Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 3. Sitzung / Seite 93

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die wir schon seit vielen Jahren im Bundesrat, im Nationalrat und darüber hinaus diskutieren. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Grundsätzlich ist auch dieser Antrag der Grünen für uns ein Vorstoß, der im Rahmen dieses Gesamtkonzepts in den nächsten Monaten hoffentlich richtig beraten werden wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Sie hat sich eine Redezeit von 5 Minuten vorgenommen. – Bitte.

15.01


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Ankündigungen, man werde ein riesiges Verfassungspaket schnüren, kommen bei mir mit sehr gemischten Gefühlen an, denn ich kenne viele Themen, über die in dieser Republik seit Jahrzehnten beraten wird, zum Beispiel die Neukodifikation der Grund­rechte oder die Reform des Bundesstaates. All das, sehr geehrte Damen und Herren, wird seit vielen Legislaturperioden zugesichert, aber es wird nicht gemacht.

Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, es liegt eigentlich eine sehr einfache Frage vor, die un­gleich einfacher ist als manche andere Fragen, die man wahrscheinlich wirklich nicht von heute auf morgen zufrieden stellend lösen kann; aber die Frage, ob Volksbegehren mit dem Ende der Legislaturperiode verfallen sollen oder nicht, kann man mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Wenn man der Meinung ist, sie sollen nicht verfallen, dann glaube ich, dass die legistischen Konsequenzen relativ einfach sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich würde meinen, dass es sogar mit den Intentionen der Verfassung nicht konform geht, dass man Volksbegehren unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie das Glück oder das Pech hatten, am Anfang oder am Ende einer Legislaturperiode eingebracht worden zu sein. Insbe­sondere wissen das die Proponentinnen und Proponenten ja unter Umständen gar nicht, denn – und diese Erfahrung haben wir auch schon gemacht – Legislaturperioden können vorzeitig be­endet werden, und dann ist es wohl wirklich nicht fair, Menschen, die sehr viel Zeit, Mühe und Geld investiert haben, um ihr Anliegen dem Hohen Haus vorzutragen, zu sagen: Pech gehabt, jetzt ist die Legislaturperiode zu Ende, jetzt könnt ihr wieder von vorne anfangen!

Das heißt, ich glaube, wir sollten diese Frage von den anderen Fragen rund um die Verfassung, die uns mit Sicherheit noch länger beschäftigen werden, abkoppeln, und wir sollten aus diesem Verfassungstopf ein paar Fragen herausnehmen und vorab erledigen.

Auch auf Folgendes mache ich Sie aufmerksam: Der Unmut der Bevölkerung oder derer, die ein Volksbegehren eingebracht haben, das dann vom Verfall bedroht ist, trifft insbesondere die stärkste Fraktion, weil man sagen wird: Die hätten es in der Hand, die rechtliche Situation zu verbessern. So wie das bei den großen Volksbegehrensmaterien der Fall war, hat man natür­lich – und nicht zu Unrecht – immer wieder schwere Vorwürfe an die ÖVP herangetragen.

Es wäre daher im Interesse des gesamten Hohen Hauses, hier festzuhalten, dass es keinen Unterschied machen darf, wann ein Volksbegehren eingebracht worden ist. Es ist vom Parla­ment allenfalls in einer nächsten Gesetzgebungsperiode zu behandeln.

Noch etwas: Sie haben gesagt, das Prinzip, dass Anträge von Abgeordneten verfallen, habe schon seinen Sinn. – Mag sein, es wäre durchaus auch denkbar, dass ein neuer Nationalrat alte Anträge, wenn er sich nicht mehr mit ihnen identifiziert, ablehnt. Aber es mag auch umge­kehrt Sinn machen, zu sagen: Wenn Anträge so wichtig sind, dann können sie auch wieder eingebracht werden! – Nur dasselbe können die Proponentinnen und Proponenten von Volks­begehren nicht tun.

 


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