwendet wurde, verstößt die Honorarannahme gegen das Berufsverbot für Minister gemäß dem Unvereinbarkeitsgesetz und gegen die Pflicht für diese Honorare sowohl Steuern als auch eventuell Sozialabgaben zu be­zahlen. Die von Grasser ins Treffen geführte Stiftung für soziale Projekte (deren


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Gründung auf seiner homepage vor kurzem noch groß gefeiert wurde) existiert zum einen, wie der Finanzminster zugeben musste, noch gar nicht, zum anderen wäre dies sowohl für die Abgabenpflicht, als auch die Unvereinbarkeitsregelungen irrelevant. Einmal mehr geht Finanzminister Grasser offensichtlich davon aus, dass Bestim­mungen, die für jeden Staatsbürger gelten und deren Einhaltung noch dazu er zu über­wachen hat, ausgerechnet für ihn nicht gelten.

Es ergibt sich somit ein umfassendes Sittenbild von Vorteilsnehmern und zumindest eines Vorteilsgebers, das einer ebenso umfassenden Erhellung bedarf. Einer Erhel­lung, die zu leisten der Finanzminister bei vergangenen Dringlichen Anfragen, sei es der SPÖ oder der Grünen, nicht bereit war. Stattdessen wurden die Abgeordneten des österreichischen Nationalrates von Grasser offensichtlich mit den Zuhörern bei einer KMU-Roadshow verwechselt und mit einem in NLP-Manier gehaltenen Vortrag über seine angeblichen Erfolge in der Budget- und Wirtschaftspolitik behelligt. Die unter­zeich­neten Abgeordneten geben aber die Hoffnung auf Antworten nicht auf und richten daher an den Bundesminister für Finanzen die folgende

Anfrage

1. Wann haben Sie als Eigentümervertreter erfahren, dass die Firma Magna oder Herr Stronach am Kauf der ÖIAG-Anteile an der VOEST-ALPINE interessiert ist?

2. Wann haben Sie erstmals vom Projekt „Minerva“ erfahren?

3. Wann haben Sie als Eigentümervertreter erstmals davon Kenntnis erlangt, dass der ÖIAG-Vorstand gemeinsam mit Magna-Managern an einem Konzept arbeitet, um die ÖIAG-Anteile an der VOEST-ALPINE an Magna zu verkaufen?

4. Sehen Sie bei den Herren Grupp und Wolf vor dem Hintergrund des geplanten Ver­kaufes der ÖIAG-Anteile an der VOEST-ALPINE im Zusammenhang mit deren Inter­essenlage als Vorstandsmitglieder von Unternehmen, die solche Anteile erwerben wollen, Unvereinbarkeiten, wie sie nach internationalen aber auch österreichischen Cor­porate Governance Vorschriften ausgeschlossen sind?

Wenn nein, warum nicht?

5. Mit welchen Maßnahmen werden Sie für das weitere Verkaufsverfahren sicher­stellen, dass die angesprochenen Unvereinbarkeiten im Interesse der Republik Öster­reich beseitigt werden, um eine nach den international üblichen Standards unbe­fangene Entscheidung der involvierten Aufsichtsräte im Zusammenhang mit dem geplanten Anteilsverkauf sicherzustellen?

6. Wie werden Sie sicherstellen, dass nachhaltig das bestimmende öffentliche Kern­eigentum in dem für die österreichische Wirtschaft wichtigen Industrieunternehmen VOEST-ALPINE weiterhin in Österreich gesichert ist?

7. Werden Sie als zuständiger Eigentümervertreter den Beschluss des oberöster­reichischen Landtages betreffend die VOEST-ALPINE vom 3. Juli 2003 umsetzen?

8. Die Typenentscheidung für den Eurofighter Anfang Juli 2002 fiel unter anderem des­halb positiv für EADS aus, weil bei einer Finanzierung über neun Jahre der Eurofighter knapp vor dem schwedischen Grippen lag.

Warum konnten Sie aber im Widerspruch dazu bei den Beratungen zu den Budgets 2003/2004 im Mai dieses Jahres noch immer keine genaue Zinshöhe und keine Gesamtbelastung für die SteuerzahlerInnen nennen?


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9. Weshalb haben Sie sich am 22. April 2002 knapp vor der Typenentscheidung zu Gunsten des Eurofighters mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden des EADS-Konzernes Bischoff in Wien getroffen?

Wer hat an dieser Sitzung teilgenommen?

Wurde darüber ein Protokoll verfasst?

Wenn ja, wie lautet dieses?

10. Warum wurde just an dem Tag der Kaufvertrag zu überhöhten Preisen und ohne rechtliche Grundlage unterschrieben, an dem bekannt wurde, dass die vier Produ­zentenstaaten des Eurofighters die Produktions-, Wartungs- und Erhaltungskosten für die Eurofighter ab 2007 deutlich senken wollen?

11. Sind Sie als verantwortlicher Bundesminister darüber informiert, wann die Pro­duzentenstaaten den endgültigen Preis für die Tranche 2, der noch immer beraten und verhandelt wird, festlegen werden und welchen Verhandlungsspielraum hätten Sie im Falle einer Kostenreduktion?

12. Wie oft haben Sie als Finanzminister oder Bedienstete Ihres Ressorts bzw. Minis­terbüros im Laufe des Auswahlverfahrens bis zur schlussendlichen Kaufentscheidung (1. Juli 2003) schriftlich und mündlich auf das Vergabeverfahren durch Aktivitäten Einfluss genommen (detaillierte Auflistung der Einwendungen und Anfragen)?

13. Haben Sie für Vorbereitung von Entscheidungen oder Verhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf von Kampfflugzeugen externe Berater zugezogen? Wenn ja, wer waren diese?

Wenn ja, wofür?

Wenn ja, welche Kosten sind daraus entstanden?

14. Als besonderes Kriterium für die Amtsführung als Bundesminister für Finanzen haben Sie bekanntgegeben, nunmehr auf Ihr Rückkehrrecht zu Magna wegen möglicher Interessenkollisionen mit Ihrer Amtsführung ab 1.7.2003 zu verzichten. Um Ihr Amtsverständnis auch im Nationalrat zu hinterfragen:

Welches Vertragsverhältnis bestand zwischen 4.2.2000 bis 30.6.2003 zwischen Ihnen und dem Magna-Konzern, wurde eine Karenzierungsvereinbarung getroffen oder wurde von Seiten des Magna-Konzerns eine bloße Wiedereinstellungszusage ge­leistet?

15. Wie lautet der exakte Inhalt Ihrer Erklärung hinsichtlich des Verzichtes auf Ihr Rückkehrrecht, wann ist diese Erklärung den Magna-Verantwortlichen zugegangen und wie lautet die inhaltliche Reaktion des Magna-Konzerns auf diesen Verzicht?

16. Sind durch die Erklärung von Ihnen gegenüber Ihrem (ehemaligen) Dienstgeber und der damit verbundenen Auflösung des Dienstvertrages Entgeltansprüche für Sie entstanden und wenn ja, um welche Beendigungsansprüche handelt es sich exakt und wie hoch sind Ihre finanziellen Ansprüche gegenüber dem Magna-Konzern?

17. Wurden die Sachverhalte betreffend das Rückkehrrecht und den nunmehrigen Verzicht auf dieses auch gegenüber dem parlamentarischen Unvereinbar­keitsaus­schuss gemeldet?

18. Wann haben Sie als Finanzminister von der Existenz und dem Vereinsziel, welches sich ja mit Ihrer Person befasst, des Vereines zur Förderung der New Economy erfah­ren?


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19. Haben MitarbeiterInnen Ihres Ministerbüros und Ihres Ressorts bezahlte Neben­tätigkeiten im Verein zur Förderung der New Economy bekanntgegeben?

20. Können Sie ausschließen, dass MitarbeiterInnen Ihres Ressorts, die die offizielle Homepage des BMF servicieren, auch Ihre private Homepage betreuen?

21. Laut Auskunft der Industriellenvereinigung wurde die Förderung ausbezahlt, um Ihre Politik zu beeinflussen. Welche Verfügungen haben Sie als Bundesminister für Finanzen getroffen, um die Gebarung mit den Mitteln aus der Förderung der In­dustriellenvereinigung zu bestimmen? Wem gegenüber haben Sie diese Verfügungen getroffen?

22. Gab es andere finanzielle Förderer Ihrer Person als die Industriellenvereinigung und wenn ja, um welche Institutionen handelt es sich und wie hoch waren die Beträge?

23. Finden Sie Ihre Vorgangsweise korrekt, wonach Sie Ihnen gegenüber weisungs­gebundenen Beamten ein von Ihnen bestelltes Gutachten in Ihrer eigenen Causa übermitteln, mit welchem Sie die Entscheidungsfindung Ihrer Beamten beeinflussen wollen?

24. Wer hat die Kosten für dieses Gutachten von Ernst & Young getragen?

25. In welcher Auftragshöhe wurden durch das BMF mit Ernst & Young Werkverträge abgeschlossen?

26. Welche Weisungen oder Anordnungen, geordnet nach Datum, wurden durch Ihre Person, die Zentralstelle oder nachgeordnete Dienststellen hinsichtlich der Prüfung des Vereines zur Förderung der New Economy bzw. Ihrer Person gegenüber den Bediensteten Ihres Ressorts oder Teilen davon erteilt?

27. Das Unvereinbarkeitsgesetz schreibt Mitgliedern der Bundesregierung ein Berufs­verbot vor. Dies dient der Garantie der unbeeinflussten und objektiven Amtsführung. Haben Sie während Ihrer Amtszeit als Finanzminister von dritten Personen Honorar­zahlungen oder sonstige Entgelte angenommen bzw. sich versprechen lassen?

Wenn ja, von welchen natürlichen oder juristischen Personen, in welcher Höhe, aufgrund welcher Leistung Ihrer Person und wann sind die Zahlungsflüsse in Ihrem Verfügungsbereich eingegangen?

28. Welche Rechtskonsequenzen entstehen durch die Annahme eines Honorars ge­mäß steuerlichen, gewerberechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Normen und den Erlässen Ihres Hauses?

29. Welche Spenden wurden in welcher Höhe, zu welchem Zeitpunkt, von welchen Spendern, an welche Empfänger von Ihnen im Zusammenhang mit Ihrer Vortragstätigkeit veranlasst?

30. Auf welche Konten wurden die in Frage Nr. 29 angesprochenen Zahlungen geleistet?

31. Wie bewerten Sie als Finanzminister in steuerlicher Hinsicht ganz allgemein Spen­den und Zahlungen, die im Zusammenhang mit Vortragstätigkeiten stehen?

32. Wenn derartige Zahlungen keiner Besteuerung unterliegen, bewerten Sie es als Finanz­minister in rechtlicher Hinsicht so, dass es für alle Steuerpflichtigen ein mög­liches Modell ist, vereinbarte Entgelte, z.B. im Zusammenhang mit Vortrags­tätigkeiten, direkt sozialen Zwecken zuzuleiten und somit indirekt die Absetzbarkeit für Sozial­spenden zu erreichen?


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33. Wer ist der Treugeber des nach Medienberichten von Notar Dr. Georg Weißmann im Zusammenhang mit Ihrem sozialen Engagement eingerichteten Treuhandkontos und wann wurde dieses Konto eingerichtet?

34. Ist es daher auch richtig, dass die auf diesem Konto eingelangten Gelder somit auf ein Ihnen zurechenbares Konto geflossen sind?

35. Wie bewerten Sie es als Finanzminister in steuerlicher Hinsicht: Für wen entsteht die Steuerpflicht, wenn vereinbarte Zahlungen für eine erbrachte Vortragsleistung auf ein dem Vortragenden zuzurechnendes Konto geleistet werden und somit der Emp­fänger die Verfügungsmacht im Sinne der steuerrechtlichen Vorschriften erlangt hat?

36. Wie bewerten Sie es als Finanzminister in steuerlicher Hinsicht: Wenn aber Gelder, die im Zusammenhang mit einer Vortragstätigkeit von jemandem verlangt und von Dritten direkt an die sozial bedürftigen Begünstigten gespendet wurden – ist ein solcher Vorgang im Lichte einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, allenfalls des Missbrau­ches von Gestaltungsformen des Bürgerlichen Rechtes, im Sinne der Bundesabgaben­ordnung anders zu bewerten, als wenn das Geld zuerst an den Vortragenden und von diesem erst an die sozial bedürftigen Empfänger gespendet worden wäre?

Wenn ja, warum?

37. Haben Sie für das Jahr 2003 ein steuerpflichtiges Einkommen neben Ihrem Minis­terbezug dem Unvereinbarkeitsausschuss gemeldet?

38. Wie hoch sind die Gesamtausgaben seit 4.2.2000 für externe Beratung, Werbung, Information und Kommunikation sowie der Schaltung von Inseraten des Bundes­ministeriums für Finanzen?

In formeller Hinsicht wird gemäß § 93 Abs. 2 GOG verlangt, diese Anfrage dringlich zu behandeln.“

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Cap als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Redezeit gemäß Geschäfts­ordnung: 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.01

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Es war ganz schön mühsam, bis es möglich wurde, dass wir diese Dringliche doch noch einbringen konnten und nun in Anwesen­heit des Herrn Finanzministers behandeln können. Aber letztendlich ist es gelungen. Nachdem wir doch ziemlich starken politischen Druck ausgeübt haben, musste man letztlich nachgeben! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie behaupten immer, wir würden es uns zu leicht machen. Selbst der Herr Finanz­minister ist einmal hier in diesem Saal gestanden und hat gesagt: Das ist eine Schmutz­kampagne der Opposition! Viele andere sagen, es sei überhaupt eine Schmutzkampagne. – Ich behaupte, dass solche Vorwürfe vor allem Attacken gegen die recherchierenden, nach Wahrheit suchenden österreichischen Journalistinnen und Journalisten sind. Das ist die Wahrheit, die dahinter steckt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Bucher: Bleiben Sie bei der Wahrheit!)

Wenn nämlich all das wirklich eine böse Verschwörung ist, Herr Finanzminister, dann haben sich da die tollsten Koalitionen der Medienwelt gefunden. (Der Redner hält in der Folge diverse Zeitungsausschnitte in die Höhe.)


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Heute titelt etwa die „Kleine Zeitung“: „KHG in Not“ – und die ist nicht gerade ein linksradikales Informationsblatt in der Steiermark, wenn man das ehrlicherweise betrachtet. (Abg. Mag. Molterer: Es kann sich da nur um die Katholische Hochschul­jugend handeln!)

Oder wenn ich mir zum Beispiel das „profil“ von letzter Woche anschaue, Titel: „Der Grasser Skandal“ – auch nicht gerade ein linksextremes Blatt. (Rufe bei der ÖVP: Na ja! – Abg. Parnigoni – auf die Journalistenloge deutend –: Da müsst ihr aufpassen! Die sitzen alle da oben!) Ich muss Ihnen sagen, angesichts dessen können Sie es sich nicht so leicht machen und so tun, als ob Sie allein die Wahrheit für sich gepachtet hätten, alles andere aber, Artikel, Beiträge, manipuliert, an den Haaren herbeigezogen sei. (Zwischenruf.) – Genau, da ist für Sie gleich die nächste Nummer des „profil“: „So entsteht ein Herzinfarkt“ – das würde ich Ihnen empfehlen, dann zu lesen –, nämlich der politische Herzinfarkt! (Abg. Hornek: Der ist aber rot!)

Daher lohnt es sich, den Herrn Finanzminister heute einmal einer gründlichen Befra­gung zu unterziehen. Noch viel wichtiger ist, dass er auf die Fragen auch wirklich antwortet. Wenn ich an die neuesten Ereignisse denke, diese Honorarzahlungen – also das ist überhaupt komisch, wenn ein Finanzminister, der von einer Bank eingeladen wird, sagt: Und im Übrigen möchte ich von Ihnen, damit ich Sie jetzt mit meinen Enun­ziationen beglücke, dass Sie Geld überweisen an ...! – Gut.

Aber warum, Herr Finanzminister, haben Sie das nicht so gemacht, dass Sie dieser Bank einfach eine Kontonummer geben, auf der „St. Anna Kinderspital“ oder irgend­eine andere Einrichtung gestanden wäre? Sie hätten dann kurz zugeschaut, wie der zuständige Manager dieser Bank das unterzeichnet, hätten sich gefreut und wären gegangen. Wieso muss dieses Geld für diese so genannten sozialen, karitativen Zwecke bei Ihnen irgendwo geparkt werden? Das verstehe ich nicht!

Und wo ist diese Parkstelle? Es soll angeblich einen Treuhänder geben – das ist so, als hätten Sie es faktisch selbst, muss man dazu sagen.

Sie haben in Wirklichkeit schon am 7. April im „profil“ – Titel: „Der Nehmer als Geber“ – angekündigt, dass Sie „als Privatperson einen ,Sozialfonds für schuldlos in Not gera­tene Mitbürger“ gründen wollen. Am 7. April 2003! Mittlerweile schreiben wir Juli 2003. Was ist nun mit diesem Fonds? – Den gibt es noch immer nicht!

Jetzt denken Sie über eine Privatstiftung nach, die gibt es aber auch noch nicht. Dann sagen Sie, dafür bräuchten Sie 40 000 €. Experten sagen uns, dafür braucht man 72 626 €. Ich weiß nicht, was stimmt. Sie als Finanzminister sollten das aber eigentlich genauer wissen.

Also, was ist es jetzt? Gibt es eine Privatstiftung? Was soll diese Stiftung? Ist es nicht ein bisschen teuer, eine Stiftung zu errichten? Braucht man einen Stiftungsrat? Wer soll da drinnen sein? – Wahrscheinlich Matthias Winkler, der Mann in allen Gassen. Er wird wahrscheinlich schon in Vorbereitung darauf sein und sich das Stiftungsrecht ansehen.

Warum, Herr Finanzminister, ist all das so kompliziert? Warum muss das Geld erst zu Ihnen, und erst jetzt sagen Sie, wo es dann vielleicht, eventuell weiter hingeht? Oder ist es nicht vielleicht so, dass Sie schlicht bloß ertappt worden sind und sich nun vor die Öffentlichkeit hinstellen und nach einer Ausrede suchen? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Furchtbar!)

Sie wissen, dass Sie als Minister eine Art Berufsverbot haben. Sie können also nicht nebenbei Geld verdienen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist rechtlich geregelt! Es ist nicht möglich. Und das sollten Sie wissen. Wir gehen davon aus, dass Sie die Rechts­ordnung kennen. Man hat zwar manchmal den Eindruck, Sie wollen die Rechtsordnung


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nicht kennen, aber wir gehen jetzt einmal davon aus: Wenn wir uns hier mit dieser Frage auseinandersetzen, gehen wir davon aus, dass Sie die Rechtsordnung kennen, und diese besagt, dass es für einen Minister schlicht ein Berufsverbot gibt. (Abg. Nürnberger: ... pfuschen!)

Was Sie besonders genau kennen sollten, ist allerdings auch die Frage: Ab wann ha­ben Sie die Steuer verkürzt? Ab wann gibt es eine Steuerhinterziehung? Und wann ist es keine Steuerhinterziehung? – Und da wird es schon äußerst dubios, äußerst dubios! Sie hätten nämlich – und das haben namhafte Experten schon allein anhand der Hono­rare gemeint, wenn diese bei Ihnen eingeparkt werden – längst schon dafür Steuer zah­len müssen. (Ruf bei der SPÖ: Ganz genau!) Was hat das für eine Vorbildwirkung für Millionen österreichischer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, wenn der Finanz­minister, der danach trachten sollte, möglichst viel an Steuern einzunehmen, bei sich selbst darüber nachdenkt, wie er möglichst wenig an Steuern einnimmt – von sich zu sich? Das ist eine Optik, Herr Finanzminister, die sicherlich eine negative Vorbild­wir­kung hat. Davon muss man nun einmal ausgehen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher ist es heute an der Zeit, dass Sie schlichtweg offen legen: Welche Honorare von welchen Veranstaltungen, welche Honorargeber auf Basis welcher Verträge hat es gegeben? Was ist mit diesen Geldern geschehen? (Abg. Gaál: Grundwehrdienst ... acht Monaten!) Ich sage das ganz bewusst. (Bundesminister Mag. Grasser spricht mit dem gleichfalls auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Platter.) – Er fragt einmal Verteidigungsminister Platter, der weiß das mittlerweile vielleicht genauer.

Jedenfalls wäre es wichtig, dass hier einmal eine klare, eine wirklich klare Antwort auf diese Fragen kommt, denn 7 000 € bis 14 000 € an Honorar sind kein Butterbrot. Daher ist es wichtig, dass das aufgeklärt wird. Bislang gibt es nämlich keinen Sozial­fonds, keine Stiftung, nichts. Und daher gilt zumindest einmal der Vorwurf der Steuer­hinterziehung. Es ist daher auch richtig, zu sagen, dass es höchste Zeit gewesen wäre, Sie hätten längst Selbstanzeige erstattet und tätige Reue geübt. Aber vielleicht machen Sie das ja heute noch. Vielleicht nützen Sie die Gelegenheit hier im Plenum des Na­tional­rates. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe mich wirklich die ganze Zeit darum bemüht, herauszufinden: Ist die Oppo­sition wirklich so böse in dieser Auseinandersetzung? (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Ja! Sehr!) – Das ist schon klar, Sie halten ihm auf alle Fälle die Stange. Und wenn das Schiff untergeht, dann sagen Sie, es gebe eh gar kein Wasser, so lange, bis Sie es gar nicht mehr sagen können, weil Ihnen das Wasser schon zu hoch steht. Das ist okay, das ist halt Ihre Einstellung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Ich habe dann wieder ein „linksradikales Kampfblatt“ zur Hand genommen, nämlich „Die Presse“ (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen) – die meiner Meinung nach natürlich weit davon entfernt ist, so etwas zu sein! –, und komme damit zum nächsten Punkt: die Eurofighter.

Ich sehe bereits den leidvollen Blick des ehemaligen Verteidigungsministers Scheibner, der, wenn wir diesen Flugzeugtypus auch nur ansprechen, ein schmerzverzerrtes Ge­sicht kriegt (Abg. Scheibner: Gelangweilt, weil es immer nur dasselbe ist!) – und ich muss sagen: zu Recht! Es wäre interessant, würde er einmal auch uns etwas mehr darüber erzählen, wie sich all das abgespielt hat.

Bevor ich jedoch aus der „Presse“ zitiere, möchte ich noch etwas vorausschicken: Wie wichtig müssen doch eigentlich diese Flugzeuge – oder noch besser: Wie wichtig muss doch eigentlich dieser Flugzeugtypus sein, dass sich daran entscheidet, welche Partei


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mit welcher Partei in Österreich eine Regierungskoalition bildet? Was steckt da da­hinter?

Ich kann mich noch gut an die Sondierungsgespräche zwischen SPÖ und ÖVP erinnern. (Abg. Scheibner: Das war der Draken, Herr Kollege!) Immer dann, wenn wir uns bei den Abfangjägern, Kriegsflugzeugen, Eurofightern, angenähert haben, ist auf der ÖVP-Seite fast andächtige Stille entstanden. Und dann konnte man von dort immer nur ein Njet hören. Man konnte vorschlagen, was man wollte – im Prinzip haben wir ohnehin immer das Gleiche vorgeschlagen, nämlich dass das eine Geldvernichtung ist und dass Österreich das nicht benötigt, und gefragt, wieso gerade diese teuren Exem­plare –, es war wirklich so: Sie wären eher untergegangen – wo auch immer, mit wem auch immer –, bevor Sie davon abgerückt wären!

Ich frage mich langsam – und vielleicht können das einzelne Landesparteiobmänner oder andere Potentaten in der ÖVP beantworten –: Was ist das Motiv dafür gewesen, dass an diesen Eurofightern so sehr festgehalten wurde? (Ruf bei der ÖVP: Verant­wor­tung!) Was hat Sie so daran gebunden? (Abg. Scheibner: Weil es eine klare Ent­scheidung gegeben hat!) Was hat Sie so fasziniert? War es vielleicht die materielle Fixierung, die dazu geführt hat, dass Sie gesagt haben: Unbedingt nur dieser Flug­zeugtypus, etwas anderes kommt gar nicht in Frage!? (Abg. Murauer: Wer hat das gesagt, Kollege Cap?)

Wenn man jetzt in der „Presse“ nachschaut – und ich nehme an, dass Sie alle da drü­ben (der Redner deutet auf die rechte Saalseite) zumindest „Die Presse“ lesen –, so kann man nachlesen, wie dort – gestrige Ausgabe der „Presse“, 9. Juli, es müsste also noch ganz frisch sein in unseren politischen Köpfen – minutiös die Entwicklung Karl-Heinz Grassers vom Pazifisten, vom Radikalpazifisten, dem Kriegsgeräte zuwider sind, hin zum geläuterten Militaristen aufgezeigt wird. Ich zitiere:

„Noch im Juni 2001 erklärt der Finanzminister,“ – da hat er sich sicherheitspolitisch orientiert – „dass die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU“ gar nicht erforderlich macht, dass Österreich derartiges Kriegsgerät anschafft. (Abg. Dr. Mitterlehner: Die Geschichte ist schon ...!)

„Im Februar 2002“ ist alles schon ein bisschen anders – man muss sich wohl langsam annähern, billigeren Formen –, aber letztlich sagt er dann doch noch, es sei alles zu teuer. (Abg. Dr. Mitterlehner: ... etwas Neues ...? – Rufe bei der ÖVP: Nur Altes!)

„Im Juni vergangenen Jahres“ geht er dann auf die generalüberholten amerikanischen F 16 über – vielleicht hatte er gerade in diesem Moment den amerikanischen Botschaf­ter getroffen, was aber wahrscheinlich kein besonders prägendes Gespräch gewesen sein dürfte, denn es ist weitergegangen, er hat sich sukzessive dem Kauf angenähert, als er dann (Abg. Mag. Regler: Kollege Cap, das haben wir schon so oft gehört!) – wenn Sie sagen, das kennen Sie schon, dann zitiere ich die Daten gar nicht mehr – die EADS-Vertreter getroffen hat!

Und dann plötzlich hat sich wundersamerweise im Prozess der Ausschreibung etwas getan, was letztlich dazu geführt hat, dass die EADS eine immer bessere Chance be­kam, bis sie letztlich ausgewählt wurde! (Abg. Mag. Regler: Immer dasselbe ...!)

Man kann dazu sagen ... – ich möchte ja jetzt keinen Ordnungsruf provozieren, aber ist das nicht eigentlich Schiebung? Ich frage Sie: Ist das nicht eigentlich Intervention des Finanzministers für einen bestimmten Flugzeugtyp, wenn man die Ausschreibung und den Prozess der Ausschreibung so beeinflusst und so zuschneidet, dass am Schluss wie bei einem Automaten unten „EADS-Eurofighter“ herausplumpst? Ist das dann nicht einfach so? (Abg. Gaál: ... Sorgfaltspflicht ...!)


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Dieser Vorwurf, kombiniert mit der Geldvernichtung – und das ist noch ganz frisch, deswegen gibt es heute diesen Misstrauensantrag gegen Verteidigungsminister Platter!

Dr. Haider hat noch ganz andere Sachen gesagt. Er hat schon in der Vergangenheit Andeutungen darüber gemacht, dass da nicht alles so war, dass man sagen kann, bei diesem Rüstungsgeschäft war alles in Ordnung – bis hin dazu, dass er sich verfolgt gefühlt hat. Vielleicht erinnern Sie sich noch, all das hat er in den Medien öffentlich ausgelebt. – Aber es hat genügt, dass er am Sonntag in dieser interessanten Fernseh­diskussion, in der Haupt und Haider nebeneinander gesessen sind, um den Österrei­chern zu vermitteln, wie die Situation in der FPÖ tiefenpsychologisch betrachtet, auf­gehellt durch die Fernsehscheinwerfer, wirklich ist, kurz gewachelt und gesagt hat, man sollte über den Eurofighter vielleicht doch einmal nachdenken.

Folge: Panik in der Regierungskoalition – Panik! –, sofort ein Ministerratsbeschluss, der Kanzler sofort unterwegs, und Verteidigungsminister Platter ist im Eilzugstempo zum nächsten Tisch geeilt, um diesen Vertrag zu unterschreiben.

Wieso plötzlich so schnell? Erklären Sie mir das! Wieso plötzlich so schnell? Vielleicht hat man Angst gehabt, dass es für den Steuerzahler billiger wird, denn es waren schon die Druckfahnen von der „Financial Times“ da, da haben Sie gesagt: Um Gottes willen! Ab 2007 wird die zweite Staffel um Millionen Euro billiger, da müssen wir ja schnell unterschreiben, damit es teurer wird! (Abg. Mag. Regler: Das ist doch lächerlich!)

Das ist eine Mischung aus Dilettantismus und Unprofessionalität, angesichts der ich sage: Es gehört ein Untersuchungsausschuss her! Steuerverschwendung sonder­gleichen in einer Zeit, da Sie den Österreichern über Pensionsreform und eine nicht vollzogene Steuerreform permanent in die Tasche greifen! Das ist der Skandal, der im Hintergrund steht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Als wir in den Sondierungsgesprächen mit der ÖVP den Begriff „Untersuchungs­aus­schuss“ erwähnt haben – und dabei haben wir damals noch nicht einmal von einem Un­ter­suchungsausschuss im Zusammenhang mit der Frage der Eurofighter gespro­chen, sondern wir haben gesagt, dass Minderheiten, Oppositionsparteien grundsätzlich das Recht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bekommen sollen und dass uns das recht sei, selbst wenn wir in die Regierung kommen, wenn man nur bestimmte Regeln aufstellt, es müsse also einen Ausbau der Minderheitenrechte geben –, da waren wir noch nicht einmal beim Wortteil „ausschuss“, setzte es schon ein: Njet! Aus! Mauern! Das gibt’s nicht! Kein Platz für weitere Diskussionen!

Ich frage einmal die vielen Abgeordneten der ÖVP, die nicht in diese ganzen Ge­spräche einbezogen waren, die nicht die privilegierten Informationskanäle haben, son­dern die bloß hier sitzen und für diese Politik einfach den Kopf und vielleicht bei der nächsten Wahl auch gleich ihren Sessel hinhalten müssen (Abg. Murauer: Die gibt es bei uns nicht! Bei uns wird jeder informiert!): Wie können Sie das eigentlich mittragen? Wieso können Sie das eigentlich mittragen? Was sagen Sie Ihren Wählerinnen und Wählern im Wahlkreis, wenn Sie auf diese Geldvernichtung beim Ankauf der Euro­fighter angesprochen werden und darauf, wie dunkel es bei ihrer Anschaffung zuge­gangen ist und dass die Unterschriftenleistung nach der Rebellion der sieben freiheit­lichen Bundesräte ohne Rechtsgrundlage – und das ist zusätzlich auch ein Grund für unseren Misstrauensantrag – durch den ÖVP-Verteidigungsminister erfolgt ist?

Damit sind Sie voll mitverantwortlich! Jetzt können Sie sich nicht mehr wegstellen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Früher war es vielleicht noch möglich, jetzt aber sind Sie voll mitverantwortlich. Und ich sage Ihnen, Sie werden diese politische Verantwortung noch zu tragen haben! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Nächster Punkt: voest und Magna. – Das ist ein „Register“, Herr Finanzminister!

Voest und Magna: Der ÖIAG-Aufsichtsrat – ein Tummelplatz der Lobbyisten, mit zwei Vertretern von Magna, auch der Herr Scharinger ist dort, ein Tummelplatz! In aller Ruhe hat man sich, bevor jetzt dieser Übernahmekampf losgebrochen ist, dort infor­mieren können. Ich möchte gern einmal diese ganzen „Unternehmerfreunde“, die da in Ihren Reihen sitzen, sehen, wenn sich in Ihren Unternehmen jemand mit dem Über­nahmeblick hineinsetzt und sagt: Hallo, ich bin da! Zeigen Sie mir doch ein bisschen die Bücher, ich möchte gerne billige Unternehmen übernehmen, denn da sehe ich ein Zukunftspotential! – Dann würden diese ganzen Superwirtschaftskompetenten in der ÖVP (Zwischenruf des Abg. Mag. Regler), die aber eh noch nie einen Betrieb geleitet, nicht einmal noch bei einem Würstelstand den durchschnittlichen Umsatz errechnet haben, ordentlich dreinschauen! (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist doch eine Ansammlung von Wirtschaftsfunktionären, die von der realen Wirt­schaft überhaupt keine Ahnung haben! Wahrscheinlich ist deswegen möglich, was jetzt passiert, nämlich dass die ÖIAG filetiert und ausverkauft – Verschleuderung von öster­reichischem Eigentum! – und am besten dem Billigstbieter überlassen wird, der dann das meiste Geschäft damit macht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Jawohl, wehtun soll Ihnen diese Argumentation, mit Recht soll Ihnen das wehtun! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Niedriger Aktienkurs – hoher Wert – schnell verkaufen! – Das ist Wirtschaftskompe­tenz? (Bundesminister Mag. Grasser beugt sich unter die Regierungsbank.) – Sie suchen gerade die Wirtschaftskompetenz unter dem Tisch! Die werden Sie aber nicht finden, Herr Finanzminister!

Das ist Wirtschaftskompetenz? – Verschleuderung ist das! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Pure Verschleuderung, auch auf Kosten von Arbeitsplätzen, das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen! (Abg. Mag. Regler: So eine Anmaßung!)

Kommen wir zum nächsten Punkt – das wird ja für Sie heute eine richtige Folter werden! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Kommen wir also zum nächsten Punkt: Homepage. (Abg. Dr. Trinkl: Warum erregen Sie sich dann so?)

Da ist er gestanden, der Herr Finanzminister. (Der Redner zeigt auf die Regierungs­bank hinter ihm.) Wir haben ihn gar nicht danach gefragt, wir wollten nur wissen, wie die Homepage finanziert ist. Darauf hat er gesagt: Das ist eine private Homepage! Dann haben wir gesagt: Das hat eh wie eine private Homepage ausgeschaut, denn wenn Sie auf den dortigen Bildern vom Baby bis zum Firmling „herumhupfen“ (Heiter­keit bei der SPÖ), dann ist uns schon klar, dass es da keine offiziellen Dekrete des Finanzministeriums gibt, die Sie mit diesen Bildern schmücken. Das war uns schon klar!

Aber dass Sie uns gleich erzählten, dass Sie einen Sponsor haben, das war, finde ich, in Ordnung (Heiterkeit bei der SPÖ), denn dadurch haben wir nachfragen können, wer dieser Sponsor ist. Der Sponsor hat sich dann freiwillig gemeldet und gesagt:

Guten Tag, Industriellenvereinigung! Das ist so: Herr Schüssel bestimmt nur über das, was im Finanzministerium via Grasser passiert, weil der sonst nichts hat, die ganzen Klientelvertreter aber gerade nicht drinnensitzen! Also haben wir uns gedacht, dass es, wenn wir 200 000 € „hinüberwachsen“ lassen, vielleicht besser für die Industriellen­vereinigung wird – rein interessenbezogen!

Herr Stummvoll, Sie werden sich hier genauer auskennen, vielleicht können Sie nach­her etwas dazu sagen.


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Und: Schenkungssteuerpflichtig? Verbotene Geschenkannahme? – Was kümmert den Finanzminister dieser Vorwurf! Quod licet iovi, non licet bovi! (Abg. Lentsch: Jetzt musst du das aber für deine Leute übersetzen!) Was für jeden einzelnen Bürger gilt, gilt noch lange nicht für den Herrn Finanzminister – denkt er sich wahrscheinlich in Anbetracht dessen, wie er in dieser Frage agiert. Und daher ist das aufklärungs­würdiger, als man glaubt! (Beifall bei der SPÖ. – Die anwesenden Regierungs­mitglie­der sprechen miteinander auf der Regierungsbank.) – Aufgeregtes Gemurmel auf der Regierungsbank!

Es kommt noch etwas: Beraterspesen – 27 Millionen €! Alle anderen Ressorts zusam­men haben nicht so viel ausgegeben!

Eigenwerbung – mit den Aufträgen, die künftig kommen –: 7 Millionen € oder 100 Mil­lionen Schilling für die politische Schminke, die sich der Finanzminister auf seinen Teint aufträgt, damit er noch gesehen werden kann! (Abg. Dr. Fasslabend: Jetzt ist es aber genug! Genug der Show!) Das ist ein Skandal, der hier zu verantworten ist! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Und jetzt stelle ich eine Frage: Wer sonst ist rücktrittsreif, wenn nicht er? (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Das wäre ein Slogan für Herrn Lopatka: Wer sonst ist rücktrittsreif, wenn nicht er? (Ruf bei der SPÖ: Platter!) – Ich kann Ihnen helfen, Herr Generalsekretär, denn Sie haben es nicht erraten: auch der Herr Ver­teidigungsminister, der nämlich dabei mitgespielt hat. Das muss man in aller Deut­lichkeit feststellen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zum Abschluss: Man kann da ruhig unterschiedlicher Meinung sein. Man kann da ruhig kontroversiell diskutieren. (Abg. Dr. Trinkl: Das war eine schwache Begründung!) – Schwach ist Ihr Verhalten in dieser ganzen Auseinandersetzung, nicht würdig Ihrer Vorfahren, das sage ich Ihnen, nicht würdig der Gründerväter der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber tun Sie eines nicht: Behindern Sie nicht die Arbeit der Opposition und beschimp­fen Sie nicht die österreichischen Journalistinnen und Journalisten und die Oppo­sitions­abgeordneten, wie Sie das die ganze Zeit schon getan haben, denn das ist zutiefst undemokratisch! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundes­minister für Finanzen Mag. Grasser zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


15.22

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Kollegen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es hat Helene Partik-Pablé einmal in einer Rede zu einer Dringlichen Anfrage von Ihnen festgestellt: Die Kritik ist die Steuer, die der Neid dem Talent auferlegt hat. – Das war ein Zitat in meine Richtung von Gaston de Lévis, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für Herrn Abgeordneten Cap habe ich ein, glaube ich, sehr passendes Zitat gefunden: von Giacomo Casanova. Der hat gesagt:

Die Tochter des Neides ist die Verleumdung. (Abg. Mag. Prammer: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Und deswegen meine ich in Anlehnung an Peter Filzmaier, weil Sie sich das letzte Mal darüber aufgeregt haben, dass ich den Ausdruck „politische Schmutzkampagne“ ver­wendet habe – ich habe hier nicht das Copyright für mich in Anspruch zu nehmen


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versucht, sondern der Politologe aus Innsbruck Peter Filzmaier hat anlässlich einer Analyse zu Ihrer Wahlniederlage von „negative campaigning“ geschrieben –:

„Schon angesichts der Beliebtheit von Finanzminister Grasser hat die SPÖ Empfeh­lun­gen ignoriert, ihn entweder – wie später Schüssel – zum Verbündeten zu machen, oder aber systematisch zu diskreditieren.“ (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist Ihr Interesse. Der Herr Abgeordnete Cap hat es diese Woche auch, so die „Salzburger Nachrichten“, sehr klar zum Ausdruck gebracht, indem er sagte, die SPÖ hofft auf Neuwahlen. Die Angriffe gegen mich sind Mittel zum Zweck. Sie wollen in Wirklichkeit den Sturz des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers, Sie wollen den Sturz dieser Bundesregierung. Sie wollen neu wählen.

Herr Abgeordneter, da haben Sie sich selbst demaskiert, und ich sage Ihnen, ich bin erstaunt, dass die Sozialdemokratie es aufgegeben hat, den Anspruch zu stellen, Alter­native zu sein. Ich bin erstaunt, dass man nicht sagt: Wie würden wir besser bud­getieren? Wie würden wir eine Pensionsreform machen? Wie würden wir irgendwo zei­gen, wir können es besser? – Man beschränkt sich darauf, zu kampagnisieren. Man beschränkt sich darauf, gegen alles zu sein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Eine bekanntermaßen „bürgerlich-konservative“ Zeitung, der „Standard“, richtet Ihnen auch schon in großen Lettern aus: Nein sagen – das reicht nicht aus! – Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, das ist an Ihre Adresse gerichtet. Und ich kann im Sinne dieser Bundesregierung eigentlich nur hoffen, dass Sie so weitermachen wie bisher, denn wenn Sie keine Konzepte entwickeln, wenn Sie nicht einmal mehr den Anspruch erheben, Alternative zu sein, dann werden Sie kein wettbewerbsfähiger Gegner dieser Bundesregierung sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Welche Methoden werden dabei eingesetzt? – Dirty cam­paigning, hat der Politologe Filzmaier gesagt. (Abg. Gaál: Ein peinlicher Auftritt!) Ich möchte nur darstellen, warum ich meine, dass es hier um eine ganz bewusste Dis­kreditierung geht, dass es um Anschütten geht, dass es um Schlechtmachen geht, dass es um Kriminalisierung geht. (Abg. Nürnberger: Frechheit! Beantworten Sie die Fragen! – Abg. Schieder: Anfragebeantwortung!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen beschreiben, mit welchen Methoden hier gearbeitet wird. Ich möchte Ihnen ein paar Schmankerln aus den letzten Wochen der Recherche berichten, damit Sie und die Öffentlichkeit sich ein Bild machen können. (Abg. Nürnberger: Treten Sie zurück! Das ist viel gescheiter!)

Meine Damen und Herren! Einer von etwa 40 Vorwürfen ist, der Cousin ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Herr Präsident! Es ist zu laut! – Abg. Scheibner: Was soll denn das? Ist das Demokratie, dass man einen Minister nicht einmal reden lässt?)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Her­ren! Es ist eine Dringliche Anfrage mit fast 40 Fragen gestellt. Es ist die Tradition des Hauses, dass die Anfragen zu beantworten sind (Beifall bei der SPÖ), und es ist noch jedem befragten Minister erlaubt worden, eine einleitende Stellungnahme abzu­geben. Ich bitte Sie weiterhin um Fairplay in diesem Haus. Sie haben die Möglichkeit gehabt, sich auszudrücken, jetzt hat der Herr Minister sie. Wenn er nicht in angemes­sener Zeit dazu kommt, die Anfragen zu beantworten, werde ich ihn daran erinnern. Er hat jetzt 4 Minuten geredet.

Am Wort ist Herr Bundesminister Grasser!

 



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Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Danke viel­mals, Herr Präsident! – Ich wollte nur ein Bild zeichnen, wie sich mir das in den letzten vier Wochen dargestellt hat.

Meine Damen und Herren! Einer der ungefähr 40 Vorwürfe, die mir gemacht wurden, war, dass ich meinen Cousin als Geschäftsführer in der Kantine des BMF angestellt hätte. Ich sage Ihnen: Ich habe meinen Cousin nicht als Geschäftsführer in der Kann­tine angestellt.

Zweiter Vorwurf: eine Anfrage des Herrn Matznetter, der fragt, ob ich den Bruder meiner Lebensgefährtin, der Frau Stumper, bei mir im Kabinett beschäftigt habe. – Ich habe weder eine Lebensgefährtin, die Stumper heißt, noch hat meine richtige Lebens­gefährtin, die Frau Mag. Sumper, einen Bruder. Daher ist auch das unrichtig. (Heiter­keit bei der ÖVP. – Abg. Miedl: Eine Frechheit! Unerhört!)

Ein weiterer Vorwurf, der mir gemacht worden ist, war, der Herr Hochegger, der hier schon mehrfach zitiert worden ist, habe mir ein Auto geschenkt. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Er hat mir kein Auto geschenkt!

Der Herr Pilz hat persönlich – meine Damen und Herren, ich sage Ihnen das, damit Sie die Instrumente kennen lernen – bei einem Auftragnehmer des Vereins zur Förderung der New Economy angerufen und hat dort versucht, mit sehr vielen bohrenden Fragen zu unterstellen, dass es eine Geschenkannahme von meiner Seite gegeben haben muss. Natürlich wurde das von diesem Auftragnehmer entsprechend zurückgewiesen, weil es das niemals gegeben hat. Aber der Versuch, Herr Abgeordneter Pilz – das wurde mir genau so geschildert –, wurde von Ihnen persönlich gemacht.

Meine Damen und Herren! Es wird von „profil“ recherchiert, in welche Lokale ich mit welchen Frauen essen gehe, um einen tiefen Einblick in meine Privatsphäre zu gewinnen. (Abg. Eder: Das interessiert uns alles nicht! – Abg. Mag. Prammer: Das interessiert uns überhaupt nicht! – Abg. Nürnberger: Das interessiert uns nicht! Beant­worten Sie unsere Fragen!)

Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen versichern: Obwohl ich nicht verheiratet bin, lebe ich doch monogam. Das heißt, es braucht sich niemand Sorgen zu machen, in meinem Privatleben etwas zu finden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. –Abg. Eder: Das interessiert uns nicht! – Abg. Dr. Gusenbauer: Ich glaube nicht, dass das Gegenstand der Anfrage ist, Herr Präsident!)

Meine Damen und Herren! Von Ihrer Seite, aus dem Kreis sozialdemokratischer Ge­werkschafter ist die Meldung gekommen, die voest wird verkauft. (Abg. Schieder: Fragen beantworten!) – Das ist Gegenstand der Anfrage! – Die voest soll an die Magna verkauft werden, damit der Karl-Heinz Grasser neuer voest-Chef werden kann, hieß es. – Ich darf Ihnen versichern: Ich habe kein Interesse, voest-Chef zu werden. (Ironi­sche Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich habe an dieser Stelle schon einmal auf die Methoden des Herrn Pilz auf der Ho­mepage hingewiesen, wo man sich damals seitens der Grünen offensichtlich nichts dabei gedacht hat, „zweckdienliche Hinweise“ zu erbitten. Jede andere Partei hätte an­gesichts dessen von Ihnen den Vorwurf hören müssen, mit undemokratischen Spitzelmethoden zu arbeiten. (Abg. Dr. Van der Bellen: Klären Sie einmal auf statt dieses Blabla!)

Ich möchte diese Methoden, meine Damen und Herren, nicht kommentieren. Ich möch­te Ihnen nur Kurt Tucholsky entgegenhalten, der einmal gesagt hat:

Sag mir, wie jemand mit seinen schlimmsten politischen Gegnern umgeht, und ich sage dir, welchen Kulturstandard er hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Um zu Ihrer Anfrage zu kommen:

Ich beantworte die Frage 1 wie folgt:

Ich habe erste Gerüchte zu diesem Thema einer APA-Meldung vom 14. April entnom­men. Dort hat offensichtlich der voest-Vorstand ein Gerücht kommentiert. Es ist in der APA zitiert: 

„voestalpine-Sprecher: in erstem Schritt soll Staatsanteil auf 25 Prozent sinken“, „voestalpine-Anteile an Magna kein Thema“.

Offensichtlich ist also seit April in der veröffentlichten Meinung eine Diskussion darüber im Gang, was ein möglicherweise gegebenes Interesse der Magna an der voest betrifft.

Zu den Fragen 2 und 3:

Als Eigentümervertreter habe ich nach medialen Berichten im „profil“ und in der „Kro­nen Zeitung“ den Vorstandsvorsitzenden der ÖIAG, Dr. Michaelis, am 23. Juni 2003 um 11.30 Uhr zu mir gebeten. Er hat mir an diesem Tag und zu diesem Zeitpunkt das erste Mal über ein „Projekt Minerva“ berichtet und über Sondierungsgespräche, die mit mehreren potentiellen Interessenten der voestalpine AG bezüglich des Erwerbs der voestalpine AG beziehungsweise der Konditionen eines möglichen Verkaufs geführt worden sind.

Es ist festzuhalten, dass laut ÖIAG-Gesetz nicht vorgesehen ist, dass der Vorstand oder der Aufsichtsrat in der Phase von Sondierungen den Eigentümervertreter zu infor­mieren hat. Das Gesetz schreibt eindeutig vor, dass zu jedem Unternehmen ein Pri­vatisie­rungsprogramm und dann ein Privatisierungskonzept vom Vorstand zu erstellen ist, und das ist dann vom Aufsichtsrat zu beschließen.

Daher sage ich in aller Klarheit: Eine politische Involvierung war weder rechtlich mög­lich, noch war sie politisch gewollt, und es ist daher eine solche auch nicht erfolgt. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das steht ja im Hauptversammlungsbeschluss!)

Es ist die Vorgangsweise des Vorstandes der ÖIAG aber ganz natürlich und absolut kor­rekt, dass man in einer ersten Phase auslotet, wer allfällige Interessenten sind, ob es der Ludwig Scharinger in Oberösterreich ist, ob es die Magna ist, ob es andere po­tentielle Interessenten sind, und dass man sagt: wie wird die ÖIAG vorgehen, wie werden die Konditionen sein, wie wird der Prozess in der Privatisierung sein. – Nichts anderes wurde getan. Ein Verkauf, eine Veräußerung wird, wie es die ÖIAG immer getan hat, in einem fairen und transparenten Wettbewerbsverfahren erfolgen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Aber im Hauptversammlungsprotokoll steht etwas anderes!)

Zu den Fragen 4 und 5:

Die Bundesregierung hat durch den Privatisierungsauftrag vom 1. April 2003, der in der Hauptversammlung am 9. Mai 2003 erteilt worden ist, die Privatisierung der voest­alpine AG, mit einer Reihe von Auflagen zur Wahrung der österreichischen Interessen, zu 100 Prozent beschlossen. Dieser Privatisierungsauftrag wurde durch die Bun­desregierung mit Beschluss vom 24. Juni 2003, erteilt in der ÖIAG-Hauptversammlung am 4. Juli 2003, insofern konkretisiert, als die ÖIAG zwei Optionen der Privatisierung der voestalpine zu prüfen hat, nämlich – erste Option – Privatisierung über die Börse; zweite Option: Privatisierung im Wege von Finanzinvestoren.

Es wurde auch ein entsprechender Zielkatalog verabschiedet; auf den komme ich noch zu sprechen.

Daher gilt aus meiner Sicht für die Organmitglieder der ÖIAG, also sowohl für den Vorstand als auch für den Aufsichtsrat, natürlich die Sorgfaltspflicht und die Ver-


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antwortlichkeit gemäß Aktiengesetz und ÖIAG-Gesetz. Ich gehe davon aus, dass die Organmitglieder der ÖIAG bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sämtlichen Vorschriften Rechnung tragen und allfällige Interessenkollisionen gemäß dem Gesetz natürlich vermeiden werden und zu vermeiden haben.

Zum dargestellten Stand des Privatisierungsverfahrens ist zu sagen: Der Privat­isie­rungs­auftrag wurde erteilt. Jetzt ist man in der Phase des Privatisierungsprogramms. Noch wurde vom Vorstand, vom Aufsichtsrat kein Privatisierungskonzept entschieden, und noch ist man überhaupt nicht dabei, konkrete Privatisierungsschritte zu machen. Das heißt, in dieser Phase des Privatisierungsverfahrens sehe ich für kein Mitglied des Aufsichtsrates der ÖIAG eine Unvereinbarkeit gemäß Aktiengesetz oder ÖIAG-Gesetz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Frage 6:

Die Bundesregierung hat der ÖIAG für die Privatisierung der voestalpine AG einen klaren Auftrag erteilt und ihn auch konkretisiert. Dieser Auftrag lautet eben auf eine hundertprozentige Privatisierung des Unternehmens, wobei die ÖIAG diese zwei Optionen – Börse, Finanzinvestoren – zu prüfen hat, um das Ziel zu erreichen, und das ist ja fast identisch mit den oberösterreichischen Interessen – wir haben es natürlich auch mit dem Landeshauptmann von Oberösterreich diskutiert –:

Das Ziel ist erstens, dass dieses Unternehmen eine österreichische Kernaktionärs­struk­tur behält.

Zweitens: die Wahrung der Einheit des Unternehmens. – Ich kann Ihnen also sagen: Klar ist, es wird keine Filetierung der voest geben.

Drittes Ziel: Erhaltung und Ausbau der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten.

Viertes Ziel: Auch die Aufrechterhaltung der Entscheidungszentrale in Österreich ist uns wichtig, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Damit sage ich aber gleichzeitig auch, das Ziel der Bundesregierung ist die Privati­sierung des Unternehmens und nicht die Aufrechterhaltung eines bestimmenden öffentlichen Eigentums, wie das in Ihrer Frage zum Ausdruck gebracht wird.

Zur Frage 7:

Der Oberösterreichische Landtag hat in mehreren Initiativanträgen zum Ausdruck gebracht, dass einerseits eine Zerschlagung und Filetierung des Unternehmens hintan­gehalten werden soll und andererseits der österreichische Einfluss gewahrt werden muss, vorzugsweise durch eine Sperrminorität durch die ÖIAG.

Ich möchte daher noch einmal feststellen: Die Bundesregierung hat in ihren beiden Privatisierungsaufträgen, im allgemeinen und auch im speziellen zur voestalpine AG, die Forderungen des Oberösterreichischen Landtags mit den vier Kriterien, die ich ge­nannt habe, sehr, sehr weitgehend berücksichtigt. Der Dissens, der hier offensichtlich vorhanden ist, ist der, dass der Oberösterreichische Landtag sagt, 25 plus eins in öffentlicher Hand. Diese Auffassung vertreten wir sicherlich nicht, weil wir eine hun­dertprozentige Privatisierung durchführen wollen. (Ruf bei der SPÖ: Weil ihr es verschleudern wollt!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie an dieser Stelle „Verschleuderung“ sagen, lassen Sie mich ein paar grundsätzliche Worte zur voest beziehungsweise zur ÖIAG sagen. Ich finde es mutig, dass Sie in eine Diskussion über die Verstaatlichte in Österreich einzutreten bereit sind, denn man muss sich immer wieder vor Augen halten, meine Damen und Herren: Sie haben zu verantworten, dass zwischen 1981 und 1990 der Verstaatlichten 4,3 Milliarden € vom Steuerzahler zugeführt werden mussten!


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(Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben zu verantworten, dass mehr als 50 000 Arbeitsplätze in der verstaatlichten Industrie verloren gegangen sind. Sie haben zu verantworten, dass uns die ÖIAG mit mehr als 6,3 Milliarden € an Schulden über­geben worden ist.

Ich darf Ihnen auch etwas zur Kenntnis bringen, weil man in diesen Tagen so gerne skandalisiert: Ich darf zitieren aus dem Rechnungshofbericht über Privatisierungen, wie sie in Ihrer Zeit vorgenommen worden sind. Hier wird ausgeführt – ich zitiere –:

„Vor dem Verkauf der Unternehmungen oder Beteiligungen veranlasste die ÖIAG grundsätzlich keine unabhängigen Bewertungen der zu privatisierenden Unterneh­mun­gen.“ (Abg. Gradwohl: Sie sollten auch sagen, aus welchem Rechnungs­hof­bericht, damit wir feststellen können, ob Sie richtig zitieren!) Dies führte beispiels­weise dazu, dass ein Unternehmensberater bei der VOEST-Alpine Bergtechnik GesmbH, deren Buchwert 145 000 Mill S betrug, den zu erzielenden Verkaufspreis zwischen 200 und 500 Mill S schätzte. Die ÖIAG wertete sechs Monate später den Buchwert auf 1 S ab und bezahlte zur Verlustabdeckung“ weitere „489 Mill S, um den Verkaufspreis von 1 S zu lukrieren.“

Meine Damen und Herren! – Das war Ihre Politik in der verstaatlichten Industrie! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ein zweiter Punkt, meine Damen und Herren, an den ich erinnern möchte – wiederum aus dem Rechnungshofbericht –:

„Die ÖIAG beschäftigte bei der Veräußerung der Austria Metall AG den Vorstands­vorsitzenden unbeschränkt weiter, obwohl er“ Mitarbeiter und „Mitbieter war; dies ge­währleistete keinen gleichen Informationszugang für alle Bieter, so dass ein Interes­sen­konflikt nicht auszuschließen war.

Die 1996 verkaufte Austria Metall AG“ – wiederum um einen Schilling verkauft im Jahr 1996! – „wies bereits zwei Jahre nach der Privatisierung ein positives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 412 Mill S auf. Die ÖIAG zahlte noch 1996 einen Zuschuss von 1 200 Mill S“, 1994 von 1 353 Millionen Schilling. Und in der Bilanz der ÖIAG war die AMAG mit 800 Millionen Schilling Buchwert bewertet. – Das haben Sie für einen Schilling verkauft, und zwei Jahre später gab es dort positive Betriebs­ergebnisse! So haben Sie gewirtschaftet – zu Lasten und zum Schaden der Steuer­zahler in Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Bures: Beant­worten Sie die Fragen, Herr Minister!)

Ich sage Ihnen daher abschließend zur ÖIAG: Wir sind stolz auf unsere Bilanz in der ÖIAG, denn wir haben die Schulden von 6,3 auf unter 2 Milliarden € zurückgeführt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir haben das erste Mal seit 33 Jahren – man sollte sich ansehen, wie lange es die ÖIAG beziehungsweise ihre Vorgänger­unternehmungen schon gibt! –, das erste Mal seit mehr als 33 Jahren schwarze Zahlen in der ÖIAG. (Abg. Gradwohl: Ich würde wieder zurückkommen auf die Fragen, die Ihnen gestellt wurden!) Sie haben 33 Jahre lang die Parteifarbe zur wirtschaftlichen Farbe gemacht: rote Zahlen, meine Damen und Herren!

Dieses Unternehmen haben wir saniert. Die Dividenden reichen aus, um die Schulden zu bedienen, und wir haben ein wesentlich höheres Vermögen, als den Schulden ge­genübersteht. Daher: wirtschaftlich saniert, entpolitisiert – eine Vorzeigepolitik dieser Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Frage 8:

Die Typenentscheidung für den Eurofighter wurde, wie Sie wissen, von einer 33-köpfigen Bewertungskommission gefasst. Diese Entscheidung der Bewertungskom-


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mission wurde vom Verteidigungsminister in den Ministerrat gebracht und dort ent­sprechend einstimmig beschlossen. Sie wurde mittlerweile auch im Nationalrat so be­schlossen.

Die Basis waren 18 Halbjahresraten, und in der Folge, weil Sie fragen: Warum haben wir noch keine genaue Zinshöhe und keine Gesamtbelastung für die SteuerzahlerInnen nennen können?, darf ich antworten, dass es letztgültig zum Abschluss des Finan­zierungsgeschäftes erst kurz vor dem Abschluss des Vertrages, der mit aufschie­bender Wirkung durch den Verteidigungsminister beziehungsweise seine Beamten unterzeichnet worden ist, gekommen ist.

Das heißt: Die Republik Österreich war natürlich bestrebt, möglichst niedrige Finan­zierungs­kosten auszuverhandeln. Wir haben daher auf der einen Seite die Expertise im Bundesministerium für Finanzen, auf der anderen Seite diejenige der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur genutzt und haben es durch das Einbringen der besseren Bonität der Republik Österreich geschafft, am Ende des Tages günstigere Finanzie­rungskosten zu erreichen.

Sie haben ja auch erkannt, dass wir zu guter Letzt nicht mit 1,969 Milliarden €, sondern mit 1,959 Milliarden € abgeschlossen haben, also mit 10 Millionen € weniger, auch durch günstigere Finanzierungskonditionen – ein großer Erfolg des Verteidigungs­ministers und meiner Person. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was die Frage 9 betrifft, so möchte ich zu diesem Treffen festhalten, dass neben dem Vorstandsmitglied von Daimler-Chrysler und Board Member von Mitsubishi Motors, Herrn Bischoff, auch ein Vorstandsmitglied von Magna-Steyr, nämlich Herr Hödl, sowie mein Mitarbeiter Josef Christl teilgenommen haben.

Wir führen keine Sitzungsprotokolle und haben das auch dort nicht getan. Ich darf Ihnen aber versichern, es ging dort ausschließlich um automotive Produkte. (Abg. Gaál: Herr Hödl ist für Flugzeugkäufe zuständig!)

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle noch etwas vor Augen führen, weil Sie in der Ver­gangenheit, auch in den letzten Wochen immer wieder versucht haben, meine Termine in ein schiefes Licht zu rücken. Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen einen kurzen Auszug meiner Termine der letzten Monate vorlesen.

Da war zum Beispiel Herr Forster, Vorstandsvorsitzender von Opel Deutschland und damit Opel Europa. Wir haben gemeinsam mit Martin Bartenstein mit ihm verhandelt, und zwar über ein neues Sechsganggetriebe für den Standort Wien-Aspern. Das hat zu einem Abschluss für eine Getriebeproduktion von 300 Millionen € in Österreich geführt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe weiters Herrn Gerhard Mayr von Eli Lilly getroffen. Wien ist die Euro­pazentrale von Eli Lilly und Center of Excellence für klinische Studien.

Ich habe weiters Herrn Schäuble getroffen, Verwaltungsratspräsident der Basler Ver­sicherung. Ich habe getroffen Herrn Ackermann, den Vorstandsvorsitzenden der Deut­schen Bank. Ich habe getroffen Herrn Robert Peugeot von der Automarke Peugeot. (Abg. Öllinger: Was wollen Sie uns damit sagen?) Ich habe Herrn Flandorfer von Audi, Herrn Pischetsrieder von VW, Herrn Garcia von VW, Herrn Hubbert von Mercedes, Herrn Mangold von Daimler-Chrysler und viele andere Repräsentanten der Automo­bilindustrie getroffen. (Abg. Schieder: Auch Herrn Stammbach von Citroën?)

Nein, den habe ich nicht getroffen, aber ich habe zum Beispiel auch Herrn Schrempp getroffen. Meine Damen und Herren! Es ist dem Herrn Pilz vorbehalten geblieben, zu kritisieren, dass ich auch Herrn Schrempp getroffen habe.


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Ich möchte an dieser Stelle betonen, die österreichische Autozulieferbranche hat ein Umsatzvolumen von 7 Milliarden €, ist einer der wichtigsten Industriezweige Öster­reichs und stellt alleine 10 Prozent der gesamten industriellen Wertschöpfung Öster­reichs dar, mit einem Exportanteil, der über 90 Prozent liegt. (Abg. Broukal: Bruno Kreisky! Die SPÖ-Wirtschaftspolitik der siebziger Jahre!)

Dieser Zuliefersektor beschäftigt mehr als 60 000 Mitarbeiter. (Abg. Schieder: Das gehört wirklich nicht dazu! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn Sie zu kriminalisieren versuchen, dass Mitglieder einer Bundesregierung Reprä­sentanten von Daimler-Chrysler treffen, dann darf ich Ihnen sagen: Zum Beispiel im Dezember 2000 wurde ein Auftrag von Daimler-Chrysler mit einem Volumen von 3,633 Milliarden € an Österreich vergeben. Daher ersuche ich Sie dringend: Vernadern Sie nicht wichtige industrielle Partner, nicht größte Auftraggeber für die Republik! Ich ersuche Sie: Schädigen Sie damit nicht den Standort Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen, Sie sollten es lieber mit der Bevölkerung halten. Die Bevölkerung ist froh, dass Mitglieder der österreichischen Bundesregierung über solche Kontakte ver­fügen, weil sie weiß, wir führen Gespräche für mehr Arbeitsplätze, für mehr Aufträge, für mehr Wertschöpfung in Österreich. Das ist gut für den Standort, das ist im Interesse Österreichs! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Vielleicht könnten Sie als Finanzminister darauf zurückkommen, die Fragen zu beantworten!)

Zur Frage 10:

Der Vorwurf, dass der Kaufvertrag ohne rechtliche Grundlage und zu überhöhten Preisen unterfertigt wurde, ist unrichtig. Der Kaufvertragsabschluss erfolgte durch die Aufnahme einer aufschiebenden Bedingung kautelarjuristisch und haushaltsrechtlich völlig korrekt. Zudem endete am 1. Juli 2003 die vom Anbieter bereits mehrfach ver­längerte Angebotsfrist. Bei einem neuerlichen ungenützten Verstreichen dieser Frist bestand die Gefahr von Preiserhöhungen. (Abg. Broukal: Es bestand die Gefahr von Preissenkungen!)

Österreich hat keinen höheren Preis bezahlt, sondern ich möchte nochmals sagen: Wir haben gemeinsam hervorragend verhandelt und sehr massive Preisreduktionen errei­chen können. Und die Frage, die Sie ansprechen, was die Kostenreduktionen laut „Financial Times“ betrifft, so wird mir von mehreren Ministerien – Deutschland, Großbri­tannien, vom österreichischen Bundesheer – versichert, dass die angestrebte Kosten­reduktion im Wesentlichen nur die Aufwendungen im Rahmen der Forschung und Ent­wicklung und damit der Weiterentwicklung dieses Produktes betrifft.

Ziel ist also nicht die Reduzierung des Stückpreises für einen Flugzeugkäufer, weder für die Herstellernationen, noch für die Export-, also Partnernationen, sondern das Niedrighalten von zukünftigen Kosten zur Weiterentwicklung des Eurofighters. (Abg. Gaál: Der Stückpreis wird billiger!)

Zur Frage 11:

Die Preisbildung betreffend das zweite Lieferlos Eurofighter der vier Produktions­staa­ten ist äußerst komplex. Das ist von meiner Seite, da ich da logischerweise nicht involviert bin, nicht zu beurteilen. Aber aus dem Kreis der Herstellernationen – das darf ich nochmals sagen – ist zu vernehmen, dass das zweite Lieferlos der Eurofighter, also der Kaufpreis, der Produktpreis, nicht billiger werden sollte. Österreich hat zur Vermei­dung finanzieller Risken den Kaufvertrag auf einer Fixpreisbasis abgeschlossen.


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Zur Frage 12:

Wie ich schon bei der Beantwortung der Dringlichen Anfrage vom 17. Juni 2003, 535/J, zu den Fragen 1 bis 11 mitgeteilt habe, war auf Grund des vom BMLV gewählten Ver­gabeverfahrens schon aus technischen Gründen eine Beeinflussung nicht möglich. Natürlich fanden auf politischer Ebene Gespräche statt und musste das Bundesminis­terium für Finanzen gemäß Bundeshaushaltsgesetz mitbefasst werden.

Ich darf Ihnen eine Stellungnahme des Verteidigungsressorts vorlesen:

Gemäß § 43 Abs. 1 des Bundeshaushaltsgesetzes ist bei Beschaffungsvorhaben von außerordentlicher finanzieller Bedeutung bereits während der Planung das Einverneh­men herzustellen. Gemäß § 43 Abs. 2 hat der Bundesminister für Finanzen Richtlinien zur Durchführung aufzustellen.

Da für das Beschaffungsvorhaben „Luftraumüberwachungsflugzeug“ § 43 anzuwenden war, ist das Bundesministerium für Finanzen selbstverständlich völlig gesetzeskonform bei der Erteilung von Richtlinien für das gegenständliche Vorhaben vorgegangen. Bei den vorgegebenen Richtlinien wurde in keiner Weise irgendein Produkt bevorzugt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sind Kontakte mit EADS politische Kontakte?)

Zur Frage 13:

Für kommerzielle und finanzielle Fragen waren die Finanzprokuratur und die Österrei­chische Bundesfinanzierungsagentur eingebunden, ohne dass Kosten dafür entstan­den sind.

Die Fragen 14, 15, 16 und 17 darf ich wie folgt beantworten:

Es bestand seit dem 4. Februar 2000 kein Dienstverhältnis mehr mit der Firma Magna. Es bestand lediglich eine Vereinbarung, nach einem möglichen Ausscheiden aus der Bundesregierung wiederum im Rahmen dieses Konzerns tätig sein zu können.

In diesem Zusammenhang habe ich daher, nach den jüngsten politischen Ereignissen beziehungsweise nachdem ein potentielles Interesse der Firma Magna für eine Beteiligung der Republik nicht auszuschließen war, folgendes Schreiben an den Vice Chairman Siegfried Wolf gerichtet:

„Sehr geehrter Herr Vice Chairman! Als Finanzminister habe ich immer größten Wert auf meine persönliche und politische Unabhängigkeit gelegt und darauf geachtet, aus­schließlich die Interessen der österreichischen Bürger und Steuerzahler zu vertreten. Im Zuge der öffentlichen Diskussion habe ich festgestellt, dass sich Magna möglicher­weise für Unternehmen, die im Besitz beziehungsweise in einem Beteiligungsverhältnis der Republik Österreich stehen, interessiert. Um jeden wie immer gearteten Interes­sens­konflikt von vorneherein auszuschließen, verzichte ich hiermit auf mein Rückkehr­recht zu Magna.

Mit dem Ersuchen um Kenntnisnahme verbleibe ich ...“ und so weiter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Broukal: Peinlich!)

Es hat keine Reaktion der Firma Magna auf dieses Schreiben gegeben. (Abg. Brou­kal: Es ist vielleicht nie eingelangt! – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich erwähne nur am Rande, dass es sehr interessant wäre, zu sehen, welche Rück­kehrrechte bei Ihnen, ob beamtet oder gewerkschaftlich, in welche Funktionen beste­hen, meine Damen und Herren, und ob auch Sie entsprechend von Ihren Rück­kehrrechten zurücktreten werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich versuche, Ihre Fragen zu beantworten. (Abg. Nürnberger: Wo? Wo? Wann?)


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Die Zusage eines Rückkehrrechtes in eine frühere Berufstätigkeit entspricht nicht den im Unvereinbarkeitsgesetz geregelten Sachverhalten und ist deshalb nicht melde­pflichtig.

In diesem Zusammenhang darf ich auf meine letzte Meldung an den Unvereinbar­keitsausschuss, welche ich am 26. März 2003 zu Handen Herrn Parlamentsdirektor Dr. Georg Posch mit der Post an den Nationalrat übermittelt habe, verweisen, die nach wie vor voll gültig ist.

Zu den Fragen 18 und 19:

Meine Mitarbeiter haben keine bezahlten Nebentätigkeiten im Verein zur Förderung der New Economy bekannt gegeben. Im Übrigen verweise ich zu dieser Frage betreffend den Verein auf meine Anfragebeantwortungen der Dringlichen Anfrage vom 17. Ju­ni 2003, Fragen 16 bis 19, im Nationalrat und im Bundesrat am 23. Juni 2003, Fra­ge 10.

Zur Frage 20:

Diese Frage beantworte ich mit ja. Kein Mitarbeiter meines Ressorts, der mit der offi­ziellen Homepage des BMF befasst ist, hat jemals an der erwähnten Homepage mitge­arbeitet. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wer hat sie denn gemacht?)

Zur Frage 21:

Ich betone, dass nicht ich die Förderung der Industriellenvereinigung erhalten habe, sondern der Verein zur Förderung der New Economy, bei dem ich, wie Sie schon aus anderen Anfragebeantwortungen wissen, weder Mitglied bin noch in irgendeiner Form in Erscheinung getreten bin. Ich habe also keine Funktion dort inne, daher habe ich auch keine Verfügungen getroffen. (Abg. Öllinger: Sie sind ja der Vereinszweck! Das darf ja nicht wahr sein! – Die Abgeordneten Mag. Wurm und Gaál: Sie sind der Ver­einszweck! – Abg. Mag. Kogler: Die Homepage ist eine Fata Morgana!)

Im Übrigen ist auf folgende Aussagen der Industriellenvereinigung hinzuweisen. Ich darf Herrn Generalsekretär Fritz zitieren: „Man wollte ein Signal für die New Economy setzen. Das war uns sehr wichtig, wenn das andere Minister forciert hätten, hätten wir das auch mit denen gemacht.“

Fritz erklärte, er wolle sich „auf keinen Fall an einer Politikerhatz beteiligen. Aber es ist uns nicht um den unmittelbaren Nutzen gegangen, das wäre Uralt-Lobbying, das ma­chen wir nicht. Wir schätzen Grassers wirtschaftspolitische Überzeugung, die wollten wir unterstützen.“ – Fritz verwies darauf, dass Grasser auch „oft genug gegen die Inter­essen der Industrie entschieden hat, etwa bei der Energiesteuer-Deckelung oder dem Altlastensanierungsgesetz.“ (Abg. Gaál: Peinlich! Peinlich!) „Zuletzt sind wir bei der Überbrückungshilfe für den Forschungsfonds abgeblitzt“, sagt der Generalsekretär.

Zur Frage 22:

Diese Frage beantworte ich mit nein.

Zu den Fragen 23 und 26:

Ich habe zu keinem Zeitpunkt irgendeinen Einfluss auf diese Angelegenheit genom­men. In dieser Sache habe ich eine einzige Weisung gegeben, nämlich dass Herr Staats­sekretär Alfred Finz das Verfahren entsprechend leitet.

In den Unterbehörden erfolgte eine einzige Weisung durch einen Finanzamts-Vor­stand, nämlich hinsichtlich der Pressearbeit – ich darf das zitieren –:

„Selbstverständlich gilt aber für das Finanzministerium wie für jedes andere Unterneh­men auch, dass Medienarbeit in ihren Grundzügen koordiniert sein muss. In diesem


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Sinne enthält der Leitfaden für die Medien- und Pressearbeit des Bundesministeriums für Finanzen vom März 2001 unter anderem detaillierte Regelungen darüber, wer in welchem Umfang zu Medienkontakten autorisiert ist. In Beachtung dieser verbindlichen Richtlinien hat der Vorstand des Finanzamtes 4, 5, 10 beziehungsweise die GA 1 seine Mitarbeiter völlig korrekt und sachlich informiert.“

Im Übrigen handelt es sich um ein laufendes Verfahren, über das ich, so wie immer, selbstverständlich keinerlei Auskünfte erteilen will und kann.

Zur Frage 24:

Die Kosten für das Gutachten von Ernst & Young habe ich selbstverständlich per­sön­lich getragen.

Zur Frage 25:

Ich habe in meiner Funktion als Finanzminister weder persönlich Kontakt mit Vertretern der Firma Ernst & Young gehabt, noch habe ich einen Auftrag vergeben.

Das Bundesministerium für Finanzen hat im Jahr 2001 einen Auftrag in der Höhe von 61 244 € – das war ein Auftrag bezüglich Statuserhebung bei der in Konkurs befind­lichen TRIGON-Bank – und im Jahr 2003 einen Auftrag in der Höhe von 33 000 € – Erhebung und Evaluierung des konkreten Haftungsrisikos des Bundes bei der ÖBAG, insbesondere aus der Haftung für Bergschäden nach dem Mineralrohstoffgesetz – vergeben.

Zu den Fragen 27, 29 und 30:

Ich habe während meiner Amtszeit keinerlei Honorare oder Entgelte angenommen be­ziehungsweise mir versprechen lassen. In wenigen Fällen haben Unternehmer Spen­den direkt an sozial bedürftige Spendenempfänger geleistet. So konnte Direkthilfe für in Not geratene Menschen vermittelt werden.

Ich darf Ihnen dazu einige Beispiele geben: Der Familie Rabensteiner in der Sendung „Help TV“, die von Barbara Stöckl initiiert wurde, konnte eine direkte Spende als Scheck übergeben werden. Außerdem habe ich bei einem Generaldirektor einer Bank für eine teilweise Wertberichtigung eines Kredites dieser Familie interveniert. – Wenn Sie diesen Beitrag in „Help TV“ gesehen haben, dann haben Sie festgestellt, dass es dabei um eine Frau mit Aneurysma geht, die seit vielen, vielen Monaten ans Bett ge­fesselt war, die sich überhaupt nicht selbst bewegen, versorgen oder sonst etwas tun konnte, dass der Mann seinen Job aufgegeben hat und dass es zwei Kinder im schulpflichtigen Alter gibt. Daher hoffe ich, dass auch Sie dieses Engagement unter­stützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben ferner einem türkischen Buben geholfen, der eine lebensnotwendige Operation gebraucht hat; dies wurde initiiert von Alfons Haider. Mit einer Spende der Österreichischen Lotterien wurde ihm geholfen. Ich habe bei den Österreichischen Lotterien angerufen, nachdem mich Alfons Haider angesprochen hat, und habe gefragt: Kann man hier in irgendeiner Form helfen?

Ein weiteres Beispiel: Rudolf O. – verzeihen Sie, wenn ich seinen Namen nicht nen­ne –, an multipler Sklerose erkrankt, an den Rollstuhl gefesselt. Er wohnt mit seinen 80-jährigen Eltern in einem Wohnhaus ohne Lift. Auf meine Intervention hin wurde im August 2002 eine Spende direkt von einer Bank an diese Familie überwiesen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Warum spenden Sie eigentlich nicht privat?)

Oder: Frau Josepha S. Ihr Ehemann ist bei einem tödlichen Arbeitsunfall auf einer Baustelle ums Leben gekommen. Diese Witwe ist Mutter von drei Kindern und hat


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ebenfalls in einer solchen Vorgangsweise direkt eine Spende von einer Bank bekom­men. – Ich könnte das jetzt fortsetzen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen eines sagen: Ich habe in keiner Phase für einen Vortrag ein Honorar verlangt oder irgendeine Gegenleistung – selbstverständlich nicht! (Abg. Mag. Posch: Sie sind der Franz von Assisi!) Aber ich hätte niemals damit gerechnet, dass Sie es fertig bringen, ein soziales, karitatives Engagement eines Men­schen, dem einfach auch ein soziales Gewissen ein großes Anliegen ist, zu kriminali­sieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Das finde ich letztklassig, das disqualifiziert Sie von selbst. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Was die Frage 28 betrifft, so darf ich diese abstrakte Frage wie folgt beantworten:

Die Honorarannahme führt dann zu einer Einkommensteuerpflicht, wenn diese im Rah­men einer einkommensteuerrechtlich relevanten Tätigkeit erfolgt. Die regelmäßige Tä­tigkeit eines Vortragenden hätte etwa zur Folge, dass Honorareinnahmen als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit oder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb steuerpflichtig sind.

Gegebenenfalls fällt auch eine Umsatzsteuerpflicht an. Hinsichtlich der sozialversiche­rungsrechtlichen und gewerberechtlichen Normen bin ich nicht der ressortzuständige Minister. Nach meinem Wissensstand unterliegen Honorare ab einer bestimmten Größenordnung der Sozialversicherungspflicht. Gewerberechtliche Berührungspunkte kann ich mir nicht vorstellen.

Ich denke, nach einem längeren Studium hätte Ihnen Herr Abgeordneter Matznetter, so hoffe ich zumindest, diese Fragen auch beantworten können.

Zur Frage 31:

Die Einkommensteuerpflicht ergibt sich dann, wenn

a) ein Honorar vereinbart wird und an den Vortragenden ausbezahlt wird, wobei der Vortragende auf die beabsichtigte Spendenweitergabe hinweist;

b) ein Honorar vereinbart wird, der Vortragende auf Auszahlung verzichtet und um direkte Überweisung auf ein Spendenkonto ersucht.

Keine Einkommensteuerpflicht ergibt sich dann – und dies ist in meinem Fall sicherlich gegeben –, wenn kein Honorar vereinbart wird, der Vortragende aber zu einer freiwilligen Spende aufruft.

Zur Frage 32:

Wie ich bereits ausgeführt habe, ist im Falle einer Honorarvereinbarung eine Einkom­mensteuerpflicht gegeben. Ein derartiges Modell ist daher aus unserer Sicht nicht darstellbar.

Zu den Fragen 33 und 34:

Das Treuhandkonto ressortiert zu dem in Gründung befindlichen Sozialfonds und ist daher nicht mir zuzurechnen. Im Übrigen verweise ich Sie auf die einschlägigen Be­stimmungen der Notariatsordnung und des Bundesstiftungs- und Fondsgesetzes.

Zu den Fragen 35 und 36:

Ich sagte es, glaube ich, bereits: Trifft der Vortragende eine Honorarvereinbarung und veranlasst er in der Folge, dass das Honorar nicht an ihn, sondern direkt an sozial Bedürftige gespendet wird, dann kann dadurch eine Steuerpflicht nicht vermieden wer­den.


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Zur Frage 37:

Ich möchte nochmals festhalten: Ich beziehe keinerlei steuerpflichtiges Einkommen im Sinne der Bestimmungen des Unvereinbarkeitsgesetzes.

Ich sehe gerade, die Fragen 29 und 30 fehlen noch, ich darf sie Ihnen nachliefern:

Ich darf hier aus einer Information für den Herrn Präsidenten des Nationalrates zitieren, und zwar aus der Zusammenfassung – das Schriftstück stammt vom 6. Oktober 1997; ich zitiere –:

Das Verfassen beziehungsweise die Herausgabe von Büchern sowie eine gelegent­liche Vortragstätigkeit erfüllen die von der Rechtssprechung aufgestellten Kriterien eines Berufes nicht. Ein Verbot wäre aus verfassungsrechtlicher Sicht problematisch. Sie unterliegen daher nicht dem Verbot des § 2 Abs. 1 Unvereinbarkeitsgesetz und sind nicht als Beginn einer Berufstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Unverein­bar­keits­gesetz dem Ausschuss zu melden. – So hier festgehalten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was die Frage 38 betrifft, möchte ich auf meine Beantwortung der inhaltlich identen Frage Nummer 14 der Dringlichen Anfrage 520/J vom 12. Juni 2003 verweisen, in der ich auf den von mir am 22. Mai 2003 an den Herrn Präsidenten des Nationalrates über­mittelten Erhebungsbericht gemäß § 40 Abs. 1 GOG hingewiesen habe, auf meine umfangreiche Beantwortung der 105 Einzelfragen umfassenden parlamentarischen Anfrage vom 13. Februar 2002, Nr. 3397/J, der Abgeordneten Dr. Cap und Kollegen sowie auf die parlamentarische Anfrage vom 30. April 2003, 359/J, der Abgeordneten Dr. Kräuter, Doris Bures, Dr. Matznetter und Kollegen.

Ich möchte Ihnen zusätzlich nochmals vor Augen führen: Die Repräsentations­aus­ga­ben des Herrn Edlinger beliefen sich im Jahre 1998 auf 317 000 €, 1999 auf 249 000 €. (Abg. Schieder: EU-Vorsitz!)

Meine Repräsentationsausgaben beliefen sich im Jahre 2000 auf 88 000 €, 2001 auf 126 000 €, 2002 auf 136 000 €. Drei Jahre Grasser waren so teuer oder billig wie ein Jahr Rudi Edlinger. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Ohne EU-Vorsitz!)

Meine Damen und Herren! Was die Öffentlichkeitsarbeit betrifft, möchte ich nochmals sagen: Rudolf Edlinger im Jahr 1998 3,1 Millionen €, im Jahr 1999 3,3 Millionen €. Karl-Heinz Grasser im Jahr 2002 3,2 Millionen €.

Sie haben eine Anfragebeantwortung meinerseits in den letzten Tagen und Wochen in Zweifel gezogen. Ich habe im Rahmen der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage festgehalten, dass wir keine Werbung machen, meine Damen und Herren. Ich habe sehr oft von Ihnen gelesen, dass Sie sagen, ich hätte das Parlament nicht richtig infor­miert. Das sage ich im Zusammenhang mit dieser Anfragebeantwortung.

Ich darf Ihnen Folgendes vorlesen: „Es wird festgehalten, dass es sich bei der Infor­mationstätigkeit der Bundesregierung nicht um Werbung, sondern um Öffentlichkeits­arbeit handelt, für die das Prinzip der umfassenden Information und des einfachen Zu­gangs zu dieser für die interessierten Bürger zu gelten hat.“

Diese Antwort, meine Damen und Herren, stammt von Viktor Klima, und er hat sie in einer Anfragebeantwortung dem Parlament so zur Kenntnis gebracht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Er hat außerdem darauf hingewiesen ... (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Aber er hat die Summe nicht verschwiegen!) – Ich will es Ihnen ja gerade sagen. Er hat außerdem hinzugefügt, dass alleine im Jahr 1998 33,493 Millionen Schilling zugewiesen worden sind. Aufgewendet wurden alleine für Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit 128 804 180 S.


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Meine Damen und Herren! Sie regen sich bei mir über Öffentlichkeitsarbeit auf, über Information der Bevölkerung?! Sie haben das Dreifache für diese Zwecke ausge­geben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da mir manchmal zu Ohren gekommen ist, dass es unter Umständen kein wirklich ganz konfliktfreies Verhältnis der Sozialdemokratie zu ihrem früheren Parteiobmann Viktor Klima gibt, darf ich Ihnen auch noch Folgendes vorlesen – wiederum ein Zitat –:

„Es wird festgehalten, dass von meiner Seite keine Werbung, sondern Öffentlichkeits­arbeit zur Bewusstmachung ... gemacht wird.“ Dann heißt es weiter, weil Sie, Herr Schieder, gesagt haben, ich habe die Kosten nicht genannt: „Über die 1998 veran­schlagten Kosten“ (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer) „wurde keine Aussage ge­troffen, nur die Kosten der wichtigsten Projekte wurden aufgelistet.“

Ich weiß, warum Sie sich so aufregen, dieses Zitat stammt von Ihnen, Frau Prammer – Sie haben auch keine Werbung gemacht. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass noch ein Weiterer auf ein Zitat wartet. Ich darf noch einmal etwas zitieren:

„Zunächst ist festzuhalten, dass das BMWV keine Werbung betreibt. Eine vollständige Aufzählung sämtlicher Ausgaben ist aus Gründen der Verwaltungsökonomie nicht mög­lich, da es sich um Hunderte von Einzelrechnungen handelt.“ – Dieses Zitat stammt von Herrn Exminister Caspar Einem, meine Damen und Herren. Auch er machte also keine Werbung. (Ruf bei der ÖVP: Da schau her!)

Werfen Sie nicht mir vor, ich würde das Parlament nicht korrekt informieren! Prammer, Caspar Einem ... (Zwischenruf des Abg. Broukal.) Ich mache Werbung, sagen Sie, Herr Abgeordneter Broukal. Ich darf Ihnen jetzt einmal etwas sagen: Wir haben einen Nationalen Beschäftigungsplan gehabt, das war Frau Abgeordnete und Exministerin Hostasch. Ich könnte Ihnen aufzählen, wie viele Inserate, wie viele TV-Spots, wie viele Hörfunk-Spots es damals gegeben hat. Ich sage nur: „Schiene statt Verkehrslawine“, Radio-, Fernsehspots hat es gegeben.

Meine Damen und Herren! Wir hingegen haben keinen einzigen Spot in Auftrag gegeben (Abg. Broukal: Das ist die Unwahrheit!), wir sind direkt hingegangen zur Bevölkerung, haben sie informiert und haben keine Werbung betrieben, so wie Sie das gemacht haben.

Ich halte abschließend fest: Wir haben Hervorragendes für dieses Land geleistet. Diese Bundesregierung hat eine Leistungsbilanz, die sich sehen lassen kann. Zwei Budgets, Entlastung der Bevölkerung begonnen, erste Etappe der Steuerreform, grundlegendste Pensionsreform.

Das, was Sie tun, hat meines Erachtens den starken Verdacht einer schmutzigen Politkampagne. Wir lassen uns nicht beirren und setzen die erfolgreiche Arbeit für dieses Land fort. – Vielen Dank, meine Damen und Herren. (Lebhafter, lang anhal­tender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Josef Broukal zu Wort gemeldet. Ich mache ihn eindringlich auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam: keine politischen Reden, ein zu berichtigender Sachverhalt, der richtige Sachverhalt, keine politische Wertung.

 


16.07

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Herr Finanz­minister hat soeben zu unser aller Erstaunen gesagt, die Regierung habe keine Fern-


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sehspots in Auftrag gegeben. – Das ist unwahr! (Bundesminister Mag. Grasser: Nein, ich habe keine in Auftrag gegeben! – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen. – Heftige Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wahr ist vielmehr, dass mein alter Kollege und Chefredakteur Dr. Horst Friedrich Mayer ein Jahr lang uns allen erklärt hat: „Zukunft ohne Schulden“, und zwar auf Steuerzahlers Kosten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Broukal, ich werde mir das Protokoll der Rede des Herrn Finanzministers ausheben lassen und werde dann meine Schlüsse ziehen.

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Günther Kräuter. Redezeit: 10 Minu­ten. Für alle gilt jetzt 10 Minuten maximale Redezeit, freiwillige Redezeitbeschränkun­gen darunter. Kein Klub mehr als 25 Minuten.

Herr Kollege Kräuter, Sie sind am Wort.

 


16.08

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Finanz­minister! Ihre Polemik am Ende Ihrer Rede von der Regierungsbank hat natür­lich einen kleinen Schönheitsfehler. (Abg. Miedl: Schmutzkübelkampagne!) Herr Minis­ter, Sie haben vergessen – das ist Ihnen entgangen –, dass Österreich die EU-Präsi­dentschaft ausgeübt hat. Aber Sie können das ja dann korrigieren, denn Sie werden sich noch einmal in der Debatte zu Wort melden, ja melden müssen, denn das kann es nicht ge­wesen sein. Sie haben viel gesprochen, nichts gesagt, irgendetwas daher­fabuliert, kon­krete Antworten auf die heiklen Fragen sind Sie schuldig geblieben! (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Minister, ich ersuche Sie auch um eine klare und deutliche Aussage, ob Sie bereit sind, dem „kleinen Untersuchungsausschuss“ den Sommer über zur Verfügung zu ste­hen. Sie haben ja durchblicken lassen, Sie werden heuer im Sommer durcharbeiten. Im Vorjahr waren Sie ja fassungslos, dass sich die Abgeordneten auf Urlaub begeben. Also werden Sie zur Verfügung stehen? Werden Sie die Courage haben? Werden Sie sich der Diskussion stellen? Ihre Meinung dazu, Herr Minister, ist auch eine sehr wich­tige Entscheidungshilfe für die Abgeordneten der ÖVP und FPÖ bei der heutigen Abstimmung zu diesem Thema.

Es geht letztlich darum, ob die ÖVP das Parlament überhaupt noch ernst nimmt, und darum, ob die FPÖ heute letzte Reste von einem Aufklärerimage abstreift. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der „Inlandsreport“, also der ORF, hat Sie, Herr Minister, beim Inkasso bei Referaten ertappt. Das ist keine Kampagne mit schmutzigen Kübeln oder ein „dirty campaigning“, nein, das war der ORF. Herr Minister, entgegen Ihren Aussagen vor einigen Minuten haben Sie gegenüber dem „Inlandsreport“ erklärt: Ich habe mich um Spenden bemüht für soziale Projekte in unserem Land. Sie haben von einer Stiftung gesprochen und davon, dass ein Sozialfonds in Gründung sei. Das haben Sie aufgetischt im „Inlandsreport“.

Heute Vormittag, zwei Tage später, wahrscheinlich um Steuerprobleme zu mildern, haben Sie gesagt: Die Spenden sind direkt an die Betroffenen gegangen.

Herr Minister! Wissen Sie, was betroffen macht? – Dass sich der Verdacht erhärtet, dass Sie sozial Schwache in unserem Land, deren Lage Sie täglich mitverschulden, missbrauchen, dass Sie hier auf die Tränendrüse drücken, um Ihre Machenschaften zu verschleiern. Das ist letztklassig, und das disqualifiziert Sie, Herr Finanzminister!


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(Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Minister, Sie haben also im „Inlandsreport“ gemeint, Sie haben sich um Spenden bemüht. Und ganz ähnlich die Aussage des Sprechers der Industriellenvereinigung, wörtlich: Der Finanzminister ist an uns herangetreten und hat um Spenden für den Verein ersucht.

Sie, Herr Minister, sagen am 20. Juni: Ich stelle noch einmal klar, dass ich nie je­manden um Geld gefragt habe.

Herr Minister, seien Sie mir nicht böse: Das stimmt doch hinten und vorne nicht zu­sammen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Die Information, wer wie viel wo hineinbezahlt hat und wer wie viel wo herausbekommen hat, wollen Sie ja mit einer Weisung vermeiden. Und Sie haben falsch zitiert, Sie haben etwas anderes zitiert. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Es gibt nämlich eine Weisung, und das ist ein unglaublicher Skandal, Herr Kollege Groß­ruck: Etwaige Anfragen – das ist eine Weisung – über den Herrn Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser (Abg. Mag. Donnerbauer: Von wem? Wer hat die Weisung gegeben?) – von wem?, von den Finanzbehörden, lieber Kollege – beziehungsweise Anfragen über einen Verein im Zusammenhang mit seiner Person sind ausnahmslos an Dr. Winkler weiterzuleiten. – Das ist ja ungeheuerlich! Das ist eine rechtswidrige Weisung, Herr Minister! Das ist eine Vertuschungsaktion und rechtfertigt jede For­derung nach einem Rücktritt! (Beifall bei der SPÖ.)

Folgerichtig versuchen Sie natürlich mit Gutachten zu entkommen und haben Ernst & Young, einen Herrn Alfred Brogyányi, beauftragt, und da muss man sich ein­mal anschauen, wer das eigentlich ist. Dieser Mann ist Buchprüfer bei Magna, meine Damen und Herren, hat ein Mandat in der ÖIAG, hat öffentliche Aufträge vom Herrn Finanzminister empfangen. Diese ganzen Aufträge leitet Frau Mag. Billinger ein. Sie ist zuständig für Steuern und Glücksspiel beim Herrn Minister, vormals bei der Firma Ernst & Young. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Jetzt wird es eine Men­schen­hatz! Jetzt wird es uninteressant!)

Herr Bundesminister! Unter solchen Umständen entsteht also ein Gutachten. Und nicht einmal dieses Gutachten wollen Sie herausrücken? Wollen Sie uns nicht dieses Gutachten endlich zeigen, damit auch Steuerprüfer, Finanzexperten, Steuerberater ein bisschen Spaß haben über den Sommer? Was ist mit dem Gutachten von Winkler, Ihrem Freund, Herr Minister?

Ich kann Ihnen nur empfehlen, Herr Minister, im Gepäck für den „kleinen Untersu­chungs­ausschuss“ morgen Folgendes mitzunehmen: Erstens dieses private Gutach­ten, das Gutachten Winkler und Ihren Rückkehrverzicht betreffend Magna, denn was Sie hier heute erzählt haben, das kann es nicht sein.

Ich sage Ihnen etwas: Wenn ein Beamter einseitig sagt, ich verzichte auf meine Prag­matisierung, hat das überhaupt keine Wirkung. Da kommt es auf die andere Seite an. Und wenn Sie hier sagen, Sie haben ein Schreiben an Herrn Siegfried Wolf ge­richtet, dann kann ich dem nur entgegenhalten: Da können Sie eine Kopie Ihrer Tante schicken. Herr Minister! Wenn Sie nicht morgen eine notarielle unwiderrufliche Erklä­rung von Frank Stronach vorlegen können, dass für alle Zeiten von Magna und Töch­tern keine Versorgung Ihrer Person stattfindet, dann haben Sie, Herr Minister, einmal mehr die Öffentlichkeit an der Nase herumgeführt. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen. – Abg. Scheibner: Das darf nicht wahr sein! – Abg. Prinz: Das ist ein Wahnsinn!)

Weil Sie sich so aufregen, meine Damen und Herren von der ÖVP: Sie blicken sehr gern nach Deutschland. Der Minister hat einmal gemeint, der Vergleich macht uns si-


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cher. Schauen wir einmal in eine deutsche Zeitung, in die „Süddeutsche“. Was ist da zu lesen? – Ich zitiere: In anderen Ländern Europas, Italien ausgenommen, hätte Grasser, dessen dickstes Ding die Sache mit den Abfangjägern ist, wohl längst zu­rücktreten müssen. – So die deutsche Zeitung.

Sie, Herr Minister, sollten nicht, wie es der Herr Bundeskanzler heute gemacht hat, wenn es gerade in den Kram passt, deutsche und andere ausländische Zeitungen zitie­ren, sondern ich empfehle eine etwas umfassendere Sicht der ausländischen Presse, meine Damen und Herren.

Aber es genügt auch die „Presse“ des Inlandes und darin in Wirklichkeit ein einziger Satz. Die „Presse“ von gestern: „Zudem hat Grassers Finanzministerium von Anfang an direkt in den Beschaffungsvorgang“ der Eurofighter „eingegriffen.“ (Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört! Unglaublich!)

Meine Damen und Herren! Das wird nicht einmal mehr von Ihnen dementiert. Wenn so etwas nicht einmal mehr dementiert wird und ein Verteidigungsminister durch das Land zieht und von einer Pressekonferenz zur anderen erzählt – und ich bin schon sehr neugierig, ob Sie jetzt höhnisch applaudieren werden –, dass alles sauber, korrekt und transparent erfolgt wäre, Herr Minister, dann ist jedes Misstrauen in Ihre Person ge­rechtfertigt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Da tun Sie sich schon schwer mit der Argumentation!)

Meine Damen und Herren! Wenn man sich diese Fakten anschaut, diese Kontakte zu Firmen des Herrn Finanzministers in der Causa Eurofighter und weiß, dass er vor dem Unvereinbarkeitsausschuss am 3. März 2000 gesagt hat, er wird strengste Beachtung allfälliger Befangenheitsgründe üben, dann ist das tatsächlich das dickste Ding. Es ist aber auch das teuerste für den Steuerzahler.

Leider, es ist nicht nur ein Skandal des Finanzministers, sondern es ist ein Skandal der Bundesregierung insgesamt und auch der Regierungsfraktionen. Das hat eine wahrlich traurige historische Dimension. Sie bringen Schande über unser Land, meine Damen und Herren von der ÖVP und FPÖ! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Das ist ja ungeheuerlich!)

16.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Werner Amon, MBA. Seine Redezeit ist wunschgemäß mit 8 Minuten begrenzt. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


16.16

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie hätte in guten Zeiten der Josef Cap eine solche Dringliche Anfrage kommentiert? – Er hätte gesagt: Freunde, das war überhaupt nix! Packts zusammen, fahrts in die Sommerferien und kommts nach dem Sommer gestärkt wieder zurück! – Das wäre eine Kommentierung des Josef Cap früher gewesen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Traurig, aber wahr ist die Tatsache, dass es Ihnen bei der Dringlichen Anfrage und bei dieser Kampagnisierung, die hier läuft, um ganz etwas anderes geht. Es geht bei dieser Dringlichen Anfrage ... (Abg. Dr. Jarolim: Um Steuerhinterziehung geht es!) Das beginnt ja schon auf der ersten Seite im ersten Satz, wenn man sich die Dringliche Anfrage anschaut. Da beginnen Sie mit der Formulierung: „In den letzten Monaten ver­dichten sich immer mehr Zweifel“. – Also ein wahnsinniger Vorwurf! Dann heißt es: „peinliche Selbstdarstellungen im Rahmen der KMU-Road Shows“. – Ich sage Ihnen, diese KMU-Road Show – ich habe selbst eine gesehen – war eine hervorragende Informationsveranstaltung. Meine Damen und Herren! Sie hätten sich diese anschauen


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sollen, dann wüssten Sie auch mehr über wirtschaftspolitische Maßnahmen dieser Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im letzten Absatz auf dieser Seite, weil Sie auch einen Misstrauensantrag gegen den Herrn Verteidigungsminister einbringen, schreiben Sie dann: „die Unterzeichnung des Vertrages mit EADS, ohne dass die dafür notwendige gesetzliche Grundlage in Rechtskraft ging.“ – Natürlich, darum steht auch ausdrücklich im Vertrag drinnen, dass er erst dann gilt, wenn es in Kraft tritt. Meine Damen und Herren! Das ist eine Ver­nebelungstaktik gegenüber der Bevölkerung, die wir ausdrücklich ablehnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich denke, das ist für die Öffentlichkeit ganz interessant. Ich konnte bei einer ähnlichen Gelegenheit das letzte Mal nur aus einem Zeitungsartikel zitieren. Mittlerweile hat mir dankenswerterweise ein SPÖ-Funktionär eine Studie der SPÖ zur Verfügung gestellt, des SPÖ-Präsidiums, die ein gewisser Dr. Harald Katzmair im letzten Wahlkampf ge­schrieben hat. Ich zitiere aus dieser Studie, und ich denke, das ist für die Öffentlichkeit ganz interessant. Es kommen zwar die vorgeschlagenen Maßnahmen ein halbes Jahr zu spät, aber das ist ja bei der SPÖ öfter der Fall. Ich zitiere aus dieser Studie, die von der SPÖ in Auftrag gegeben wurde:

Fragt man nach jenen PolitikerInnen, über die innerhalb der Kernnetzwerke des nicht ausgeschöpften Potentials positiv gesprochen wird, so wird die eindeutige Kon­kurrenzsituation der SPÖ mit der ÖVP und den Grünen unterstrichen. Karl-Heinz Gras­ser, Alexander Van der Bellen, Benita Ferrero Waldner und Ernst Strasser sind jene Politiker, die in diesem Ranking führen.

Weiters – und da wird es besonders interessant –: Es wird empfohlen, namentlich diese vier Politiker a) entweder positiv zu vereinnahmen – gratuliere, Herr Professor Van der Bellen, Sie haben es ein bisschen leichter, Sie sind positiv vereinnahmt wor­den! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen) – oder nachhaltig politisch zu desavouieren, da sie zentrale Identifikationsfiguren für die Mehrheit des seitens der SPÖ noch mobilisierbaren Potentials darstellen. Besonders Karl-Heinz Gras­ser gelingt es, unter den zentralen WählerInnengruppen der SPÖ, den mittleren und leitenden Angestellten und den PensionistInnen eine sehr positive Rolle einzu­nehmen. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das ist der Grund für diese Kampagne! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich würde Ihnen empfehlen, nicht mit zweierlei Maß zu messen. Denn in früheren Zei­ten, als Herr Bundeskanzler Vranitzky von der Westdeutschen Landesbank eingeladen wurde zu Freiflügen, hat er Folgendes gesagt – ich zitiere aus dem „Standard“ –: „Wie der Standard in seiner gestrigen Ausgabe berichtete, spricht der Exkanzler von ,maxi­mal zwei‘ Flügen.“ – Daraus sind am Ende 31 Freiflüge des Herrn Dr. Vranitzky gewor­den. 31 Freiflüge!

Dr. Cap spricht – und da wird es ja besonders bunt – vom „Tummelplatz der Lobby­isten“. Schauen wir uns diesen Tummelplatz einmal näher an! Schauen wir uns etwa den Aufsichtsrat bei Magna an, weil wir ja vom Kaufinteresse der Magna-Gruppe an der voestalpine sprechen!

Im Aufsichtsrat ist etwa Herr Gerhard Randa – kein Unbekannter, glaube ich, und ein der SPÖ nicht so ferne stehender Mann.

Wer ist noch im Aufsichtsrat von Magna? – Franz Vranitzky finde ich da. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Das ist ganz interessant.


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Wen finden wir in der Geschäftsleitung? – Andreas Rudas, den ehemaligen Zentral­sekretär der SPÖ.

Aber wirklich heikel wird es für die SPÖ, wenn sich auf der anderen Seite im Auf­sichtsrat der voest Rudolf Streicher wiederfindet.

Machen Sie in den eigenen Reihen Ordnung, dann werden Sie sich ein wenig leichter tun mit Ihren politischen Maßnahmen, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weil Sie unterstellen, dass es einen nicht allzu genauen Umgang hinsichtlich der Kor­rekt­heit gibt, was steuerliche Angelegenheiten und dergleichen anlangt: Es ist ja ganz interessant, dass sich auf der Homepage der Mietervereinigung eine Werbung der SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures findet (Oh-Rufe bei der ÖVP), die Präsi­den­tin der Mietervereinigung ist. Es würde mich interessieren, ob diese Werbung für die SPÖ-Mandatarin und SPÖ-Zentralsekretärin die österreichischen Mitglieder der Mieter­vereinigung zahlen, denn dann wäre das ja möglicherweise eine Geschenk­annahme, die zu versteuern wäre. – Also messen Sie hier nicht mit zweierlei Maß, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ähnliches gilt übrigens für Ihren Abgeordneten Dietmar Keck – er kann heute noch Stel­lung dazu nehmen, da er auf der Rednerliste steht –, denn da findet sich eine Wer­bung: dietmar.keck@voestalpine.com. Ich hoffe, dass nicht die voest-Aktionäre für diese Werbung zahlen, denn auch da würde sich dann möglicherweise die Frage der Geschenkannahme stellen. (Abg. Mag. Molterer: Ja, ja!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich hätte Ihnen das gerne erspart, aber weil Sie so sehr mit zweierlei Maß messen, muss ich es Ihnen vorlesen:

„Verwirrung um angebliche Steuer-Causa des ÖGB-Chefs“. „Laut ,News‘ fordert die Finanzbehörde von ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch ... eine Steuer-Nachzahlung von in Summe 72 000 Euro. Der oberste Gewerkschafter habe dagegen berufen. Als Grund für die Nachzahlung wird eine extrem moderate Miete für Verzetnitschs Penthouse in der Wiener Innenstadt angeführt. Dieses gehört der BAWAG, an der der ÖGB beteiligt ist.“ (Abg. Verzetnitsch: Lesen Sie weiter!) – Ja, ich lese weiter, Herr Präsident, ich lese es ganz zu Ende.

„Die Finanzbehörden werten die niedrige Miete nun, so die ,News‘-Meldung, als ver­steckten Vorteil aus dem ÖGB-Dienstverhältnis, der zu versteuern ist. Die Steuer­be­raterin von Verzetnitsch, Maria Praxl, dementiert die Meldung gegenüber dem NEUEN VOLKSBLATT zur Gänze. ,Das stimmt überhaupt nicht.‘“ – Zitatende.

Herr Präsident Verzetnitsch, ich glaube Ihnen so weit, soweit nicht durch die entspre­chenden Behörden und Gerichte das Gegenteil bewiesen ist. Und nichts anderes erwarten wir auch von Ihnen. Seien Sie korrekt, und beenden Sie diese Schmutz­kübel­kampagne! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé. Redezeit: 10 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


16.25

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass Kollege Amon diese Tiefen der SPÖ aufgedeckt hat (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) und auch gezeigt hat, dass Sie wirklich überhaupt keinen Grund haben, mit dem Finger auf andere Personen oder Parteien zu zeigen, weil Sie selbst genug aufzuarbeiten hätten, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ!


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Da Kollege Amon alles Mögliche aufgezählt hat, kommt mir das Sprichwort in den Sinn: Wie der Schelm denkt, so ist er! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – Ich möchte das auch noch untermauern. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Mein Kollege im Wiener Landtag hat eine Ausarbeitung gemacht, wonach es in den letzten 20 Jahren 57 Skandale der SPÖ gegeben hat! Es waren nicht weniger als 100 so­zialistische Mandatare in diese Skandale verstrickt! – Wer den Skandalen so nahe ist, der vermutet natürlich immer auch beim politischen Gegner oder bei politischen Funk­tionären einen Skandal. Aber revidieren Sie Ihre Meinung: Nicht immer und nicht überall ist alles so wie bei Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der So­zialdemokratie! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Wittmann: Wer war der Rosenstingl?)

Aber wir wissen ja, warum Sie dieses Thema zu Ihrem Lieblingsthema auserkoren ha­ben, nämlich den Finanzminister, ich würde nicht mehr sagen, mit Schmutzkübeln zu bewerfen, denn da hat ja Herr Abgeordneter Cap heute, weil ich die Wahrheit gesagt habe, einen Ordnungsruf für mich beantragt; Kollege Cap ist von heute auf morgen sensibel geworden. Ich sage: Es ist dies eine Verleumdungskampagne. Wir wissen also ganz genau, warum die SPÖ und auch die Grünen eine solche Verleum­dungs­kampagne starten: weil sie ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, „Verleumdungskampagne“ ist nicht besser als „Schmutzkübelkampagne“. – Bitte, relativieren Sie das!

 


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Irgendetwas müssen Sie mir aber schon gestatten, Herr Präsident, weil ja beides der Wahrheit nahe kommt.

Aber ich möchte Ihnen sagen, warum Sie von SPÖ und Grünen sich an dieses Thema klammern: weil Sie glauben, damit Ihre erfolglose Oppositionspolitik zu verdecken. Sie wissen ganz genau, dass Sie auf der Stelle treten, dass Sie als Oppositionspartei über­haupt keine Erfolge zu verzeichnen haben. Jetzt haben Sie sogar die Medien für sich. Die Medien waren nämlich gestern nicht hier, als es um sehr wichtige Themen für Öster­reich gegangen ist, etwa um den Transit, oder um ein wichtiges Thema für die Behinderten, das Behinderten-Gleichstellungsgesetz. Die Medien sind gekommen, weil es sich um eine Sache handelt, die skandalträchtig ist. Und das wollten Sie erreichen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Da scheuen Sie auch nicht davor zurück, dass eine solche Affäre auch dazu führt, dass in das Privatleben einer Person eingegriffen wird. Und das ist wirklich skandalös! Wie Sie diese Sache aufbauschen, möchte ich Ihnen jetzt auf Grund Ihrer eigenen falschen Angaben zeigen und beweisen.

Sie schreiben auf Seite 3 Ihrer Dringlichen Anfrage: „So ist Herr Grupp gleichzeitig Interessent an und Aufsichtsrat in der VoesT-Alpine“.

Herr Präsident Prinzhorn hat mir gesagt, ich darf es verwenden: Er selbst hat einen Brief gesehen, in dem Herr Grupp an Herrn Generaldirektor Streicher geschrieben hat, dass er kein Interesse am Kauf der voestalpine hat. (Abg. Gradwohl: Hat Ihnen sonst noch jemand etwas erzählt?) Herr Grupp hat auch öffentlich erklärt, dass er kein Inter­esse hat.

Sie können alles in Zweifel ziehen, aber das wird Sie nicht weiterbringen. (Abg. Grad­wohl: Wir sind sehr interessiert an dem, was Ihnen erzählt wird!) – Verfolgen Sie doch, was ich Ihnen sage! (Abg. Gradwohl: Kommen Sie endlich zu den Fakten!)

Auf Seite 4 steht: „Der Rechnungshof zeigte im Zusammenhang mit der ÖIAG und deren Privatisierungstätigkeit ... schwerwiegende Ungereimtheiten auf: Jahresgagen“ und so weiter, „Mietbeihilfen, die 14 mal pro Jahr ausbezahlt werden“.


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Wissen Sie, wann diese Mietbeihilfen eingeführt wurden? – In der Zeit, als die SPÖ die Oberaufsicht über die ÖIAG hatte! Und uns wollen Sie das jetzt in die Schuhe schie­ben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Neudeck: Das wundert uns nicht!)

So kann man natürlich Skandale produzieren. So produziere ich Ihnen jeden Tag einen Skandal. (Abg. Gradwohl: Sie haben ja Erfahrung damit!) – Ja, aus meiner gericht­lichen Tätigkeit habe ich Erfahrung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Als ich noch als Richter aktiv war, sind sehr viele sozialistische Funktionäre beim Landes­gericht für Strafsachen aus und ein gegangen, sehr geehrter Herr Abgeordneter. (Rufe bei der ÖVP: AKH!)

Das Privatisierungskonzept, sagen Sie, gibt es überhaupt nicht. Das stimmt nicht! Es wird nur nicht öffentlich diskutiert, weil es natürlich nicht sehr gescheit wäre, bei Priva­tisierungen die Strategien öffentlich zu diskutieren. Morgen bereits kommt Herr Heinzl wieder in den Industrieausschuss, um über die Projekte zu diskutieren. (Abg. Mag. Kog­ler: Was heißt „wieder“?)

Also: Eine Unwahrheit reiht sich an die andere, und damit wollen Sie einen erfolg­reichen Finanzminister ganz einfach Schaden zufügen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich würde mich dafür schämen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe heute schon in meinem Debattenbeitrag zur Geschäftsordnung gesagt: Ich sehe ein, dass Sie Aufklärung verlangen, dass Sie verlangen, dass vermutete Miss­stände durchleuchtet werden – aber nicht so, wie Sie das machen! Sie nehmen zum Beispiel überhaupt nicht zur Kenntnis, was der Herr Finanzminister sagt, ja Sie ver­höhnen ihn noch. (Ruf bei der SPÖ: Er verhöhnt das Parlament!) Als er gesagt hat, er spendet für arme Leute, haben Sie gesagt: der Franz von Assisi. Ist das ein Umgang mit einem Minister? Da können Sie sich selbst an der Nase packen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe mir auch die Mühe gemacht, die Debattenbeiträge der vergangenen Tage zu analysieren, und ich finde, es muss einmal klargemacht werden, wie hier gearbeitet wird, mit welcher Strategie hier versucht wird, möglichst alle mieszumachen.

So sagte zum Beispiel Herr Abgeordneter Pilz – bitte, passen Sie auf! –: „Und wenn Sie, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, sagen, alle Vor­würfe der Opposition seien an den Haaren herbeigezogen: Was unterstellen Sie da dem Justizminister? Was unterstellen Sie da dem Staatsanwalt? Was unterstellen Sie da den Finanzstrafbehörden?“

Ist das nicht ungeheuerlich? – Sofort werden jene, die nicht auf den Zug von Herrn Pilz aufspringen, mit kriminalisiert. Ja wer hat denn die Vorwürfe erhoben? Es war nicht die Justiz, es war nicht die Staatsanwaltschaft, es war nicht die Finanzbehörde – es war die Opposition, unter anderen Herr Pilz.

Weiters sagte Herr Pilz: „Und da haben Sie, meine Damen und Herren von den Regie­rungsparteien, die Kühnheit, zu sagen, das hätten die Gerichte, das hätten die Finanz­strafbehörden frei erfunden? Das sei Verleumdung? Sie bezichtigen die österreichi­sche Justiz konstruierter Verfahren? Wissen Sie, was Sie damit sagen? Und wissen Sie, welches tiefe Misstrauen Sie damit dem österreichischen Rechtsstaat und nicht der Opposition gegenüber ausdrücken?“

Niemand hat Misstrauen gegenüber der österreichischen Justiz oder gegenüber der Finanzbehörde, aber wir haben größtes Misstrauen Ihren Anschuldigungen gegenüber, Herr Abgeordneter Pilz, und Ihnen von der Opposition gegenüber. (Beifall bei den


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Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Da haben wir etwas anderes gehört!)

Eine solche Methode erinnert mich an totalitäre Staaten, und so etwas sollte in einem Rechtsstaat überhaupt nicht mehr die Möglichkeit haben, zum Ausdruck zu kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nein, sagen Sie nicht „bitte“, lesen Sie sich das durch, was Herr Abgeordneter Pilz gesagt hat!

Ich bin ja schon dahinter gekommen, warum Herr Pilz ununterbrochen vermutet, dass da Korruption, Verleumdung, Verschleierung und so weiter im Spiel sein müssen. Ich habe nämlich zufällig vor zwei Tagen ein Buch auf seinem Tisch gesehen. Wissen Sie, welchen Titel dieses Buch hatte? „Große Verschwörungen“ (Heiterkeit bei den Freiheit­lichen und der ÖVP), offensichtlich die Lieblingslektüre des Herrn Abgeordneten Pilz. Und nach diesem Muster, nach diesem gedanklichen Konzept will Herr Abgeordneter Pilz auch hier in der Innenpolitik tätig sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz skurril finde ich die Vorwürfe, dass der Finanzminister uns alle die Budgetdebatte betreffend grob in die Irre geführt habe. Statt froh zu sein, endlich einen Finanzminister zu haben, der mit den steigenden Defiziten ein Ende macht (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), prangern Sie ihn noch an und sagen, er sei ein Betrüger. (Abg. Mag. Kogler: Machen Sie sich nicht unglücklich mit dieser Rede!) Denn es ist nichts anderes als ein Betrüger, wenn Sie sagen, dass er uns grob in die Irre geführt hat.

Wenn Sie den Vorwurf erhoben hätten, als Rudolf Edlinger noch Finanzminister war, hätte ich gesagt: Sie haben Recht!, denn der hat uns nämlich grob in die Irre geführt. Er hat noch ein halbes Jahr vor den Nationalratswahlen 1999 davon gesprochen, dass es kein Budgetloch gibt. Er hat gesagt: Was, ein Budgetloch? Nein, das gibt es nicht, das kennen wir nicht! (Abg. Mandak: So wie Ihr Nulldefizit! Sie machen es jetzt mit dem Nulldefizit so!)

Tatsächlich hat sich aber nach den Wahlen herausgestellt, dass es ein meilentiefes Budgetloch und eine ungeheuer große Staatsverschuldung gibt. Jetzt aber haben wir einen ausgeglichenen Staatshaushalt, wir haben hervorragende Zahlen. (Rufe bei der SPÖ: Wo? Wo?) Wo, fragen Sie? – Lesen Sie doch einmal die Statistiken, lesen Sie im „trend“ nach, lesen Sie sogar im „profil“ nach! Österreich hat sich vom Schlusslicht bei den Budgetdefiziten in das vordere Drittel hinaufkatapultiert, meine sehr geehrten Da­men und Herren. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich bin schon beim Schlusssatz: Sie wollen die positive Entwicklung nicht gelten las­sen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber ich sagen Ihnen: Vertun Sie Ihre Zeit nicht mit weiteren Dringlichen Anfragen und Misstrauensanträgen, sondern arbei­ten Sie ordentlich! – Das gebe ich Ihnen als Rat für die Sommerpause mit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dr. Peter Pilz ans Rednerpult. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Warum sind alle Grünen geflüchtet?)

 


16.36

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Murauer: Österreich erzittert!) Es sind wenige Fragen beantwortet worden, einige Fragen werden wir wieder stellen müssen, einige Fragen werden wir hoffentlich mor-


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gen im Rechnungshof-Unterausschuss beantwortet bekommen. Einige wenige Fragen möchte ich heute hier anlässlich dieser Debatte besprechen.

Im Mittelpunkt steht für mich seit wenigen Tagen der Begriff der „freiwilligen Spende“. Was ist dann, wenn der Finanzminister sich anschickt, über Österreich, die Ost­erweiterung, die Welt und sich selbst zu referieren, eine freiwillige Spende? Was pas­siert, wenn der gerade mit dem Referat fertig gewordene Finanzminister vor den Bank­direktor tritt und sagt: Ich sage es nicht als Bankenaufsichtsbehörde (Abg. Neudeck: Ist er ja nicht mehr! Er ist nicht mehr Bankenaufsicht!), ich sage es auch nicht als Finanzminister, ich sage es nur als Vortragender: Bitte eine freiwillige Spende in der Höhe von 7 000 €. – So schaut das aus! (Abg. Schöls: Sie waren dabei?!)

Nehmen wir ein Beispiel, das Beispiel Golf- und Sportclub Fontana: Business & More – Immorent Golf Trophy, 23. Mai dieses Jahres. Die Firma Immorent bemüht sich im Jänner dieses Jahres um einen prominenten Vortragenden und wendet sich an eine Eventagentur namens Eventive. (Abg. Neudeck: Die wollten ihnen den Pilz einreden!) Die Mitarbeiter von Eventive fragen: Wen hätten Sie denn gerne? Und Immorent antwortet: Am liebsten wäre uns Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser. Daraufhin wendet sich die Eventagentur Eventive an eine Firma namens Speakers Lounge, die eine einzige Aufgabe hat, nämlich gegen Bezahlung Vortragende zu vermitteln. (Ruf bei der ÖVP: Sind Sie auf der Liste, Herr Pilz?)

Speakers Lounge bietet nachweislich den Finanzminister für ein Honorar von 10 000 € der Eventive Veranstaltungsagentur an. Die Eventive Veranstaltungsagentur wendet sich wieder an Immorent und sagt: Wir könnten den Finanzminister bieten, mit 10 000 € wären sein Honorar und das Honorar von Speakers Lounge abgedeckt. Immorent sagt: Danke, das ist zu teuer, wir nehmen uns jemand anderen. – Sie haben gratis Professor Frisch bekommen. (Ruf bei der SPÖ: Sehr vernünftig! – Abg. Dr. Bri­nek: Waren Sie dabei?)

So schauen freiwillige Spenden aus? So wird Bedürftigen geholfen? – Herr Finanz­minister, da geht es nicht um arme Bergbauernfamilien, da geht es nicht um Gelähmte im Rollstuhl, sondern da geht es um einen Finanzminister, der auf dem Markt gegen Honorar für Vorträge angeboten wird. Jeder kann sich an diese Agentur wenden und sagen: Wir wollen uns den Finanzminister kommen lassen!, und dafür gibt es nicht eine Spendenforderung – Speakers Lounge sammelt keine Spenden, Eventive sammelt keine Spenden! –, sondern dafür gibt es ausschließlich Honorare und sonst nichts!

Und damit ist der Nachweis gelungen, weil mir die Vertreter der beteiligten Firmen heute samt und sonders im Detail bestätigt haben (Ruf bei der ÖVP: Das sind doch leere Behauptungen wie immer! Behauptungen und Unterstellungen! Immer dieselbe Masche!): Ja, man kann den Finanzminister gegen Honorar als Vortragenden mieten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und damit bekommen natürlich auch Treuhandkonten eine ganz andere Bedeutung. Wozu, Herr Finanzminister, braucht man ein Treuhandkonto, wenn doch die Spenden direkt vom Spender an die Opfer, an die Bedürftigen gehen? Wozu ein Treu­handkonto? Wozu muss hier ein Konto zwischengeschalten werden? Und diese Frage der SPÖ haben Sie nicht beantwortet: Wer ist der Treugeber des Treuhandkontos? Wenn es einen Treuhänder gibt, gibt es auch einen Treugeber. Und die berechtigte Frage lautet: Ist der Name des Treugebers Karl-Heinz Grasser, oder ist der Name des Treugebers möglicherweise wieder ein Mitglied der New Economy-Familie? Diese Frage, Herr Finanzminister, haben Sie noch immer nicht beantwortet.

Also: Wer über Agenturen seine Vorträge gegen Honorar anbietet, erfüllt damit alle Kriterien einer ganz normalen Erwerbstätigkeit. Und das ist ein klassischer Fall für den Unvereinbarkeitsausschuss. Am 26. März dieses Jahres haben Sie einen Frage-


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bogen dieser Art, nämlich den Fragebogen für Regierungsmitglieder, abgegeben. (Der Redner hält einen Fragebogen in die Höhe.) Auf Seite 3 oben gibt es eine ganz einfache Frage: Sind Sie freiberuflich tätig? – Herr Finanzminister, bei dieser Frage wurde unten von Ihnen angekreuzt: Nein. Und das ist die Unwahrheit! Sie haben in Ihrer Erklärung dem Nationalrat gegenüber schriftlich die Unwahrheit festgehalten und den Nationalrat offensichtlich vorsätzlich falsch informiert.

Das ist der Grund, warum Alexander Van der Bellen als unser Klubobmann in der Prä­si­diale darauf gedrängt hat, umgehend den Unvereinbarkeitsausschuss einzuberufen, um genau diese Frage zu klären. Und da ist etwas Eigenartiges passiert: Norma­lerweise wird einem solchen Ersuchen eines Klubobmanns stattgegeben, speziell dann, wenn es so gut begründet ist. In diesem Fall hat der Präsident nein gesagt und sich vor den Finanzminister gestellt und eine Aufklärung im Unvereinbarkeitsausschuss zumindest jetzt – ich kann es nicht für die Zukunft sagen – unmöglich gemacht.

Deswegen wiederhole ich unsere Forderung: Der Unvereinbarkeitsausschuss muss noch vor Tagungsende einberufen werden und tagen können (Beifall bei den Grünen und der SPÖ) und klären können, was mit dem Vortragenden, was mit seinen Hono­raren, was mit seiner freiberuflichen Tätigkeit und was mit der damit verbundenen Ver­letzung der Unvereinbarkeitsbestimmungen zu geschehen hat.

Ich glaube, Herr Finanzminister, Sie sind sich immer noch nicht ganz klar darüber, in welchem Bereich Sie sich längst bewegen. Ich habe das Gefühl – vielleicht täusche ich mich –, dass Sie im Gegensatz zu anderen Ministern, mit denen wir in der Ver­gangenheit als Opposition zu tun hatten, nicht den Funken eines Unrechtsbewusst­seins haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, Sie verstehen gar nicht, worum es geht! Ich glaube, Sie haben nicht die geringste Ahnung, was Sie tun. Ich glaube, Sie haben eine völlig andere Vorstellung von Rechtsstaat, von Verfassungsmäßigkeit und sauberer Amtsführung als, so nehme ich an, ziemlich alle Mitglieder des Hauses und wahrscheinlich die meisten Mitglieder der derzeitigen Bundesregierung.

Ich glaube, Sie leben wirklich politisch, moralisch und rechtsstaatlich in einer anderen Welt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber Sie auch!) Aber diese andere Welt ist nicht die Welt der österreichischen Bundesverfassung (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ihre auch nicht! ... Ihre Demagogie!), ist nicht die Welt des österreichischen Nationalrats, ist nicht die Welt der österreichischen Gesetze, sondern ist die Welt, in der nur eine Regel gilt: Gut ist, was Karl-Heinz Grasser und seinen Freunden nützt! Das ist die Welt der New Economy, das ist die Welt der Freunderlwirtschaft des Karl-Heinz Grasser, das ist die Welt, wo Gesetze außer Kraft gesetzt sind, wenn es den Freunden passt. Das ist die Welt von Stronach, das ist die Welt von Magna, das ist die Welt von ihrem Werkzeug Karl-Heinz Grasser. Das ist es, und darum geht es!

Das, Herr Finanzminister, ist der tiefere Grund, warum Sie längst für diese Republik und für diese Bundesregierung untragbar geworden sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Deswegen wiederhole ich noch einmal unsere Aufforderung: Herr Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser! Ziehen Sie endlich die Konsequenzen, und treten Sie zurück, und ersparen Sie uns, jeden zweiten Tag auf einen neuen Grasser-Skandal zu stoßen! Egal, auf welchen Busch Sie klopfen, es kommt eine Grasser-Verwicklung heraus. Ich habe noch nie solche Recherchen erlebt. Es ist völlig egal, wo ich anfange, wenn ich in der Früh zu recherchieren beginne, habe ich zu Mittag die nächste Grasser-Affäre recherchiert. Es ist für Journalisten an und für sich eine wunderbare Zeit, aber für die Rechtsstaatlichkeit, für eine saubere Amtsführung und für eine verantwortungsbewuss­te Amtstätigkeit eines Finanzministers ist es leider eine besonders schlechte Zeit. Und


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deshalb noch einmal: Treten Sie zurück, Herr Mag. Grasser! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Klubob­mann Mag. Wilhelm Molterer zu Wort gemeldet. Sie kennen die Geschäftsordnung, Herr Klubobmann.

 


16.46

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Abgeordneter Pilz hat vom Red­nerpult aus behauptet, dass Herr Minister Grasser seine Vortragstätigkeit dem Unver­einbarkeitsausschuss hätte melden müssen.

Ich korrigiere: Wahr ist vielmehr, Dr. Klaus Hajek stellt in seiner letzten Bemerkung zu „Vortragstätigkeiten“ im Gutachten vom 6. Oktober 1997 fest:

Sie unterliegen daher nicht dem Verbot des § 2 Abs. 1 und sind nicht als Beginn einer Berufstätigkeit dem Ausschuss zu melden.

Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist eine Wertung! – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

16.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dietmar Keck. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.47

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Ministerbank! Hohes Haus! Ich möchte vorweg eine Abordnung von voest-lerinnen und voest-lern hier in diesem Haus begrüßen (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen), die heute zu uns gekommen sind, weil keine zwei Autostunden von diesem Haus entfernt 22 000 Menschen mit ihren Familien direkt und 300 000 Menschen indirekt um ihre Zukunft betrogen werden, und zwar durch einen Ministerratsbeschluss, der den hundertprozentigen Verkauf der voestalpine vorsieht. (Abg. Großruck: Wer hat denn die voest umgebracht? – Abg. Scheibner: Wie viel Tausende Arbeitsplätze habt ihr denn dort vernichtet?) Es geht hier um ein Unternehmen, an das die Mitarbeiter geglaubt haben und in das sie ihr schwer verdientes Geld in Form einer Mitarbeiterbeteiligung eingebracht haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Um ihre Zukunft werden sie auch betrogen durch Aussagen von Abgeordneten und von Ministern dieses Hauses, mit denen sie der Öffentlichkeit anscheinend weis­ma­chen wollen, dass bei diesem Verkauf alles bestens ist, und die dabei bewusst immer die Unwahrheit sagen. Es ist der Herr Minister Bartenstein, der noch nie einen voest-ler gesehen hat, geschweige denn mit einem gesprochen hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und das ist der Kollege Molterer, der die voest nur kennt, wenn er auf der Autobahn nach Wien daran vorbeifährt, der immer wieder und mehrfach hier von diesem Platz aus behauptet hat, die Mitarbeiter der voestalpine wollen die Privatisierung.

Meine Damen und Herren! Das ist die Unwahrheit, das stimmt nicht!

Herr Kollege Molterer, haben Sie den Mut, kommen Sie heraus an dieses Rednerpult, und fragen Sie die voest-lerinnen und voest-ler hier auf der Galerie, was sie wollen! Fragen Sie sie, ob sie die Privatisierung wollen! (Beifall bei der SPÖ.) Herr Präsident! Lassen Sie es zu, dass diese voest-ler Antworten geben können, und Sie werden


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sehen, Herr Molterer, dass Sie die Unwahrheit gesagt haben, dass ihnen hier etwas unterstellt wurde, was die Beschäftigten dieses Betriebes noch nie gesagt haben.

Meine Damen und Herren! Aber außer Molterer und Bartenstein gibt es noch eine Marke hier in diesem Haus. Die Marke heißt KHG. Was heißt das? Karl-Heinz Grasser, geh! Geh! Gehen Sie als Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Gehen Sie, Herr Bundesminister, denn Sie haben auch heute wieder die Unwahrheit gesagt! Gehen Sie zu Ihrem Freund Wolf, gehen Sie zu Magna, zu Ihren Freunden, Herr Finanzminister, von denen Sie ohnehin schon geleitet werden, und lassen Sie ihnen die voest zukommen, denn das haben Sie ja vor! Sie wollen ihnen die voest zukommen lassen mit der Besetzung Ihres Freundes Wolf als Aufsichtsrat der ÖIAG und seiner heutigen Nichtabberufung als Aufsichtsrat, Herr Finanzminister. Zeigen Sie einmal den Österreicherinnen und Österreichern, dass Sie Anstand walten lassen! Lassen Sie das österreichische Eigentum so, wie es ist, und treten Sie zurück, Herr Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie machen diese lächerliche Dringliche noch lächerlicher!)

Meine Damen und Herren! Es gibt aber auch die Kollegin Bleckmann und ihre Freun­de. Kollegin Bleckmann hat in Oberösterreich bei einer Pressekonferenz mit ihrem Parteifreund Steinkellner gesagt: Die Linie der oberösterreichischen Freiheitlichen Par­tei in Bezug auf den Verkauf der voestalpine ist auch die Bundeslinie. Und die ober­österreichischen Freiheitlichen haben am 3. Juli im oberösterreichischen Landtag einen Mehrheitsbeschluss mitgetragen, der besagt, dass 25 Prozent plus eine Aktie in öffent­licher Hand bleiben müssen.

Frau Bleckmann, ich möchte mich bei Ihnen bedanken, dass Sie für die Interessen der voest-ler und voest-lerinnen bei dieser Pressekonferenz in Oberösterreich eingetreten sind, dass Sie wirklich wie eine Löwin gebrüllt haben in Oberösterreich, aber bitte, Frau Bleckmann, piepsen Sie in Wien nicht wie ein Mauserl! Setzen Sie Ihre Aussagen, die Sie in Oberösterreich getätigt haben, durch, und stehen Sie dazu! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber das Allergrößte, meine Damen und Herren, ist eine Presseaussendung, die heute vom Kollegen Walch gekommen ist. Ich zitiere Walch wortwörtlich:

„Wir haben im Parlament genauso wie unser Landesparteiobmann in Oberösterreich immer die Position vertreten, daß die ÖIAG die Sperrminorität zu halten hat, ...“

Kollege Walch, du wirst heute die Gelegenheit dazu bekommen, deinen Worten auch Taten folgen zu lassen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber, meine Damen und Herren, es gibt noch einen, das ist der Landeshauptmann Pühringer in Oberösterreich. Der Landeshauptmann Pühringer hat am 25. Mai zu mir persönlich in Oberösterreich gesagt, nachweisbar: Drei Jahre passiert absolut nichts mit der voest! Er habe diese Zusage von Schüssel und Grasser. Er hat hier Unwahr­heiten gesagt, denn als er das gesagt hat, war das Projekt „Minerva“ schon in Gang. Es hat die Zusagen, die Gespräche des ÖIAG-Vorstandes mit den Interessenten von Magna bereits gegeben.

All diese Beispiele zeigen, dass Sie der österreichischen Bevölkerung nicht die Wahr­heit sagen, weil Sie keine glaubhaften Argumente für den Verkauf der voest haben, meine Damen und Herren! Aus diesem Dilemma, in das Sie der Finanzminister mit seinen Freunden gebracht hat, kommen Sie nicht mehr heraus.

Um Ihnen eine Chance zu geben, in der Frage des Verkaufs der voest Ihre Politik wieder in ordentliche Bahnen zu bekommen, bringe ich folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Verzetnitsch, Keck, Dobnigg und GenossInnen betreffend Absicherung des Industriestandortes Österreich durch Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf die vollständige Privatisierung der voest­alpine AG zu verzichten und weiterhin 25 Prozent plus 1 Aktie im öffentlichen Eigentum zu halten, um so wie bisher sehr erfolgreich als Kernaktionär die wesentlichen Ent­scheidungen für die weitere Entwicklung dieses Unternehmens mitgestalten zu kön­nen.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, vom jetzigen ÖIAG-Anteil in Höhe von zirka 34,7 Prozent im Einvernehmen mit dem Vorstand und der Belegschaftsvertretung einen Anteil von zirka 9,5 Prozent an oberösterreichisch-österreichische Unternehmen beziehungsweise in Form einer weiteren Mitarbeiterbeteiligung abzugeben.

Da eine längerfristige Diskussion über die Eigentümerstruktur dem Unternehmen scha­det, sind die für die Umsetzung der beiden angeführten Forderungen notwendigen Beschlüsse bis 10.7.2003 zu fassen.

*****

Beschließen Sie heute, meine Damen und Herren, dass diese 25 Prozent und eine Aktie in öffentlicher Hand bleiben! Sprechen Sie doch endlich diesem Finanzminister das Misstrauen aus! Zeigen Sie, dass Sie in der Frage des voest-Verkaufs endlich wieder handlungsfähig sind! Glück auf! (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ und den Grünen.)

16.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Keck eingebrachte Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Verzetnitsch, Keck, Dobnigg und GenossInnen betreffend Absicherung des Industriestandortes Österreich durch Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär ist hinreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

*****

Ich gebe gleichzeitig bekannt, dass in diesem Zusammenhang eine namentliche Ab­stimmung verlangt worden ist. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen.

*****

Nächster Redner ist nunmehr Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 



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16.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Regierungsmitglieder! Geschätzte Damen und Her­ren! Herr Kollege Keck, Ihre Wortmeldung hat gezeigt, wo die wirkliche Gefahr für die voestalpine liegt, nämlich nicht bei den Investoren, nicht im Markt, sondern die wirkliche Gefahr sind solche sozialistischen Betriebsräte wie Sie! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, wenn Herr Kollege Cap in seiner Anfragebegründung kein einziges Mal das Wort „voestalpine“ in den Mund nimmt, kein einziges Mal! Das lässt schon ein bisschen den Verdacht aufkommen, dass möglicherweise die voestalpine und auch Magna nur Mittel zum Zweck sind. Sie werden in eine politische Diskussion mit hineingezogen, weil Ihnen ein Mann be­son­ders weh tut, nämlich Karl-Heinz Grasser. Ihre Wählerschichten, geschätzte Da­men und Herren der SPÖ, haben Sehnsucht nach so einem Typen wie den Herrn Karl-Heinz Grasser, Sehnsucht! So einen finden Sie nicht in Ihrer Partei! (Beifall und Heiter­keit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Gott sei Dank!)

C-A-P ist kein gleichwertiger Ersatz für K-H-G, geschätzte Damen und Herren! (Neuer­licher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich bin ein Techniker, ich möchte das in eine Glei­chung bringen: Mir kommt das ein bissel so vor wie: K-H-G zu C-A-P ist wie Armani zu Pitralon. (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Geschätzte Da­men und Herren, Ihnen haftet der Duft der siebziger Jahre an, und so machen Sie auch Ihre Politik! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Matznetter hat heute Vormittag einen Satz gesagt, der wirklich sehr ent­larvend war. Er hat gesagt: Was wir nicht gerne hören, ist die Wahrheit! (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich kann Sie nicht verschonen von der Wahrheit, Herr Kollege Matznetter, auch wenn Sie sie nicht gerne hören, ich werde sie Ihnen nicht ersparen.

Die erste Wahrheit: Wie hat die SPÖ privatisiert? Ein einfaches Rezept: Man nehme eine Organisationseinheit, der Staat investiert viel Geld in die Ausstattung, man schrei­be tiefrote Zahlen, anschließend verkaufe man diese Organisationseinheit um einen Schilling an die rote Ein-Schilling-Connection. (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren, so ist es gelaufen!

Zweite Wahrheit: Ihre Kampagne schädigt die Mitarbeiter der voestalpine, ich möchte das ganz klar sagen. Die Aktienkurse haben einen sehr positiven Verlauf genommen, seit der Privatisierungsauftrag erteilt worden ist. Die Mitarbeiter sind an diesem Unter­nehmen beteiligt. Wir haben einen wirklich starken Abfall zu verzeichnen gehabt, als Sie angefangen haben zu kampagnisieren. Schädigen Sie nicht den Wert des Unter­neh­mens! Schädigen Sie nicht Mitarbeitervermögen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen noch etwas, weil Frank Stronach in den letzten Wochen sehr stark in Zie­hung gekommen ist: Sie haben ihn politisch benutzt, das werfe ich Ihnen vor. Frank Stronach hat in Wirklichkeit für dieses Land sehr, sehr viel getan. Er hat Zehntausende Arbeitsplätze im Grunde genommen entwickelt, und er hat vor allem eines gemacht, was strategisch noch viel wichtiger ist: Er hat uns den Zugang zur Automobilindustrie geschaffen. Wir sollten ihm den nötigen Respekt und die Anerkennung aussprechen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Geschätzte Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Es ist ein guter Zeitpunkt, die voestalpine zu 100 Prozent zu privatisieren, weil die Marktbedingungen derzeit gut sind; wir haben gestern einen entsprechenden Antrag eingebracht. Es ist der beste Zeitpunkt, die parteipolitische Einflussnahme über die SPÖ und über die sozialistischen Betriebsräte zu beenden. Es ist der beste Zeitpunkt, die voestalpine in die Freiheit zu entlassen! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maximilian Walch. 10 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


17.00

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Werte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An und für sich sollte ich das Problem voest zuletzt be­sprechen, weil sonst bekommt Herr Keck einen Herzinfarkt; er hat ja hier so geschrien. So benimmt er sich auch bei Veranstaltungen in der voest. Wir wissen, worum es Kollegen Keck geht. Laut Anrufaufzeichnungen haben vor dem 1. Mai in meinem Büro über 20 voest-ler angerufen und gesagt, es sei eine Schweinerei, was er macht. Er geht durch den Betrieb, macht Strichlisten, wer beim 1. Mai dabei ist, und verkauft Par­teiabzeichen um 2 €. Ist denn die Kasse schon wieder leer? (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Das ist das wahre Gesicht eines Arbeitnehmervertreters! Kollege Keck, du willst die voest-ler auseinander dividieren und uns schlecht machen, obwohl wir die Einzigen in Österreich sind, die Flaggschiffe nicht untergehen lassen, sondern wieder auf See bringen. Wir machen es nicht so, wie es die SPÖ jahrzehntelang gemacht hat. Ich werde dir dann eine Liste vorlesen, wie viel Schiffe Ihr untergetaucht habt und wieso Tausende Arbeitnehmer in Österreich ihren Arbeitsplatz verloren haben.

Der lebende Beweis sind eure Betriebe gewesen – egal, ob das der „Konsum“, die DDSG, die „Arbeiterzeitung“, für die über 100 Jahre viele Arbeitnehmer etwas geleistet haben, oder andere Bereiche waren. (Abg. Mag. Wurm: Rosenstingl!)

Wir werden heute noch einmal diesen Antrag einbringen, bei dem Ihr gestern nicht auf­gepasst habt. Lesen – denken – sprechen: So heißt die Devise! (Allgemeine Heiter­keit.) Lesen Sie diesen Antrag einmal! Das ist ein weit reichender Antrag. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mit diesem Antrag werden wir den Betrieb voest sichern. Wir werden die Arbeitsplätze dort sichern und den Standort Österreich dementsprechend erhalten. Wir werden nicht, so wie Ihr es jahrzehntelang gemacht, ins Ausland verkaufen. Wir garantieren dafür, dass das nicht geschieht. Ihr konntet es nicht. Das ist schlecht für euch! Das verstehe ich völlig: Was man nie gelernt hat, kann man auch nicht können. (Abg. Nürnberger: Max, eine Frage: Warum bist du ...?) Wir werden keine Zerstückelung zulassen. Daher werden wir heute unseren Antrag einbringen. – Morgen kannst du mit mir reden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Dir, Kollege Pilz, möchte ich sagen: Bezüglich der Anschüttung des Finanzministers habe ich dir schon einmal gesagt: Wenn du Beweise hast, dann lege diese vor, aber höre endlich auf, Unwahrheiten zu verbreiten! Es wäre wichtiger, Beweise vorzulegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Dem Kollegen Cap muss ich auch etwas sagen. Kollege Cap, ich habe mir deinen Lebenslauf ausdrucken lassen. Du wirst doch nicht wirklich meinen, dass namhafte Wirtschaftstreibende, sowohl von der FPÖ als auch von der ÖVP, keine Würstelbude betreiben können. Du wirst doch nicht sagen, dass Kollege Prinzhorn nicht einmal


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einen Würstlstand betreiben kann. Das ist die größte Unterstellung, die du dir je erlaubt hast. Du hast gesagt, Kollege Cap – du hast dabei auf die „Bösen“, wie du meinst, denn Ihr seid ja die „Guten“, hingedeutet –, das seien Wirtschafter, die nicht einmal eine Würstelbude betreiben könnten.

Kollege Cap, weißt du, was du die ganze Zeit gemacht hast? – Ich habe mir es durch­gelesen: geboren, Schule, Studium, Parteisekretär, Parteisekretär, Parteisekre­tär! Du brauchst uns nicht zu erzählen, wie es in der Privatwirtschaft zugeht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin schon 35 Jahre lang in der Privatwirtschaft, und ich lasse mir das von einem Parteisekretär, dem ich unterstelle, dass er keine Ahnung hat, welche Leistungen Kolleginnen und Kollegen in einer Privatwirtschaft, in der voest erbringen müssen, denn sonst werden sie gekündigt oder entlassen, und welche Verantwortung sie haben, nicht sagen! Es wäre eigentlich einmal gut für die SPÖ, sich diesbezüglich zu informieren. Ich brauche mir nur anzuschauen, wie du als Zentralsekretär gearbeitet hast. Bei uns schauen die Finanzen auch nicht gut aus – aber bei euch sind die Verhältnisse weitaus schlechter, muss ich sagen! (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich höre immer wieder das Wort „Kriegsgeräte“. Führt Ihr so gerne Krieg? (Rufe bei der SPÖ: Ihr!) Ich will Frieden haben. Ich will ein Gerät haben, mit welchem garantiert werden kann, dass die Österreicherinnen und Österreicher in Ruhe leben können, damit kein Ausländer sagen kann: Da ist ohnehin Tür und Tor offen, da können wir machen, was wir wollen! So geht es nicht! Redet nicht immer von Kriegsgeräten, Frieden sollen mit solchen Sachen geschaffen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Außerdem habt Ihr von der SPÖ das 1997 beschlossen. Ihr habt ein bisschen einen Gedächtnisschwund, das verstehe ich schon, Ihr habt Probleme damit. Aber ich kläre euch auf, dafür bin ich da. (Allgemeine Heiterkeit.)

Ihr habt damals beschlossen, 24 Abfangjäger zu kaufen. Ihr habt aber keine Gegen­geschäfte beschlossen. Die jetzige Regierung hat gesagt: Wir wollen 200 Prozent Ge­gengeschäfte, damit auch die Kolleginnen und Kollegen von der voest oder die Steyrer Werke und viele andere mehr einen Nutzen davon haben. Das ist Arbeitsplatz­siche­rung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hört endlich einmal mit dieser Verunsicherungspolitik in Österreich auf!

Was habt Ihr gemacht? – Recherchieren wir einmal ein bisschen! Unter SPÖ-Kanzlern und SPÖ-Finanzministern wurden allein der Verstaatlichten 100 Milliarden Steuer­gelder zugeschossen. Als Endresultat ist herausgekommen, dass 76 000 Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verloren haben. Was ist das: Wirtschaftspolitik? Arbeitnehmerpolitik?

Schauen wir uns die AMAG an, wenn wir schon von Freunderlwirtschaft – so steht es auch wieder in eurem Antrag – reden! Es gibt einen ehemaligen Bundeskanzler Vra­nitzky, der einen besonderen Freund namens Robert Ehrlich  gehabt hat, der zu euch gehört. Er hat eine Unterstützung in der Höhe von 13,5 Milliarden Steuergeld für den Be­trieb der AMAG bekommen. Der Verlust betrug dann 15 Milliarden. Das war ein Fass ohne Boden, aber nicht deshalb, weil die Arbeitnehmer dort schlecht gearbeitet haben, sondern weil das Management nicht funktioniert hat. Das hat dort nicht funk­tioniert. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Von der „Arbeiterzeitung“ will ich gar nicht reden, aber sehr wohl von der „Konsum“-Pleite. Dazu muss ich euch sagen: Das ist das Tüpfelchen auf dem „i“! Kollege Cap, ich muss dir sagen, wenn ich bei der SPÖ wäre, würde ich entweder austreten oder


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mich kündigen lassen, denn mit solch einer Partei würde ich eigentlich nichts zu tun haben wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das waren die Manager. Da gibt es weiters eine Liste von der DDSG und vieles andere mehr.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Heute haben der Bundeskanzler und der Infra­struk­turminister in der Früh erklärt, wie es mit der österreichischen Wirtschaft aussieht. Ich denke nur an die Worte des Infrastrukturministers und daran, wie viel Geld alleine für den Bahnausbau, den Straßenausbau zur Verfügung gestellt werden. (Abg. Gaál: Mach es wie der Grasser und geh zur ÖVP!) Die Bauwirtschaft ist der Motor der Wirt­schaft in Österreich, und wenn die Bauwirtschaft funktioniert, dann funktionieren auch alle dazugehörigen Betriebe, auch die voestalpine. Wenn der Bauwirtschaft nichts pas­siert, dann hat auch die voest Arbeit.

Bei der Infrastruktur ist es ähnlich. Weiters sichern wir Arbeitsplätze. Wir helfen Ar­beits­losen, dass sie eine Unterstützung bekommen. Wir haben eine Qualifizierungs­offensive ins Leben gerufen. Die unter 25-jährigen und über 50-jährigen Arbeitslosen haben jetzt die Chance, eine Qualifikation zu bekommen. Die Verlängerung der Alters­teilzeit haben wir durchgesetzt. Bei den Koalitionsverhandlungen habt Ihr ja und Amen gesagt. Wenn Ihr in der Regierung wärt, wäre diese schon abgeschafft. Ihr hättet keine „Abfertigung neu“ zusammengebracht, es hätte kein Kindergeld gegeben und vieles andere mehr. Wir haben die Versäumnisse der letzten dreißig Jahre aufgearbeitet. Heftet euch jetzt nicht – aber auch nicht die Gewerkschaft – die „Abfertigung neu“ als Sieg auf eure Fahnen! Da waren die Freiheitlichen und die Kammer Oberösterreich die Vorreiter. Wir haben es gemeinsam mit der ÖVP durchgesetzt. Erzählt ja nicht, dass Ihr das Kindergeld durchgesetzt habt, denn sonst wird euch der Herrgott einmal stra­fen! (Allgemeine Heiterkeit.) Wer lügt, der muss aufpassen!

Dieses Kindergeld war alleine eine Idee der Freiheitlichen und von sonst niemandem!

Ab 2004 wird es die erste Etappe der Steuerreform geben. Ihr habt nur Belastungen gemacht. Wieso haben Sie euch nicht mehr gewählt? – Ihr wart die größte Belastungs-Partei, die es überhaupt in der Zweiten Republik gegeben hat. Wir machen eine Ent­lastung. 2004 gibt es die erste Steuerreform und 2005 die zweite Steuerreform. 14 500 € steuerfreies Einkommen wird es pro Jahr geben. 2005 werden die Arbeit­nehmer 2,5 Milliarden € sparen. So sieht eine entsprechende Wirtschafts- und Arbeit­nehmerpolitik in Österreich aus.

Überlegt euch noch, heute habt Ihr noch eine Chance bei der geheimen Abstimmung (Abg. Scheibner: Namentlich!), unserem Antrag zuzustimmen, um das voest-Flagg­schiff so zu erhalten, wie es ist, und es nicht, wie Ihr es im Sinne gehabt habt, ins Ausland zu verkaufen! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.09

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Mag. Moser zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Be­stimmungen. – Bitte.

 


17.10

Abgeordneter Mag. Hans Moser (SPÖ): Abgeordneter Missethon hat behauptet,  


dass auf Grund der politischen Kampagnisierung der Aktienkurs der voestalpine gesunken sei und damit Mitarbeiterbeteiligung geschädigt wurde.

Wahr ist, dass seit 22. April der Aktienkurs der voestalpine kontinuierlich gesunken ist und ganz normale Schwankungen von 24 auf 34 aufweist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg.


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Scheibner: Was war das für eine tatsächliche Berichtigung? Das war eine tatsächliche Bestätigung? – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

17.10


Präsident Dr. Heinz Fischer: Vielleicht war ein kleines Missverständnis dabei, aber die tatsächliche Berichtigung ist beendet, Herr Abgeordneter.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


17.11

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abge­ordneter Walch hat behauptet, dass es in der vorhergehenden Regierung zwischen SPÖ und ÖVP einen Beschluss über die Anschaffung von 24 Abfangjägern gegeben hätte. – Diese Behauptung ist unrichtig, es hat keinen derartigen Beschluss gegeben! (Beifall bei der SPÖ.)

17.11

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

17.11

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Kollege Walch (Abg. Scheibner: Jetzt habt Ihr es schwer!), schön langsam muss man sich Sorgen um Ihr Herz machen (Abg. Scheib­ner: Jetzt wird es schwierig!), Sie machen sich aber Sorgen um die Kollegen. Das ist offensichtlich eine konzertierte Aktion – darauf will ich hinaus –, denn an das Herz hat auch der Herr Finanzminister appelliert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl.)

Herr Finanzminister! Es ist meines Erachtens sehr problematisch, wenn Sie eine Dring­liche Anfrage, die ganz ernste und aufklärungsbedürftige Themen betrifft – ich sage nicht missbrauchen –, dazu heranziehen, Antworten auf Fragen zu geben, die nicht ge­stellt wurden, um auf die Tränendrüse zu drücken. Das ist schon wieder eher ver­dächtig, so möchte ich sagen. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüs­sel.) – Meine Herren von der Regierungsbank, Sie werden meine Ausführungen ab­warten können. (Abg. Dr. Trinkl: Pilz ist überverdächtig!)

Es geht nicht darum, ob Sie irgendwo erfahren haben, dass irgendwer wohin freiwillig etwas gespendet hat, aber in dem Moment, in dem Sie alles auf sich beziehen, ist das steuerrechtlich ein Problem. Man kann aber all das weglassen, ob irgendjemand direkt gespendet bekommen hat, denn in Wahrheit geht es um ein paar schlichte Fragen. Ich beziehe mich jetzt nur – Sie verlangen immer Fakten – darauf, was bis jetzt veröffent­licht und von Ihnen nicht dementiert wurde – erst recht nicht in der Beantwortung der heutigen Dringlichen Anfrage.

Was sind die Fakten? – Sie haben in Ihrer ersten Ausflucht von irgendeiner Privat­stiftung geredet, die sich eigentlich in Gründung befinde, dann aber nicht ginge, und deshalb musste zweitens ein Fonds her. Allerdings ist dummerweise dieser Fonds noch nicht gegründet. Überhaupt ist es besser, man tauft drittens den Fonds Sozial­fonds. Das ist wichtig. Am Schluss muss ein Sozialfonds überbleiben, allein, es gibt ihn nicht, Herr Finanzminister! Es gibt diesen Sozialfonds nicht. Wahrscheinlich haben Sie sich da von FPÖ beraten lassen, denn die haben Erfahrungen mit Sozialfonds. Mög­licherweise haben Sie auch ein Honorar dafür bezahlt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt stellt sich die Frage: Wie viel Spenden sind geflossen? Wo ist das Geld? Es ist nicht die Frage gestellt worden, wer irgendwann etwas direkt bekommen hat. Es geht


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einzig und allein um die Frage: Wie viel Geld ist auf Grund eines unmittelbaren Zusam­menhangs mit Ihrer Vortragstätigkeit geflossen? – Sie selbst – das wird morgen im „FORMAT“ berichtet und wird von Ihnen offensichtlich auch nicht dementiert – haben bei einem bestimmten Anlassfall der betreffenden Bank gesagt, auf dieses Konto sei zu spenden. Das ist aber nicht das Konto eines Bedürftigen, sondern das ist das Konto der Notartreuhandbank. Noch einmal: Wer ist also – Sie haben es nicht beantwortet – der Treugeber? Wenn Sie im Nachhinein das Ganze als Sozialfonds ausweisen möch­ten, dann muss ich sagen: Da war wirklich die FPÖ der Berater! (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Alte Hüte!)

Die Frage, ob das jetzt mit den Bestimmungen des Unvereinbarkeitsgesetzes konfli­giert oder nicht, Herr Klubobmann Molterer, werden wir doch nicht via tatsächliche Be­richtigungen und via schnell herbeigeschaffte Gutachten klären, das wird der Aus­schuss identisch ... (Abg. Mag. Molterer: 1997!) – Ja eben, 1997, das ist typisch, darauf komme ich noch zurück. (Abg. Mag. Molterer: Nicht schnell herbeigeschafft, sondern 1997!) Das wird der Ausschuss selbst zu klären haben, und Sie sind dabei, das zu verhindern. Das ist das Problem: Sie versuchen, mit Ihrer Mehrheit regel­mäßig – und jetzt schon wieder – Aufklärung zu verhindern. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das hat ein bestimmtes Muster. (Beifall bei den Grünen.)

Der Vorwurf ist gerade erst erhoben oder noch nicht einmal vorgebracht worden, schon springt wieder jemand bei mit einem Gutachten. Das ist das Muster Grasser! (Ruf bei der ÖVP: Morgen gibt es einen Ausschuss!) Schon wieder ist ein Gutachten da. – Auf den Verein werden wir noch kurz zu sprechen kommen.

Sie hindern den Unvereinbarkeitsausschuss daran, in seiner Tätigkeit die Sache zu über­prüfen. Herr Präsident Khol allein war das keineswegs, ich möchte das überhaupt nicht so darstellen, aber der Unvereinbarkeitsausschuss sollte auf Grund der Beratu­ngen in der Präsidiale vom Obmann einberufen werden. Schieben wir das auf die Sei­te! Der Obmann, ein ÖVP-Mandatar, äußerte sich gestern dahin gehend, dass er keinen Grund für eine Einberufung sehe, er meinte, er wisse nicht einmal, das dies jemand fordere. Völlig falsch! Damit wird sehr wohl relevant, was in der Präsidiale besprochen wurde. In der Klubdirektorenkonferenz wurde es besprochen, Herr Van der Bellen hat es gefordert, und ich habe den Kollegen Vorsitzenden selbst dazu aufge­fordert, denn ich bin Mitglied dieses Ausschusses.

Wir – auch ich – werden unserer Rechte beraubt, diese Sache authentisch zu prüfen und zu überprüfen, was der Herr Finanzminister mit möglicher Abweichung von der Realität tatsächlich dem Unvereinbarkeitsausschuss gemeldet hat. Sie hindern den Aus­schuss daran, diese Kontrollarbeit zu machen, und das ist das Problem. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Nicht Sie persönlich, Herr Präsident, aber Sie mit Ihrer Mehrheit hier behindern dies. Das ist überhaupt das Problem: dass die ÖVP diese ganzen Machenschaften deckt. Das ist das Problem!

Wenn Sie jetzt die Fragen, die meines Erachtens samt und sonders nicht beantwortet wurden, dadurch verstärken, dass Sie sie weiterhin unbeantwortet lassen, und die Ant­worten darauf, was bisher schon vorgeworfen wurde, schuldig bleiben, dann muss ich sagen: Das ergibt überhaupt kein Bild der Entlastung, ganz im Gegenteil! Deshalb wer­de ich noch einmal auf die zentralen Vorwürfe, die bis jetzt schon erhoben wurden, eingehen und Sie ausschließlich mit Fakten oder mit von Ihnen unwidersprochen gelassenen Behauptungen konfrontieren.

Was ist die Sache? – Es geht um den Verein New Economy. Das Einzige, was vorliegt, ist ein Gutachten von einem – sagen wir es einmal so – sehr guten Bekannten von Ih­nen. Das ist aber keine objektive Entlastung. Aber das, was Sie mit der ÖVP verhin­dern, ist die Einsetzung einer unabhängigen Kommission, die das prüft. Sie wollen das


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Weisungsrecht an Herrn Finz geben. Finz sagt: Nein, ich gebe es an die Finanz­lan­desdirektion! Dummerweise sitzt der betreffende Herr schon; von Ihnen versorgt, in der Notenbank. Dann bleibt der Vize in der Finanzlandesdirektion über. Dieser ist pein­licher­weise wieder gut bekannt mit Herrn Sektionschef Nolz. Kurioserweise ist der wieder Rechnungsprüfer im Verein und weiß nicht, was steuerrechtliche Sache ist. Die­ser Kreis ist unglaublich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist ja kein Netzwerk mehr, sondern das ist ein konzentrischer Kreis von Freunderl­wirtschaft, wie wir ihn noch nie entdeckt haben. Gratuliere zu Ihrer „Entpolitisierung“! Das ist Ihre Vorgangsweise! Daran ist überhaupt nichts mehr objektiv. Dann darf es auch nicht wundern, wenn Sie sich von der ÖVP diese Vorwürfe mit gefallen lassen müssen.

Nächster Punkt: Eurofighter. Herr Finanzminister, Sie haben hier vorgeworfen, es wer­de vernadert – dafür bekommt man neuerdings keinen Ordnungsruf mehr. Aber das ist mir egal, ich bin da nicht so sensibel. Ich sage Ihnen nur eines – aber Sie beant­worten auch heute wieder diese Frage nicht, und das hat mit der Richtlinienkompetenz, die Sie strapaziert haben, überhaupt nichts zu tun –: Sie und Ihr Kabinett – nicht einmal das Ministerium, Ihr Kabinett, Herr Christl – haben reihenweise, und zwar schon ab dem Sommer 2001, in dieser Sache interveniert.

Ich werde Ihnen jetzt einen kurzen Auszug vortragen, wie sich das abgespielt hat: Das BMLV informiert sich zunächst über das Kabinett, wann das Ganze losgeht, und be­kommt einen bestimmten Termin. Ein paar Tage später werden alle Infos angefordert. Wieder ein paar Tage später – nunmehr ist bereits der 13. Juli – trifft sich Grasser schon mit den EADS-Männern. Genau eine Woche später moniert Ihr Kabinett das erste Mal, die Frage von 18 Abfangjägern zu prüfen. Das ist ein Jahr vor dem Hoch­wasser, Herr Finanzminister! Gleichzeitig taucht nunmehr ein Gutachten der Finanz­pro­kuratur auf, das an Sie, Ihr Kabinett und an die Beamten im Haus zugestellt wird. Bereits im Juni – zwei Monate vor dem Hochwasser – prüft man die Frage von 18 Ab­fangjägern; Mengengerüstreduktion heißt das.

Ich sage Ihnen: Das stimmt hinten und vorne nicht zusammen, was Sie hier zum Schlechten geben! Sie sind unglaubwürdig und wollen auf diese Fragen auch nicht ein­gehen, sondern ziehen es vor, Vernaderung vorzuwerfen! Das geht nicht, denn das sind Fakten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die gleiche Frage gilt für die Finanzierungsvarianten. Schon damals haben Sie und Ihr Kabinett auf die Finanzierung über neun Jahre gedrängt und heute sagen Sie: Wir haben das erst ganz am Schluss verhandelt!

Jetzt muss man wissen – ich weiß, dass das sehr kompliziert ist –, dass diese neun Jahre das einzig verbliebene Kriterium sind, warum Eurofighter hauchdünn die Nase vorne hatte. Die Eurofighter-Firma wurde von Ihnen rechtzeitig informiert, dass der Schwerpunkt der Bewertung darauf gelegt wird, und am Schluss ist es genauso aus­gegangen. Das wurde schon während der Ausschreibung moniert.

Auch andere Dinge, die allesamt während der Ausschreibung abgeändert worden sind, sind hier vermerkt. In dieser ganzen Kette liegt alles im Verteidigungsministerium auf. Sie wollen nichts wissen, bedienen sich Gutachten, lassen das vom Steuerzahler zah­len und interpretieren sie dann noch falsch. Deshalb werden wir den Misstrauensantrag gegen Sie, Herr Minister Platter, natürlich sehr wohl unterstützen. (Beifall bei den Grü­nen sowie des Abg. Eder.)

Die Aufstellung über die Betriebskosten wurde von Herrn Christl ein paar Tage vor der Typenentscheidung angefordert. Zu welchem Zweck? – Damit die Bewertungskom­mission diese in letzter Sekunde aus ihrer Bewertung herausreklamieren konnte, weil


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der Eurofighter ansonsten in der Bewertung ganz hinten gelandet wäre – ich sage Ih­nen: völlig zu Recht – im Hinblick auf die Anforderungen, die es im österreichische Bundesheer eigentlich gibt. (Abg. Großruck: Gibt es einen Misstrauensantrag? – Abg. Mag. Molterer: Wo ist der Misstrauensantrag?)

Das sind Ihre Interventionen, Sie haben bis heute noch nie dazu Stellung genommen und reden davon, dass es Vernaderung gebe. – Gratuliere, Sie sind völlig unglaub­würdig und alleine aus diesem Grund rücktrittsreif! (Beifall bei den Grünen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Zum Schluss darf ich noch auf die Vorgänge in der und rund um die ÖIAG verweisen. Das wird meine Kollegin Sburny später noch ausführen. Ich sage Ihnen nur eines.

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Wenn Sie eng mit einem Herrn verflochten sind, der sagt, die goldene Regel lautet: Wer das Gold hat, stellt die Regeln auf!, dann sage ich: Gute Nacht für Ihre Privatisierungsbemühungen!

Ziehen Sie sich überall zurück! Ziehen Sie Herrn Wolf aus dem Aufsichtsrat zurück! (Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Sie waren ja auch daran beteiligt, dass er hineingekommen ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.21

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Platter. In der De­batte über eine Dringliche Anfrage darf kein Redner länger als 10 Minuten sprechen. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.22

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Kollegen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es ist heute bei den Redebeiträgen in dieser Debatte einige Male gesagt worden, dass gegen mich das Misstrauen ausgesprochen wird. Ich möchte hier ganz kurz Stellung nehmen, darüber hinaus möchte ich auch Stellung zu Vorwürfen nehmen, die immer wieder wiederholt werden.

Geschätzte Damen und Herren! Zu dem Beschaffungsvorgang: Ich weiß, einige Da­men und Herren in diesem Hohen Hause wollen es nicht gerne hören, aber es ist alles einwandfrei, sauber und korrekt durchgeführt worden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weiters: Als ich Verteidigungsminister wurde, habe ich mich ausreichend informieren lassen. Ich habe für Rechtssicherheit gesorgt, darüber hinaus hat es eine Beschluss­fassung hier im Nationalrat und auch im Ministerrat gegeben, und es ist auch im Bundesrat gegen diese Beschaffung kein Veto eingelegt worden.

Nun zu der Unterschriftsleistung, die immer kritisiert wird. Zum Ersten: Es wird von den Damen und Herren von der Opposition sehr vermieden, zu erwähnen, dass diese Un­terschriftsleistung mit einer aufschiebenden Bedingung gemacht wurde. (Abg. Dr. Pus­wald: Ohne Gesetz ...!) Diese aufschiebende Bedingung bedeutet, dass dieser Vertrag erst dann Gültigkeit hat, wenn dieses Gesetz in Kraft getreten ist. Daher ist das eben­falls alles sauber und einwandfrei. Sie wollen das nicht hören, aber hiebei haben wir eine sehr sensible, ausgezeichnete Vorgangsweise gewählt. (Beifall bei der ÖVP.)

Warum wurde diese Unterschrift von meinen Beamten mit dieser aufschiebenden Be­dingung geleistet? – Es ist natürlich sehr wichtig, dass wir für eine lückenlose Luft­raumüberwachung und eine lückenlose Luftraumsicherung sorgen. Für die nächsten 40 Jahre ist das schlussendlich gewährleistet.


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Zum Zweiten konnten die Konditionen gehalten werden; es war nicht so einfach zu managen, dass die Firma Eurofighter GmbH diese guten Konditionen auch hält.

Zum Dritten – und darüber freue ich mich sehr und bedanke mich beim Herrn Finanz­minister – konnten durch die Zinssicherung 10 Millionen € eingespart werden.

Zum Vierten: Durch den Herrn Wirtschaftsminister konnte damit auch sichergestellt werden, dass wir Gegengeschäfte im Wert von 4 Milliarden € erzielt haben. Ich kann nur sagen: ein sensationelles Ergebnis! Das wird unserer Wirtschaft gut tun. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir als dem Verteidigungsminister war es bisher sehr wichtig, dass einerseits das Signal gegeben wird, dass die Luftraum­über­wachung und Luftraumsicherung wichtig sind, und dass andererseits auch ein klares Signal Richtung Truppe gegeben wird.

Ich bin sehr froh darüber, dass es gelungen ist, dass wir im Verteidigungsbudget für die Jahre 2003 und 2004 jeweils 69 Millionen € mehr zur Verfügung haben, und dass wir ein Paket für die Soldaten schnüren werden: 10 000 Kampfanzüge werden ange­schafft, darüber hinaus wird der Fuhrpark verbessert, und Sanierungen der Kasernen werden durchgeführt. Ich glaube, dass das ein sehr wichtiges Signal in Richtung Ver­besserungen für die Soldaten ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie mir dafür, geschätzte Damen und Herren von der Opposition, das Miss­trauen aussprechen wollen, so ist das Ihre Angelegenheit. Sie sprechen Misstrauen aus, ich schaffe Vertrauen – Vertrauen als Verteidigungsminister. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Bravorufe bei der ÖVP.) Die Österreicherinnen und Österreicher können sich auf uns, auf diese Regierung auch im Sicherheitsbereich, dem wir in besonderem Maße Beachtung schenken, verlassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wurde in der Vergangenheit auch immer wieder kritisiert, dass der Rechnungs­hofbericht nicht abgewartet worden sei. Ich sage dazu ein klares Wort, abgestimmt auch mit Herrn Präsidenten Fiedler: Präsident Fiedler hat immer ganz klar zum Aus­druck gebracht, dass der Rechnungshof die nachträgliche Kontrolle durchführt. (Abg. Mag. Kogler: Lassen Sie den Fiedler draußen!) Aus diesem Grund bin ich meinem Vorgänger, dem ehemaligen Verteidigungsminister Scheibner, sehr dankbar dafür, dass er eine begleitende Kontrolle eingesetzt hat, und diese leistet hervorragende Ar­beit. Präsident Fiedler hat mitgeteilt – ich kann das auch in der Öffentlichkeit sagen –, dass diese begleitende Kontrolle des Verteidigungsministeriums höchste Anerkennung hat. Er wird auch gewusst haben, warum er das gesagt hat. Diese begleitende Kon­trolle ist also durchgeführt worden, sonst wäre es nicht möglich gewesen, den End­bericht abzuwarten, der erst Ende dieses Jahres zur Verfügung stehen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Beschaffung der Eurofighter: Unabhän­gig von der Bewertungskommission, die sich klar für den Eurofighter als das beste Ge­rät ausgesprochen hat, ist es wichtig, dass wir ein europäisches Fluggerät zur Ver­fügung haben. (Abg. Mag. Kogler: Das ist falsch!) 620 Stück Eurofighter wurden be­reits bestellt; das ist dieses europäische Zukunftsgerät. Österreich ist bei dieser Ent­scheidung mit dabei. Ich glaube, gerade im Hinblick auf die europäische Rüs­tungs­gemeinschaft wird es gut sein, dass wir auch die entsprechenden Synergien mit einer klaren Kooperation der Betreibernationen nützen können und dass wir unsere Budgets jeweils nicht so stark strapazieren.

Meine Damen und Herren! Es wird immer wieder kolportiert, der Eurofighter sei das teuerste Gerät. Ich kann hier nur eindeutig mitteilen, dass er das beste Gerät ist. Ich


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habe mir das ganz genau angeschaut. (Der Redner hält eine Tafel in die Höhe, auf der drei Flugzeugtypen abgebildet sind.) Wenn man sich die Steigleistungen des Draken und des Gripen anschaut, so sieht man, dass innerhalb derselben Zeit der Gripen 19 000 Fuß erreicht, der Eurofighter aber 30 000 Fuß. (Abg. Mag. Kogler: Das ist ein Kampfflugzeug, kein Überwachungsflugzeug! Das wissen Sie!) – Da sieht man also, dass das sehr wichtig ist. Herr Abgeordneter Kogler, die Steigleistung hat mit dem Kampfflugzeug nichts zu tun. (Abg. Mag. Kogler: Der kann sogar noch viel mehr!)

Ich sage Ihnen eines, Herr Abgeordneter Kogler: Diese absurden Äußerungen, die ja im­mer wieder kommen, der Eurofighter sei ein Kampfflugzeug und der Gripen nicht, sind völlig unzutreffend. Die Behauptung, dass der SAAB-Gripen die gleichen Mög­lich­keiten wie der Eurofighter hätte – immer wieder wird uns das entgegengehalten –, ist völlig absurd und zurückzuweisen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Weil man von Finanzierung spricht, frage ich Sie: Wissen Sie eigentlich, wie viel das Defizit der Österreichischen Bundesbahnen pro Jahr be­trägt? – Das sind 4,4 Milliarden €! In Ordnung, nehmen wir zur Kenntnis, jährlich 4,4 Milliarden €. (Abg. Mag. Wurm: Wollen Sie die auch anzapfen?)

Wissen Sie, wie viel 18 Eurofighter kosten, die die Sicherheit des Luftraumes für 40 Jahre gewährleisten? – Nicht ganz 2 Milliarden €! Das muss man einmal gegen­überstellen, damit man die richtige Schublade aufmacht und die Relationen herstellt. (Abg. Mag. Regler: So ist es!) Daher ist diese Beschaffungsmaßnahme für die Sicher­heit der österreichischen Bevölkerung und darüber hinaus natürlich für die Sicherheit des österreichischen Luftraumes sehr, sehr wichtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Schluss kommend: Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ und den Grünen, Hand aufs Herz: Sie sind nicht nur gegen die Beschaffung der Euro­fighter, denn wenn wir jetzt eine Debatte über die Beschaffung von SAAB-Gripen führen würden, würden Sie die andere Schublade aufmachen und auch dagegen Ihr Wort erheben. Sie sind also nicht nur gegen die Beschaffung der Eurofighter, Sie sind gegen die Luftraumüberwachung, Sie sind gegen die Luftraumsicherung. Daher laufen Sie Gefahr, dass Sie gegen eine aktive Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich würde Sie bitten: Verlassen Sie diesen sicherheitspolitischen Irrweg! Machen Sie nicht die Sicherheitspolitik zum Spielball Ihrer Parteipolitik! Ich wünsche und hoffe, dass Sie sich mit dieser Ihrer Sicherheitspolitik künftig nicht zu viele Eigentore schießen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als nächster Redner Herr Abgeordneter Dobnigg. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Wittauer: Jetzt wird er wieder aus der Zeitung zitieren, die Falschmeldungen, die Sie vielleicht verbreitet haben!)

 


17.30

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regie­rungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren auf der Be­suchergalerie! Ich nehme an, dass Kollege Walch des Lesens mächtig ist, denn wäre er dies, dann hätte er unseren Antrag und dessen Inhalt auch entsprechend erkannt, nämlich dass wir, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, sehr wohl für die Sperrminorität, für 25 Prozent plus eine Aktie an Beteiligungen in der ÖIAG zur Siche­rung der Arbeitsplätze sind.


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Wenn ich die Aussagen des Kollegen Missethon hernehme, dann muss ich sagen: Er hat sich hier selbst als Volksvertreter disqualifiziert. Sein Vater war in den siebziger Jahren einer meiner Vorgänger in Donawitz als Betriebsrat-Vorsitzender. Hannes, du hast genau diese siebziger Jahre erwähnt, die schlechte Jahre waren, aber man muss dazu auch sagen, dass es damals eine Stahlkrise in Europa gab. Es hat Länder ge­geben, in denen im Unterschied zu Österreich das Vierfache an Subventionen an pri­vate Stahlwerke gezahlt wurde. Dass wir heute positiv dastehen, ist ein Verdienst dieser Kolleginnen und Kollegen, der dort Beschäftigten. (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie vorhaben, das ist eine Zerschlagung einer guten Industriepolitik. Wir haben in der voest Leistungen erbracht. Ich kann mich noch genau zurückerinnern: Vor zwei Jahren, als wir in Donawitz das modernste Stahlwerk eröffnet haben, hat es Ge­sichts­bäder von Bundeskanzler Schüssel und seinem Minister Bartenstein gegeben, da waren sie vor Ort. Vor den Wahlen sind Sie vor Ort und werben um Stimmen, aber dann vergessen Sie, wen sie zu vertreten haben. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Bedenken Sie, meine geschätzten Damen und Herren: Wir in Donawitz erzeugen die besten und die längsten Schienen der Welt, haben Europa- und Weltprodukte im Wei­chenbau. (Abg. Wittauer: Das bestreitet keiner!) Das Gleiche gilt für unsere Kolle­ginnen und Kollegen in Linz und in der Division Motion. Aber gerade diese Division Mo­tion ist es ja, die herausgepickt werden soll! – Jawohl, Kollege, komm einmal zu uns in den Betrieb, damit du vor Ort siehst, welche Leistungen die Kolleginnen und Kollegen dort leisten! (Beifall bei der SPÖ.)

Am Standort Donawitz haben wir alleine rund 1 500 Zulieferbetriebe, davon sind 930 österreichische, und zwar steirische und obersteirische aus unserer Region. Damit sind ebenfalls Arbeitsplätze gesichert.

Die VA-Tech mit 10 000 Beschäftigten hat 7 000 Zulieferbetriebe, und diese Betriebe leisten auch für unseren Nachwuchs etwas: Sie leisten Lehrlingsausbildung. Aber Sie beklagen immer, wir hätten keine Facharbeiter. Dort werden Facharbeiter, junge Facharbeiter für unsere Zukunft ausgebildet. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Bergbauholding – geschätzte Kolleginnen und Kollegen, vielleicht wissen Sie das gar nicht –: Die Bergbauholding umfasst die Region Eisenerz und Köflach. Der Erzberg macht seit Jahren Gewinne, aber nun will man auch den Erzberg verscherbeln, denn es geht dabei um 4 000 Hektar Wasser, Wald, Wiese und natürlich Eigenjagd. Diesen Interessenten – es gibt derzeit acht – geht es nicht um die 240 Arbeitsplätze am Erzberg, sondern darum, günstig und billig zu Wald, Wasser, Wiese und Eigenjagd zu kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Finanzminister Grasser hat gesagt: Wir haben jetzt Gewinne! – Ja, diese Gewinne sind da, weil die Menschen, die Kolleginnen und Kollegen an den Standorten Leis­tungen erbracht und ihr Wissen, ihr Können eingesetzt haben. Jetzt, weil es uns gut geht, will man das verscherbeln. Das ist unverständlich für uns alle, unverständlich für die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben.

Traurig dabei ist auch, dass die ÖVP- und FPÖ-Landtagsabgeordneten in der Stei­ermark einen SPÖ-Antrag abgelehnt haben, in welchem es um diese Frage ging. Wir von der SPÖ tragen nämlich Verantwortung, volkswirtschaftliche und regional­politische Verantwortung.

Ein Satz noch zu unserem Finanzminister Karl-Heinz Grasser. (Abg. Scheibner: Das ist gut, dass er auch Ihr Finanzminister ist!) Er hat heute seine Termine aufgeführt, seine Besprechungen, aber er hat eines vergessen: Er war kurz nach Ostern am Arlberg in Zürs, aber er war nicht Ski fahren, er hat auch nicht die Schneehöhe oder die Temperatur gemessen, sondern er hat sich dort mit Stronach getroffen! Ein Kollege


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von mir hat ihn dort gesehen, und seit diesem Zeitpunkt gibt es auch in den Medien die Gerüchte über den Abverkauf der voest. (Unruhe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Das ist unvorstellbar!) Er kann sich treffen, mit wem er will, aber dann soll er hier auch diesen Termin bekannt geben. Warum hat er diesen Termin nicht bekannt gegeben, bitte sehr? (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir tragen Verantwortung. Ich sage Ihnen eines (der Redner hält ein Exemplar der „Kronen-Zeitung“ in die Höhe): Hier ist richtig zitiert: voest ist Heimat! Schätzen wir daher die Menschen in unserer Heimat! Schützen und unterstützen wir diese Menschen in unserer Heimat! – Schöne Worte, Inserate und Plakate von der ÖVP sind zu wenig, denn voest und Heimat sind mehr: voest und Heimat sind unser rot-weiß-rotes Österreich und die hier lebenden und arbeitenden Menschen. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

17.36

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Mag. Grasser. Gleiche Redezeit wie alle Abgeordneten und anderen Redner in der Debatte zur Dringlichen Anfrage. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.36

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich feststellen: Es ist nicht verboten, sich mit Unternehmerpersönlichkeiten zu treffen, sondern es ist gut und wichtig, wenn wir dies tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt, Herr Abgeordneter Dobnigg: Ich glaube, wir alle sind genauso stolz auf die voest wie Sie, auf ihre Leistungen, auf die Beschäftigten dort, auf das, was dort hervorgebracht wird. Das ist ein tolles österreichisches Unternehmen! (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Scheibner sowie von Bundeskanzler Dr. Schüssel.)

Dritter Punkt, Herr Abgeordneter: In einem Punkt muss ich Sie korrigieren. Richtig ist, ich war knapp nach Ostern am Arlberg. Ich darf Ihnen sagen: Der Schnee war groß­artig, das Wetter war hervorragend, ich bin dort zwei Tage lang Ski gefahren, aber Herr Stronach war nicht dort. Nur damit Sie das wissen: Ich habe ihn dort nicht getroffen. Fragen Sie Ihren Kollegen noch einmal! Ich habe dort Siemens-Leute getroffen, es waren auch andere tolle Unternehmer dabei, aber es war kein Mann von Magna oder von sonst wo aus diesem Bereich zugegen. (Unruhe bei der SPÖ.) Ich nenne Ihnen diesen Termin gerne. (Abg. Dr. Trinkl – in Richtung des Abg. Dobnigg –: Wo sind wir denn? Entschuldigen Sie sich!)

Es wurde mir von jemandem von Ihren Damen und Herren Abgeordneten vorgeworfen, dass Christine Billinger, ein Mitglied meines Kabinetts, bei Ernst & Young gearbeitet hätte. Daher haben Sie gleich „recherchiert“: Ernst & Young hat ein Gutachten für mich erstellt.

Ich sage Ihnen: Christine Billinger ist ein Mitglied meines Kabinetts (Abg. Mag. Wurm: Immer noch?), das ist richtig, sie hat aber nie für Ernst & Young gearbeitet, nicht ein­mal Ferialpraxis hat sie für Ernst & Young gemacht. Vielleicht würde sie das gerne einmal tun, aber bis jetzt war das noch nicht der Fall. (Abg. Dr. Trinkl: Das ist der Stil der ...! – Ruf bei der ÖVP: Das ist unerhört! – Abg. Miedl: Das ist unseriös!)

Herr Abgeordneter Pilz hat mir einige Dinge vorgeworfen. Ich kann mich erst jetzt dazu melden, Herr Abgeordneter, weil ich versucht habe, zu recherchieren, was wirklich die Tatsachen sind. Ich darf Ihnen sagen: Wir haben nichts finden können, dass wir irgend­wo, wie Sie das gesagt haben, bei „Speakers’ Lounge“, glaube ich, so haben Sie for­muliert, auf einer Internet-Seite vorhanden wären.


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Ich darf Ihnen auf alle Fälle Folgendes zur Kenntnis bringen: Wir haben keine Verein­barung, keine Absprachen, kein gar nichts mit „Speakers’ Lounge“, falls das dieses Unternehmen ist, das Sie hier genannt haben.

Sie haben einen Termin genannt, den 23. Mai, der angefragt worden ist. – Ich kann Ihnen sagen, dass dieser Termin aus terminlichen Gründen abgesagt worden ist. Wir haben mit dem Geschäftsführer der Trimedia telefoniert, weil wir recherchiert haben, dass die „Speakers’ Lounge“ wahrscheinlich dort hingehören dürfte. Dieser Geschäfts­führer bestätigt, dass von uns kein Honorar für einen möglichen Termin, der nie zu­stande gekommen ist, gefordert worden ist.

Daher möchte ich schon mit Verlaub sagen, Herr Abgeordneter: Sie stellen sich hier her und sagen: Damit ist bewiesen, dass Sie Honorare genommen haben! – Sie glau­ben, Sie können einen Beweis für etwas führen, das es nie gegeben hat, mit einem Vortrag, der nie stattgefunden hat, mit einem Geldfluss, den es nie gegeben hat. (Abg. Dr. Brinek: Mieser Stil – Abg. Dr. Trinkl: Schlechter Stil!) Bei Ihrem Anspruch an die Wirklichkeit brauchen Sie sehr viel Kreativität, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf auch noch zum Fonds Stellung nehmen. Ich habe früher schon einmal die Gelegenheit gehabt, auszuführen, dass wir eine Fülle von Spenden zu vermitteln versucht haben, weil es uns ein Anliegen ist, soziales und karitatives Engagement an den Tag zu legen.

Ich darf Ihnen versichern: Aus der Erfahrung, dass wir mehreren Familien helfen konn­ten, haben wir am Beispiel anderer – zum Beispiel hat Franz Klammer eine Sozial­stiftung – die Idee geboren, als Politiker etwas Gutes zu tun und das zu institutiona­lisieren. Warum soll man das nicht machen? Nichts anderes war der Hintergrund als diese Absicht. Wir haben uns gesagt: Gründen wir einen Sozialfonds! Dieser Sozial­fonds soll ein Mindestkapital von 40 000 € haben. (Abg. Dr. Matznetter: Aber der exis­tiert nicht!)

Ich bin total fasziniert, dass die Sozialdemokratie es ablehnt, dass ein Politiker einen Sozialfonds gründet, um Gutes zu tun. Ich nehme das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Matznetter: Wer hat die Fondserklärung abge­geben?)

Aber ich muss mich ohnehin bei Ihnen bedanken. Zuerst darf ich Ihnen die Information geben, weil Sie danach gefragt haben: Da gibt es überhaupt nichts zu verbergen! Auf diesem Sozialfonds liegen zurzeit 25 000 €, die an diesen Fonds gespendet worden sind, und zwar freiwillig. Wir haben auf die Möglichkeit hingewiesen, dorthin zu spen­den, und ich hoffe und bin guten Mutes, dass mit der Werbung, die Sie für diesen Sozialfonds machen, in kürzester Zeit dort die 40 000 € sein werden, die erforderlich sind, damit dieser Sozialfonds dann tatsächlich mit dem Mindestkapital von 40 000 € auch gegründet ist.

Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass ich nicht über das Geld verfügen kann, dass dieses Geld nach der Fondserklärung verwaltet wird, dass da das Bundesstif­tungs­fondsgesetz und die Notariatsordnung maßgebend sind und dass die Verfü­gungs­gewalt ausschließlich der Treuhänder, nämlich der Präsident der Österreichi­schen Notariatskammer Dr. Weißmann,  hat.

Daher: Das bereits aufgebrachte Geld wird von Dr. Georg Weißmann, dem Präsiden­ten der Österreichischen Notariatskammer, verwaltet. Es ist ausschließlich und un­widerruflich für die Hilfestellung an Personen, welche unverschuldet in Not geraten sind, zu verwenden.


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Sobald die von der Stiftungsbehörde vorgeschriebenen 40 000 € dort vorhanden sind – vielleicht spenden auch Sie dorthin (Beifall bei der ÖVP) –, wird ein Kuratorium, beste­hend unter anderem aus Franz Klammer, weil er einschlägige Erfahrung mit seiner eigenen Sozialstiftung hat, Karin Landauer, Präsident Weißmann, über die Vergabe an in Not geratene Menschen, die um ihr Überleben kämpfen, entsprechend entscheiden.

Die Mittel dieses Sozialfonds können ausschließlich für wohltätige Zwecke verwendet werden, und daher ersuche ich Sie noch einmal dringend: Kriminalisieren Sie nicht etwas, das gut ist für die Menschen, wo es nur eine Intention gibt, nämlich in Not gera­tenen Menschen zu helfen! Es sollte doch ein Minimum an Konsens im gesamten Nationalrat da sein, dass wir als jene, denen es in unserer Gesellschaft eher besser geht, gemeinsam für die Ärmeren in unserem Land, für diejenigen, denen es schlechter geht, entsprechend eintreten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Brosz: Sie haben nichts gegeben! Ist das Ihr Geld?)

Meine Damen und Herren! Zwei Klarstellungen noch: Es hat Herr Abgeordneter Kogler gesagt, dass ich ein Gutachten von einem guten Bekannten hätte machen lassen, und er hat in diesem Zusammenhang von einem Herrn Brogyányi gesprochen.

Meine Damen und Herren! Ich habe den Herrn Brogyányi dreimal, schätze ich, in meinem ganzen Leben für einen Termin getroffen, wo er zuerst als Vizepräsident und dann als Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei mir vorbeigekommen ist.

Meine Idee war nichts anderes die Frage: Wer ist das Pendant eines Finanzministers in der Privatwirtschaft? Daher habe ich Herrn Brogyányi angerufen, habe ihn gefragt, ob er mir einen Tipp geben kann, wie wir objektivieren können, wie diese steuerliche Frage zu beurteilen ist. Er hat mir als oberster Vertreter der Steuerberater gesagt: Machen wir ein Gutachten bei Ernst & Young!  Schauen wir uns diesen Sachverhalt an! Dieses Gutachten habe ich dann zur Verfügung gestellt.

Meine Damen und Herren! Was die Beeinflussung von unabhängigen Behörden anbelangt: Ich habe Wert darauf gelegt und penibel darauf geachtet, dass diese Frage an Alfred Finz delegiert wird.

Ich konnte gestern mitverfolgen, wie ein Abgeordneter Pilz hier angedroht hat, unab­hängige Behörden, Beamten mit einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft in Ziehung zu nehmen, sie unter Druck zu setzen, weil Sie glauben, dass das, was herauskommt, nicht in Ihrem Sinn ist. Dazu muss ich Ihnen sagen: Das ist ungeheuerlich! Das lehne ich ab! Das verdient dieses Parlament, diese Demokratie nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Letzter Punkt: Herr Abgeordneter Kogler hat gemeint, ich nehme zu den Abfangjägern nicht Stellung. Ich weiß nicht, wie oft ich dazu schon Stellung genommen habe. Aber nochmals: Wenn Sie sagen, wir hätten uns eingebracht und die Reduktion auf 18 Stück verlangt, dann danke ich Ihnen für diesen Vorwurf und sage Ihnen: Das ist ein Kom­pliment für mich, weil wir immer versucht haben, auf eine kleinere Stückzahl hinzu-wirken, damit es billiger wird, Herr Abgeordneter. Das ist die Intention eines Finanz­ministers! (Abg. Mag. Kogler: Das haben Sie bis jetzt geleugnet!)

Ich weise auf das Schärfste Ihren Vorwurf zurück, den Sie erhoben haben, dass die Eurofighter-Herstellungsfirma von mir informiert wurde. Das ist die glatte Unwahrheit, Herr Abgeordneter! Ich schließe mich der Feststellung meines Kollegen Günther Platter an, die da lautet: Dieser Beschaffungsvorgang ist, auch wenn Sie es nicht hören wollen, völlig korrekt und vorbildlich abgewickelt worden!

Wir haben gut verhandelt! Wir haben – vor allem Minister Martin Bartenstein – hervor­ragende Gegengeschäfte erreicht. Das ist in einer schwachen wirtschaftlichen Si-


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tuation – es geht da um 4 Milliarden € – für die Beschäftigten, für die Wertschöpfung, für die Industrie in unserem Land wichtig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.46

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. Ich darf bitten, die zu berichtigende Tat­sachen­behauptung wiederzugeben und dieser den tatsächlichen Sachverhalt gegen­überzustellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.46

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Mag. Grasser hat behauptet, die Geschäftsführung der Firma Trimedia  habe ihn informiert, dass es keinerlei Vereinbarungen, Abmachungen oder Ähnliches zwischen „Speakers’ Lounge“  und dem Finanzministerium beziehungsweise dem Finanzminister gegeben habe. – Das ist unrichtig und unwahr!

Wahr ist vielmehr: Die Geschäftsführung der Firma Trimedia und die Mitarbeiter, die damit zu tun haben, haben mir offiziell mitgeteilt, dass eine einzige Mitarbeiterin dieser Firma über die Vorgänge rund um Karl-Heinz Grasser informiert ist und erst ab Montag als Auskunftsperson zur Verfügung steht. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Die Geschäftsführung weiß nichts. Die Firma Immorent  und die Agentur Eventive  ha­ben bestätigt, dass es diese Honorarforderung in der Höhe von 10 000 € gibt und ge­geben hat. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Grünen. – Bundeskanzler Dr. Schüs­sel: Vernadern! Verdächtigen! Vernadern! Verdächtigen!)

17.47

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine persönliche Erwiderung auf eine tatsächliche Be­richtigung ist nicht möglich.

Zu Wort kommt als Nächster Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

 


17.48

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Meine Damen und Herren auf der Minister­bank! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Minister, die unberechtigterweise heute wieder einmal beschuldigt werden. Meine Damen und Herren! Wir werden, sehr geehr­te Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, Ihr Spiel nicht mit­machen, und Sie werden in keiner Weise durchkommen, wen immer Sie im Faden­kreuz haben sollten. Wenn Sie glauben, derjenige oder diejenige in der Bundes­regie­rung ist abzuschießen, weil es Ihnen dann besser geht, dann muss ich Ihnen sagen: Das wird Ihnen nicht gelingen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ihre Devise lautet: Jedes Mittel ist recht! Was am besten der Partei dient, das wird ge­macht! Sie machen pauschale Verleumdung, pauschale Beschuldigungen und Vorver­ur­teilungen. Meine Damen und Herren, haben Sie das wirklich notwendig?

Frau Kollegin Stadlbauer! Auf der SPÖ-Homepage ist, wie ich höre, bereits seit Tagen ersichtlich, dass ein Misstrauensantrag gegen den Verteidigungsminister Platter ge­plant ist. Wollen Sie den wirklich einbringen? Steht der Verteidigungsminister auch im Fadenkreuz? Welche Untersuchung deutet darauf hin beziehungsweise welchen Hin­weis haben Sie, dass auch er angegriffen gehört und nach Ihrer Diktion abgeschossen gehört? Und den Vogel schießt der Herr Dognigg ab.

Herr Abgeordneter Dobnigg warf dem Finanzminister Grasser vor – und das ist über­haupt das Ärgste –, einen Schiurlaub in Vorarlberg gemacht zu haben und sich an­lässlich dieses Aufenthalts angeblich mit dem „schlimmen“ Stronach getroffen zu ha­ben. Dort könnte besprochen worden sein, in welcher Form Stronach sich in Österreich


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wirtschaftspolitisch beteiligen kann und in Österrich weiterhin erfolgreich wirken kann. Wie gesagt: Das ist überhaupt das Ärgste!

Ich habe gehört, dass in der Toskana auch von prominenten SPÖ-Vertretern Ge­spräche mit dem Herrn Stronach stattgefunden haben sollten. Ich möchte natürlich keine Namen nennen. Aber auch das wird erzählt. Ich wollte Ihnen das bei dieser Gelegenheit mitteilen, damit Sie wissen, wer aller mit Herrn Stronach spricht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Beschaffungsvorgang bei den Eurofightern – um auf dieses Thema zu sprechen zu kommen – ist eine lupenreine Angelegenheit. Ich be­danke mich beim Bundeskanzler und bei den zuständigen Ministern, dass sie bereit sind, trotz der unglaublichen Untergriffe der Grünen und der Sozialdemokraten, zur Sicherheitspolitik und auch zur Luftraumüberwachung in unserem Land zu stehen. Ich bedanke mich auch für die Preisgestaltung.

Weil hier immer wieder gesagt wird, eine knappe Mehrheit habe entschieden und niemand wisse, wer jetzt wirklich diesen Eurofighter befürwortet hat. Herr Kogler weiß es immer noch nicht, obwohl wir es ihm jetzt schon 127 Mal, glaube ich, erklärt haben. Daher, Herr Kogler, noch einmal:

Die Kommission bestand aus 33 Personen. – Okay? – D’accord!

Diese Kommission hatte 5 Untergruppen. – Auch okay? – D’accord! Soweit sind Sie informiert.

Dort wurde dann 4 : 1 entschieden! – Wie „knapp“ ist 4 : 1? (Ruf bei der ÖVP: Nicht sehr knapp!) Ich meine, das ist ein deutliches Votum für ein Produkt, das das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist! (Abg. Mag. Kogler: Das ist falsch!) Das wurde auch zur Kenntnis genommen. Die Beschlüsse wurden gefasst, und die Unterschrift wurde gegeben. Am 6. oder 7. August soll auch im Bundesrat die Zustimmung dafür erwirkt werden. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Was haben die unterschrieben?)

Es wurde bei dieser Gelegenheit auch eine Preisreduktion ausverhandelt, und zwar, dass wir weitere 10 Millionen € einsparen, sodaß der Preis jetzt nicht 1,969 Milliarden, sondern 1,959 Milliarden € ausmacht.

Wenn der eine oder andere meint, dass Deutschland oder Großbritannien in Zukunft wesentlich billigere Flugzeuge bekäme, dann darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieser Vorschuss ein Forschungsvorschuss war und für die Entwicklung weiterer Geräte gedient hat und dass man so etwas in nächster Zukunft nicht zur Verfügung stellen möchte.

Ich habe ganz genau zugehört, geschätzte Damen und Herren, wie die heutige Dis­kussion verlaufen ist, und dabei ist mir ein Sprichwort aus Oberösterreich eingefallen, nämlich Folgendes: Den Neid muss man sich erarbeiten, Mitleid bekommt man gratis!

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Heute gehört Ihnen das Mitleid von uns! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Misstrauensantrag, sollte er von Ihnen, Frau Stadlbauer, eingebracht werden, ist absurd und natürlich abzulehnen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

17.53

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. Ich darf noch einmal auf die diesbe­züg­lichen Bestimmungen der Geschäftsordnung hinweisen, die ich genau einhalten werde. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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17.54

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Mein Vorredner, Kollege Murauer, hat unter anderem behauptet, die Kosten-Nutzen Analyse, wie er sich ausge­drückt hat, hätte den Eurofighter-Hersteller als Bestbieter ausgewiesen.

Wahr ist vielmehr, dass die Kosten- – und jetzt, Herr Kollege, aufpassen! – Nutzwert-Analyse – das ist nicht immer das Gleiche – in der großen Mehrheit der Fälle den Gripen-Hersteller als Bestbieter ausgewiesen hat und nur in einem einzigen Fall den Eurofighter-Hersteller, und dies bei neunjähriger Finanzierung, für die der Herr Finanz­minister interveniert hat. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.54

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeord­nete Sburny. Die grüne Fraktion hat noch eine Redezeit von 5 Minuten. Das ist aber nicht freiwillig, sondern das ist das, was noch zur Verfügung steht. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


17.54

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich war wirklich ergriffen über den Aus­zug aus dem Kalender des Herrn Minister hier heute. Es war wirklich beeindruckend, mit welchen Persönlichkeiten aus der Industrie der Finanzminister zu tun hat. Ich meine, man sollte annehmen, es sei eine Selbstverständlichkeit, aber er hat es heute für notwendig erachtet, uns darzulegen, mit wem er da aller gesprochen hat, indem er Person für Person hier angeführt hat.

Die Frage ist nur, Herr Finanzminister, ob all diese von Ihnen heute genannten Per­sonen aus der Industrie morgen noch sehr froh sein werden, von Ihnen heute mit Ihnen in Zusammenhang gebracht worden zu sein! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Was heißt denn das? Dass es eine Schande ist, mit dem Finanzminister zusammenzutreffen! Es reicht schön langsam!)

Nein, es reicht nicht! Wir sind die Opposition und dürfen uns auch äußern, auch wenn es Ihnen nicht passt! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Das ist ein Amt, das Sie diskreditieren! Das Amt des Finanzministers! Die Funktion!) Ja, genau das Amt! Um das geht es! (Abg. Scheibner: Es ist also Ihrer Meinung nach eine Schande, wenn sich ein Unternehmer mit einem Finanzminister trifft!)

Heute hat der Minister Grasser in seiner Pressekonferenz gesagt, er schließe aus, dass die voest einen strategischen Partner bekommt. In der morgigen Ausgabe des „Format“ sagt der Herr Stronach zu diesem Thema, ja wenn das so ist, dann wird er die Republik klagen. – So schnell kann es nämlich gehen, dass aus Freunden Gegner werden, wenn es konfligierende Interessen gibt. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist eine Verschwörungstheorie!)

Um einen gröberen Schaden von der voest abzuwenden, die eigentlich auf einem guten Weg ist – das ist ganz real, denn die voest ist eigentlich auf einem guten Weg und sie hat einen Plan bis 2006, und der einzige Grund, warum es da jetzt Probleme gibt, ist der, dass der Herr Finanzminister Unruhe stiftet –, bringen wir folgenden An­trag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Kogler, Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicher­heitsbeschluss gegen den Ausverkauf der Voestalpine AG

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Privatisierungsauftrag an die Österreichi­sche Industrieholding AG (ÖIAG) betreffend die Voestalpine AG dahin gehend abzu­ändern, dass zumindest 25 Prozent plus eine Aktie als Sperrminorität vorerst von der ÖIAG nicht verkauft werden.

*****

So viel zum Thema voest. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt eine ganze Reihe anderer Punkte, in denen Verwicklungen und Unverein­bar­keiten festgestellt wurden, aber ich werde mir ersparen, all das jetzt wieder aufzu­zählen, denn es ist in der Dringlichen Anfrage der SPÖ gut aufgelistet. (Abg. Scheib­ner: Gehen Sie darauf ein, was der Herr Minister klargestellt hat!)

Ich meine, all das, was das zeigt, all diese Unvereinbarkeiten und Verwicklungen, das ist das Sittenbild des Herrn Finanzministers. Dass das zu einem Sittenbild der Republik wird, daran haben Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, einen großen Anteil. Sie weigern sich nämlich standhaft, sowohl einem Untersuchungs­ausschuss zuzustimmen als auch einen Unvereinbarkeitsausschuss einzuberufen. Das heißt, das, was Sie immer vorwerfen, nämlich: Das sind nur Anschuldigungen, das entbehrt jeder Grundlage, das sind alles nur Verdächtigungen! weigern Sie sich, zu untersuchen, untersuchen zu lassen, und verhindern mit Ihrer Mehrheit im Parlament, dass das endlich einmal klargelegt wird. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Vielleicht muss man einen Schritt zurückgehen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, warum das alles passiert. Man kann einen Schritt zurückgehen bis zur National­rats­wahl oder zum Wahlkampf und kann sich anschauen, wie eigentlich die Rolle des Karl-Heinz Grasser im Nationalratswahlkampf war. Er war nämlich sozusagen der Sunny­boy des Bundeskanzlers Schüssel, den dieser auch für seine Wahlkampfmaschinerie eingesetzt hat, um Wählerinnen und Wähler auch von den Freiheitlichen abzuziehen.

Ich finde es ganz amüsant, als Hinterbänklerin ein bisschen in die Reihen der Freiheit­lichen zu schauen und zu sehen, dass im Laufe der Woche eigentlich immer weniger Freiheitliche mitklatschen, wenn die ÖVP völlig euphorisiert dem Finanzminister ap­plaudiert. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Habt Ihr euer Spitzelsystem auf das Parlament aus­gebaut?) Er hat letztlich auch von Ihnen Stimmen abgezogen.

Das heißt, es ist für mich völlig nachvollziehbar, dass der Herr Finanzminister nicht so leicht zurücktreten kann. So leicht geht das eben nicht, wenn der Bundeskanzler nicht will, dass er zurücktritt. Der hat nämlich wirklich etwas zu verlieren. Der hat zu befürch­ten, dass seine große strategische Tat, dass er den Minister Grasser hereingeholt hat, jetzt wie eine Seifenblase zerplatzt, weil sich herausstellt, dass er kein Politiker ist, son­dern eben eine Hülle, die dann zerplatzt, wenn man ein bisschen fester draufdrückt. Deswegen kann der Finanzminister nicht so einfach zurücktreten, weil es der Bundes­kanzler verhindern will.

Das heißt, ich appelliere jetzt nicht an den Finanzminister ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordnete Michaela Sburny (fortsetzend): Ja. – Ich appelliere nicht an den Finanz­minister, zurückzutreten; ich appelliere an Sie, an die Abgeordneten der Regierungs­fraktionen, einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen und endlich den Unverein­barkeitsausschuss einzuberufen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.00

 



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Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, der soeben eingebracht wurde, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten; Gesamtredezeit der Fraktion: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.00

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister Grasser! Zur Klarstellung: Die SPÖ lehnt nicht generell diverse Sozialfonds ab, die irgendwo eingerichtet werden, sondern die SPÖ lehnt es ab, dass Sie mit Ihrer Politik dazu beitragen, dass viele Menschen an die Grenze der Armut kommen – durch die Besteuerung der Unfallrenten, durch Steuererhöhungen, durch Pensionskürzungen und, und, und –, und sich auf der anderen Seite gönnerhaft als edler Spender hinstellen und Almosen verteilen. Das ist es, was wir ablehnen, und nicht der Sozial­fonds! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zum Thema Abfangjäger: Es gibt eine schöne Chronologie eines – positiv ausge­drückt – Meinungsumschwunges. Ein bisschen weniger positiv ausgedrückt würde ich sagen: Wir können von einer wendehalsartigen Bewegung des Finanzministers spre­chen. Er hat noch bis zum März 2002 ein klares „Nein“ gesagt, hat dann zu einem „Ja, aber“ gewechselt, und seit Juli 2002 ist er nun einer der glühendsten Verfechter dieser Eurofighter.

Gleichzeitig wird er ziemlich nervös und rotiert auf der Regierungsbank, wie wir sehen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.) Er ist unter Druck, ein bisschen unter einem Rotationsdruck, und alle, die ihn kritisieren, und die Opposition werden einfach niedergeredet. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Im Übrigen, Herr Finanzminister, praktizieren Sie bei den Abfangjägern genau das, was Ihnen offenbar so zuwider ist: Sie finanzieren auf Pump, Sie machen Schul­denpolitik, Sie bestellen jetzt und bezahlen irgendwann später! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber Sie haben ja einen „kongenialen“ Partner – „kongenial“ natürlich unter Anfüh­rungs­zeichen –, der zwar, wie es oft den Anschein hat, über so gut wie nichts recht­zeitig informiert wird, wenn es um den Ankauf der Abfangjäger geht. Aber, Herr Minister Platter, Unwissenheit schützt leider nicht vor Verantwortung. (Abg. Murauer: Es ist so weit, Herr Minister!) Sie tragen die Verantwortung für den Ankauf der Euro­fighter!

Im Übrigen halte ich es doch für eine neue Qualität, wenn sich ein Minister hierher stellt, noch bevor ein Misstrauen gegen ihn ausgesprochen wurde, und sich vorher schon rechtfertigt. Das hat mich doch etwas amüsiert. Aber es hat leider nichts genützt, Herr Minister.

Ich werde nun einen Antrag einbringen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jetzt kommt der Antrag, auf den Sie alle so gewartet haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Cap, Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Dem Bundesminister für Landesverteidigung wird durch ausdrückliche Entschließung gemäß Artikel 74 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz das Vertrauen versagt.“

*****

Jetzt werde ich das Ganze noch erklären: Warum? – Es gibt einige Punkte, die in unserem Antrag drinstehen. Der wichtigste Punkt ist mir die Tatsache, dass der Kauf­vertrag mit dem überhöhten Preis ausgerechnet an dem Tag unterschrieben wurde, an dem bekannt wurde, dass die Erhaltungskosten für die Eurofighter ab 2007 um bis zu 20 Prozent niedriger sein werden.

Herr Minister Platter! Wir haben es hier noch einmal schwarz auf weiß. Sie sagen ja immer wieder, dass das eines Ihrer wichtigsten Informationsmagazine ist, und zwar „Jane’s Defence Weekly“. (Abg. Scheibner: Glauben Sie das, was gesagt worden ist? Oder nehmen Sie das nicht zur Kenntnis?) Hier haben wir schwarz auf weiß stehen, dass bei einem Treffen am 30. Juni, also einen Tag vor dem Ministerratsbeschluss, in Manching in Deutschland, an dem unter anderem Verteidigungsminister Struck aus Deutschland, der spanische Luftwaffengeneral, der italienische Staatssekretär für Ver­teidigung und der britische Minister für Rüstungsbeschaffung teilgenommen haben – sie sind alle schön auf einem Foto zu sehen –, angekündigt wird, dass die Eurofighter billiger werden müssen und auch billiger werden, und zwar um 10 bis 20 Prozent. Daneben steht, dass Österreich jetzt gekauft hat.

Es ist das eigentlich ein recht lustiger Beitrag. (Abg. Scheibner: Frau Kollegin, zitieren Sie einmal den Text, in dem drinsteht, dass die Eurofighter billiger werden!) Ich kann es Ihnen auch gerne geben, falls Sie es noch nicht gesehen haben. (Abg. Scheibner: Frau Kollegin, zitieren Sie den Text!) Ich habe es auch schön angestrichen. (Abg. Scheibner: Zitieren Sie den Text!) Ich kann Ihnen das schon vorlesen, ja:

There is a huge scope to make the EUROFIGHTER programme leaner and more efficient, he said. Reducing the unit’s cost of the aircraft is another key objective of this process, said Spencer, noting that a saving of between 10 per cent and 20 per cent should/must be achieved. – Zitatende. (Abg. Scheibner: Aha, „programme“! Verstehen Sie, was „programme“ heißt? – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

So, jetzt haben Sie es auch noch gehört, falls Sie Englisch verstehen, und das ist schön so! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Verstehen Sie, was „programme“ heißt? Ist Österreich in dem „programme“ drinnen? Nein! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der „Abfangjäger-Kauf ist Betrug am Volk“, lieber Herr Scheibner! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das sage nicht ich, sondern das sagt die „Kronen Zeitung“: „Abfangjäger-Kauf ist Betrug am Volk!“ (Abg. Scheibner: Steht es in der Zeitung oder ist es ...?) So ist die öffentliche Meinung, so ist die veröffentlichte Meinung über Ihre Politik, Herr Minister Platter. Ziehen Sie daraus die Konsequenzen und treten Sie zurück! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.06

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Die restliche Redezeit der freiheitlichen Fraktion beträgt 6 Minuten. – Bitte, Herr Abge­ord­neter.

 


18.06

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich habe mich hier zu Wort


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gemeldet, um der SPÖ noch die Gelegenheit zu geben, einem Entschließungsantrag der Koalition zuzustimmen. Sie wissen ja, wenn man in einer Koalition ist – das war auch bei Ihnen so –, dann stimmt man einem Antrag der Opposition nicht zu. Des­wegen können wir ja auch einem Antrag von Ihnen nicht zustimmen. Aber Sie haben die Gelegenheit, unserem Antrag der Koalition, der jetzt von mir eingebracht wird, namentlich zuzustimmen.

Doch vorher möchte ich noch kurz einiges zum Kollegen Dobnigg sagen. Kollege Dob­nigg, ich akzeptiere voll und ganz dein Engagement für die voest-Mitarbeiter in Dona­witz, für deine Heimat. Du sagst, voest ist Heimat, voest ist für viele wesentlich mehr als nur Arbeitsplatz. (Abg. Dr. Kräuter: Haider hat gesagt ...!)

Lieber Kräuter, denk einmal nach, denk über die achtziger Jahre nach! Ich sage dir jetzt Folgendes: voest war auch Heimat für viele Ferlacher und Rosentaler, und ihr habt dort zugedreht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Die sind seinerzeit von der SPÖ-Regierung zugedreht worden. Es war dort ein kleiner Draht­zug – den hat man als Erstes liquidiert –, der binnen drei Stunden umgerüstet werden konnte. Ich stimme dir zu, Kollege Dobnigg, es gab damals eine europaweite Stahlkrise, aber die großen Stahlwerke hätten in Italien, wo die Umrüstzeit mit 24 Stun­den wesentlich länger war, nicht so wie in Ferlach produzieren können. Das hat man als Erstes liquidiert! (Abg. Gradwohl: Warum hat denn Haider gesagt ...?) Man hat den Drahtzug zugedreht, obwohl man vorher Millionen in einen neuen Glühofen, in moderne Anlagen investiert hatte. Man hat gesagt, der Standort wird gesichert sein – man hat den Standort zugedreht und den Ferlachern gesagt: Geht nach Donawitz ar­beiten! (Abg. Dobnigg: Aber Donawitz ist auch gesperrt worden!)

Und weißt du, was die Ferlacher gesagt haben? – Unser Herz schlägt für Ferlach, für die voest in Ferlach, nicht für Donawitz, wir wollen nicht hinausgehen! – Das ist Tat­sache, aber dort hat man zugedreht. Es war dort eine Stiftefabrik, es war eine Werk­zeugfabrik; heute existiert das nicht mehr, es liegt brach. Es gab zu dieser Zeit über tausend Beschäftigte. Man hat damals dilettantische Maßnahmen gesetzt, um die Leute mit zirka 52 Jahren in die Frühpension zu schicken. Man hat den Leuten eine Abfertigung bei Selbstkündigung und ein Sozialpaket angeboten. Wisst ihr, wer gegan­gen ist? – Die Jungen, die sich etwas zugetraut haben! Die Älteren sind im Betrieb geblieben, und so war eben kein Staat zu machen, die Verstaatlichte ist hinunter­ge­schwommen. Es war eine Aushöhlung der Region! Das wird dir jeder bestätigen, der aus dieser Gegend kommt. Erkundige dich bei den Kärntner Freunden, wie das damals war – so ist es gegangen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Uns ist es ein Anliegen, eine Privatisierung in Österreich durch die ÖIAG so durch­zuführen, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben, dass die Mehrheitsanteile in Öster­reich bleiben und dass Forschung und Entwicklung in österreichischen Händen blei­ben.

Deswegen bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Dolinschek und Großruck betref­fend Weiterführung der erfolgreichen Privatisierungsmaßnahmen durch die österreichische Bundesregierung

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Die ÖIAG möge beauftragt werden, die Optionen der Privatisierung der Voest Al­pine AG über die Börse und im Wege von Finanzinvestoren zu prüfen.

Dabei ist es das Ziel, dass

das Unternehmen eine österreichische Kernaktionärsstruktur behält,

die Einheit des Unternehmens gewahrt bleibt,

die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in Österreich erhalten und ausgebaut werden und

die Entscheidungszentrale in Österreich erhalten bleibt.

*****

Hierzu soll eine namentliche Abstimmung erfolgen.

Wenn Ihr Herz wirklich für die voest schlägt, dann stimmen Sie diesem Antrag zu! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.10

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Sowohl der Antrag der Frau Abgeordneten Stadlbauer als auch der eben verlesene Antrag Stummvoll, Prinzhorn ist ordnungsgemäß unter­stützt und steht mit zur Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte.

 


18.10

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Erlauben Sie mir am Ende einer Dringlichen Anfrage ein kurzes Resümee. (Heiterkeit des Abg. Dr. Cap.) Sie haben, mittlerweile in einem Rundumschlag, die Bundesregierung anzupatzen versucht. Sie haben jetzt auch den Verteidigungsminister auserkoren und einen Misstrauensantrag gegen ihn gestellt.

Wenn man sich durchliest, was Sie ihm vorwerfen, muss man sagen, das ist eigentlich innerhalb von zwei Minuten entkräftet. Sie werfen ihm vor, er hätte unterschrieben, obwohl das Budgetbegleitgesetz nicht in Kraft ist. Meine Damen und Herren, Sie haben verschwiegen, dass es sich um eine aufschiebende Bedingung in einem Vertrag han­delt und diese aufschiebende Bedingung eben das Inkrafttreten des Budgetbegleit­ge­setzes zum Gegenstand hat. Wenn ein Jus-Student im zweiten Semester nicht weiß, was eine aufschiebende Bedingung ist, wird er bei einer Prüfung durchfallen. Dass Sie als Gesetzgeber nicht wissen, was eine aufschiebende Bedingung ist, ist sehr be­denklich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass ich auch voll und ganz der Auf­fassung des Bundesratspräsidenten bin, dass das Gesetzgebungsverfahren zum Bud­getbegleitgesetz abgeschlossen ist, und zwar in beiden Kammern, und dass wir jetzt auf das Verstreichen der Frist warten.

Meine Damen und Herren! Dieser Vorwurf geht ins Leere, aber Sie werfen ja mehr vor. Sie sagen, Verteidigungsminister Platter hätte das Vergabeverfahren unerlaubt in Rich­tung Eurofighter beeinflusst. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Meine Damen und Herren, im Laufe der Diskussion hätten Sie hören können, dass vor über einem Jahr eine Bewertungskommission für den Eurofighter votiert hat (Abg. Dr. Puswald: Sie haben nicht zugehört, Herr Kollege ...!) und dass sich die Bundesregierung vor einem Jahr für den Eurofighter entschieden hat, also zu einem Zeitpunkt, als dieser Bundes­minister noch gar nicht im Amt war. Meine Damen und Herren, dieser Vorwurf verpufft daher völlig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Jetzt komme ich zum dritten Vorwurf, den Frau Kollegin Stadlbauer mit Mühe hier in diesem Hause hat vertreten können. (Abg. Mag. Kogler: Platter fragt Grasser ..., die alle die Aktenlage kennen!) Das ist die Frage, dass der Eurofighter am Tag der Unter­zeichnung angeblich schon um 20 Prozent billiger geworden wäre.

Ich darf Ihnen, weil Sie auf Fakten so viel Wert legen, dazu einfach etwas vorlesen; das Zitat lautet:

Ich möchte betonen, dass es nicht beabsichtigt ist, für Partnernationen oder Export­kunden eine Preisreduktion für Flugzeuge der zweiten Tranche zu erreichen. Das Ge­rede über Einsparungen von 10 bis 20 Prozent der Kosten ist völlig spekulativ und entspricht nicht den geplanten oder verfolgten Zielvorstellungen der vier Partner­na­tionen. – Gezeichnet vom britischen Verteidigungsminister, ein Schreiben vom 3. Juli 2003 an Bundesminister Platter! (Abg. Großruck: Ist das ein Konservativer?)

Meine Damen und Herren, wenn der britische Verteidigungsminister das nicht weiß: Wer soll es wissen?!

Dieser Vorwurf geht völlig ins Leere, meine Damen und Herren! Es ist ein Gerede, und Sie erheben auf Grund eines Geredes einen Misstrauensantrag gegen einen Minister. Sehr bedenklich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Damit ist dieser Misstrauensantrag auch schon erledigt. (Abg. Mag. Kogler: Der Brief hätte anders ausgesehen, wenn Sie nicht vor­zeitig unterschrieben hätten!) Er ist inhaltlich erledigt. Ich darf aber doch auf einige Grundsätze verweisen, die für uns in dieser Debatte durchaus eine sehr bedenkliche Note haben.

Dass Sie von der Opposition mit Vorwürfen ohne Substanz agieren, das kennen wir. Dass Sie auch Misstrauensanträge für das Tagesgeschäft verwenden, daran müssen wir uns erst gewöhnen, aber wir müssen es letztlich zur Kenntnis nehmen. Dass Sie aber den Stil, Persönlichkeiten anzupatzen, zum politischen Mittel erheben, dagegen verwahren wir uns, und das mit Vehemenz, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wer nach dem Motto „Anpatzen – irgendetwas wird schon hängen bleiben!“ agiert, wer selbst von den Mitarbeitern der SPÖ unseren Mitarbeitern gegenüber zugibt: wir wis­sen, dass es nicht stimmt, aber es kommt gut an!, wer mit diesen Methoden agiert – meine Damen und Herren, das ist nicht nur eine Stilfrage einer Partei, das ist ein Schaden für die ganze Politik! (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Darum: Unterlassen Sie das! Ich fordere Sie mit aller Konsequenz auf: Unterlassen Sie diesen Stil! Er schadet uns allen, er bringt die Politik in Misskredit – das hat die Politik in Österreich nicht notwendig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwi­schenruf des Abg. Gaál.)

Ich möchte zum Abschluss noch einmal meiner Fraktion gegenüber – und ich glaube, auch im Namen der Fraktion der FPÖ – sagen: Die Vorwürfe, die Sie da erheben, sind wirklich haltlos! (Abg. Dr. Puswald: Nein, Sie haben sie nicht verstanden! – Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben – das darf ich Ihnen sagen, meine geschätzten Damen und Herren – das, was Sie gesagt haben, sehr wohl verstanden, nur haben Ihre Vorwürfe keinerlei Sub­stanz! Lassen Sie das Anpatzen, denn wir vertrauen sowohl dem Finanzminister als auch dem Verteidigungsminister. Das werden Sie bei der Abstimmung gleich sehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Brosz: Das wird ein schwerer Fehler sein!)

18.15

 



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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Die restliche Redezeit der freiheitlichen Fraktion beträgt 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


18.15

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Regierung! Hohes Haus! Da jetzt doch noch ein Misstrauensantrag gegen Verteidigungsminister Platter, meinen Nachfolger im Amt, als Verantwortlichen für dieses wichtige Projekt der Nachbeschaffung der Abfangjäger eingebracht worden ist, habe ich mich kurz zu Wort gemeldet und möchte hier klar und deutlich sagen, dass dieser Misstrauensantrag gegen den Verteidigungsminister ungerechtfertigt, un­gerecht und völlig haltlos ist! Sie haben sich auch sehr, sehr schwer getan, eine Begründung zu finden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Einen Misstrauensantrag nur deshalb einzubringen, weil einem nichts anderes einfällt, ist wirklich eine einzig­artige Vorstellung, die Sie heute hier geboten haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Herr Abgeordneter Puswald – genau, Sie! – hier in einem seiner ohnehin schon bekannten Zwischenrufe zum Abgeordneten Spindelegger herunter ruft: Sie haben ir­gend­etwas nicht verstanden!, dann kann ich Ihnen das voll und ganz zurückgeben: Ent­weder verstehen Sie nicht die Argumente, die wir Ihnen gerade beim Abfangjäger-Projekt seit Wochen und Monaten auch hier im Hohen Haus immer wieder darlegen, oder Sie wollen sie nicht verstehen! (Abg. Dr. Puswald: Ohne gesetzliche Grundlage keine Unterschrift, das ist glasklar! Keine Unterschrift!) Bei manchen glaube ich, dass sie es nicht verstehen, und manche wollen es nicht verstehen. Das ist das Be­denkliche, meine Damen und Herren, dass hier mit unbewiesenen Vorwürfen immer wieder herumjongliert, herumgeworfen wird, und die Reaktion darauf, die Antwort wird nicht zur Kenntnis genommen!

Wenn hier gesagt wird – das war eines der Hauptargumente, und darauf möchte ich noch eingehen –, die 20-prozentige Preisreduktion sei jetzt verpasst worden, und Frau Kollegin Burgstaller liest hier den Bericht vor und verschluckt ... (Rufe bei der ÖVP: Stadlbauer!) Wie? – Stadlbauer, auch gut! Aber trotzdem sollte sie lauter und deutlicher lesen, oder sie hat absichtlich verschluckt, dass es nicht um den Eurofighter gegangen ist, sondern um das Eurofighter-Programm, und dass das ein Wunsch ist!

Da sollte man auch wissen, dass die Länder, die im Eurofighter-Programm drinnen sind, Milliarden und Abermilliarden – und zwar nicht Schilling oder D-Mark, sondern Euro! – in die Entwicklung dieses Flugzeuges investiert haben, und dass diese Länder ebenso viele Milliarden und Abermilliarden Euro in die Weiterentwicklung dieses Flug­zeuges investieren müssen oder sollen. (Abg. Eder: Wir zahlen es jetzt!) Um diese Milliarden an Forschungs- und Entwicklungskosten geht es! Sie wissen wohl ganz genau – und Gott sei Dank ist das so –, dass Österreich es sich gar nicht hätte leisten können und auch nicht leisten will, in derartigen Entwicklungsprogrammen mit dabei zu sein. (Abg. Mag. Kogler: Es geht auch um die Produktionskosten!)

Das hat überhaupt nichts mit dem Stückpreis zu tun. Da liegen wir weit unter dem Stückpreis der Betreiberländer, meine Damen und Herren! Ich weiß, das werden Sie wieder nicht zur Kenntnis nehmen – aber das ist ein Beweis mehr, dass Sie mit der Sicherheit des Landes Parteipolitik machen wollen! Da spielen wir sicherlich nicht mit! (Abg. Mag. Kogler: Der Stückpreis ist geschwindelt, weil die Systemkosten erhöht wurden!)

Eines sage ich Ihnen abschließend zum Finanzminister, weil Sie hier immer unseren Applaus messen: Man kann über die Vorgangsweise des Finanzministers, vor allem im politischen Bereich, durchaus geteilter Meinung sein. Das sind wir auf Grund unserer


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Er­fahrungen auch – keine Diskussion! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glocken­zei­chen.)

Schlusssatz, Herr Präsident: Aber so, wie Sie hier mit einer Funktion und einem Funktionsträger umgehen – mit Beschuldigungen, die sich in Luft auflösen, die Sie aber immer aufs Neue wiederholen (Abg. Sburny: Das ist nicht wahr ...!) –, können Sie sicher sein, dass wir niemals mitgehen! Je mehr Sie das machen, desto mehr hat auch dieser Finanzminister unsere Unterstützung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.19

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Broukal. Rest­liche Redezeit: 1 Minute. (Abg. Mag. Mainoni: Gott sei Dank!) – Bitte, Herr Abgeord­neter, Sie haben das Wort.

 


18.20

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befinden uns offenbar am Ende eines spannenden Nachmittags, eines sehr emotiona­len Nachmittags, und wenn ich versuche, mich einen Gang zurückzunehmen, und den Journalisten in mir aktiviere, dann muss ich sagen (Ruf bei den Freiheitlichen: Zeit ist Diebstahl! – anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen): Es gibt hier sicher nicht die rauchende Pistole, aber es gibt Munition, so viel Munition, dass ich meine, es wäre an der Zeit, zu überprüfen, ob Ihre Verteidigung des Finanzministers Karl-Heinz Grasser ohne Wenn und Aber noch am Platz ist. Es ist interessant zu sehen, dass Herr Scheibner, der ihn eine Weile länger kennt als Sie, nicht mehr die Hand für ihn ins Feuer legt. Ich würde Ihnen raten, vorsichtig zu sein.

Eine nette Gelegenheit, vorsichtig zu sein, ohne sich etwas zu vergeben – denn er könnte am Schluss auch salviert dastehen; das wollen wir ja nicht ausschließen –, wäre, dem Untersuchungsausschuss zuzustimmen, in dem die Dinge endlich auf den Punkt gebracht und auch auf Punkt und Beistrich beantwortet werden müssen. (Abg. Steibl: Redezeit! – Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Schluss!)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Schlusssatz!

 


Abgeordneter Josef Broukal (fortsetzend): Danke! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.21

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Damit schließe ich ... (In Richtung des sich an den Präsidenten wendenden Bundesmi­nisters Mag. Karl-Heinz Grasser:) Ich habe schon geschlossen, Herr Minister.

Daher kommen wir zu den Abstimmungen, und zwar zu mehreren Abstimmungen.

Als Erstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gu­senbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absicherung des Industriestandortes Österreich durch Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär.

Zu diesem Antrag ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden. Das ist aus­reichend von 20 Abgeordneten unterstützt, und dem ist daher Rechnung zu tragen.

Ich lese jetzt einmal vor, wie das vor sich geht, bei der zweiten oder einer weiteren na­mentlichen Abstimmung würde ich es nicht mehr tun:

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­netenpulte, tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das


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sind graue Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafar­benen. Es können nur diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Die Abgeordneten werden einzeln aufgerufen und eingeladen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordnete, die für den Entschließungsantrag Gusenbauer stim­men, „Ja“-Stimmzettel abzugeben, jene, die dagegen stimmen wollen, „Nein“-Stim­men abzugeben.

Ich darf die Frau Schriftführerin Astrid Stadler bitten, mit dem Namensaufruf zu begin­nen, wobei Kollegin Gabriele Binder sich bereithält, um sie dann abzulösen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Stadler und Binder werfen die Abge­ordneten die Stimmzettel in die Urne.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Soweit ich gesehen habe, haben auch Kollegin Haidl­mayr und Kollege Huainigg abgestimmt. – Gut.

Ich erkläre die Stimmabgabe für beendet.

Die dafür beauftragten Kolleginnen und Kollegen werden jetzt die Stimmenzählung vor­nehmen. Dazu wird die Sitzung für einige Minuten unterbrochen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.27 Uhr unterbrochen und um 18.31 Uhr wieder aufgenommen.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe folgendes Abstimmungsergebnis bekannt:

Es wurden 179 Stimmen abgegeben, davon waren 83 „Ja“- und 96 „Nein“-Stimmen.

Der Entschließungsantrag Gusenbauer betreffend Sicherung des Industriestandortes Österreich ist daher mit Stimmenmehrheit abgelehnt.

Es ist bekannt, dass die einzelnen Namen aus der namentlichen Abstimmung im Ste­nographischen Protokoll festgehalten werden.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Bauer, Bayr, Becher, Binder, Brosz, Broukal, Bures;

Cap, Csörgits;

Dobnigg;

Eder;

Faul, Fischer, Fleckl;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Gradwohl, Grossmann, Grünewald, Gusen­bauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hoscher;

Jarolim;

Kaipel, Keck, Kogler, Königsberger-Ludwig, Krainer, Kräuter, Krist, Kummerer, Kuntzl;

Lapp, Lichtenberger;

Maier Johann, Mandak, Marizzi, Matznetter, Moser Gabriela, Moser Hans, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;


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Oberhaidinger, Öllinger;

Parnigoni, Pendl, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Posch, Prähauser, Prammer, Puswald;

Rada, Reheis, Rest-Hinterseer, Riepl;

Sburny, Scharer, Schasching, Schieder, Schönpass, Schopf, Silhavy, Sima, Spindel­berger, Stadlbauer, Steier, Stoisits;

Trunk;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Walther, Weinzinger, Wimmer, Wittmann, Wurm.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Achleitner, Amon, Auer Jakob, Auer Klaus Hubert;

Baumgartner-Gabitzer, Bleckmann, Böhm, Brader, Brinek, Bucher;

Dolinschek, Donabauer, Donnerbauer;

Ellmauer, Eßl;

Fasslabend, Fekter, Felzmann, Franz, Freund, Frieser, Fuhrmann;

Gahr, Glaser, Grander, Grillitsch, Großruck;

Hakl, Haubner, Hofmann, Höllerer, Hornek, Huainigg, Hütl;

Ikrath;

Kainz, Kapeller, Keuschnigg, Khol, Kopf, Kößl, Kurzbauer;

Langreiter, Ledolter, Lentsch, Lichtenegger, Lopatka;

Machne, Maier Ferdinand, Mainoni, Marek, Miedl, Mikesch, Missethon, Mitterlehner, Molterer, Murauer;

Neudeck, Neugebauer;

Pack, Partik-Pablé, Praßl, Preineder, Prinz, Prinzhorn;

Rädler, Rasinger, Regler, Riener, Rosenkranz, Rossmann;

Scheibner, Scheuch, Scheucher-Pichler, Schiefermair, Schöls, Schultes, Schweisgut, Sieber, Spindelegger, Stadler, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tamandl, Tancsits, Trinkl, Turković-Wendl;

Walch, Wattaul, Wegscheider, Winkler, Wittauer, Wöginger, Wolfmayr;

Zweytick.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen als Nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherheits­beschluss gegen den Ausverkauf der Voestalpine AG.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag des Abgeordneten Kogler zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit, er ist daher abgelehnt. (Abg. Silhavy: Kollege Walch, wo bleibt deine Stimme? – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)


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Wir stimmen als Nächstes ab über den Antrag des Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Herrn Bundes­minister für Landesverteidigung gemäß Art. 74 Abs. 1 der Bundesverfassung.

Zu einem solche Beschluss ist, wie Sie wissen, ein erhöhtes Quorum von mehr als der Hälfte der Abgeordneten notwendig. Ich stelle fest, dass dieses Quorum gegeben ist.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den Misstrauensantrag gegen den Lan­desverteidigungsminister aussprechen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, der Miss­trauensantrag hat keine Mehrheit gefunden. Er ist abgelehnt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Jetzt applaudiert die Regierungsbank auch schon!)

Ja, Herr Kollege Schieder, ich werde das bei Gelegenheit vorbringen. (Abg. Dr. Stumm­voll: Ein bissel Emotionen!) Wir haben die alte Tradition, dass sich die Damen und Herren auf der Regierungsbank jeder Beifallsäußerung positiver oder negativer Art enthalten mögen, und an dieser Tradition werden wir festhalten.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterführung der erfolgreichen Privatisierungsmaßnahmen durch die Bundesregierung.

Auch hier ist von mehr als 20 Abgeordneten namentliche Abstimmung verlangt worden. Daher ist diesem Verlangen stattzugeben.

Ich darf wieder daran erinnern, dass nur die amtlichen „Ja“- oder „Nein“-Stimmzettel Verwendung finden können, und ich bitte, dass jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag zustimmen, „Ja“-Stimmzettel abgeben, und jene, die dagegen stimmen, was an sich logisch ist, „Nein“-Stimmen abgeben.

Frau Abgeordnete Stadler wird wieder mit dem Namensaufruf beginnen und möge bitte bedenken, dass ein Beamter des Hauses überprüfen muss, ob die hier abgegebenen Stimmen mit der Zahl der dort aufliegenden Stimmzettel übereinstimmt. – Bitte, Frau Kollegin.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Stadler und Binder werfen die Abge­ordneten die Stimmzettel in die Urne.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich meine, gesehen zu haben, dass alle die Stimme abgegeben haben. Daher erkläre ich die Abstimmung für beendet.

Ich bitte die damit beauftragten Mitarbeiter des Hauses, die Stimmenzählung vorzu­nehmen.

Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.39 Uhr unterbrochen und um 18.42 Uhr wieder aufgenommen.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbro­chene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt wie folgt:

Es wurden 178 Stimmen abgegeben; davon waren „Ja“-Stimmen: 96 und „Nein“-Stimmen: 82, sodass dieser Antrag mehrheitlich angenommen wurde. (E 18.)

Die Namen der Abgeordneten und das Stimmverhalten werden wieder im Stenogra­phi­schen Protokoll festgehalten.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Achleitner, Amon, Auer Jakob, Auer Klaus Hubert;


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Baumgartner-Gabitzer, Bleckmann, Böhm, Brader, Brinek, Bucher;

Dolinschek, Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert;

Ellmauer, Eßl;

Fasslabend, Fekter, Felzmann, Franz, Freund, Frieser, Fuhrmann;

Gahr, Glaser, Grander, Grillitsch, Großruck;

Hakl, Haubner, Hofmann, Höllerer, Hornek, Huainigg, Hütl;

Ikrath;

Kainz, Kapeller, Keuschnigg, Khol, Kopf, Kößl, Kurzbauer;

Langreiter, Ledolter, Lentsch, Lichtenegger, Lopatka;

Machne, Maier Ferdinand, Mainoni, Marek, Miedl, Mikesch, Missethon, Mitterlehner, Molterer, Murauer;

Neudeck, Neugebauer;

Pack, Partik-Pablé, Praßl, Preineder, Prinz, Prinzhorn;

Rädler, Rasinger, Regler, Riener, Rosenkranz, Rossmann;

Scheibner, Scheuch, Scheucher-Pichler, Schiefermair, Schöls, Schultes, Schweisgut, Sieber, Spindelegger, Stadler, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tamandl, Tancsits, Trinkl, Turković-Wendl;

Walch, Wattaul, Wegscheider, Winkler, Wittauer, Wöginger, Wolfmayr;

Zweytick.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Bauer, Bayr, Becher, Binder, Brosz, Broukal, Bures;

Cap, Csörgits;

Dobnigg;

Eder;

Faul, Fischer, Fleckl;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Gradwohl, Grossmann, Grünewald, Gusen­bauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hoscher;

Jarolim;

Kaipel, Keck, Kogler, Königsberger-Ludwig, Krainer, Kräuter, Krist, Kummerer, Kuntzl;

Lapp, Lichtenberger;

Maier Johann, Mandak, Marizzi, Matznetter, Moser Gabriela, Moser Hans, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parnigoni, Pendl, Pfeffer, Pirklhuber, Posch, Prähauser, Prammer, Puswald;

Rada, Reheis, Rest-Hinterseer, Riepl;


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Sburny, Scharer, Schasching, Schieder, Schönpass, Schopf, Silhavy, Sima, Spindel­berger, Stadlbauer, Steier, Stoisits;

Trunk;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Walther, Weinzinger, Wimmer, Wittmann, Wurm.

*****

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Sie erinnern sich, dass wir die Debatte zum Tagesord­nungspunkt 6 abgeschlossen haben und nur zwei oder drei Abstimmungen ausständig sind.

Ich schlage vor, dass wir diese Abstimmungen jetzt vornehmen, bevor wir mit der Kurz­debatte beginnen. Dann haben wir den Punkt 6 endgültig abgeschlossen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen zur Vereinheitlichung be­stimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr samt Er­klärung in 13 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich darf jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen bitten. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über dem Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 der Bun­desverfassung zu beschließen, dass die arabische, die chinesische, französische, russische und spanische Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten auf­liegen.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen bitten. – Ich stelle fest, dass dieser Beschluss einstimmig gefasst wurde.

Damit ist jetzt der Tagesordnungspunkt 6 erledigt.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 391/AB

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur Kurzdebatte, und zwar über die Anfra­gebeantwortung der Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit der Ordnungszahl 391/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist an alle Mitglieder des Hohen Hauses verteilt worden. Die Verlesung durch einen Schriftführer ist daher nicht notwendig.

Wir gehen in die Debatte ein. In dieser Kurzdebatte nach § 57 der Geschäftsordnung darf der Begründer 10 Minuten reden, Stellungnahmen eines Mitgliedes der Bundes­regierung sollen gleichfalls 10 Minuten nicht überschreiten, sodann gibt es eine Rede­zeit von je 5 Minuten pro Fraktion.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte, Sie haben das Wort.

 


18.45

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben diese heutige Anfrage-


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besprechung einerseits deswegen beantragt, um konkret über diese Anfrage zu spre­chen, aber andererseits auch deshalb, weil es eine wirklich schlechte Tradition ge­worden ist, dass die Anfragen, die an das Bildungsministerium gestellt werden, in der Regel sehr vage, sehr unvollständig beantwortet werden und in der Regel auf konkrete Fragen, die unangenehm sind, keine Antworten gegeben werden. Und das sollte wohl auch einmal hier im Hohen Haus thematisiert werden.

Auf die konkreten Probleme dieser Anfrage gehe ich dann später noch ein. Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass wir in der Einleitung der Anfrage festgestellt haben, dass die von Ihnen mittlerweile per Verordnung erlassene Stundenkürzung auf einer Ar­gumentation beruht hat, die gelautet hat, im OECD-Vergleich sei die Zahl der österreichischen Unterrichtsstunden überdurchschnittlich hoch, daher sollten sie an den Durchschnitt herangeführt werden.

Jetzt lese ich in Ihrer Anfragebeantwortung, dass entgegen den Behauptungen, die wir dahin gehend aufgestellt haben, die OECD-Statistik keine Grundlage für die Stunden­kürzung war. Dann nehme ich mir das Regierungsprogramm her und lese im Regie­rungsprogramm nach, und da steht drinnen: Entlastung der Schülerinnen und Schüler durch Überprüfung der Stundentafel – wie die überprüft worden ist, weiß ich zwar nicht genau, ich habe nur gesehen, dass eine Stundenkürzung verordnet worden ist und keine inhaltliche Diskussion stattgefunden hat –, wobei eine Annäherung an den OECD-Durchschnitt erreicht werden soll. – Also ich frage mich, wo dann unsere falsche Annahme herrührt, dass es nicht darum geht, an den OECD-Durchschnitt zu kommen, wenn Sie es auch in Ihr Regierungsprogramm geschrieben haben.

Sie haben in dieser Anfragebeantwortung unsere zum wiederholten Mal gestellten sehr konkreten Fragen, wie denn die Zahl der Unterrichtsstunden durch das Bildungsminis­terium berechnet wurde, nicht beantwortet; zum wiederholten Male nicht! Auch bei den Budgetfragen ist es ganz konkret darum gegangen, dass wir wissen wollten, wie die Berechnung der Zahlen, die der OECD übermittelt worden sind, nämlich 1 013 Stun­den für die 12-Jährigen, 1 169 Stunden für die 13-Jährigen und 1 262 Stunden für die 14-Jährigen, zustande gekommen ist.

Ich finde es bemerkenswert, dass Sie sich jetzt seit Monaten beharrlich weigern, diese Berechnungen und die Zahlen des Ministeriums bekannt zu geben. Ich glaube ja nicht, dass Sie gewürfelt haben – mag auch sein –, ich nehme an, dass dort irgendwer nach einer Formel berechnet und dann kommt etwas heraus, und das hätten wir gerne gewusst. Seit drei Monaten versuchen wir, das zu bekommen, Sie geben es uns nicht. Ich kann Sie beruhigen, ich werde heute wieder eine Anfrage einbringen, und wir können das Spiel noch ein paar Mal spielen, dass ich Sie genau fragen: Wie kam die Berechnung zustande? Wir werden sehen, wem es zuerst fad wird: mir, sodass ich nicht mehr frage, oder Ihnen, sodass Sie vielleicht dann doch die Antwort geben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Punkt ist nämlich der, dass bei Ihnen ein Durchschnitt von 1 148 Unterrichts­stunden bei den 12- bis 14-Jährigen herauskommt, und wenn man sich das anschaut – ich habe das lange Zeit auch gutgläubig in den OECD-Statistiken gelesen –, dann sieht man, dass wir in Österreich, wenn man es ernst nähme, eine wirklich überdurchschnitt­lich hohe Zahl an Stunden hätten. Der Durchschnitt im OECD-Bereich liegt etwa bei 950 Stunden. Bei uns sind es 200 Stunden mehr. Das wäre eine sehr beträchtliche Zahl, denn das würde heißen, dass die österreichischen SchülerInnen um sechs bis sieben Stunden pro Woche länger in der Schule sitzen. Nur, wenn man es konkret berechnet, dann wird man draufkommen, dass in Österreich eine Berechnung vor der Stundenkürzung 970 durchschnittliche Stunden pro Jahr ergeben hat, während im OECD-Durchschnitt etwa eine Stunde pro Woche weniger unterrichtet wird. Nach der Stundenkürzung – relativ einfache Rechnung –, mit jetzt zwei Stunden weniger, liegen


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wir unter dem OECD-Durchschnitt. Das ist aus meiner Sicht doch beunruhigend bezie­hungsweise eine Maßnahme, bei der man schauen muss, wie sich diese bildungs­poli­tisch auswirkt, weil man die Schulsysteme sehr schwer vergleichen kann.

Frau Bildungsministerin, Sie wissen genauso gut wie ich und wie die Abgeordneten der Oppositionsparteien, dass beispielsweise skandinavische Schulsysteme, etwa das fin­nische Schulsystem, dadurch gekennzeichnet sind, dass ein sehr hohes Ausmaß an Fördermaßnahmen gewährt wird, an Stunden, die keine normalen Regelunterrichts­stunden sind. Wenn man diese Stunden hernimmt, dann ergibt sich ein völlig anderes Bild. Im OECD-Vergleich sind sie nicht eingerechnet. Und wenn man sich anschaut, dass in Österreich in etwa nur ein Drittel – wieder laut OECD-Statistik „Bildung auf einen Blick“ – individuelle Fördermaßnahmen bekommt, während es in Skandinavien 90, 95 Prozent sind, dann sieht man, dass eigentlich die Möglichkeit der Förderung in Österreich drastisch unter den Vergleichsdaten anderer Länder zurückbleibt.

Wenn man jetzt inhaltlich zu diskutieren beginnt, dann geht es wohl nicht darum, ein­fach Stunden zu kürzen, wie Sie es gemacht haben – in erster Linie natürlich, das haben Sie zum Schluss ja doch zugegeben, aus Einsparungsgründen –, sondern es ginge doch wohl darum, zu überlegen: Wie kann man den Tagesablauf verbessern? Wie kann man Förderungen im österreichischen Schulsystem ausbauen? Wie kann man die Qualität verbessern? Die Stundenkürzung, die Sie veranlasst haben, wird mit Sicherheit eines nicht bringen: nämlich eine Qualitätsverbesserung, weil das simple Streichen von Stunden, das Kürzen von Ressourcen mit Sicherheit noch nie dazu geführt hat, dass die Qualität verbessert worden ist.

Inhaltlich geht es uns darum, die Tagesabläufe in den Schulen zu verändern. Das ist eine Diskussion, die wir jetzt schon wiederholt geführt haben. Die Frage der Ganz­tagsschulen wird von Ihnen aus meiner Sicht etwas merkwürdig geführt. Ich war eigentlich auch enttäuscht, dass Herr Dr. Haider im Gegensatz zu der Diskussion beim „Standard“ – nämlich der Dr. Haider der PISA-Studie (Abg. Mag. Molterer: Ach so! Ich habe mich schon gewundert!) – im Unterrichtsausschuss bei der Aussprache andere Worte gefunden hat. Im „Standard“ hat er nämlich klar gesagt, dass Ganztagsschulen ein sinnvolles Projekt sind, dass sie vor allem dazu führen, den Unterricht anders auf­teilen zu können. Die ÖVP-Mandatare gehen immer davon aus: Über Ganztagsschulen können wir schon reden, aber nur die, die wollen, sollen ganztägige Betreuungsein­richtungen haben. (Abg. Dr. Brinek: Nein, anders! Nur die, die wollen, sollen Ganz­tags­schulen haben, aber Offenheit für ganztägige Betreuung!) Ja, genau das habe ich gesagt. (Abg. Dr. Brinek: Nein, das haben Sie nicht gesagt!) Möglicherweise haben Sie schlecht zugehört.

Faktum ist, Sie meinen, das ist offenbar eine Betreuungsangelegenheit, wir glauben, es ist eine pädagogische Angelegenheit. (Abg. Dr. Brinek: Beides!) Man wird Ganz­tagsschulen inhaltlich nicht verwirklichen können, wenn man dabei bleibt, dass man sagt, die, die am Nachmittag da sind, die können dann den Tagesablauf umgestalten, wie Dr. Haider im Ausschuss gesagt hat. Also man greift sich eigentlich auf den Kopf, wenn man sich anschaut, dass in 50-Minuten-Blöcken aufgestückelt mit kurzen Pausen unterrichtet wird. In Ganztagsschulen wäre es möglich, das umzustellen. (Abg. Dr. Bri­nek: Nein, das wäre auch nicht möglich!) Nein, das ist nicht möglich. Es ist zwar in Skandinavien gang und gäbe, aber bei der Frau Dr. Brinek ist es nicht möglich. Sie würden auch in Ganztagsschulen in 50-Minuten-Blöcken unterrichten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wahrscheinlich von 7.40 Uhr bis 17.00 Uhr mit 5-Minuten-Pausen. Eine moderne Form der Ganztagsschule à la ÖVP!

Das stellen wir uns nicht vor. Da geht es um den Wechsel von Lern- und Erholungs­phasen, da geht es um Fördermaßnahmen, die damit eingebaut werden können. (Abg. Neugebauer: Das ist ja nichts Neues!) Das ist nichts Neues, aber es wäre erfreulich,


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wenn wir das in Österreich schön langsam einmal durchführen könnten und nicht von ... (Abg. Neugebauer: Das tun wir doch! Das ist doch Realität!) Ich weiß nicht, über welche Schulrealität Sie reden, Herr Kollege Neugebauer. Wenn ich mir die Schulen anschaue, dann reden wir in der Regel davon, dass wir 50-Minuten-Blöcke haben (Abg. Amon: Dann geh einmal in die Schulen! Das stimmt überhaupt nicht mehr!), die irgendwann dann am frühen oder späteren Nachmittag verändert sind, und dass wir Formen wie zum Beispiel 90-Minuten-Unterrichtseinheiten de facto nicht haben. Ich meine, das ist ja skurril, Herr Kollege Amon, wenn Sie jetzt behaupten, wir hätten das, was Skandinavien seit Jahren aufgebaut hat, in Österreich verwirklicht. Das ist eine ziemlich krasse Form der Realitätsverweigerung. (Abg. Amon: Wie kannst du sagen, wir haben nur 50-Minuten-Einheiten? Das stimmt ja nicht!)

Ich möchte zum Abschluss dazu kommen, wie diese Zukunftskommission gestaltet ist, wie sie arbeitet. Ich habe einen interessanten Kommentar des Herrn Dr. Gruber im „Standard“ gelesen, der gemeint hat, in dieser kurzen Zeit ist es nicht möglich, eine seriöse Diskussion über das Bildungssystem zu führen. Ich würde ihm insofern Recht geben ... (Abg. Amon: Wer ist Dr. Gruber?) Karl Heinz Gruber ist vielleicht bekannt. Er ist Erziehungswissenschafter in Wien und eigentlich nicht unbekannt im österreichi­schen Schulsystem. Ich würde ihm insofern Recht geben, dass es um mehr gehen muss als um die Inhalte, die die Kommission hat.

Wenn man sich beispielsweise die PisA-Studie anschaut, dann wird man feststellen, dass Österreich dazu aufgefordert wird, insbesondere im Bereich sozialer Segregation, im Bereich der Problematik des sozialen Status für die Leistungen im Bildungssystem und für die Chancen im Bildungssystem etwas zu verändern, weil es hier laut Pisa einen dringenden Handlungsbedarf gibt. Ich habe aber von Ihnen in der ganzen Dis­kussion um die Zukunftskommission nicht gehört, dass auch das ein Auftrag wäre, denn das könnte wahrscheinlich zu Ergebnissen führen, die Sie nicht haben wollen.

Deshalb war auch das, was Dr. Haider im Unterrichtsausschuss gesagt hat, nicht sehr befriedigend. Ich möchte Sie daher bei dieser Gelegenheit auffordern, diesen für mich und, wie ich glaube, für viele im Bildungssystem, die die PisA-Studie gelesen haben, sehr wesentlichen Aspekt aufzunehmen und darüber zu diskutieren, wie man diese Aufforderung der OECD, nämlich die soziale Staffelung, den sozialen Status, den Ein­fluss darauf zu reduzieren, auszugleichen, auch in Österreich wahrnehmen kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.55

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme gelangt Frau Bundes­ministerin Gehrer zu Wort. Die Redezeit soll ebenfalls 10 Minuten nicht überschrei­ten. – Bitte, Frau Ministerin.

 


18.55

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Es wundert mich etwas, mit welcher Hartnäckigkeit Herr Kollege Brosz dauernd zu beweisen versucht, dass die Stundenkürzung nicht auf Basis von mehreren Studien gemacht wurde, sondern nur auf Basis der OECD-Studie. Es stimmt nämlich nicht.

Sie haben im Zuge der OECD-Studie am 24. August 2001 Folgendes verlauten lassen:

„Insgesamt kommen österreichische SchülerInnen damit teilweise auf eine höhere Ar­beitszeit als Erwachsene. Unterrichtsministerin Gehrer ist in dieser Causa seit Jahren säumig und sollte endlich Vorschläge unterbreiten, um diese hohe Arbeitsbelastung der SchülerInnen zu senken.“


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Ich habe es gemacht. Ich hätte mir gedacht, ich werde von Ihnen gelobt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neugebauer: Von uns!)

Die Sprecherin der Grünen Jugend hat – ebenfalls im August 2001 – Folgendes ge­sagt: „Schon seit Jahren sei bekannt, erinnert Martina Wurzer, dass die Arbeitszeit der SchülerInnen teilweise die Arbeitszeit von Erwachsenen übersteigt. So habe eine Studie zum Thema ‚Überforderung durch Schule‘, die Christiane Spiel, Professorin am Institut für Psychologie der Universität Graz, in Zusammenarbeit mit dem Wiener Stadt­schulrat durchgeführt hat, ergeben, dass die Kinder mehr arbeiten als Erwachsene.“

Daraus wird gefolgert: „Unterrichtsministerin Gehrer muss endlich eine Verkürzung der SchülerInnenarbeitszeit in Angriff nehmen.“ – So Wurzer. Das habe ich gemacht. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Molterer: Bravo!) Und zwar habe ich das gemacht auf Basis der Studien, die eindeutig aufzeigen, dass Kinder zu sehr belastet sind, dass Kinder mehr Arbeitszeit haben als Erwachsene. Daher, meine Damen und Herren – ich sage es noch einmal –: Muten wir unseren Kindern nicht mehr zu, als wir uns selber zumuten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Frage der OECD-Statistik möchte ich feststellen: Es ist immer schwierig, verschie­dene Systeme miteinander zu vergleichen. Es gibt verschiedene Berechnungsarten. (Abg. Brosz: Da gibt es eine Formel!) Die einen Länder nehmen die Wochen, während denen Schulunterricht stattfindet, multiplizieren sie mit den Wochenstunden, die anderen Länder nehmen die Tage, an denen Schule ist, dividieren sie durch die Wo­chenanzahl, und multiplizieren das dann.

Deswegen habe ich auch bei der Tagung der EU-Bildungsminister eine Arbeitsgruppe angeregt, in der endlich einmal die Basis der Erhebungen überprüft wird. Wenn die OECD von der Berechnungsbasis ab dem 7. Lebensjahr ausgeht, dann ist das Verhält­nis anders, denn bei uns ist Schulpflicht ab dem 6. Lebensjahr. Es sind einfach zu ver­schiedene Anforderungen, zu verschiedene Unterlagen. Es sind manche Zahlen – da haben Sie Recht – nicht vergleichbar, es sind auch die Förderstunden nicht vergleich­bar. Es stimmt auch nicht, dass in anderen Ländern der Religionsunterricht nicht Pflicht ist, wie zum Beispiel in Finnland. Das heißt, wir müssen viel genauer darauf achten, dass wir dieselbe Erhebungsbasis haben – daran arbeiten wir, wir haben eine Arbeits­gruppe eingesetzt –, und es wird sich zeigen, dass wir auch mit der neuen Stunden­tafel immer noch über dem OECD-Schnitt liegen. (Abg. Brosz: Nein, wir sind jetzt schon darunter!)

Dass unsere Schulen gute Leistungen erbringen, das freut mich ganz besonders. Wir machen jedes Jahr im Juli ein Monitoring, und das Monitoring 2003 hat ergeben, dass 79 Prozent der 2 000 Befragten den Schulen eine Eins und eine Zwei für die Qualität geben, die an den Schulen angeboten wird. Das ist eine Steigerung um 4 Prozent seit dem Jahr 2002. Danke an alle Lehrer und Lehrerinnen, die super arbeiten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mir ist heute auch noch eine Presseaussendung, eine APA-Meldung, vorgelegt wor­den, worin der Bildungssprecher der SPÖ sagt: „Rektorwahl für Innsbrucker Medizin-Uni für SP-Niederwieser ungültig.“

Meine Damen und Herren! Es sind an allen 21 Universitäten die neuen Rektoren ge­wählt worden. Die neuen Rektoren werden ab 1. Oktober ihr Amt antreten. Ich habe juristische Gutachten eingeholt. Die Vorgangsweise ist juristisch geprüft, und auch der Rektor der Universität ist rechtwirksam gewählt und wird mit Rechtswirksamkeit per 1. Oktober sein Amt antreten. Ich freue mich, dass die Umstellung der Universitäten auf das neue Universitätsgesetz so gut läuft. (Beifall bei der ÖVP.)

19.00

 



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Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Debatte ein.

Es gibt von jeder Fraktion eine Stellungnahme von je 5 Minuten, gereiht nach dem Stär­keverhältnis der Fraktionen. Kollege Großruck erhält daher als Erster für 5 Minuten das Wort. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Kein Vierzeiler, bitte!)

 


19.00

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Zum Schluss erst. Am Anfang eine Frage an die Opposition: Was ist der Unterschied zwischen Napoleon und der Opposition? (Abg. Brosz: Der Bildungssprecher der ÖVP ...!) – Für Napoleon hat es nur ein Water­loo gegeben, meine Damen und Herren! Sie haben heute Nachmittag bei der Dring­lichen Anfrage eines erlebt, und Sie werden weitere erleben, wenn Sie so eine Op­positionspolitik machen wie heute Nachmittag. (Beifall bei der ÖVP und den Freihei­tlichen.)

Meine Damen und Herren! Sie sollten natürlich schon auch die Verordnungen zur Kenntnis nehmen, die die Frau Ministerin herausgegeben hat, dass es zu einer Stun­denkürzung gekommen ist, lieber Herr Kollege Brosz! – Es ist Ihr legitimes Recht, permanent zu fragen und zu bohren. Es wird sich aber nichts daran ändern, dass das durch Untersuchungen nachgewiesen ist – ob es die der OSCD ist, deren Zahlen Sie jetzt anzweifeln (Abg. Brosz: OECD!), oder ob es andere Untersuchungen in Öster­reich sind. – Ich erwähne nur drei davon:

Erstens die Studie von Christiane Spiel: Die Bildungspsychologinnen Christiane Spiel und Petra Wagner vom Institut für Psychologie der Universität Wien haben festgestellt, dass bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 39,5 Stunden die Schüler heute mehr arbeiten müssen als ein Angestellter oder Arbeiter und dass viele Schüler noch darüber hinaus arbeiten müssen. Im Extremfall habe sie sogar Wochen­arbeits­zeiten von über 75 Stunden. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Die zweite Studie: Ferdinand Eder ist bereits 1995 zu dem Schluss gekommen, dass Schülerinnen und Schüler in der Volksschule mehr als 37 Stunden arbeiten, in den Hauptschulen über 50 Stunden, in den Gymnasien 54 Stunden und in den BHS sogar 61 Stunden. – Das ist mehr als das Eineinhalbfache der Zeit, die ein Arbeiter oder ein Angestellter arbeiten muss.

Die dritte Studie ist vom Institut Dr. Brunmayr: Er hat das Befinden der Schüler unter­sucht und sagt, 53 Prozent der Schüler klagen nachdrücklich über zu wenig Freizeit. Bei den Lehrlingen sind es nur 28 Prozent. Er sagt wörtlich, er halte als Jugendexperte eine Verringerung der Wochenstundenanzahl seit mehr als zehn Jahren für höchst notwendig.

Es ergeht also von allen Experten ein klarer Auftrag: Liebe Frau Bundesministerin! Tu etwas! Nimm deine Arbeit so wie immer ernst und mach etwas für die Schüler! Redu­ziere die Stunden, damit die Belastung wegfällt! Sie von der Opposition kommen hier heraus und kritisieren, bringen Studien, legen Ihre Meinung dar, das ist legitim (Abg. Brosz: OECD-Studien haben wir zitiert!), aber nehmen Sie zur Kenntnis, dass alle Experten sagen, unsere Schüler gehen zu lange in die Schule, haben zu viele Stun­den, und die gehören reduziert. – Das ist jetzt passiert, zum Wohle der Schüler! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf Ihnen noch Folgendes sagen – die Frau Bundesministerin hat es ja erwähnt –: Gerade heute berichtet der „Standard“ über ein „hervorragendes Zeugnis für das öster­reichische Bildungswesen“. Wissen Sie, was herausgekommen ist? – Das IFES-Institut, von dem man nicht sagen kann, dass es regierungsnah ist – wir wissen, wo es hingehört –, hat in einer Untersuchung festgestellt, dass die Zufriedenheit der Öster­reicher mit dem Bildungswesen bei 79 Prozent der Befragten durch einen Einser oder


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Zweier ausgedrückt wird. – Das ist eine sensationelle Einstufung durch die Bevöl­ke­rung, die tagtäglich ihre Kinder in die Schule schickt (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen) und die im Gegensatz zu Ihnen weiß, wo es langgeht!

Sie wollen unser Schulsystem immer schlecht machen und betonen immer, was alles falsch ist. – Natürlich ist vieles verbesserungswürdig, aber das Schulsystem zu verna­dern und schlecht zu machen, das tun nur Sie, meine Damen und Herren von der Op­position! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dann ist noch auffallend, dass die Hauptschulen ganz besonders gut abschneiden. Sie erhalten die Note 2,1. Vor zehn Jahren hat jeder zweite noch eine viel schlechtere Note gegeben. Da sind wir auch bei den verschiedenen Bildungsangeboten: Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Wiener Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl darlegt, dass nach der Volksschule eine Trennung in Hauptschule und AHS-Unterstufe nicht vorge­sehen ist. (Abg. Brosz: Das versteht man unter Qualitätssicherung!) 

Da spielen zwei Faktoren mit. Zunächst einmal die Kostenfrage: Es ist klar, dass der Kostenträger für eine AHS-Unterstufe der Bund ist. Es gibt aber auch ideologische Gründe: Man möchte die Kinder – da geht es auch um Ganztagsschulen oder inte­grierte Gesamtschulen – den ganzen Tag weg vom Einfluss der Eltern haben. (Abg. Neugebauer: Wer sagt das?) Es hat auch einmal einen diesbezüglichen Antrag der Sozialisten in Brigittenau gegeben, dass man die Kinder weg vom Elternhaus haben möchte, denn da würden sie negativ beeinflusst. (Abg. Öllinger: Das tut weh!) – In den sechziger Jahren hat es einen diesbezüglichen Antrag der SPÖ-Frauen Brigittenau gegeben. (Abg. Öllinger: Lieber ein Gedicht!) – Lesen Sie es nach! (Abg. Öllinger: Bitte ein Gedicht!)

Das ist Ideologie, aber mit der fangen wir nichts an, das wollen wir nicht. Wir wollen die freie Wahl, wir wollen eine Vielzahl von Ausbildungsmöglichkeiten, und wir wollen vor allem, dass die Schüler und Eltern selbst entscheiden können. – Dafür haben wir ein hervorragendes Angebot und ein hervorragendes Schulsystem. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zum Schluss kommt mein Vierzeiler. Herr Kollege Brosz, den habe ich Ihnen gewidmet:

Ein grüner Gutmensch macht sich wichtig,

nur er wisse, was wahr und richtig,

nur er habe der Weisheit Gnade.

Kratzt man jedoch an der Fassade,

hat schnell er seine Farb’ verloren.

Grün ist er nur hinter den Ohren. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Öllinger: Du wirst der Nachfolger vom Wolf Martin bei der „Kronen Zeitung“!)

19.05

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

 


19.06

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Wir sprechen heute über eine Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin. Wir können dabei nicht alle bildungspolitischen Themen abhandeln, sondern es geht darum, in welcher Qualität die Frau Bundesministerin Anfragen von Abgeordneten beantwortet. (Abg. Rossmann: Sehr genau!)


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Ich muss sagen, bei dieser Anfragebeantwortung war es oberflächlich und unge­nü­gend – anders kann man das nicht bezeichnen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Es war falsch, wie Sie das in Ihrer Einleitung begründet haben, und es ist auch falsch, dass Sie einfach sagen, Sie wissen nicht, wie die OECD das macht. – Sie hatten zwei Monate Zeit, sich zu erkundigen, wie diese Datenerhebungen wirklich stattfinden, um eine ordentliche Antwort zu geben.

Aber das ist ja nicht neu, Frau Bundesministerin! Ich habe Ihnen am 6. März eine aus­führliche Anfrage zu Bildungsdaten gestellt. Würde ich Ihnen die Liste vorlesen, was Sie alles nicht beantwortet haben, bräuchte ich dafür zehn Minuten und nicht die fünf verfügbaren.

Es gibt keine Schulverlaufsstatistik. Wir haben keine Statistik – oder Sie haben mir zu­mindest keine Antwort gegeben – über die Zahl der SchülerbeihilfenbezieherInnen. (Bundesministerin Gehrer: Da gibt es Bildungsdaten für so etwas!) Es ist keine Antwort darauf erfolgt. Ich habe gefragt, ob es Daten über die Ausgaben der Eltern für den Schulbesuch gibt. – Das gibt es alles nicht. Wie hoch ist der Anteil an Jugendlichen, die nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung besuchen? – Keine Antwort darauf. Es gibt eine ganze Reihe von unbeantworteten Fragen. Sie haben die Daten entweder selbst nicht, oder Sie legen keinen Wert darauf, den Abgeordneten darauf eine Antwort zu geben. (Abg. Amon: Herr Dr. Niederwieser, erklären Sie, warum Sie dann gegen das Bildungsdokumentationsgesetz sind!)

Den besonderen Höhepunkt stellt ja wohl die Antwort auf die Frage nach den Ganz­tagsschulen und den ganztägigen Schulformen dar. Die Frage war sehr deutlich, nämlich ob es konkrete Pläne für den Ausbau von Ganztagsschulen in Österreich gibt und wie die Zahlen für österreichische Ganztagsschulen in den einzelnen Bundeslän­dern nach Schultypen aussehen. – Diese Frage muss doch einfach zu beantworten sein! Kollege Neugebauer hat ja bestätigt, dass es solche Schulen tatsächlich jetzt schon gibt, und es sind nicht so viele, als dass man sie nicht zählen könnte.

Was antwortet die Frau Bundesministerin? – Die Einrichtung von Kinderbetreuung be­zie­hungsweise von ganztägigen Betreuungseinrichtungen falle nicht in die Zuständig­keit des Bundes, daher gebe es auch keine Darstellung. – Punkt! Schmecks! (Bundes­ministerin Gehrer: ... Gemeinden!) Das ist die Antwort. So gehen Sie mit unserem Fragerecht um, Frau Ministerin! Das ist nicht akzeptabel. Das lassen wir uns auf Dauer so nicht gefallen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich frage mich, wieso die deutsche Bundesministerin Bulmahn in der Lage ist, das für alle Bundesländer genau aufzuschlüsseln, und die österreichische Bildungsministerin das nicht kann. Das ist eine Verletzung des verfassungsmäßigen Fragerechtes der Abgeordneten. – Anders kann man das nicht bezeichnen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Neugebauer: Das ist aber nicht wahr! Dann fragen Sie gescheit!)

Damit aber nicht genug. Dieses Fragerecht steht in der Verfassung, aber die Miss­achtung von Gesetzen zieht sich wie ein roter Faden durch. (Abg. Großruck: Nieder­wieser, du bist in keiner guten Verfassung!) Die Bestellung des Universitätsrates Krü­nes ist nach wie vor gesetzwidrig. (Abg. Mag. Molterer: Das ist keine Besprechung der Anfragebeantwortung!) Niemand kann erklären, dass ein stellvertretender Parteivorsit­zender der FPÖ Niederösterreich kein politisches Mandat hat. Wer will denn das wirk­lich so erklärt haben? – Sie haben aber nicht gehandelt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer ist denn das überhaupt? Der hat ja überhaupt keine Funktion mehr!)

Die Frau Ministerin hat selbst die Medizinuniversität Innsbruck hier ins Spiel gebracht. Wieso ist dieser Vorgang rechtswidrig, Frau Ministerin? – Das ist relativ einfach erklärt. Sie haben einen rechtsgültigen Vorschlag des Gründungskonventes der Medizinuni Inns­bruck. Der war nicht säumig, der hat einen Vorschlag erstellt, und Sie haben sol-


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che Einervorschläge an fünf österreichischen Universitäten, darunter der Universität Wien, akzeptiert. Das war nicht rechtswidrig, das war eine völlig korrekte Vorgangs­weise. (Bundesministerin Gehrer: Der Uni-Rat hat es akzeptiert, nicht ich!) – Sie sind Aufsichtsbehörde, Sie haben das akzeptiert. Da gibt es nichts daran zu deuteln.

Sie hatten kein Recht, anstelle des Gründungskonventes zu handeln. Sie haben das aber getan und dem Universitätsrat einen neuen Vorschlag vorgelegt. – Dazu hatten Sie kein Recht! (Abg. Großruck: Niederwieser, ein Misstrauensantrag wäre fällig!) Das ist eine Streitfrage. Ich bin völlig überzeugt, dass Sie in diesem Fall zu Unrecht in die Autonomie der Universität eingegriffen haben, und wir werden das mit Sicherheit vom Verfassungsgerichtshof noch bestätigt bekommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Und dann eine letzte Frage, wenn wir von Rechtswidrigkeiten im Ministerium reden: Sie haben morgen mit Präsident Raidl eine Pressekonferenz über die Erfolgsstory Fach­hochschulen. Was da passiert, ist schlechthin skandalös: Das Ministerium setzt bei bestehenden Verträgen den Erhaltern unter der Drohung, ansonsten keine weiteren Studiengänge zu genehmigen, das Messer an – anders kann man es nicht bezeich­nen – und zwingt sie dazu, auf 20 Prozent der Zuweisung des Bundes zu verzichten. – Wenn wir in einem solchen Rechtsstaat leben, dann haben wir es weit gebracht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Großruck: Ein Misstrauensantrag wäre wieder recht! – Abg. Dr. Niederwieser – das Rednerpult verlassend –: Weißt du das mit den Fachhochschulen?)

19.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 


19.11

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Kollege Niederwieser, ich glaube, als SPÖ-Abgeordneter haben Sie überhaupt kein Recht, die Qualität dieser Bundesregierung in Bezug auf Anfragen zu kritisieren. (Abg. Reheis: Das hätten Sie gerne, dass wir kein Recht haben! Uns das Recht abzu­sprechen, das ist typisch FPÖ! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Kollegen werden das bestätigen: In unserer langjährigen Erfahrung als Op­positionspartei haben wir so manche Anfragebeantwortung erlebt, auch von Bundes­kanzler Vranitzky, sogar bei Dringlichen Anfragen, wenn er überhaupt gekommen ist und nicht seinen Staatssekretär geschickt hat, aber auch unter Klima war es dasselbe! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ja, das ist wahr! Mit schmecks! – Gegenruf der Abg. Binder.) Ich kann mich an eine Anfrage von uns mit, glaube ich, 48 Fragen erinnern. Er hat die Frage 1 beantwortet – eher global –, und zu den Fragen 2 bis 48 hat er gesagt, er bezieht sich auf Punkt 1 der Anfragebeantwortung. (Abg. Reheis: Ihr müsst halt ge­nauer formulieren!) – Mit dieser Ignoranz wurden hier Anfragen beantwortet! Daher ha­ben Sie überhaupt kein Recht, das in dieser Form zu kritisieren. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Brosz: Und Sie haben den Stil übernommen, oder wie?)

Aber jetzt zurück zum Inhalt dieser Anfragebesprechung: Es zeigt sich einmal mehr, dass Sie – die Oppositionsparteien – mit diesen Stundenkürzungen ausschließlich ein Politikum inszenieren, das jeglicher Grundlage entbehrt, nämlich insofern, als es selbst­verständlich Spielräume gibt, die durch die Stundenreduktion im Pflichtschul­bereich automatisch geschaffen wurden; dadurch entstehen Möglichkeiten für Freige­gen­stände beziehungsweise für Förderunterricht und für unverbindliche Übungen.


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Es sind auch Schüler zu mir gekommen und haben gefragt, was sie machen sollen, da bei ihnen die Freigegenstände gekürzt wurden und sie jetzt dieses oder jenes nicht mehr machen können. – Das ist nur eine Frage der Qualität der Umsetzung! Da sind die Landeshauptleute gefordert, die Schulorganisationen in den Ländern, aber selbst­verständlich auch die Direktoren vor Ort. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Brosz: Das glaubt ihr ja selbst nicht!)

Das ist einmal mehr ein Politikum, das Sie schüren, und da sind wir bei einem sehr heißen Thema, über das ich wirklich sehr gerne mit Ihnen diskutiere: Da geht es näm­lich um politische Bildung in den Schulen. Wir haben vor Schulschluss viele Schüler hier im Parlament empfangen, und ich sage Ihnen: Jede Schulklasse – ich habe mit mir schon Wetten abgeschlossen, wenn die Schüler bei der Tür hereingekommen sind – war emotionalisiert auf das Thema Abfangjäger, aber in einer Art und Weise, dass man nur sagen kann: Politische Bildung ist politisch manipuliert worden! (Abg. Öllinger: Na, na! Das ist ja ungeheuerlich, was Sie da unterstellen!)

Ich habe heute auch den Zettel von der Galerie flattern gesehen, und Kollegin Lichten­berger ist herausgekommen und hat das, ohne dass sie hinaufgeschaut hat, sofort Grün beziehungsweise ihren Freunden zugeordnet. Also wir wissen, wo das herkommt.

Wenn man dann die Schüler gefragt hat, ob sie sich mit der Neutralität, mit der Siche­rung und der Auftragserfüllung eines völkerrechtlichen Vertrages, eines Verfassungs­rechts auseinander gesetzt haben, wurde man nur groß angeschaut, weil die Schüler nicht einmal wissen, was ein Verfassungsgesetz ist. – So läuft bei uns die politische Bildung! (Abg. Dr. Grünewald: Es gibt so wenig blaue Lehrer! – Abg. Öllinger: Das war das Highlight des heutigen Tages!)

Da werde ich mich auch im Rahmen der Zukunftskommission in die Diskussion ein­bringen. Frau Bundesministerin! Ich ersuche Sie wirklich, dass man auch bei der politi­schen Bildung Qualitätsstandards festlegt (Abg. Öllinger: Volkslieder singen!), sodass sie neutral und nicht politisch gefärbt ist und die Schüler – wie auch wir es noch gelernt haben – in Form einer Staatsbürgerkunde ein breites Informationsspektrum vermittelt bekommen. (Abg. Öllinger: Goldhauben sticken!)

Wenn man heute die Schüler fragt, dann stellt man fest, dass sie den Unterschied zwi­schen Legislative und Exekutive nicht kennen. Viele kennen nicht einmal den Unter­schied zwischen einem Landtag und einer Stadtregierung, zwischen Bundesrat und Na­tionalrat. – Da muss angesetzt werden, damit die jungen Menschen auch eine Ahnung davon bekommen, wie sie manipuliert werden können! – Ich spreche dann mit Ihnen auch gerne über weitere Maßnahmen und bin gerne bereit, auch über eine Ganztagsschule auf freiwilliger Basis und über vieles andere mehr zu sprechen.

Aber was Sie hier an politischer Manipulation aufgeführt haben, vor allem in den letzten Monaten, das zeigt ... (Abg. Öllinger: Wir?) – Das waren Sie und die SPÖ zusammen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Ah ja!) Bei einer Lehrerschaft – das wissen wir –, die ja vielfach noch aus Altachtund­sechzi­gern besteht und die durchaus auch politisches Interesse daran hat, diese Bundes­regierung vor den Schülern schlecht zu machen. (Abg. Öllinger: Und die wählen ÖVP! Das wissen Sie schon!)

Ich habe zwei schulpflichtige Kinder. Eines geht in die Oberstufe, in die 5. Klasse. Sie kommt oft genug nach Hause und kann mir von politisch gefärbten Zwischentönen der Lehrerschaft berichten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: So schaut’s aus!) Darüber werden wir auch zu sprechen haben! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Da werden wir drüber reden!)


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Ich bin mir sicher, dass uns da auch etwas gelingen wird – in der Zukunftskommission wird ja auch über Qualität und über Qualitätsstandards gesprochen –, damit in Zukunft solche Manipulation nicht mehr vorkommt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzte Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte. (Abg. Dr. Fasslabend – in Richtung Grüne –: Sie hat es einmal deutlich gesagt! – Abg. Öllinger: Ja, wunderbar!)

 


19.17

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Kollegin Rossmann hat eines deutlich gemacht, nämlich ihre Haltung zur politischen Bildung. Wenn Sie von „Manipulation“ sprechen, hätte ich schon gerne gewusst, woher Sie das beziehen. Wenn Schüler und Schülerinnen hierher kommen, die in einer bestimmten Frage emotionalisiert sind, und Sie behaupten, das ist so, weil sie von der SPÖ und den Grünen manipuliert worden seien, dann finde ich das ein starkes Stück! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Öllinger auf das Rednerpult deutend –: Kann man das irgendwie desin­fizie­ren?)

Ich möchte das im Sinne der politischen Bildung in Schulen, für die lange genug ge­kämpft worden ist, wirklich zurückweisen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist an den Haaren herbeigezogen!) Ich glaube, dass die Leute, die das noch unterrichten, sich sehr bemühen, gute Arbeit zu leisten und den Schülern und Schülerinnen überhaupt einmal so etwas wie ein politisches Bewusstsein beizubringen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Großruck und Binder.)

Zu unserer Anfragebesprechung. Frau Ministerin, Sie haben sich auf Aussagen der Grü­nen Jugend beziehungsweise unserer Jugendsprecherin bezogen. – Ich gestehe schon zu, unser Fehler und auch der unserer Jugendsprecherin war, dass wir Ihren Zahlen, den Zahlen des Bundesministeriums, geglaubt haben, die Sie an die OECD geschickt haben. – Das war unser Fehler. Das werden wir uns merken. Wir werden das in Zukunft nicht mehr machen. Wenn wir uns auf unsere eigenen Erhebungen be­ziehen und nicht an die Zahlen glauben, die aus dem Bundesministerium kommen, dann können wir die Dinge in Zukunft vielleicht auch besser einschätzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Insgesamt ist aber schon zu sagen, dass aus der PISA-Studie ganz eindeutig hervor­geht, dass das Problem der österreichischen Schulen nicht ist, dass die Schüler und Schülerinnen zu viele Stunden haben. – Das mag auch sein. Ich will gar nicht behaup­ten, dass grundsätzlich alles so bleiben muss, wie es war; es kann durchaus auch sein, dass eine Stundenreduktion oder eine -umschichtung in gewisser Weise Sinn macht. (Abg. Amon: Es gibt ja auch andere Studien, die das belegen!)

Das war jedoch nicht die Kritik und das Ergebnis dieser PISA-Studie. Die Kritik, die aus dem Ergebnis dieser PISA-Studie hervorgeht, hat mehrere Ebenen. Ich möchte zwei Punkte herausgreifen. (Abg. Mag. Mainoni: Bitte nicht!) Der erste Punkt ist, dass die hohe Leistungsstreuung zwischen den Schulsystemen – das heißt die rasche Selektion zwischen Hauptschule und AHS in Österreich – ohne Frage zu einem durchschnitt­lichen Leistungsabfall führt. In allen Ländern, in denen diese frühe Selektion nicht stattfindet, kann man sehen, dass insgesamt das Leistungsniveau höher ist.

Man kann jetzt die Augen zumachen und sagen, das ist nicht so, oder man kann hin­schauen und sich fragen, was das für unser System heißt. (Abg. Großruck: Falsch!) – Gut, das ist falsch. Das heißt, die PISA-Studie ist falsch. Ich nehme das zur Kenntnis, dass Sie einfach manche Dinge nicht sehen wollen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP.)


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Der zweite Bereich ist die Frage der Leistungsunterschiede zwischen Mädchen und Burschen. Es stellt sich in allen europäischen Ländern heraus, dass die Mädchen bes­ser lesen können als die Burschen. In Österreich ist das anders, Österreich hat diesbezüglich einen der schlechtesten Werte. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Was war das für eine Handbewegung, und was meinen Sie damit? Sprechen Sie mit mir! Lesen Sie die PISA-Studie, dann werden Sie das selbst sehen!

Der Durchschnittswert bei der Geschlechterdifferenz zwischen Mädchen und Burschen in der Frage der Lesefähigkeit insgesamt liegt bei plus 22,4 für die Mädchen, in Öster­reich aber bei minus 13. – Das ist schlicht und einfach eine Zahl. Ich weiß nicht, wie es Ihnen damit geht, aber das kann man aus dieser Studie herauslesen. Die Frage ist: Wie gehen Sie damit um?

Es ist auch ersichtlich aus dieser Studie, dass 40 Prozent der Frauen in Österreich in Technikberufen aus Mädchenklassen kommen, während der Anteil der Mädchen­klas­sen insgesamt sehr viel geringer ist. – Auch das könnte man sich anschauen, was das eigentlich heißt.

Kurz zur Zukunftskommission, die im Herbst ihre Arbeit starten wird. – Ich halte es für positiv, dass es diese Zukunftskommission gibt. Herr Dr. Haider hat in der letzten Sitzung des Unterrichtsausschusses auch dargelegt, in welche Richtung sie arbeiten wollen. Ich glaube, dass es sehr wesentlich sein wird, auch auf Grund der Ergebnisse der PISA-Studie, dass speziell in Fragen der Schulorganisation weitergedacht wird. Das betrifft sowohl die Frage der Ganztagsschule als auch die Fragen der Gesamt­schule, was zwei verschiedene Dinge sind, auch wenn Sie von der ÖVP und von den Freiheitlichen das manchmal nicht auseinander bringen. Und das betrifft auch die Frage eines geschlechtergerechten Unterrichtes. Diesbezüglich wünsche ich mir, dass die Zukunftskommission arbeitet. Mit zwei Stunden weniger quer durch wird es nicht getan sein. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 162/A der Abgeordneten Werner Miedl, Mag. Eduard Mainoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vor­schriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsord­nung 1960 – StVO 1960), geändert wird (185 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungsantrag 79/A (E) der Abgeordneten Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusatz­tafeln an Ortstafeln (186 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (23 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (22. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden (84 der Beilagen)


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10. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (76 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2003) (85 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 163/A der Abgeordneten Wer­ner Miedl, Mag. Eduard Mainoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird (189 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 7 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


19.23

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Was hier jetzt zur Diskussion steht, ist ein ganzes Paket an Verkehrsregelungen, Ver­kehrsgesetzen, Anträgen auf Änderungen der Verkehrsgesetze. Ich finde es schon etwas erstaunlich, dass sich weder der Herr Staatssekretär bemüßigt fühlt, dieser De­batte beizuwohnen, noch der Herr Verkehrsminister selbst. Das ist aus meiner Sicht ein großer Mangel, und ich bitte Sie ... (Staatssekretär Mag. Kukacka betritt den Saal.) – Aha, der Herr Staatssekretär ist eingetroffen, fein, dann können wir wenigstens ausführlich über die entscheidende Frage des Kraftfahrliniengesetzes diskutieren. Ich halte das nämlich für eine der wesentlichen Zukunftsfragen.

Ich möchte aber vorher noch kurz auf andere Punkte eingehen, die in diesem Sam­melpaket enthalten sind. Es geht einmal um eine Regelung, dass die Ausdehnung des Intervalls für die so genannte Pickerl-Überprüfung auf drei Jahre erfolgt ist, und zwar auch für die Landwirtschaft; diesmal eben nicht für PKW, sondern für landwirtschaft­liche Nutzfahrzeuge. Ich halte das – und das sage ich Ihnen ganz offen – für absolut falsch, und wir haben deshalb auch den Antrag auf getrennte Abstimmung gestellt.

Gerade in der Landwirtschaft ist durch die erhöhte Beanspruchung des Wagenmate­rials keinerlei Vergleich zu einem normalen PKW bei normalem Fahrverhalten gege­ben. Gerade deswegen sollte die Überprüfung in einem dichteren Rhythmus, also im üblichen alten Intervall stattfinden. Noch dazu, und deshalb verwundert mich diese Re­gelung, sind die Bauern doch so überzeugt davon – zumindest ihre Vertreter hier im Par­lament, die Bauern selbst eh nicht –, dass sie Vorreiter und Vorreiterinnen im Umweltschutz sind. Eine ständige Abgaskontrolle ist natürlich mehr als gravierend und wichtig für die Emissionen, die auch im landwirtschaftlichen Betrieb ausgestoßen wer­den, aber das scheint den Herren und Damen Bauernvertretern wiederum gleich­gültig zu sein. Das halte ich für falsch. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Warum denn?) Was im restlichen Paket an Anpassungen enthalten ist, ist für mich in Ordnung. (Abg. Gril­litsch: Was halten Sie für falsch?)

Sie würden sich wundern, ich habe einige Mails zu diesem Thema erhalten, die mich sehr wohl in dieser Meinung bestätigt haben. Auch Statistiken wurden mir zugeschickt


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und anderes mehr. Ich war sehr überrascht, dass auf diese Initiative meinerseits überhaupt Reaktionen erfolgt sind.

Nächster Punkt: Es gab einen Antrag und einen Vorschlag in Bezug auf die Zusatz­tafeln an den Ortstafeln, die in letzter Zeit durch einige Urteile zu sehr viel Verwirrung geführt haben. – Wir werden dieser Regelung in der Hoffnung, dass sie rechtlich auch hält, zustimmen.

Wenn wir jetzt wieder neues „Theater“ – sage ich jetzt einmal unter Anführungszei­chen – wegen dieser Zusatztafeln, die an den Ortstafeln angebracht werden, wegen dieser Zusatzschilder wie „Kurort“ oder „Klimagemeinde“ und so weiter haben, dann hätten wir das ganze Prozedere, von dem wir schon früher gewusst haben, dass es gemacht gehört, noch einmal abzuhandeln. Es lag von unserer Seite schon vor langem einmal ein Antrag in diese Richtung auf dem Tisch, aber es hat nur geheißen: Kein Problem, das hält alles, das macht alles keine Schwierigkeiten! – Und was ist passiert? Natürlich ist diese Bestimmung gefallen, und jetzt muss sie repariert werden.

Ein weiterer Punkt in der KFG-Novelle: die Unterwegskontrolle, wegen der Österreich von der Europäischen Union schon gemahnt worden ist. Die Umsetzung hat sich zwei Jahre lang verzögert und vor kurzem eben noch einmal verzögert, weil wieder einmal eine Erklärung – pressewirksam – vom Herrn Bundeskanzler im Hohen Haus abge­geben werden musste und deshalb diese Punkte von der Tagesordnung abgesetzt wurden. Da haben Sie sich offensichtlich selbst – wie man so schön sagt – das Knie beschädigt, meine Damen und Herren.

Der wichtigste Punkt in diesem ganzen Paket ist natürlich die Novelle des Kraftfahr­liniengesetzes. Wer sich nun erwartet hat, dass von Seiten der Regierungsparteien endlich darauf reagiert wird, dass diesbezüglich dringender Novellierungsbedarf be­steht, um den Nahverkehr und dessen Qualität zu erhalten, der hat sich getäuscht. Herausgekommen ist eine kleine Bastelei, und noch dazu war leider zu spüren, dass der Wille, dieses KFlG zu novellieren, nicht sehr stark ausgeprägt war.

Die einzige Novellierung bezieht sich darauf, dass man die mögliche Zusammenlegung von ÖBB- und Postbus so regeln will, dass natürlich die entsprechenden Linien­kon­zessionen bei Zusammenschlüssen von Unternehmen mitgenommen werden können. Ich halte diese Zusammenführung nicht für richtig. Sie sind es, die immer von Wett­bewerb reden und davon, wie wichtig der Wettbewerb wäre. Nun soll er einmal statt­finden zwischen zwei Partnern auf dem Markt – aber er findet nicht statt! Nein! Man zwingt die beiden in das gleiche Korsett und verklopft dann unter Umständen noch die besten Gustostückerln an ein paar Private, die natürlich schon auf der Fußmatte scharren, damit sie diese Gustostückerln bekommen. (Abg. Mag. Regler: Nicht Gust­ostückerln, ganze Teile!)

Ich war sehr froh, dass zumindest ein ÖVP-Abgeordneter gesagt hat, auch er sei nicht daran interessiert, dass die Gustostückerln aus dem Gesamtpaket herausgenommen werden, weil wir sonst nämlich den öffentlichen Verkehr in der Region nicht aufrecht­erhalten können. In Sachen sozialer Gerechtigkeit, meine Damen und Herren, ist das mehr als dringend. (Beifall bei den Grünen.)

Ich war auch sehr froh über einen Satz des Herrn Staatssekretärs Kukacka, der auf meine Nachfrage hin bestätigt hat, dass natürlich der Markt – es geht hier immer um die Grenzen des Marktes im Personenverkehr zum Beispiel in einer bestimmten Region – den öffentlichen Verkehr extra betrifft und nicht der Markt als Gesamtes ge­sehen wird, immer unter Annahme, jeder Pendler hätte einen PKW, auf den er im Zweifelsfall umsteigen könnte.


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Der Herr Staatssekretär hat bestätigt, dass es hier wirklich um einen Markt zwischen den Trägern öffentlicher Verkehre geht – sinnvollerweise, das würde sonst in riesige Unge­rechtigkeiten münden, weil nicht jeder Pendler und nicht jede Pendlerin auf dem Land über ein Kfz verfügt, einen einfachen Zugang zu einem Kraftfahrzeug hat, um die notwendigen Wege erledigen zu können.

Die Absicherung des öffentlichen Verkehrs müssen wir gewährleisten. Das ist eine zentrale und wichtige soziale Leistung, die in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen ist für das Verbleiben auf dem Land, denn nur dann können Familien, Familien mit Kin­dern auf dem Land verbleiben, wenn ausreichend öffentliche Verkehrsmittel zur Ver­fügung stehen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Mag. Regler und Dipl.-Ing. Scheuch.)

Wenn man das aus falsch strukturiertem Wettbewerbsverständnis nicht mehr als öffentliche Aufgabe versteht, dann weiß man nicht, wie die soziale Situation auf dem Land heute aussieht, und dann nimmt man den Leuten auch die Möglichkeit, auf dem Land zu verbleiben.

Insofern, wie gesagt, war ich sehr froh, dass sich der Herr Staatssekretär auch in diese Richtung ausgesprochen hat. Es gab Anzeichen dafür, dass ein neues Verständnis von einem gemeinsamen Markt zwischen PKW-Verkehr und den gesamten öffentlichen Linien definiert werden sollte, was fatal für die Zukunft des ländlichen Raumes wäre.

Wir werden dieser Regelung zustimmen, auch wenn sie bei weitem nicht ausreichend ist und wir dringend Novellierungsbedarf haben, den ich heute hier auch noch einmal anmelde. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

 


19.32

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich, Frau Kollegin Lichten­berger, haben wir keinerlei Anspruch darauf erhoben, mit den heutigen Verkehrs­ge­setzen eine umfassende Reform zu verabschieden!

Meine Damen und Herren! Kollegin Lichtenberger! Erstens: Für mich schon wesentlich und wichtig ist die wiederkehrende Begutachtung nach § 47a KFG im Bereich der Land­wirtschaft. Damit, muss ich sagen, ist eine Wettbewerbsgleichstellung erfolgt, denn den Landwirten ist in Wirklichkeit nicht zuzumuten, einen längeren Ausfall ihrer schweren Geräte hinzunehmen. Gleichzeitig muss man schon auch sagen, die § 47a-KFG-Überprüfung hat im Wesentlichen die Verkehrssicherheit im Auge, das heißt die Bremsen, die Beleuchtung, die Lenkung, und bezüglich all dessen ist beim Traktor wahrscheinlich auf Jahre hinaus nicht anzunehmen, dass das ausfällt.

Im Übrigen, Herr Kollege Pirklhuber, verweise ich natürlich auf die besondere Ver­pflich­tung eines jeden Lenkers, dafür zu sorgen, dass sich das Fahrzeug jederzeit in einem den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung entsprechenden Zustand be­findet.

Nächster Punkt: Ortstafeln und Zusatztafeln. Auch diesbezüglich bin ich ganz Ihrer Meinung, Frau Kollegin Lichtenberger! Wir sind uns darin sehr einig und sehr nah beieinander.

Ich persönlich möchte nur Folgendes dazu sagen: Die Straßenverkehrsordnung regelt eigentlich das Verhalten der Kraftfahrer beziehungsweise der Verkehrsteilnehmer auf der Straße, und wir sollten uns überlegen, und zwar alle hier im Haus, ob wir ins-


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gesamt nicht zu viel an Verkehrszeichen, an Tafeln und Reglements haben. Ich muss Ihnen sagen, dass ich persönlich dieser Regelung nur schweren Herzens zugestimmt habe. Ein Verkehrszeichen ist nun einmal kein Fremdenverkehrswerbeträger, aber ich habe mich letztendlich dem Verwaltungsgerichtshof und dem Wunsch sehr vieler Bür­germeister in Österreich gebeugt, weil ich denke, es schadet an sich nicht, wir müssen nur anerkennen, dass sie eine andere Funktion haben. (Abg. Dr. Lichtenberger: Dann hinterfragen wir auch die Werbungen!) – Auch das können wir gerne tun.

Zum Kraftfahrliniengesetz: Genau Ihre Befürchtung, Frau Kollegin, darf nie zutreffen und nie eintreffen! Wir dürfen nie zulassen, dass sich Interessenten für Kraftfahrlinien nur die Zuckerln herausholen und den Rest sozusagen im Regen stehen lassen. Das darf nicht sein!

Gerne einladen möchte ich einmal zu einer umfassenden Debatte hier im Haus über den öffentlichen Personennahverkehr, vor allem in Ballungsräumen. Ich persönlich meine, dass das wichtig und notwendig ist, wollen wir das Verkehrsaufkommen im städtischen Bereich und in Ballungsräumen so regeln, dass die Maßnahmen den Menschen dienen und sich nicht gegen sie stellen. Ich richte diese Einladung an Sie alle hier im Haus, damit wir schon in nächster Zeit eine breit angelegte Diskussion zum öffentlichen Personennahverkehr führen können.

In diesem Sinne danke ich und bitte ich um Annahme. (Beifall bei der ÖVP, den Frei­heitlichen sowie des Abg. Broukal.)

19.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

 


19.35

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich mit dem Antrag beziehungsweise Entschließungsantrag betreffend Zusatztafeln an Ortstafeln beschäf­tigen. Die Thematik hat eine doch längere Geschichte. Das Problem an und für sich liegt darin, dass Hinweise und Zusatzinfos an Ortstafeln einen Kundmachungsmangel bedeuten und geltende Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung außer Kraft set­zen können. Zu diesem Erkenntnis kam der Verwaltungsgerichtshof und hob unter anderem die Strafe gegen einen Autoraser auf.

Ich formulierte schon im vorigen Jahr eine Anfrage an den damaligen Verkehrsminister Reichhold, dann gab es von mir einen Entschließungsantrag und nun schlussendlich den Antrag der Kollegen Miedl und Mainoni, der nun jene Punkte beinhaltet, die einerseits Rechtssicherheit schaffen und gleichzeitig noch einen kleinen Spielraum für die Gemeinden schaffen, nämlich Zusatztafeln, die die Gemeinde betreffen, zu instal­lieren.

Zu begrüßen sind die bundeseinheitliche Regelung und die Tatsache, dass vor allem Temposündern im Ortsgebiet wieder klar Einhalt geboten wird. Somit ist eine unend­liche Geschichte zu Ende, und wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden diesem Antrag unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.

 



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29. Sitzung / Seite 206

19.37

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Herr Staatssekretär! Drei Themenbereiche möchte ich kurz anschneiden. Themenbereich Nummer eins, von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern bereits angesprochen: die Zusatzschilder an den Ortstafeln. Man möchte es kaum glauben, ein anfänglich doch unscheinbares Thema hat dann größtes Interesse, vor allem Medieninteresse, entwickelt. Diesem Umstand haben wir Rechnung getragen.

Es waren vor allem Bürgermeister diverser Gemeinden, die gerne den Zusatz „fami­lien­freundliche Gemeinde“ oder irgendeinen Bezug dazu anbringen wollten. Es hat sich herausgestellt, dass es nicht ganz so einfach ist, das so mir nichts, dir nichts zu gewähren – deshalb: eine relativ strikte Regelung, aber dem Ansinnen und den Wünschen ist doch Rechnung getragen worden.

Nun zur 22. KFG-Novelle, die im wesentlichen als kleine, aber doch sehr wichtige No­vel­le bezeichnet wird. In Umsetzung eines nationalen Verkehrssicherheitsprogramms werden Änderungen im Bereich der Ladungssicherung erfolgen, wird die Sturzhelm­pflicht auch auf die so genannten Quads ausgedehnt, wird für das Zuggewicht im Ver­hältnis von PKW zu Anhänger nur mehr eine Bandbreite festgelegt, wenn man den An­hänger wechselt; man braucht nicht mehr das genaue Gewicht anzugeben. Die Er­teilung von Ausnahmegenehmigungen wird durch den Landeshauptmann erfolgen; bisher eine Materie, die sowohl in ministerieller Verantwortung als auch bei den Lan­deshauptleuten lag.

In diesem Zusammenhang, sehr geehrter Herr Präsident, bringen die Abgeordneten Mag. Mainoni, Grillitsch folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Mainoni, Grillitsch, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungs­vorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (22. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes 84 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrge­setz 1967 (22. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (84 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Kraftfahrgesetzes 1967)

Die bisherige Z 1 wird als Z 1a bezeichnet und als neue Z 1 wird eingefügt:

1. Im § 4 Abs. 7a lautet der erste Satz:

„,Bei Kraftwagen mit Anhängern darf die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 38 000 kg, im Vorlauf- und Nachlaufverkehr mit kranbaren Sattelanhängern 39 000 kg und mit Containern und Wechselaufbauten 42 000 kg und beim Transport von Rundholz aus dem Wald bis zum nächstgelegenen technisch ge­eig­neten Verladebahnhof oder Verarbeitungsbetrieb, höchstens jedoch 100 km Luft­linie, wenn beide Fahrzeuge jeweils mehr als zwei Achsen haben, 42 000 kg nicht überschreiten.’“

*****

Ich danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.39

 



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29. Sitzung / Seite 207

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Mainoni so­eben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Mainoni, Grillitsch ist ausrei­chend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


19.40

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir behandeln heute im Rahmen des Bereichs Verkehr ein ökonomisches Thema, welches der Landwirtschaft Erleichterungen bringt. Ich habe die Ausführungen von Kollegin Lichtenberger am Be­ginn dieser Debatte verfolgt, und sie sagte, dass sie diesem Punkt nicht zustimmen kann. Ich darf für mich in Anspruch nehmen, seit 25 Jahren direkt in der Landwirtschaft tätig zu sein und mit Technik zu tun zu haben, und ich nehme mir heraus, zu be­haupten, dass heute ein in der Landwirtschaft eingesetzter Traktor im Vergleich zu ei­nem PKW von der Robustheit und Stabilität her, was Bremsen und alle anderen tech­nischen Dinge betrifft, einen höheren Standard aufweist, weil es hier einfach Sicherheit gibt.

Ich gebe ganz offen zu: Wo wir in der Landwirtschaft Probleme haben, das ist bei der Bedienung. Das ist eigentlich die Hauptursache dafür, dass in der Landwirtschaft mit­unter auch etwas passiert. Daher verstehe ich es einfach nicht ganz, dass man bei die­sem Thema, welches Erleichterungen und eine Angleichung an Regelungen bringt, wie sie auch für PKW gelten, nicht mitgehen kann. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Österreichs Landwirtschaft erfüllt vielfältige Aufgaben: von der Produktion über die Ge­stal­tung und Erhaltung unserer Kulturlandschaft bis hin zu Vorleistungen, welche der Wirtschaft dienen. Daher brauchen wir auch Rahmenbedingungen, um diesen Auftrag auch in Zukunft erfüllen zu können.

Mit dieser Novellierung des Kraftfahrgesetzes gibt es Erleichterungen und Verbes­serungen, Verwaltungsvereinfachungen für die Landwirtschaft. Es wird für landwirt­schaft­liche Fahrzeuge mit einer Bauartgeschwindigkeit von bis zu 40 Kilometern pro Stunde das Intervall für die Prüfungspflicht, des so genannten Pickerls, verlängert. Bis­her musste man jährlich überprüfen lassen. In Zukunft wird das gleich geregelt sein wie beim PKW: die erste Überprüfung nach 3 Jahren, die zweite Überprüfung nach 5 Jahren und danach selbstverständlich jährlich. Es erfolgt hier also eine Gleich­be­handlung mit PKW-Besitzern.

Ich habe es schon gesagt: Es ist vom technischen Standpunkt her vertretbar, dieser No­velle zuzustimmen. Was die technischen Standards betrifft, so sind diese gerade in Österreichs Landtechnik sehr hoch. Österreichs Firmen machen das so sicher, es wird alles geprüft! Wir haben in Wieselburg ein tolles Technikzentrum, welches jederzeit die Bedienungssicherheit und technische Sicherheit gewährleistet.

Zusammenfassend kann man sagen: Diese Novelle bringt der Landwirtschaft ein ge­wisses Ausmaß an Verwaltungsvereinfachung, einen gewissen Bürokratieabbau, aber vor allem auch eine Kostenentlastung. Und als Vertreter der österreichischen Maschi­nenringe darf ich auch einmal sagen: Wir reden von Kosten und wir handeln – und haben damit wieder einen kleinen Beitrag geleistet und wieder ein längst fälliges Anliegen umgesetzt!

Zum Schluss darf ich mich an Herrn Bundesminister Gorbach noch mit einem Anliegen wenden: dass man die Parallelimporte für landwirtschaftliche Kraftfahrzeuge auch er­leichtern und damit wiederum einen kleinen Beitrag dazu leisten möge, Österreichs Landwirtschaft von Kosten zu entlasten.


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29. Sitzung / Seite 208

In diesem Sinne stimmen wir dieser Novelle gerne zu! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Gorbach. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


19.43

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach: Ge­schätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren Abgeordne­ten! Es sei mir erlaubt, zu diesem umfangreichen Themenkomplex auch noch einige Worte zu deponieren, weil hier ja einiges erledigt wird, das nicht nur in den Aus­schüssen, sondern, wie wir schon gehört haben, auch in verschiedensten Gremien draußen, sozusagen vor Ort für heftige Diskussionen gesorgt hat. Es ist sicherlich gut, wenn das einer Regelung zugeführt wird.

Ich denke da unter anderem auch an die Ortstafelregelung, wo man im Verkehrs­ministerium ja bisher immer die Rechtsmeinung vertreten hat, dass die Gültigkeit einer Ortstafel als Verkehrszeichen auch dann gegeben ist, wenn eine Zusatztafel ange­bracht wird. Ein Entscheid des Obersten Gerichtshofes hat diesbezüglich dann ande­res gebracht, und deshalb ist eine gewisse Unsicherheit entstanden und hat eine ent­sprechende Diskussion stattgefunden. Ich hoffe, dass diese Frage jetzt erledigt ist.

Ich möchte kurz auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Miedl eingehen, weil auch ich der Meinung bin – da haben Sie in mir einen wirklichen Unterstützer! –, dass wir darauf achten müssen, dass der Schilderwald nicht zu groß wird. Das gilt für das hochrangige ebenso wie für das niederrangige Straßennetz, denn neueste Untersu­chungen zeigen ja, dass eine immer größer werdende Gefahrenquelle für Unfälle die nicht mehr übersichtliche Beschilderung, etwa in Tunnelbereichen, im hochrangigen Straßennetz, ist, und aus eigener Erfahrung wissen wir wohl alle, dass wir auf Ge­meinde- und Landesstraßen – früher Bundes-, jetzt Landesstraßen – ebenso wie auf Schnellstraßen und Autobahnen wirklich darauf achten müssen, nicht einen Schil­derwald zu provozieren, der dann das Gegenteil von dem bewirkt, was er bewirken sollte. Insgesamt sollte nämlich die Überschrift immer lauten: Erhöhen oder Sicher­stellen der Verkehrssicherheit, der Sicherheit im österreichischen Straßennetz, im Straßen­verkehr.

Damit bin ich auch schon beim nächsten Punkt: Meine Damen und Herren, die Bedeu­tung der Ladungssicherung, die wir im Rahmen der 22. Kraftfahrgesetz-Novelle zusam­men mit verschiedenen anderen Punkten beschließen, ist auch nicht zu unterschätzen, denn schlechte Ladung ist sehr oft die Ursache für schwere Unfälle mit LKWs. Ich selbst habe einige in Erinnerung. Ich darf das nur ganz kurz erwähnen, weil sich mein früheres Büro neben dem 7 Kilometer langen einröhrigen Pfändertunnel befand, der von Bregenz in Richtung Deutschland führt und wo ein sehr starker LKW-Verkehr stattfindet, weil die exportorientierten Vorarlberger Firmen natürlich dort hinaus müs­sen – das ist für sie die einzige Möglichkeit, weil der Arlberg eine natürliche Barriere ist. Dort ist es immer wieder zu Unfällen gekommen, weil sich Ladegut verschoben hat oder diesbezüglich irgendetwas passiert ist. Da gab es schwerste Unfälle! Ich habe des­halb auch den Prüfzug, den wir haben, mit Schwerpunkt Ladegutkontrollen sozu­sagen etwas stärker auf den Weg geschickt und auch veranlasst, dass man sich in Ko­ordination mit den Prüfzügen in den Ländern – es gibt nämlich solche, die in irgend­einem Landesbauhof herumstehen – in der nächsten Zeit verstärkt dem Ladegut und der Ladegutsicherung widmet. Ich glaube, dass wir damit auch eine Erhöhung der Verkehrssicherheit im Bereich LKW bewirken können.


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29. Sitzung / Seite 209

Im Folgenden vielleicht nur einige wenige aktuelle Zahlen. – Es ist keine Schikane, sondern einfach ein Gebot der Stunde, wenn man sich zum Ziel gesetzt hat, im Zuge eines nationalen Sicherheitsprogrammes für den Straßenverkehr bis zum Jahr 2010 die Anzahl der Verkehrstoten in Österreich auf die Hälfte zu reduzieren: Es gab im letzten Jahr in Österreich 956 Verkehrstote! Es ist dies übrigens auch ein europäisches Anliegen: Es sind innerhalb der EU jährlich 40 000 Tote auf den Straßen zu verzeich­nen. Angesichts dessen muss man sich auch dem Thema LKW intensiv widmen, weil man weiß, dass Unfälle, in die LKWs verwickelt sind, immer schwerere Folgen haben als Unfälle ohne LKW-Beteiligung. An 5 Prozent aller Unfälle in Österreich sind LKWs beteiligt, aber in Bezug auf die Anzahl der Verkehrstoten beträgt der Anteil 15 Prozent! Auch das sagt aus, dass die Beteiligung von LKWs immer etwas Gefährliches ist.

Ich könnte noch mehr Zahlen aus der aktuellen Statistik und den Erfahrungen bringen, will Sie aber damit nicht konfrontieren. Aber man sollte vielleicht auch wissen, dass diese Prüfzüge bei den kontrollierten LKWs feststellen, dass 40 Prozent beanstandet werden müssen und bei 5 Prozent die Nummerntafel sofort abgeschraubt werden muss, weil gravierende Sicherheitsmängel feststellbar sind.

Ich glaube also, dass die Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr partei­übergrei­fend ein wichtiges Anliegen sein muss, und bin deshalb auch froh, dass in Bezug auf diese Themenbereiche mehr oder weniger Einigkeit herrscht.

Wenn im Zuge dieser Novelle die Sturzhelmpflicht auch für bestimmte motorrad­ähn­liche vierrädrige Kraftfahrzeuge geregelt wird oder die Beförderung von Kindern in Beiwagen mit geregelt wird, dann hat das ja auch mit der Erhöhung der Sicherheit zu tun.

Einige wenige Worte vielleicht auch noch zum Abänderungsantrag, der heute hier ein­gebracht und erläutert wurde, was den Transport von Rundholz betrifft: Ich glaube auch, dass man hier nach heftiger Diskussion jetzt eine praxisorientierte Lösung und Regelung gefunden hat, die alle Interessen irgendwo abdeckt. Ich möchte aber klar dazusagen – weil es ja in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses eine dies­bezügliche Diskussion gegeben hat –, dass wir nicht daran denken, die Tonnage­be­schränkungen generell aufzumachen (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger), und auch in Zukunft die Verpflichtung zur Einhaltung der Tonnagen, wie sie jetzt geregelt sind, streng beibehalten wollen.

Zum Schluss noch einige Anmerkungen zum öffentlichen Verkehr, weil das auch ein Thema war: Die Förderung des öffentlichen Verkehrs ist, glaube ich, in dieser Größen­ordnung berechtigt, nimmt aber auch enorm zu – was ja an und für sich ein positives Zeichen ist, wenn hier in Zukunft stärkere Förderungen stattfinden müssen oder dürfen. Ich kann Ihnen sagen, dass ich auf Grund der Verkehrsentwicklung ein Freund und ein Fan des öffentlichen Verkehrs bin, und dort, wo es um Verbesserungen geht – weil er ja nur funktioniert, wenn er auch attraktiv ist: Halbstundentakt, Stundentakt im länd­lichen Gebiet –, werden Sie auch in Zukunft mit mir rechnen können. Die Förderung des öffentlichen Verkehrs ist angesichts der prognostizierten Verkehrszahlen, des Straßenverkehrs, der auf uns zukommt, ein Gebot der Stunde und wird von mir auch in Zukunft jederzeit Unterstützung finden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fleckl. – Bitte.

 



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29. Sitzung / Seite 210

19.50

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir werden heute der vorliegenden Geset­zesänderung zum Kraftfahrliniengesetz unsere Zustimmung erteilen. Sie regelt die verfahrensfreie Übertragung von Konzessionen auf Nachfolgeunternehmen bei einer Umgründung. In den Grundzügen ist diese Änderung zu begrüßen, aber ich möchte hier trotzdem Bedenken anmelden, weil diese Novelle weitreichende Folgen und einen ganz aktuellen tagespolitischen Bezug hat, nämlich die Zukunft des Unternehmens Postbus AG.

Die Übertragung der Postbusse vom bisherigen Eigentümer ÖIAG an die ÖBB wurde bereits im Vorjahr fixiert. Der Zusammenschluss dieser beiden Buslinien zu einer gesamten Aktiengesellschaft, nämlich der Bahnbus AG, hat durchaus positive Aspekte. Zum einen hat das Großunternehmen Bahnbus AG laut vorliegendem Rechtsgutachten in Österreich keine marktbeherrschende Stellung, was bedeutet, dass keine unmit­telbare Konkurrenz zu anderen, privaten Linienbetreibern besteht und auch deren Exis­tenz gesichert bleibt.

Zum anderen bedeutet es die Chance, in diesem speziellen Fall neue wirtschafts­politi­sche Wege gehen zu können, nämlich die Chance, die Bahnbus AG als gesamte Ak­tiengesellschaft zu einem innovativen und lukrativen Betrieb wachsen zu lassen. Gehen Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, doch einmal diesen umgekehrten Weg, und machen Sie aus dem geplanten Großunternehmen ein Vorzeigeunternehmen (Abg. Wittauer: Sind wir dabei!), das wirtschaftlich so stark sein wird, um Anbieter auf dem europäischen Markt sein zu können!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Regierungsbeschluss zur Teilprivatisie­rung zeigt jedoch wieder einmal das Gegenteil, nämlich dass Sie auch hier wieder Ihren gewohnten Weg gehen wollen: den Weg, einen weiteren staatlichen Betrieb zu file­tieren und zu privatisieren. 30 Prozent der Postbus AG sollen einem privaten Anbieter geopfert werden. (Abg. Wittauer: Das verlangt die Kartellbehörde!) Natürlich werden dies die lukrativsten 30 Prozent des Unternehmens sein, nämlich jene Linien, die satte Gewinne erzielen und wirtschaftlich lukrativ arbeiten. (Abg. Wittauer: Die Kar­tellbehörde verlangt das ja! Das ist ja die Voraussetzung für die Zusammenführung, Frau Abgeordnete!)

Was passiert aber mit jenen Linien, die eine geringere Auslastung aufweisen, mit jenen Linien, die weniger Umsätze erzielen? Was wird mit jenen 700 Gemeinden geschehen, die als einziges öffentliches Verkehrsmittel nur noch den Postbus haben? – Auch das muss alles angedacht werden bei einer Zustimmung zur Teilprivatisierung. – Dort wird der Sparstift neuerlich angesetzt werden und Kurse als letzte Konsequenz ganz einfach eingestellt werden – das ist die Realität! (Abg. Wittauer: Dann brauch’ ich es eh nicht zu privatisieren! Doppelgleisigkeiten werden da beseitigt!)

Betroffen sind wieder einmal die Menschen in diesen Regionen. Seit Jahren wird den ländlichen Regionen alles an Infrastruktur genommen, was sie haben: Postämter, Gen­darmerieposten (Abg. Wittauer: Da müssen Sie schon mit dem Innenminister reden, nicht mit dem Verkehrsminister!), Bezirksgerichte wurden in den letzten drei Jahren ohne Ende zugesperrt, meine Herren – die Tatsachen sprechen für sich. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Welche Bezirksgerichte wurden zugesperrt? Sagen Sie mir fünf!) Wol­len Sie diesen Menschen jetzt auch noch die Mobilität nehmen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie sollen mir fünf sagen! Fünf!)

Wie die letzte Volkszählung zeigt, wird durch Ihre Politik eine Abwanderung aus dem ländlichen Raum nicht mehr aufzuhalten sein. In meinem Bezirk wird ein einziges Be-


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zirks­gericht geschlossen – und jedes einzelne Bezirksgericht, das geschlossen wurde, ist eines zu viel, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ.)

Streiks stehen schon wieder vor der Tür. Streiks haben wir in diesem Jahr schon zu viele (Abg. Gahr: Sie haben sie ja organisiert!): besorgte Bevölkerung, besorgte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Meine Damen und Herren! Denken Sie an die Ereignisse in den letzten Monaten! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ja!) Zigtausende Menschen protestierten und demonstrierten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und was hat es gebracht?) Nehmen Sie doch dieses Mal das Anliegen der Menschen ernst, geht es ihnen doch um die Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs und um die Sicherung ihrer Existenz! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


19.55

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Frau Abgeordnete Fleckl, es ist schon eigenartig: Ich habe mir gedacht, wir beschließen heute hier gemeinsam ein gutes, ein positives Gesetz. Und dann tre­ten Sie hier ans Rednerpult, und worüber reden Sie? (Abg. Mag. Mainoni: Sie ver­nadert schon wieder!) – Sie reden auf einmal über die Bezirksgerichte und über Gen­darmerieposten! Sie haben ausreichend Gelegenheit gehabt, mit dem Innenminister darüber zu diskutieren, was in diesem Zusammenhang gut oder schlecht ist, aber ich glaube, dass dieses Thema beim Verkehrsminister nicht gut aufgehoben ist.

Sie sagen, da werden 30 Prozent privatisiert, und verurteilen das. Ich darf Sie schon darauf hinweisen: Die Kartellbehörde würde ja nicht einmal zustimmen, wenn das nicht stattfände! Und natürlich macht es Sinn, diese Doppelgleisigkeiten zu beseitigen! Ich glaube, auch im Ausschuss ist von Ihrer Fraktion die Zustimmung dazu gekommen und das positiv bewertet worden.

Dass Sie heute hier ans Rednerpult treten und Dinge vergleichen, die man nicht ver­gleichen kann, und etwas, was positiv ist und positiv zur Umsetzung kommt, in dieser Weise kritisieren, wie es gerade bei diesem Gesetz wieder der Fall ist – denn Sie wissen doch auch ganz genau, dass das die Voraussetzung dafür ist, dass die Kartell­behörde zustimmt –, dass Sie sich das hier am Rednerpult zu sagen trauen und all das Positive wegzuwischen versuchen, das ist Oppositionspolitik, aber schlechte Op­positions­politik! Seien Sie froh, dass wir bei einem guten Gesetz gemeinsam einen Konsens gefunden haben, anstatt hier wieder alles zu vernadern und alles schlecht zu machen! (Abg. Heinzl: Nicht „vernadern“!) Das ist so! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Gahr, ich gebe Ihnen Recht: Das mit den Traktoren ist eine gute Idee. Wir haben moderne Geräte, die der Verkehrssicherheit angepasst sind (Abg. Heinzl: Das sind alle Geräte! Das sind die Flugzeuge auch!), und ich glaube, dass für Traktoren das Gleiche gelten soll wie für Personenverkehrsmittel. Ich glaube, das ist auch eine Verfahrensvereinfachung. Und natürlich brauchen die Bauern ein bisschen weniger Geld auszugeben, und das ist positiv, denn die Landwirtschaft braucht das. Wir haben in der letzten Zeit genug Einkommensverluste gehabt, und deshalb ist es positiv. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Heinzl: Ich hab’ nichts dagegen – aber für alle gleich! – Ruf: Im Gleichklang!)

In diesem Fall kann die Landwirtschaft froh sein, dass sie solch einen Verkehrsminister hat, der positive Dinge auch für diesen Bereich umsetzt! Ich glaube, dazu sollten die So­zialdemokraten auch einmal ein bisschen Applaus von ihrer Seite aufbringen und


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nicht nur alles negativ beurteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: So schaut es aus! – Abg. Broukal: Wir klatschen die ganze Zeit mit! – Heiterkeit und Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich möchte noch eines sagen – zu den Inhalten des Gesetzes komme ich ja nicht, weil ich mich andauernd mit Ihnen auseinander setzen muss. Letztendlich ist das ja ein Fehler, weil die Menschen draußen das nicht verstehen. Die wollen die Inhalte wissen und nicht immer diese komischen Reden von Ihnen hören, die mit dem Gesetz selbst nichts zu tun haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Bayr, Pfeffer und Broukal.)

Ich möchte aber kurz auf den Abänderungsantrag eingehen ... (Abg. Heinzl: Von „ko­mischen Reden“ können Sie auch „Komik“ ableiten!) – Herr Abgeordneter Heinzl, hö­ren Sie zu – oder haben Sie den Abänderungsantrag schon gelesen? Vielleicht gehen wir da konform! Ich möchte kurz auf den Abänderungsantrag eingehen, den ich am Anfang sehr kritisch beurteilt habe. Sie können mir glauben – auch Sie, Frau Abge­ordnete Lichtenberger, können mir das glauben –, ich war am Anfang nicht glücklich darüber. Ich habe mich gefragt: Passiert da etwas, was man kritisch sehen muss? Wird da für andere ein Fenster aufgemacht? Ist das richtig? – Und ich dachte mir, es wird da unter Umständen eine Diskussion geben, weil andere sich benachteiligt fühlen werden.

Das Argument dafür, dass es gerade für die Forstwirtschaft eine solche Regelung geben soll, ist die Tatsache, dass jemand, der im Wald holzt, keine Waage hat und da­her nicht genau abschätzen kann, wie viel Gewicht er transportiert. Natürlich werden solche Forstwirte regelmäßig abgestraft, und natürlich gibt es dort Verhältnisse, die nicht jenen beispielsweise eines Schotterbetriebs entsprechen, wo man eine Waage vor der Haustür hat. Und da ist eine solche Regelung natürlich schon wichtig. Aus­nahmegenehmigungen hat es ja bisher schon gegeben, allerdings auf Ansuchen. Bei der neuen Regelung geschieht im Grunde nichts anderes, als dass man sagt: Warum sollen diese Forstwirte ansuchen für das, was sie ohnehin schon machen können? (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist rechtlich eine ganz andere Geschichte!) Ich finde es wunderbar – vielleicht haben Sie sich das genau durchgelesen –, dass es für Rund­hölzer jetzt diese Ausnahmegenehmigung gibt.

Sie haben etwas anscheinend nicht erkannt: Natürlich hat man darauf geachtet, dass die Autobahnen und die Straßen durch dieses erhöhte Gewicht nicht zu Schaden kom­men. Es sind nämlich sechs Achsen vorgeschrieben. – Sie können das nachlesen, aber wahrscheinlich sagen Ihnen sechs Achsen nichts. – Vorher waren es fünf, da war der Schaden größer. Wir haben uns von den Experten sagen lassen, dass bei sechs Achsen der Schaden für die Straße geringer wird und nicht größer, und wir sind der Meinung, dass dieses Gesetz gut ist. Und ich werde ganz genau darauf achten, dass in diesem Zusammenhang das geschieht, was ja auch Herr Minister Gorbach gesagt hat, nämlich dass es keine Aufweichung für andere Bereiche geben wird und dass wir weiterhin an der Tonnagebegrenzung festhalten werden. Wir Freiheitlichen garantieren dafür, dass wir zu etwas anderem keine Zustimmung geben! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Großen und Ganzen ist dieses Gesetz gut. Wir Freiheitlichen werden zustimmen. Wir haben hart verhandelt, um das Beste daraus zu machen. Die Sozialdemokraten stimmen zu: Ich danke Ihnen herzlich dafür! Ein bisschen Kritik ist ja erlaubt – aber bitte nicht hier anfangen, das Gesetz zu verfälschen und in die falsche Richtung zu ge­hen! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Broukal.)

20.00

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 



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20.00

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich bei der Behandlung dieses Gesetzeskonvoluts mit all jenen im Kraftfahrgesetz verankerten Maßnahmen beschäftigen, die sich mit Ver­kehrssicherheit befassen.

Herr Minister Gorbach hat es bereits dargestellt: Ein ganz wichtiger Aspekt ist die Än­derung im § 101 des Kraftfahrgesetzes, bei der es um die sichere Verwahrung von Ladegut geht. Wir mussten in der Vergangenheit zahlreiche schwere Unfälle miter­leben, weil sich das Ladegut auf der Ladefläche verschoben hat und das Fahrzeug dadurch nicht mehr kontrollierbar gewesen ist. Ich denke da etwa daran, dass vor einigen Jahren bei einem LKW auf der West Autobahn beim Baustellenabschnitt in Melk das Ladegut verrutscht ist und dadurch ein sehr schwerer Verkehrsunfall verur­sacht wurde. Ich glaube daher, dass die nunmehr verankerten Gesetzesmaßnahmen einen wichtigen Bereich im Rahmen der Verkehrssicherheit betreffen.

Es gibt aber noch weitere Punkte, die ich erwähnen möchte, etwa den § 106, in dem es um den Transport von Kindern geht. Zukünftig darf bei Motorrädern und Motorfahr­rädern nur eine Person mitgeführt werden. Früher hat man oft gesehen, dass neben dem Lenker noch jemand auf dem Sozius gesessen und außerdem noch ein Kindersitz verankert gewesen ist – und so wurde dann gefahren. Auch das wird durch diese No­velle geändert werden.

Auf Motorrädern mit Beiwagen wird es nunmehr möglich sein, auch Kinder unter zwölf Jahren zu transportieren, wenn es eine Art Sicherheitsgurt gibt, also eine sichere Verwahrung des Kindes gewährleistet ist.

Ebenso wesentlich für die Verkehrssicherheit ist die Erweiterung der Sturzhelmpflicht.

Abschließend möchte ich mich noch bei allen Mitgliedern des Verkehrsausschusses, bei dir, Herr Staatssekretär, und auch beim Minister für die gute und vernünftige Zu­sammenarbeit im Bereich der Verkehrssicherheit bedanken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger zu Wort gemeldet. (Ruf bei den Freiheitlichen: Schon wieder?)

 


20.03

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich wegen dieses Abänderungsantrages noch einmal zu Wort gemeldet. Sie glauben, er sei unangreifbar und würde keine Probleme verursachen.

Seit wir Mitglied der Europäischen Union sind, lese ich die sehr mühsam zu lesenden, aber immer wieder aufschlussreichen Erkenntnisse, Klagen und Klagsdrohungen des Europäischen Gerichtshofs in puncto Diskriminierungen. Wir hatten – Sie werden sich gut erinnern – schon in der Diskussion um die Brennermaut eine Debatte über die so genannte mittelbare Diskriminierung.

Meine Damen und Herren! Was Sie mit diesem Abänderungsantrag machen, ist das­selbe! Wir kriegen ein Problem mit der Europäischen Union, jetzt, mitten in der Transitdebatte! Verstehen Sie das doch! Sie machen die Tür sperrangelweit auf dafür, dass wir wieder eine unserer Maßnahmen aufheben müssen, weil Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, eine Produktgruppe selektiv begünstigen wollen, noch dazu mit 100 Kilometern Radius! Das ist ja nicht für das Kleinräumige vom Wald zum Sägewerk, sondern das bedeutet letzten Endes eine Liberalisierung der Gewichtslimits für die Holztransporte, und zwar eine ganz umfassende!


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Meine Damen und Herren! Wenn Sie dem zustimmen, geben Sie der Europäischen Union wiederum alle Waffen in die Hand, gegen die österreichische Verkehrspolitik aufzutreten und uns dabei Schwierigkeiten zu machen. Bitte, lassen Sie ab von diesem Abänderungsantrag! Er schadet uns in der gegenwärtigen Transitdebatte in der Euro­päischen Union enorm!

Ich konnte leider immer wieder feststellen – und es war sehr schwierig, immer wieder Debatten darüber zu führen und zu sagen, dass all das nicht stimme und da eine falsche Meinung im Ausland entstanden sei –, ich wurde immer wieder mit der Mei­nung konfrontiert, die Österreicher würden ihre verkehrsbeschränkenden Maßnahmen in Wirklichkeit nur deshalb machen, um die eigenen Frächter zu begünstigen.

Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag liefern Sie nun der Euro­päischen Union erneut Munition für diese Position. Bitte, lassen Sie das! Ich würde Sie dringend bitten, lassen Sie das, denn es ist wirklich ein Riesenproblem. Es kann zwar rechtlich zwiespältig sein, es kann durchaus sein, dass man sagen kann, dass es nicht diskriminierend ist. Aber wir haben schon wieder ein Verfahren am Hals! (Staats­sekretär Mag. Kukacka: Sonst sind Sie nicht so zimperlich!) Und wir haben jetzt, während der schweren und wirklich komplizierten Transitauseinandersetzungen, wie­der einen Klotz am Bein, der uns daran hindert, unsere Regelungen aufrecht zu erhalten. Wir machen die Tür für die Kritik, dass wir nur diskriminieren, dass wir mit­telbar diskriminieren, sperrangelweit auf!

Und Sie übernehmen hier und heute die Verantwortung dafür, ob Sie mit diesem An­trag unsere Position in den Transitverhandlungen weiter schwächen wollen oder nicht.

Ich bitte Sie noch einmal: Ziehen Sie diesen Antrag zurück, er ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt extrem schädlich. (Abg. Wattaul lächelt.) – Sie lachen, Herr Kollege, aber dann stellen Sie sich wieder da heraus und jammern darüber, dass die Europäische Union die Böse sei. Dabei machen Sie selber das Türl dafür auf!

Also bitte, hören Sie damit auf! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.06

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meinen Diskussionsbeitrag zur KFG-Novelle auf die einspurigen Kraftfahrzeuge fokussieren. Die beiden Streiktage im Juni haben gezeigt, dass Motorräder durchaus eine verkehrs­mäßige Alternative und nicht nur für Freizeitfahrten sinnvoll sind.

Im ursprünglichen Entwurf zur KFG-Novelle ist noch gestanden, dass alle Kraft­fahrzeuge am Tag mit Licht fahren müssen. Ich finde gut, dass diese Bestimmung nicht zum Tragen gekommen ist. Einerseits gibt es Studien, die belegen, dass es nicht er­wiesen ist, dass sich nur bei Fahren mit Licht die Verkehrssicherheit erhöht, andere Stu­dien wiederum belegen, dass es auch zu einem enormen Anstieg des CO2-Ausstosses kommt, weil dadurch mehr Sprit verbraucht wird: Unsere vier Millionen Kfz würden durch permanentes Fahren mit Licht ungefähr 40 Millionen Liter Sprit pro Jahr mehr brauchen! Das wäre also sicher kein guter Beitrag zu einem sinnvollen Umwelt­schutz.

Auch was den Sicherheitsvorteil für einspurige Fahrzeuge betrifft, ist es natürlich so, dass sie, wenn sie nicht in einem Meer voller Licht am Tag untergehen – und sie müs­sen ja jetzt schon mit Licht fahren –, natürlich wesentlich besser gesehen werden. Ich bin also sehr froh, dass es nicht zu dieser Lichtpflicht kommen wird.


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Positiv möchte ich auch die Helmpflicht für motorradähnliche Fahrzeuge ohne ge­schlos­sene Aufbauten erwähnen; das trägt, denke ich, sicher zur Erhöhung der Ver­kehrssicherheit bei. Auch der Umstand, dass das Mitfahren von Kindern unter zwölf Jahren im Beiwagen unter bestimmten Bedingungen wieder erlaubt ist, bedeutet sicherlich eine weitere kleinfamilientaugliche Möglichkeit des Transports.

Das Motorrad ist ein relativ umweltschonendes, relativ ökonomisches Verkehrsmittel. Es hilft Staus vermeiden, es spart Parkfläche und Treibstoff und ist mittlerweile ein recht wichtiger Wirtschaftsfaktor in Handel, Gewerbe und Tourismus. Die Gesetz­ge­bung sollte dem Rechnung tragen. Die Klischeevorstellung von den bis an die Zähne tätowierten Motorradfahrern, die durch die Gegend rasen, von rauchenden Hinter­rei­fen, von röhrenden Auspuffen, von frischen Organspenden, die da durch die Gegend fahren, und von toten Nachtpfauenaugen, die auf dem Helm picken, sind längst über­holt (Abg. Wattaul: Schauen Sie sich einmal die Statistiken an!) und entsprechen nicht der Realität. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das sind die GTI-Fahrer!)

Eine positive Veränderung in der Verkehrspolitik ist also angesagt, mit dem Ziel, den Verkehrsfluss zu erhöhen, die Ressourcen zu schonen, den Verwaltungsaufwand zu minimieren, die Sicherheit und den Ausbildungsstand zu verbessern. Die ungefähr 400 000 Motorradbenutzer und -benutzerrinnen in Österreich haben ja sehr unter­schiedliche Zugänge dazu. Manche verwenden es im Alltag, manche für den Sport, manche in der Freizeit. Eines ist ihnen allen aber sicher gemeinsam, nämlich dass sie verletzlich sind, verletzlicher als andere Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilneh­merin­nen. (Abg. Wattaul: Das gibt es ja nicht!) Daher ist Rücksichtnahme auf sie ein Gebot der Stunde!

In diesem Sinne ist, denke ich, das KFG ein kleiner Schritt dazu, dieser mobilen Al­ternative einspuriges Kraftfahrzeug Rechnung zu tragen, und ich hoffe, dass noch sehr viele Schritte in Richtung Gleichberechtigung von MotorradfahrerInnen folgen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich aber noch zu einem anderen Thema kommen, bei dem wir völlig fal­sche Schritte machen, Schritte, die in die ganz falsche Richtung laufen, nämlich die Füh­rerscheinausbildung und die Mehrkosten für den Mehrphasenführerschein. Am 26. Juni 2002 hat der damalige ÖVP-Verkehrssprecher Kukacka gesagt ... (Abg. Wattaul: Da habt ihr aber auch zugestimmt, oder?)

Der Verkehrssprecher der ÖVP, Kukacka, hat gesagt, es sei ganz klar, dass es ein wesentlicher Bestandteil der Reform sei, dass es durch die Einführung des Mehr­phasenführerscheins auf gar keinen Fall zu irgendwelchen Mehrkosten kommen kann. – Entgegen allen Politikerversprechen sehen wir jedoch heute, dass die in Öster­reich ohnehin schon exorbitant hohen Fahrschulausbildungskosten noch einmal um 20 Prozent gestiegen sind. Ein Führerschein kostet damit in Österreich jetzt 1 435 € – das ist mehr als ein Nettodurchschnittsgehalt, mehr, als ein Lehrling in vier Monaten verdient! Das muss man ausgeben, um diesen rosa Schein dann in Händen halten zu können! (Staatssekretär Mag. Kukacka: Aber die SPÖ war auch dafür!)

Sie sind da wirklich dem schwarz-blauen Motto treu geblieben: Viel versprochen, alles gebrochen! (Beifall bei der SPÖ. – Staatssekretär Mag. Kukacka: Aber die SPÖ war auch dafür!)

20.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Wattaul zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 



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20.11

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Ich möchte gleich klarstellen, Frau Lichtenberger: Wir haben uns vorher genau erkundigt, es darf verfassungsrechtlich keine Probleme geben! Ich habe aber etwas in Ihrer Rede nicht verstanden. Sie haben uns erzählt, dadurch, dass man den Postbus der ÖBB eingliedert, gebe es keinen Wettbewerb. Meinen Sie, wir sollen Post- und Bahnbusse parallel weiterfahren lassen? Da müssen Sie sich irgendwie geirrt haben.

Aber ich komme jetzt zu meinem eigentlichen Anliegen, dem Gefahrenguttransport. Wir haben in Österreich noch immer das GGBG, international gibt es das ADR. Daher bitte ich dich, Herr Minister, wirklich darauf zu achten, demnächst, da wir ja in der EU sind, das ADR im österreichischen Recht zu übernehmen. Ein Satz dazu: Der Lenker kann darauf vertrauen, dass die Waren und die Frachtpapiere, die ihm vom Versender übergeben werden, in Ordnung sind. Das ist richtig. Ich hätte mir gewünscht, dass auch der Unternehmer darauf vertrauen kann, denn der Unternehmer müsste sonst immer zu jeder Beladestelle fahren und sich selber dessen vergewissern. Das ist schon ein Problem.

Auch ich begrüße den Zusammenschluss von ÖBB- und Postbus. Man müsste aber, wenn man von öffentlichen Verkehrsmitteln spricht, auch darauf achten, welche Grup­pen öffentliche Verkehrsmittel brauchen. In meinen Augen sind das junge Leute sowie eher ältere Leute in unserer Gesellschaft. (Abg. Haidlmayr: Und Behinderte brauchen sie auch!) Wir haben jetzt die Problematik, dass es zwar öffentliche Verkehrsmittel gibt, aber die Gemeinden einen „Disco-Bus“ bezahlen müssen, weil unsere jungen Leute ja noch nicht mobil sind. Ich glaube, dass man einmal zu einer richtigen Lösung kommen sollte.

Das ist natürlich ein ländliches Problem (Ruf bei der SPÖ: Nicht nur!), aber wenn die Gemeinden für den „Disco-Bus“ wieder extra bezahlen müssen, weil genau in der Nacht, wenn die jungen Leute mobil sein wollen, die öffentlichen Verkehrsmittel nicht fahren, dann finde ich das einfach nicht in Ordnung. Man sollte also mehr auf die Be­dürfnisse der Bevölkerung schauen!

Genauso unsinnig ist, dass man mit einem 60-Personen-Bus in Regionen fährt, wo, wie man weiß, vielleicht 20 oder 30 Menschen leben. Wie viele sollen denn dort ein­steigen? Wie viele sollen denn dort mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren? Ich will damit sagen, dass es möglich sein muss, dass die Bahn-Bus auch Kleinbusse einstellt, denn es ist sinnlos, mit einem 60-Personen-Bus herumzufahren, in dem zwei Leute sitzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Heinzl: Da hat er Recht!)

20.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Sieber zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.14

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­des­minister! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Für die Landwirtschaft in unserem Land heiße ich die Erleichterungen für den Betrieb von landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen, die beschlossen werden sollen, besonders willkommen. Es ist richtig, dass die mit der letzten Kraftfahrgesetz-Novelle geschaffenen verlängerten Begut­ach­tungs­intervalle, die ja bereits für PKW gelten, auch bei landwirtschaftlichen Kraftfahr­zeugen Anwendung finden, um unsere Bauern diesbezüglich nicht zu benachteiligen.

Meine Damen und Herren! Bis jetzt sind wir Bauern, was die Pickerl-Regelung betrifft, im Verhältnis zum Einsatz unserer Fahrzeuge im Straßenverkehr überproportional be-


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lastet gewesen. Derzeit sind zwar Zugmaschinen, Motor, Karren und Anhänger bis 25 km/h sowie selbst fahrende Arbeitsmaschinen und Transportkarren bis zu 30 km/h von der Pickerlpflicht ausgenommen, aber eine Erleichterung bei Fahrzeugen mit einer höheren Bauartgeschwindigkeit steht noch aus und wäre daher mehr als wünschens­wert.

Mit der nun geplanten Verlängerung der Begutachtungsintervalle für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge würden wichtige finanzielle Entlastungen für Landwirte geschaffen.

Meine Damen und Herren! Es ist gut und richtig, dass die mit der letzten Kraft­fahr­gesetz-Novelle geschaffenen längeren Begutachtungsintervalle für neue PKW auch auf neue landwirtschaftliche Kraftfahrzeuge ausgedehnt werden. Demnach sollen die Überprüfungszeiträume für landwirtschaftliche Fahrzeuge mit einer Bauartgeschwindig­keit bis 40 km/h, die derzeit noch der jährlichen Überprüfung unterliegen, derart ver­ändert werden, dass die erste wiederkehrende Begutachtung drei Jahre und die zweite Überprüfung fünf Jahre nach der Neuzulassung durchgeführt werden muss. Danach folgt die Überprüfung jährlich.

Diese erwähnten neuen und längeren Begutachtungsintervalle sollen auch für bereits zu­gelassene Fahrzeuge gelten. Das bedeutet, jeder Zulassungsbesitzer kommt in den Genuss dieser positiven Neuerung und hat die Möglichkeit, seine Plakette gegen eine neue, die nach den neuen Fristen gelocht ist, auszutauschen.

Insgesamt wird diese Regelung eine enorme Erleichterung für alle landwirtschaftlichen Betriebe mit sich bringen und dazu führen, dass sich die Landwirtschaft in Summe pro Jahr bis zu 20 000 Überprüfungen erspart. Somit kann ein erster wichtiger Schritt zur Verwaltungsvereinfachung bei landwirtschaftlichen Kraftfahrzeugen gesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Es geht hier darum, den Landwirten unnötigen Aufwand zu ersparen. Es wäre ungerecht, wenn Bauern weiterhin auch für neue Fahrzeuge jähr­liche Begutachtungen durchführen müssten, während PKW-Halter sich dies ersparen können.

Meine Damen und Herren! Unterstützen Sie deshalb diese Änderung des Kraftfahr­zeug­gesetzes im Sinne der bäuerlichen Betriebe. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Wattaul – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Heinzl –: Toni, sprich zu uns!)

 


20.17

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die KFG-Novelle beinhaltet sicherlich sehr viele positive Änderungen. Aus diesem Grund wird meine Fraktion diesem Gesetz auch die Zustimmung geben.

Ich möchte nur noch die Prüfung der Treibstoffqualität im Hinblick auf die Einführung von schwefelarmen Treibstoffen und – es wurde heute schon mehrmals ange­spro­chen – die Vorschriften zur Ladungssicherung von LKW-Gut herausstreichen.

Mit Herrn Abgeordnetem Gahr nicht einer Meinung bin ich bezüglich Ausdehnung der Begutachtungsintervalle für landwirtschaftliche Zugmaschinen. Das hat für mich einen negativen Beigeschmack, und ich möchte das auch wie folgt begründen: Die landwirt­schaftlichen Zugmaschinen sind sicherlich einer starken, einer extremen Beanspru­chung ausgesetzt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Woher wissen Sie das?) In Zukunft ist es nur mehr alle drei Jahre notwendig, zu einer Begutachtung zu fahren. Für kleine,


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einachsige Anhänger, die sich Häuselbäuer an ihren PKW anhängen, um ein paar Zementsackerln vom nächsten Baumarkt zu holen, gilt aber weiterhin die jährliche Begutachtungsfrist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Dann müssen wir es dort auch ändern!)

Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Minister, würde ich glei­ches Recht für alle einfordern und ersuche, bei der nächsten Novelle zu überlegen, ob man nicht die Begutachtungsfrist für die kleinen, einachsigen Anhänger und Wohn­wagen ebenso auf drei Jahre ausdehnt.

Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, um zur Verkehrspolitik allgemein zu sprechen und im Speziellen eine verbesserte Koordinierung bei budgetären, legistischen und po­liti­schen Maßnahmen der Verkehrsbereiche Straße und Schiene von Ihnen, sehr geehrter Herr Verkehrsminister, einzufordern.

Nur ganz kurz zur Koordination beziehungsweise Kommunikation. – Ich habe anläss­lich einer parlamentarischen Anfrage an Sie, Herr Verkehrsminister, festgestellt, dass die Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem ÖBB-Generaldirektor vorm Walde nicht so gut funktioniert, und ich begründe es:

Der ÖBB-Vorstand ist offensichtlich bestrebt, zu den so genannten Tagesrandzeiten, wie er es nennt, nur mehr Hochgeschwindigkeitszüge zu führen, die zwar sehr schnell fahren, aber eigentlich nirgends mehr stehen bleiben. Dafür hat man einen so ge­nannten Probeballon gestartet (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Testballon“ heißt das!), und es kam zur Einstellung von Zugsverbindungen zwischen Amstetten, St. Pölten und Wien.

Herr Minister! Ich habe im Interesse der Pendlerinnen und Pendler des niederöster­reichischen Zentralraumes bei Herrn vorm Walde schriftlich dagegen protestiert. Sie ha­ben mir aber in Ihrer Anfragebeantwortung gerade diese Züge als besondere Attraktivität der Zugsverbindungen an der Westbahn genannt, jene Züge, die Ihr Ge­neraldirektor, anscheinend ohne Ihr Wissen, eingestellt hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Durch die EU-Erweiterung 2004 ist sicherlich mit einer ungebremsten Zunahme des Verkehrs auf Österreichs Verkehrs­wegen zu rechnen. Ich fordere deshalb, mehr Geld für die Infrastruktur, speziell für die Schiene, zur Verfügung zu stellen, und ersuche Sie, Herr Minister Gorbach, die Güter­zugumfahrung St. Pölten zu bauen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

 


20.21

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Herr Minister! Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, dass Sie sich noch 5 Minuten Zeit nehmen – ich habe Sie hier bei der Türe noch rechtzeitig erwischt –, weil es mir ganz besonders wichtig ist, nachdem wir noch nie miteinander zu tun hatten, was den Verkehrsbereich betrifft, Ihnen auch einmal die Situation von mobilitätsbehinderten Menschen schildern zu können.

Mein Vorredner von der FPÖ hat gesagt, dass es sowohl für ältere Leute als auch für junge Menschen ganz wichtig ist, dass es ein ordentliches und auch benutzbares öffentliches Verkehrsmittel gibt, und zwar sowohl im Personennahverkehr wie auch im Fernverkehr. Was er vergessen hat – aber er hat es sicher nicht bewusst getan –, ist die Situation von mobilitätsbehinderten Menschen. (Abg Wattaul: Das habe ich ver­gessen! Gebe ich zu!)


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Sie wissen ja, dass speziell mobilitätsbehinderte Menschen den öffentlichen Verkehr wirklich ganz notwendig brauchen, einerseits um in ihrer Freizeit flexibel und mobil zu sein, und andererseits brauchen es inzwischen auch sehr viele, um ihre Berufstätigkeit ausüben zu können. Und da, Herr Minister, gibt es noch ein ganz großes Manko.

Ich habe das auch schon mit Ihren VorgängerInnen besprochen, immer in der Hoff­nung, dass etwas passiert, und immer mit dem Ergebnis, dass im Endeffekt nichts pas­siert ist.

Sie werden wissen, dass es bis zum Jahr 2000 im Bundesbudget immer einen eigenen Budgetansatz für die ÖBB gegeben hat, der ausschließlich für die barrierefreie Ge­staltung des öffentlichen Verkehrs vorgesehen war. Dieser Betrag wurde im Bud­get 2000 dann gestrichen, mit dem Ergebnis, dass es den Betrag seither nicht mehr gibt. Ich habe damals an Ihre Vorgängerin, an die Frau Minister Forstinger, eine par­lamentarische Anfrage gestellt und sie gefragt, warum dieser Betrag plötzlich nicht mehr im Bundesbudget enthalten ist. Sie hat mir geantwortet, das sei nicht mehr notwendig, weil die gesamte ÖBB ohnehin bereits barrierefrei sei.

Was soll ich dazu noch viel sagen? – Sie wird es wahrscheinlich nicht wissen, weil sie so etwas wahrscheinlich nie benutzt hat. Sonst könnte man eine solche Aussage näm­lich nicht treffen.

Der öffentliche Verkehr ist nicht barrierefrei! Ich bin seit fast vier Jahren intensiv in Ver­handlungen auch mit der ÖBB selber, konkret mit Herrn Vorstandsdirektor Schmidt  beziehungsweise mit Herrn Dr. Forster, und ich muss sagen, wir hätten gemeinsam eigentlich bereits ganz gute Modelle erarbeitet. – Mit „gemeinsam“ meine ich die Ver­treter der ÖBB und auch die VertreterInnen der österreichischen Behinderten­be­we­gung. – Wir hätten bereits ganz gute Modelle entwickelt, die wirklich dazu führen würden, dass man wieder ein Stück weiterkäme im Bereich des barrierefreien öffent­lichen Verkehrs.

Die Modelle, die wir erarbeitet haben, betreffen einerseits die Züge, die so genannte Liegewagen haben. Sie wissen wahrscheinlich ohnehin, dass jemand, der behindert ist, derzeit ganz einfach nicht mit einem Nachtzug im Liegewagen fahren kann, weil diese Abteile so klein sind, dass, glaube ich, sogar Sie, Herr Minister, schon Probleme hätten, sich dort halbwegs zu bewegen. Mit dem Rollstuhl hat man natürlich nicht ein­mal die Chance, dort überhaupt bei der Türe hineinzukommen.

Wir haben jetzt ein Abteil konstruiert, ein ausgeklügeltes Modell, das wirklich den Erfor­dernissen der behinderten Menschen Rechnung trägt, aber jetzt ist das Geld nicht da, um das auch umsetzen zu können. Ich würde Sie bitten, Herr Minister, für diese Um­setzung Mittel freizumachen. Es geht nicht um Hunderte von Zügen, in denen das gemacht werden muss, sondern es geht um sieben, acht Waggons, die eben Schlaf­wägen mitführen, und wenn das umgesetzt werden könnte, würde man endlich auch behinderten Menschen ein qualitätsvolles Fahren ermöglichen.

Ich würde Sie bitten, dass Sie das Geld dafür zur Verfügung stellen, damit auch behin­derte Menschen den öffentlichen Personennah- und Fernverkehr in entsprechender Weise nutzen können.

Der andere Bereich sind die ÖBB und aufgrund der Fusion jetzt natürlich auch die Postbusse. Gerade im ländlichen Bereich, wo eigentlich nur der Bus fährt, wenn über­haupt noch etwas unterwegs ist, ist es für behinderte Menschen wirklich unmöglich, diese Busse zu benutzen. Es ist ganz einfach unmöglich! In einigen neuen ÖBB-Bussen sind so genannte Rampen eingebaut worden. Diese Rampen hat man aber wieder ohne Absprache mit den Leuten, die sie benützen müssen, gemacht, und diese Rampen haben eine Steigung – ich belüge Sie nicht! – von 70 Prozent! Das ist wirklich


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nicht befahrbar. Sie wissen, wie hoch so ein Bus ist, und die Rampe hat eine Länge von 60 Zentimeter und eine Steigung von 70 Prozent. Da geht einfach nichts – beim besten Willen nicht!

Ich denke mir, da ist um jeden Euro oder jeden Cent schade, den man dafür ausgibt, das umzubauen, wenn man dann nicht bereit ist, die Rampe zumindest so lange zu machen, dass das Gefälle halbwegs benutzbar ist. Wenn man die Rampe so lange gemacht hätte, dass das Gefälle sinkt, dann hätte das in Summe pro Rampe sicher keine 10 € mehr gekostet, weil das bisschen Blech, das man dazu braucht, kostet nicht mehr, und der Einbau wäre derselbe gewesen. Das hat man aber nicht gemacht, und daher können wir es nicht benutzen. So ist es eben.

Herr Minister! Ein großes Anliegen für uns, für die Grünen und für die Menschen mit Behinderung, ist das Eisenbahngesetz generell. Sie wissen, das stammt aus dem Jahr 1957, wird regelmäßig novelliert, aber wirklich tief greifende Novellierungen und Änderungen sind ganz einfach nicht drinnen. Da gibt es noch Bestimmungen, zum Beispiel in § 42 oder 43, die in der heutigen Zeit völlig irrelevant sind. Da steht zum Beispiel noch drinnen, dass man neben den Gleiskörpern nur gehen darf, wenn es erlaubt ist, die Bestimmungen entsprechend sind, oder dass man nur an bestimmten Übergängen überqueren darf. Aber wie soll denn ein blinder Mensch wissen, wo er gehen darf oder nicht? Der sieht es ja nicht! Und er hat auch nicht eine Bahnhofskarte oder Ähnliches, wo er das ablesen könnte, er kann sich nicht daran orientieren. Wenn er aber dort geht, wo es verboten ist – was er aber nicht weiß –, fällt er natürlich unter die entsprechenden Strafbestimmungen.

Genauso ist es zum Beispiel bei den Eisenbahnkreuzungen. Da hat es erst vor kurzem eine neue Regelung gegeben, aber das ist einfach ein „Holler“; ich muss es so sagen. Auch da ist die Situation von sehbehinderten und blinden Menschen nicht mit berück­sichtigt worden, und daher sind diese nach wie vor genauso stark gefährdet wie vorher. Sie werden es ohnehin wissen, Herr Minister: Da hat es schon einige Tote gegeben, weil diese Kreuzungen für behinderte Menschen einfach nicht benutzbar sind.

Ich könnte Ihnen jetzt noch stundenlang aufzählen, was man in diesem Bereich noch alles machen müsste, aber ich möchte heute niemanden mehr damit belasten, sondern ich möchte Sie, Herr Minister, bitten – im Interesse der Menschen mit Behinderung –, dass Sie uns im Herbst einen Termin geben, wo einige von uns zu Ihnen kommen kön­nen und wir Ihnen die Situation so darstellen können, wie sie tatsächlich ist.

Wir wissen, dass der Bund da etwas machen kann beziehungsweise sogar etwas ma­chen müsste, denn der Artikel 7 der Bundesverfassung  gilt auch für Ihr Ministerium. Da gäbe es genug Umsetzungsmöglichkeiten, die nicht die Welt kosten, aber für uns wirklich viel bringen würden.

Ich bitte Sie, Herr Minister, geben Sie uns im Herbst einen Termin, damit wir wirklich diesbezügliche Gespräche führen können. Ich hoffe, dass Sie in diesen zwei Le­gis­laturperioden der erste Minister sind, der da zumindest irgendwas tut, denn: nichts getan haben bis jetzt alle. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Wattaul zu Wort gemeldet. – Sie kennen die einschlägige Bestimmung der Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter.

 



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20.31

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Haidlmayr hat gesagt, ich habe absichtlich die Behinderten vergessen. (Abg. Haidlmayr: Nein! Habe ich nicht gesagt!) Sie hat es so gesagt!

Ich stelle richtig: Ich habe ausgeführt, man muss den Nahverkehr an den Bedarf von jungen und älteren Menschen anpassen. Ich gebe zu, dass ich über die Behinderten nicht gesprochen habe, aber selbstverständlich habe ich die Behinderten auch ge­meint. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

 


20.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Mainoni hat ge­sagt, ich kann heute schön ruhig reden, es sind nicht einmal mehr 20 Prozent der Leute anwesend. Ich kann das also einmal ganz in Ruhe probieren.

Es handelt sich ja, wie wir gehört haben, um eine Konsensmaterie, aber trotzdem hat sich gezeigt, dass es in einigen Punkten wieder eine Diskussion gibt, die – und das sage ich ganz ehrlich – zum Teil berechtigt ist.

Auch wir haben sehr lange diskutiert über diesen Abänderungsantrag, über die sechste Achse, über die 44 Tonnen. Zum Zeitpunkt, wo wir dem zugestimmt haben – und dazu stehen wir auch –, haben wir natürlich auch gesagt, es muss gewährleistet sein, dass es hier zu keiner Aufweichung für andere LKW kommt. Das ist klar.

Frau Kollegin Lichtenberger! Ich verstehe Ihre Sorge in diesem Zusammenhang, aber Sie werden, auch wenn Sie jetzt vielleicht wieder lachen, mich inzwischen soweit ken­nen, um zu wissen, dass ich im Endeffekt versuche, das, was ich mir vornehme, auch durchzusetzen. Wir werden uns zumindest dafür einsetzen, dass es nicht zu einer solchen Aufweichung kommt.

Es ist, glaube ich, das gute Recht und auch die Pflicht eines Abgeordneten dieses Hohen Hauses, sich hier für die österreichischen Interessen einzusetzen, und wenn wir es schaffen, damit eine „Besserstellung“ für den Nahverkehr im Bereich der Forst­wirtschaft erreichen, dann, glaube ich, hat es sich schon ausgezahlt. Auch Sie kennen wahrscheinlich das Problem, das wir haben: dass zum Teil Holztransporter über Hunderte Kilometer mit dem Rundholz fahren. Über Hunderte Kilometer! Der Mayer-Melnhof fahrt das Mölltal hinauf, kauft das Holz ein und fährt mit dem LKW auf der Achse mit diesem Holz bis in die Steiermark, und umgekehrt.

Das ist, glaube ich, ein falscher Ansatz, aber wenn wir es schaffen, mit dieser Initiative dafür zu sorgen, dass im regionalen Bereich auch die Landwirte, die kleinen Betriebe, die Frächter oder die kleinen Sägewerke einen Vorteil haben, so lohnt sich das meines Erachtens schon.

Über das zweite Thema, das in diesem Zusammenhang diskutiert wurde, über die Zug­maschinen, haben meine Vorredner bereits viel gesagt. Ich glaube, die Beanspruchung moderner Traktoren ist bei Gott nicht so hoch, dass sie jedes Jahr oder alle zwei, drei Jahre zur Überprüfung müssen. Es gibt auch eine Studie – aber über diese wurde heute noch nicht gesprochen –, wonach sich die Traktoren und Zugmaschinen zu 95 Prozent auf dem Feld, auf dem Acker oder im Wald bewegen. Das heißt, es ist nicht so, dass die Bauern mit den Traktoren auf der Straße Tag und Nacht spazieren fahren, sondern sie arbeiten hauptsächlich auf ihrem eigenen Betrieb, und deshalb ist diese Regelung sicherlich ein guter Ansatz und eine Vereinfachung.


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Was aber heute noch nicht gesagt wurde und was mir auch sehr wichtig erscheint, ist, dass im Zuge der Änderungen dieser Gesetze auch ganz klar festgestellt wurde, dass es bei einem Verkauf, bei einer Überschreibung oder dergleichen eine Möglichkeit gibt, die Konzession zu behalten. – Für Transportunternehmen, glaube ich, auch ein sehr wichtiger Ansatz, denn es sollte möglich sein – natürlich unter der Voraussetzung, dass die Kriterien des Übernehmers, des Käufers erfüllt sind –, dass die Konzessionen er­halten bleiben. Dadurch wird auch gerade wieder klein- und mittelständischen Be­trieben in der Umgebung die Möglichkeit gegeben, Fahrlinien zu übernehmen.

Ich habe das Protokoll des Verkehrsausschusses sehr gründlich gelesen. Frau Kollegin Lichtenberger! Ich unterstütze Sie bei einem Ansatz, den ich da gelesen habe, und ich glaube, es sind diesbezüglich alle Fraktionen einer Meinung, sowohl die ÖVP, natürlich auch meine eigene, und ich nehme an, auch die SPÖ, die mittlerweile wirklich ganz zusammengeschrumpft ist (es befinden sich nur wenige SPÖ-Abgeordnete im Saal), nämlich dabei, das wir dafür sorgen müssen, dass beim Verkauf der Linien sicher­gestellt ist, dass nicht nur die guten Linien verkauft und die „schlechten“ übrig bleiben. Es muss eine Gewährleistung dafür geben, dass natürlich auch diese 700 schlechter gestellten Gemeinden erhalten bleiben, und es muss eine Gewährleistung dafür geben, dass alle Gemeinden eine Anbindung an ein öffentliches Verkehrsnetz haben.

Als Vertreter des ländlichen Raumes, einer ländlichen Gemeinde, die auch nur eine Bus­anbindung hat, werde ich mich dafür einsetzen, dass es dazu kommen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Stadler. – Bitte.

 


20.36

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Liebe Kollegin Lichtenberger, es ist mir wichtig, statt meine Rede wie vorgesehen zu halten, vielleicht doch noch einmal zum Abänderungsantrag Stellung zu nehmen. Ich gebe dir Recht, dass man diese Dinge sehr sensibel betrachten muss, nur gibt es seitens der EU auch sachlich gerechtfertigte Ausnahmen und Sonderregelungen. Solche gibt es für Con­tainer und Wechselaufbauten. Wir beide sind Tirolerinnen, wir sind in Tirol zu Hause, und ich muss sagen: In meinem Wahlkreis gibt es in vielen Talschaften Holzbringung, und ich glaube, ich brauche das dir nicht erklären, aber ich erkläre es für die anderen Kolleginnen und Kollegen.

Was macht ein Bauer im Ötztal, wenn er dort sein Holz schlägert? – Er kennt die Beschaffenheit nicht genau, denn Holz hat ein unterschiedliches spezifisches Gewicht, je nachdem, ob es nass oder trocken ist. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist der Punkt!) Der Bauer hat keine Waage dort. Alle kleinen Sägewerke in den kleinen Talschaften haben eigentlich ihren Betrieb aufgegeben, weil der wirtschaftliche Druck einfach zu groß war. Wir haben in allen Talschaften Sägewerke gehabt – wir haben sie heute nicht mehr.

Die Holzbringung ist für die Landwirtschaft eines ihrer Standbeine, und ich möchte als Tiroler Abgeordnete nicht, dass dieses Standbein für unsere Bauern in den Talschaften verloren geht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Darum glaube ich, dass es einen Versuch wert ist, auch eine sachliche Rechtfertigung gegenüber der EU im Falle einer Einwendung zu tätigen.

Ich glaube, dass diese Regelung wichtig ist für die Bauern und für die Holzbringung. Ich bin sehr wohl für eine sensible Betrachtung, aber ich würde wirklich bitten, das im


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Sinne des ländlichen Raumes zu betrachten. Wenn ihr sagt, ihr wollt keine Ausdün­nung des ländlichen Raumes, antworte ich euch: Diese Regelung ist mit ein Beitrag dazu, dass wir den ländlichen Raum eben nicht ausdünnen, sondern dass wir vor Ort Er­werbszellen für die Landwirtschaft erhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Bleiben wir bei Ausnahmen!)

20.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte.

 


20.39

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Lichtenberger, ich habe durchaus Verständnis für Ihre Argumentation. Ich habe auch keine Freude mit Ausnahmen bei solchen Gewichtsbeschränkungen, und es ist ja wahrscheinlich auch kein Zufall, dass das nicht in der Regierungsvorlage gestanden ist, sondern dass das Hohe Haus das beschlossen hat. Der Nationalrat ist der Souverän, und er kann das selbstverständlich auch beschließen. (Abg. Scheibner: Was soll das? Wollen Sie sich vielleicht verabschieden bei der Geschichte?)

Ich glaube aber nicht, dass die Einwände, die Sie hinsichtlich der EU-Richtlinien vor­bringen, gerechtfertigt sind, denn es handelt sich hier um eine ausschließliche Aus­nahmeregelung, um eine Ausnahmeregelung, die genau festlegt, dass nur unter ganz bestimmten Kriterien diese Ausnahme möglich ist.

Und ich glaube ehrlich gesagt auch, Frau Kollegin, dass Sie ein bisschen mit zweierlei Maß messen, denn bei anderen Punkten haben Sie kein Problem damit, dass der EuGH etwa eine Klage einbringen könnte.

Sie, Frau Abgeordnete Lichtenberger, haben hier mit bewegten Worten die Bedrohung durch eine EuGH-Klage beziehungsweise eine Vertragsverletzung dargestellt, aber wenn Sie zum Beispiel Anträge stellen betreffend ein generelles Nachtfahrverbot, etwas, was grundsätzlich gegen ein Primärrecht der Europäischen Union verstößt und was auf alle Fälle von der Europäischen Union geklagt werden würde, haben Sie, Frau Abgeordnete Lichtenberger, überhaupt keine Bedenken! (Abg. Dr. Lichtenberger: Brenner-Maut-Urteil!)

Ich meine, man sollte in dieser Frage seriös vorgehen – und vor allem nicht mit zwei­erlei Maß messen. Deshalb glaube ich auch, dass diese Ausnahme gerechtfertigt ist – und dass es in dieser Frage sicherlich keine Klage des EuGH geben wird, weil das eben eine entsprechende Ausnahmebewilligung darstellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Kurz auch zum Thema Kraftfahrliniengesetz und zur entsprechenden Novellierung. Ich möchte daran erinnern, dass das Regierungsprogramm vorsieht, dass wir eine Qualitätsoffensive im öffentlichem Verkehr vornehmen. Das ist eine ganz wichtige Herausforderung, vor der wir stehen. Wir alle wissen: In Zukunft gibt es ein höheres Verkehrsaufkommen, und wir müssen versuchen, insbesondere den Berufsverkehr und den Pendlerverkehr auf öffentliche Systeme – auf Bus, auf Schiene – zu bringen. Und da, meine Damen und Herren, ist die Zusammenlegung von Post und Bus, also der Kauf des Postbusses durch die Bahn, eine ganz wichtige Voraussetzung, weil so wirklich große Synergieeffekte erzielt werden können.

Es hört sich damit die Parallelführung dieser beiden Linien auf, es hört sich die gegen­seitige Konkurrenzierung auf, und wir schaffen – was ganz wichtig ist, und zwar gerade auch im Hinblick auf die kommende Liberalisierung – eine österreichische Lösung. Ein großes österreichisches Verkehrsunternehmen wird geschaffen! Wir haben diese 30 Prozent Verkauf an die Privaten auch beschlossen, damit wir uns europarechtliche


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und kartellrechtliche Probleme ersparen, meine Damen und Herren. Das Kartellgericht hat uns ja auch Recht gegeben: Dieser Zusammenschluss wird akzeptiert! (Abg. Dr. Lichtenberger: Noch nicht!)

Meine Damen und Herren! Wir schaffen hiemit also eine zukunftsorientierte Lösung, die gerade im Hinblick auf die Ausweitung des öffentlichen Verkehrs und auf die Qua­litätsoffensive, die wir in diesem Bereich vorhaben, von ganz großer Bedeutung ist. (Beifall bei der ÖVP.)

20.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kainz. – Bitte.

 


20.43

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Wir diskutieren und beschließen heute ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz geändert wird. Im Detail geht es hier unter anderem auch um die Anbringung von Zusatztafeln auf den Ortstafeln in unseren Gemeinden. Die Aus­gangslage ist klar: Nach jetzigem Recht dürfen keine Zusatztafeln an den Ortstafeln montiert werden – mit Ausnahme der Tafel „Erholungsdorf“.

Eine Ortstafel stellt aber nicht nur den Beginn eines verbauten Gebietes dar, sondern be­deutet für die meisten Bürgerinnen und Bürger auch ein Zeichen ihrer Heimat­ge­meinde, verbunden mit Identität zur Heimatgemeinde und auch mit Heimatgefühl. Viele Gemeinden haben in den letzten Jahren kommunale Schwerpunkte gesetzt: Klima­bündnis, jugendfreundlichste Gemeinde, familienfreundlichste Gemeinde, aber auch Tourismusschwerpunkte wurden gesetzt, so zum Beispiel in meinem Gebiet mit der „Wein­straße Thermenregion“. Ebenso geschah dies mit dem „Weinbaugebiet Carnuntum“.

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Eferding wurde ein PKW-Lenker ge­straft, der um 17 Stundenkilometer zu schnell war; dieser erhob Einspruch – und be­kam auch in allen Instanzen Recht.

Die Gemeinden sind aber meiner Ansicht nach nicht nur der wichtigste Teil in unserem Staatengebilde, sondern sind auch jene Einheit, wo sich die Bürger sehr konstruktiv in das gesellschaftliche Leben einbringen, in vielen Bereichen das gesellschaftliche Le­ben mitprägen und somit auch Schwerpunkte in der Gemeinde setzen. Mit einer Zu­satztafel zur Ortstafel sollen diese Schwerpunkte auch sichtbar für andere dargestellt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich selbst war im Jugendreferat der niederösterreichischen Landesregierung be­schäf­tigt, und wir haben damals eine Aktion unter dem Titel „jugendfreundlichste Gemeinde Niederösterreichs“ gesetzt. Das geschah mit Unterstützung von Frau Landeshaupt­mann-Stellvertreter Liese Prokop  und Landesjugendreferent Direktor Alfred Kager. Ich habe es selber miterlebt, wie bei der Siegerehrung im Rahmen dieses Bewerbs mit großer Freude die Zusatztafeln zu den Ortstafeln mit der Aufschrift „jugendfreund­lichste Gemeinde Niederösterreichs“ von den Kommunalvertretern entgegen­genom­men wurden.

Auch meine Heimatgemeinde Pfaffstätten hat diese Zusatztafel bewusst an der Orts­tafel montiert, weil wir damit darstellen möchten – und das sehr eng mit dem Orts­namen verbunden –, was die Schwerpunkte in unserer Gemeinde sind.

Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Gesetzesänderung reagieren wir auf die Bedürfnisse unserer Gemeinden und zeigen auch, dass uns die Gemeinden, die Bür­germeister, vor allem aber natürlich die Bürger ein Anliegen sind. (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP.)


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Wir von der Österreichischen Volkspartei stellen ja stets unter Beweis, dass uns die Ge­meinden wichtig sind und dass wir das Ohr am Bürger haben. Auch der Öster­reichische Gemeindebund hat ja diese Gesetzesänderung gefordert – und ich freue mich, dass es hiezu einen breiten Konsens im Hohen Hause gibt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zu Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird, samt Titel und Ein­gang in 185 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zu­stimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen. Das Gesetz ist damit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht in 186 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­spre­chendes Zeichen. – Dies ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden, 84 der Beilagen.

Hiezu hat Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger ein Verlangen auf getrennte Abstim­mung eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Mainoni, Grillitsch, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über diesen Zusatzantrag, danach über die vom Verlangen auf ge­trennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Mainoni, Grillitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 1 in Artikel I bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel I Ziffern 14a, 21a und 23 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.


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Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Aus­schuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein beja­hen­des Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Damit kommen wir zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 85 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 189 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig in dritter Lesung an­genommen.

12. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (126 der Beila­gen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Festlegung des Bun­desbeitrags zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das March­feldkanalgesetz aufgehoben wird (Marchfeldkanal-Bundesbeitragsgesetz) (187 der Bei­lagen)

13. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (127 der Bei­lagen): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich, mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich (Bund) und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Be­trieb eines Marchfeldkanalsystems geändert und ergänzt wird (188 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Der Herr Berichterstatter eröffnet aber die Debatte. Herr Abgeordneter Ing. Schultes, Sie sind am Wort.

 


20.51

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Für mich ist das heute – auch wenn dieser Tag für manche vielleicht nicht so gut war – ein schöner Tag, beschließen wir doch jetzt ein Gesetz, das ein Thema zum Inhalt hat, mit dem ich, seit ich politisch denken kann, verbunden bin: Es geht um den Marchfeldkanal, um ein Projekt, das zeigt, was der Mensch kann und wo seine Grenzen sind.

Das Marchfeld ist eine Region, die vor 100 Jahren auf der einen Seite sehr trocken war – es herrschte dort Dürre, es gab Wanderdünen –, gleichzeitig gab es Sümpfe, Malaria und Hochwasserkatastrophen. Dann, unter Kaiser Franz-Joseph, hat man be­gonnen, die Donau auszubauen, die Donau zu regulieren, trocken zu legen, Bäche trocken zu legen. In den fünfziger Jahren wurden die Wiesen trocken gelegt, der Grundwasserspiegel gesenkt – und heute haben wir im Marchfeld zwar fruchtbare Böden, aber durch die Übernutzung des Wassers und durch das Absinken des Grund­wasserspiegels kam es zu Wasserproblemen.

Unter Kreisky und Ludwig, Landeshauptmann Siegfried Ludwig, wurde ein Projekt begonnen, das 1995 fertig gestellt wurde. (Abg. Parnigoni: Bundeskanzler Kreisky!) – Unter Bundeskanzler Kreisky – gerne! – und unter Landeshauptmann Siegfried Ludwig wurde ein Projekt fertig gestellt, das heute endlich auch seinen rechtlichen Rahmen bekommt.

Das Land Niederösterreich wird diese Gesellschaft übernehmen, der Bund wird seinen Bundesbeitrag festlegen – und gute Leute werden gute Arbeit sparsamst weiterführen können.

Es bleibt mir noch, ein Danke zu sagen all den Mitarbeitern, allen Funktionären in die­ser Region: vor allem Bürgermeister Pregesbauer, der die Idee dazu hatte, und Öko­nomierat Wolfram, der das durchgetragen hat. Ganz besonders bedanke mich auch bei Herrn Dipl.-Ing. Neudorfer, der in der schwierigsten Zeit unsicherer finanzieller Ver­hältnisse das Steuer übernommen und ein gutes Werk so zu Ende geführt hat, dass Staatssekretär Kukacka und Landesrat Plank heute eine gute Sache zu einem schö­nen Abschluss bringen.

Was mich besonders freut, meine Damen und Herren: Sie wollen alle zustimmen. Des­halb: Ich lade Sie ins Marchfeld ein! Schauen Sie sich das an! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


20.53

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Auch mich freut es sehr, dass es nach über 20 Jahren jetzt endlich zu einer langfristigen Finanzie­rungs­lösung für den Marchfeldkanal gekommen ist. Für viele Menschen ist das ja ein wichtiger Naherholungsraum. In den letzten Jahren sind über 10 000 Menschen in die Gegend der Brünner Straße gezogen, und auch für diese ist natürlich eine Freizeit- und Erholungs-Infrastruktur sehr, sehr wichtig.

Der Verein „Niederösterreich-Wien, gemeinsame Erholungsräume“, wird die freizeit­mäßige Ausgestaltung in dieser Gegend sicherlich in hervorragender Weise abwickeln. Es wird Geld vorhanden sein aus Töpfen Wiens, Niederösterreichs, und auch seitens


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des Bundes wird es finanzielle hiefür Mitttel geben, sodass dann in diesem Erho­lungs­raum beispielsweise regelmäßig der Müll beseitigt wird, Brücken errichtet werden, Büsche und Bäume geschnitten, Tische und Bänke aufgestellt werden, weiters Rad- und Fußwege angelegt und Wegweiser montiert werden können.

Der Marchfeldkanal stellt aber natürlich auch ein wasserwirtschaftliches Instrument in einer der trockensten Regionen Österreichs dar. Dadurch werden regionalpolitische Impulse ausgelöst werden – und sicherlich wird das insgesamt eine Chance für diese Grenzregion darstellen.

In dieser Region wird es in Zukunft einen ausgeglichenen Grundwasserhaushalt ge­ben, die Wasserqualität wird sich verbessern, das Oberflächenwasser wird gezielt ver­sickern. Diese Einigung zwischen Wien, Niederösterreich und dem Bund wird, denke ich mir, eine deutlich spürbare Verbesserung für das Lebensumfeld und die Ökologie in dieser Region zur Folge haben. – Wir von der SPÖ begrüßen daher diese – allerdings späte – Lösung sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

20.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wattaul. – Bitte.

 


20.55

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hier geht es um eine Konsensmaterie, und auch ich bin dankbar dafür, dass es zu diesem Projekt gekommen ist. Das wird sicherlich ein wunderschönes Naherholungsgebiet werden.

Daher nur ganz kurz: Meine Fraktion wird zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

20.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

 


20.55

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann mich eigentlich diesmal den Ausführungen meiner Vorredner nur anschließen. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe mich zwar noch immer nicht von dem Schock erholt, dass Sie mutwillig den Transitvertrag gefährden (Abg. Mag. Mainoni: Aber geh!) – das wird ja dann schließ­lich irgendwann einmal wegen mittelbarer Diskriminierung fallen, und dann werden die Finnen eben auch mit höheren Tonnagen hereinfahren können –, und ich habe mich noch immer nicht von dem Schock erholt, dass Sie aus Partikularinteressen solche Dinge zum gegenwärtigen Zeitpunkt riskieren.

Zum Projekt Marchfeldkanal möchte ich jedoch sagen: Da ist wirklich etwas gelungen! Das wird ein hochattraktiver Erholungsraum werden, und es gibt ja jetzt schon zusätz­liche neue Projekte, diesen Erholungsraum weiter aufzuwerten. Das halte ich für einen sehr guten Weg, denn gerade im Umfeld von Großstädten brauchen wir solche Nah­erholungsgebiete mehr als dringend, und zwar auch deshalb, um es Leuten, die weni­ger mobil sind, zu ermöglichen, sich in einer gepflegten, in einer grünen Landschaft zu erholen, ihre Augen dort sozusagen auszurasten.

Das war gut gemacht! Es hat zwar extrem lange gedauert, aber das liegt eben auch – das ist mir schon klar – in der Natur von Artikel-15a-Vereinbarungen.


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Meine Damen und Herren! Ich hoffe auf einen guten weiteren Erfolg dieses Projektes und auf eine positive Weiterentwicklung. (Beifall bei den Grünen, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Festlegung des Bundesbeitrages zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das Marchfeldkanalgesetz aufge­hoben wird, samt Titel und Eingang in 126 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies ebenfalls mit Ein­stimmigkeit in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfas­sungs­gesetz, mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Betrieb eines Marchfeld­kanalsystems geändert und ergänzt wird, 127 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­spre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

14. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (56 der Beilagen): Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungs­einrichtungen und -Diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzen­trale des Oberen Luftraums für die Zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste (CEATS) (Brüssel, 27. Juni 1997) samt Anlagen;

Besondere Vereinbarung zur Durchführung von Artikel 6 der Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und -diens­ten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des oberen Luftraums für die Zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste (CEATS) (86 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Damit gelangen wir zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Steier. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.59

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Die Europäische Union hat zahlreiche Grenzen auf dem Boden beseitigt, am Himmel hingegen war die EU nationalen Interes­sen bisher ziemlich machtlos ausgeliefert.


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Die Europäische Luftraumüberwachung wird geprägt von einer Schrebergarten-Men­talität; die Luftraumüberwachung wurde bisher als nationale Angelegenheit betrachtet. Europa leistet sich rund 60 nationale Luftkontrollzentren mit mehreren hundert Schnitt­stellen entlang der Luftrouten.

Im Bemühen, eine einheitliche Luftraumüberwachung herzustellen, wurde nach jahre­langen Vorbereitungen 1997 die Grundsatzvereinbarung getroffen, dass es im mittel­europäischen Luftraum über 28 500 Fuß eine gemeinsame Flugsicherung geben soll. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Damit wurden die Weichen für das Projekt CEATS gestellt. Mit dem Staatsvertrag für das weitreichende Luftfahrtübereinkommen CEATS wird unter anderem eine gemein­same Flugsicherungszentrale für Zentraleuropa in Fischamend etabliert. Damit wird der Standort Österreich um eine wichtige europäische Organisation weiter aufgewertet und Wien zu einer wichtigen Drehscheibe des internationalen Flugverkehrs.

Meine Damen und Herren! Zwischen den ersten Initiativen zur Implementierung von CEATS 92 und dem eigentlichen Tätigkeitsbeginn der CEATS-Zentrale in Österreich 2010 liegt mittlerweile ein Zeitraum von 17 Jahren. In diesen 17 Jahren hat sich der europäische Flugverkehr rasant weiterentwickelt. Die Luftfahrt ist von allen Verkehrs­arten – das wissen wir – in den letzten 20 Jahren am schnellsten gewachsen und wird sich zusätzlich pro Jahr um 4 Prozent steigern.

Wie die europäische Kommission auf ihrer Website feststellt, ist der Luftraum wie in den sechziger Jahren organisiert. Ein simpler Flug von Rom nach Brüssel quert neun ver­schiedene Kontrollzentren. Auch deswegen wurde im Vorjahr die Single European Sky-Initiative ins Leben gerufen. Darin geht es konkret darum, die überholte Architektur der europäischen Luftraumüberwachung auf den letzten Stand zu bringen, den Luft­raum optimal nach funktionalen Kriterien zu gestalten und die Flugsicherungssysteme zu verbessern.

Der CEATS-Luftraum könnte einer dieser „Functional Blocks of Airspace“ in einem einheitlichen europäischen Luftraum werden. Über die Frage, inwieweit CEATS auf Grund seiner langen Vorlaufzeit durch die EU-Initiative Single European Sky bereits adaptierungsbedürftig ist, wird derzeit diskutiert.

Ich darf zum Abschluss eigentlich nur eines als Hinweis geben: Bei aller Wertschät­zung sollten wir alle danach trachten, dass die Flugsicherungsstandards beibehalten beziehungsweise noch verbessert werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Regler.)

21.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Mag. Mainoni. Redezeit: 3 Minuten. Er muss sie aber nicht ausschöpfen. – Bitte.

 


21.02

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die Errichtung dieser Flugsicherungszentrale für Zentraleuropa, nämlich für die Staaten Bosnien-Herzegowina, Ungarn, Italien, Slowakei, Slowenien, Kroatien, Tschechische Republik, die von Fischamend aus die Kontrollen durchführt, ist tatsächliche eine Chance für Österreich. Bis jetzt gab es – mein Vorredner hat es bereits erwähnt – 55 Zentralen in ganz Europa. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass sich ungefähr alle zwölf Jahre die Fluggastzahl verdoppelt, dann kann man sich auch in etwa vorstellen, wie die Zukunft im europäischen Luftraum aussehen wird.

Deshalb: Für Österreich eine interessante Herausforderung. Für Niederösterreich, ins­besondere für Fischamend natürlich die einmalige Möglichkeit, hoch qualifizierte Ar-


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beitsplätze zu erhalten, und für die Passagiere wahrscheinlich – ich hoffe es zumin­dest – weniger Zeitverzögerung und weniger Slots.

Wir stimmen diesem Antrag gerne zu. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als nächste Rednerin kommt Frau Abgeordnete Dr. Lich­tenberger zu Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.03

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Vereinheitlichung der Luftraumkontrolle über einer bestimmten Höhe ist schon ewig lang ein Anliegen, sie wurde einige Zeit auch blockiert, weil es eine Streiterei gab, wo die Zentralen jeweils sitzen, die diese vereinheitlichte Luftraumkontrolle übernehmen sollten. Jetzt ist es entschieden. Ich bin sehr froh, dass das endlich klappt.

Es gibt Sicherheitsprobleme im europäischen Luftraum ganz genauso, die Experten sind darüber informiert. Ich will hier jetzt nicht irgendwelche Länder diskriminieren, indem ich sie nenne. Aber ich glaube, dass das ein wichtiger Schritt ist. Wir werden dem auch zustimmen.

Es gibt aber einen weiteren Druck auf Vereinheitlichung, den ich hier noch ansprechen möchte – ich möchte die Regierung auch auffordern, sich auch in diesem Bereich aktiv einzubringen –, und zwar ist das die Besteuerung von Kerosin und die europaweite einheitliche Besteuerung ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Regler.) Ich sage ja: euro­paweite einheitliche Besteuerung. Sie werden im Antragstext sehen, dass ich das auch so gemeint habe, denn da sind natürlich nationale Alleingänge nicht wirklich möglich, aber das muss in Angriff genommen werden. Es gibt immer mehr Bereitschaft auch auf europäischer Ebene dafür. Gerade jetzt angesichts der Konkurrenz der Billigflieger wird das immer mehr spruchreif.

Ich bringe deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend aktives Ein­treten für Steuergerechtigkeit im Flugverkehr

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­ser­wirtschaft sowie der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, umgehend die Beendigung ungerechtfertigter Steuerprivilegien der Luftfahrt in Angriff zu nehmen und hiebei insbesondere entschiedene Schritte auf europäischer und globaler Ebene zu­gunsten der Einführung einer Besteuerung von Flugtreibstoff (Kerosin) zu setzen.

*****

Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von den Abgeordneten Dr. Lichtenberger, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend aktives Eintreten für Steuergerechtigkeit im Flugverkehr ist hinreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 56 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­spre­chendes Zeichen. Herr Kollege Schieder? (Abg. Schieder: Ich stimme auch zu!) – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass die Kundmachung der Verein­barungen in allen authenischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie erfolgt. – Auch hiezu erteilt der Nationalrat ein­stimmig seine Zustimmung.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend aktives Eintreten für Steuergerechtigkeit im Flugverkehr.

Wer für diesen Antrag eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

15. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (57 der Bei­lagen): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (98 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 15. Punkt der Tagesord­nung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Grander. Sie hat für 3 Minuten das Wort.

 


21.08

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bereits Anfang der neunziger Jahre setzte die Diskussion über die Weiterentwicklung und Kodifizierung der Patientenrechte ein. Eine Analyse der Situation zeigte, dass sich der Kompetenzlage entsprechende Patientenrechte verstreut auf etliche Gesetze so­wohl in Bundes- als auch in Landesrechtsvorschriften finden. Es mangelt an Infor­mation für die Betroffenen und auch an Durchsetzbarkeit.

All diese Probleme führten zu der Überlegung, kein eigenes Patientenrechtegesetz zu schaffen, sondern den Versuch zu unternehmen, auf der Grundlage einer Verein­ba­rung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz, in der sich Bund und Länder wechselseitig zur Sicherung der darin genannten Patientenrechte im Rahmen ihrer Zu­ständigkeit verpflichten, eine von der Kompetenzlage losgelöste vollständige und über­sichtliche Zusammenfassung aller Patientenrechte zu geben, also eine Patienten­charta.

Die vorliegende Vereinbarung mit dem Bundesland Tirol enthält Regelungen zu fol­genden wesentlichen Bereichen von Patientenrechten: Recht auf Behandlung und Pflege, Recht auf Achtung der Würde und Integrität, Recht auf Selbstbestimmung und


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Information, Recht auf Dokumentation, besondere Bestimmung für Kinder, Vertretung von Patienteninteressen und Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen.

Ich möchte hier ganz kurz auf die Pflege eingehen. Zur Schaffung einer vertrauten Um­gebung von Langzeitpatienten werden zum Beispiel die Mitnahme von persönlichen Gegenständen und das Anbringen von Bildern oder sonstigen Erinnerungsstücken zu ermöglichen sein, was großteils in den Krankenhäusern oder im extramuralen Bereich, also Pflegeheimen et cetera, bereits geschieht.

Die Umstände des Sterbens im Krankenhaus sind sowohl für Sterbende als auch für die Angehörigen in vielen Fällen besonders belastend. Es ist erforderlich, die Organisa­tionsstrukturen in Krankenanstalten so zu gestalten, dass ein Abschiednehmen in einem humanen, menschenwürdigen Umfeld möglich ist.

Besonders wichtig ist mir die stationäre Behandlung von unmündigen Minderjährigen bis zum zehnten Lebensjahr. Es ist daher die Möglichkeit der Mitaufnahme von Begleit­personen vorzusehen. Ich denke, dass das ganz wichtig ist. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. Sie spricht 3 Minuten zu uns. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


21.10

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Auch wir stimmen der Patientencharta mit dem Bundesland Tirol zu. Diese Art der Vereinbarung geht ja auf Bemühungen unserer Bundesministerin Lore Hostasch zurück. Es gibt bereits Vereinbarungen mit den Bundesländern Kärnten, Burgenland, Oberösterreich, Niederösterreich und Steiermark.

Aber gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, trotzdem ein paar Worte zur Gesund – ich spreche langsamer, Kollege Molterer (Abg. Mag. Molterer: Geht auch schneller!) –, weil ich denke, dass Patientenrechte auch damit zusammenhängen, ob Menschen überhaupt die entsprechende Infrastruktur vorfinden. Aber es sind gerade Sie, die Selbstbehalte den kranken Menschen sozusagen auf das Auge drücken wol­len. Sie haben ja beschlossen, dass Selbstbehalte für alle Kassen eingeführt werden sollen. Daher werden Leistungen für manche Menschen, vor allem für kranke Men­schen, nicht mehr so leicht erschwinglich sein. Sie wissen aus den Erfahrungen mit den Ambulanzgebühren ganz genau, dass genau solche Selbstbehalte keine Len­kungseffekte haben, sondern, im Gegenteil, zu Lasten der Gesundheit der Menschen gehen.

Aber was ich ganz besonders empörend finde, Herr Kollege Molterer – und ich rede noch langsamer, damit Sie mir folgen können –, das ist, dass Sie auf der einen Seite den Menschen Selbstbehalte auf das Auge drücken wollen, auf der anderen Seite aber noch keinen Finger gerührt haben, damit die Krankenkassen tatsächlich saniert wer­den. Aber überhaupt keinen Genierer haben Sie dann, wenn es darum geht, Versor­gungsposten für Ihre Leute zu finden, und dort sind Sie ja sehr gut im Proporz, denn da wird die Frau Ex-Abgeordnete Beate Hartinger, meine Damen und Herren von der FPÖ, hervorragend versorgt. (Zwischenrufe des Abg. Wittauer.)

Herr Vanas bezieht sein Gehalt weiter, ohne dass er ein Portefeuille für die Ge­schäftsführung hat. Damit es aber zu keinem Streiten zwischen ÖVP und FPÖ kommt und als ein kleines Dankeschön an die FPÖ, weil sie beispielsweise bei der Pensions­reform brav gehalten hat, bekommt Frau Hartinger diesen Posten. Das alles kennen wir schon. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Das ist eine fähige Frau!)


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Herr Kollege, das alles kennen wir schon. Beim Gaugg war es genau dasselbe. Da hätten Sie dasselbe Spiel geplant gehabt. Der hat sich nur selber aus dem Spiel ge­nommen, das ist alles. Wissen Sie, was das ist? – Wasser predigen und Wein trinken. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Hartinger – jetzt werde ich Ihnen etwas sagen – hat immer gemeint, bei den Sozialversicherungen müsse eingespart werden. Sie sollen bei sich selbst zum Sparen anfangen. – Sie sparen gar nicht! Sie stocken auf, damit schön brav ein FPÖler und ein ÖVPler Platz hat. Dort sparen Sie nicht, aber bei den Menschen, bei den Versicherten wollen Sie sparen, und das ist ein Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

21.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


21.13

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Die Qualifikation der Frau Beate Hartinger steht wohl außer Frage, Frau Abgeordnete Silhavy, das muss ich da schon einmal betonen. Wenn ich mir die Bedingungen an­schaue, die Ihr Landeshauptmannstellvertreter DDr. Peter Schachner-Blazizek jetzt ge­stellt hat, um sich von der ESTAG zu verabschieden, dann weiß ich nicht, wo da Be­günstigungen und Privilegien stattfinden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wittauer – in Richtung SPÖ –: Das ist unglaublich, was ihr aufführt! – Zwischenrufe der Abg. Rossmann.)

Aber was ich hier sagen wollte, das ist, dass wir uns sehr darüber freuen können, dass wir heute hier die Patientencharta für das sechste Bundesland beschließen, denn die Entwicklung in der Medizin in anderen Bereichen ist nicht durchwegs erfreulich.

Zu Recht hat die tragisch verlaufene Operation an den Zwillingsschwestern Dis­kus über die Medizinethik ausgelöst. Sicher auch zu Recht haben Kritiker ver­mutet, dass es sich dabei auch um eine geschäftliche Sache gehandelt hat, denn mit der An­kündigung dieser Operation durch diesen privaten Konzern, diese Raffles Medical Group, ist die Aktie, die dort sehr schwach herumgetümpelt ist, gleich massiv gestie­gen. Das ist ein Verständnis von Gesundheit und Gesundheitspolitik, nämlich Medizin als Geschäft, wo wir sorgsam darauf achten müssen, dass wir das hier nicht einreißen lassen.

Ganz im Gegensatz dazu der heutige Abschluss mit Tirol. Das Bewusstsein, dass die Befindlichkeit des Patienten, seine Menschenwürde nicht davon zu trennen ist, wie seine Heilung verläuft, ist ein absolut richtiges. Je weiter die Neurologie voranschreitet, desto klarer wird der Satz, dass es der Geist ist, der den Körper baut. So ist es auch im Interesse einer Heilung und eines wirklichen Verständnisses von Medizin, nämlich als Heilkunst, dass wir heute diesen erfreulichen Abschluss tätigen. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 7 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Wittauer: Ich werde den Herrn Doktor nicht stören! Ich werde aufmerksam folgen!)

 


21.15

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Sie werden mir gestatten, dass ich jetzt über die Patientenrechte, nicht über die Rechte der proporzmäßigen Nachbesetzung oder Aufstockung des Haupt­verbandes rede. Es gibt auch keine Charta für Ihre Parteikollegin.


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Diese Patientencharta ist an und für sich ein typisches Beispiel österreichischer Recht­sprechung. Die PatientInnenrechte sind in Österreich eigentlich sehr gut ausgebaut, das muss man bestätigen, aber das Problem liegt anderswo, nämlich darin, dass diese Gesetzesmaterie von PatientInnenrechten in diverse Kompetenzbereiche fällt, und zwar nicht nur des Bundes, sondern auch der Länder, sie ist auch im Ärztegesetz et cetera pp. zu finden, dass unter dem Strich im Prinzip österreichweit keine verbindliche Rechtssicherheit über die Rechte von PatientInnen existiert und diese Gesetzes­materie, da sie in verschiedensten Gesetzesbereichen niedergeschrieben ist, kaum lesbar ist und für Laien, aber, wie ich meine, auch für Fachkundige schwer aufzufinden ist, wenn man nach diesen Rechten fragt.

Dass so eine Querschnittsmaterie natürlich mehr an Übersichtlichkeit bedarf, ist klar, und da sind Patientenchartas durchaus eine Möglichkeit, diese zu schaffen. Aber Über­sichtlichkeit durch eine weiterhin zementierte und festgeschriebene Rechtsunsicherheit auf unserem Staatsgebiet zu erkaufen, halte ich zumindest nicht für die glücklichste Lösung, denn einheitliche PatientInnenrechte im Rahmen eines Bundesgesetzes hät­ten mehr Verbindlichkeit, und das kann ich schon erläutern.

Ich gebe zu, dass es Beamtinnen und Beamte des Ministeriums irrsinnig schwer ha­ben, sich gegen die föderalen Interessen der Länder bei ihrer Aufgabe, diese Ge­set­zes­materie zu vereinheitlichen, zu konzentrieren und zu bündeln, durchzusetzen, aber dass letztlich Resignation auf Befehl der Politik natürlich – Beamte sind ja wei­sungs­gebunden – zu solch einer Kompromissbildung führt, die nicht gut ist, das versuche ich Ihnen jedenfalls zu beweisen.

Die Chartas sind irgendwo ähnlich in ihrem Inhalt, allerdings stehen da Sachen drinnen wie menschenwürdige Behandlung et cetera pp., wo ich glaube, dass das in einem Rechts­staat eine Selbstverständlichkeit sein und nicht ausformuliert werden müsste. Wenn es ausformuliert wird, dann hätte ich es schon gern konkreter festgemacht. Wenn jetzt diese Kompetenzen dermaßen diversifiziert sind und die Verantwortung filettiert ist, dann kommt natürlich in diese Patientenchartas etwas hinein, was ich als reinen Appellcharakter und als Absichtserklärungen betrachte. Ich zitiere jetzt einen Satz aus der Tiroler Patientencharta: Die Vertragsparteien sollen sich verpflichten, die in der Charta angeführten PatientInnenrechte im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit sicherzustellen. Subjektive Rechte Einzelner können durch eine solche Vereinbarung allerdings nicht begründet werden. – Na bravo!

Irgendjemand muss etwas sicherstellen. Ist jemand betroffen, fühlt er sich durch die Rechte verletzt, kann er auf diese Charta aber nicht regressieren. – Da frage ich mich: Ist das das Gelbe vom Ei? Sie werden mir zustimmen, wenn ich sage: Nein!

Also wenn die Regierung der hellsten Köpfe bei der kleinsten Schwierigkeit klein beigibt, wenn Rechtssicherheit verlangt wird, wenn sie die Gleichbehandlung aller Bürgerinnen und Bürger in ihrer traurigen Rolle als PatientInnen nicht sicherstellen kann, sondern nur durch bloße Übersichtlichkeit und Lesbarkeit ersetzt, dann muss ich sagen: Dann ist das eine Bankrotterklärung! Manche munkeln aber, dass diese Re­gierung der hellen Köpfe nicht stärker strahlt als ein Kopfsteinpflaster bei Neumond, und das finde ich schon bedenklich, aber so hart sind Ihre Köpfe durchaus wie ein Kopf­steinpflaster. (Abg. Neudeck: Das muss man im Protokoll nachlesen!)

Ich bringe noch ein Beispiel, vielleicht verstehen Sie dann das mit den Köpfen und dem Kopfsteinpflaster besser: Die Vertragsparteien verpflichten sich, angemessene Leistun­gen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens rechtzeitig sicherzustellen.

Bitte, was heißt „angemessen“? Wer definiert, was „angemessen“ ist? Könnte es sein, dass das bedeutet, dass eine Gesundheitslandesrätin das aus budgetären Gründen etwas billiger gibt? Könnte es sein, dass das heißt, dass der eine Charakter zeigt, der


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andere weniger, der eine mehr Ökonom ist, der oder die andere mehr Ethiker/in? Sollte man das dem Zufall überlassen? – Ich glaube, das sollte man nicht tun!

Wie verhält es sich mit einer angemessenen und rechtzeitigen Sicherstellung? Wie ist es mit Rufbereitschaften? Wie ist es mit Leistungsangebotsplanung? Wie ist es mit Psychotherapie, Rehabilitation? – Da ist nichts sichergestellt, weder rechtzeitig noch überhaupt. Wie ist es mit Heilbehelfen, Selbstbehalten et cetera? (Abg. Neudeck: Wird das jetzt ein Abänderungsantrag?)

Frau Rauch-Kallat wäre durchaus in der Lage, sich da durchzusetzen, wenn nicht einer in einer zunehmend monarchischen, sage ich, Führerpartei, der ÖVP, immer vorgeben würde, was Sache ist, der glaubt, dass er weiß, was richtig ist, was den PatientInnen gut tut und nicht gut tut. Auch Abgeordneter Rasinger wird davon ein Lied singen kön­nen, aber natürlich nicht dürfen, das ist klar.

Als letztes Beispiel – und das wird heikel, wird manche aber doch interessieren –: Es heißt auch, dass unabhängige PatientInnenvertretungen einzurichten sind. Dazu Fol­gen­des – es tut mir vielleicht nicht gut, das hier zu sagen –: Der pensionierte Kam­meramtsdirektor der Tiroler Ärztekammer wurde in mehreren Krankenanstalten als Pa­tientenvertreter vorgeschlagen. Ich nehme an, dass die Ärztekammer – das wird man ja zugeben, selbst die Ärztekammer, zwar nicht gerne, aber doch – Partei ist. Aber das soll in einigen Fällen in Österreich durchgegangen sein.

Ich kenne auch Fälle, wo der Anstaltsträger massiven Druck auf die Patienten­vertre­terin ausgeübt hat, auf massivste und nicht subtile Art und Weise. Die sind weniger geschützt als eine Betriebsrätin. Hier ist Handlungsbedarf.

Frau Bundesminister! Ich darf Sie bitten, als Beispiel von hellen Köpfen zu agieren und nicht nur im Gesundheitsausschuss, sondern auch im Nationalrat das zu debattieren, was zur Vereinheitlichung der PatientInnenrechte in Österreich führen kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Marek. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


21.23

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun


des­minister! Hohes Haus! Mit dem Beschluss der Patientencharta für Tirol wird heute bereits für das sechste Bundesland die Vereinbarung zur umfassenden Wahrung der Patientenrechte abgeschlossen. Die Charta für Vorarlberg wurde im März im Minister­rat beschlossen, in Salzburg wird bereits heftig über einen Abschluss diskutiert.

Fast wie das Amen im Gebet gilt für dieses Thema, wie für so viele andere auch: Wien ist anders!

Die Diskussion um den Abschluss einer Vereinbarung zur Sicherstellung der Patienten­rechte in Wien ist schon eine sehr lange und leider ziemlich fruchtlose. Als Wiener Abgeordnete finde ich das besonders schade und möchte Ihnen gerne einen kleinen Einblick in die Chronologie und leider Nicht-Werdung der Patientencharta in Wien geben.

Bereits 1999 wurde im Wiener Landtag der erste Antrag auf Abschluss einer entspre­chen­den Artikel-15a-Vereinbarung gestellt – natürlich nicht von der SPÖ – und dem Gesundheitsausschuss zugewiesen.

In einem Brief an den Ausschuss erklärte der damalige Gesundheitsstadtrat Sepp Rie­der, dass in Wien ohnehin alles super sei und er keine Notwendigkeit für ein Abkom­men mit dem Bund sehe. – Somit also zum ersten Mal abgewürgt.


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Der zweite Antrag wurde im November 2001 eingebracht, nachdem mittlerweile alle Bun­desländer bis auf Wien ihre Bereitschaft zum Abschluss der Patientencharta bekundet oder die Vereinbarung bereits realisiert hatten.

Wieder wurde der Gesundheitsausschuss befasst, wieder kam ein nettes Schreiben der mittlerweile zuständigen Stadträtin Pittermann: Es ist ohnehin alles super in Wien, es gibt beispielhafte Regelungen in Wien, man braucht also eigentlich keine Pa­tientencharta in Wien.

Aber – man höre und staune! – sie schreibt: Um zu zeigen, dass Wien jede Maßnahme im Zusammenhang mit dem Wohl der Patienten fördert, habe ich den Auftrag erteilt, die Vorarbeiten für den Abschluss einer derartigen Vereinbarung nach Artikel 15a B-VG in die Wege zu leiten.

Leider war es das auch schon. Irgendwie sind die Vorarbeiten im Ressort der Gesund­heitsstadträtin versumpft – wie so vieles, oder besser: alles andere seit ihrem Amts­antritt. (Abg. Neudeck – in Richtung SPÖ –: Da sind sie jetzt auf einmal ganz stad!)

Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei: Antrag Nummer drei wurde im April 2003 eingebracht, dem Gesundheitsausschuss zugewiesen, diskutiert und blieb bisher – Überraschung! – ohne Ergebnis. Dazu sei bemerkt: Wien ist anders!

Das ist schade, nämlich auch für die Menschen, für die die Patientencharta ein wich­tiges Zeichen wäre. Was spricht dagegen, die Patientencharta endlich auch für Wien abzuschließen, wenn ohnehin alles so toll ist?

Ja, Wien ist in diesem Bereich tatsächlich nicht schlecht organisiert – das muss man zugeben –, und daher ist es erst recht nicht zu verstehen, dass die rote Stadtregierung in diesem Bereich untätig und unwillig ist und bleibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Übrigens: Genauso ist es beim Thema der Verankerung des arbeitsfreien Sonntags in der Landesverfassung – aber anscheinend zählt halt, meine Damen und Herren von der SPÖ, der Mensch da doch nicht wirklich. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heit­lichen.)

21.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächste Frau Bundes­ministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


21.26

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich freue mich, dass heute die Patientencharta, die nunmehr auch mit dem Land Tirol abgeschlossen werden konnte, hier weiter beschlossen wird.

Ich darf Ihnen mitteilen, dass wir bereits nächste Woche in Vorarlberg mit dem Herrn Landeshauptmann die Patientencharta unterzeichnen werden und dass dann nur noch die Bundesländer Salzburg und Wien fehlen werden.

Herr Abgeordneter Grünewald, das, was hier vorliegt, ist das Ergebnis umfassender Ver­­handlungen, wobei natürlich schon zu berücksichtigen ist – das wurde bei den Ver­handlungen immer wieder angesprochen –, dass ein Unterschied zwischen dem städtischen und dem ländlichen Bereich besteht, dass detaillierter formulierte Rechte für diese Artikel-15a-Vereinbarungen zu diesem Zeitpunkt nicht möglich waren.

Wir arbeiten darauf hin, dass alle neun Bundesländer diese Charta unterzeichnen, dass wir dann einen gemeinsamen Level haben, dass wir selbstverständlich immer wieder mit den Patientenanwälten in Kontakt sind, wo es um ganz konkrete Probleme geht, und dass wir dann von diesem Level aus diese Charta weiterentwickeln können.


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Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und der SPÖ.)

21.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.28

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! (Abg. Wittauer: Da sind wir neugierig, ob wir etwas Neues hö­ren!) – Es gibt nichts Neues mehr.

Wir haben in der Vergangenheit schon mit fünf Bundesländern gleich lautende Verein­barungen abgeschlossen, haben zugestimmt, wir werden natürlich auch der Verein­barung mit Tirol zustimmen.

Wir wissen, dass die Weiterentwicklung, die Vereinheitlichung der Patientenrechte schon mehr als zehn Jahre in Diskussion steht. Wahrscheinlich ist die föderale Struktur Österreichs der Grund dafür, dass es bis heute zu keiner bundeseinheitlichen Lösung gekommen ist. Ich hoffe aber sehr, dass diese Artikel-15a-Vereinbarungen nur als Zwi­schenlösung gelten. Auch wenn die Charta zweifellos eine Verbesserung darstellt, wird die SPÖ weiterhin an einer bundeseinheitlichen Lösung arbeiten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wittauer.)

Wir wollen ein Patientenrecht, das für alle Patienten in Österreich gleich ist. Ich hoffe, dass auch Sie in absehbarer Zeit mit dabei sind. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wittauer.)

21.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Lichten-egger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.29

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Sie haben quasi meine Rede schon vorweggenommen, daher brauche ich nicht mehr so viel zu sagen.

Mir ist die Patientencharta auch deshalb sehr wichtig, weil es nicht nur um die Pa­tientenrechte geht, sondern im Speziellen auch um die jugendlichen Patienten und die Kinder, wo es unter anderem darum geht, dass das Personal gesondert geschult werden sollte.

Es sind sehr wichtige Dinge, die da beschlossen werden, und ich bin sehr froh darüber, dass wir jetzt mit Tirol einen neuen Partner haben. Die Frau Bundesministerin hat schon gesagt, dass nicht mehr viele fehlen, dann haben wir vielleicht ein flächen­decken­des Netz.

Ich möchte noch etwas sagen, weil vorhin etwas zur Frau Hartinger gesagt worden ist. (Abg. Wittauer: Ganz eine unfaire Geschichte!) Da hat es natürlich, wie wir es in allen solchen Angelegenheiten halten, eine genaue und objektive Postenbesetzung gege­ben. Die Frau Hartinger hat diesen Posten bekommen, weil sie durchaus Qualitä­ten und einschlägige Berufserfahrung hat. Dem Kollegen Brosz muss ich zu seinem Leidwesen widersprechen: Im Vorjahr hat es sogar von der grünen Fraktion die Be­stätigung gegeben, dass die Auswahl von Beate Hartinger und von Roswitha Pettliczek-Koller in Ordnung ist. Da stehen zwei Frauen zur Auswahl, die hervorra­gende Qualifikationen haben beziehungsweise darüber verfügen. Also von daher geht da alles mit rechten Dingen zu.


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Ich wünsche auf diesem Wege gute Arbeit und viel Erfolg noch für die Patienten­charta. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Haidlmayr. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


21.31

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Kollege Kurt Grünewald hat schon sehr viele Punkte angeführt, die unserer Meinung nach in der Patientencharta noch zu regeln wären und eine Überarbeitung notwendig machen würden. Ich möchte diese Liste noch um wenige Punkte ergänzen.

Frau Ministerin! In all den Patientenchartas, die bis jetzt schon abgeschlossen sind – mit der heutigen ist es schon die sechste –, wird die Situation von sinnesbehinderten Menschen nicht berücksichtigt. Bei jeder Patientencharta habe ich das eingefordert, mit dem Ergebnis, dass jede Patientencharta das wieder hat unberücksichtigt gelassen.

Ich brauche Ihnen da nichts Neues zu erzählen, denn Sie wissen es ohnehin selbst. Denken Sie zum Beispiel an die Situation von blinden Menschen, wenn sie im Kran­kenhaus sind. In diesem Fall regelt die Patientencharta überhaupt nichts. Wenn heute ein blinder Mensch im Krankenhaus liegt und jemand sein Zimmer betritt, dann weiß der blinde Mensch gar nicht, wer hereingekommen ist und was er will.

Also das heißt, so grundlegende Dinge wie zum Beispiel, dass man vor Betreten eines Zimmers zumindest anklopft und sich dann vorstellt und dem Patienten sagt, was man will, gehören in der Patientencharta festgeschrieben. Ich denke, das sind Dinge, die nichts kosten, aber wirklich ganz wesentlich wären.

Genauso wesentlich wäre es, dass zum Beispiel blinde Menschen auch die Chance haben, die Unterlagen, die im Krankenhaus über sie erstellt werden, Krankengeschich­te et cetera, zu lesen. Es hat nämlich jeder ein Recht darauf, seine Befunde zu lesen und sich die Unterlagen, die im Laufe der Zeit im Krankenhaus über ihn gesammelt werden, anzuschauen, um selbst auch über seine Situation Bescheid zu wissen und nicht darauf warten zu müssen, was man von ärztlicher Seite an Informationen be­kommt oder nicht. Das ist derzeit einfach nicht möglich, weil hier für blinde Menschen überhaupt nichts vorgesehen ist, was die Qualität für diese Gruppe im Krankenhaus wirklich verbessern würde.

Genauso oder sogar noch viel schlimmer geht es einem gehörlosen Menschen, denn der kann in seiner Sprache, nämlich der Gebärdensprache, dem Arzt nicht einmal ver­mitteln, worum es geht, beziehungsweise kann der Arzt dem gehörlosen Menschen auch nicht vermitteln, was er ihm sagen möchte, weil es nämlich nicht selbstver­ständlich ist, dass ein Gebärdensprachendolmetscher vom Krankenhaus zur Verfü­gung gestellt wird. Wir alle wissen – Frau Ministerin, Sie kennen ja die Situation –, bei anderssprachigen Menschen, die die Lautsprache zwar beherrschen, gibt es schon Rie­senprobleme, und da versucht man dann jemanden beizuziehen, der die Mutter­sprache des anderen spricht und in diesem Fall in die deutsche Lautsprache übersetzt. Wenn es aber um die Gebärdensprache geht, bringt die Lautsprache nichts, wenn der Dolmetscher nicht gleichzeitig auch die Gebärdensprache beherrscht.

Also in diesem Bereich ist überhaupt nichts geregelt. Sie wissen ganz genau, dass speziell gehörlose Menschen eine irre Panik haben, ins Krankenhaus zu müssen, weil sie sich dort schlicht und einfach mit niemandem verständigen können. Das muss man regeln! In der Patientencharta geht es um Rechte der Patienten, und das sind grund­legende Rechte der Patienten, und diese Rechte müssen auch eingefordert werden.


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Ich bitte Sie, Frau Ministerin, da Sie sagen, Sie seien jetzt noch in Verhandlung mit Vorarlberg, denn in diesem Bundesland soll das angeblich nächste Woche beschlos­sen werden, schauen Sie, dass diese Rechte in die Patientencharta gleich hinein­kommen, weil dann Vorarlberg eine Vorreiterrolle hätte und es dann einen größeren Druck gäbe, dass die anderen fünf Bundesländer, die die Charta schon beschlossen haben, diese Rechte als Ergänzung mit aufnehmen! Aber so richtet sich jeder nach dem anderen und denkt sich, was der andere nicht hat, brauche ich auch nicht zu machen – und die Qualität der Patientencharta wird nicht besser, sondern schlechter. Das Wort „Patientencharta“ ist in diesem Fall wirklich schön langsam in Frage zu stellen, ob sie das wirklich noch ist, was sie eigentlich sein sollte, nämlich ein Instru­ment im Interesse der Patienten. Da fehlt also noch einiges, und ich ersuche Sie, schauen Sie, dass Sie diese zwei Punkte zumindest einmal in Vorarlberg hinein­bekommen: für gehörlose Menschen und für blinde Menschen. Dann könnte man sa­gen, dass es wenigstens ein bisschen einen Fortschritt gibt, denn so gibt es gar kei­nen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin hat auf ein Schlusswort verzichtet.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Ab­schluss der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zur Sicherstellung der Patienten­rechte in 57 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer damit einverstanden ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist einstimmig ange­nom­men.

16. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (52 der Beila­gen): Bundesgesetz, mit dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeug­nissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert wird (100 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter und Hausarzt Dr. Rasinger. Er spricht zu uns für 3 Minuten. – Bitte.

 


21.37

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Wenn das Tabakgesetz auf der Tages­ordnung ist und ein Arzt redet, dann haben viele Bedenken und erwarten, dass jetzt eine Moralpauke kommt. Ich möchte aber sagen, dass das, was die EU uns da vorge­geben hat, durchaus sinnvoll ist: größere Warnhinweise, verschärftes Werbeverbot und niedrigerer Nikotingehalt. Warum? – Ich möchte einen einzigen Gedanken dazu formulieren.

50 Prozent derer, die rauchen, sterben am Rauchkonsum; im Schnitt leben sie um 8,4 Jahre kürzer. 30 Prozent aller Krebserkrankungen – in Österreich 35 000 – sind tabakassoziiert, das sind also 11 700. Ich glaube, jeder, der Verantwortung hat – Ärzte fühlen sich für die Gesundheit ihrer Mitbürger natürlich besonders verantwortlich –, sollte nicht zuschauen, wenn 50 Prozent unserer Jugendlichen rauchen. Es ist wert –


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das sage ich jetzt als Arzt –, um jeden zu kämpfen. Wir brauchen wirklich nicht stolz darauf zu sein, dass Österreich mit Grönland die höchste Jugendraucherrate hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

21.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Schasching, und zwar mit der gleichen Dauer der Redezeit. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


21.38

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Rasinger, auch wenn Sie nicht mein Hausarzt sind, bin ich der gleichen Meinung wie Sie. Das ist auch eine der attraktiven jungen Damen, die bei „Starmania“ dabei waren. Niddel erzählt uns heute in der „Kronen Zeitung“, dass auch sie der Zigarette Lebewohl sagt, möchte bald schon fit wie ein Turnschuh sein, um am nächsten New-York-Marathon teilnehmen zu können. Das ist immerhin ein tolles Ziel. Da finde ich gleich zu meinem Lieblingsthema, denn es soll ja unser gemeinsames Ziel sein, möglichst viele junge Menschen fit fürs Leben zu machen, das heißt, sie davon abzuhalten, Drogen zu konsumieren, vor allem aber Nikotin zu konsu­mieren. Wir sind sicher nicht stolz darauf, dass wir eine so hohe Jugendraucherrate haben. Wir müssen sie zur gesunden Lebensführung erziehen. Im Kampf gegen all diese Bedrohungen sind wir uns sicher einig.

Vielleicht auch etwas einiger sollten wir sein im Kampf dagegen, dass gesundheits­gefährdende Maßnahmen vom Parlament vielleicht sogar noch unterstützt werden. Ich erinnere nur daran, dass jetzt zum Beispiel Turnstunden gestrichen wurden. Wir wollen aber das Gegenteil, nämlich dass junge Menschen möglichst viel Bewegung machen, um sich möglichst lange gesund und fit zu erhalten. Das ist eine Initiative, zu der ich Sie gerne einlade, und ich fordere Sie auf, mit uns gemeinsam auch dafür zu arbeiten, möglichst früh, möglichst intensiv junge Menschen zur Sportausübung zu bringen.

Wir haben im nächsten Jahr das Europäische Jahr der Erziehung durch Sport. Das kann ein weiterer Ansatzpunkt und eine Hilfe sein, dass wir im Bereich der gesund­heits­fördernden Maßnahmen hier noch wichtige Initiativen setzen.

Unser heutiger Beschluss ist sicher positiv und notwendig. Daher sind wir logischer­weise auch gerne bereit, hier mitzutun. Gesetze sind aber nur so gut wie ihre Umset­zung. Da möchte ich gerne – auch wenn es schon sehr spät ist und schon viele darauf warten, dass wir uns endlich etwas anderem zuwenden und uns in den wohlverdienten Urlaub begeben können – noch ein bissel um Aufmerksamkeit bitten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gesetze, die wir hier beschließen, sind immer nur so gut wie die Umsetzung dieser Gesetze. Ich erlaube mir, festzustellen, dass ich als Nichtraucherin nicht nur bei den Mitgliedern meiner Fraktion, sondern bei allen hier Anwesenden darauf achten werde, wie Sie mit dem Nichtraucherschutz, den wir heute gemeinsam beschließen, in Zukunft umgehen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP, der Freiheitlichen und der Grünen.)

21.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. 3 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


21.41

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Ich glaube, dieses neue Tabak­ge­setz ist in unser aller Sinn. Zumindest von unserer Seite aus werden wir uns sehr be­mühen, dass wir das Gesetz nicht nur beschließen, sondern in diesem Sinne auch


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umsetzen. Mir geht es auch bei diesem Gesetz sehr stark um die Interessen der Ju­gendlichen, weil das Nikotin quasi die Einstiegsdroge zu sehr viel härteren Drogen ist.

Wir wissen um die gesundheitlichen Schäden, die Nikotin anrichten kann, Bescheid. Ich habe eine Studie nachgelesen, die in England gemacht worden ist, bei der 2 000 Betroffene untersucht worden sind. Im Volksmund würde man sagen: Rauchen macht auch dumm, weil die Durchblutung gestört wird. Bei massivem Tabakkonsum ist die Demenzgefahr wesentlich höher als bei Leuten, die nicht rauchen.

Noch ein paar Zahlen aus der Statistik: Auf Grund des Rauchens, auf Grund der Ge­fahren des Rauchens sterben im Jahr 4 Millionen Menschen – das heißt alle 9 Sekun­den ein Todesfall auf Grund von Nikotingenuss. In Österreich sind es immerhin auch jährlich 14 000 Menschen, die an den Folgen des Nikotinkonsums sterben, und das ist, glaube ich, nicht in unserem Sinne.

Wir versuchen, eine Gesundheitspolitik, die das Bewusstsein der Leute in Österreich anregt, zu machen. Das ist nun ein weiterer Schritt, die Rahmenbedingungen in diese Richtung zu ändern. Wir können es aber nicht nur allein vom Gesundheitsaspekt aus sehen, zu einer guten Gesundheitspolitik und zu einer guten Tabakprävention gehören mehrere Bereiche. Dazu gehört der Justizminister, gehört auch der Finanzminister, die alle in ihrem Bereich dazu beitragen können, dass wir hier eine Gesamtlösung er­reichen.

Alle von uns hier herinnen sind angehalten, sich dieses Gesetz zu Herzen zu nehmen und weiterzutragen und in Zukunft dafür zu sorgen, dass wir weniger Probleme mit den Folgen des Tabak- und Nikotinkonsums haben werden. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ.)

21.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


21.43

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Keine Sorge, ich halte mich kürzer, ich brauche nicht sieben Minuten. Ich möchte nur rekapitulieren. Ich freue mich über dieses Gesetz, aber Jubel ist nicht angebracht. Ich rufe in Erinnerung: Das Motiv für dieses Gesetz, nicht nur Motiv, sondern eine Handlungsanweisung, ist eine EU-Richtlinie, die meines Wissens bis 30. September 2002 innerstaatlich hätte vollzogen werden sollen. Wir schreiben heute ein anderes Datum, und der große Hobbyfußballer Schüssel verdient sich mit diesem Gesetz nicht den Titel eines Torschützenkönigs – außer er biegt das Gesetz, dass Tore auch noch nach Ablauf der zweiten Halbzeit gelten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass dieses Gesetz eine sinnvolle Reduktion des Gefährdungspotentials durch Teer­kondensat, Nikotin und Kohlenmonoxyd ... (Ruf bei der ÖVP: ... Pass!) – Sie geben ih­nen Pass, das ist gut, fein, ich bin kein großer Fußballer. Dafür muss ich mich aber jetzt als Sünder bekennen. Es gibt zwei didaktische Möglichkeiten, sich dem Problem zu nähern: mit dem erhobenen Zeigefinger, belehrend, schulmeisterlich. Ich bin ein schwacher, nicht sehr kluger Mensch (Widerspruch. – Abg. Wittauer: Das stimmt nicht! Ich halte Sie für sehr klug!) und kann Ihnen nur raten: Folgen Sie nicht meinem Beispiel, seien Sie in diesem Fall klüger als ich – sonst wünsche ich mir das natürlich weniger –, und rauchen Sie nicht!

Ich komme jetzt aber schon auch auf andere Gesundheitsgefährdungspotentiale zu sprechen, denn mit dem Tabakgesetz ist Gesundheit allein nicht zu retten, das muss Ihnen schon klar sein. Ich frage Sie: Was ist gesundheitsgefährdend an restriktiven,


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nicht ungeheuer intelligenten Sparmaßnahmen im Gesundheitssystem? Dazu wird Ih­nen selber einiges einfallen. Was ist gesundheitsgefährdend in puncto Umwelt­belas­tungen: Lärm, Luft, Schadstoffe, Gefährdung durch Hormonrückstände, Arzneimittel­rückstände im Fleisch et cetera? Ich könnte Ihnen eine ganze Liste aufführen.

Rauch-Kallat hat noch viel zu tun, und ich glaube, wir könnten da zusammenarbeiten, aber diesmal wünschen wir Ihnen Erfolg vor Torschluss, und zwar rechtzeitig. – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


21.46

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke Ihnen für die einstimmige Annahme – ich gehe davon aus, dass sie einstimmig sein wird – dieser Umsetzung der Richtlinie der Europäischen Union. Sie ist deshalb besonders wichtig, weil sie sich vor allem darauf richtet, junge Menschen vom Tabakkonsum abzuhalten. Wir haben hier durchaus er­schreckende Daten: Im Rahmen einer Umfrage in Österreich haben 20 Prozent der 15-jährigen Burschen und sogar 26 Prozent der 15-jährigen Mädchen angegeben, dass sie regelmäßig rauchen.

Das sind Zahlen, die absolut unbefriedigend sind, und wir werden alles daransetzen, dass wir in den nächsten Jahren mit einer entsprechenden Aufklärungs- und Informa­tions­arbeit vor allem bei jungen Menschen einen Meinungs- und auch Verhaltensum­schwung zustande bringen. Ich bin eine grenzenlose Optimistin, ich werde natürlich meine Bemühungen auch auf den Herrn Abgeordneten Grünewald und den Herrn Ab­geordneten Van der Bellen ausweiten (Abg. Sburny: Viel Vergnügen!) und mein Mög­lichstes tun, um einen entsprechenden Impuls zu setzen, um auch Sie von diesem Laster zu befreien und vielleicht auf ein anderes Laster umlenken zu können. (Abg. Mandak: Cannabis zum Beispiel!)

Die Summe ist wichtig, meine Damen und Herren! In diesem Sinne danke ich für Ihre Unterstützung. Wir haben noch viel zu tun, da gebe ich allen meinen Vorrednern Recht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

21.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wöginger. 3 Minuten. – Bitte.

 


21.47

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Bei uns in Oberösterreich sagt man oft: Hauptsache ist, dass man gesund ist! – Das Rauchen ist aber alles andere als gesundheitsfördernd. Deshalb sind alle Maßnahmen zu unterstützen, die den Menschen helfen, sich das Rauchen abzu­gewöhnen, beziehungsweise sie davor bewahren, überhaupt erst anzufangen. Da ha­ben wir in Österreich sicher Handlungsbedarf. 2,3 Millionen Österreicherinnen und Öster­­reicher rauchen – im Vergleich zu den anderen EU-Ländern liegen wir da mit 37,8 Prozent im Spitzenfeld.

Positiv möchte ich herausstreichen, dass 70 Prozent der Raucherinnen und Raucher mit dem Rauchen aufhören wollen beziehungsweise ihren Tabakkonsum stark ein­schränken möchten. Daher ist diese Regierungsvorlage zu unterstützen, weil man noch mehr danach trachten soll, die Menschen auf die negativen Folgen des Rauchens aufmerksam zu machen.


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Es sollen Sprüche wie „Rauchen gefährdet die Gesundheit“ oder „Rauchen verursacht Herz- und Gefäßerkrankungen“ nicht mehr am unteren Eck einer Packung stehen, sondern mehr Platz einnehmen. Besonders wichtig ist auch die Reduktion der gefähr­lichen Inhaltsstoffe wie Teer und Nikotin. Die Warnhinweise sollen ein verstärktes Ge­sundheitsbewusstsein fördern. Der Herzinfarkt ist oft die Folge des Rauchens. Öster­reich liegt da leider auch weltweit im Spitzenfeld.

Deshalb ist es unbedingt notwendig, so wie es die Gesundheitsministerin auch vor­sieht, in die Vorsorge zu investieren. Den Menschen muss noch mehr bewusst werden, dass falsche Ernährung, zu wenig Bewegung, Dauerstress, Konsum von Alkohol und Nikotin oft nicht mehr heilbare Krankheiten und eine Verkürzung der Lebenszeit zur Folge haben.

Diese Gesetzesanpassung wird das Problem allein nicht lösen, jedoch bin ich der Mei­nung, dass dies ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ich bin einer von denen, die es geschafft haben, mit dem Rauchen aufzuhören, und ich bin froh darüber. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aus eigener Erfahrung möchte ich abschließend noch anmerken: Kaugummi, Pflaster und Hinweise im Internet können hilfreich sein – der Wille und die Bereitschaft zum Auf­hören müssen aber unbedingt vorhanden sein.

Dieser Regierungsvorlage ist aus gesundheitspolitischer Sicht in jedem Fall die Zustim­mung zu geben.

Ganz zum Schluss möchte ich als Rot-Kreuz-Mitarbeiter noch einen Dank an Sie, Frau Ministerin, und Ihre gesamte Mitarbeiterschaft aussprechen. Ich bin sehr froh, dass die Ausbildungsverordnung zum Sanitätergesetz kurz vor der Unterschrift steht. Das ist für unseren Rettungsdienst, für das Rote Kreuz ganz wichtig. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

21.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Haidlmayr. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

21.50

 


Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Tabakgesetz reden. Frau Minis­terin, lenken Sie dem Herrn Klubobmann sein Laster nicht auf ein anderes um, wie Sie es sagten, denn er ist mit seinem Laster so harmlos, dass das wirklich locker drinnen ist. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wissen nicht, an welches Laster Sie da denken. Ich glaube, das wäre nicht ge­scheit, lassen Sie ihn so, wie er ist, so passt es. (Beifall bei den Grünen. – Bun­des­ministerin Rauch-Kallat: Schade!)

Das Tabakgesetz können wir leider nicht verhindern, die EU-Richtlinie wird umgesetzt werden, jedoch halte ich das Ganze schon ein bisschen für einen Betrug an den Rau­chern. Ich vergleiche das mit dem Alkohol. Ich trinke zwar keinen Alkohol, aber ich ha­be mir das erzählen lassen: Das wäre dasselbe, wie wenn der Kognak – das ist mir ge­sagt worden – nur mehr 5 Prozent Alkohol haben dürfte, aber dann ist es kein Kognak mehr, sondern dann ist es unter Umständen wie eine Limonade oder ich weiß nicht, was es dann ist, weil ich mich da nicht auskenne. Beim Rauchen ist es dasselbe: Wenn heute nur mehr ganz leichte Zigaretten auf dem Markt sind, dann fragt ich mich, ob das wirklich noch Zigaretten sind. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Van der Bellen.)


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Diesen Applaus habe ich mir jetzt wirklich erwartet. Ich glaube auch, um jetzt wieder ernsthaft zu werden, dass durch die Herabsetzung dieser Werte sehr viele Raucher in die Irre geführt werden, weil es genug Leute geben wird, die glauben, dass es gesün­der ist, wenn sie etwas Leichteres rauchen, als wenn sie etwas Stärkeres rauchen. Das ist ein Blödsinn, denn es geht um die Schadstoffe, und da ist es egal, ob ich starke oder leichte Zigaretten rauche, und 40 leichte Zigaretten sind, so sage ich jetzt einmal, schlimmer als 15 starke Zigaretten. Ich glaube, das muss jetzt irgendwo in den Köpfen der Menschen verankert werden, weil sich das Gesetz in die andere Richtung aus­wirken kann, nämlich in die Richtung, die ich zuvor beschrieben habe.

Es ist gut, wenn nun die Warnhinweise größer gemacht werden. Ich kenne Zigaretten aus England und aus Irland, auf denen Riesenwerbungen oben sind, aber es ist eben nur eine Frage der Zeit, bis sich ein jeder daran gewöhnt und es dann auch nicht mehr ernst nimmt.

Viel besser würde ich finden, wenn man etwas beim so genannten Werbeverbot ma­chen würde. Man sollte das Werbeverbot rigoros durchziehen, sodass es keine Tabak­werbung mehr gibt. Aber diesbezüglich, Frau Ministerin, haben Sie natürlich Ihre Geg­ner in der Werbewirtschaft, das ist keine Frage, aber das wäre eine Möglichkeit, bei der man wirklich ansetzen könnte. Ich glaube, dass man damit auch Erfolg haben könnte.

Den nächsten Erfolg würde ich sehen, wenn man bereit wäre, die Tabaksteuer nicht nur per Goodwill, sondern per Gesetz und per Budget in den Gesundheitsbereich um­zuleiten. Das sollte kein Goodwill vom Finanzminister sein, das sollte nicht davon ab­hängen, ob er Ihnen etwas gibt und wie viel er Ihnen gibt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Tabaksteuereinnahmen müssen in den Präventionsbereich geleitet werden, und zwar verbindlich und nicht nach Goodwill. Ich denke, es gibt genug Leute, die bereit sind, mit dem Rauchen aufzuhören, aber es ist halt so, dass sich sehr viele Leute scheuen – ich sage jetzt wirklich scheuen –, mit dem Rauchen aufzuhören, weil die Erstausstattung für den Einzelnen, wenn man mit dem Rauchen aufhören will, sehr viel Geld kostet. Daher sagt man sich: Da muss ich jetzt auf einmal das zahlen, was ich sonst in einem Monat verrauche! Wenn man die Ausgaben auf einen Monat aufteilt, dann kommt das Rauchen täglich billiger, als wenn man auf einmal um 70 € oder 100 € Utensilien zum Nichtrauchen kaufen muss.

Das finde ich nicht sinnvoll. Das finde ich nicht gescheit, und ich denke, dass man sehr wohl Möglichkeiten schaffen sollte, dass Personen, die mit dem Rauchen wirklich auf­hören wollen, auch die entsprechende Unterstützung erhalten, nämlich auch eine ent­sprechende finanzielle Unterstützung. Zum Beispiel sollte die Raucherentwöhnung gratis angeboten werden und entsprechend medizinisch begleitet werden, damit es auch etwas bringt. Alles andere – Sie wissen das – bringt nichts.

Wer geht denn zur Raucherentwöhnung? – Jemand, der es sich leisten kann, auf einmal viel Geld zu zahlen. Es ist so, dass man es unter Umständen leichter verkraftet, am Tag 3 € auszugeben, als auf einmal 70 €. Daher sollte man sich etwas überlegen, dass man die Entwöhnung entsprechend unterstützt. Das wäre eine Möglichkeit, damit man da ein bissel einen besseren Zugang für die Menschen hätte, die wirklich mit dem Rauchen aufhören wollen.

Überlegen Sie sich das einmal, aber ich glaube, das wäre eine Möglichkeit!

Meine wichtigste Forderung ist, dass die Tabaksteuer in den Gesundheitsbereich fließt und nicht beim Finanzminister landet und als Steuergeld für irgendwelche Dinge, die


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uns Rauchern gar nicht recht sind, verwendet wird. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öl­linger: Das kommt wieder in einen Fonds!)

21.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird seitens des Berichterstatters nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 52 der Beilagen.

Wer ihm zustimmt, möge ein diesbezügliches Zeichen geben. – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte erneut um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

17. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (41 der Bei­lagen): Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Gehalts­kas­sen­gesetz 2002 geändert werden (99 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 104/A der Abgeordneten Karl Donabauer, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird (101 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 61/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Re­form des Lebensmittelgesetzes und seiner Vollziehung (102 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 105/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird (103 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (70 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geändert wird (104 der Beilagen)


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22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (69 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, geändert wird (105 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (72 der Bei­lagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der ge­ho­benen medizinisch-technischen Dienste geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2003) (106 der Beilagen)

24. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (71 der Bei­lagen): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste geändert werden (GuKG-Novelle 2003) (107 der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 53/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mag­netfeldtherapiegeräte – Vertriebsverordnung nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) (108 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 17 bis 25 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Er wünscht 3 Minuten zu sprechen. Sie sind am Wort. (Abg. Marizzi: Zwei!) – Herr Kollege Marizzi verbessert auf zwei. Feel free!

 


21.58

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich möchte zu zwei Themen sprechen: zum einen über die Problematik Magnetfeld­therapie – wir haben das Thema im Ausschuss bereits diskutiert – und zum anderen über die Novelle zum Lebensmittelgesetz.

Ich bedanke mich bei Ihnen – auch namens meiner Fraktion, das möchte ich hier auch sagen –, dass Sie ein Anliegen der Opposition aufgegriffen haben. Wir haben nämlich seit dem Jahr 2000 zu erreichen versucht, dass der Verkauf von Magnetfeld­therapie­geräten an die Verschreibung von Ärzten gebunden wird. Ich glaube, dass damit sehr viel von dem, was in der Vergangenheit passiert ist, nämlich an unseriöser Werbung, an unseriöser Akquisition beseitigt werden kann.

Trotzdem sehe ich noch ein Problem. Frau Bundesministerin! Es muss sichergestellt werden, dass nicht die Ärzte die Profiteure dieser Regelung sind, nämlich dahin ge­hend, dass sie sich an einem System, an einem Vertriebssystem beteiligen und, wenn


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sie verschreiben, zugleich Provisionen für den Verkauf dieser Geräte kassieren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Änderung des Lebensmittelrechts geht auf zwei wesentliche europäische Ent­scheidungen zurück. Zum einen soll die Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie umge­setzt werden, zum anderen soll die gesundheitsbezogene Werbung nach dem EuGH-Urteil neu geregelt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass für die Gesundheit eine vielseitige und ausgewogene natürliche Ernährung entscheidend ist. Was bei Nah­rungs­ergänzungsmitteln passiert, ist schlichtweg teilweise Betrug am Konsu­men­ten.

Frau Bundesministerin! Die Regierungsvorlage wird den Problemen nicht gerecht. Und ich möchte es ganz kurz machen: Es gibt Nahrungsergänzungsmittel wie das hier (der Redner stellt eine Packung „Strobby“ auf das Rednerpult), die als Medizinprodukte angemeldet werden. Es gibt Nahrungsergänzungsmittel, die über Internet, über Postfachfirmen vertrieben werden wie jetzt das neue Libido Nahrungsergänzungs­mittel. Ich zitiere: Libido ist ein Nahrungsergänzungsmittel zur Unterstützung des natür­lichen Liebesbegehrens.

Frau Bundesministerin! Ich frage Sie, wie Sie in Zukunft, wenn nur mehr die Etikette abgeliefert werden muss, die Wirksamkeit beziehungsweise die einzelnen Stoffe dieses Produktes kontrollieren werden.

Wir gehen von einem anderen Ansatz aus: Wir glauben, dass in allen Vertriebs­bereichen – sowohl über Internet als auch über Postfachfirmen – eine umfassende Markt­beobachtung zu erfolgen hat. Der nun vorliegende Gesetzentwurf wird den Problemen nicht gerecht. Die Konsumentenschützer in Österreich haben ein Problem – Sie können mit Ihrer Kollegin, Frau Staatssekretärin Haubner, darüber reden –: Men­schen wissen nicht, was in derartigen Produkten enthalten ist. Und wenn es keine ent­sprechenden Kontrollen gibt, werden Menschen diese Produkte kaufen, daran glauben, dann enttäuscht sein und dann fragen: Warum wird in Österreich nicht adäquat kon­trolliert? (Beifall bei der SPÖ.)

Unser Kritikpunkt richtet sich an eine unvollständige Umsetzung, nämlich der Ent­scheidung des Europäischen Gerichtshofes, und auch daran, dass die nationalen Mög­lichkeiten, die das europäische Recht im Rahmen der Lebensmittelgesetzgebung ge­boten hat, von Ihrer Regierung, Frau Bundesministerin, der österreichischen Bundes­regierung, nicht ausgenützt wurden, und daher lehnen wir diese Regierungsvorlage ab. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dolinschek: Das ist aber schlecht!)

22.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Rasinger zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.03

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Als Arzt freue ich mich immer, wenn ich einem Patienten helfen kann, noch dazu mit einfachen Methoden. So gesehen war ich glücklich, wenn ich in der Werbung gelesen habe, was das Magnetfeld alles kann: anzuwenden bei Allergien, Bandscheibenvorfall, Durchblutungsstörung, Schlafstörung, also fast alles. Der Nachteil ist nur: Es hält oft nicht das, was es verspricht.

Das weiß ich von vielen Patienten, die es sich gekauft haben. Sie haben gesagt: Ich brauche keinen Arzt, wozu brauche ich eine Diagnose oder Therapie, wozu soll ich mich in ein Wartezimmer setzen und warten, wozu soll ich mich einer mühsamen Abklärung unterziehen, es reicht, wenn auf die Werbung reagiere! – Ein Nachteil ist


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natürlich, dass das sehr viel kostet. Und ein weiterer Nachteil ist, dass es sich meist um Patienten handelt, die in einer verzwickten und verzweifelten Lage sind, weil es meist um Krankheiten geht, bei denen die Schulmedizin auch nicht weiter weiß und man oft nur Linderung anbieten kann.

Darum finde ich es sehr gut, dass man diese sehr oft enttäuschten Menschen schützt, indem man das Ganze auf eine wissenschaftliche Basis stellt. Und darum bin ich sehr froh, dass man die Magnetfeldtherapiegeräte wieder nur auf Verschreibung des Arztes bekommen kann, denn wenn es so wirksam ist, dann ist es ja wie ein Medikament.

Zu deiner Angst, dass jetzt die Ärzte provisionsheischend herumrennen, kann ich nur sagen: Tröste dich, die meisten Ärzte, die ich kenne, sind nicht daran interessiert, ir­gendeinen Unfug oder Hokuspokus zu verordnen, sondern sie wollen anständig Patienten betreuen. Und wenn es schwarze Schafe gibt, dann muss man diese an­zeigen oder der Disziplinargewalt zuführen.

Ich glaube, in diesem Sinne ist diese Verordnung eine gelungene Maßnahme, um arme, verzweifelte Menschen zu schützen, damit sie nicht unnötig viel Geld aus­geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Wunschgemäße Redezeit: 7 Minuten. (Abg. Dr. Grünewald: Kürzer!) – Ihr Wort in Gottes Ohr! – Bitte.

 


22.05

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich möchte die gute Laune nicht trüben, aber es ist meiner Meinung nach unseriös, dass wir jetzt, zu so später Stunde über Gesundheit, das Apotheken­gesetz, das Lebensmittelgesetz, das Medizinische Masseur- und Heilmasseurgesetz, die Magnetfeldtherapie reden – und das nur eine halbe Stunde lang; nach nur einer Ausschusssitzung. Es ist dies einer der letzten Tagesordnungspunkte, später kommen dann nur mehr die Punkte betreffend die Kinder.

Ich würde bitten – ich glaube, Frau Abgeordnete Rosenkranz hat Verständnis dafür –, dass man im Ausschuss auch einmal grundsätzlichere Debatten führen kann. Was hat Priorität im Gesundheitssystem? – Darüber kann man parteifrei reden, nur mit dem Hausverstand, und man könnte Pläne machen. Es kommt auch bei der Bevölkerung nicht gut an, wenn man so etwas nur „herunterhudelt“.

Ich finde es für hoch dringlich, das Lebensmittelgesetz auf Nahrungsergänzungsmittel anzu­schauen, denn da ist viel zu tun. Es hat nicht selten selbst im ORF die Werbung gegriffen, dass man zum Beispiel Trinkjoghurts versetzt mit Lacto-Bazillenstämmen zumutet, immunstärkend zu wirken und das und das zu bewirken. Es gibt aber auch Studien, dass das bei alten, kranken, immunsupprimierten, krebstherapierten, zyto­statika­therapierten Patienten zu Sepsis führen kann, weil diese Stämme lebende Kei­me sind. Man sollte in der Werbung vielleicht auch einmal anführen, dass das nicht für alle gilt.

Schauen wir uns Dr. Raths Vitaminpräparate an – ich glaube, diesbezüglich haben sehr viele Abgeordnete Tausende von Kettenmails bekommen –, die gegen Schlag­anfälle, Alzheimer, Herzinfarkt, Prostataleiden, also gegen alles helfen sollen. Das ist schon sehr verdächtig.

Und unser Herr Staatssekretär Waneck – ich kann nicht sagen: Gott habe ihn selig!, denn er weilt ja unter uns, aber: Gott schütze ihn!, würde ich sagen – verschreibt Dr. Auer’s Basenpulver, das ich nicht einmal Gartenzwergen rezeptieren würde, weil es nicht ganz unproblematisch ist (Abg. Rossmann: Sagen Sie das nicht!) – ich sage


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Gartenzwerge, ich wiederhole es, wenn Sie es wollen. Daran sieht man, welcher Handlungsbedarf existiert.

Ich glaube, man sollte auch mit den Heilmasseuren und gewerblichen Masseuren darüber sprechen, dass das ... (Abg. Rossmann: Zur Neutralisierung ist es sehr gut!) Ja, aber wissen Sie, viele sind schon neutral genug. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man über Heilmasseure und gewerbliche Masseure redet, dann meint man damit natürlich auch Qualitätssicherung und tritt dafür ein. Eine Gruppe ist immer böse, für manche PolitikerInnen ist das schwierig. Aber man sollte sich zur Qualität beken­nen. Ich würde meinen, dass man einmal Gesundheitsberufe im Gesamtkontext und im Zusammenwirken debattieren sollte, welche Ausbildung und Qualität zu sichern ist und welche Errungenschaften der Zeit anzupassen sind. Man könnte sich auch überlegen, wenn man schon über Ökonomie redet, auch die Gesichtspunkte der Medizin­ökono­mie, der Ethik und der Patientenrechte in diese Ausbildung hineinzunehmen.

Aber wie gesagt: Als Ergänzungsmittel für die Gesundheit empfehle ich die Zeit. Geben Sie uns diese, und ich bin vielleicht nicht gesund, aber zufrieden. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.09

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Das Stichwort „Qualität“ ist gefallen. Mit diesem Gesetz wird, so glaube ich, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung gesetzt.

Mit diesem Gesetz bekommen auch die Apothekerin und der Apotheker ein ent­sprechendes Qualitätsmerkmal, das sie sich verdienen. Die Problematik hinsichtlich des Internets, die vorhin angesprochen wurde, ist uns natürlich bewusst. All das ist nicht so einfach, weil uns das Internet quasi die große weite Welt öffnet. Das heißt, man kann nicht einfach eine neue Richtlinie in Österreich erstellen, weil sie uns in diesem Fall nicht helfen würde. Man kann im Internet surfen und sich quasi aus der ganzen Welt seine Produkte holen, die nicht den Qualitätskontrollen Österreichs ent­sprechen. Daher sind wir von der Bundesregierung her angehalten, weiterhin Qualitäts­merkmale in unserer Gesundheitspolitik zu setzen.

Es ist Faktum, dass im Moment 3 Millionen Österreicher, also 40 Prozent der Bevöl­kerung der über 14-Jährigen das Internet nutzen. Da sollte kein Unfug mit teilweise sehr guter und einleuchtender Werbung getrieben werden. Ich weiß das selbst, ich bin sehr oft im Internet und schaue mir diese Seiten an, weil wir Sportler auch ständig auf der Suche nach guten Präparaten sind, die alle im legalen Bereich sind. Wir kämpfen ja mit anderen Problemen, nämlich mit der Doping-Problematik, also sind wir in diesem Bereich gebrannte Kinder.

Ich bin sehr darum bemüht, dass man diesbezüglich gute Qualitätskontrollen einführt, dass kein Unfug getrieben wird und dass sich der Patient in Österreich in der Apotheke wohl und auch sicher fühlt. Der Patient weiß ganz genau, wenn er in eine österrei­chische Apotheke geht, dann bekommt er ein Qualitätsprodukt und muss sich nicht im Internet seine Arzneimittel oder Ärzte suchen, die es ja auch schon gibt und die dann Empfehlungen aussprechen.

Man kann also in die Apotheke gehen, dort wird man gut beraten, bekommt ein Qua­litätsprodukt und kann sich auch sicher sein, dass dieses helfen wird.


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Im Sinne der Gesundheit der Österreicher ist das, glaube ich, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Es ist zwar nicht die Lösung aller Probleme, aber ich denke trotz­dem, dass man diesem Gesetz aus diesem Grund zustimmen kann. Es ist ein erster Schritt, es geht natürlich nicht alles in einem Schritt, aber wir versuchen, uns nach und nach dieser Problematik zu nähern und ihr Herr zu werden. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


22.12

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Grünewald! Auch ich finde es schade, dass gerade die Gesundheitsthemen und das Thema Kinderbetreuungsgeld nur am Ende eines dreitägigen Sitzungsmarathons Platz gefunden haben, und ich hoffe, dass diese Ta­gesordnungspunkte in Zukunft prominentere Stellen in der Tagesordnung und damit auch mehr Zeit für die Diskussion bekommen. (Allgemeiner Beifall.)

Nichtsdestotrotz möchte ich auf einige Punkte hinweisen, die in diesem Konvolut von Gesetzen, über die wir jetzt beraten, ganz besonders wichtig sind. Ich denke auch, dass es wichtig ist, gerade im Lebensmittelbereich hier allen Bestrebungen, damit Schind­luder zu treiben, einen Riegel vorzuschieben. Ich meine, dass die Konsumen­tinnen und Konsumenten ein Recht darauf haben, nicht in die Irre geführt zu werden und nicht falschen Erwartungen praktisch auf den Leim zu gehen.

Ich bin daher sehr froh darüber, dass wir die Verordnung zur Verschreibungs­ver­pflichtung von Magnetfeldtherapiegeräten bereits verabschiedet haben. Damit ist ja auch ein Werbeverbot in dieser Frage verbunden. Das gilt allerdings nur für Österreich, Sie wissen, das World Wide Web ist davon natürlich nicht betroffen.

Wir haben weiters mit diesen Gesetzen sichergestellt, dass die Masseurschule in Murau durch bessere Übergangsregelungen gerettet ist. Das war etwas, was insbe­sondere den Steirern und Steirerinnen wichtig war.

Wir haben Verbesserungen bei einer EU-Richtlinien-Umsetzung erreicht, Verbes­serun­gen für Psychologen, Psychotherapeuten und das Pflegepersonal. Wir haben vor allem mit dieser Novelle die Freiberuflichkeit für alle MTD-Berufe sichergestellt. Ich denke, dass das wichtig ist, und ich danke Ihnen für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abge­ordneter Mag. Sima. Frau Abgeordnete, Sie wünschen, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


22.14

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte ein paar Worte zum Lebensmittelgesetz sagen. Es gibt in diesen Bereichen einige seit langem bekannte Probleme, ich glaube, dass es wirklich an der Zeit ist, diese anzugehen.

Es gibt sehr niedrige Strafen bei wiederholten Verstößen gegen das Lebensmittel­gesetz. Die Verfahren verlaufen leider sehr oft im Sand. Es besteht ein krasses Infor­mationsproblem in diesem Bereich. Das ist nicht neu, sondern das gibt es wirklich schon seit Jahren.


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Als Beispiel möchte ich eine Anfragebeantwortung zitieren. Diese haben wir auch schon im Ausschuss besprochen. Das große Problem ist, dass die Menschen einfach immer mehr über ihre Nahrungsmittel wissen wollen, aber nicht mehr erfahren.

Dabei geht es um den Bereich Obst und Gemüse – „Pestizidbelastung“ ist das Stich­wort. Es wurden 762 Proben untersucht, davon enthielten 360, mehr als die Hälfte, Rückstände von Pestiziden unter dem Höchstwert. Aber 68 Proben waren mit Rückständen über dem Höchstwert belastet. Das Problem ist, dass das den Menschen nicht gesagt wird.

Wir haben zwar die Ernährungsagentur, aber ich habe mir heute extra noch einmal die Homepage angeschaut. Dort sind keinerlei Ergebnisse zu diesem Thema veröffentlicht. Das finde ich eigentlich sehr bedenklich. Die Ernährungsagentur ist immerhin mit eini­gen Millionen an Budget ausgestattet, aber trotzdem wird diese Aufgabe hauptsächlich den NGOs und Organisationen wie der Arbeiterkammer überlassen. Das finde ich einfach nicht zufrieden stellend.

Wir kennen dieses Problem auch aus anderen Bereichen, zum Beispiel aus dem Gentechnikbereich, wo wiederholte Kennzeichnungsverstöße eigentlich kaum Konse­quenzen haben. Das, was wir uns wünschen, was wir fordern und auch schon seit langem diskutieren, ist, dass so genannte Lebensmittelsünder bei wiederholten Ver­stößen veröffentlicht werden, dass auch bei Überschreitungen von Höchstmengen an Pestizidrückständen Daten veröffentlicht werden.

Die Menschen und die Konsumenten haben ein Recht darauf, informiert zu werden und nicht vielleicht zwei Jahre später zu erfahren, dass sie pestizidverseuchte Paprika ge­gessen haben. Das halte ich für sehr unbefriedigend.

Zusammenfassend, Frau Bundesminister: In diesem Bereich ist einiges verkorkst worden. Ich glaube, wir brauchen dringend einen Korkenzieher in Form einer Lebens­mit­tel­gesetz-Novelle, um das zu beheben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

22.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.17

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Sicherlich ist der Zeitpunkt ein Kriterium, aber ich denke, viel wichtiger ist der Inhalt dieser Gesetze. Es wird damit eine Reihe von wichtigen anstehenden Fragen gelöst.

Beispiel Apothekengesetz. Es geht jetzt darum, dass die Europäische Union mit der Schweiz Abkommen abgeschlossen hat – es sind mehrere Abkommen –, die die Be­ziehungen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz auf eine neue Grund­lage stellen.

In diesen Abkommen über die Freizügigkeit wird auch Österreich dazu verpflichtet, ei­ne Rechtsgrundlage für Schweizer Staatsangehörige auf Zugang zu einer unselbstän­digen Erwerbstätigkeit und zur Niederlassung als Selbständiger unter gegenseitiger An­erkennung der beruflichen Befähigungsnachweise zu schaffen. Dies wird nunmehr auch für Apotheker umgesetzt. Analog zu diesen Berufsgesetzen – betreffend Ärzte, Psychologen, Tierärzte, Patentanwälte – werden nun die Berufsbezeichnung „Apo­theker“ oder „Apothekerin“ und die Bezeichnung „Apotheke“ ausdrücklich geschützt.

Zum Lebensmittelrecht: Es besteht dringender Anpassungsbedarf im Hinblick auf die jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofes im Bereich gesundheitsbezogener


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Angaben sowie in Bezug auf die neue Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie. Derzeit besagt § 9 des Lebensmittelgesetzes ein generelles Verbot gesundheitsbezogener Angaben bei Lebensmitteln, Verzehrprodukten und Zusatzstoffen. Gemäß § 9 Abs. 3 konnte jedoch unter der Voraussetzung, dass dies mit dem Schutz der Verbraucher vor Täuschung vereinbar ist, eine Zulassung gesundheitsbezogener Angaben erwirkt werden. – Leicht verwirrend.

Es wird daher ein neuer § 9 des Lebensmittelgesetzes geschaffen, der ein Verbot krankheitsbezogener Angaben enthält. Es ist somit verboten, bei Inverkehrbringung einem Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Zusatzstoffergänzungsmittel die Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuzuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaft entstehen zu lassen.

In weiterer Folge geht es um das Nahrungsergänzungsmittelgesetz. Bis zum 31. Juli 2003 haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Richtlinie 2002/46/EG umzusetzen, weshalb im Bereich des Lebensmittelgesetzes der Begriff „Verzehrprodukt“ durch den Begriff „Nahrungsmittelergänzung“ zu ersetzen sowie der Begriff „Lebensmittel“ im § 2 neu zu definieren ist.

Wir werden diesen Gesetzesmaterien zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeord­neter Haidlmayr. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.19

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich möchte kurz zu einzelnen Punkten Stellung nehmen. Das Apothekengesetz wurde heute schon besprochen, das ist okay.

Zum Nahrungsergänzungsmittelgesetz möchte ich etwas ganz Wichtiges sagen. Von vielen Leuten wird die Tatsache, dass es sich um Nahrungsergänzungsmittel handelt, völlig ignoriert. Diese werden wirklich anstelle von Nahrung zu sich genommen. Ich denke, da muss man unbedingt etwas tun, denn das, was da passiert, ist gesund­heits­gefährdend.

Wir sehen es ja in Amerika. Dort können sich die Leute, wenn sie wollen, zehn Kapseln kaufen, brauchen nur mehr in Summe zwei Liter Wasser am Tag dazu zu trinken, und es wird ihnen gesagt: Damit habt ihr praktisch alles im Körper, was euch gut tut und was ihr für den Tag und auch für die Nacht braucht.

Ich befürchte beziehungsweise wir sehen, dass es auch in Österreich ähnliche Ansätze gibt. Wir brauchen uns nur am Wochenende die Tageszeitungen anzuschauen, spe­ziell am Samstag, da wird seitenweise Werbung für Produkte gemacht, die nur viel kosten und wo irrsinnig viel versprochen wird, was sie bringen. Diese Produkte werden in der Regel über Postkastenfirmen vertrieben. Das heißt, die Leute müssen das im Vorhinein zahlen; wenn es nichts wird, haben sie Geld dafür ausgegeben und das „Klumpert“ daheim liegen.

Ich glaube, das muss man sich wirklich genauer anschauen. Da muss man auch der Werbung ganz klar entgegentreten und das wirklich so regeln, dass diese Firmen – in diesem Fall sind es ja Firmen – einfach entsprechend bestraft werden, weil sie bei den Leuten mehr Schaden als Nutzen anrichten. Diesem Problem ist auch Österreich nicht Herr geworden.

Wenn ich zum Beispiel die Fernsehwerbungen ansehe, dann wundere ich mich manch­mal, wenn irgendwelche Trinkprodukte gezeigt werden und dann etwa geschrieben wird: Die positive Wirkung wird vom Gesundheitsministerium bestätigt. Tatsache ist,


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dass bei Trinkprodukten – ich kann jetzt die Firma nicht nennen – dabeisteht: Die po­sitive Wirkung dieses Getränkes wurde vom Gesundheitsministerium amtlich bestätigt. Wenn das aber dabeisteht, das im Fernsehen gesagt wird und so an die Konsumenten weitergegeben wird, dann geht doch jeder Bürger, sage ich jetzt einmal, im Normalfall davon aus, dass das wirklich ein Medikament ist, denn Medikamente, die in Österreich nicht zugelassen werden, dürfen auch nicht verkauft werden.

Das ist eine ganz heikle und gefährliche Entwicklung, die genauso gefährlich ist – und das ist heute auch schon angesprochen worden – wie die ganze Problematik mit der Magnetfeldtherapie. Ich kenne auch Leute, die darauf schwören und auf einer solchen Matte liegen. Sie fühlen sich, glaube ich, gleich gut, egal, ob sie eingeschaltet ist oder nicht, das hat einfach einen sehr psychologischen und nicht unbedingt einen heilenden Effekt.

Es stört mich sehr, wenn ich in Arztpraxen reinrolle, wenn dort Riesenplakate hängen, auf denen die Magnetfeldtherapie mit all ihren angeblich positiven Wirkungen, wie sie auch in der Werbung sind, eben sogar in der Arztpraxis quasi beworben wird. Da steht zu lesen, dass das gegen Krebs hilft und bei einer ganzen Reihe von Krankheiten positiv wirkt.

Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Wenn heute ein Patient zum Arzt geht, dann geht er davon aus, dass alles, was in der Praxis an der Wand hängt, in seinem Inter­esse ist und der Arzt das mehr oder weniger positiv empfehlen kann, denn etwas Ne­gatives wird er sich wahrscheinlich nicht in seine Praxis hängen. Und ich weiß aus verlässlichen Quellen, dass sehr wohl auch Mediziner vom Verkauf dieser Magnet­feldmatten finanziell profitieren. Ich glaube, dem muss einmal Einhalt geboten werden.

Frau Minister, ich habe jetzt nur ein paar kleine Bereiche herausgenommen, aber ich denke, da kommt sehr viel Arbeit auf Sie zu. Da muss man sehr rasch reagieren, weil mit der Gesundheit beziehungsweise mit der Krankheit der Bevölkerung sehr viel Schindluder getrieben wird. Und das geht immer – wirklich immer! – nur auf Kosten jener, die ohnehin schon krank oder in ihrer Gesundheit gefährdet sind. Das kann man nicht machen, sondern dem muss man ganz einfach entgegenwirken.

Ich möchte noch ein paar Worte zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz sagen. Ich finde es positiv, dass jetzt vom gehobenen medizinischen Dienst lebensrettende Sofortmaßnahmen durchgeführt werden dürfen, dass das endlich einmal geregelt ist. Gerade die Leute, die im medizinischen Dienst arbeiten, sind in der Regel ganz einfach jene, die als Erste beim Patienten sind. Das, was sie dort an Vorarbeit, an positiver Leistung, tun können, wirkt sich meistens sehr intensiv auf die Folgen der Erkrankung aus. Ich denke dabei zum Beispiel an Schlaganfallpatienten. Ich finde es positiv, dass das gut geregelt wird.

Ich finde es auch grundsätzlich gut, dass es ab nun die Subdelegationsmöglichkeit geben soll. Aber, Frau Ministerin, was mir dabei fehlt, ist, dass das Personal, das diese Tätigkeit durchführen kann, nämlich das Pflegepersonal, dann auch entsprechend auf­gewertet wird. Es soll praktisch die Pflegehelferausbildung entsprechend nach oben revidiert werden.

Man soll sich auch überlegen, Frau Ministerin – und das ist lange überfällig –, dass es endlich einmal ein eigenes Berufsbild und einen Berufsschutz für diese Personen­grup­pen gibt, denn das fehlt noch immer und das brauchen wir ganz dringend.

Wir werden aber trotzdem zustimmen, weil es im Prinzip eine positive Sache ist. Sie gehört noch entsprechend ergänzt und erweitert. Ich erhoffe mir schon sehr stark, dass es nicht allein bei dem bleiben wird, was jetzt beschlossen wird.


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Die EU-Anpassung beim Psychologengesetz ist okay, die Anerkennung beim Psycho­therapiegesetz passt auch.

Im Großen und Ganzen werden wir Grüne zustimmen, nicht allen Punkten, aber doch den meisten.

Wie gesagt, Frau Ministerin, ich bitte Sie darum: Schauen Sie, dass Sie diese Lebens­mittelergänzungsprodukte und vor allem auch die Magnetfeldtherapie in den Griff bekommen, denn da geben viele Leute unheimlich viel Geld für nichts und wieder nichts aus! Wenn man dieses Geld woanders einsetzen könnte, wäre wirklich allen mit­einander wesentlich mehr geholfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Lichtenegger.)

22.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.27

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Fast alle Redner haben sich dem Tagesord­nungspunkt Lebensmittelgesetz zugewandt, ich werde dies ebenfalls tun.

Seit Jahren beobachten die österreichischen Konsumentenschützer kritisch Werbung, Verkauf, Vertrieb und Anwendung vor allem betreffend Lebensmittel. Mit Bedauern haben wir, wie ich auch anderen Ausführungen entnommen habe, das Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Jänner dieses Jahres betreffend die Genehmigungs­pflicht für gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln und Nahrungsergän­zungs­mitteln zur Kenntnis genommen.

Wir alle wissen, dass da Reparaturbedarf gegeben ist, denn mit dieser Aufhebung werden Werbebotschaften wie zum Beispiel Tees zur Verjüngung, Negativkalorien gegen Übergewicht, Abnehmen im Schlaf und so weiter Tür und Tor geöffnet. Kon­sumenten werden getäuscht und in die Irre geführt. Hinter solchen Werbebotschaften stehen nicht selten Firmen, die sich hinter Briefkästen verstecken.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass durch den Initiativ­an­trag 104/A das Lebensmittelgesetz dahin gehend geändert und dem Rechnung getragen wird, dass die EU-konforme Definition, die jetzt betreffend Lebensmittelgesetz und Nahrungsmittelergänzungsgesetz gegeben ist, dem entgegentritt. Ich bin froh darüber, dass wir den Status quo von vorher wieder eingeführt haben, aber nichtsdestotrotz bin ich ebenfalls der Meinung, dass Klagen gegen solche Firmen und gegen den unlauteren Wettbewerb viel härter geahndet werden müssten.

Das betrifft auch Drogen. Ich bin da für härtere Strafen und für die Abschöpfung der Gewinne. Solche Sanktionen müssten auch da gesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeord­neter Csörgits. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.28

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine Fraktion wird der Vorlage zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz sowie zum MTD-Gesetz die Zustimmung geben, weil diese Vorlagen auch wichtige Bestimmungen im Sinne der in diesen Sparten beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer enthalten.


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29. Sitzung / Seite 256

Trotzdem ist aber von mir grundsätzliche Kritik zur Gesundheitspolitik anzumerken, denn ich habe schon den Eindruck, dass Sie, Frau Bundesministerin, in der Gesund­heitspolitik relativ untätig waren, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich froh darüber sein soll oder nicht, denn die Erfahrung in den letzten Monaten hat ja gezeigt: Immer dann, wenn die Bundesregierung besonders eifrig ist, geht das auf Kosten der Arbeit­nehmer und Arbeitnehmerinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Man sieht das auch daran, dass Sie die Zweckbindung der Tabaksteuer für die Kran­kenkassen haben wegfallen lassen; das sind immerhin 82 Millionen €. Gleichzeitig denken Sie darüber nach, dass ein genereller Selbstbehalt im Gesundheitswesen Platz greifen soll.

Frau Bundesministerin, Sie würden damit jene Menschen treffen, die nicht den Vorteil haben, wohlhabend zu sein. Kranke Arme wären diejenigen, die zur Kasse gebeten würden.

Wichtig wäre bei einer guten Gesundheitspolitik, dass es ein Gesamtkonzept in Richtung Qualitätssteigerung des Gesundheitswesens gibt, damit die Kranken bei der Behandlung eine gute Versorgung haben und auch in Zukunft nach dem neuesten Stand der Medizin behandelt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ebenso notwendig ist in diesem Zusammenhang auch ein Ausbau der Präventiv­maßnahmen. Es müssen auch Überlegungen dahin gehend angestellt werden, wie man jenen Menschen, die alt sind, eine entsprechende Pflege zukommen lassen kann.

Besonderer Handlungsbedarf in diesem Zusammenhang besteht meines Erachtens bei der Koordinierung und der Zusammenführung von bisher oft nicht sehr sinnvollen regional organisierten Versorgungsangeboten. Das heißt, man muss das Gesundheits­system so organisieren, dass es eine Erstdiagnose vor Ort gibt, eine Behandlung in Hochleistungsmedizinzentren und eine entsprechende Nachbehandlung und Nachver­sor­gung in Wohnnähe.

Österreich hat, international gesehen noch – ich betone: noch! – einen sehr guten Stand in der Gesundheitspolitik, und das wäre eigentlich eine sehr gute, solide Grund­lage für eine zukunftsträchtige Weiterentwicklung im Sinne der Patientenrechte, aber auch im Sinne des Kostenbewusstseins. Da muss aber klug gehandelt werden.

Frau Bundesministerin, ausruhen auf den Lorbeeren der Vergangenheit und gleich­zeitig Postenschacher in der Sozialversicherung betreiben, das macht weder eine gute Ministerin aus, noch wird es die Qualität in der Gesundheitspolitik sichern. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Abgeordnete Steibl. Redezeit: 3 Mi­nuten. – Bitte.

 


22.32

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenig wurde in dieser Debatte zum MTA-Gesetz gesprochen, und gerade das ist ein sehr wichtiges Gesetz auf dem Gebiet der Freiberuflichkeit für sämtliche im MTA-Gesetz geregelten Berufe. Wir schaf­fen nun in diesem Bereich eine bessere Regelung.

Trotz einiger Beschwerden beim Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof wurde jetzt durch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU diese Regelung ermöglicht, und umso erfreulicher ist es nun, dass ein hochqualifizierter Frauenberuf mit dieser Gesetzesno­velle den Zugang zur Freiberuflichkeit erhält, womit die Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern weiter gefördert wird.


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29. Sitzung / Seite 257

Hier ist Gender Mainstreaming eingetreten, und ich wünsche, dass alle diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das war eine beispielhafte Rede: 51 Sekunden!

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Spindelberger. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.33

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Meine Damen und Herren! Im Rahmen der heutigen Nachmittagsdebatte hat die gerade Zeitung lesende Abgeordnete Partik-Pablé gesagt, sie habe analysiert, was hier im Hohen Haus passiert, wie hier gear­beitet wird und was in diesem Haus alles unterstellt wird, und dies als ungeheuerlich bezeichnet. (Abg. Steibl: Das ist die unterste Schublade!)

Frau Abgeordnete, zu der Politik Ihrer Fraktion, der ÖVP, und zu dem, was Sie hier an den Tag legen, muss ich sagen: Wir müssen euch noch viel mehr auf die Finger schauen! Auch ich habe analysiert. (Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Aber wenn ich mir die Politik des amtierenden Vizekanzlers und Noch-Parteibobmanns von Haiders Gnaden und jene der Frau Bundesministerin Rauch-Kallat anschaue (Abg. Steibl: Eine gescheite Ministerin!), dann muss ich sagen: Diese Politik ist keine Sachpolitik, dabei geht es nicht um Sachthemen, sondern es wird ausschließlich partei­politisch agiert. (Abg. Steibl: Na geh!)

Wenn ein gewisser Herr Finanzminister Grasser heute gesagt hat: Wir führen diesen Weg weiter!, dann muss ich fragen: Ja wie schaut denn dieser Weg aus? – Es gibt Freunderlwirtschaft auf allen Ebenen! Das ist überhaupt das Einzige, was in Ihrer Politik im Vordergrund steht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Das habt ihr in der Krankenkasse so gemacht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber ich gebe dem Herrn Finanzminister in einem Punkt Recht, er hat nämlich auch gesagt: Wir führen Gespräche für mehr Arbeitsplätze! – Das wissen wir, denn ausge­hend vom Innenministerium über das Finanzministerium bis zur Oesterreichischen Na­tionalbank und nun auch zur Sozialversicherung wird Ihrerseits auf Teufel komm raus in einem noch nie dagewesenen Ausmaß Postenschacher betrieben! Wie sonst könnte der Fall eintreten, dass mit gestrigem Tag – und jetzt sage ich genau das Gegenteil dessen, was Herr Abgeordneter Lichtenegger gesagt hat – eine in allen Bereichen kläglich gescheiterte Ex-FPÖ-Abgeordnete jetzt noch schnell mit einem guten Job im Hauptverband versorgt wurde? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – So schaut der von Ihnen eingeschlagene Weg aus! Wir müssen Ihnen noch viel mehr auf die Finger schauen, als wir das in der Vergangenheit getan haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre Politik ist absurd! Auf der einen Seite die Krankenkassen von Seiten der Bundes­regierung finanziell auszuhungern und auf der anderen Seite die Führungsstruktur im Hauptverband aufzublähen – statt zwei leitende Angestellte haben wir jetzt fünf dort – ist absurd.

Wie schaut es bei den Kosten aus? – Die Kosten sind von 156 000 € im Jahr (Abg. Steibl: Was habt ihr in der Gebietskrankenkasse gemacht? Da habt ihr auch alles aufgebläht!) – hören Sie einmal zu! – auf 1 126 000 € gestiegen, und durch diese Nachbesetzungen kamen noch 500 000 € dazu. – Das ist eine Politik, die nur zu Lasten der Versicherten geht! Da werden wir nicht mitmachen! (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja wollen Sie sich in diesem Zusammenhang nicht erinnern an eine Äußerung der Ex-Abgeordneten Hartinger, die jetzt, wie schon einmal sehr erfolgreich ein gewisser Herr Gaugg, auch parteipolitisch postenversorgt wurde? (Abg. Steibl: Ich erinnere mich,


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29. Sitzung / Seite 258

was in der steirischen Gebietskrankenkasse passiert ist!) – Dann rufe ich es Ihnen in Erinnerung! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Hier herinnen wird nur agiert! Was interessiert mich das Geschwätz von gestern?

Frau Hartinger hat am 11. Mai 2000 hier gesagt (Zwischenruf des Abg. Großruck) – hören Sie zu, was sie hier am 11. Mai 2000 gesagt hat! –:

„Nehmen Sie zur Kenntnis, es wird in Österreich keine Beitragserhöhungen geben! Aber wissen Sie, was es geben wird? – ... die Befreiung des Patienten vom aufge­blähten Parteiproporz in der Sozialversicherung.“ (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Ich kann Ihnen mit Knoblauchpillen nicht dienen, damit man Ihr Gedächtnis ein biss­chen auffrischen könnte, aber noch etwas zur Erinnerung: Vor einigen Wochen haben Sie hier drei Beitragserhöhungen beschlossen, mit denen die Versicherten wieder zur Kassa gebeten werden.

Frau Ministerin! Wo bleiben denn die positiven Ansätze für das Gesundheitswesen, verbunden mit einem besseren Leistungsniveau für die Versicherten? – Das gibt es bis heute nicht! Das ist eine verantwortungslose Gesundheitspolitik, die Sie da betreiben! Im Hohen Haus Selbstbehalte einzuführen, Beitragserhöhungen einzuführen, um mit diesen Beitragseinnahmen Ex-Politiker zu versorgen, das ist keine Politik, wie ich sie mir vorstelle! Diese Entscheidung ist Unfug auf Kosten der Versicherten! (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie, Frau Ministerin, haben es als oberste Aufsichtsbehörde in der Hand, diesen Unfug zu beeinspruchen und sofort abzustellen, indem Sie bei der Fehlentscheidung Ihre Unterschrift verweigern! (Beifall bei der SPÖ.)

22.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Riener. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.38

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Wenn ich Herrn Kollegen Spindelberger so reden höre, glaube ich, dass er auch etwas vergessen hat, denn die Krankenkasse hat die Beiträge erhöht, um eine flächen­deckende psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen, aber seit zehn Jahren warten wir darauf, doch das wurde noch immer nicht geschafft. – So viel zu den Knob­lauchpillen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie demonstrativer Beifall der Abg. Mandak.)

Wenn ich jetzt in den Saal schaue, merke ich ein bisschen die Bedürfnisse der Ab­geordneten, und als Psychotherapeutin habe ich gelernt, diese wahrzunehmen, und deswegen möchte ich jetzt nur mehr zu einem Punkt Stellung nehmen, und zwar zum EWR-Psychotherapiegesetz.

Im Prinzip ist die Schaffung dieser Rechtsgrundlage zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz, nämlich die gegenseitige Anerkennung der beruflichen Befähigungs­nach­weise, zu begrüßen. Wir haben also in Österreich unsere Pflicht erfüllt.

Aber wer nun glauben möchte, dass jeder, der in Österreich eine Psychotherapie-Ausbildung absolviert hat und mit Bescheid anerkannt ist, zum Beispiel in Deutschland oder in der Schweiz in diesem Beruf ohne Weiteres einer Beschäftigung nachgehen kann, der irrt. In Deutschland werden nur bestimmte Berufsgruppen anerkannt, nämlich die klinischen Psychologen oder sozialpädagogische Ausbildungen. Aber da auch die


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Ausbildungen in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich sind, kann man nur sagen: Nix ist fix!

Sinnvoll wäre es, dass EU-weit Ausbildungsstandards festgelegt werden, die, wo auch immer erfüllt, in den jeweils anderen EU-Mitgliedstaaten anerkannt werden. Erst dann ist die Erleichterung der Erbringung von Dienstleistungen tatsächlich gegeben.

Ansonst freue ich mich über die Umsetzung der Vorhaben unserer Gesund­heits­ministerin Maria Rauch-Kallat, die psychische Gesundheit besonders zu stärken. Für unser aller psychische Gesundheit hier im Hohen Haus höre ich jetzt auf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Cap.)

22.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Scharer. – Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.40

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Die SPÖ stimmt dem Bun­desgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz geändert wird, zu. Aber in diesem Zusammenhang, Frau Ministerin, möchte ich darauf hinweisen, dass gesell­schaftspolitische Veränderungen, der Wandel auf dem Arbeitsmarkt, der hohe Erfolgs- und Leistungsdruck sowie zunehmende Existenzängste, wie man die Grund­bedürf­nisse absichern kann, immer mehr Menschen in psychische und in der Folge physische Ausnahmesituationen treiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Den Betroffenen könnte mit entsprechenden Therapien geholfen werden, aber diese Beeinträchtigung der Gesundheit wird in den ländlichen Regionen noch stark tabuisiert, und demzufolge gibt es auch eine schlechtere Versorgungsdichte bei Psychologen und Psychotherapeuten.

Das Hauptproblem sehen wir jedoch darin, dass sich ein Großteil der Betroffenen eine Therapie einfach nicht leisten kann. Vielfach wird die einzige Hilfe dann in der Ein­nahme von Psychopharmaka gesehen, die die eigentlichen Probleme nicht lösen. Be­trof­fene mit niederem Einkommen, Armutsgefährdete oder von Armut betroffene Pen­sionistinnen und Pensionisten und immer mehr Jugendliche nehmen eine Therapie von vornherein nicht in Anspruch, weil sie sich diese schlichtweg nicht leisten können.

Diesen Menschen wollen Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, durch die geplanten Selbstbehalte bei Arztbesuchen noch zusätzliche Belastungen auf­erlegen. Wir sehen keine geeigneten Projekte, und es sind keine zukunftsorientierten Maßnahmen für eine problemorientierte Gesundheitspolitik erkennbar. Ihre Gesund­heits­politik ist in Frage zu stellen, meine Damen und Herren von den Regierungs­parteien! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Scheu­cher-Pichler für 2 Minuten ans Rednerpult. – Bitte.

 


22.43

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich schließe beim Thema Psychothe­rapie an bei den Ausführungen meiner Kollegin, und zwar nicht nur als Abgeordnete, sondern auch als Psychotherapeutin, Barbara Riener und auch an die Ausführungen meiner Vorrednerin. Ich denke, etwas Lobbying für den Bereich der Psychotherapie ist


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auch um diese Zeit noch möglich, weil es einfach notwendig ist. Darin sind wir uns alle einig!

Dass wir heute hier eine Regelung beschließen, die längst notwendig war, nämlich dass die berufliche Befähigung innerhalb der EU, aber auch gegenüber der Schweiz anzuerkennen ist, das ist, glaube ich, gut und richtig. Das gilt natürlich für den Bereich der Psychotherapie und des Psychologengesetzes ganz besonders, weil es um medi­zinische Bereiche geht und das ein besonders sensibler Bereich ist, wo es wichtig ist, dass die Qualifikation stimmt.

Ich glaube aber, dass es besonders wichtig ist, dass wir – meine Kollegin Barbara Riener hat schon darauf hingewiesen – darauf achten, dass es in Zukunft nicht zu einer Nivellierung in Bezug auf die Qualifikationen nach unten kommt. Es kann nicht so sein, dass wir, die wir in Österreich eine sehr gute Qualifikation haben, geregelt durch das Psychotherapiegesetz seit 1991, trotz dieser guten und sehr hohen Qualifikation in anderen Ländern Probleme in Bezug auf berufliche Tätigkeit haben, und zwar sowohl im Dienstverhältnis als auch in der freien Praxis.

Daher ist es, glaube ich, wichtig, dass man auch darüber nachdenkt, inwieweit man da die Ausbildungen für die Zukunft angleichen kann. Wir müssen darauf schauen, dass wir da zu einheitlichen Regelungen kommen.

Ich glaube, wir sollten uns aber doch darüber im Klaren sein, dass wir in Österreich durch das Psychotherapiegesetz den Zugang und die Ausbildung wirklich vorbildhaft und sehr gut geregelt haben, dass wir unterschiedliche so genannte Quellenberufe haben, dass wir ein psychotherapeutisches Propädeutikum in einem viersemestrigen Hochschullehrgang als Voraussetzung im Gesetz festgelegt haben, dass wir eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung im Fachspezifikum haben, dass wir darüber hinaus Hunderte Stunden Praxis in der psychotherapeutischen Arbeit unter Super­vision vorschreiben. All das sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass die psycho­therapeutische Arbeit auf einem sehr hohen Niveau stattfindet.

Ich bin aber mit allen anderen einer Meinung, dass da wirklich Handlungsbedarf be­steht, dass es notwendig ist, auch den zweiten Teil des Psychotherapiegesetzes umzusetzen. Ich weiß, dass es notwendig sein wird – und ich bin zuversichtlich, weil wir mit unserer Bundesministerin Maria Rauch-Kallat eine Gesundheitsministerin haben, die in diesem Bereich einen sehr positiven Zugang hat –, eine einheitliche Mei­nung im Berufsverband zu erreichen, dass es aber auch notwendig sein wird, entsprechendes Lobbying bei den Kassen zu machen. Wir alle – und natürlich auch die Politik – sind da gefordert.

Wir haben aber insgesamt auch daran zu arbeiten, dass Vorurteile und Ängste abge­baut werden, und alles zu unternehmen, um zu erreichen, dass es einen positiven Zu­gang zur Psychotherapie insgesamt gibt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Rädler. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.46

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Frau Staatssekretär! Es wäre jetzt natürlich verlockend, auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Spindelberger einzugehen, auf den politischen Abgesang zum Abgang der Gewerkschaftsvertreter aus den Sozialversicherungsträgern, aber


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angesichts der vorgeschrittenen Stunde repliziere ich nicht darauf, sondern ich halte es vielmehr mit Herrn Dr. Grünewald, der gemeint hat, dass Gesundheit ein Thema ist, das parteiübergreifend sein soll.

Wir haben allen Grund, auf unsere Erfolge in der Gesundheitspolitik stolz zu sein. Laut einer Studie der WHO aus jüngster Zeit nehmen wir mit unserem Gesundheitssystem international den neunten Platz ein. Die Junge ÖVP hat sich mit den Zukunftschancen im Gesundheitsbereich eingehend auseinander gesetzt, und wir können sagen: In den nächsten fünf Jahren eröffnen sich in der Präventivmedizin, im Krankenpflegebereich große Möglichkeiten. Wir können in diesem Bereich 35 000 neue Arbeitsplätze schaffen.

Ich möchte als Bürgermeister aber auch ein Wort zum Apothekengesetz verlieren, das heute ebenfalls auf der Tagesordnung steht. Das Apothekengesetz beinhaltet eine jener Problemstellungen, wo wir wirklich parteiübergreifend handeln können und han­deln müssen. Von den 1 141 Apotheken in Österreich befinden sich 584 im ländlichen Raum, und das bei 3 000 Gemeinden.

In meinem Bezirk Wiener Neustadt zum Beispiel versorgt eine Apotheke 12 000 Ein­wohner. Eine Apotheke in Niederösterreich versorgt 7 000 Einwohner, eine in Wien 5 200 Einwohner.

Ich würde mir wünschen, dass wir, so wie bei der Anerkennung der Befähigung schweizerischer Staatsbürger für den Apothekenberuf, bei der wir eine Fristsetzung von fünf Monaten betreffend den Bescheid festgesetzt haben, auch bei der Konzes­sionserteilung eine Fristsetzung durchbringen würden, und zwar eine solche, die eine rasche Möglichkeit der Niederlassung von Apotheken im ländlichen Raum zulässt, denn wir dürfen uns nicht nur am Markt orientieren, sondern müssen vor allem die Gesundheitsvorsorge dabei im Auge haben. Auch die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten muss uns ein wichtiges Anliegen sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf darauf verweisen, dass die Niederösterreichische Landesregierung im Vorjahr mit einem Forderungskatalog an den Bund herangetreten ist, in welchem sich alle Par­teien – diese Initiative war also parteiübergreifend – für eine Änderung des Apo­the­kengesetzes ausgesprochen haben. Ich würde ersuchen, dass wir hier gemeinsame Überlegungen anstellen, wie wir dem entsprechen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatterinnen und Berichterstatter verzichten auf ein Schlusswort.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich einen langwierigen Abstimmungsvorgang ein­leite, gebe ich bekannt, dass die Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Unter­suchungs­aus­schuss betreffend die Vorgänge im Zusammenhang mit der Beschaffung von Euro­fighter-Kampfjets einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte hierüber wurde nicht verlangt.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.


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Der Antrag wird im Übrigen verteilt.

*****

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über einen Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Gehaltskassengesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 41 der Beilagen.

Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.

Ich komme sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein dies­bezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist gleichermaßen in dritter Lesung ein­stimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 101 der Beila­gen.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte im Fall der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 102 der Beilagen betreffend Reform des Lebensmittelgesetzes und seiner Vollziehung zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 103 der Beilagen.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 70 der Beilagen.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist in zweiter Lesung einstimmig an­genommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung ein­stim­mig angenommen.


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Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 69 der Beilagen.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist in zweiter Lesung ein­stimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Ich stelle auch hier Einstimmigkeit fest. Das Gesetz ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste geändert wird, samt Titel und Eingang in 72 der Beilagen.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Auch hier bitte ich im Fall der Zustimmung um ein Zeichen. – Ich stelle wiederum Ein­stimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die Re­gelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste geän­dert werden, samt Titel und Eingang in 71 der Beilagen.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Ich stelle in zweiter Lesung Einstim­mig­keit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Ich stelle wie­derum Einstimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung beschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 108 der Beilagen betreffend Magnetfeldtherapiegeräte – Vertriebsverordnung nach dem Medizinproduktegesetz zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

26. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (123 der Bei­la­gen): Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (165 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 26. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als erste Rednerin Frau Abgeordnete Stadler. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.53

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Mit der vorliegenden Regierungsvorlage wird das Kinderbetreuungsgeld insofern geändert, als es ab 1. Jän­ner 2004 bei Mehrlingsgeburten einen Zuschlag von 50 Prozent für das zweite und jedes weitere Kind geben wird. Gleichzeitig beinhaltet die Regierungsvorlage auch eine


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geringfügige Erhöhung der Zuverdienstgrenze für den Zuschuss beim Kinderbe­treu­ungsgeld.

Als Familienpolitikerin bin ich sehr froh darüber, dass es einen Zuschlag für Mehrlings­geburten gibt, weil es für Eltern gerade im ersten Jahr eine ganz besondere Belastung ist, Zwillinge, Drillinge oder gar Vierlinge zu betreuen. Im ersten Jahr sind viele inten­sive Bedürfnisse, die diese Kinder haben, doppelt und dreifach, meist gleichzeitig, bei Tag und auch bei Nacht, zu bewältigen. Es sollte ein kleiner Beitrag sein, und ich glaube, dass es in Österreich für diese 1 130 Familien ein guter Beitrag ist, um diesen Mehraufwand zu bewältigen.

Ich freue mich auch darüber, dass die Opposition, wie es scheint, heute endlich hier mitstimmt. Ich bin froh darüber, dass Sie, obwohl Sie beim Kinderbetreuungsgeld noch gezögert haben, jetzt erkennen, dass das Kinderbetreuungsgeld und viele andere familienpolitische Maßnahmen, die die ÖVP-FPÖ-Regierung eingeführt hat, ganz wich­tige Beiträge für unsere Familien sind. Ich freue mich darüber und gratuliere Ihnen zu dieser weisen Entscheidung. (Beifall bei der ÖVP.)

22.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten – Bitte.

 


22.55

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wer­den dieser Änderung beim Kinderbetreuungsgeld zustimmen, auch wenn man sagen muss, dass durch diese Änderung neue Ungerechtigkeiten geschaffen werden und dass der Reparaturbedarf beim Kindergeld aus unserer Sicht weit größer ist.

Die neuen Ungerechtigkeiten entstehen natürlich dadurch, dass es jetzt auf einmal einen Unterschied macht, ob in einer Mehrkinderfamilie die Kinder im Minutentakt oder im Jahresabstand geboren werden. Ich möchte Sie an Ihr eigenes Wahlversprechen erinnern: Jedes Kind ist gleich viel wert – in alter sozialdemokratischer Tradition –, und Sie haben damals jedem Kind das Kinderbetreuungsgeld versprochen. Daher wäre eine andere Lösung, die auch Geschwisterkinder entsprechend begünstigt, die noch im Kindergeldalter sind, eine gerechtere Lösung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Die Sozialdemokraten haben nicht einmal ...!)

Zum Reparaturbedarf im Allgemeinen: Es ist noch einiges zu tun, damit das Kindergeld für diejenigen, die es beziehen, nicht zu einem Instrument wird, das einen praktisch den engen Bewegungsspielraum, den man in einem Raumschiff hat, verspüren lässt. (Beifall des Abg. Dr. Grünewald.) Allerdings wären dazu einige Maßnahmen not­wendig, wie zum Beispiel aus meiner Sicht vorrangig die völlige Aufhebung der Zuver­dienstgrenze; zum einen, weil die Systemänderung weg von einem Einkommensersatz hin zu einem Familientransfer vollzogen worden ist, zum anderen, weil durch diese Zu­verdienstgrenze der völlige Berufsausstieg und nicht die partnerschaftliche Aufteilung gefördert wird, weil Alleinerzieherinnen vom Kindergeld allein und auch von der Familienbeihilfe nicht leben können, arbeiten müssen und dann bestraft werden. Es gibt also viele gute Gründe für eine Änderung.

Ich möchte auch den Kündigungsschutz nicht unerwähnt lassen. Denn in wenigen Mo­naten werden wir die ersten Fälle haben, die während der Babypause ein böses Er­wachen haben und ihren Job verlieren.

Außerdem wäre es notwendig, den Bezug des Kindergeldes zu flexibilisieren. Wir soll­ten junge Eltern nicht dazu zwingen, das Kindergeld unbedingt in den ersten 30 Le­bensmonaten ihres Kindes zu beziehen. Sie sollten sich das aufheben können, zum Beispiel zur Unterstützung in der Schuleintrittsphase. Auch das Recht auf Teilzeit-


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arbeit – ich spreche vom Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit mit einem Rückkehrrecht auf den Vollzeitarbeitsplatz – wäre eine wichtige ergänzende Maßnahme, wie natürlich auch – das darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben – der Ausbau der Infrastruktur, der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.58

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Je­des Kind ist gleich viel wert – das ist allerdings ein Leitspruch, den Sie (in Richtung SPÖ) jahrzehntelang nicht eingehalten haben. (Zwischenruf der Abg. Mag. Kuntzl.) Denn wie Sie wissen, sind jene Frauen, die vor der Niederkunft nicht beschäftigt wa­ren, überhaupt aus Ihrer Karenzgeldregelung herausgefallen.

Darum ist auch das Kinderbetreuungsgeld – und das ist erfreulich – ein ganz entschei­dender Fortschritt gegenüber dem Karenzgeld. Es hat sich auch der Bezieherkreis um mittlerweile 11 000 Frauen ausgeweitet. Dies wird nicht nur von uns so gesehen, sondern auch die Betroffenen nehmen das Kinderbetreuungsgeld überaus gerne an. Das hat dieser Zwischenbericht, diese Evaluierung gezeigt. Vor allem die Mütter, aber auch die wenigen Väter, die das Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen, sind sehr zufrieden.

Es sind auch keine neuen Ungerechtigkeiten entstanden. Es hat einen weiteren Fort­schritt gegeben, man konnte jetzt auch für Zwillingsgeburten einen Zuschlag geben. Wenn Sie sagen, dass damit eine Ungerechtigkeit gegenüber jenen Geschwister­kin­dern entstanden ist, die in einem engen Zeitraum geboren sind, dann kann man das eigentlich relativ leicht entkräften. Erstens sind die Kosten, die bei zeitgleich geborenen Mehrlingen anfallen, tatsächlich erheblich größer. Man kann die Dinge nicht über­tragen, sondern muss sie gleichzeitig anschaffen, und zudem ist es so, dass bei Ge­schwisterkindern das Kinderbetreuungsgeld länger bezogen wird. Es ist also auch das ein Fortschritt.

Es ist erfreulich, dass eine an sich sehr gute Maßnahme, die auch von denjenigen, für die sie gedacht ist, ganz positiv aufgenommen wird, noch weiter verbessert wird. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. (Nein-Rufe bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.) – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Scheibner: Da gibt es aber einen Protest! – Abg. Neudeck: Das müssen Sie aber nicht ausschöpfen!)

 


23.00

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kol­leginnen und Kollegen! Erschrecken Sie nicht: 7 Minuten Redezeit – es gibt eine Vorbereitung dazu, aber es gibt Zeiten des Redens und Zeiten der Erschöpfung. Ich habe den Eindruck, eine Zeit der Erschöpfung ist jetzt eingetreten. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Sie alle sind mit Ihren Gedanken bei Urlaub, Sonne, Sonnen­schirm, Strand – es seien Ihnen diese Gedanken von Herzen vergönnt. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Deswegen kein allgemeines Statement zum Kinderbetreuungsgesetz! Wen es beson­ders interessiert: Ich habe dazu vor einigen Tagen eine Presseaussendung hinaus­ge-


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lassen, diese können Sie gerne im internen APA-Netz nachlesen. (Abg. Neudeck: Was kostet das? Ist das gratis?)

Hier ist nun eine Gesetzesänderung zu beschließen, die wir grundsätzlich unterstützen. Ich habe schon im Ausschuss angekündigt, dass diese Erhöhung des Kinder­betreu­ungsgeldes für Familien mit mehr Kindern, mit Mehrlingsgeburten, andere wiederum benachteiligt. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Sabine Mandak und KollegInnen zum Entwurf eines Bundes­ge­setzes, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (123 der Beilagen) in der Fassung des Berichtes und Antrages des Familienausschusses

Der Nationalrat wolle beschließen:

Ziffer 2, § 3a Absatz 1 lautet:

„§ 3a (1) Bei Mehrlingsgeburten sowie bei jedem weiteren Kind, das innerhalb von drei Jahren geboren wird, erhöht sich das Kinderbetreuungsgeld für das zweite und jedes weitere Kind um 50 %.“

*****

Das heißt, wir möchten gerne, dass nicht nur Mehrlingsgeburten – wenn beide Babys gleichzeitig zur Welt kommen – ein erhöhtes Kinderbetreuungsgeld nach sich ziehen, sondern das erhöhte Kinderbetreuungsgeld auch ausbezahlt wird, wenn Kinder in sehr knappem Abstand zur Welt kommen, zum Beispiel im Abstand von einem Jahr. Da ist es derzeit so, dass nur für ein Kind das Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt wird. – Ja das ist es, danke! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.02

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben referierte Antrag der Frau Abgeordneten Mandak ist ordnungsgemäß unterfertigt, er steht mit in Verhandlung und zur Abstim­mung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


23.02

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Der heutige Beschluss, das Kinderbetreuungsgeld für Mehrlingsgeburten entsprechend aufzuwerten, ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Wir verbessern dort, wo es notwendig und machbar ist.

Für mich ist eines durchaus bemerkenswert: Waren SPÖ und Grüne bei dem Be­schluss über das Kinderbetreuungsgeld noch weit weg, so wäre jetzt auf einmal das, was beschlossen wird, zu wenig.

Ich glaube, es ist richtig, die notwendigen Schritte zu setzen. (Abg. Mag. Posch: Was hat das mit der ökologischen Landwirtschaft zu tun?) Mit dem Kinderbetreuungsgeld – und das ist für mich das Wesentliche – haben wir einen Schritt, einen Meilenstein in Richtung Kinder- und Familienfreundlichkeit gesetzt und all diejenigen, die in der Ver­gangenheit durch den Rost gefallen sind, hereingeholt, nämlich Bäuerinnen, Selb­ständige, Hausfrauen, Studentinnen, Schülerinnen.


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Meine Damen und Herren! Das ist soziale Gerechtigkeit, daher stimmen wir gerne zu! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

 


23.03

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Kollege Prinz, hoffentlich verirren Sie sich nicht auf dem richtigen Weg! Und Meilen­steine können manchmal auch zu Mühlsteinen werden. (Abg. Großruck: Das habe ich noch nie gesehen, dass man mit einem Meilenstein ein Mehl gemahlen hat!)

Mehrlingsgeburtenzuschlag: Wir werden dieser Bestimmung zustimmen. Aber, meine Damen und Herren, die Systemumstellung von der Versicherungsleistung Karenzgeld zur Familienleistung Kindergeld ist wieder um einen weiteren Schritt ergänzt worden. Es ist sicherlich die Frage, ob dies tatsächlich im Sinne, zum Schutz und zum Wohle vor allen Dingen der Frauen ist. Das wird sich weisen. (Abg. Steibl: Wenn sie 50 Pro­zent mehr Geld kriegt, wird das wohl zum Besten der Frau und des Kindes sein!)

Tatsache ist, Frau Kollegin Steibl, dass die so genannte und viel gepriesene Wahl­freiheit nicht gegeben ist. (Abg. Steibl: Die Wahlfreiheit ...!) Diese ist nicht gegeben, wenn ich zwei Kinder betreuen muss und nur für ein Kind das Kindergeld bekomme. Da kann ich das zweite nicht in den Kühlschrank stecken – schlicht und einfach, Frau Kollegin Steibl! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eines noch: Frau Staatssekretärin, Sie haben im Ausschuss erwähnt, dass zum Kin­dergeld als Einkommen auch die Familienbeihilfe dazugezählt wird. Meiner Meinung nach ist das nicht ganz legitim, denn ich bin der Auffassung, dass die Familienbeihilfe richtigerweise Kinderbeihilfe heißen müsste und tatsächlich den Kindern zugute kom­men muss. Sie ist eine Leistung für das Kind und nicht eine Lebensabsicherung für Erwachsene durch die Kinder.

Meine Damen und Herren! Insgesamt muss die Diskrepanz zwischen dem Bezug von Kindergeld und der arbeitsrechtlichen Konsequenz wieder hervorgehoben werden. Es ist notwendig, dass es zu einer Neustrukturierung kommt, denn nur dadurch kann Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und für Männer erreicht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

23.05

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Ach­leitner. – Bitte.

 


23.05

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Hohes Haus! Auch wenn es die Opposition immer noch nicht wahrhaben will: Das Kinderbetreuungsgeld ist ein Meilenstein in der Familienpolitik! (Beifall des Abg. Neudeck.) Die Zwischenbilanz nach eineinhalb Jahren hat ergeben, dass eine äußerst positive Beurteilung gegeben ist.

Auch in der Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung wurde in einer Evaluierung bestätigt, dass zwei Drittel der Befragten im Kinderbetreuungsgeld eine außergewöhnlich gute Maßnahme gegenüber dem vorhergehenden Karenzgeld sehen. Das Kinderbetreuungsgeld entspricht eben wirklich den Bedürfnissen junger Familien in Österreich, insbesondere auch dadurch, dass mehr von diesem Geld profitieren, und zwar auch Hausfrauen, Studenten und Schülerinnen, die vorher keine Chance hatten, Karenzgeld zu erhalten. Die Evaluierungsstudie des Österreichischen Instituts für Fa­milienforschung hat auch ergeben, dass – im Gegensatz zu den Behauptungen der


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Opposition – die Frauen wirklich verstärkt in den Beruf zurückgehen wollen: 96 Prozent wollen bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes in den Beruf einsteigen. (Abg. Binder: Wollen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir freuen uns wirklich darüber – und ich denke, das ist zu Recht so –, dass durch diese erste Evaluierung des Instituts fest­steht, was wir von Anfang an schon immer gesagt haben: Das Kinderbetreuungsgeld ist eines der besten und am meisten geeigneten Instrumente zur Stärkung der Fa­milienpolitik. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.07

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Staats­sekretärin Haubner. – Bitte.

 


23.07

Staatssekretärin im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir wurde bedeutet: Je kürzer ich spreche, desto größer ist der Applaus. (Allgemeiner Beifall. – Abg. Brosz: Das war eine gute Rede!) Ich werde mich daran halten und möchte einfach danke sagen, danke nicht nur den Regierungsfraktionen, sondern auch der Opposition, dass sie dieser sinnvollen Familienleistung zustimmt!

Ich glaube, Sie signalisieren damit, dass Ihnen unsere Familien sehr wertvoll sind, dass Sie unsere Familien wertschätzen und dass wir, wenn es um die Kinder geht, ei­gentlich eine einstimmige Meinung haben. Ich sage herzlich danke schön! Und ich denke, dass das Kinderbetreuungsgeld, dieser Zusatz für die Mehrlingskinder und für die Mehrlingsgeburten, auch wieder ein weiterer Schritt in Richtung Gleichstellung und Wahlfreiheit ist.

Die andere Diskussion, die es natürlich zu führen gilt, werden wir sicherlich in weiteren Ausschüssen und zu anderen Tageszeiten führen. Ich freue mich schon darauf. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

23.09

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wein­zinger. – Bitte.

 


23.09

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte noch anwesende Abgeordnete! Drei Anmerkungen, um nicht die volle Redezeit auszuschöpfen und Sie über Gebühr zu erschöpfen. (Abg. Steibl: Wir sind ja noch alle da!)

Das Erste: Ich begrüße es natürlich, dass Mehrlingsgeburten jetzt besser gestellt werden. Dies hat eine lange Geschichte, insofern als Eltern von Zwillingen, Drillingen oder Vierlingen sich schon ewig lange darum bemühen, auf ihre schwierige Situation hinzuweisen und dass man dem endlich Rechnung trägt.

Ich möchte jetzt aber auch nicht in eine zu große Euphorie verfallen, denn so großartig ist das nicht, was wir hier für Familien beschließen, die eine enorme finanzielle, zeit­liche und vermutlich in vielen Fällen auch nervliche Belastung zu bewältigen haben. Man könnte auch sagen, dass wir für sie in Wirklichkeit nicht so sehr eine ordentliche Verbesserung schaffen, sondern ihnen gerade mal ein paar Brotkrumen hinwerfen oder, auf gut Österreichisch, Semmelbröckerl anbieten, wo sie wirklich substantielle Einkommensverbesserungen brauchen würden. (Beifall bei den Grünen.)


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Meine zweite Anmerkung: Mehrlingskinder bringen es normalerweise nicht mit sich, dass sich auch die Eltern zahlenmäßig vermehren. Das heißt, obwohl es mehr an Ar­beit gibt, ist im Regelfall trotzdem meistens nur ein Elternteil hauptsächlich verant­wort­lich. Bei Mehrlingskindern, aber auch bei Einzelgeburten frage ich mich oft: Wo sind eigentlich die Väter in den ersten zwei Lebensjahren? Und vielleicht nur so zum Nachdenken über die Sommerpause, weil Sie auch immer wieder so mit Stolz darauf hinweisen, dass andere Länder eine höhere Geburtenrate haben als Österreich und wir dem nacheifern müssen: In manchen dieser Länder gibt es so etwas wie ein Pflicht­karenzmonat für Väter.

Eine dritte Anmerkung zum Kinderbetreuungsgeld, das schon wieder als Meilenstein ge­priesen wurde. Ich meine, ein Meilenstein kann auch der Punkt null sein, bei dem man losstartet. Das sagt noch lange nichts aus. Wenn wir uns aber diese allgemeine Be­wertung genauer anschauen, dann werden Sie sich insbesondere auch auf der Regierungsbank die Frage gefallen lassen müssen: Wo sind denn dann die Frauen, wenn die Kinder einmal drei Jahre alt sind, vier Jahre alt sind? Sind sie wieder an ihrem Arbeitsplatz, sind sie wieder auf demselben Einkommensniveau oder auf einem besseren, als sie vor dieser Kinderpause waren? Daran wird nämlich zu messen sein, ob eine Maßnahme wirklich familienfreundlich ist, denn davon hängt es ab, ob sich Eltern, ob sich Väter wie Mütter gleichermaßen entscheiden können, Kinder zu haben. (Beifall bei den Grünen.)

23.12

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Mag. Langreiter ist der nächste Redner. – Bitte. (Abg. Großruck – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Langreiter –: Sag ihnen, wo es langgeht!)

 


23.12

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Frau Kollegin Weinzinger! Die familienpolitischen Maßnahmen der Regierung Schüs­sel I und Schüssel II sagen auch etwas über die Qualität dieser Bundesregierung aus.

Da wir kurz vor dem Urlaub stehen, möchte ich die Damen und Herren Kollegen hier im Hohen Haus bitten, dass sie vor allem auch die Familiendestinationen in unserem wun­derschönen Land in Anspruch nehmen, denn letztendlich braucht auch eine Familie Erholung.

Eines muss man auch sagen: Die Familien-Transferleistungen tragen natürlich im Wege der Umweltrentabilität auch erheblich zur Wertschöpfung der touristischen Re­gionen bei, so auch in meiner Heimatgemeinde Maria Alm, wo vor allem auch Fa­milienangebote im Hochkönig-Winter- und Bergreich entsprechend beworben werden.

Meine Damen und Herren! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Kompliment, dass Sie diesen erfolgreichen familienpolitischen Weg fortsetzen. Sie und Ihre Regierungs­kol­legen haben eine Ruhepause verdient. – Schönen Urlaub! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Staatssekretärin Haubner: Danke!)

23.13

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte.

 


23.13

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! In der Familienpolitik scheiden sich wahrlich die Geister, meinte ÖVP-Abgeordneter Prinz heute in einer Presseaussendung zur Erhöhung des Kinderbetreuungsgeldes bei


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Mehrlings­geburten, und da gebe ich ihm wahrlich Recht. (Abg. Prinz: Ja, da liegt genau der Unterschied!)

Die Kritik der SPÖ am Kinderbetreuungsgeld wird durch die nun vorliegende Studie wis­senschaftlich bestätigt. Mit der Regelung zum Kinderbetreuungsgeld sollte die Wahlfreiheit der Eltern hinsichtlich Betreuung der Kinder und die Erwerbsbeteiligung der Frauen erhöht werden. Das Gegenteil ist das Ergebnis! Die Zuverdienstgrenzen veranlassen nur kleine Gruppen von Frauen zu einer rascheren Wiederaufnahme der Berufstätigkeit, insbesondere junge Frauen, Frauen mit mehreren Kindern und Frauen mit geringen Arbeitsentgelten ziehen sich längere Zeit aus dem Erwerbsleben zurück. Gleichzeitig sinkt die Inanspruchnahme von Kinderbetreuungsgeld durch Väter. (Abg. Scheibner: Warum kann man Reden nicht auch schriftlich einbringen, das würde sehr viel Zeit sparen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Bundeskanzler Schüssel meinte im Zusammenhang mit der Pensionsreform in einem Interview, dass wir unter anderem auch deshalb län­ger arbeiten müssen, weil es in einigen Jahren einen Arbeitskräftemangel geben wird. (Abg. Neudeck: Warum lesen Sie nicht nur jede zweite Zeile, dann ginge es schneller!)

Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wenn Sie diese Aus­sage ernst nehmen, dann ist es höchste Zeit, Rahmenbedingungen zu schaffen, um Familie und Beruf wirklich besser vereinbaren zu können. Derzeit bewirken Sie den Rückzug von Frauen aus dem Erwerbsleben.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Riepl und GenossInnen ein (Abg. Steibl: „GenossInnen“! Warum können Sie nicht „Kolleginnen und Kollegen“ sagen?):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Riepl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz wird aufgefordert, folgende Änderungen zum Kinderbetreuungsgeldgesetz und weitere Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorzulegen:

Der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes sollte flexibler gestaltet sein: Wer nicht die volle Zeit des Bezuges in Anspruch nimmt, soll die Möglichkeit bekommen, ein höheres Kinderbetreuungsgeld zu beziehen. Ab einer Mindestdauer des Bezuges von einem Jahr soll die derzeit höchstmögliche Gesamtsumme des Kinderbetreuungsgeldes zur Verfügung stehen. Mütter und Väter sollen die Möglichkeit haben die Bezugszeit des Kindergeldes bis zum Schuleintritt des Kindes individuell zu wählen.

Der Kündigungsschutz soll wie bisher während der Schwangerschaft beziehungsweise ab Bekanntgabe der Karenz und während der gesamten Bezugsdauer des Kinder­betreuungsgeldes gelten.

Ein Recht auf Elternteilzeitarbeit bis zum Ablauf des ersten Schuljahres des Kindes mit einem Rückkehrrecht in die Vollzeitbeschäftigung.


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Das Recht auf flexible Arbeitszeitgestaltung für Eltern mit noch nicht schulpflichtigen Kindern, um ihnen die Rückkehr in die Vollzeitbeschäftigung zu erleichtern.

Aufhebung der Zuverdienstgrenze.

Verstärkte Wiedereinstiegshilfen für Eltern nach der Kinderbetreuung.

Ausbau von bedarfsgerechten, flächendeckenden Kinderbetreuungseinrichtungen mit bundeseinheitlichen Qualitätsstandards und einen Rechtsanspruch auf einen Betreu­ungsplatz für Kinder von AlleinerzieherInnen ab dem ersten Lebensjahr.“

*****

Glück auf! Ich wünsche Ihnen trotz allem ein paar erholsame Tage. (Beifall bei der SPÖ.)

23.18

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Schönpass soeben verlesen hat, ist ordnungsgemäß unterfertigt, steht zur Verhand­lung und wird abgestimmt werden.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. Die Uhr ist auf 2 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Neudeck – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Turkovic-Wendl –: Wird das jetzt ein doppelter Salto, oder wie heißt das? – Rufe bei der ÖVP: Rittberger! Toeloop!)

 


23.18

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Kein doppelter Rittberger, kein dreifacher Toeloop! – Verehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Verehrtes Ho­hes Haus! Die Zahlen sprechen für sich. (Abg. Mag. Posch: Wie geht der Toeloop genau?) Kein Toeloop, aber vielleicht war er da doch irgendwie mit beteiligt. – Ich weiß ja nicht, wie Sie Kinder machen. (Allgemeine Heiterkeit sowie Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Geburtenrate in Österreich ist von 75 458 im Jahr 2001 auf 77 319 im Jahr 2002 gestiegen, eine Steigerung von rund 2,5 Prozent. Ein Vergleich zur EU: Dort ist die Rate um 0,8 Prozent gesunken. Ich denke, das Kinderbetreuungsgeld, das am 1. Jän­ner 2002 durch das Kabinett Schüssel eingeführt wurde, hat da in Österreich zweifel­sohne seine positive Wirkung getan – und vielleicht auch Ihr Rezept. (Abg. Scheibner: Jetzt haben Sie sie erwischt!)

Zusätzlich ist die Väterkarenz aber nicht zurückgegangen, wie das oft von der Op­position behauptet wird. Von Jänner 2002 bis Oktober 2002 ist die Zahl von 1 512 auf 2 219 angestiegen.

Jetzt kommt das zusätzliche Kinderbetreuungsgeld für Mehrlingsgeburten dazu. Nun­mehr wird für jedes Zwillings- und Mehrlingskind – wir haben es heute schon gehört – das Kinderbetreuungsgeld um 50 Prozent des Grundbetrages angehoben. Bis Ende März wurden in Österreich rund 78 500 Kinderbetreuungsgeldanträge gestellt, der Kreis wird jetzt um 1 100 Zwillingsgeburten und rund 30 Drillingsgeburten, die wir pro Jahr haben, ausgeweitet. Das ist eine zusätzliche Unterstützung der Mütter und Väter mit 8,5 Millionen € jährlich.

Ich denke, das ist ein schöner Schritt zur Entlastung der Familien und auch im Hinblick auf das Jahr 2004, das Jahr der Familie, ein Beweis für die hohe Qualität unserer Fa­milienpolitik. (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.21

 



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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

 


23.21

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Nach den sachlichen Bemerkungen meiner Vorrednerin möchte ich darauf hinweisen, dass bei der Kinderbetreuung auf der einen Seite das Geld steht und es auf der anderen Seite wichtig ist, eine Infrastruktur dafür zu haben. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Vergleicht man diese Infrastruktur nach Angebot und Qualität, so findet man zwischen den Bundesländern sehr große Unterschiede. Ich sage es mit einem Satz: Bei allen Vergleichen ist Wien einfach Spitze! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Ah geh!)

Die absolut meisten Kinderbetreuungsplätze aller Bundesländer gibt es in Wien. Pro Kopf der Bevölkerung gibt es in Wien mit 41 Plätzen je tausend Einwohner den absolut höchsten Wert. Kärnten dagegen hat die schlechteste Versorgung mit Kinderbetreu­ungsplätzen, nur 26 pro tausend Einwohner. Wien ist also Spitze! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Absolute Spitze ist Wien auch bei der Betreuung von Klein- und Schulkindern: 71 Prozent aller Krippenplätze und 47 Prozent aller Hortplätze Österreichs befinden sich in Wien. Wien ist also Spitze! (Beifall bei der SPÖ.)

In Wien gibt es mit Abstand die meisten ganztägig geführten Kinderbetreu­ungs­einrich­tungen, in der Steiermark dagegen ist nur jeder vierte Kindergarten, in Tirol und Vorarl­berg gar nur jeder fünfte beziehungsweise siebente Kindergarten ganztägig geöffnet. Wien ist also wieder einmal Spitze. (Rufe bei der SPÖ: Spitze!)

Sehr verehrte Damen und Herren! In Wien bekommen 83 Prozent aller Kinder im Kin­dergarten ein Mittagessen. In Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg bekommt nur ein Drittel der Kinder ein Mittagessen, in Tirol nur ein Zehntel der Kinder, in Vor­arlberg bekommen gar nur 6,5 Prozent der Kinder ein Mittagessen im Kindergarten. Natürlich verhungern sie deshalb nicht. Und sie bekommen in Wien auch keine Packerl­suppen, sondern ein ordentliches Essen. Wien ist also wieder einmal Spitze! (Spitze-Rufe und Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich könnte die Liste noch fortsetzen. Die beste regelmäßige ärztliche Betreuung bekommen Kinder in Wien. Kärnten, Tirol und Vorarlberg kommen aber gleich danach, also Kärnten ist nicht immer ganz schlecht. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Seh- und Hörtests werden in der Mehrzahl der Kindergärten in Wien, Niederösterreich und Tirol gemacht und so weiter und so fort. Die meisten SozialarbeiterInnen sind in Wien im Einsatz. Wien ist also auch in diesem Bereich der Betreuung: Spitze! (Rufe bei der SPÖ: Spitze! – Abg. Neudeck: Das war jetzt nicht gut dirigiert!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Die meisten Betreuungskräfte mit Befähigungs­nachweis gibt es allerdings im Burgenland, in Vorarlberg, aber auch in Wien, die meisten ungelernten Betreuungskräfte gibt es dagegen in der Steiermark, in Nieder­österreich und in Oberösterreich. 40 Prozent der Eltern in Wien zahlen keinen Kin­dergartenbeitrag. Qualität kostet natürlich Geld, aber nur für jene, die sich das auch leisten können. Die anderen bekommen den Kinderbetreuungsplatz mit Qualität um­sonst.

Sehr verehrte Damen und Herren! Betreuung ist das eine, Geld ist das andere.


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29. Sitzung / Seite 273

Ich fasse zusammen: Wien ist anders, Wien ist Vorbild, Wien ist – Spitze! (Beifall bei der SPÖ.)

23.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Scheu­cher-Pichler. Ich denke, nach „Wien ist Spitze!“ werden Sie Kärntner Lieder singen, oder wie sehe ich das? – Sie sind am Wort. 3 Minuten.

 


23.25

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Frau Staatssekretärin! Nein, ich kann zwar vieles, aber singen nicht so gut. Aber nach „Wien ist Spitze!“, Herr Präsident, sage ich: Diese Regierung ist Spitze! (Jawohl-Rufe und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Regierung, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat mehr für Kinder, mehr für Familien, mehr für Frauen erreicht als je eine Regierung zuvor. Daher ist diese Regierung Spitze! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe eigentlich gedacht, dass wir am Ende, nachdem es im Familienausschuss auch so ausgesehen hat, dass wir einen einstimmigen Be­schluss fassen können, wirklich zu einem einstimmigen Beschluss kommen. (Abg. Mag. Posch: Lei-lei!) Ich hoffe, es kommt auch dazu.

Ich verstehe die Redner der Opposition nicht so ganz: Sie waren ursprünglich über­haupt gegen das Kinderbetreuungsgeld, dann waren sie auf einmal dafür, dann stim­men sie fast immer mit, aber kritisieren im Prinzip alles. Ich sage noch einmal: Das Kinderbetreuungsgeld ist ein Meilenstein, das Kinderbetreuungsgeld bedeutet mehr Zeit für unsere Kinder, bedeutet pädagogisch sehr viel, bedeutet aber auch Verein­barkeit von Beruf und Familie. Und das ist Spitze, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher schließe ich mich den Vorrednern an, die gemeint haben, dass wir natürlich begleitend zum Kinderbetreuungsgeldgesetz zusätzlich innovative Projekte der Kinder­betreuung brauchen. Das stellt auch für die Wirtschaft eine sehr große Heraus­forderung dar, und sie hat auch schon Großartiges geleistet. Schauen Sie zum Beispiel nach Niederösterreich, schauen Sie nach Kärnten, wo es sehr innovative Kinder­projekte gibt, nämlich stundenweise Kinderbetreuungsprojekte, nicht nur ganztägige Kindergärten, von denen Sie in Wien immer sprechen. Genau darauf kommt es näm­lich an. Sie werden sehen, dass wir hier noch sehr, sehr viel zu tun haben, dass es hier aber auch sehr, sehr gute Ansätze gibt.

Es ist sicherlich richtig, dass wir daran arbeiten müssen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie den neuen Herausforderungen der Arbeitswelt entspricht. Das ist unser Ziel, und daran werden wir auch weiter arbeiten. Daher ist diese Regierung auch am richtigen Weg, und daher ist diese Regierung auch Spitze! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner mit einer Redezeit von 1 Minute ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


23.27

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Kollege Riepl hat mich veranlasst, noch einmal ans Rednerpult zu treten. Herr Kollege Riepl! Die Geburtsstunde des Kinderbetreu­ungsgeldes war in Kärnten, hat in Kärnten stattgefunden; das Kinderbetreuungsgeld


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29. Sitzung / Seite 274

hat von Kärnten aus den Siegeszug durch ganz Österreich angetreten. (Abg. Mag. Posch: Lei-lei!) Ich bin dieser Bundesregierung dankbar, dass sie es eingeführt hat. In Kärnten haben wir weitere Verbesserungen bis zum sechsten Lebensjahr vor.

Und jetzt sollten wir die Zeit nützen, hier mit der Debatte aufhören und dafür sorgen, dass die Geburtenrate in Österreich wieder steigt! (Allgemeine Heiterkeit sowie Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

23.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 123 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mandak, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungs­antrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mandak, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Ziffer 2, § 3a Abs. 1 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Min­derheit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Ziffer in der Fassung der Regie­rungsvorlage.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrstimmigkeit, fast Ein­stimmigkeit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist jetzt einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung beschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kin­derbetreuungsgeldgesetzes.

Wer ihm zustimmt, gebe ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Unter­su­chungsausschusses betreffend die Vorgänge im Zusammenhang mit der Beschaffung von Eurofighter-Kampfjets.

Dieser Antrag wurde an alle Abgeordneten verteilt.


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Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses gemäß § 33 GOG zu den Vorgängen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Eurofighter-Kampfjets

Begründung:

Am 2.07.2002 hat der Ministerrat die Beschaffung von 24 Stück Eurofightern zu einem Preis von 1,791.089.000 Euro (ohne Abgaben) beschlossen. Während der Verhandlun­gen mit EADS wurde entgegen der Ausschreibungsbedingungen die Stückzahl auf 18 reduziert.

Im Wahlkampf hat Bundeskanzler Dr. Schüssel eine budgetneutrale Finanzierung der Abfangjäger durch eine Wirtschaftsplattform in Aussicht gestellt.

Am 1.07.2003 hat die Bundesregierung mit Ministerratsvortrag Verteidigungsminister Platters Vorgehen, den Abfangjäger-Kaufvertrag vor Inkrafttreten des Budgetbegleit­ge­setzes und damit ohne ausreichende gesetzliche Grundlage zu unterzeichnen, unter­stützt. Der Kaufpreis soll munmehr 1,959.000.000 Euro betragen.

Verschiedene RegierungspolitikerInnen und politiknahe Persönlichkeiten waren bei der Anbahnung des Geschäftes beteiligt. So ist beispielsweise der ausgewiesene Gegner der Beschaffung von „Kriegsgerät“ Finanzminister Grasser kurz vor dem Ministerrats­beschluss am 2.07.2002 auf das teuerste Modell den Eurofighter-Typhoon ein­geschwenkt und hat sich nachgewiesenermaßen mit Vertretern von EADS vor der Aus­schreibung, während der Frist bis zur Typenentscheidung und nach der Typenent­scheidung mehrmals getroffen und beschaffungsrelevante Informationen ausgetauscht.

Der Rechnungshof hat in mehreren Berichten regelmäßig schwerwiegende und kos­tspielige Mängel bei der Planung und Durchführung von Rüstungsbeschaffungen des Bundesheeres aufgezeigt. Mit der drohenden Beschaffung von 18 Eurofighter-Kampf­jets wird eine neue Kostendimension unter vergaberechtlich höchst aufklärungsbedürf­tigen Umständen erreicht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuss ein­ge­setzt:

1. Untersuchung der Rechtmäßigkeit aller Abläufe und Entscheidungen innerhalb des Beschaffungsvorganges betreffend die Eurofighter-Kampfjets

2. Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebungen von mündlichen und schrift­lichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten der angeführten Bundesministerien, Parteien, Organisationen und Firmen im Zusammen­hang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politi­sche Verantwortlichkeiten überprüfen.

Dabei sind insbesondere folgende VerantwortungsträgerInnen und Institutionen beson­ders in die Überprüfung einzubinden:


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Involvierung und Verantwortung von Bundeskanzler Dr. Schüssel, VizekanzlerIn (Riess-Passer und Haupt), den Bundesministern für Finanzen (Grasser), Wirtschaft (Bartenstein) und Landesverteidigung (Scheibner und Platter), deren Kabinette und der von ihnen geleiteten Ministerien im Zuge des gesamten Beschaffungsvorganges zur Anschaffung der Kampfflugzeuge;

Involvierung der Landeshauptleute im Rahmen des gesamten Beschaffungsvorganges, insbesondere im Zusammenhang mit den sogenannten Kompensationsgeschäften;

Involvierung der politischen Parteien in Österreich;

Involvierung von parteinahen Organisationen und Vorfeldorganisationen;

Involvierung von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung;

Involvierung von parteinahen Firmen, insbesondere die von EADS beauftragte PR-Agentur für das Eurofighter-Lobbying „100% Comunications“, und deren Geschäfts­führung.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis: 5 ÖVP, 4 SPÖ, 1 FPÖ, 1 Grüne einzusetzen.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für einen solchen Untersuchungsausschuss ein­treten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abge­lehnt.

Beschluss auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2002/2003

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Im Einvernehmen mit den Fraktionen lege ich dem Hohen Haus nun folgenden Antrag vor:

„Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 2002/2003 der XXII. Gesetzgebungsperiode mit Freitag, den 11. Juli 2003 für beendet zu erklären.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Anträge auf Permanenterklärung von Ausschüssen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir nun der Antrag gemäß § 46 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen vor, den Rech­nungshofausschuss und damit auch seinen Ständigen Unterausschuss zu beauftragen, seine Arbeiten betreffend das Verlangen der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kollegin­nen und Kollegen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Prüfung der Geba­rung des Bundesministeriums für Finanzen hinsichtlich Privatisierungs- und Ausgliede­rungsmaßnahmen seit 1. Jänner 2002, insbesondere Verkaufsvorbereitungen für Un­ternehmen der ÖIAG sowie Vergaben an externe Berater im Zusammenhang mit legistischen Vorhaben (Verwaltungsreform, Organisationsstruktur des Ressorts, Bun­desstaats­reform, Privatisierungsgesetzgebung) und Öffentlichkeitsarbeit, während der tagungsfreien Zeit fortzusetzen. – Das ist also der Antrag auf Permanenterklärung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entspre­chen­des Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Ferner liegt mir der Antrag gemäß § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung der Abgeord­neten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen vor, den Unvereinbarkeitsausschuss zu beauftragen, seine Arbeiten während der tagungsfreien Zeit zur Behandlung folgender Gegenstände fortzusetzen:

1. die Überprüfung der Tätigkeiten von Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser hin­sichtlich des Berufsverbotes nach § 2 Unvereinbarkeitsgesetz, insbesondere seine regelmäßige Vortragstätigkeit für Banken und andere Institutionen;

2. die Vereinbarkeit von Honorar- beziehungsweise Geldforderungen eines Finanz­ministers gegenüber Banken für seine dienstlichen Auftritte mit seinem Ministeramt, insbesondere hinsichtlich des Zwecks des Unvereinbarkeitsgesetzes sowie im Lichte seiner Funktion als Organ der Bankenaufsicht – unabhängig davon, ob die Zahlungen direkt an ihn oder an Dritte erfolgen;

3. die Überprüfung der Anzeigen der Tätigkeiten von Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser im Sinne des § 2 Unvereinbarkeitsgesetz seit seiner erstmaligen Angelobung als Bundesminister;

4. die Untersuchung, ob Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser seine Stellung in gewinnsüchtiger Absicht im Sinne des § 9 und § 10 UnvereinbarkeitsG (Mandatsverlust und Antrag auf Amtsverlust beim Verfassungsgerichtshof) missbraucht hat; und

5. dem Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser die vorgebrachten Tatsachen mit­zuteilen und ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

Ferner haben die Abgeordneten den Antrag gestellt, eine Debatte über den Antrag auf Permanenterklärung des Unvereinbarkeitsausschusses durchzuführen.

Ich lasse daher zunächst über den Antrag auf Durchführung einer Debatte abstimmen und bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit. Die Debatte ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen, den Unvereinbarkeitsausschuss zu beauftragen, seine Ar­beiten während der tagungsfreien Zeit fortzusetzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Im Übrigen gebe ich noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 192/A bis 199/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 658/J bis 712/J sowie eine Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates, 5/JPR, eingelangt. 

Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Auf Grund eines Verlangens von 20 Abgeordneten verlese ich das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Beschlusses auf Beendigung der or­dentlichen Tagung, damit dieser Teil mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt. Da­durch soll die umgehende Ausfertigung des Beschlusses ermöglicht werden.


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„Es liegt folgender Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Dr. Van der Bellen, Schieder vor (...):

,Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 2002/2003 der XXII. Gesetzgebungsperiode mit Freitag, den 11. Juli 2003 für beendet zu erklären.’ – Dieser Antrag ... wird einstimmig angenommen.“

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teiles des Amtlichen Protokolls? – Einwendungen? (Abg. Öllinger: Nein!) Nicht. Sie stehen aus gesundheitlichen Gründen? (Abg. Öllinger: Ja!) Okay. (Lebhafte Heiterkeit.) – Das ist nicht der Fall.

Der verlesene Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Ge­schäftsordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

Schlussansprache des Präsidenten

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Bevor ich die Sitzung schließe, möchte ich einige kurze Worte an Sie richten.

Es ist das erste Halbjahr, in dem ich die hohe Ehre und die Verantwortung habe, dieses Hohe Haus, zusammen mit der Präsidialkonferenz, zu führen. Wir sind am Ende des ersten Halbjahrs unserer Arbeit im Parlament. Nach der Regierungsbildung, die für alle Fraktionen intensive Arbeit bis in den Monat Februar hinein bedeutete, haben wir die intensive Arbeit im Parlament fortgesetzt.

Wir haben 27 Plenar- beziehungsweise Zuweisungssitzungen sowie zwei Sonder­sit­zungen abgehalten, 62 Gesetze und ein Bundesverfassungsgesetz beschlossen, 20 Staatsverträge und zwei Artikel-15a-Verträge abgeschlossen und genehmigt. 632 Anfragen – jetzt sind es schon 712, habe ich gesehen – wurden gestellt, 81 Aus­schusssitzungen und 20 Unterausschusssitzungen abgehalten.

Meine Damen und Herren! Wir sind ein Arbeitsparlament – und wir müssen uns un­serer Arbeit nicht schämen!

Ich möchte mich bedanken für die Konsens-Atmosphäre, denn immerhin, trotz aller heftigen Debatten – und ich bin auch sehr befriedigt darüber, dass die heutige Debatte zur Dringlichen Anfrage in aller Heftigkeit der Standpunkte nicht in eine Schlamm­schlacht, oder wie immer wir das früher manchmal erlebt haben, degeneriert ist, sondern fair geführt wurde – haben wir, wie gesagt, eine Konsensatmosphäre. Mehr als 60 Prozent der Gesetze werden einstimmig beschlossen!

In der Präsidialkonferenz besteht eine gute Arbeitsatmosphäre, und ich möchte mich ausdrücklich bei Präsident Dr. Heinz Fischer und Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn bedan­ken, die mich als Newcomer in der Präsidialkonferenz mit Rat und Tat begleitet haben. Ich kann mich auf sie in Fragen der Geschäftsordnung immer verlassen. Herzlichen Dank dafür! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Wir sollten ein gemeinsames Anliegen haben: das Ansehen dieses Hauses und das Ansehen der Abgeordneten zu wahren und zu schützen. Dieses Haus ist ein Angelpunkt der Demokratie. Wird es schlecht gemacht, werden wir schlecht gemacht, schadet dies der Demokratie.

Es ist für mich ein Alarmsignal, dass heute eine OGM-Umfrage mit folgenden objek­tiven Daten auf den Markt gekommen ist. Auf die Frage: „Arbeiten die Abgeordneten gleich viel wie vergleichbare Berufsgruppen?“ sagten 40 Prozent, ja, sie arbeiten gleich viel, 14 Prozent sagten, sie arbeiten mehr; also 54 Prozent der Bevölkerung sagen, sie arbeiten gleich viel oder mehr. 34 Prozent aber glauben, die Abgeordneten arbeiten


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Stenographisches Protokoll
29. Sitzung / Seite 279

weniger. In Medienausgaben von morgen aber heißt es: „Österreicher zweifeln am Arbeitseifer der Abgeordneten.“

Das widerspiegelt ein Vorurteil uns gegenüber, an dem wir manchmal selbst mitwirken. Doch ich glaube, wir sollten stolz auf unsere Arbeit sein. Ich kenne nur Abgeordnete mit großem Engagement, mit großer Sachkundigkeit und wirklich großem Einsatz. Ich glaube, wir alle sollten ein Interesse daran haben, die Öffnung dieses Hauses, wie sie in den letzten Jahren eingeleitet wurde, beizubehalten und damit ein Mehr an Transparenz zu fördern. Ich glaube auch, dass letztlich die Fernsehübertragungen, die intensiviert wurden, dazu beitragen, dass man sieht, dass wir arbeiten. – Ich meine also, wir haben alle gemeinsam dieses Interesse.

Abschließend möchte ich mich bei den Mitgliedern der Präsidialkonferenz besonders bedanken, vor allem auch bei den vier Klubdirektoren, der so genannten kleinen Prä­sidialkonferenz; ohne sie würde unsere Arbeit nicht so gut funktionieren.

Ich möchte mich auch bei allen Mitgliedern des Hohen Hauses, bei Ihnen, meine Damen und Herren, bedanken, und ich möchte mich bei den Mitarbeitern in den Klubs und vor allem auch im Stab des Hauses bedanken. (Allgemeiner Beifall.)

Wir haben letztes Jahr – ich nenne nur eine Kennziffer – 8 Prozent aller Vorlagen im so genannten elektronischen Recht gehabt, das heißt im Format E-Recht, automatisiert, papierloses Parlament. Es ist den Mitarbeitern des Hauses – ganz wenige Menschen sind hier tätig – gelungen, diesen Prozentsatz auf 70 Prozent zu steigern. Wir kommen also hier unseren Zielsetzungen sehr schnell nahe.

Ich wurde ausdrücklich gebeten, vor allem von Kollegem Niederwieser, den Mit­arbeitern in der EDV-Abteilung zu danken. Ich möchte das auch im eigenen Namen tun. Wie wir mit Laptops ausgestattet sind, wie das alles funktioniert, ist keine Selbst­verständlichkeit. Herzlichen Dank auch ihnen! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! So bleibt mir nur, Ihnen allen und Ihren Angehörigen erhol­same Ferien zu wünschen sowie eine befriedigende Arbeit im Wahlkreis, denn auch in der sitzungsfreien Zeit geht unsere Arbeit weiter. Alles Gute und viel Glück! (All­gemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 23.42 Uhr

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