Stenographisches Protokoll

3. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 23. Jänner 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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3. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode         Donnerstag, 23. Jänner 2003


Dauer der Sitzung

Donnerstag, 23. Jänner 2003: 9.00 – 15.12 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 6/A der Abgeordneten Dr. Michael Spindel­egger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Beam­ten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert werden (Besoldungs-Novelle 2003)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 10/A der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Dr. Andreas Khol, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialver­sicherungs-Änderungsgesetz 2003 – SVÄG 2003)

3. Punkt: Wahl von Ausschüssen

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geän­dert wird (3/A)

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz und das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats geändert werden (15/A)

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere (Bundes-Tierschutzgesetz – TSchG) (12/A)

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Taxenge­setz 1972, das Universitätsstudiengesetz 1997 und das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (16/A)

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats geändert werden (22/A)

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Nationalrat, XXII.GP
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3. Sitzung / Seite 2

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................. 9

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 10

Unterbrechungen der Sitzung ...................................................................  13, 14

Ausschüsse

Zuweisungen ........................................................................  9, 59, 59, 72, 88, 95

3. Punkt: Wahl von Ausschüssen ..................................................................... 47

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 6/A der Abge­ordneten Dr. Michael Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsge­setz 1984, das Richterdienstgesetz und das Beamten-Dienstrechtsge­setz 1979 geändert werden (Besoldungs-Novelle 2003) (3 d. B.) .......................................................................................................... 10

Redner:

Fritz Neugebauer ...................................................................................... 10

Otto Pendl ................................................................................................ 11

Mag. Karl Schweitzer ................................................................................ 13

Mag. Werner Kogler ................................................................................. 15

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer .................................................... 17

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................... 20

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................. 21

Mag. Terezija Stoisits ............................................................................... 23

Dr. Michael Spindelegger ......................................................................... 25

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer ...............................................  27, 31

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................. 28

Jakob Auer ............................................................................................... 29

Dr. Gabriela Moser .................................................................................... 31

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Ausschreibung der vakanten Stelle des Präsi­denten/der Präsidentin des Jugendgerichtshofes – Ablehnung  25, 33

Annahme ........................................................................................................ 32

2. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 10/A der Abge­ordneten Sigisbert Dolinschek, Dr. Andreas Khol, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsge­setz 2003 – SVÄG 2003) (4 d. B.) ...................................................................................................................... 33

Redner:

Karl Donabauer ......................................................................................... 33

Mag. Christine Lapp ................................................................................. 35

Sigisbert Dolinschek ................................................................................. 37


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3. Sitzung / Seite 3

Karl Öllinger ............................................................................................. 39

Karl Donabauer (tatsächliche Berichtigung) ................................................. 41

Edeltraud Lentsch ..................................................................................... 41

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................. 42

Sabine Mandak ........................................................................................ 43

Ingrid Turkovic-Wendl .............................................................................. 44

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck .......................................................... 46

Mares Rossmann ...................................................................................... 46

Annahme ........................................................................................................ 47

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (3/A) .......................................................................................... 49


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3. Sitzung / Seite 4

Redner:

Dr. Josef Cap ............................................................................................ 49

Mag. Helmut Kukacka .............................................................................. 51

Peter Schieder .................................................................................... ..... 53

Herbert Scheibner ..................................................................................... 55

Mag. Werner Kogler ................................................................................. 57

Zuweisung des Antrages 3/A an den Geschäftsordnungsausschuss .................... 59

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats geändert werden (15/A) .................................................................. 59

Redner:

Mag. Werner Kogler ................................................................................. 59

Zuweisung des Antrages 15/A an den Geschäftsordnungsausschuss ................... 59

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere (Bundes-Tierschutzgesetz – TSchG) (12/A)                       60

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 60

Fritz Grillitsch ........................................................................................... 61

Dr. Günther Kräuter .................................................................................. 62

Klaus Wittauer .......................................................................................... 64

Dr. Gabriela Moser .................................................................................... 65

Maria Rauch-Kallat ................................................................................... 66

Katharina Pfeffer ....................................................................................... 67

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................. 68

Mag. Johann Maier ................................................................................... 69

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck .......................................................... 70

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ................................................................. 71

Zuweisung des Antrages 12/A an den Verfassungsausschuss ............................. 72

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hoch­schul-Taxengesetz 1972, das Universitätsstudiengesetz 1997 und das Uni­versitätsgesetz 2002 geändert wird (16/A) ..................................................... 72

Redner:

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................... 72

Dr. Gertrude Brinek .................................................................................. 74

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................... 76

Mag. Dr. Magda Bleckmann ..................................................................... 78

Dieter Brosz .............................................................................................. 80

Josef Broukal ........................................................................................... 82

Elisabeth Gehrer ................................................................................  85, 88

Mag. Karl Schweitzer ................................................................................ 87

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) .................................... 88

Zuweisung des Antrages 16/A an den Ausschuss für Wissenschaft und For­schung               88

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats geändert werden (22/A) ........................................................... 89

Redner:

Dr. Eva Glawischnig ................................................................................. 89

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................... 90

Dr. Peter Wittmann ................................................................................... 91

Dr. Reinhard Eugen Bösch ........................................................................ 92

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 93

Mag. Elisabeth Grossmann ....................................................................... 94

Zuweisung des Antrages 22/A an den Geschäftsordnungsausschuss ................... 95

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage ......................................................................................... 9

2: Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – SVÄG 2003

Berichte .......................................................................................................... 9

III-1: Tätigkeitsbericht über das Verwaltungsjahr 2001; Rechnungshof

III-2: Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2001

III-3: Bericht gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2000 und 2001; Rechnungshof

III-4: Fünfundzwanzigster Bericht (1. Jänner bis 31. Dezember 2001); Volks­anwaltschaft

III-7: Bericht über die Lage der behinderten Menschen in Österreich; Bun­desregierung

III-8: Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F. über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2001; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur

III-9: Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 2001; BM f. Bildung, Wissen­schaft und Kultur


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3. Sitzung / Seite 5

Anträge der Abgeordneten

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend die dringend nötige Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Photovoltaiknutzung in Österreich durch Novellierung des Ökostromgesetzes (28/A) (E)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung von Ein­wegpfändern oder Einwegabgaben zur Reduktion des Verpackungsabfalls (29/A) (E)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (30/A)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (31/A)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (32/A)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Fahrschulen (Fahrschulgesetz – FschulG) erlassen, das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz 1997 – FSG 1997) (BGBl. I Nr. 120/1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 65/2002) und das Kraftfahrwesen (Kraft­fahrgesetz 1967 – KFG 1967) (BGBl. 1967/267 i.d.F. BGBl. I Nr. 65/2002) geän­dert werden (33/A)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuerge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Erbschafts- und Schenkungs­steuergesetz 1955 geändert werden (34/A)

Dr. Helene Partik-Pablé, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965 geändert wird (35/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neukodifikation des zivilrechtlichen Konsumentenschutzrechtes – „KSchG-NEU“ (36/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung einer 2-Euro-Banknote (37/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (38/A)

Barbara Rosenkranz, Dr. Erwin Rasinger, Manfred Lackner, Dr. Kurt Grüne­wald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arznei­mittelgesetz geändert wird (39/A)

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2002, das Wasserrechtsge­setz 1959 und das Bundesluftreinhaltegesetz 2002 geändert werden (Gesetz über den Nachbarschafts- und Umweltschutz bei landwirtschaftlichen Anlagen 2003) (40/A)


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3. Sitzung / Seite 6

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausschreibung der vakanten Stelle des Präsidenten/der Präsidentin des Jugendgerichtshofes (41/A) (E)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Entwicklungs- und Sicherheitsraumes für eine gentechnikfreie, nachhaltige Landwirtschaft (42/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Piercing und Tätowieren – Verordnung nach der GewO“ (16/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Gebührenpflicht bei Mitarbeitermeldung im Sicherheitsge­werbe“ (17/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend „Fluggastrechte Neu (Ausgleichsleis­tungen) durch EU-Verordnung“ (18/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Sicherheit von Verbraucherdienstleistungen“ (19/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Konsumentenschutz und Fremdwährungskredite“ (20/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die „ehrenamtliche“ Verwen­dung eines Ministersekretärs als FPÖ-Bundespressesprecher (21/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Anmietung einer Suite im Radisson SAS Palais Hotel (22/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Übersiedlung des Patentamtes (23/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Stand der GATS-Verhandlungen v. a. aus ökologischer Sicht und fehlende Information und Debatte in der Öffentlichkeit (24/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Zwischenfälle bei der Somatischen Gen­therapie (25/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Erreichung des Kyoto-Ziels (26/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Entlassung von Beschautierärzten in Niederösterreich und deren Konsequenzen für die Fleischsicherheit im Interesse der KonsumentInnen (27/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend „Kosten ,Führerschein‘ nach dem Budgetbegleitgesetz 2000“ (28/J)


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3. Sitzung / Seite 7

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Hilfe des Bundes für strukturschwache Regionen der Kärntner Wirtschaft (29/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Gewinnspiele – kein Ende in Sicht (30/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Herstellung und Handel mit pyrotechnischen Artikeln“ (31/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend „Feuerwerkskörper und Gesundheits­schäden“ (32/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend „Sicherheit in der Zivilluftfahrt – Sicherheit auf kleinen Flugplätzen“ (33/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend „soziale Situation von Krankenpfleger­schülerInnen in Österreich“ (34/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend „Lärm in Großdiskotheken etc. – Gesundheitliche Belastungen“ (35/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Kosten ,Reisepass‘ nach dem Budgetbegleitgesetz 2000“ (36/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend bürgerfreund­liche Abholzyklen bei der Sammlung von Altkunststoffen (37/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Vollzug der Amtsgeschäfte seit 9. September 2002 (38/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffent­liche Leistung und Sport betreffend Vollzug der Amtsgeschäfte seit 9. September 2002 (39/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Vollzug der Amtsgeschäfte seit 9. September 2002 (40/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend „Liberalisierungsangebote für das Dienstleistungsab­kommen der Welthandelsorganisation“ (41/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die nega­tiven Auswirkungen der Änderungen beim dezentralen Zuckerrüben-Übernahme­system (42/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend verkehrspolitisch kontraproduk­tive Entwicklungen im Zusammenhang mit Zuckerrübentransporten (43/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bestellung von Dr. Christian Romanoski zum Leiter der Abt. III/5 der Rechtssektion des Innenministeriums (44/J)


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3. Sitzung / Seite 8

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Landesschulinspektorenbestellung (45/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Einladungskriterien für die ausstellenden Organisationen bei der Messe für Beruf und Studium vom 16. bis 18. Oktober 2002 in Innsbruck (46/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Umsetzung des Rundschreibens 22/2002 des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur sprachlichen Gleich­behandlung von Frauen und Männern im gesamten Bereich des BMBWK (47/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Weitergabe von personenbezogenen Daten aus der Bildungsdokumentation (48/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Überprüfung der Hausordnungen und Verhal­tensvereinbarungen an Schulen nach pädagogischen Grundsätzen (49/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Codex-Unterkommission für Honig/Honigwein (50/J)

Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Gleich­stellung der Frauen im ländlichen Raum (51/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens wegen mangelhafter Umsetzung der EU-Legehennen-Richtlinie (52/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Mängel bei der Genehmigung, Durchführung und Kontrolle von Tierversuchen (53/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Enthebung von Fleischunter­suchungstierärztInnen in der Gemeinde Unterstinkenbrunn (54/J)

 


 


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3. Sitzung / Seite 9

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsi­dent Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.

Ich begrüße Sie alle sehr herzlich zur ersten Sitzung im neuen Jahr – und ich hoffe, dass wir ein gutes Jahr vor uns haben.

Es freut mich besonders, dass der Herr Präsident des Bundesrates sowie der Herr Bundes­ratsdirektor unserer Debatte beiwohnen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Die Amtlichen Protokolle der 1. und 2. Sitzung vom 20. Dezember 2002 sind in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben; sie gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Huainigg und Mag. Lunacek.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungs­saal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 16/J bis 20/J.

2. Regierungsvorlage:

Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – SVÄG 2003 (2 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Budgetausschuss:

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2001 (III-2 der Beilagen).

*****

Weiters sind seit der letzten Sitzung folgende Verhandlungsgegenstände eingelangt:

Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2001 (III-1 der Beilagen),

Bericht des Rechnungshofes gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2000 und 2001 (III-3 der Beilagen),

Fünfundzwanzigster Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2001) (III-4 der Beilagen),


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3. Sitzung / Seite 10

Bericht der Bundesregierung über die Lage der behinderten Menschen in Österreich (III-7 der Beilagen),

Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F. über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2001, vorgelegt von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur (III-8 der Beilagen),

Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhoch­schulrates im Jahre 2001, vorgelegt von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur (III-9 der Beilagen).

(Die Zuweisung kann erst nach erfolgter Wahl der Fachausschüsse vorgenommen werden.)

*****

Redezeitbeschränkung


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 7 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich fol­gende Redezeiten ergeben: ÖVP 133, SPÖ 119, Freiheitliche und Grüne je 84 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

1. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 6/A der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Lan­deslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979 geändert werden (Besoldungs-Novelle 2003) (3 der Beilagen)


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu Punkt 1 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Neugebauer. Ich erteile es ihm.

9.02


Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Besoldungs-Novelle 2003 hat im Wesentlichen das Verhandlungsergebnis der Besoldungsregelung für die Bediensteten des Bundes und für die Landeslehrer per 1. Jänner 2003 zum Inhalt. Das Ergebnis ist bekannt: eine Valorisierung der Bezüge um 2,1 Prozent. Die Gehälter werden um mindestens 30 € erhöht.

Es war uns in den Verhandlungen wichtig, dass aus Gründen der Kaufkraftsicherung und aus sozialen Aspekten gerade Bezieher niedriger Einkommen besonders berücksichtigt werden; im Bundesdienst betrifft dies etwa knapp ein Drittel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Meine Damen und Herren! Sechs Bundesländer warten auf die heutige Beschlussfassung, um in den Länderparlamenten gleiche Regelungen für die Bediensteten in den Ländern und Ge­meinden beschließen zu können. Drei Bundesländer haben dies in einem Vorgriff bereits getan.


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3. Sitzung / Seite 11

Ich rege daher an, dass künftige Verhandlungen, wie wir das früher getan haben, auch mit auto­risierten Vertretern der Länder sowie des Städte- und Gemeindebundes auf Arbeitgeberseite geführt werden, was vice versa hieße, dass auf der Arbeitnehmerseite zusätzlich zur Gewerk­schaft öffentlicher Dienst auch die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten einzuladen wäre.

Ich verweise auf die Erläuternden Bemerkungen der heutigen Vorlage, in der auch die schrift­liche Vereinbarung mit der Bundesregierung niedergelegt ist und im dritten Absatz darauf hinge­wiesen wird, dass die Besoldungsvereinbarung vom Oktober 2000 für das vergangene Jahr noch eines Nachschlages bedarf.

Gestern hat die Statistik Austria – wie es übrigens in allen Ländern der Europäischen Union er­folgt ist – um 12 Uhr die Inflationsrate für das vergangene Jahr bekannt gegeben. Über die Differenz zwischen 0,8 und 1,8 Prozent brauchen wir, so glaube ich, nicht lange zu reden. Wir haben mit der Frau Vizekanzlerin – und dafür bedanke ich mich sehr herzlich – auf kurzem Wege vereinbart, dass wir uns in allernächster Zeit wegen der technischen Umsetzung dieses Vorhabens treffen werden.

Ich verweise auf Artikel 5, in dem festgehalten ist, dass auf Grund der strukturellen Verände­rungen, auf Grund der Organisationsänderungen in den Ministerien Hunderte Planstellen einge­spart wurden und es nun natürlich zu neuen Bezeichnungen kommen wird. In einem Abände­rungsantrag ist eine einzige Planstelle zusätzlich ausgeschrieben; dabei handelt es sich um den Exekutivplanposten des Stellvertreters des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit, der Verwaltungsbeamter ist. Es geht darum, dass das – etwa in Analogie zum Militär, wo der Generalmajor ebenfalls eine A 1/7-Funktion innehat; beim Militär ist das eine M-Bezeichnung – Platz greift. Das ist auf Grund der Organisationsänderungen notwendig geworden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nütze diese Gelegenheit, ganz kurz darauf einzugehen, dass – was ja beinahe selbstverständlich ist – immer dann, wenn es um Budgetvorschauen, um neue Strukturierungen geht, naturgemäß die öffentlich Bediensteten im Blickfeld des medialen Interesses stehen. Ich bedanke mich für alle fundierten, seriösen Anregungen, die uns bei Reformen weiterhelfen, weise aber auch darauf hin, dass wir mit Wortspenden konfrontiert sind, die geeignet sind, Unsicherheit und Frustration in der Kollegenschaft aufkommen zu lassen. Darauf können wir – ich sage das in aller Deutlichkeit – verzichten. Es gibt Wortspender, die visionäre Szenarien zeichnen, ohne die Gegenwart wirklich beschreiben zu können. Das ist – ich sage es wiederum in aller Deutlichkeit – überflüssig.

Ich bedanke mich explizit bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundes, der Länder und Gemeinden für ihre hohe Sachkompetenz und für das Engagement, das sie im Vollzug jener Bestimmungen, die wir ihnen auferlegen, aufbringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Das ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Stabilität unseres Rechtsstaates, sondern auch ein wichtiger Parameter für den erfolgreichen Wirtschaftsstandort Österreich. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Pendl. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

9.07


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Gesetzesnovelle beinhaltet auch den Gehalts­abschluss 2003 für den öffentlichen Dienst. Gestatten Sie mir eingangs, mich persönlich, aber auch im Namen meiner Fraktion bei allen öffentlich Bediensteten, bei allen Kolleginnen und Kollegen für ihre Leistungen und für ihren Einsatz für unsere Heimat und deren Bürger sehr herzlich zu bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der heutigen Zeit wird vieles als selbstverständlich betrachtet. Dabei denke ich etwa auch daran, wie wir hier im Hause die Leistungen der Mit-


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arbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlamentsdirektion oft als selbstverständlich erachten. Auch Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren hier im Hause, unseren persönlichen Dank für Ihre Unterstützung und Ihr Engagement. (Allgemeiner Beifall.)

Ich glaube – mein Vorredner hat ja bereits darauf hingewiesen –, dass der vorliegende Gehalts­abschluss, auf Sozialpartnerebene ausverhandelt, sowohl im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch im Interesse des Dienstgebers Bund ein guter ist, auch wenn wir alle immer wieder mit Einsparungen konfrontiert sind. Ich darf, wie mein Vorredner, darauf hin­weisen, darum ersuchen und dazu einladen, künftige Gehaltsrunden – wie das ja in der Vergan­genheit der Fall war – gemeinsam mit Vertretern der Länder, der Städte und Gemeinden zu verhandeln.

Wichtig und notwendig war es auch, dass dieser Gehaltsabschluss nicht nur einen Prozentsatz von 2,1, sondern mit einer Erhöhung um mindestens 30 € auch eine soziale Komponente be­inhaltet. Gerade in diesem Zusammenhang werde ich noch auf einen Bereich, und zwar einen, der im Dienstrecht angesiedelt ist, zu sprechen kommen.

Es ist überhaupt keine Frage, dass hier auch eine Regelung mitbehandelt wird, die im A-Schema für alle eine Selbstverständlichkeit darstellt und auch im M-Schema eine solche ist. Wir verstehen, dass nicht nur ein Wunsch der Exekutive – im konkreten Fall: ein Wunsch der Bun­desgendarmerie – dem zu Grunde liegt, um auch eine Regelung für die Exekutive, nämlich jene im Bereich E 1/12, umzusetzen.

Was ich nicht verstehe – inhaltlich gibt es darüber ja überhaupt keine Diskussion –, ist aller­dings, dass man, obwohl man immer wieder von „neuer Qualität des Umgangs mitein­ander“ und „neuer Politik“ hört und liest, diesen Punkt im Wege eines Abänderungsantrages noch rasch vor der Ausschusssitzung eingebracht hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang sage ich auch ganz offen – wir haben das ja auch im Budgetausschuss ausführlich diskutiert –, dass mich jene Fragen, die im Artikel 5 angesprochen werden, doch nachdenklich stimmen. Und in diesem Zusammenhang erlaube ich mir, folgende drei Fragen hier anzusprechen.

Erstens: Wenn man in einer Gesetzesnovelle, nämlich im Gehaltsgesetz, einen Gehaltsab­schluss regelt, zu dem wir alle stehen und wo wir alle uns immer wieder bemühen, die Kosten so effizient wie nur möglich zu gestalten, man aber im dienstrechtlichen Teil derselben No­velle – auch wenn ich Ihre Argumente schon kenne, dass Sektionen und Abteilungen einge­spart worden sind – die Zahl der Funktionsgruppen von acht auf neun anhebt, muss ich Sie schon fragen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ob das Tausende Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst verstehen werden.

Froh bin ich darüber, dass ungefähr 30 Prozent der Kolleginnen und Kollegen von der Regelung „mindestens 30 € mehr“ profitieren, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren: Was die Aufwertung in die Funktionsgruppe 9 anlangt, wo man ohnehin schon bei den Höchstbezügen angesiedelt ist – und ich bin wirklich nicht einer, der einem anderen etwas nicht vergönnen würde –, überlasse ich es Ihrer Beurteilung, meine Damen und Herren, was sich jene Kollegin­nen und Kollegen, die 30 € mehr bekommen, denken werden, wenn ohnehin schon gut Einge­stufte ein Vielfaches dessen erhalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Artikel 5 wirft aber noch weitere Fragen auf. Es ist immer so gewesen – und es wird auch jetzt so sein, auch wenn es erst in einigen Wochen der Fall sein wird; ich weiß ja nicht, wie lange es dauern wird, bis wir eine neue Bundesregierung haben werden –, dass wir als eines der ersten Gesetzeswerke ein Bundesministeriengesetz hier im Nationalrat zu behandeln gehabt haben. Glaubt jemand, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die öffentlich Bediensteten und die Öffentlichkeit verstehen, dass überhaupt jemand versteht, warum heute hier im Bereich der Sektionen, wo es um Umbenennungen oder Umorganisationen geht, etwas geändert wird, wenn ohnehin in einigen Wochen wieder etwas anderes zur selben Materie in denselben betroffenen Sektionen beschlossen werden wird? Daher hätte man, wie ich meine,


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der Sache wirklich einen guten Dienst erweisen können, wenn in einigen Wochen, eben im Rahmen eines neuen Bundesministeriengesetzes, auch gleich diese Dinge mitbeschlossen worden wären.

Und noch etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren: Da hat es einige Veränderungen ge­geben – das bekommen Sie aus der Diskussion nicht weg; ich möchte jetzt aber nicht ein bestimmtes Ressort erwähnen, Sie alle wissen das ohnehin –, die sozusagen medial begleitet wurden. Und genau diese Sektionen finden sich auch hier im Artikel 5 wieder. Natürlich gibt es die Diskus­sion, dass Aktionen, die in den letzten Wochen und Monaten gesetzt wurden, jetzt per Geset­zesbeschluss ganz einfach legalisiert werden sollen. (Abg. Mag. Mainoni: Welches Ministerium meinen Sie?) – Ihr wisst genau, um welche Sektionen es da geht!

Ich meine, meine sehr geehrten Damen und Herren: Im Interesse der Sache, im Interesse der betroffenen Bediensteten, die ja auch keine Freude haben, wenn sie jetzt sozusagen hin- und hergeschoben werden, aber auch für eine bessere Nachvollziehbarkeit durch die Öffentlichkeit wäre es gut gewesen, wenn man diesbezüglich diese wenigen Wochen zugewartet und so der neuen Regierung die Möglichkeit gegeben hätte, dem Nationalrat ein ordentliches Bundes­ministeriengesetz vorzulegen. – Wir von der SPÖ-Fraktion haben jedenfalls den Antrag einge­bracht, Artikel 5 einer getrennten Abstimmung zu unterziehen.

Jedenfalls meine ich – und da bin ich ganz bei meinem Vorredner –, dass die öffentlich Be­diensteten nicht weiter verunsichert werden dürfen. Diese sind ein wichtiger Teil und ein Garant für den ordentlichen Ablauf der Geschehnisse in unserer Republik. Der öffentliche Dienst ist daher nicht wegzudenken.

Wir von der SPÖ-Fraktion werden jedenfalls unseren Beitrag dazu leisten, dass das auch in Zukunft so sein wird. (Beifall bei der SPÖ.)

9.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Rede­zeit: 10 Minuten. (Von der Galerie werden zahlreiche Flugblätter geworfen. – Einzelne Besucher der Galerie halten Buchstaben in Richtung Sitzungssaal, die den Text „Atomfreies Europa“ sowie „Greenpeace“ ergeben.)

Ich unterbreche die Sitzung und ersuche die Mitarbeiter des Hauses, die Flugblätter zu ent­fernen! Ebenso ersuche ich, die Demonstration auf der Galerie einzustellen, sonst lasse ich diese räumen!

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist wieder aufgenommen.

Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer spricht mit der auf der Regierungsbank sitzenden Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer.) – Ich bitte den Red­ner, das Wort zu ergreifen!

9.16


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Etwas verwundert habe ich meinen beiden Vorrednern zuge­hört, die einen unter diesen Voraussetzungen mehr als sozial gerechten Gehaltsabschluss für die Beamten meiner Meinung nach nicht ausreichend gewürdigt haben, handelt es sich doch hiebei um einen unter schwierigsten Bedingungen ausverhandelten Gehaltsabschluss, der sozial sehr gerecht ist. 2,1 Prozent oder mindestens 30 € für jeden Bundesbediensteten zusätz­lich ab 1. Jänner 2003 sind doch ein herzeigbares Ergebnis – ein mehr als herzeigbares Ergeb­nis, weil es sich dabei noch dazu um eine äußerst sozial verträgliche Lösung handelt. Einen solchen Abschluss in Zeiten der Budgetkonsolidierung zu erzielen, kann als besonders gutes Ergebnis bezeichnet werden, eines, das insbesondere dem Verhandlungsgeschick der Frau Vizekanzlerin zu verdanken ist, und daher bedanke ich mich jetzt auch ganz besonders bei Frau Vizekanzler Riess-Passer hiefür. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Zudem blieb völlig unerwähnt, dass in diesen Tagen auch über die Inflationsabgeltung für das vergangene Jahr verhandelt und auch das noch zustande kommen wird. Also ein weiterer Er­folg, der für Beamte in den nächsten Tagen zu erwarten ist. (Abg. Mag. Molterer – auf die nach wie vor auf der Galerie demonstrierenden Besucher hinweisend –: Die Demonstration ist noch nicht zu Ende!)

Mit diesem Abschluss wird sichergestellt, dass etwa ein Drittel der Bundesbediensteten im unte­ren Einkommensbereich – und darum geht es ja, und, Herr Kollege Neugebauer, ich hätte mir schon gewünscht, dass das ein bisschen gewürdigt wird; vom Kollegen Pendl habe ich das ohnehin weniger erwartet ... (Abg. Scheibner – auf noch immer demonstrierende Galeriebe­sucher weisend –: Was ist denn da oben? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wann wird das einge­stellt? – Weitere Zwischenrufe.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche die Sitzung, bis die Galerie geräumt ist.

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen. – Die Demonstranten verlassen die Galerie.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Sitzung wieder auf.

Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer, setzen Sie bitte fort.


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Ich glaube, wichtig ist es, festzustellen, dass im Zuge dieser Gehaltsverhandlungen erreicht werden konnte, dass ein Drittel der Bundesbediensteten im unteren Einkommensbereich einen höheren Ein­kommenszuwachs als diese 2,1 Prozent erwarten kann. Eine neue Qualität der Regierung, die wir in den letzten drei Jahren hatten, war es, dass auf untere und mittlere Einkommensbezieher stets besonders Rücksicht genommen wurde. Das ist die neue Qualität einer Bundesregierung, die gezeigt hat, dass sie insgesamt zu Reformen fähig ist und etwas in Österreich in Gang ge­setzt hat, was lange Zeit nicht der Fall war, nämlich dass Reformen in allen Bereichen tat­sächlich auf Schiene gesetzt wurden.

Für wichtig halte ich es auch – das habe ich jedoch bei meinen Vorrednern vermisst –, Frau Vizekanzler Riess-Passer insbesondere dafür zu danken, dass sie bei der Verwaltungsreform innerhalb kürzester Zeit ein wirkliches Kernstück an notwendiger Arbeit geleistet hat. Im Zu­sammenhang mit der Strukturreform zwischen Bund und Ländern hat sie Projekte auf die Schiene gesetzt, die in Hinkunft insbesondere budgetär besonders wirksam sein werden. Das gilt ebenso für die Bereiche Verwaltungsanpassungen sowie Personaleinsparungen, wo die Frau Vizekanzlerin bereits sehr, sehr viel auf Schiene gesetzt hat und was budgetwirksam werden wird.

Es wurden bereits mehr als 8 000 Beamte – ohne dass es zu Problemen gekommen wäre – eingespart, was insgesamt einen Einsparungseffekt von mehr als 1 Milliarde € bringt. Das ist in Zeiten einer Budgetkonsolidierung wahrlich ein gutes Stück Arbeit, und auch hiefür gebührt der Frau Vizekanzlerin sowie allen, die dazu beigetragen haben, entsprechender Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Von meinen Vorrednern hätte ich mir schon auch erwartet, dass sie darauf eingehen. Im Bereich der Bund-Länder-Vereinbarungen wurden 79 Prozent aller Projekte bereits erledigt; der Rest befindet sich in der Umsetzungsphase.

Im Bereich der Gerichtsreform hat Bundesminister Böhmdorfer – gegen den Widerstand der „Landesfürsten“, gegen den Widerstand von Lokalpolitikern, auch aus den Regierungspar­teien – bereits sehr, sehr viel umgesetzt. (Abg. Marizzi: Darum habt ihr bei der Wahl auch so „gewonnen“!) Die Auflassung von 31 Gerichtsstandorten, die nicht mehr zeitgemäß sind, ist tat­sächlich geschehen, was zu wesentlichen Einsparungen führt, Einsparungen, die dringend not­wendig sind.

Insgesamt wurden auch in anderen Bereichen sehr, sehr viele effi­ziente Reformen umgesetzt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang etwa nur an das One-Stop/One-Shop-Prinzip, auch in


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Landesangelegenheiten, das von diesem Ministerium um­gesetzt wurde. Sehr, sehr erfolgreiche Reformjahre im Justizministerium also – auch wenn, Herr Bundeskanzler, noch sehr viel an Arbeit vor uns liegt. Ich meine, es ist hoch an der Zeit, mit dieser Arbeit zu beginnen bezie­hungsweise begonnene Arbeiten fortzusetzen.

Ich greife jetzt nur einige wesentliche Dinge heraus, die dringend erledigt werden müssen: Re­form des Dienstrechts, Reduktion der Zahl von Vertretungskörpern, weitere Reform der Verwal­tungseinheiten, eine Bundesstaatsreform und so weiter, also noch sehr viele Dinge, die anste­hen und einer Erledigung zugeführt werden müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage das deshalb, da jetzt bereits Zeit genug ver­tan wurde mit diesem Aneinander-Vorbeireden, das wir alle ja in den letzten Tagen erlebt haben. Es wird Zeit, dass jene Kräfte, die zu Reformen bereit sind – auch wenn diese Reformen nicht populär sind –, endlich damit beginnen, diese fortzusetzen beziehungsweise, wenn sie noch nicht angefangen wurden, endlich damit anzufangen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es hat doch keinen Sinn, sich auf parteipolitische Standpunkte zurückzuziehen und dort sozusagen in Ver­steinerung zu verharren, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Das ist jedoch Ihr Markenzeichen: Versteinerung, Unbeweglichkeit, Reformunwilligkeit. Das sind die Marken­zeichen der SPÖ (Beifall bei den Freiheitlichen – Zwischenrufe bei der SPÖ), und das kann ein Land, das auch in Zukunft wettbewerbsfähig sein soll, nicht brauchen.

Sie von der SPÖ haben keine Reformkraft, sind reformunwillig, reformunfähig – und das haben Sie in den letzten Wochen zur Genüge bewiesen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie von der SPÖ haben in den letzten Tagen mit der ÖVP zu verhandeln versucht. Das Ergebnis war, dass Sie aneinander vorbeigeredet haben, weil Sie von der SPÖ nur parteipolitische Interessen verfolgen.

Wer – wie es Andreas Koller in der heutigen Ausgabe der „Salzburger Nachrichten“ formuliert – „vorsorglich Sprengsätze“ einbaut, „welche so platziert sind, dass ihre Detonation“ dem Ver­handlungspartner „angelastet werden kann“, dem fehlt tatsächlich jeglicher Wille zu notwendi­gen Reformen. Dem fehlt die Reformkraft, die dringend notwendig ist, wenn Österreich auch in Hinkunft international wettbewerbsfähig sein soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zeit für taktische Spielchen ist vorbei! Österreich braucht eine reformfähige Regierung! Es ist Zeit! Alle konstruktiven Kräfte sind aufgerufen, der österreichischen Bevölkerung so rasch wie möglich eine handlungsfähige Regierungsmann­schaft zu präsentieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Kogler. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 7 Minuten ein. – Bitte.

9.25


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Höhenflug des Kollegen Schweitzer – woher immer er seine Motive dafür beziehen mag – möchte ich eher vom Boden der Realität aus kurz die vor­liegende Gesetzesvorlage betrachten. Zum Thema Besoldungsreform wurde hier bereits vieles Richtige gesagt – das findet auch unsere Zustimmung, das sei gleich einmal vorweg gesagt. Aber es hat ohnehin lange genug gedauert, bis man sich auf ein paar – tatsächlich begrüßens­werte – Punkte einigen konnte.

Kollege Schweitzer hat auch die Verwaltungsreform angesprochen; darauf möchte ich kurz ein­gehen. Meines Erachtens wird es auch bei den jetzt anstehenden Regierungsverhandlungen darauf ankommen, wer über Überschriften hinauskommt. Wenn Sie, Kollege Schweitzer, hier schon so glühende Appelle halten, so sollten Sie das aber vielleicht in Richtung jener Partei tun, die jetzt die relative Mehrheit hier im Hause besitzt – und nicht unbedingt an die SPÖ-Fraktion. Warum? Mich würde sehr interessieren – vielleicht kann ein Nachredner/eine Nachrednerin der ÖVP Auskunft darüber geben –, wie man sich das mit der Verwaltungsreform vorstellt. Das war


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ja immer wieder ein Schlagwort, aber budgetär ist da von den Auswirkungen her relativ wenig nachvollziehbar.

In diesem Zusammenhang greife ich einen Punkt heraus, der sich auch in diesem Gesetz wie­derfindet: die Landeslehrer. Die Grünen sind schon seit längerem dazu bereit, diese Sache so anzugehen, endlich von dem Prinzip abzukommen, dass die Bundesländer bestellen und der Bund mit seiner Kreditkarte sozusagen dafür zahlen soll. Ist das ein sinnvolles Prinzip? (Abg. Mag. Schweitzer: Wer zahlt, schafft an!) – Jetzt richte ich mich nicht mehr an Sie, Kollege Schweitzer, sondern an die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP.

Ich meine, es ist doch ein grundvernünftiges Prinzip einer jeden Verwaltungsreform, auch da Ausgaben- und Aufgabenverantwortung in Übereinstimmung zu bringen. Reden wir darüber einmal mit Ihren Landeshauptleuten! Mir ist es ein bisschen zuwider, möchte ich fast sagen, dass immer wieder von Landeshauptleutekonferenzen, aber auch bei den Verhandlungen um den Finanzausgleich im Besonderen die Phalanx der ÖVP-Landeshauptleute derart dominiert, dass der Bund mit vielen seiner Reformvorhaben überhaupt nicht weiterkommt.

Vielleicht können auch Sie, Frau Vizekanzlerin, zu diesem Problembereich noch einmal Stellung nehmen, denn das wäre ein lohnendes Thema, das man heute aus Anlass dieser Gesetzes­vorlage noch einmal debattieren könnte. Wir von den Grünen sind zu solchen Schritten jeden­falls bereit. (Beifall bei den Grünen.)

Auf den bereits erwähnten Artikel 5 möchte ich auch noch zu sprechen kommen. In der Tat ist es so, dass dieser unsere Zustimmung nicht finden kann. Warum? – Hiebei wird gesetzlich nachvollzogen, was auf Verwaltungsebene sozusagen vorgemacht wurde: eine Reform der Ein­teilung der Aufgaben in den Ministerien, wobei wir jedoch schon sehr das Gefühl haben, dass es da weniger darum geht, effizientere Verwaltungsstrukturen zu schaffen, sondern dass es – noch dazu mit großem Aufwand an externen Beratern! – sehr oft darum geht beziehungsweise ging, dass Sie in Wirklichkeit Menschen mit bestimmter Parteizugehörigkeit sozusagen an die „richtige“ Stelle bekommen und „falsche Menschen“ – unter Anführungszeichen – wegbekom­men, wobei Menschen zum Teil mit dem „golden handshake“ verabschiedet wurden, Menschen, deren Leistungen sich durchaus sehen lassen können. Wo da das Prinzip der Einspa­rung ge­herrscht hat, müssen Sie mir noch erklären, Frau Vizekanzlerin!

Meiner Meinung nach ist es immer noch vernünftiger, jemanden, bevor man ihn mit 80 Prozent seiner Gage jahrelang spazieren gehen lässt, mit 50 Prozent der Arbeitszeit bei meinetwegen 80 Prozent Gehaltsfortzahlung vernünftig einzusetzen. So unorganisiert kann die Republik doch nicht sein, dass sich für diese an sich hoch qualifizierten Leute keine Verwendung mehr findet! – Das haben Sie als „Verwaltungsreform“ zu verkaufen versucht! Sonst ist da nicht viel erkennbar. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wie gesagt: Mich würde interessieren, wer das Match mit den Bundesländern aufnimmt. Das wollen wir in den nächsten Wochen festmachen. In diesem Punkt kann ich mich den Ausführun­gen des Kollegen Schweitzer anschließen, nämlich dass in diesem Bereich jetzt endlich einmal etwas geschehen muss.

Ich darf abschließend noch einen einzigen Punkt, der im Ausschuss zumindest für erheblichen Aufklärungsbedarf gesorgt hat, erwähnen. Viele neue Abgeordnete, die heute ihre erste Arbeits­sitzung hier verbringen, werden sich vielleicht oder sollten sich fragen, warum eigentlich für die Funktion und Verwendungsweise eines einzigen Beamten ein Gesetz geändert werden muss. – Kommt Ihnen das nicht komisch vor?

Ich gestehe zu, dass es manchmal notwendig ist, dass es solche Möglichkeiten gibt, weil es anders nicht geht. Aber in diesem Fall drängt sich schon der Verdacht auf, dass das auch in die Aktion, die wir in den letzten Jahren gerade im Ministerium von Minister Strasser kennen gelernt haben, fällt, dass es sich also um einschlägige Vorgangsweisen handelt – Vorgangsweisen, die gerade die F-Ministerien auch nach der Ausrufung der Neuwahl aufrechterhalten haben: Umfär­ben dort, wo es geht. In der neuen Legislaturperiode werden wir, auch im Rechnungshofaus-


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schuss, darüber reden müssen, ob das immer zum Besten der Republik war. (Abg. Mag. Schweitzer: Die alte Rede!)

Diese Gesetzesänderung – bezogen auf einen einzigen Beamten – wirft zumindest Fragen auf, die im Ausschuss nicht beantwortet werden konnten. Ich hoffe, dass Ihnen das heute besser gelingt als Kollegen Finz im Ausschuss. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Eine alte Rede und unausgeschlafen!)

9.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gelangt die Frau Vizekanzlerin. – Bitte.

9.31


Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die Umsetzung des Gehaltsabschlusses für das Jahr 2003 auf der Tagesordnung. Es ist von meinen Vorrednern schon gesagt worden, dass die Vereinbarung, die wir am 29. Okto­ber 2002 mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst getroffen haben, lautet: 2,1 Prozent Gehalts­erhöhung, mindestens aber 30 €. Die Zielsetzung – das war die Zielsetzung bei allen Gehalts­abschlüssen, die ich in meiner Ressortverantwortung zu verhandeln hatte – dabei war, insbe­sondere den Beziehern kleiner Einkommen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Das heißt, das ist ein Abschluss, der sozial gerecht und ausgewogen ist.

Das war eine Vorgabe, die wir auch schon im Jahre 2000, als wir für die Jahre 2001 und 2002 einen Abschluss verhandelten, vor Augen hatten. Wir haben gemeinsam mit Herrn Staatssekre­tär Finz damals 500 S Fixbetrag und für das Jahr 2002 eine Anhebung von 0,8 Prozent ver­handelt, was bedeutet, dass das untere Drittel der Einkommensbezieher im öffentlichen Dienst begünstigt wurde. Das ist auch deswegen gerechtfertigt, weil wir da eine Schere haben: Die Bezieher kleiner Einkommen im öffentlichen Dienst sind im Vergleich zu Einkommensbeziehern in anderen Wirtschaftsbereichen benachteiligt, was umgekehrt bei den höheren Einkommens­kategorien nicht der Fall ist. Deswegen haben wir dort auch Kürzungen in Kauf genommen. Das ist soziale Gerechtigkeit, wie ich sie verstanden habe. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte mich insbesondere bei den Mitarbeitern meines Ressorts bedanken. Die Verhand­lungen waren, wie auch in der Öffentlichkeit mitzuverfolgen war, schwierig, sie waren nicht ein­fach und haben viele Nächte in Anspruch genommen. Wir haben trotzdem ein gutes Ergebnis erzielt, und das ist in erster Linie auch der hervorragenden Vorbereitung und der Fachkompe­tenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Ressorts zu verdanken.

Ich bedanke mich auch bei der Gewerkschaft öffentlicher Dienst. Wir haben immer sehr konflikt­reich verhandelt, wir haben manchen Umweg gewählt, der meines Erachtens nicht notwendig gewesen wäre, aber da wir letztendlich zu einem Ergebnis gekommen sind, hat es sich gelohnt. Ich meine, dass wir mit allen drei Gehaltsabschlüssen, die wir in den vergangenen Jahren getätigt haben, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ein entspre­chend gutes Ergebnis erzielt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir müssen aber auch ehrlich sein und sehen, dass für die Zukunft noch einige Aufgaben vor uns liegen. Das Gehaltsschema des öffentlichen Dienstes ist, so wie es sich heute darstellt, in weitesten Bereichen absolut unübersichtlich und kompliziert. Mit den unendlich vielen Zulagen und Nebengebühren ist ein sehr kompliziertes System geschaffen worden, das zu vielen Ungerechtigkeiten innerhalb des Systems führt und das letztendlich auch leistungsfeindlich ist, weil es nicht motivierend für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist.

Die Umsetzung eines leistungsorientierten, modernen und motivierenden Gehaltsschemas ist daher, so glaube ich, eine entscheidende Aufgabe für die Zukunft. Wir haben die Grundlagen­arbeit dafür geleistet. Das heißt, man muss jetzt nur mehr den politischen Willen haben, dieses auch umzusetzen, um damit auch die Mehrklassengesellschaft, die wir innerhalb des öffent­lichen Dienstes haben, zu bereinigen. Wir haben Beamte nach dem alten Schema, wir haben Beamte nach dem neuen Schema, wir haben „Vertragsbedienstete alt“ und „Vertragsbediens-


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tete neu“ – das ist ein Zustand, der in dieser Form nicht aufrechtzuerhalten ist –, und – und das ist die größte Ungerechtigkeit – wir haben natürlich im Vergleich zur Privatwirtschaft sehr unter­schied­liche Regelungen. Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen, indem wir für alle gleiche Arbeitsbedingungen, Karrierechancen und auch Pensionsbedingungen erreichen, ist die große Herausforderung, die über alle Parteigrenzen hinweg für die Zukunft gesehen werden sollte.

Ein modernes Angestelltenrecht für den öffentlichen Dienst war unsere Zielsetzung. Wir haben, wie gesagt, die Vorarbeiten dafür geleistet. Darüber muss man jetzt nicht mehr lange diskutie­ren und überlegen, sondern das kann man relativ rasch umsetzen. Das hätte meines Erachtens den ganz großen Vorteil, dass wir eine Durchlässigkeit zwischen Privatwirtschaft und öffent­lichem Dienst schaffen. Wir haben derzeit die groteske Situation, dass nicht einmal ein Wechsel zwischen Landesdienst und Bundesdienst möglich ist, weil die Regelungen derart unterschied­lich sind, geschweige denn ein Wechsel in die Privatwirtschaft oder umgekehrt. Ich glaube, dass beide Seiten davon enorm profitieren könnten. Die Privatwirtschaft würde von den Kenntnissen, die jemand im öffentlichen Dienst erworben hat, und von den Fähigkeiten, die er dann auch mit­bringt, profitieren und umgekehrt aber auch der öffentliche Dienst von Leuten, die in der Privat­wirtschaft tätig waren und die Probleme aus der Praxis kennen. Wenn jemand Anlagenerstel­lungen in der Privatwirtschaft gemacht hat, dann wird er im öffentlichen Dienst ein ganz anderes Verständnis für das Anlagenrecht mitbringen, als wenn er das immer nur vom Schreibtisch aus gemacht hat. Ich halte diese Durchlässigkeit, diese Flexibilität für ein Gebot der Zukunft.

Die Voraussetzung dafür ist natürlich die Schaffung eines einheitlichen Pensionsrechts, das heißt die Harmonisierung der Pensionssysteme in Österreich. Das gilt aber – das betone ich be­sonders – nicht nur für den öffentlichen Dienst, sondern das gilt für alle Sonderpensionsrechte, die wir in Österreich haben. Herr Kollege Pendl! Da appelliere ich auch an Sie, weil Sie hier am Rednerpult immer für soziale Gerechtigkeit eintreten. Ich würde mir wünschen, dass Sie das auch einmal Ihren Eisenbahnergewerkschaftern sagen, wenn es um das Eisenbahnerpensions­recht geht. Das ist nämlich auch ein Thema, das wir in diesem Zusammenhang mit berücksichti­gen müssen. Das heißt, es geht um die Abschaffung aller Sonderpensionsrechte und um die Schaffung eines einheitlichen und gerechten Pensionssystems für alle Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Im Prinzip liegen alle Vorschläge auf dem Tisch, auch hinsichtlich der Bundesstaatsreform. Sie erlauben mir daher die persönliche Anmerkung, dass ich Konvente – so schön es auch ist, solche Diskussionen zu führen –, die dann mehrere Jahre diskutieren und tagen, nicht für unbedingt notwendig halte, weil wir die Diskussion seit dreißig Jahren kennen. Wir wissen, was zu tun ist. Es ist eine Frage des politischen Wollens. Da richtet sich mein Appell insbesondere auch an die Länder. Wir haben das in der so genannten Achterrunde gesehen. Wir haben ein Jahr lang mit den Ländern über Maßnahmen der Aufgaben- und Verwaltungsreform verhandelt. Es muss daher zwingend auch die Bereitschaft der Länder, der Landeshauptleute und der Landtage geben, in diesem Bereich über neue Kompetenzverteilungen nicht nur nachzudenken, sondern sie auch umzusetzen, und das heißt: Verzicht auf Kompetenzen auf Seiten der Länder, um die Zielsetzung eines schlanken Staates entsprechend umsetzen zu können.

Wir haben nach wie vor neun Bauordnungen in Österreich. Wir haben neun Jugendschutz­gesetze. Das sind Dinge, die man eigentlich niemandem vernünftig erklären kann, die bisher an der Starrheit der Systeme gescheitert sind. Daher würde ich mir sehr wünschen, dass all diese wunderbaren Ankündigungen, die ich jetzt im Zusammenhang mit Regierungsverhandlungen höre, wo jeder eine enorme Reformbereitschaft an den Tag legt, letztendlich auch zu Taten führen.

Die Aufgabenreformkommission mit Professor Raschauer und Rechnungshofpräsidenten Fiedler hat eine Reihe von Vorschlägen präsentiert. 70 Prozent davon haben wir umgesetzt. Das, was wir nicht umsetzen konnten, waren Materien, die eine Zweidrittelmehrheit im Parla­ment erfordern. Daher richtet sich mein Appell auch an die sozialdemokratische Fraktion: Ich habe gehört, was Sie, Herr Dr. Gusenbauer, und viele Ihrer Kollegen in den letzten Wochen im Zusammenhang mit der Verwaltungs- und Staatsreform dargelegt haben. Dazu sage ich, die


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Botschaft hör’ ich wohl, der Glaube fehlt mir noch ein bisschen. All das waren Vorschläge, die wir schon seinerzeit auf dem Tisch gehabt haben und für die wir damals Ihre Zustimmung und die Zustimmung Ihrer Fraktion nicht erhalten haben. Wenn Sie inzwischen umgedacht haben, soll es mich freuen.

Der öffentliche Dienst muss sich so wie jeder andere Bereich auf die Erfordernisse und Heraus­forderungen einer modernen Arbeitswelt einstellen. Das heißt auch, dass wir im Bereich des öffentlichen Dienstes Reorganisations- und Umstrukturierungsmaßnahmen umsetzen müssen.

Wir haben im Bereich der Zentralstellen des Bundes – das sage ich insbesondere zu Ihnen, Herr Kollege Pendl, weil Sie das vorhin kritisiert haben – massive Einsparungen erreicht: Wir haben 13 Sektionen, 54 Gruppen, 121 Abteilungen und 225 Referate eingespart. Das ist – wenn man sich die Dinge im Detail anschaut, stellt man das fest – eine wesentliche Einsparung und sind keine Mehrkosten; bei Ihnen hat es nämlich so geklungen, als würde das mehr kosten. Ganz im Gegenteil: Wir haben hier entsprechende Einsparungen erreicht.

Dass diese Maßnahmen möglich waren, hat auch damit zu tun, dass wir unter Ausnützung der neuen Technologien im Bereich von E-Government Vorbildwirkung in Europa haben. Sie können seit Jänner – das wird Sie freuen, Herr Kollege Niederwieser – Ihre Lohnsteuererklä­rung über das Internet abgeben. Das spart Ihnen Zeit, und das spart der öffentlichen Verwal­tung Zeit und Geld und entspricht der Zielsetzung einer modernen und schlanken Verwaltung.

Die Einsparungen, die wir damit im öffentlichen Dienst erzielen konnten, sind beträchtlich. Wir hatten – Sie wissen das – uns die Zielsetzung vorgenommen, 15 000 öffentlich Bedienstete in der vergangenen Legislaturperiode abzubauen. Wir haben, obwohl die Legislaturperiode nicht das ursprünglich vorgesehene Ende gefunden hat, das Ziel – wenn wir vom Datum Ende des vergangenen Jahres ausgehen – übererfüllt. Wir haben im Bereich des öffentlichen Dienstes selbst, also in der Bundesverwaltung, 10 279 Bedienstete beziehungsweise Planstellen einge­spart und durch Ausgliederungen weitere 2 368, also wurden insgesamt 12 647 Planstellen eingespart. Darin enthalten – Herr Kollege Kogler, das möchte ich an Ihre Adresse sagen – sind 801 Planstellen, die auf Grund von Sozialplänen eingespart wurden.

Sie, Herr Kollege Kogler, haben mich ja gefragt, wie man diese Einsparungen erklärt: Das kann man mit dem kleinen Einmaleins erklären, Herr Kollege, und das mache ich auch sehr gerne. Ich habe es schon mehrmals gemacht, aber anscheinend muss man es öfters wiederholen.

Das ist ganz einfach: Wenn ich eine Organisationseinheit auflöse – wir haben zum Beispiel die Bundesstraßenverwaltung an die Länder übertragen –, dann habe ich zwei Möglichkeiten: Der erste und wichtigste Schritt ist, dass ich schaue, ob ich für diese Leute im Bundesdienst andere Verwendungsmöglichkeiten habe. Wenn das nicht der Fall ist, dann habe ich wieder zwei Möglichkeiten: entweder sie sitzen zu lassen und zu 100 Prozent weiterzubezahlen, obwohl ich für diese Leute eigentlich keine Aufgabe mehr habe, oder sie mit 75 Prozent in den Vor­ruhestand zu schicken und dadurch dem Steuerzahler Geld zu sparen. Ich an Ihrer Stelle würde mir sehr schwer tun, einem Steuerzahler zu erklären, warum man jemanden zu 100 Prozent weiterbezahlt, für den man eigentlich keine Arbeit mehr hat. Das ist ein ganz einfaches Faktum; das kann eigentlich jeder nachrechnen, der möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben mit diesen Maßnahmen den Anteil der Personalkosten am allgemeinen Haushalt – das ist vielleicht die interessanteste Zahl in diesem Zusammenhang – von 20,5 Prozent im Jahr 2000 auf 19,7 Prozent im Jahr 2002 gesenkt, und das zeigt, dass wir eine effektive, dauer­hafte und nachhaltige Einsparung für das Budget in diesem Bereich erzielen konnten.

Der öffentliche Dienst ist, wie gesagt, ein Bereich, der ganz essentiell ist, weil er sozusagen die Visitenkarte auch des Staates gegenüber dem Bürger ist. Ich habe den öffentlichen Dienst immer als Servicestelle für den Bürger gesehen, für den Bürger, den man auch als Kunden betrachten muss, der das Recht hat, die bestmögliche Leistung zu erhalten, und zwar möglichst kostengünstig, möglichst rasch und möglichst effizient. Das ist eine gemeinsame Zielsetzung, die, so glaube ich, über alle Parteigrenzen hinweg Gültigkeit haben sollte. Ich würde mir sehr


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wünschen, dass die kommende Regierung diesen Weg fortsetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Die Redezeit wird wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

9.44


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst, nachdem es sich gerade in der Rednerfolge ergeben hat, dass ich nach der Frau Vizekanzlerin hier zum Rednerpult gehen konnte, Ihnen, Frau Vizekanzlerin, meine persönliche, aber auch die Wertschätzung des ÖVP-Parlamentsklubs zum Ausdruck bringen. Es könnte durchaus sein – niemand von uns weiß, wie lange die Regierungssondierungen oder Regierungsverhandlungen noch dauern –, dass der heutige Auftritt hier im Hohen Haus Ihr letzter Auftritt hier im Hohen Haus war.

Ich möchte daher die Gelegenheit ergreifen, Ihnen Folgendes zu sagen: Frau Vizekanzlerin! Wir haben Ihre persönliche Leistung, Ihren persönlichen Einsatz, Ihre Zielstrebigkeit, Ihre durchaus auch charmante Nichtvermeidung von Konflikten (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP), aber immer verbunden mit dem Ziel, am Schluss solle ein Konsens und eine gute Lösung heraus­kommen, immer unglaublich geschätzt. Sie wissen es genauso: Es gibt wahrscheinlich viele Menschen in diesem Land, die es bedauern, dass Sie aus dieser Regierungsfunktion ausschei­den. Wir respektieren diese Entscheidung. Ich hoffe auch sehr, dass das, was Sie in Ihren Schlussworten gesagt haben, nämlich dass es der nächsten Regierung gelingen möge, eine große Bundesstaatsreform durchzuführen, tatsächlich eintritt. Solange das nicht gelingt, so lange ist das, was Sie zustande gebracht haben, nämlich die Verwaltungsreform unter Ihrer Federführung, das größte Reformprojekt im Verwaltungsbereich in der Geschichte der Zweiten Republik. Und dafür gebührt Ihnen unsere Wertschätzung, Frau Vizekanzlerin! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage noch dazu: Jeder, der künftig für diesen Bereich politische Verantwortung zu über­nehmen und zu tragen hat, wird letztlich an Ihrer Performance gemessen werden, Frau Vize­kanzlerin! Und die Latte liegt hoch.

Meine Damen und Herren! Ich möchte das heutige Thema Gehaltsabschluss – ich bin meinen beiden Vorrednern Werner Kogler und Karl Schweitzer sehr dankbar – ein bisschen dazu nützen, in einer Zeit von Sondierungsgesprächen, in einer Zeit, in der wir fast jeden zweiten Tag in den Medien vom öffentlichen Dienst, von der Bundesstaatsreform, von den Be­amten lesen, ein paar grundsätzliche Ausführungen zu diesem Thema zu machen. Dafür gibt es einen Grund, meine Damen und Herren: Als jemanden, der aus der Wirtschaft kommt, in der der Grundsatz gilt: Das wichtigste Kapital sind unsere Mitarbeiter!, schmerzt es mich schon, wenn ich bei Durchsicht der medialen Berichterstattung den Eindruck gewinne, die Beamten seien der klassische Prügelknabe, sie seien jene, denen man Amtskappel- und Ärmelschoner­mentalität vorwirft.

Meine Damen und Herren! Das ist nicht die richtige Einstellung jenem Kapital gegenüber, das auch im öffentlichen Dienst das wichtigste Kapital ist, nämlich die Qualität der Mitarbeiter in diesem Bereich. Ich als jemand, der aus der Wirtschaft kommt, möchte ganz bewusst darauf hinweisen, welche Beziehung zwischen öffentlichem Dienst, öffentlicher Verwaltung und den notwendigen Strategien zur Sicherung und Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich mit Blickrichtung Österreich 2010 besteht.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eines sagen: Die Erfahrung meines langen Berufs­lebens ist, dass die Qualität eines Wirtschaftsstandortes in hohem Maße auch von der Qualität der öffentlichen Verwaltung bestimmt wird. Wirtschaftsstandort bedeutet Arbeitsplätze, Einkom­menschancen und soziale Sicherheit. Die Qualität der öffentlichen Verwaltung, die Qualität des Bildungssystems und die Qualität der Infrastruktur entscheiden in hohem Maße auch über die Qualität und Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes.


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Wir sollten daher, meine Damen und Herren, mit Pauschalurteilen sehr vorsichtig sein und fol­gende Erfahrung aus der Wirtschaft mitnehmen: In der Wirtschaft gilt die Erfahrung: Du kannst erfolgreiche Reformen nur mit den Betroffenen und nicht gegen die Betroffenen durch­führen. Veränderungswille kann nicht verordnet werden, Veränderungswille muss gemeinsam erlebt und gemeinsam gestaltet werden, meine Damen und Herren! Dieser Grundsatz sollte auch für alle Reformen im öffentlichen Dienst gelten.

Meine Erfahrung ist, dass es im öffentlichen Dienst Hunderttausende öffentlich Bedienstete gibt, die durchaus bereit sind, an Reformen mitzu­arbeiten, die sich selbst oft täglich darüber ärgern, welch unsinnige Tätigkeiten sie auf Grund unserer Gesetzeslage durchführen müssen. Wenn Sie die Zeitungen lesen, dann werden Sie wahrscheinlich jeden Tag Beispiele finden, die geeig­net sind, an uns die Herausforderung zu richten: Wir müssen diese Gesetzeslage in der kom­menden Legislaturperiode ändern.

Überall dort, wo es um die Optimierung von Verwaltungsabläufen geht, wo es um die Vermei­dung von Doppel- und Dreifachgleisigkeiten geht, wo es darum geht, unnötige Bürokratien ab­zubauen, steht nicht der Abbau von Dienststellen im Vordergrund, sondern steht im Vorder­grund, unseren Bürgern das Leben zu erleichtern – mit weniger Papierkrieg, mit weniger Behör­denwegen.

Meine Damen und Herren! Ich bin heute noch – ich sage das ganz offen; Fritz Neugebauer weiß es – ein bisschen stolz darauf, dass ich vor Jahren daran mitwirken durfte, eine Standort­partnerschaft zwischen Wirtschaftskammer und Gewerkschaft öffentlicher Dienst ins Leben zu rufen. Diese Achse öffentlicher Dienst und Wirtschaftskammer ist für das Land, so glaube ich, sehr wichtig.

Lassen Sie mich auch noch Folgendes sagen: Wenn wir von der Österreichischen Volkspartei im Zuge des Alpbach-Prozesses gesagt haben, wir wollen eine längerfristige Perspektive, Österreich 2010, und unsere drei großen strategischen Ziele der Wirtschaftspolitik angeführt haben, die da sind: erstens die Stabilität im Staatshaushalt, zweitens eine Entlastung der Bürger und der Betriebe und drittens Investitionen in die Zukunft, so muss man auch sagen, dass der öffentliche Dienst in allen drei Bereichen eine wichtige Funktion wahrzunehmen hat, meine Damen und Herren!

Das sollte heute eigentlich meine Botschaft sein. Meine Botschaft sollte sein, dass wir alles, was wir hier diskutieren, unter dem Gesichtspunkt diskutieren sollten, dass wir ein wertvolles Gut auch im öffentlichen Dienst haben, dass wir mit den Betroffenen diese Reformen diskutie­ren, dass wir aber, wenn wir Spielraum für die Entlastung der Bürger und der Betriebe, Stich­wort: Steuerreform, und für Investitionen in die Zukunft haben wollen, sehr wohl eine Verwal­tung brauchen, die kostengünstiger, die effizienter und die schlanker ist. Alles, was heute in der Wirtschaft unter dem Titel „Management of Change“ rangiert, ist auch für die öffentliche Verwal­tung notwendig.

Die Welt ändert sich rasant. Es gibt ständig neue Veränderungen in der Arbeitswelt, und diese Veränderungen können am öffentlichen Dienst nicht vorbeigehen. Wir sind aufgefordert, die gesetzlichen Weichen so zu stellen, dass diese Partnerschaft zwischen öffentlichem Dienst und Wirtschaft – Wirtschaftsstandort heißt Einkommenschancen und soziale Sicherheit – auch tat­sächlich umgesetzt wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Redezeit: wunschgemäß 7 Minuten. – Bitte.

9.52


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Mehrere Vorredner haben schon auf die soziale Komponente dieses Gehaltsabschlusses hin­gewiesen, nämlich darauf, dass 30 € Fixbetrag vereinbart worden sind. Ich möchte Ihnen sagen, dass wir Freiheitlichen für eine Verstärkung dieser sozialen Komponente gewesen wären, dass wir diesen Gehaltsabschluss überhaupt auf einen Fixbetrag abstellen wollten, weil


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uns das für die vielen Bundesbediensteten, die ein wirklich sehr geringes Einkommen haben, gerechter erschienen wäre.

Man liest in den Zeitungen ja immer nur von den hohen Gehältern der Sektionschefs und even­tuell der Ministerialräte, aber dass es Tausende Beamte gibt, die ein Gehalt von 12 000 bis 15 000, 16 000 S haben, davon redet niemand. In diesem Bereich wäre es ganz besonders not­wendig gewesen, die Bezüge durch einen Sockelbetrag überproportional zu erhöhen. Leider war die Gewerkschaft dagegen. Offensichtlich vertritt die Gewerkschaft doch die Interessen der Beamten mit höherem Verdienst, und das gibt uns schon sehr zu denken. In Wirklichkeit müssten wir alle dafür Sorge tragen, dass die Bezieher niedriger Einkommen angleichende Bezugserhöhungen erhalten und die Bezieher hoher Einkommen nicht noch mehr bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bedauere in diesem Zusammenhang auch, dass es nicht gelungen ist, ein eigenes Gesetz für die Exekutivbeamten umzusetzen. Die Frau Vizekanzlerin hat sich enorm bemüht, die Exe­kutivbeamten aus dem allgemeinen Beamtenschema herauszunehmen, denn man kann die Dienst- und Arbeitsverrichtung eines Finanzbeamten oder eines allgemeinen Verwaltungsbe­amten ganz einfach nicht vergleichen mit jener eines Exekutivbeamten, der in seinem Beruf ungeheure Gefahren zu gewärtigen hat. Aber die Gewerkschaft war auch in diesem Fall dagegen. Ich denke, da ist ein Umdenken dringend erforderlich.

Wir müssen unsere Beamten motivieren. Meiner Meinung nach bringt nicht nur ein höheres Ge­halt Motivation. Das auch, aber es ist auch notwendig, die Beamten durch entsprechende Reformen in ihrem Bereich zu motivieren. Jedermann, auch mein Vorredner, der Koalitionsver­handler und Sondierungsgesprächsteilnehmer, wirklich jeder redet von den notwendigen Re­formschritten in Österreich. Seit Jahrzehnten wird über eine Staatsreform in Österreich disku­tiert. Das heißt, das Vorhaben ist nicht neu, nur hapert es immer wieder an der Durchführung, nämlich zum einen daran, dass die ÖVP ihre Länderfürsten nicht dazu bewegen kann, etwas von ihrer Macht abzutreten, und zum anderen daran, dass die SPÖ den Gewerkschaftsbund, die Arbeiterkammer nicht dazu bewegen kann, endlich Reformvorhaben zu akzeptieren.

Wir erleben ja zum Beispiel bei der Pensionsreform, wie versteinert die Mitglieder des Gewerk­schaftsbundes agieren. Offensichtlich hat der Gewerkschaftsbund, die Funktionäre oder die Spitzenfunktionäre, überhaupt keine Perspektive, wie man die Herausforderungen der moder­nen Zeit zu bewältigen hat. Da haben Sie eine sehr wertvolle und wichtige Aufgabe in Ihren Reihen zu erfüllen, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Der Zweite Nationalratspräsident Fischer zum Beispiel sagt, große Schritte seien bei der Staats­reform notwendig, das sanfte Drehen an einigen Schrauben unserer Verfassung reiche nicht mehr aus. Ich gebe ihm Recht, sage aber, dass es auch an Ihnen von der Sozialdemokrati­schen Partei liegt, Druck dahin gehend zu machen, dass dieses Schrauben an den nötigen Instrumen­ten auch wirklich effektvoll geschieht, weil sonst wieder nichts weitergeht, wie das eben in der Vergangenheit der Fall war, ausgenommen die Zeit der freiheitlichen Regierungsbe­teiligung.

Herr Abgeordneter Stummvoll hat die großen Verdienste der Frau Vizekanzlerin bereits hervor­gehoben, und wie die Freiheitliche Partei über Reformschritte denkt, das hat die Frau Vize­kanzlerin während ihrer gesamten Funktionszeit auch wirklich verkörpert. Wir haben wichtige Reformschritte in Angriff genommen.

Erwähnt worden ist der harte Kampf mit den Beamten. Wir erinnern uns alle: In den Medien ist von tage- und nächtelangen Gesprächen berichtet worden. Es war sicher ein sehr harter Kampf, der da geführt werden musste, und die Frau Vizekanzlerin hat diesen Kampf aufgenommen – zum Wohl eines modernen Staates, zum Wohl auch der Österreicher.

Wir haben in unserer Regierungsverantwortung dazu beigetragen, dass es eine Verwaltungsre­form gibt, dass es eine Verbesserung der Balance zwischen Bürger und Staat gibt – zugunsten der Bürger. Wir haben auch einen weiteren Schritt gesetzt in der Entpragmatisierung. In allen


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freiheitlich besetzten Ministerien hat es einen Pragmatisierungsstopp gegeben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das alles war sehr schwierig durchzusetzen.

Es hat Kommissionen gegeben, eigene Staatssekretäre für eine Reform des Staates, in Wirk­lichkeit hat sich aber nichts Wesentliches geändert, weil sich diese Machtblöcke innerhalb der ÖVP, innerhalb der SPÖ immer sehr stark durchgesetzt haben.

In der Vergangenheit hat sich ein erfreulicher Umdenkprozess ergeben, nämlich: Frau Minister Gehrer hat ursprünglich gesagt, es gäbe keine Änderung bei den Landesschulräten. Schon im Jahr 1993 hat unser damaliger Landesparteiobmann und jetziger Landeshauptmann Haider ge­sagt, die Bezirks- und Landesschulräte sollten die Länder übernehmen. Darauf folgte wütender Protest. Frau Dr. Riess-Passer hat im Jahr 2000 gesagt, die Landesschulräte sollten ersatzlos gestrichen werden. Dazu ist dann auch noch die Kritik des Rechnungshofes gekommen. Im Juni 2000 hat sich Frau Minister Gehrer noch gegen die Abschaffung der Landesschulräte aus­gesprochen. – Jetzt, am 17. Jänner 2003, hat die Frau Minister die Abschaffung der Landes­schulräte gefordert und eben gemeint, dass man diese Institution besser, effektvoller regeln kann.

Das ist etwas, das schon Beachtung verdient, und dieses Umdenken ist auch notwendig, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es gibt ein dringendes Bedürfnis, diese Staatsreform durchzuführen, aber dazu gehört Mut, da­zu gehört auch die Bereitschaft, Machtverzicht zu leisten. Ich appelliere insbesondere an die Länder sowie an die Arbeiterkammer und den Gewerkschaftsbund: Das ist unbedingt notwen­dig, damit Österreich ein moderner Staat ist, wie ihn andere europäische Länder schon lange verwirklicht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Ich schalte ihr die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte.

10.00


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar dan, poštovane dame i gospodo! Dobro jutro, gospod predsednik! (Abg. Mag. Schweitzer: Übersetzen, bitte!) Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kogler, der Vorred­ner aus meiner Partei, der die Position der grünen Fraktion zu dieser Besoldungs-Novelle klar­gelegt hat, hat deutlich gemacht, dass die Grünen ihre Zustimmung zur Gehaltserhöhung für die öffentlich Bediensteten in Österreich geben werden, und hat auch Kritik dahin gehend geäußert, dass es an grundsätzlichen Überlegungen mangelt.

Ich möchte dem hinzufügen, dass das, was wir in den letzten zweieinhalb Jahren, seit dem An­tritt der blau-schwarzen Regierung, im Zusammenhang damit, wie mit den menschlichen Res­sourcen, mit den Arbeitskapazitäten von Beamtinnen und Beamten in Österreich umgegangen wird, erlebt haben, wohl eine einzigartige Situation ist.

Unter dem Titel „Verwaltungsreform“, „Verwaltungsmanagement“ wurde innerhalb der österrei­chischen Beamtenschaft zum Teil ein Klima erzeugt (Abg. Mag. Molterer: Ausgezeichnet!), das man, so meine ich, am besten mit dem Wort „Gesamtmobbing gegenüber Beamtinnen und Beamten“ umschreiben könnte.

Der Herr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, der ja besonders viel Erfahrung darin hat, wie es ist, wenn man ein Ressort leitet, weiß bestimmt, wie wichtig es ist, dass man im Haus Beamte hat, die Erfahrung haben, die lange Zeit dieselben Positionen innehaben, die sich kraft dieser Erfahrung auch ein Wissen angeeignet haben, das für die Politik – jetzt im engeren Sinn –, aber vor allem für die österreichische Bevölkerung, für die die Verwaltung ja da ist, von unschätzbarem Wert ist. Was ich aber aus den einzelnen Ressorts und ganz speziell aus jenen, zu denen ich ein besonderes Naheverhältnis habe – jetzt durch meine Arbeit hier, aber auch durch meine Arbeit früher als öffentlich Bedienstete –, Stichwort: Bundesministerium für Bil­dung, Wissenschaft und kulturelle Angelegenheiten, Stichwort: Innenministerium, höre, das,


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muss ich sagen, spottet jeder Beschreibung im Umgang zwischen Dienstgeber, sprich Chef oder Arbeitgeber, und seinen Mitarbeitern. Da wurde gefuhrwerkt im Umgang mit Einzelnen und deren persönlichem Umfeld und deren persönlichem Schicksal, und dazu kann ich nur sagen: gänzlich verantwortungslos – im Einzelnen, im Persönlichen!

Generell betrachtet: Wenn man Menschen mit 55 oder knapp 60 – das gesetzliche Pensions­alter für Beamtinnen und Beamte liegt, wie Sie wissen, bei 65 – aus ihren Positionen drängt, so­mit ihr Wissen, ihre Kapazitäten verschwendet, was bedeutet das für jene, für die sie ihre Arbeit machen, nämlich für die österreichische Bevölkerung? Aus politisch eindeutig durchsichtigen Motiven – man macht sich nicht einmal die Mühe, etwas zu kaschieren oder etwas zu ver­decken – werden Leute auf die Straße gesetzt. (Beifall bei den Grünen.) Auf der anderen Seite senden genau jene, die die 55-jährigen Beamtinnen und Beamten wider deren Willen nach Hause schicken, Signale in die Öffentlichkeit aus: Abschaffung der Frühpensionen!

Es ist ungeheuerlich, was in Österreich geschieht im Zusammenhang mit Frühpensionierungen, mit Menschen, die 40 Jahre lang gearbeitet haben, seit ihrem 14. Lebensjahr, und dann auf Grund auch ihrer körperlichen Konstitution ihren im wahrsten Sinne des Wortes wohlverdienten Ruhestand antreten möchten, weil sie sich 40 Jahre lang zwar nicht im Geist, aber von den Jahren her darauf vorbereitet haben.

Das ist ein Widerspruch, und ich hätte gerne, dass nicht die Frau Vizekanzlerin allein, sondern dass die jeweiligen Ressortchefs, die alle einen Namen und ein Gesicht haben, Gehrer, Strasser, Molterer, Schüssel, einmal dazu Stellung nehmen, was sich diesbezüglich im öffent­lichen Dienst in den letzten Monaten abgespielt hat. Das interessiert mich als Bürgerin, als Ab­geordnete und auch als Beamtin. – Erster Teil.

Zweiter Teil, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es gab im Zusammenhang mit dem öffentlichen Dienst in den letzten Monaten etwas, was geradezu eine Groteske ist. Man ging nämlich daran, einen Gerichtshof, nämlich den Jugendgerichtshof Wien, der weltweit, bis nach Japan und in die Vereinigten Staaten, ein Vorzeigemodell für den Umgang mit Jugendkriminali­tät geworden ist, aus völliger Willkür, ohne eine tatsächliche sachliche Begründung, auszu­radieren, abzuschaffen. Es gibt ihn nicht mehr, sagt Minister Böhmdorfer! – Das umzusetzen, ist ihm auf Grund gesetzlicher Bestimmungen nicht gelungen. Es gibt den Jugendgerichtshof Wien immer noch!

Es gibt ihn. Er ist zwar räumlich umgesiedelt worden – ich habe diese Umsiedelungsaktion aus sachlichen Gründen, weil es eben um das Netzwerk der pflegschafts- und bezirksgerichtlichen strafrechtlichen Zuständigkeit geht, immer heftig kritisiert; es zeigen sich jetzt auch schon die Probleme, die dadurch entstanden sind –, aber noch ist der Jugendgerichtshof existent, aber er ist seit 1. Jänner dieses Jahres führungslos, denn der Präsident ist mit 65 Jahren in den wohl­verdienten Ruhestand übergetreten. Herr Minister Böhmdorfer denkt jedoch nicht daran – das hat er der Öffentlichkeit mitgeteilt –, diese vakante Stelle des Präsidenten/der Präsidentin des Jugendgerichtshofes auszuschreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere Sie an Folgendes: Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes ist ebenfalls mit Jahresende in den Ruhestand getreten. Sein Nachfolger wurde von genau dieser Regierung bereits im Oktober bestellt, um Kontinuität zu wahren, um keine Lücken in der Führung des Gerichtshofes entstehen zu lassen. Der Jugend­gerichtshof hingegen ist seit 1. Jänner führungslos. Es fehlt – und das ist mein Hauptargument dafür, dass das ein Schaden für die Rechtsprechung ist – eine Arbeitskraft, es fehlt ein Richter oder eine Richterin, der oder die ja auch in der Rechtsprechung tätig werden könnte.

Sie müssen nämlich wissen, dass der Jugendgerichtshof keine Einheit ist, wo es um Hunderte von Posten geht, sondern dass er eine kleine, kompakte, schlagkräftige Einheit ist, wo jede Arbeitskraft und jeder Arbeitsplatz notwendig sind. Das ist aber nicht mehr der Fall auf Grund der Tatsache, dass es noch nicht einmal eine Ausschreibung für den Posten des Präsidenten des Jungendgerichtshofes gibt, geschweige denn ein Prozedere, wann dieser Posten nachbe­setzt wird.


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Deshalb möchte ich Ihnen folgenden Antrag nahe bringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausschreibung der vakanten Stelle des Präsidenten/der Präsidentin des Jugendgerichtshofes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Justiz möge umgehend die zur Ernennung des Präsidenten/der Präsi­dentin des Jugendgerichtshofes notwendigen Schritte setzen und dem Nationalrat darüber be­richten.

*****

Die Ernennung des Präsidenten/der Präsidentin bedeutet, dass in der Rechtsprechung, in der Verwaltung die speziellen Aufgaben, die ein Präsident/eine Präsidentin dort hat, auch wahrge­nommen werden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es gibt Stellvertreter, die die Geschäfte führen, Frau Abgeordnete! Das sollten Sie wissen!) Die Frage der Stellvertretung ist davon völlig unberührt. Den Stellvertreter des Präsidenten, den Vizepräsidenten, hat es vorher gegeben und gibt es auch jetzt. Es gibt Urlaube, es gibt Situationen, die immer einer Stellvertretung bedürfen. Jetzt geht es um eine Position, die es nicht mehr gibt, wodurch die Kontinuität fahrlässig aufs Spiel gesetzt wird.

Das ist, um die Absicht von Minister Böhmdorfer auch kundzutun, ein weiterer Schritt in der Zer­schlagung eines Meilensteines in der justizpolitischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte in Österreich, denn das ist der Jugendgerichtshof Wien. Das werden wir nicht dulden, und wir werden auch nicht zulassen, dass es dazu kommt. Deshalb bitte ich Sie, diesem Entschlie­ßungsantrag beizutreten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Antrag von Frau Abgeordneter Mag. Stoisits betreffend Aus­schreibung der vakanten Stelle des Präsidenten/der Präsidentin des Jugendgerichtshofes ist genügend unterstützt und steht daher mit zur Verhandlung.

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

10.10


Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Zunächst möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spindelegger, Mag. Schweitzer und Kollegen zum Initiativantrag 6/A der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert werden (Besoldungs-Novelle 2003), in der Fassung des Ausschussberichtes des Budgetausschusses (3 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der im Titel bezeichnete Initiativantrag (6/A) in der Fassung des Ausschussberichtes (3 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Artikel I wird in Ziffer 49d in Abs. 7 der Ausdruck „§ 67“ durch den Ausdruck „§ 76“ ersetzt.

*****


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Es handelt sich dabei um einen Tippfehler. Ich bitte die Damen und Herren des Hauses, diesem Abänderungsantrag zuzustimmen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte in meiner Rede kurz auf einige Fragen eingehen, die heute erläutert wurden. Frau Kollegin Stoisits hat versucht, in ihren Ausführungen sämtliche Fragen der allgemeinen Verwaltung, deren Behandlung ansteht, zu beleuchten. Das traue ich mir in den wenigen Minuten, die mir jetzt zur Verfügung stehen, nicht zu. Ich glaube außerdem, dass es jetzt, bevor die Regierungsverhandlungen beginnen, auch nicht sinnvoll ist, da schon die endgültigen Linien zu skizzieren. Viele der Probleme, die sie erwähnt hat, sind ernst­hafte Probleme, und darauf werden wir uns natürlich einstellen müssen.

Ich möchte zu dem zurückkehren, was heute Gegenstand der Beschlussfassung ist, nämlich zum Verhandlungsergebnis zwischen dem Bund und dem öffentlichen Dienst. Ich möchte, da das alles nicht in einem Klima verlaufen ist, das von vornherein auf Konsens ausgerichtet war, zunächst einmal den Unterschied zwischen den Verhandlungen, die es da gegeben hat, und dem, was sich in anderen Ländern Europas abspielt, markieren.

Ich finde, dass die Verhandlungen in Österreich zwischen dem Bund, vertreten durch die Frau Vizekanzlerin, und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst durchaus hart waren und über viele Phasen hinweg auch in der Öffentlichkeit durchaus in einer Dimension geführt wurden, bei der klar war, dass jeder ganz bewusst seinen Standpunkt klar vertritt. Aber sie waren im Unter­schied zu Deutschland darauf gerichtet, dass es ein Ergebnis gibt. Ich glaube, diese Ziel­strebigkeit – das müssen wir heute auch anerkennen – und dieses Verantwortungsbewusstsein auf beiden Seiten haben diesen Abschluss mit 2,1 Prozent ermöglicht.

Das ist ein Abschluss, der für die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes durchaus eine Dimen­sion darstellt, die sie spüren, der aber auf der anderen Seite für den Bund mit 205 Millionen € zwar keine Kleinigkeit ist, aber doch verkraftbar erscheint.

Ich möchte daher beiden Partnern – sowohl der Frau Vizekanzlerin als auch dem Chef der Ge­werkschaft öffentlicher Dienst – für ihr Verantwortungsbewusstsein, aber auch für ihre Ziel­strebigkeit und ihre Konsensbereitschaft durchaus danken. Ich darf auch namens meiner Frak­tion sagen, dass das wirklich vorbildhafte, ergebnisorientierte Verhandlungen waren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Einen zweiten Punkt möchte ich anschneiden, der heute auch vielfach kritisiert wurde, nämlich die Änderungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes.

Meine Damen und Herren! Wir haben in unserer staatlichen Verwaltung ein System, das all diese Fragen bis ins Detail regelt. Das ist nichts Neues. Wenn es jetzt um eine bestimmte Posi­tion im Innenministerium geht, bei der alles Mögliche hineingeheimnist wird, dann ersuche ich Sie: Nehmen Sie es so, wie es im Gesetz steht und wie es gemeint ist! Es soll mit dieser Ände­rung eine zeitlich begrenzte Funktion geben, die es auch einem Exekutivbeamten ermöglicht, in eine solche Führungsposition aufzurücken. Das halte ich für gut und für sinnvoll, denn wir wollen in den Ministerien nicht nur Beamte der allgemeinen Verwaltung in Führungspositionen sehen, sondern durchaus auch Exekutivbeamte, die von der Praxis kommend im Ministerium eine solche Führungsposition ausüben. – Das ist damit gemeint, und ich glaube, dem kann man durchaus zustimmen.

Zum Dritten möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, den die Frau Vizekanzlerin ange­sprochen hat, nämlich zum geplanten Österreich-Konvent. Dazu habe ich eine andere Meinung als Sie, Frau Vizekanzlerin. Ich glaube, es erfordert eine breite Mehrheit in diesem Haus, wenn man etwas am Bundesstaat ändern will. Es erfordert darüber hinaus auch einen breiten Kon­sens, und ein breiter Konsens kann nur dann erzielt werden, wenn alle in Dialogbereitschaft an einem Tisch sitzen.

Daher halte ich den Vorschlag, den Herr Präsident Khol gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesrates gemacht hat, nämlich, dass man einen Österreich-Konvent ins Leben rufen soll, bei dem all die – auch juristisch diffizilen – Fragen einmal erörtert werden und von allen Part-


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nern Vorschläge auf den Tisch gelegt werden sollen, für sehr sinnvoll, denn ich glaube, dass dann, wenn wir etwas in dieser Richtung ändern wollen, alle Partner mit am Tisch sitzen müssen. Daher begrüßen wir das auch, und ich finde, dass es ein guter Anfang ist – denken Sie an den Europa-Konvent! –, wenn wir auch in Österreich einen solchen Konvent ins Leben rufen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Scheibner und Mag. Mainoni.)

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass das heute vorliegende Gesetzeswerk, das wir be­schließen sollen, durchaus auf eine breite Zustimmung stoßen wird. Ich finde, dass das auch ein guter Anfang für diese Legislaturperiode ist. Es gab ausreichende gute Verhandlungen da­zu, und es gibt ein Ergebnis, das sich durchaus sehen lassen kann. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Spindelegger, Mag. Schweitzer und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zum Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

10.15


Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Da Frau Abge­ordnete Stoisits beziehungsweise die Grünen einen Entschließungsantrag in Bezug auf den Jugendgerichtshof eingebracht haben, möchte ich dazu kurz Stellung nehmen.

Der Jugendgerichtshof besteht aus elf Richtern auf Landesgerichtsebene und fünf Richtern auf Bezirksgerichtsebene, ist damit praktisch unser kleinstes Gericht und hat eine historische Be­deutung gehabt. Diese hat er in den letzten Jahren mit der zunehmenden Modernisierung der Jugendgerichtsbarkeit weitestgehend verloren.

Die Übersiedlung des Jugendgerichtshofes ist dadurch bedingt gewesen – und nach wie vor da­durch bedingt und begründet –, dass im Bereich des Jugendgerichtshofes durch Überbelag gesetzwidrige, menschenrechtswidrige Zellen entstanden sind. Das hat der Präsident des Jugendgerichtshofes mitzuverantworten, das ist auch in die öffentliche Diskussion eingegangen und ist allgemein bekannt.

Aus diesem Grunde musste davon Gebrauch gemacht werden, dass es frei werdende Räum­lichkeiten im Landesgericht für Strafsachen Wien gab, die nun dazu verwendet werden, dass die Richter dorthin übersiedelt werden. Mit den Richtern, Frau Abgeordnete Stoisits, ist im Ge­gensatz zu Ihrer Darstellung das gesamte so genannte Netzwerk übersiedelt worden. Alle haben dort die gleichen Einrichtungen, die sie bisher zur Verfügung hatten.

Auch die Staatsanwaltschaft und die Jugendgerichtshilfe sind mit übersiedelt. Die Jugendlichen haben die gleichen Arbeitsmöglichkeiten, sie haben sogar bessere Ausbildungsmöglichkeiten. Ihre Verwahrung erfolgt völlig getrennt von der Verwahrung der Erwachsenen. (Die Abgeord­neten Parnigoni und Reheis: Stimmt nicht!) – Das ist richtig!

Dass natürlich unter Umständen ein Jugendlicher, begleitet von einem Justizwachebeamten, an einem Erwachsenen vorbeigeführt wird, ist keine unzulässige Vorgangsweise. Eine solche Be­gegnung ist nicht unzulässig. Das ist an sich physikalisch unvermeidlich. Das ist das gesamte Problem, und das wird von Ihnen falsch dargestellt. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Ich bitte um Verständnis dafür, dass diese richtige Übersiedlungsmaßnahme nicht geändert wird, dass davon nicht abgegangen wird.

Es wäre außerdem sinnlos, jetzt einen Präsidenten zu bestellen, da es der gemeinsame Koali­tionswille ist, diesen Gerichtshof als Organisationseinheit aufzulösen. Ich möchte meinen allfälli­gen Nachfolger als Justizminister in dieser Frage natürlich nicht präjudizieren. Aber es ist ein Akt der Fairness, den Jugendgerichtshof vorläufig von seinem Vizepräsidenten führen zu lassen. Das ist auch richtig, und ich bitte um Verständnis dafür.


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3. Sitzung / Seite 28

Dieser Antrag der Grünen bringt nichts. Er ist meiner Meinung nach polemisch und unrichtig. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hof­mann. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.19


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus, Sie gestatten mir, dass ich ganz kurz auf die Ausführungen meiner Vorrednerin, Frau Kollegin Stoisits, eingehe, die hier davon sprach, „wie mit den menschlichen Ressourcen umgegangen wird“, die gemeint hat, dass es ein „Gesamtmobbing gegenüber Beamtinnen und Beamten“ gebe, und sie hat erklärt, dass „gefuhr­werkt“ werde, und hat Ausdrücke verwendet, die ich in ihrer Fülle gar nicht wiederholen will. Beamte würden angeblich gegen ihren Willen auf die Straße gesetzt.

Frau Abgeordnete, Sie haben versucht, hier ein Schreckensbild darzustellen. Das ist eine Wahr­nehmung, die Sie möglicherweise sehr selektiv gewonnen haben, die sich aber für mich nicht bestätigt.

Tatsache ist, dass der Abbau von Beamten, wie ich meine, sozial sehr verträglich und einver­nehmlich erfolgt ist. – Das sind meine Wahrnehmungen. Ich stelle fest, dass es den Grünen offensichtlich um eine Beibehaltung des gesamten bestehenden Systems geht, ohne den Willen zur Veränderung, also um eine Erstarrung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nun komme ich zur Umsetzung des Ergebnisses der Ver­handlungen zwischen Bund und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst. Ich darf hierzu der Vize­kanzlerin meinen Glückwunsch aussprechen, weil mit dieser Form eine sehr soziale Regelung gelungen ist. Es sind davon immerhin 286 000 öffentlich Bedienstete betroffen.

Der Beschluss, den wir heute fassen, wird rückwirkend Gültigkeit haben, nämlich mit 1. Jänner dieses Jahres.

Es wurde schon erwähnt, dass ein Sockelbetrag beziehungsweise ein Betrag von mindestens 30 € für die Bezieher der unteren Einkommen vorgesehen ist; und zwar für all jene Personen, die unter der Bezugsgrenze von 1 765 € liegen. Dies ist besonders gerecht, wie ich meine, und es wäre für die Freiheitlichen auch durchaus vorstellbar gewesen, diesen Fixbetrag auf eine größere Zahl von Beziehern auszudehnen. Auf jeden Fall erhalten die erwähnten Einkommens­bezieher einen höheren Betrag beziehungsweise einen höheren Anteil als 2,1 Prozent.

Noch offen ist die Inflationsabgeltung für das Jahr 2002, wobei – sofern ich richtig informiert bin – eine Abgeltung für 2002 in der Höhe von 0,8 Prozent bereits erfolgt ist. Die Teuerungsrate liegt nun vor, und es wird diesbezüglich entsprechende weitere Gespräche betreffend Einmal­abgeltung geben.

Was die Teuerungsrate anlangt, so lässt sich sagen, dass wir im europäischen Vergleich unter dem Durchschnitt der Teuerung liegen. Der europäische Durchschnitt liegt bei 2,2 Prozent.

Es ist dies, wie ich meine, eine neue Qualität bei der Umsetzung dieser Besoldungsregelung, so wie es viele neue Qualitäten im Laufe der vergangenen Periode dieser Regierungszeit von Blau und Schwarz gegeben hat. Dabei geht es aber um Reformen, die nicht abgeschlossen sind, sondern einer Fortführung bedürfen.

Es wurde bereits erwähnt, dass im Zuge der Verwaltungsreform eine Einsparung von rund 1 Milliarde Schilling erzielt werden konnte. Es ist aber notwendig, diese Reformen weiter voran­zutreiben. Die Bundesstaatsreform wurde bereits angesprochen. Es wurde auch ein Appell an die Länder gerichtet, Bereitschaft zur Umsetzung zu zeigen, Bereitschaft zu signalisieren und diese Bundesstaatsreform in Angriff zu nehmen.


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Eine Reform bedeutet aber prinzipiell Veränderungen, und das heißt, dass man grundsätzlich Gesprächsbereitschaft zeigen muss, um über eine seriöse Diskussion zu bestmöglichen Lösun­gen für das Land und für seine Bürger zu kommen. Es ist wenig dienlich, mit Schlagworten zu argumentieren und sinnvolle Maßnahmen zu verteufeln, nämlich hier mit einer Verteufelung des politischen Mitbewerbers beziehungsweise der Regierungsparteien anzutreten. Ein Einzemen­tieren macht in diesem Falle wenig Sinn.

Es ist schon von meinen Vorrednern das Thema angesprochen worden, einen Österreich-Kon­vent einzurichten. Das bringt aber wenig, wenn man keine Gesprächsbereitschaft signalisiert, sondern sich mit Fixstandpunkten einzementiert.

Lassen Sie mich ein Beispiel anführen – dies ist an die sozialistische Fraktion dieses Hohen Hauses gerichtet –: Wenn Sie von der SPÖ immer davon sprechen, dass eine unabdingbare Voraussetzung für Ihre Regierungsbeteilung beispielsweise die Abschaffung der Studiengebühr ist, dann sollten Sie den Bürgern aber auch die Wahrheit sagen. Wer nämlich im Wahlkampf Ihre Internetseite beobachtet hat, der konnte feststellen, was Sie im Schilde führen. Sie ver­teufeln unsere Maßnahmen, nämlich die Einführung der Studiengebühr, die sich positiv ausge­wirkt hat, aber gleichzeitig sagen Sie der Bevölkerung nicht – aber es war auf der Internetseite nachzulesen, die Sie dann rasch wieder entfernt haben –, dass Sie für eine Abschaffung der Kinderbeihilfe für Studentinnen und Studenten sind! Jeder kann sich ausrechnen, dass dies ein Vielfaches der Studiengebühr ausmacht. (Widerspruch der Abgeordneten Binder und Heinisch-Hosek.) – Das war Ihre Zukunftsplattform, Frau Kollegin, da Sie es offenbar in Abrede stellen. Es waren auch die Namen der Mitwirkenden dieser Zukunftsplattform im Inter­net ersichtlich.

Es wurde heute bereits die wichtige Achse zwischen der öffentlichen Verwaltung und der Wirt­schaft angesprochen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Reorganisation, eine Neustrukturierung der öffentlichen Verwaltung, ein Bürokratieabbau ist eine Notwendigkeit für die Wirtschaft dieses Landes, und zwar einerseits zur Sicherung der bestehenden, aber andererseits vor allem auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, um den Anforderungen der Gegenwart und der Zukunft im internationalen Wettbewerb gerecht werden zu können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Jakob Auer. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.26


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs auf den Beitrag des Kollegen Kogler eingehen. – Ja, es ist tatsächlich interessant, was alles zu ändern ist, wenn auf eine Führungsfunktion jemand berufen wird, der aus der Praxis des Exekutivdienstes kommt.

Meine Damen und Herren! Wir beklagen uns über die Bürokratie, über die Gesetzesproblema­tik. Da wäre es wohl einmal notwendig, hier gewisse Änderungen vorzunehmen. Wir sollten doch froh sein, wenn es die Chance gibt, dass erfahrene Leute aus der Praxis auch in Führungsfunktionen Positionen erhalten, um auch diese Praxis mit einzubringen.

Meine Damen und Herren! Wenn ein Jurist auf eine derartige Leiterstelle berufen wird, dann ist das kein Problem. Da frage ich mich: Was soll das? Da ist Änderungsbedarf gegeben! Ich gestehe, Herr Kollege Kogler, einem Bundesminister schon auch zu, eine effiziente Struktur zu schaffen, ja das ist sogar selbstverständlich! Das ist ja letztlich seine Aufgabe, meine Damen und Herren, und Herr Bundesminister Strasser ist dieser Aufgabe nachgekommen.

Bemerkenswert – davon spricht aber niemand – ist auch Folgendes: 56 Führungsfunktionen wurden neu besetzt, 55 im Einvernehmen, und nur eine einzige steht unter öffentlicher Kritik, obwohl dies nicht mehr kostet, obwohl sich in der Besoldung nichts ändert. Dem Kollegen, der


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sich da betroffen fühlt, steht ja der Rechtsweg offen. Eine Berufung ist möglich. Ich bin ge­spannt, welche Gründe dagegen angeführt werden.

Ich halte es für wichtig, dass ein Bundesminister so wie ein Firmenchef die Führungsebenen so besetzt, dass diese Personen sein Vertrauen haben, dass er sicher ist, dass eine effiziente Struktur gegeben ist, dass neue Strukturen angegangen und Reformen umgesetzt werden – nicht mehr und nicht weniger, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich gestehe – und das soll auch klar gesagt werden –, die Frau Vize­kanzlerin hat durchaus erfolgreich Reformen umgesetzt. Dafür ist ihr zu danken, aber auch der zuständigen Personalvertretung, Herrn Kollegen Neugebauer. Aber beiden wird in Zukunft etwas fehlen, nämlich das erfolgreiche Visavis. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Natürlich, der Standort bestimmt den Standpunkt. Eigentlich ist es ja verwunderlich, wie die öffentlich Bediensteten, die großartige Arbeit leisten, die vielen Aufgaben immer bewältigen – in Anbetracht der Gesetzesmaschinerie, der Gesetzesflut in Österreich. Ich finde, wir sollten durchaus auch einmal im eigenen Haus darüber nachdenken, die Gesetze lesbarer und einfacher zu gestalten und vielleicht auch zurückhaltender in der Beschlussfas­sung zu sein. Dem Bürger auf der einen Seite zu sagen, ein Bürokratieabbau ist nötig, und eine Eindämmung der Gesetzesflut zu fordern, aber wenn es Sie selber betrifft, zu schreien: Da muss ein Gesetz her!, das wird nicht funktionieren, meine Damen und Herren!

Liebe Kollegin Partik-Pablé! Ich bedauere es, dass Sie von den Landeshauptmännern als von „Landesfürsten“ gesprochen haben. Ich glaube, Kollege Schweitzer sprach davon, dass es ein Match gegen die Bundesländer gebe. – Ich halte nichts von derartigen Formulierungen. Wir sollten versuchen, gemeinsam mit den Bundesländern und den Landeshauptleuten vernünftige Regelungen zustande zu bringen!

Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Oberösterreich hat ein neues Gehaltssystem. Dort hat es gravie­rende Änderungen im Einvernehmen mit der Personalvertretung gegeben: Alle Landesbediens­teten sind nunmehr in einem Schema, es gibt keine Differenzierung mehr in Beamte, VB, Ange­stellte oder Arbeiter. Damit wird gleicher Lohn bei gleicher Aufgabe sichergestellt. Dienstposten­bewertungen gibt es in Hinkunft nicht nur für die Beamten, sondern auch für die Vertragsbe­diensteten. Die Zulagen wurden reduziert: Es gibt nur mehr eine Gehaltszulage sowie die Nebengebühren wie Überstunden- und Gefahrenzulage – sonst nichts, meine Damen und Herren! Entscheidend ist auch, dass es deutlich flachere Gehaltskurven, höhere Einstiegsbe­züge und dafür am Ende der Laufbahn auch eine dementsprechende Absenkung der Endbezüge gibt.

Meine Damen und Herren! Landeshauptmann-Stellvertreter Hiesl hat gemeinsam mit der Perso­nalvertretung eine neue Besoldungsreform, ein Gehaltssystem umgesetzt, das vielleicht auch auf die Bundesebene übertragbar wäre.

Genauso ist es auch bei der Pensionsreform, meine Damen und Herren! Da sollte man viel­leicht auch die positiven Beispiele aus den Bundesländern heranziehen und das Beste daraus übernehmen, anstatt gegen die Bundesländer zu polemisieren oder den Gemeinden und den Bundesländern zuzurufen, sie hätten so und so viele, Zigtausende Beamte, Angestellte und so weiter abzubauen. Man muss die Gemeinden das Sparen nicht lehren – die sind es von jeher gewohnt, meine Damen und Herren! Das sei hier einmal klargestellt.

Lassen Sie mich abschließend noch Folgendes anmerken: Es wurde von der Frau Vizekanzle­rin darauf hingewiesen, dass der öffentliche Dienst die Visitenkarte des Staates sei. Daher sei es auch notwendig, eine vernünftige Besoldung zu haben. Diese Gehaltsnovelle entspricht dieser Anforderung, und diese Visitenkarte des österreichischen Staates, nämlich der öffent­liche Dienst, ist mehr als herzeigbar! Dafür sei allen herzlich gedankt. (Beifall bei der ÖVP.)


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10.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin dazu ist derzeit Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

10.32


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren und, ganz besonders, meine neuen Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen gar nicht, dass es wesentlich ist, über zwei Punkte hier noch eine Klar­stellung vorzunehmen:

Erstens: Herr Minister Böhmdorfer, beim Jugendgerichtshof geht es nicht um die Frage der Überbelegung, sondern es geht um den Fortbestand einer bewährten Institution in der Straf­voll­ziehung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn es um die Überbelegung ginge, dann müssten Sie ohnedies neuen Raum schaffen. Ihre Gefangenentransfers führen ja wieder dazu, dass Gefangene von der Josefstadt zurück in die Rüdengasse kommen. Das ist sozusagen ein Austausch der Überbelegung. Insofern stimmt Ihre Argumentation hinten und vorne nicht.

Ich weiß auch nicht, inwieweit es stimmt, dass an dem Gebäudekomplex in der Rüdengasse ein gewisser Herr Dritter Nationalratspräsident Prinzhorn Interesse hat. Das ist in den Medien nach­zulesen und sollte einmal klargestellt werden.

Die zweite Klarstellung betrifft Artikel 5 des heute zur Abstimmung vorliegenden Kompendiums. Dieser Artikel 5 ist mehr oder weniger die Legitimierung und die Legalisierung einer vor allem von Seiten der Freiheitlichen vorgenommenen Personalrochade zu ihren Gunsten. Es wurde in den Sektionen blau eingefärbt. – Zwei Beispiele – ich entnehme sie aus meinem eigenen Arbeitsbereich –:

Herr Bundesminister Böhmdorfer, Sie haben einen bewährten Sektionschef, der sich in Kon­sumentInnenfragen ausgezeichnet auskennt (Abg. Mag. Mainoni: Fixieren Sie nicht uns! – Abg. Scheibner: Mich dürfen Sie da nicht ...!), mit der „Aktion 55“ in die Wüste geschickt. Jetzt müssen Sie hier per Artikel 5, betreffend Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes, die Agenden dieser Sektion III neu formulieren, und Sie haben jetzt als für Konsumentenschutz­angelegenheiten zuständigen Sektionschef einen Herrn, der sich vielleicht bei Budgetfragen und im Bereich Bauten auskennt, aber nicht im Konsumentenbereich.

Das zweite Beispiel: Herr Minister Haupt! Sie haben die Sektion IX einfach aufgelöst, um für einen ehemaligen freiheitlichen Gemeinderat eine Sektionschef-Stelle zu erhalten, und haben damit das Aufgabengebiet „Lebensmittelsicherheit“ in die Agenden der Sektion VII, in den Ge­sundheitsökonomiebereich geschoben. Das passt inhaltlich hinten und vorne nicht zusammen, und wir haben vor allem angesichts des Problemkreises, der im Hinblick auf die Europäische Union existiert, in unserem Ministerium keine Ansprechpartner mehr. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Kolleginnen und Kollegen vor allem vom Bauernbund, die Sie sehr zahlreich heute als neue Abgeordnete hier an einer entscheidenden Sitzung teilnehmen, bitte halten Sie sich vor Augen, wofür Sie heute stimmen: für etwas, was die alte Regierung, Schwarz-Blau, personal­politisch völlig verfahren hat! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Reheis.)

10.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer gemeldet. Ich erteile es ihm.

10.35


Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Angesichts dieser beharrlichen Realitätsverweigerung, Frau Abgeordnete (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Moser, die auf eine von ihr in die Höhe gehaltene schriftliche Unterlage verweist), muss ich mich noch einmal – ganz kurz, ich verspreche es – zu Wort melden.

Jedem Landesgericht ist zwingend eine Justizanstalt angeschlossen. Das gilt auch für den Jugendgerichtshof. Die Zellen des Jugendgerichtshofes haben nur acht Quadratmeter Größe. Nach der Anti-Folter-Konvention dürfen darin nicht zwei Gefangene untergebracht werden.


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Genau dieser Fall ist eingetreten, weil wir für die jungen Erwachsenen die Privilegien des Jugendstrafrechtes modernerweise erweitert haben. Bitte nehmen Sie das endlich zur Kenntnis!

Deshalb haben wir angemessene, moderne, zeitgemäße Unterbringungsmöglichkeiten für die Jugendlichen und für die jungen Erwachsenen suchen müssen. Diese haben wir in der Justiz­anstalt Josefstadt im so genannten Trakt E und im Trakt D gefunden und entsprechend umge­baut. Dort werden jetzt 160 Jugendliche und junge Erwachsene getrennt von Erwachsenen im Strafvollzug untergebracht. Jetzt haben wir endlich menschenrechtskonforme Unterbringungs­möglichkeiten.

Warum ist Ihnen diese Erkenntnis nicht die Bereitschaft wert, diese Tatsache auch zuzuge­stehen? – Das ist das eine.

Was das Engagement der Richter des Jugendgerichtshofes anbelangt, so ist dieses meines Erachtens steigerungsfähig. Wir haben sehr wenige Diversionsfälle in Wien, es gibt viel mehr im restlichen Gebiet der Bundesländer. Ich könnte Ihnen diesbezüglich jetzt auch noch viele andere Dinge nennen, aber ich will Ihre Zeit nicht zu sehr in Anspruch nehmen.

Eines betone ich nochmals: Das gesamte Netzwerk ist mit übersiedelt, die Jugendgerichtshilfe sogar in das Gebäude selbst; sie ist also jetzt näher bei der Jugendgerichtsbarkeit, als sie es jemals war. Es gibt an dieser ganzen Aktion wirklich keine berechtigte, sachliche Kritik. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Schüssel.)

10.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 3 der Beilagen.

Hiezu hat Herr Abgeordneter Pendl ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich Arti­kel 5 des Gesetzentwurfes gestellt.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Spindelegger, Mag. Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Korrektur eines Tippfehlers zum Inhalt hat.

Ich werde zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages abstimmen lassen.

Wir gelangen nunmehr zur getrennten Abstimmung über Artikel 5 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Ich lasse nunmehr über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in 3 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Spindelegger, Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausschreibung der vakanten Stelle des Präsidenten/der Präsidentin des Jugendgerichtshofes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

2. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 10/A der Abgeordneten Sigisbert Dolin­schek, Dr. Andreas Khol, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversiche­rungs-Änderungsgesetz 2003 – SVÄG 2003) (4 der Beilagen)


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zum Wort gemeldet ist als erster Redner Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.40


Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Bei den Gesprächen zur Bildung einer neuen Bundesregierung geht es vor allem darum, das Erreichte, nämlich all das, was wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten aufgebaut und geschaffen haben, zu festigen und zu sichern und auch für die Zukunft zu erhalten.

Um diese großen und wichtigen Ziele zu erreichen, brauchen wir eine klare Ausrichtung, brauchen wir Mut und in vielen Bereichen der Politik, der Wirtschaft und auch unseres Lebens einfach einen neuen Zugang. Vieles, was uns wertvoll ist, ist kritisch zu hinterfragen, sehr vieles zu überdenken und neu zu ordnen. Es geht einfach darum, Stabilität zu sichern, den Wirt­schaftsstandort zu festigen, denn nur dann können wir auch morgen mit einer guten Beschäfti­gung rechnen und nur dann bleibt die Ertragslage des Staates in Ordnung. Nur so können wir auch den erworbenen Wohlstand halten und die Zukunft positiv gestalten.

In den Sachbereichen geht es um die Staatsfinanzen. Es muss jedem klar sein, dass wir auf Dauer nicht mehr ausgeben können, als die Volkswirtschaft letzten Endes erwirtschaftet. Das geht auch privat nicht, das hält keiner aus. Unser Ziel ist: Wir wollen, so gut es geht, keine neuen Schulden machen. Wir haben genug Arbeit aus der Vergangenheit zu bewältigen.

Es geht, wie heute schon aus mehreren Beiträgen zu hören war, um die öffentliche Verwaltung, um eine so genannte Bundesstaatsreform. Die Bundesverfassung des Jahres 1920 ist auf Grund der vielen Novellen heute nicht mehr in allen Bereichen verständlich und auch effizient. Darüber muss eine Diskussion stattfinden, die viel Kultur, aber auch viel Fachwissen braucht. Es geht um die Frage, wie die Aufgabenteilung zwischen den Gebietskörperschaften in Zukunft sein wird.

Es geht auch um Sicherheitspolitik, um die zivile und um die militärische Sicherheit unseres Landes. Da kann man ohne weiteres unterschiedlicher Meinung sein. Wer sich heute die Welt­politik anschaut, der muss wissen, dass es da keinen Spielraum gibt. Da ist Ernsthaftigkeit gefordert. Da geht es nicht darum, das eine oder andere durchsetzen oder verhindern zu wollen, nein, es geht um Sicherheit für uns alle und in jeder Situation! (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht auch darum, dass wir uns auf Entwicklungen und Prozesse vorbereiten, die wir viel­leicht gar nicht ahnen können – so etwas hat es auf dieser Welt bereits gegeben.


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Es geht darüber hinaus um Bildungspolitik, darum, den neuen Anforderungen in der Arbeitswelt zu entsprechen, um die Notwendigkeit, im Wettbewerb zu bestehen, und es geht um Chancen­gleichheit.

In dieser Diskussion geht es natürlich auch um den Sozial- und den Gesundheitsbereich. Dabei ist es vor allem wichtig, dass wir auf fundamentale Veränderungen Bezug nehmen.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ist uns klar, dass die Lebenserwartung seit dem Jahre 1970 um sieben Jahre gestiegen ist, seit dem Jahr 1990 um weitere zwei Jahre? Man könnte sagen, dass das eine Frohbotschaft ist; sie macht aber Maßnahmen erforderlich.

Es geht um eine bessere Ausbildung, es geht, dadurch bedingt, um einen späteren Eintritt ins Berufsleben, es geht um eine dadurch erfolgte Verkürzung der Lebensarbeitszeit. Das müssen wir sehr klar sehen: Wir haben seit dem Jahr 1970 durch die bessere Ausbildung und den späteren Eintritt ins Berufsleben sowie durch den früheren Übertritt ins Pensionsalter sieben Jahre an Lebensarbeitszeit verloren. Es geht auch um die Verlängerung der Versorgungszeit.

Darauf sind Antworten gefragt! Wer sich damit beschäftigen will, dem kann ich eine Statistik aus dem Hauptverband empfehlen. Ich ziehe für einen Vergleich das Jahr 1970 und das Jahr 2001 heran: Im Jahr 1970 erfolgte der Pensionseintritt der Frauen im Alter von 61 Jahren, die Versor­gungszeit betrug 15 Jahre. Im Jahr 2001 erfolgte der Eintritt der Frauen in die Pension mit 57 Jahren, und die Versorgungszeit betrug 26 Jahre. Bei den Männern erfolgte im Jahr 1970 der Eintritt in die Pension mit 62 Jahren, die Versorgungszeit betrug 13 Jahre. Heute erfolgt der Eintritt mit 58,7 Jahren, und die Versorgungszeit beträgt 20 Jahre.

Es ist einfach notwendig, dass wir diesbezüglich klare Entscheidungen treffen, um auch die Glaubwürdigkeit zu sichern. Es geht darum, den Generationenvertrag zu erhalten. Sehr viele junge Leute fragen uns, wie wir denn überhaupt denken und ob wir nicht doch schon auch an sie denken, an die, die die Beiträge zu zahlen haben werden und die auf Grund der demo­graphischen Entwicklung immer weniger werden, und an das Verhältnis von diesen zu den­jenigen, denen wir die Leistung sichern müssen – auch in fünf Jahren, auch in zehn Jahren.

Ich denke, dass wir gerade daran klar erkennen müssen, dass das staatliche System allein auf Dauer nicht mehr ausreichen wird. Wir werden ein duales System brauchen, also auch eine Privatvorsorge, wo natürlich Sicherheit geboten werden muss. Und es geht auch darum, neue Wege zu finden. Wir haben das in der vergangenen Gesetzgebungsperiode getan, näm­lich durch die Schaffung der Mitarbeitervorsorge, eines beispielgebenden sozialpolitischen Pro­jek­tes für ganz Europa, für alle unsere Mitbewerber. (Beifall bei der ÖVP.)

Das war die Arbeit dieser Regierung, und das war eine besondere Leistung der letzten Gesetz­gebungsperiode.

Wir haben in den vergangenen Jahren laufend Pensionsreformen beraten. Ich erinnere mich, dass die Sozialminister auf der Regierungsbank, wo immer sie auch herkamen, sagten: Das ist eine ganz entscheidende Reform, und es ist nach menschlichem Ermessen die letzte in den nächsten zehn oder 15 Jahren. – So lautete die Mitteilung des Jahres 1995, die Mitteilung des Jahres 1997 und auch jene des Jahres 2000.

Es waren schon maßgebliche Reformen, sie waren nur zu wenig weit reichend und zu wenig tief greifend. Deshalb sind weitere Maßnahmen wichtig, so etwa die Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters. Nicht gleich sagen: Da fallen Leute in die soziale Krise! – Es geht ein­fach darum, das Mindestalter für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer anzuhe­ben, um das Ganze finanzierbar zu halten. Es geht natürlich auch darum, begleitende Maßnah­men auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen, Aus- und Weiterbildung zu sichern. Ich denke, dass das ganz wichtig ist.

Denken wir in diesem Zusammenhang bitte auch daran, dass Menschen oft im Berufsleben bleiben wollen! Wir müssen ihnen die Möglichkeit dazu bieten. Wir dürfen auf Dauer auf diese Ressource der Erfahrung, der Mitarbeit, der Lebensweisheit nicht verzichten! – Das sind


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Fragen, die im Rahmen der nächsten Pensionsreform auch zu berücksichtigen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht uns darum, ein einheitliches System mit gleichen Durchrechnungszeiträumen, womög­lich auch mit der Ausrichtung auf einen Lebensdurchrechnungszeitraum, zu schaffen.

Es geht mir weiters darum, den Invaliditätsbegriff für alle Berufsgruppen gleichzuschalten.

Meine Damen und Herren! Ich kann niemandem erklären, dass es in den unterschiedlichen Be­rufsgruppen auch unterschiedliche Zugangsbestimmungen zur Invaliditäts- oder Erwerbsun­fähigkeitspension gibt. Krank ist krank! Wenn jemand krank ist, dann muss man das verstehen und muss ihm auch die Möglichkeit bieten, das Sozialsystem – in diesem Fall das Alterssiche­rungssystem – anzusprechen. – Das sind Grundausrichtungen, die wir vorzunehmen haben.

Wir alle wissen, dass die Europäische Union den Deutschen große Vorgaben macht und sie diszipliniert und den Franzosen einiges vorgibt, was ihre Gesamtbudgetpolitik betrifft. Uns hat man die höfliche Mitteilung gemacht, dass wir endlich darangehen müssen, unser Pensions­system den europäischen Normen anzupassen. Wir sind da weit vorne. Das gönne ich jedem, aber ich darf die Frage stellen, ob wir das auf Dauer so lassen können. Die klare Antwort lautet: Nein! Wir müssen vielmehr mit Augenmaß, mit Mut und mit Engagement, aber auch mit Sach­kenntnis diese Dinge verändern. Dazu sind wir alle aufgefordert – egal, woher wir kommen, und egal, wo wir stehen. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe!

Heute liegt ein Gesetzesantrag vor, den Ausgleichszulagenrichtsatz, nämlich jenen für Ehe­paare, um 7,3 Prozent anzuheben. Er beträgt somit das Eineinhalbfache des Einzelrichtsatzes. Damit haben wir erreicht, dass die Armutsschwelle überschritten ist, dass wir auch diesen Men­schen eine gediegene Grundversorgung geben.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch einmahnen, dass in Folge die Anrechnungsbestim­mungen beim fiktiven Ausgedinge, das über alle Systeme wirkt, neu zu überdenken sind. Es geht darum, dass wir den 227 000 Ausgleichszulagenbeziehern – das sind 8 Prozent der Pen­sionisten in Österreich – auch da eine neue Basis geben, vor allem jenen 37 000 Ehepaaren, die quer durch alle Systeme Ausgleichszulagenbezieher sind.

Ich denke, dass dieser Gesetzesantrag der sozialen Symmetrie und Gerechtigkeit voll ent­spricht, finanzierbar ist – wir brauchen etwa 25 Millionen € dafür –, dass er die Glaubwürdigkeit des Systems vielleicht doch etwas stärkt und vielleicht auch die Berechenbarkeit etwas sach­licher erscheinen lässt. (Beifall bei der ÖVP.)

10.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Die Redezeit wird wunschgemäß auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.

10.51


Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mein Vorredner hat unter anderem über die großen Herausforderungen an die nächste Bun­desregierung gesprochen. Erstaunlich und auch irgendwie bezeichnend war meiner Meinung nach dabei, dass er die Situation, die es derzeit auf dem Arbeitsmarkt gibt, nur in einigen Nebensätzen erwähnt und der Arbeitslosigkeit und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nur ein paar Sätze gewidmet hat.

Es ist doch das Wichtigste in einer Gesellschaft einer westlichen Industrienation, wie Österreich eine ist, dass Beschäftigung gesichert wird. Auch von Seiten der EU-Kommission wird darauf hingewiesen, dass beschäftigungssichernde Maßnahmen ein wesentliches Instrument zur Armutsbekämpfung sind.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sehen Folgendes als oberstes Ziel: Bekämp­fung der Arbeitslosigkeit, Schaffung von Arbeitsplätzen, Arbeitsplätze, die ein Auskommen brin­gen.


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Uns liegt heute hier ein Antrag vor, mit dem der Ausgleichsrichtsatz erhöht wird, und zwar für Ehepaare von 900 € auf 965 €. Das ist eine wichtige Maßnahme zur Armutsbekämpfung.

Hinsichtlich der Armutsbekämpfung liegt Österreich im europäischen Vergleich sehr gut. Bei uns sind etwa 13 Prozent der Bevölkerung von Armut betroffen – das sind immer noch zu viele. Das Ranking in der Europäischen Union sieht folgendermaßen aus: Der Anteil reicht von 8 Pro­zent, wie in Dänemark, bis zu 23 Prozent in Portugal.

Österreich steht also gut da, und die sozialen Maßnahmen, die es in unserem Land gibt, wirken sehr gut. Durch den Erhalt von Transferleistungen kann die Armutsgefährdung um die Hälfte gesenkt werden. Die Transferleistungen sind ein wichtiger Beitrag zur Verringerung der Armuts­gefährdung.

Zum Erbe der blau-schwarzen Bundesregierung, die in den letzten Jahren gewirkt hat, die im Bereich des sozialen Systems – jetzt möchte ich es einmal eher dezent formulieren – eher schläfrig gewesen ist und bei sehr vielen Fragen Sozialabbau betrieben hat, gehört zum Bei­spiel aber auch Folgendes: Wer bekommt eine Ausgleichszulage, wer bekommt diese Erhö­hung, diesen Richtsatz? – Jene Leute, die in Beschäftigung waren, die eine Pension bekom­men. Was aber ist mit jenen Frauen, die keine eigenständige Alterssicherung vorweisen können, die ohne eigene Alterssicherung sind, weil sie nicht im Beruf gestanden sind, und dann im Alter der Armut gegenüberstehen? Eine wesentliche Maßnahme dagegen ist, dass eine aktive Beschäftigungspolitik für Frauen gemacht wird.

Auch in diesem Zusammenhang war die bisherige Bundesregierung sehr säumig, und sie wartet jetzt auf mit den Keulen „Pensionsreform“, „Reform des Gesundheitssystems“. – All das sind reine Drohungen!

Meine Damen und Herren! Natürlich muss man für den Bereich der sozialen Sicherungs­systeme, aber auch für jenen der Staatsfinanzen immer wieder Überlegungen in Richtung Adaptierung anstellen, darauf schauen, dass die Maßnahmen treffsicher sind, dass sie jenen Menschen helfen, die es brauchen, dass sich der Staat die diesbezüglichen Ausgaben leisten kann und die Menschen, die den budgetären Haushalt dieses Staates bestreiten, dazu in der Lage sind. Diese Fragen müssen gelöst werden.

In diesem Zusammenhang gibt es einen sehr großen Vorwurf der Europäischen Kommission, nämlich dass es keine weit reichende Analyse von konkreten Herausforderungen und keine Evaluation von Maßnahmen gibt. Es gab also bisher keine einzige Überprüfung dahin gehend, wie es zu schaffen ist, dass Frauen in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden, um dann eine eigenständige Alterssicherung zu haben.

Ich weiß, von Seiten der ÖVP und der FPÖ wird dann immer das Kindergeld angeführt, das meiner Meinung nach für Frauen jedoch eher einen Gang in die andere Richtung darstellt. Das Kindergeld wurde hier schon oft diskutiert, und meiner Meinung nach stellt es keine Aktivität in Richtung besserer Beschäftigungspolitik für Frauen in unserem Land dar.

Die Kritik der Europäischen Kommission, dass es keine weit reichende Analyse und keine Evaluation von Maßnahmen gibt, muss man auch im Bereich der Behinderten-Milliarde in Bezug auf die vergangenen Jahre relevieren. So gab es im Dezember 2000 32 000 arbeitslose behinderte Menschen in unserem Land, während es im Dezember 2002 schon 34 000 waren. Ich weiß schon, das ist in Bezug auf über 300 000 arbeitlose Menschen in unserem Land nur ein kleines Segment, und es ist klar, dass es wesentlich und wichtig ist, sich allgemein umzu­schauen und dafür zu sorgen, dass überall dort, wo dies erforderlich ist, Maßnahmen gesetzt werden, aber auch das darf nicht vergessen werden.

Sie, Herr Kollege Donabauer, haben davon gesprochen, dass der Wirtschaftsstandort gesichert werden muss. Meiner Meinung nach kann der Wirtschaftsstandort eines Landes jedoch nur dann gesichert werden, wenn Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn die Produktivität der Wirt­schaft steigt – keinesfalls dann, wenn Arbeitsplätze abgebaut werden.


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Auch von Seiten des Rechnungshofes gab es Kritik in Richtung Evaluation von Maßnahmen in Bezug auf die Behinderten-Milliarde. Es kam die Kritik, dass nicht geschaut wurde, was mit den Geldern passiert ist und für wie viele Menschen dann konkret Arbeit geschaffen wurde.

Wir haben steigende Arbeitslosenzahlen, auch bei den behinderten Menschen, und es ist meiner Meinung nach eine große Herausforderung für die Bundesregierung, sich darüber Ge­danken zu machen, was im „Europäischen Jahr der behinderten Menschen 2003“ für die Beschäftigung von behinderten Menschen getan werden kann. Auch dazu gibt es keinerlei Vorschläge und Überlegungen, es wird immer wieder nur mit der großen Schere gedroht, mit der Einschnitte durchgeführt werden. Dafür stehen wir nicht zur Verfügung! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Einschätzung der EU-Kommission geht dahin, dass man sich von Seiten der Bundes­regierung, die in den letzten Jahren tätig war, sozusagen auf Vorhandenes verlässt, dass man einfach die bestehenden Maßnahmen hernimmt, dass man aber keinerlei Überlegungen dahin gehend anstellt, wie man längerfristige Strukturreformen durchführen kann, dass man sich Trends und auch Ursachen nicht genau anschaut. Es gibt also im Bereich Armutsbe­kämpfung wenig klare Ziele und Schritte.

Eine wesentliche Anforderung an die nächste Bundesregierung wird es sein, diese Schläfrigkeit zu beenden, das Erbe der blau-schwarzen Bundesregierung, die jetzt noch tätig ist, umzu­wandeln, sodass soziale Belange wieder einen sehr hohen Stellenwert gewinnen, und dafür zu sorgen, dass sie auch finanziell leistbar sind und vor allem zugunsten der Menschen wirken.

Meine Damen und Herren! Der Stellenwert der sozialen Belange ist eine wesentliche Grundlage dafür, wie man in einem Staat leben kann. Einer der Gründe dafür, dass die Lebensqualität in Österreich so hervorragend ist, ist der Umstand, dass die sozialen Belange im Mittelpunkt unserer Politik gestanden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich halte es auch für wichtig, dass die Gespräche über diese Belange, die alle Öster­reicherin­nen und Österreicher betreffen, ernsthaft geführt werden, dass sie so geführt werden, dass man den Verhandlungspartnerinnen und Verhandlungspartnern zuhört und nicht immer nur die eigene Schere sozusagen im Hosensack hat und diese immer wieder herausnimmt. Es ist wesentlich und wichtig, zu einem Konsens zu kommen, der für die Österreicherinnen und Öster­reicher wirkt. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Wir SozialdemokratInnen sind dazu bereit! (Beifall bei der SPÖ.)

10.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dolinschek. Auch ihm sind 10 Minuten Redezeit einzustellen. – Bitte.

11.00


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Lapp von der Sozial­demokratischen Partei hat gemeint, dass diese Bundesregierung sozialpolitisch schläfrig und säumig war. – Frau Kollegin Lapp, die Materie, die wir heute hier behandeln, das Sozialver­sicherungs-Änderungsgesetz 2003, fußt auf dem Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Die Europäische Kommission hat die Daten zur Armutsge­fährdung im Jahr 1998 erstellt. 1998 war eine ganz andere Regierung im Amt, und meines Wissens hat die letzten 30 Jahre vor 1998 jeweils ein sozialdemokratischer Sozialminister die Geschäfte in diesem Bereich in Österreich geführt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

1998 wurde die Armutsgefährdungsschwelle für einen Ein-Personen-Haushalt mit 124 000 S pro Jahr und für einen Zwei-Personen-Haushalt mit 186 000 S pro Jahr, also dem Eineinhalb­fachen, festgelegt. Diese Bundesregierung reagiert jetzt. Bisher betrug der Ausgleichszulagen­richtsatz 630,92 € für Alleinstehende, in Zukunft wird er 643,54 € betragen, und jener für Ehe­paare wird um ein Vielfaches jenes Betrags, um den der Richtsatz für Alleinstehende erhöht wird, angehoben. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)


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Die Armutsgefährdung von Ehepaaren zu vermeiden und hintanzuhalten ist Sinn und Zweck dieser Gesetzesnovelle. Der Richtsatz für Ehepaare wird mit 1. Jänner 2003 auf das Eineinhalb­fache jenes von Alleinstehenden angehoben und beträgt damit 946,60 €. Dazu kommt, dass auf Grund der Erhöhung der Verbraucherpreise auch noch eine Erhöhung erfolgt, sodass der Richtsatz daher jetzt 965,53 € beträgt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das bedeutet – und das ist sehr wesentlich –, dass dieser Satz gegenüber 2002 um 7,3 Prozent erhöht wird. Ich denke, das ist ein wesentlicher Schritt zur Hintanhaltung der Armutsgefährdung.

Herr Kollege Donabauer hat vorhin gemeint, dass wir wesentlich zur Sicherung des Pensions­systems in Österreich beitragen müssen. Ich glaube, dass sich jeder Einzelne, der hier im Hohen Haus sitzt, dessen bewusst ist und sein Bestes dafür tun wird, dass die Pensionen in Österreich gesichert sind.

Ich meine, dass gerade in den vergangenen Jahren unter der Regierung von Blau-Schwarz die Pensionsanpassungen – auch die letzte Pensionsanpassung, die mit 1. Jänner 2003 stattgefun­den hat – richtig waren, indem man Sockelbeträge vorgesehen hat. Hohe Pensionen wurden um Sockelbeträge erhöht. Die Einkommensgrenze liegt bei 1 900 € pro Monat, und das ergibt eine Pensionserhöhung um 38 €. Und jeder, der eine höhere Pension erhält, bekommt auch nur 38 € im Monat an Pensionserhöhung.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass die niedrigen Pensionen erhöht werden, denn die Lebens­haltungskosten, vor allem jene des täglichen Lebens, sind für alle Menschen gleich.

Es ist dies ein wesentlicher Schritt, der von Sozialminister Haupt gesetzt wurde. Wir sind immer dafür eingetreten, dass Pensionen vor allem im oberen Bereich mit Sockelbeträgen erhöht werden.

Es ist auch angeklungen, dass das gegenwärtige Pensionssystem eher ungerecht ist. Ich emp­finde das auch so. Das gegenwärtige österreichische Pensionssystem ist ungerecht: Es gibt auf der einen Seite Pensionsversicherte, die einen Durchrechnungszeitraum von 15 Jahren haben, auf der anderen Seite gibt es ein System, wonach die Pension nach dem letzten Bezug aus­bezahlt wird, weiters gibt es Pensionsversicherte, die ihre Pension nach 36,5 Jahren bekom­men, so wie die Eisenbahner, und welche, die höhere Pensionsbeiträge haben, andere hinge­gen haben niedrigere Pensionsbeiträge – also ein ganzes Konvolut unterschiedlicher Bestim­mungen.

Wir sind immer dafür eingetreten, dass es zu einer Harmonisierung der verschiedenen Pen­sionssysteme kommt, dass vor allem die Pensionen langfristig gesichert werden und dass die verschiedenen Pensionssysteme in Österreich vereinheitlicht werden. Dazu gibt es verschie­dene Vorgangsweisen. Die Pensionsreformkommission hat verschiedene Sachen ausgearbei­tet. Ich meine, dass wir die Harmonisierung der verschiedenen Pensionssysteme rascher als geplant angehen müssen. Pensionsprivilegien gehören durchforstet.

Ich muss Ihnen sagen, jemand, der ASVG-versichert ist, ein Arbeiter oder ein Angestellter, 45 Versicherungsjahre auf dem Buckel hat und 60 Jahre alt ist, wird es nicht verstehen, wenn man ihm sagt, er solle noch länger arbeiten, wenn es im Gegensatz dazu Begünstigte gibt, wie im öffentlichen Dienst, wie bei den Österreichischen Bundesbahnen oder bei der Post, die heute zwischen dem 50. und dem 60. Lebensjahr in Pension gehen können, nur weil das den Staat billiger kommt, was ich jedoch bezweifle, vor allem in vielen Bereichen, wo die Menschen länger in der Arbeit gehalten werden sollten, aber gesund in der Arbeit gehalten werden sollten. Dort sollten wir einmal ansetzen, dass dort das Regelpensionsalter erreicht wird. Und dann wird es auch jener, der schon 45 Versicherungsjahre auf dem Buckel hat, verstehen, wenn das Pen­sionsantrittsalter ansteigt. Jemandem, der 45 Versicherungsjahre hat und das 60. Lebensjahr erreicht hat, dem soll man jetzt sagen, er solle bis 65 Jahre arbeiten? – Das wird niemand, das wird kein Arbeiter in der Privatwirtschaft verstehen!


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Geschätzte Damen und Herren! Es ist aber zweifellos so, dass Handlungsbedarf in die Richtung gegeben ist, ältere Menschen, egal in welchen Bereichen, länger gesund zu beschäftigen. Das ist der wesentliche Schritt für die Zukunft, daran müssen wir arbeiten – alle sollten daran arbeiten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.06


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.07


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Donabauer hat die Gelegenheit dazu genützt, allge­mein so etwas wie die Vorstellungen der Österreichischen Volkspartei zu einer Pensionsreform darzustellen. Da muss ich sie jetzt natürlich auch dazu nützen, dazu etwas zu sagen.

Vorweg eine Bemerkung zu dem, was wir heute beschließen: Nachdem die niedrigen Pensio­nen bei Ausgleichszulagenempfängern schon Gegenstand von Erörterungen nicht nur auf euro­päischer Ebene, sondern auch im Armutskapitel des österreichischen Sozialberichtes waren, war es klar, dass eher früher als später – und es ist relativ spät geworden – Anpassungsbedarf gegeben ist, weil diese Personengruppen tatsächlich als arm zu gelten haben und über Jahre unter der Armutsschwelle lagen – mit vollem Wissen der Politiker. Es ist daher durchaus zu begrüßen, dass hier angepasst wurde.

Lassen Sie mich aber jetzt ganz allgemein auf das Pensionssystem und die weiteren notwendi­gen Anpassungen eingehen.

Herr Kollege Donabauer! Sie haben von der gestiegenen Lebenserwartung gesprochen. – Das stimmt, darüber freuen wir alle uns, und wir können auch stolz darauf sein, dass auch die Politik einen bescheidenen Beitrag dazu geleistet hat, dass die Gesundheitspolitik, die Wirtschafts­politik in Österreich, einem sehr hoch entwickelten Land, und natürlich auch die Sozialpolitik das geschafft haben. Aber die Lebenserwartung ist nicht für alle gleich.

Ich erinnere mich an jene Studie, die ich schon ein paar Mal zitiert habe und die die einzige ist, in der in Österreich die unterschiedliche Lebenserwartung von bestimmten Berufsgruppen untersucht wurde. Und genau deshalb, weil diese Studie zu sehr bedrückenden Resultaten gekommen ist, ist sie nie diskutiert worden.

Diese Studie stammt aus den sechziger Jahren, und aus ihr geht zum Beispiel hervor, dass Schweißer, damals in den sechziger Jahren, eine durchschnittliche Lebenserwartung von 62 bis 63 Jahren hatten. Inzwischen werden die Schweißer auch schon älter, und die Arbeitsbedingun­gen sind besser.

Aber stellen Sie sich Folgendes vor: Es gab – und ich vermute, es gibt sie nach wie vor – Berufsgruppen, die eine geringere Lebenserwartung hatten. Die Schweißer hatten in den sechziger Jahren eine Lebenserwartung, bei der sie im Durchschnitt – nicht im Einzelfall – zwar Beiträge in das Pensionssystem – so wie jeder andere auch – einbezahlen mussten, aber im Durchschnitt keine Pension daraus zu erwarten hatten.

Ich finde es schon bedrückend, dass wir hier über eine Pensionsreform diskutieren, ohne dass wir die entsprechenden Grundlagen dazu – wie hat sich die Lebenserwartung in den unter­schiedlichen Bereichen entwickelt? – tatsächlich zur Basis unserer Diskussion machen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schauen wir uns das an! In der Schweiz, die auch nicht das meistentwickelte Sozialsystem hat, gibt es zumindest Untersuchungen, aus denen hervorgeht, dass es nach wie vor – das betrifft die Schweiz, und ich denke, wahrscheinlich auch Österreich – je nachdem, welche Arbeit und Tätigkeiten man verrichtet, eine sehr unterschied­lich hohe Lebenserwartung gibt. Ich meine, bei einer Beschlussfassung über ein Pensions­system und bei der Neugestaltung eines Pensionssystems wäre dies genauso zu berücksichti-


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gen wie etwa der Umstand, dass manche mit 14 oder 15 Jahren – mit 15 Jahren inzwischen, aber früher war es mit 14 – in das Erwerbsleben einsteigen und bis 60 arbeiten müssen, damit sie eine vorzeitige Alterspension erhalten, während andere doch das Glück – ich spreche hier nicht von einem Privileg – haben, erst später einsteigen und hart arbeiten zu müssen.

Arbeit, unabhängig davon, ob manuell oder geistig, bedeutet natürlich für alle auch Abnützung, auch wenn sie hoffentlich vielen auch Freude bereitet. Aber es macht einen Unterschied, ob man 30 Jahre arbeiten muss und Beiträge zahlt oder ob man 45 oder 50 Jahre arbeiten muss und Beiträge zahlt. Und es macht einen Unterschied, in welcher Tätigkeit das geschieht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was bei den Anforderungen an ein Pensions­system noch zu erwähnen ist, ist der Umstand – und dieser ist nicht gering zu bewerten –, dass die Pensionseinkommen, Herr Abgeordneter Donabauer, leider in ihrer Unterschiedlichkeit teil­weise noch extremer sind als die Erwerbseinkommen. Ich habe hier die Lohnsteuerstatistik aus dem Jahr 2000 vor mir. – Es sind auch Ungenauigkeiten darin enthalten, weil wir leider keine sehr guten Daten vor allem in den Problembereichen haben, die ich vorhin schon angesprochen habe. Dazu gibt es überhaupt keine Daten und keine Untersuchungen. – In dieser Lohnsteuer­statistik werden zwei Millionen Pensionisten – Personen – angeführt. Von diesen zwei Millionen Pensionisten erhält der oberste Teil, ein Prozent – das sind zirka 20 000 Personen –, mit rund 30 Milliarden Schilling oder 2,2 Milliarden € rund 7,4 Prozent der gesamten Pensionssumme. Ein Prozent erhält 7,4 Prozent der gesamten Pensionssumme, während der unterste Teil – ich kann es nicht anders aufgliedern –, das sind 500 000 Personen, also jene Personen mit einem Pensionseinkommen bis maximal 10 000 S brutto, mit 25 Milliarden Schilling – also weniger – nur 6,1 Prozent der gesamten Pensionssumme erhält. 500 000 Personen erhalten weniger als 20 000 Personen! (Zwischenruf des Abg. Donabauer.)

Ich mache keine Vorwürfe. Ich stelle fest, ich halte fest: Zur Neugestaltung eines Pensions­systems braucht es auch so etwas wie soziale Gerechtigkeit. Das ist eine Anforderung, die wir Grünen an ein Pensionssystem stellen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Donabauer! Ich habe Sie unter anderen Umständen auch schon anders reden gehört. Sie haben heute die Vorzüge beziehungsweise die Notwendigkeit des Ausbaus der zweiten oder dritten Säule – duale Pensionsvorsorge, haben Sie gesagt – angepriesen. Be­reitet es Ihnen nicht auch Sorge, dass es gerade in der zweiten oder dritten Säule, wenn man die letzten Jahre betrachtet, zu wesentlich größerer Unsicherheit – sogar zu Verlusten –, was die Vorsorge, was das angesparte Kapital betrifft, gekommen ist, als das jemals in einem staat­lichen Pensionssystem – und sei es noch so problematisch ausgestaltet – der Fall sein kann?

Ich bringe Ihnen ein Beispiel. In der Ausgabe des „Falter“ von voriger Woche – das habe ich mir gemerkt, weil ich das schon beeindruckend finde – erzählte der auch Ihnen bekannte Pensions­experte Professor Marin, er habe vor drei Jahren 70 000 € für eine private Pensionsvorsorge in einen ziemlich sicheren Fonds einbezahlt. Inzwischen seien aus seinen 70 000 € 43 000 € oder 47 000 € geworden. Der Verlust war also beträchtlich. Und er sagte bei dieser Gelegenheit, so unsicher könne ein staatliches Pensionssystem gar nicht gemacht werden, als es die private Pensionsvorsorge tatsächlich schon sei.

Wenn wir den Menschen in Österreich die Probleme, die es auch bei einem öffentlichen Pen­sionssystem in Bezug auf soziale Gerechtigkeit und in Bezug auf dessen Finanzierbarkeit gibt, ehrlich darstellen wollen, dann doch nicht mit dem Effekt, Herr Kollege Donabauer, dass wir sie ganz bewusst in eine wesentlich unsichere Pensionsvorsorge – auch noch mit staatlichen Stüt­zungen! – hineintreiben.

Es ist das gute Recht eines jeden und einer jeder, auch private Pensionsvorsorge zu betreiben. Aber ich erinnere Sie daran – und das bildet auch schon den Abschluss meiner Erörterung –, dass wir Abgeordnete hier alle in eine Pensionskasse einbezahlen. Schauen Sie sich den Pensionsertrag der Pensionskassen für das Jahr 2001 an, wie viel von Ihren Einzahlungen im Jahr 2001 in Ihrer Pensionskasse übrig geblieben sind! Nichts! Kein Groschen! Sie wissen das!


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Wenn wir ehrlich darüber diskutieren und die Dinge offen auf den Tisch legen, dann müssen wir sagen: Ja, wir haben Probleme in verschiedenster Form in den Pensionssystemen, nämlich was die eigenständige Altersvorsorge für Frauen und was die soziale Gerechtigkeit betrifft, auch was ein späteres Pensionsantrittsalter betrifft. Ja! Aber wir müssen die Dinge so offen auf den Tisch legen, dass wir auch die Probleme dabei sehen. Wir dürfen nicht die falschen Schlussfolgerun­gen ziehen, die lauten würden: Leute, schließt eine private Pensionsvorsorge in Ergänzung zur öffentlichen ab, und dann ist das Problem gelöst!

Herr Kollege Donabauer! Mitnichten! Das wissen Sie und das wissen hoffentlich wir alle, wenn wir darangehen, dass wir die Probleme einer öffentlichen Altersversorgung ehrlich diskutieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.18


Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Lentsch! Sind Sie so großzügig und lassen Sie Ihren Kollegen vor?

Herr Abgeordneter Donabauer hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemel­det. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

11.18


Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Öllinger hat mir unterstellt, ich würde die Men­schen in eine unsichere Vorsorge hineintreiben. – Das stimmt nicht.

Ich habe gesagt – und darauf bestehe ich –, dass ich für ein duales System – mit einer Grund­versorgung aus dem staatlichen System und mit einem dualen Vorsorgeelement mit optimaler Sicherheit – eintrete. Sie können das im Stenographischen Protokoll nachlesen.

Mit optimaler Sicherheit! Infolgedessen ist diese Ihre Darstellung unrichtig und hat mit meiner Darstellung, die ich Ihnen nun richtig vorgetragen habe, nichts zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)

11.19


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lentsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.19


Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir schlagen mit diesem Antrag vor, den Richt­satz für die Ausgleichszulage von Ehepaaren zu erhöhen – das haben wir heute schon öfters gehört –, und zwar insgesamt um 7,3 Prozent auf nunmehr 965,53 €. Eine derartige Erhöhung hat es in den letzten zehn Jahren nicht gegeben. Diese Erhöhung wird auch die Kaufkraft dieser Ehepaare enorm stärken. Bei Alleinstehenden wird der Richtsatz nicht erhöht, da wir in Österreich mit 643,54 € international ohnehin schon sehr hoch liegen.

Geschätzte Damen und Herren! Diese Erhöhung wird nicht nur die 37 000 Betroffenen freuen, diese Erhöhung zeigt auch, dass diese Bundesregierung ihre soziale Verantwortung sehr ernst nimmt und dass der Slogan „soziale Kälte durch diese Bundesregierung“, der ja sicher nur Wahlkampfrhetorik war, total ins Leere geht. (Beifall bei der ÖVP.) Mittlerweile ist natürlich auch klar, dass wir sehr viel für jene tun, die sich nicht selbst helfen können und die unsere Hilfe brauchen.

Aber wir haben etwas gegen Ungerechtigkeit, und wir haben etwas gegen „soziale Trittbrett­fahrer“. Deswegen können die Österreicherinnen und Österreicher auch vollkommen sicher sein: Unter unserem Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel werden die anstehenden Reformen zur Pension sehr fair und sehr sozial ablaufen. Mehr noch: Wir streben eigentlich keine Pen­sionsreform an, sondern wir streben eine Arbeitsmarktreform an. Wir wollen nicht, dass die Österreicherinnen und Österreicher weniger Pension erhalten, sondern wir wollen schlicht und einfach, dass die Österreicherinnen und Österreicher länger arbeiten, und zwar so lange, wie es gesetzlich verankert ist. (Beifall bei der ÖVP.)


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Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass diese Menschen auch ihre Jobs behalten. Das ist klar, das ist uns allen voll und ganz bewusst. Wir werden diese Arbeitskräfte bis zum Jahr 2010 dringend brauchen.

Geschätzte Damen und Herren! Daher sieht die von Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel vor­gegebene Aktion „60 plus“ auch eine Senkung der Lohnnebenkosten für diese Altersgruppe um 10 Prozent vor. Weitere Maßnahmen werden und müssen natürlich noch folgen.

Reformen sind notwendig, um unser Pensionssystem nachhaltig zu sichern. Schließlich sollen unsere Kinder, wenn schon keine stattliche Pension, so wenigstens eine staatliche Pension er­halten. Je länger wir diese Reformen aufschieben, umso schmerzlicher werden diese Ein­schnitte werden. Das sollte hier jedem bewusst sein.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich mich freue, dass dieser Antrag im Budgetaus­schuss die Zustimmung aller vier Parteien erhalten hat. (Beifall bei der ÖVP.)

11.23


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.23


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Lapp hat ja ein wahres Gewitter an Vorwürfen auf die schwarz-blaue Bundes­regierung im Sozialbereich losgelassen. „Schläfrig“ sei die Bundesregierung gewesen, man­gelndes Engagement habe sie im Sozialbereich gezeigt. – Das ist ja alles paradox, Frau Abge­ordnete, denn im Handumdrehen haben Sie gesagt, dass Österreich im Sozialbereich gut dasteht, und haben das auch noch mit einer EU-Studie untermauert.

Frau Abgeordnete! Sie sollten endlich einmal mit diesen ständigen Schuldzuweisungen auf­hören. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es ist doch nicht möglich, dass Sie vergessen haben (Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp), mit welchem Schuldenstand diese schwarz-blaue Bundes­regierung belastet war. Hätten wir weiterhin das Geld so ausgegeben wie Sie in der sozialis­tischen Ära, dann hätten wir jetzt neben Frankreich und Deutschland den blauen Brief von der EU bekommen. (Ruf bei den Freiheitlichen: So schaut es aus!) Das müssen Sie doch auch einmal bedenken! Es ist doch lächerlich, immer nur zu fordern, ohne irgendwann einmal einen Bedeckungsvorschlag vorzulegen. (Abg. Mag. Schweitzer – in Richtung der Abg. Mag. Lapp –: Das ist eine „Sozialdemokratin“!)

Noch etwas, Frau Abgeordnete Lapp! Sie bemängeln die mangelnde Altersvorsorge für Frauen. Ich werde Ihnen etwas sagen: Auch in diesem Bereich vermisse ich den Reformgeist der SPÖ und habe ihn Jahre hindurch vermisst. Im Jahre 1986 war ich selbst Leiter einer freiheitlichen Arbeitsgruppe zur Pensionsreform. Damals schon habe ich Sozialminister Dallinger vorgeschla­gen, das Drei-Säulen-Modell mit einer Vorlaufzeit von zwanzig Jahren einzuführen. 1986! Wir hätten bereits jetzt dieses Pensionsmodell, ein modernes Pensionsmodell, die Vorlaufzeit wäre fast abgelaufen, und die Österreicher müssten nicht mehr um ihre Pensionen zittern, wie sie es jetzt auf Grund dieses sozialdemokratischen Erbes, Frau Abgeordnete Lapp, tun müssen. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

Sie kündigen Aktivitäten an. Sie sagen, Sie werden die Schläfrigkeit umwandeln und so weiter. – Also vor Ihren Aktivitäten, Frau Abgeordnete Lapp, fürchte ich mich – und die behin­derten Menschen in Österreich auch. Unter dem Titel „Verbesserung des Pflegegeldes“ wollen Sie den Behinderten das Verfügungsrecht über das Pflegegeld, das ihnen gesetzlich zusteht, nehmen. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ja unglaublich! Das ist wirklich unglaublich!)

Frau Bures! Unter dem komplizierten Titel „Integrierte Gesamtreform der Pflegevorsorge“ wollen Sie kaltblütig den Behinderten die freie Verfügungsmacht über das Pflegegeld nehmen. Das ist nicht nur meine Ansicht, sondern es hat sich ja schon eine Plattform gegen Ihre Anschläge gegründet, Frau Abgeordnete.


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Sie wollen zum Beispiel eine arbeits- und sozialrechtliche Absicherung der Pflegenden. – Na gut, schön, aber nicht auf Kosten des Pflegegeldes! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das Pflege­geld ist seinerzeit geschaffen worden, damit es den Behinderten besser geht, und zwar sollten die Behinderten und ihre Familienangehörigen oder ihre Betreuer bestimmen, wie sie sich das Leben erleichtern und verbessern können. All die Behinderten, Behindertenvereine et cetera brauchen Ihre Maßnahmen, mit denen Sie diesbezüglich Eingriffe vornehmen wollen, nicht, Frau Abgeordnete Lapp! Das möchte ich Ihnen hier wirklich ganz deutlich sagen.

Aber dieses ständige Zugreifenwollen auf das Pflegegeld durch die Sozialdemokratie ist ja schon Geschichte. (Abg. Mag. Wurm: Wer hat es eingeführt?) – Schütteln Sie nicht den Kopf! Lesen Sie lieber die alten Pressedienste! – Der frühere Wiener Vizebürgermeister Mayr, der jetzige Finanzstadtrat Rieder – wissen Sie, was die gefordert haben? – Sie haben anstelle des Pflegegeldes für die Behinderten nur Sachleistungen und einen Pflegescheck – also nicht das Pflegegeld zur freien Verfügung der Behinderten – gefordert. Das haben Ihre sozialdemokrati­schen Freunde immer gefordert, und Sie liegen auf derselben Linie!

Ich kann mich erinnern, es hat im Parlament auch eine Debatte darüber gegeben. Ich glaube, Frau Reitsamer war damals Sozialsprecherin. Da wollten Sie mit dem Geld der Behinderten Frauenarbeitsplätze schaffen, indem Sie gesagt haben, die Behinderten müssen mit ihrem Pflegegeld Sachleistungen, nämlich Arbeitsplätze einkaufen. Schaffen Sie Arbeitsplätze für Frauen – ich bin wirklich dafür –, aber nicht auf Kosten der Behinderten, Frau Abgeordnete! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das, was Sie machen, ist wirklich eine Weichenstellung in die falsche Richtung.

Ich bin der Meinung, dass die Behinderten das Pflegegeld, das sie sich durch zwanzig Jahre er­stritten haben, weiterhin zur freien Verfügung bekommen sollen, und nicht, dass sozialdemokra­tische Eingriffe in das Pflegegeld gefördert werden sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Reheis: Das haben die Sozialdemokraten eingeführt!)

11.29


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte.

11.29


Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kurz vorab eine Stellungnahme zum Pflegegeld beziehungsweise zur Idee, die im Raum steht, es durch Leistungsschecks zu ersetzen. Dazu kommt auch von unserer Seite ein ganz klares Nein! Wir bitten Sie wirklich, zu bedenken, dass das eine Entmündigung all jener ist, die leistungs­berechtigt sind. So kann man mit Menschen nicht umgehen. (Beifall bei den Grünen.)

Uns ist klar – und das fordern wir ebenso ein –, dass das Pflegegeld reformiert werden muss, und zwar sowohl was die Höhe betrifft, damit auch tatsächlich die Leistungen bezahlt werden können, die zu erbringen sind, als auch den Bereich der Krankheitsbilder betreffend, der damit abgedeckt werden kann. Als Stichwort möchte ich hier den Begriff der Altersdemenz nennen. Es ist derzeit ein Riesenproblem in der Betreuung alter Menschen, dass der mit dem Krank­heitsbild der Altersdemenz verbundene Aufwand nicht mit dem Pflegegeld refundiert wird. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

Der eigentliche Punkt des vorliegenden Antrages ist aber der, dass die Ausgleichszulagenricht­sätze für Ehepaare erhöht werden sollen, um, wie es in der Begründung des Antrages heißt, die Armutsgefährdung hintanzuhalten. Das heißt, die betroffenen Menschen sollen nicht Gefahr laufen, arm zu werden. – Gut. Wenn Sie Armut so definieren, dass die Betroffenen eine Woh­nung haben, etwas zu essen und anzuziehen haben, dann kann man tatsächlich zu zweit mit diesen 965 € überleben. Arm sein heißt aber darüber hinaus, am größten Teil des sozialen und kulturellen Lebens nicht teilnehmen zu können. Das heißt, keine Freundin, keinen Freund zum Essen einladen zu können. Das heißt, nicht ins Kino oder einmal auf den Fußballplatz gehen zu können, und das heißt, auch nicht ins Kaffeehaus gehen zu können, um einen „Kleinen Braunen“ zu trinken, damit man dort die Zeitungen lesen kann, die man sich nicht kaufen kann, weil sie zu teuer sind.


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Auch das sind ganz klare Zeichen von Armut, und es muss uns klar sein, dass diese Probleme von Armut mit Beträgen wie jenen, um die es heute hier geht, nicht zu lösen sind. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Posch.)

Österreich ist eines der reichsten Länder der Welt, auch wenn die Budgetdiskussion der letzten Jahre dahin gegangen ist, uns das vergessen zu lassen. Es ist eine Tatsache: Es ist in Öster­reich für alle genug da. Es ist eine Frage der Umverteilung, und wir haben die politische Verant­wortung, dafür einzutreten, dass diese Umverteilung in einem besseren Maß stattfindet als bis­her. Ich meine, dass diese siebenprozentige Erhöhung kein Grund dafür ist, stolz hier zu stehen und zu sagen: Wir erhöhen um sieben Prozent!, weil die Summen, um die es hier geht, noch immer beschämend sind. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Posch.)

Wenn man sich das genau anschaut, dann sieht man, dass diese 965 € ja aufgeschlüsselt sind, und zwar in 643 € für den Mann, der den Pensionsanspruch hat, und in 322 € für seine Ehefrau, die keinen Anspruch auf Pension hat. Werte Kolleginnen und Kollegen – speziell von der ÖVP und FPÖ! Ich bin im Vorarlberger Landtag von Ihren Parteifreundinnen und -freunden heftigst attackiert worden, als ich immer wieder das Recht von Frauen auf Erwerbstätigkeit und damit unter anderem ihre finanzielle Unabhängigkeit eingefordert habe. Wortreich ist mir dann immer versichert worden, wie hoch die Bedeutung der Hausfrau ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das stimmt ja auch!) – Ja, aber beim Geld hört die Anerkennung offenbar auf, denn ganze 320 € sind Ihnen, Frau Kollegin Partik-Pablé, diese Hausfrauen wert, die das getan haben, was Sie immer so wortreich loben und anerkennen, nämlich sich um die Erziehung ihrer Kinder, das Wohlergehen ihres Mannes und den Haushalt zu kümmern.

Sie werden mir zustimmen, wenn ich sage, dass die heutige Anpassung der Ausgleichszulagen­richtsätze nur eine kleine Sofortmaßnahme ist. Ich persönlich stimme ihr – das kann ich Ihnen versichern – mit Zähneknirschen zu. Ich erwarte, dass sich alle in diesem Parlament darüber einig sind, dass wir dringend eine Grundpension für alle brauchen, nicht zuletzt deshalb, weil jede Frau – egal, ob sie erwerbstätig oder Hausfrau war – ein Recht auf eine menschenwürdige Absicherung im Alter hat. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist eine vordringliche Aufgabe der kommenden Regierung, egal, wie diese aussehen wird, dafür Sorge zu tragen, dass hier eine Änderung stattfindet. Der Bundeskanzler hat gestern zwar gemeint: Wer mit uns verhandeln will, darf keine Bedingungen stellen!, aber ich sage Ihnen: Hier ist eine der Bedingungen, die gestellt werden müssen, die meiner Meinung nach von allen hier gestellt werden müsste, wenn sie verantwortungsvolle Politik machen wollen, nämlich die Einführung einer Alterspension für jede Frau, unabhängig davon, ob sie erwerbstätig war oder nicht. – Das ist eine Bedingung, an der künftig keine Koalition vorbeigehen kann und darf, ganz gleich wie sie zusammengesetzt ist. – Danke. (Anhaltender Beifall bei den Grünen.)

11.35


Präsident Dr. Heinz Fischer: Alle, die zum ersten Mal am Rednerpult sind, bekommen eine „Applauszulage“.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.36


Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP) (mit Beifall begrüßt): Ich danke dafür. – Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Es drängt mich, ein paar persönliche Worte an den Beginn meiner Rede zu stellen, ein paar Worte über etwas, das mir sehr viel bedeutet. Vor, ich würde sagen, fast einem knappen halben Jahrhun­dert habe ich als junge Sportlerin die Möglichkeit gehabt, etwas für Österreich zu tun, und zwar durch sportliche Erfolge. Es war dies eine Zeit, in der Österreich – ich habe das als Kind, als Jugendliche, ich war damals 15, gespürt – im Ausland wenig gegolten hat. Die Siege von Toni Sailer waren etwas, wo man gespürt hat: Man schaut wieder auf Österreich.

So sehr man als Sportler auch auf seine eigene Leistung konzentriert ist: Wird es heute gut gehen und am nächsten Tag?, so sehr spürt man auch diese Beachtung von Seiten des Aus­landes. Das ist etwas, was mich eigentlich mein ganzes Leben lang begleitet: dass Österreich


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im Ausland anerkannt wird und dass wir hier, im Inland, auf unsere Leistungen, auf unsere Menschen stolz sein können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Daher ist es für mich schön, dass ich heute mit einer Gesetzesnovelle einsteige, die etwas Positives bringt. Ich möchte hier die Zahlen, die von meinen Vorrednern bereits mehrmals aus­gesprochen worden sind, nicht wiederholen, aber das Positive bleibt. 965,53 € beträgt der neue Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare. 37 000 Menschen werden davon profitieren, und das bedeutet Mehrkosten von 25 Millionen €.

Der Sieg hat viele Väter – wir wissen das; da will sich jeder dranhängen –, aber die Niederlage ist dann ein Waisenkind. Nachdem in letzter Zeit verschiedenste Persönlichkeiten behauptet haben, Urheber dieser Gesetzesinitiative zu sein, muss ich klarstellen, wer wirklich der Initiator dieser sozialpolitisch so wichtigen Neuregelung ist, nämlich Stefan Knafl, der Bundesobmann des Österreichischen Seniorenbundes. Er hat bereits vor den Beratungen über die Pensions­anpassung 2002 mit Bundesminister Herbert Haupt und Staatssekretär Alfred Finz diesen Vorschlag erhoben. Das Präsidium des Österreichischen Seniorenrates hat diesem Vorschlag zugestimmt, allerdings kam es 2002 noch nicht zur parlamentarischen Beschlussfassung.

Bei den Verhandlungen über die Pensionsanpassung 2003 zwischen der Regierung und dem Bundesobmann Knafl sowie dem Obmann des Österreichischen Seniorenringes Dr. Paul Tremmel wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass in der ersten Sitzung des neu gewählten Nationalrates diese Gesetzesinitiative eingebracht wird, und über diese beraten wir heute und stimmen wir heute ab.

Der Österreichischen Volkspartei als Familienpartei ist es ein Anliegen, diese Maßnahmen zu unterstützen und auch zu verwirklichen. Ich möchte allen danken, die positiv mitgewirkt haben, so der ÖVP und FPÖ als Antragsteller und vor allem auch jenen, die bereit sind, diesem Antrag zuzustimmen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt wird es noch einmal persönlich. – Ich wurde von Bundes­kanzler Dr. Schüssel gefragt, ob ich für die ÖVP die Anliegen der Senioren im Parlament vertre­ten will. Seit zehn Jahren beschäftigte mich dieses Thema im Rahmen meiner Fernsehtätigkeit. Und etwas schmerzt mich wirklich tief in der Seele: das Image der Senioren. Die gewaltige Ver­änderung, die sich in dieser immer größer werdenden Gruppe unserer Gesellschaft vollzieht, ist in allen Bereichen unseres Lebens spürbar. Wenn man vor 30 Jahren den Senioren einen wohl­verdienten Ruhestand gewünscht hat, so hat das zwar schon bedeutet, dass man ihre Leistun­gen, ihre Arbeit anerkannt und gewürdigt hat, aber es war auch ein absolutes Abschieben in den Stillhaltezustand, etwa nach dem Motto: Das war’s dann für euch – seid dankbar, seid zufrieden, und bitte haltet jetzt den Mund!

Wenn es heute 60- oder 65-jährige Menschen gibt, bei denen man viel eher das Gefühl hat, dass für sie ein neuer, spannender Lebensabschnitt beginnt, als dass ihr aktives Leben zu Ende geht, dann sollten wir diese neue Seniorenrealität auch für unsere Gesellschaft, für unser Land nutzen. Durch medizinische Erkenntnisse und soziale Fortschritte haben sie Jahre dazu­gewonnen, und sie zählen sich auch zu einer „gewonnenen Generation“. Ich glaube – und ich weiß es von mir; ich bin da mitten drinnen –, dass wir diese jungen Alten für Aktivitäten, für Pro­bleme, die mit den Veränderungen einhergehen werden, brauchen werden, zum Beispiel für die Pflege der ganz Alten. Die Finanzierung unseres Gesundheitssystems wird auch von der Eigen­initiative abhängen, davon, wie jeder Einzelne von uns alt und älter wird.

Ich stehe in diesem Prozess – ich habe es schon gesagt –, und ich möchte erreichen, dass die Senioren Österreichs nicht nur den Ruf haben, Entscheidendes in der Vergangenheit geleistet zu haben, sondern auch, dass man in Gegenwart und Zukunft auf sie und auf ihre Leistungen nicht verzichten können wird. Ich werde mich für die Etablierung dieses neuen Selbstver­ständnisses der Senioren einsetzen, und ich freue mich sehr auf diese Herausforderung.

Abschließend möchte ich noch zur Reform der Pensionsanpassung Stellung nehmen und den Standpunkt des Österreichischen Seniorenbundes vermitteln, der die Beseitigung der unver-


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ständlichen Formulierung der Nettopensionsanpassung verlangt. Mit dem Seniorenbund er­suche ich um eine Neuformulierung, die für jeden Bürger verständlich ist und die Wertsicherung verbürgt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.42


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte.

11.43


Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Rein­hart Waneck: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich glaube, es ist das meiste zu dieser Gesetzesvorlage, zur Änderung des Sozialversicherungsge­setzes, bereits gesagt worden. Ich darf im Folgenden daher nur ganz kurz zusammenfassen.

Es ist auch sehr viel über die Pensionen insgesamt ausgeführt worden, und ich darf vielleicht daran erinnern, dass von der Hinaufsetzung des Ausgleichszulagenrichtsatzes nicht nur die der­zeit davon Betroffenen profitieren, sondern insgesamt mehr Personen: Statt bisher 30 000 Men­schen sind es auf Grund der Erhöhung in Hinkunft 37 000.

Weil hier die unterschiedlichen Pensionssysteme angesprochen worden sind, möchte ich dazu doch feststellen, dass das Gesagte in den oberen Bereichen durchaus zutreffen mag, in den unteren Einkommensbereichen hingegen ganz und gar nicht. Wenn man sich nämlich ansieht, wie viele von diesem Richtsatz betroffen sind, stellt man fest, dass von diesen 37 000 Betrof­fenen 25 000 dem ASVG zugehören, 3 000 dem GSVG und 9 000 dem BSVG. Wenn Sie das ins richtige Verhältnis setzen, sehen Sie, dass gerade auch die kleinen Pensionen keineswegs wesentlich über den ASVG-Pensionen liegen und in den unteren Bereichen durch­aus Ausge­wogenheit besteht.

Insgesamt profitieren also jetzt um mehr als 23 Prozent mehr Personen von dieser Veränderung des Ausgleichszulagenrichtsatzes.

Ich darf hinzufügen – und das auch im Namen meines Ministers, der sich für seine Abwesenheit entschuldigt, weil heute und morgen die Tagung der Sozialminister in Griechenland stattfindet, die damit das „Jahr der Behinderten“ beginnen wollen –: Es ist immer ein Anliegen freiheitlicher Politik gewesen, Ausgleichszulagen überdurchschnittlich zu erhöhen. Wenn Sie zurückdenken – es wurde schon erwähnt –: Die letzte Erhöhung hat im Jahr 1994 stattgefunden. In den Jahren 1994 bis 2000 hat keine einzige Erhöhung stattgefunden! Das heißt, oberstes freiheitliches Anliegen auch in dieser Regierung war es immer, Hilfe für Menschen, die es auf Grund ihrer Lebensumstände schwer haben, anzubieten.

Vielleicht darf ich aber abschließend noch hinzufügen: Sie wissen, dass die Ausgleichszulage tatsächlich nur die Differenz zwischen dem tatsächlichen Einkommen und dem Richtsatz ausmacht. Hier ist, glaube ich, in nächster Zeit doch auch eine Initiative zu ergreifen, um den Richtsatz zu erhöhen, was zu einer weiteren Verbesserung des Systems führen würde. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.46


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

11.46


Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche) (mit Beifall begrüßt): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte in dieser Diskussion doch auch daran erinnern – es wird nämlich oft darauf vergessen –, dass es sehr wohl auch eine Gefährdung der Bauern und der Selbständigen durch Armut gibt. Die Armutsge­fährdung der Selbständigen und auch die Armutsgefährdung der Bauern ist aber ein Thema, das einfach weggewischt wird.

Selbständig gewesen zu sein heißt noch lange nicht, dass man dann einem ruhigen Lebens­abend entgegensehen kann, heißt noch lange nicht, dass man sorgenfrei sein kann, und heißt noch lange nicht, dass man nicht armutsgefährdet sein kann. Die Zahlen beweisen es ganz klar:


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Wir haben gehört, dass immerhin knapp 20 000 Selbständige und 53 000 Bauern Ausgleichszu­lagenbezieher sind.

Besonders tragisch stellt sich die Situation bei den selbständigen und bäuerlichen Ehepaaren dar. Auch da sind es einmal mehr vorwiegend Frauen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, die davon betroffen sind. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass Frauen bei Selbständigen und Bauern erst seit 1969 überhaupt die Möglichkeit haben, voll versichert zu sein. Das heißt, all jene, die vor 1969 noch nicht versichert waren, sind vielfach auch jetzt in der Situation, keinerlei Pensionsanspruch erworben zu haben. Man konnte mit Hunderttausenden Schilling Pensions­zeiten nachkaufen, aber oft war die wirtschaftliche Lage derart, dass man auch dies nicht konnte. Man schätzt, dass jetzt ungefähr 3 000 selbständige Ehepaare und 10 000 bäuerliche Ehepaare Ausgleichszulagenbezieher sind.

Ich sage auch dazu: Es musste erst ein freiheitlicher Sozialminister kommen, um erstmals seit neun Jahren – erstmals seit neun Jahren! – eine außertourliche Erhöhung dieses Ausgleichszu­lagenrichtsatzes zu bewirken! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da muss man sich schon fragen: Wo waren die diversen Frauenministerinnen, wo waren die diversen sozialdemokratischen Sozialminister in der Zeit seit 1994, die dafür gesorgt hätten, dass es zu einer außertourlichen Ausgleichszulage kommt? Diese Frage stelle ich der gesamten sozialdemokratischen Fraktion auch im Hinblick auf diverse Fraueninitiativen. Wieso wurde das nie weiter vorangetragen, als Sie in der Regierung waren, als Sie den Sozialminister gestellt haben, als Sie für das Frauen­ministerium verantwortlich waren?

Einmal mehr freut es mich, dass unser Sozialminister Herbert Haupt sich so sehr der Armuts­bekämpfung angenommen hat. Ich möchte nur daran erinnern, dass mit dem Kindergeld, mit der Familienhospizkarenz, mit der Freifahrt für Internatsschüler, mit der Freifahrt für Lehrlinge, mit der Behindertenmilliarde viele Beiträge zur Armutsbekämpfung geleistet wurden.

Abschließend: Wir Freiheitlichen sind auch in Zukunft der Garant dafür, dass an dieser Politik, an der Sozialpolitik des Bundesministers Herbert Haupt, festgehalten wird. Herbert Haupt hat auch die Wege in der Armutsbekämpfung vorgegeben, und wir werden diese Wege weiterhin gehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.50


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher schließe ich die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen. Zu diesem Zweck bitte ich höflichst, die Plätze einzu­nehmen.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 4 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorlage in zweiter Lesung ihre Zustimmung ertei­len, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist in zweiter Lesung einstimmig angenom­men.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf darum bitten, dass jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung ihre Zu­stimmung erteilen, dies bekunden. – Ich stelle fest, dass die Vorlage auch in dritter Lesung einstimmig angenommen wurde.

Damit haben wir den 2. Punkt der Tagesordnung erledigt.

3. Punkt

Wahl von Ausschüssen


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 3. Punkt, nämlich zur Wahl von Ausschüssen.


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Es liegt mir dazu ein gemeinsamer Vorschlag aller vier Fraktionen vor, der zum Inhalt hat:

Der Nationalrat möge durch Beschluss folgende Ausschüsse einsetzen:

Ausschuss für Arbeit und Soziales,

Außenpolitischer Ausschuss,

Bautenausschuss,

Familienausschuss,

Finanzausschuss,

Geschäftsordnungsausschuss,

Gesundheitsausschuss,

Gleichbehandlungsausschuss,

Industrieausschuss,

Ausschuss für innere Angelegenheiten,

Justizausschuss,

Kulturausschuss,

Landesverteidigungsausschuss,

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft,

Ausschuss für Menschenrechte,

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen,

Rechnungshofausschuss,

Ausschuss für Sportangelegenheiten,

Umweltausschuss,

Unterrichtsausschuss,

Verfassungsausschuss,

Verkehrsausschuss,

Wirtschaftsausschuss sowie

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung.

Das ist die Liste der Ausschüsse, die von allen Fraktionen gemeinsam vorgeschlagen wird. Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich darf darum bitten, dass jene Damen und Herren, die mit der Einrichtung der genannten Aus­schüsse einverstanden sind, dies durch ein Zeichen der Zustimmung genehmigen. – Der Vor­schlag zur Einsetzung dieser Ausschüsse ist einstimmig angenommen.

Nach § 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung setzt der Nationalrat auch die Zahl der Mitglieder beziehungsweise der Ersatzmitglieder der einzelnen Ausschüsse fest. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder werden sodann auf die parlamentarischen Klubs im Verhältnis der Zahl der


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ihnen angehörenden Abgeordneten nach den in § 30 der Geschäftsordnung festgehaltenen Grundsätzen verteilt.

Die Klubs haben dann die auf sie entfallenden Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder dem Präsidenten namhaft zu machen, und diese gelten mit dieser Namhaftmachung als gewählt.

Nach Beratung in der Präsidialkonferenz ist für die erwähnten Ausschüsse folgende Anzahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern einvernehmlich vorgeschlagen worden, deren Aufteilung auf die einzelnen Fraktionen nach d’Hondt errechnet wurde:

Es soll der Geschäftsordnungsausschuss aus je 13 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern bestehen. Davon entfallen je sechs Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Österreichische Volkspartei, je fünf Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Sozialdemokratische Partei, jeweils ein Mitglied und ein Ersatzmitglied auf die Freiheitlichen und auf die Grünen.

Für die anderen vorhin genannten Ausschüsse sind jeweils 26 Mitglieder und Ersatzmitglieder vorgeschlagen. Demnach entfallen je zwölf Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die ÖVP, je zehn Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die SPÖ, jeweils zwei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder auf die Freiheitlichen beziehungsweise auf die Grünen.

Auch dazu ist ein Beschluss des Nationalrates notwendig.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen vorgeschlagenen Zahlen für die Mitglieder und Er­satzmitglieder der einzelnen Ausschüsse zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist vom Nationalrat einstimmig so beschlossen.

Ich darf nun bitten, dass die Klubs die Namen der von ihnen jeweils vorgeschlagenen Mitglieder beziehungsweise Ersatzmitglieder schriftlich bekannt geben. Diese gelten damit als gewählt und werden auch im Stenographischen Protokoll angeführt. (Zum Zeitpunkt der Drucklegung waren noch nicht alle Listen verfügbar; s. Anhang.)

Somit ist der 3. Punkt der Tagesordnung erledigt.

4. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (3/A)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der Erstantragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Cap, erhält als erster Redner das Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

11.56


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es begleitet uns schon seit langem eine sehr grundsätzliche Diskussion über die Frage der Rechte der Minderheitsfraktio­nen hier im Hohen Haus, darüber, wie sie im Rahmen der parlamentarischen Tätigkeit ihre Kontrollaufgabe optimal erfüllen können. Unabhängig davon, dass selbst unsere Fraktion in der Vergangenheit phasenweise unterschiedliche Auffassungen zu diesem Thema hatte – ich denke vor allem an die Zeit, als es noch die Koalition der Sozialdemokraten mit der ÖVP gege­ben hat, und an die vielen Diskussionen, die es gab, als man eine neue Geschäftsordnung hier im Haus beschlossen hat –, auch unabhängig davon, wie die berühmten Gespräche zwischen den Parteien zur Bildung einer neuen Regierung ausgehen mögen, ist, glaube ich, gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, um sich in Bezug auf diese Frage einmal grundsätzlich zu finden, um die Rechte der Minderheitsfraktionen zu stärken.


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Daher haben wir einen Antrag eingebracht, der künftig die Möglichkeit bieten soll, dass ein Untersuchungsausschuss nicht wie bisher nur durch einen Mehrheitsbeschluss, sondern bereits durch ein Verlangen von einem Drittel der Abgeordneten eingesetzt werden kann; wobei ich hinzufüge, dass wir, sollte der Fall eintreten, dass es hier in diesem Haus zu einer Regierungs­mehrheit kommt, wonach die Minderheit nicht einmal ein Drittel der Abgeordneten zur Verfü­gung hätte, wahrscheinlich hinsichtlich des Quorums eine Änderung durchführen müssten, denn sonst wäre das keine Stärkung der Minderheitsfraktionen. Jedenfalls wäre es notwendig, dass man grundsätzlich vom Erfordernis eines Mehrheitsbeschlusses abrückt.

Weiters beinhaltet dieser Antrag, dass nur ein Untersuchungsausschuss auf Grund eines Ver­langens laufen und es nicht gleichzeitig zwei geben kann und dass man auch eine zeitliche Beschränkung vorsieht, nämlich dahin gehend, dass innerhalb von 18 Monaten nach Einset­zung des Untersuchungsausschusses im Plenum über die Tätigkeit berichtet wird.

Das sind klare Regelungen. Da kann man nicht den Vorwurf machen, dass damit, wie es meistens von den Mehrheitsfraktionen oder Regierungsfraktionen geäußert wird, den Minder­heitsfraktionen Destruktionsinstrumentarien oder „Kriminalisierungsinstrumentarien“ – unter Anführungszeichen – überantwortet werden. Mit diesen Bestimmungen wird eine klare Ordnung vorgegeben und eine parlamentarische Balance, eine Ausgewogenheit zwischen Regierungs­fraktionen und Opposition hergestellt, die, glaube ich, wirklich die Rechte der Minderheits­fraktionen weiter stärkt.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich sagen – weil wir heute wiederum zwei zusätzliche Anträge einbringen, die im Rahmen der Reform der parlamentarischen Arbeit einen Stellenwert haben –, dass es sich lohnen würde, eine Grundsatzdiskussion über die Frage der Öffentlichkeit hier zu führen. Das heißt, es geht um die Möglichkeit, dass wir ähnlich wie in anderen Parlamenten in Europa festlegen könnten, dass eine permanente Übertragung der Debatten hier im Plenum auf einem Fernsehkanal stattfinden könnte. Es ist zu überlegen, die Arbeit in den Ausschüssen transparenter zu gestalten, indem man den Medien die grundsätzliche Möglichkeit einräumt, den Ausschusssitzungen beizuwohnen und über unsere Tätigkeit in den Ausschüssen berichten zu können.

Ich glaube, dass das mit Sicherheit auch die Arbeit in den Wahlkreisen erleichtern würde, denn wie oft bekommt man die Frage gestellt: Was machen Sie derzeit? Wo sind Sie gerade tätig? Was sind gerade Ihre Schwerpunkte? Hier ist ein Zusammenhang damit gegeben, inwieweit die Wählerinnen und Wähler Zugang zu den Informationen über die Tätigkeit der von ihnen gewähl­ten Abgeordneten haben.

Es würde unsere Arbeit erleichtern, wenn der Journalismus mehr Möglichkeiten bekäme, seine Informationsarbeit zu verbessern, natürlich verbunden mit einer kritischen Reflexion. Es ist ja nicht damit gemeint, dass das eine so genannte Hofberichterstattung sein sollte. Vielleicht gibt es Einzelne, die diesen Wunsch hegen, aber uns geht es darum, dass hier mehr Öffentlichkeit gegeben ist, womit man die Arbeit der Abgeordneten in einem ganz entscheidenden Ausmaß erleichtern könnte.

Genauso ist es mit der Fragestunde. Man könnte sich auch Gedanken darüber machen, wie man die Fragestunde qualitativ verbessern kann. Das wäre in diesem Gesamtpaket, neben dieser Änderung hinsichtlich der Möglichkeit, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, ein ganz wesentlicher Aspekt.

Die jetzige Praxis ist ja die: Man bringt eine schriftliche Anfrage in dieser Fragestunde ein, welche dann vom betreffenden Regierungsmitglied meistens schriftlich nicht beantwortet wird. Dann stellt man eine mündliche Zusatzfrage, und dann geht das gleiche Spiel wieder von vorne los. Ich denke, man könnte diese Fragestunde lebendiger gestalten, wie das meines Wissens in manch anderen Ländern der Fall ist, nämlich indem man auch ohne diesen Prozess der Vorbe­reitung Fragen stellen kann und spontaner dazu geantwortet werden muss, indem durchaus auch tagespolitische Ereignisse mit einbezogen werden können – auch das natürlich mit einer


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entsprechenden Fernsehöffentlichkeit. All das würde ein lebendigeres Parlament schaffen und die Arbeit des Parlaments volksnäher gestalten.

Es ist ja niemandem damit gedient, wenn es hier zu einer Distanz kommt, unter anderem auch wegen mangelnder Information und mangelnder Öffentlichkeit, zu einer Distanz zwischen den Wählerinnen und Wählern und denen, die gewählt wurden. Hier etwas zu machen kann ja eigentlich nur in unserem Interesse, im Sinne der Stärkung des Parlamentarismus sein. Und das würde im weitesten Sinne auch eine Stärkung für die Oppositionsfraktionen bedeuten, weil sie damit auch einen gerechteren Zugang hätten – in der Aufteilung ist es zwar leider ein bissel abhängig von den Mehrheitsverhältnissen, aber trotzdem –, denn selbstverständlich haben Regierungsfraktionen und Regierungsparteien mit der Präsenz in einer Regierung, mit dem Ausfüllen von Regierungsfunktionen ganz andere Möglichkeiten, Öffentlichkeit für ihre politi­schen Ziele zu schaffen. Es ist natürlich für Oppositionsfraktionen viel schwieriger, sich auch entsprechend zu Wort melden zu können.

Ich denke, dass damit in einem gewissen Sinne alle Parteien profitieren würden, vor allem aber der Parlamentarismus insgesamt, dass damit das Parlament volksnäher und auch die Identifika­tion mit der Tätigkeit der Abgeordneten größer würde. Dann obliegt es nur mehr den jeweiligen Inhalten der Politik der Abgeordneten, ob sie mit den Vorstellungen der Wähler übereinstimmen, aber das wird dann am Wahltag entschieden, das ist eine ganz andere Frage.

Ob man vielleicht sogar noch weiter geht und über eine Reform des Wahlrechts nachdenkt, ist ein anderes Thema, das wir mit Sicherheit bei einer anderen Gelegenheit verhandeln und disku­tieren können.

Abschließend also: Unser Anliegen ist es, die Rechte der Minderheitsfraktionen zu stärken und die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen unter den von mir skizzierten Regeln zu er­möglichen. Zum Beispiel wäre gleich die Frage der Beschaffung dieser Kriegsflugzeuge ein ganz konkreter Ansatz, diese neue Regelung zu erproben, wonach dann spätestens nach 18 Monaten ein entsprechender Bericht vorzulegen wäre. Aber es gäbe auch andere Gelegen­heiten.

Weil die Abgeordneten der FPÖ gerade so lächeln, wie wenn die Regierungsarbeit schon wei­terginge – Sie werden das ja besser wissen, möglicherweise wird das eh so sein –: Erinnern Sie sich an Ihre Oppositionszeit, wo Sie ganz andere Töne gepflogen haben! Ich gehe wirklich da­von aus, dass Sie gerade jetzt unsere Initiative unterstützen könnten. Vielleicht sind Sie wieder in Opposition, denken Sie daran! Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, dafür wird zumindest der Wähler sorgen, wenn Sie nicht unter die statistische Wahrnehmungsgrenze hinuntersinken sollten.

Jedenfalls meine ich, es könnte hier eine Mehrheit dafür geben, dass man die Minderheits­rechte der Oppositionsparteien stärkt, und die Zeit wäre reif dafür. Ich werbe um die Unterstüt­zung. (Beifall bei der SPÖ.)

12.05


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Er hat das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. (Abg. Mag. Schweitzer: Wenn du nicht polemisieren kannst, bist du schwach, Cap!)

12.06


Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich sind wir als Volkspartei selbstverständlich bereit, über all die Probleme und Fragen zu diskutieren, die Kollege Cap hier angeschnitten hat. Selbstverständlich ist es sinnvoll und notwendig, über all die parlamentarischen Verfahren zu sprechen, inwieweit wir sie verständlicher und bürgernäher machen können. Das muss immer ein Anliegen aller parlamen­tarischen Parteien sein. Das ist auch unser Anliegen. Wir verschließen uns einer solchen Dis­kussion in der kommenden Legislaturperiode ganz sicher nicht.


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Aber wir müssen auch ein bisschen bei den Daten und Fakten bleiben. Grundsätzlich besteht seit Jahrzehnten die Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Seit mehr als 13 Jah­ren sind die Beratungen im Untersuchungsausschuss sogar medienöffentlich, alle Befragungen werden im Beisein der Öffentlichkeit und der Medien durchgeführt. 1997 wurde sogar eine eigene Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse im Einvernehmen mit den Grünen und der SPÖ installiert, und diese Verfahrensordnung hat sich in den letzten zwei Jahren im Untersuchungsausschuss betreffend „Euroteam“ wirklich sehr bewährt, hat ihre Praktikabilität und ihre Wirksamkeit nachgewiesen, hat diesen Test hervorragend bestanden.

Wenn ich dem Kollegen Cap heute zugehört habe, konnte ich feststellen, dass die SPÖ hier offensichtlich einen Wechsel in ihrer Argumentation vorgenommen hat, denn in den neunziger Jahren hat sich die SPÖ gegen die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minder­heitsrecht noch heftig gewehrt und auch noch verhindert. Damals waren die Sozialdemokraten in der Regierung, waren stärkste Partei, trugen Regierungsverantwortung und haben – mög­licherweise deshalb – die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitsrecht ein­deutig abgelehnt.

In der letzten Legislaturperiode waren die Sozialdemokraten Oppositionspartei und haben auf einmal ihre Liebe zu Minderheitsrechten entdeckt und wollen nun dieses Recht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auch Minderheiten geben. Jetzt, nach dieser Wahl, sind sie zweitstärkste Partei und bringen wieder diesen Antrag ein.

Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, glaubwürdig und überzeugend ist für mich diese Linie nicht, denn als Regierungspartei Minderheitsrechte abzulehnen, als Minderheitspartei aber da­für einzutreten, das ist nicht gerade überzeugend, sondern das riecht ein bisschen nach partei­politischem Opportunismus. (Beifall bei der ÖVP.)

Nicht der grundsätzliche Standpunkt, sondern offenbar die jeweilige parteipolitische Position, Ihr Standort bestimmt diese Linie. (Abg. Dr. Cap: Was will die ÖVP?) Und das halten wir im Hin­blick auf Grundfragen des Parlamentarismus und der Geschäftsordnung des Nationalrates ehr­lich gesagt wirklich nicht für zielführend und auch nicht für überzeugend. (Abg. Dr. Cap: Und was will die ÖVP jetzt?)

Wir sehen, was den Untersuchungsausschuss betrifft, keinen Anlass, unsere Position zu ändern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Wir bleiben bei unserer Linie, die wir auch in den letzten zehn Jahren vertreten haben, und das mit guten Argumenten, denn ein Minderheitsrecht für Untersuchungsausschüsse ist in den europäischen Parlamenten weithin unbekannt. Die einzige Ausnahme ist die Bundesrepublik Deutschland, aber selbst das angeb­liche Minderheitsrecht im Deutschen Bundestag ist nur theoretisch, denn dort werden die Unter­suchungsaufträge und die Einsetzung der Untersuchungsausschüsse im Regelfall einvernehm­lich festgelegt.

Außerdem kennt das deutsche Verfassungsrecht die im österreichischen Recht unbekannte Organanklage gegen verantwortliche Organe des Parlaments. Und wenn man schon das deutsche Beispiel heranzieht, dann müsste man wahrscheinlich auch über diese Frage disku­tieren.

Im Übrigen ist das österreichische Parlament bei der Ausstattung mit Minderheitsrechten in Europa durchaus führend. So hat zum Beispiel der Deutsche Bundestag keine Möglichkeit, Rechnungshof-Sonderprüfungen durchzuführen.

Meine Damen und Herren! Gerade der „Euroteam“-Untersuchungsausschuss hat bewiesen, dass sich die neue Verfahrensordnung bewährt hat und dass Minderheitsrechte sehr ernst ge­nommen werden. Der Verfahrensanwalt war die ganze Zeit präsent und hat auch bei strittigen Fragen, in Sachen, in denen sich die Parteien nicht einig waren, objektiv und parteiunabhängig Auskunft gegeben und die Geschäftsordnung entsprechend interpretiert. Auch wenn es der jeweiligen Mehrheit – manchmal auch uns – nicht gepasst hat, hat sie das zur Kenntnis genommen.


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Die Regierungsparteien haben sogar Oppositionsanträgen auf Zurverfügungstellung von zu­sätzlichen Budgetmitteln im Budget zugestimmt. Dazu kommt noch, dass selbstverständlich jeder Partei unabhängig von ihrer Stärke die gleiche Fragezeit eingeräumt wurde.

Meine Damen und Herren! Mängel und Defizite im Untersuchungsausschuss gab es meiner Meinung nach nicht auf Grund geschäftsordnungsmäßiger Probleme oder mangelnder Minder­heitsrechte, sondern vielmehr gab es sie – so habe ich das empfunden – auf Grund mangelnder politischer Moral mancher Ausschussmitglieder, auf Grund des Mangels an persönlicher Verant­wortung und an Haltung, was man seiner Aufgabe und seiner Rolle als Mitglied eines parlamen­tarischen Untersuchungsausschusses schuldig ist.

Ich frage Sie, Herr Kollege Cap: Wie würden Sie etwa das Verhalten Ihres Justizsprechers beurteilen? – Er ist von Ihrer Partei in den Untersuchungsausschuss entsandt worden, obwohl er Rechtsvertreter für eine Firma war, die Teil des Untersuchungsgegenstands „Euroteam“ war, nämlich für das „bfi Wien-Euroteam“. Er hat sogar den Geschäftsführer dieses Unternehmens, der im Übrigen demnächst angeklagt wird, als parlamentarischen Mitarbeiter beschäftigt.

Meine Damen und Herren! Es ist unverständlich, dass Kollege Jarolim sein persönliches Nahe­verhältnis zur Zentralfigur dieses Falles im Ausschuss mit keinem Wort erwähnt hat, sondern es offenbar zu verschleiern versucht hat, bis man es im Untersuchungsausschuss aufgedeckt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Er hat zu keinem Zeitpunkt eine politische Unvereinbarkeit zwischen seiner Rolle als Unter­suchungsausschussmitglied und seiner Rolle als Betroffener, der persönlich in diesen Fall verwickelt war, gespürt. Das ist ein Fall mangelnder politischer Moral, meine Damen und Herren! Der SPÖ-Justizsprecher hätte sich nie in diesen Untersuchungsausschuss nominieren lassen dürfen. Daran hat es gemangelt, der Mangel bestand nicht im Hinblick auf institutionelle Probleme!

Doch Ähnliches gilt bedauerlicherweise auch für den Grün-Abgeordneten Karl Öllinger. Der Untersuchungsausschuss hat nämlich aufgedeckt, dass Lukas Wurz Gründungsobmann und bis heute Vorstandsmitglied des gewaltbereiten, linksradikalen „TATblattes“ ist. Er wurde auch vom Untersuchungsausschuss kritisch unter die Lupe genommen. Lukas Wurz ist aber auch Angestellter des Grünen Klubs. Wurz ist der Sozialreferent im Grünen Klub. Wurz ist darüber hinaus ein bedeutender und wichtiger Mitarbeiter und Vertrauter des Abgeordneten Öllinger.

Abgeordneter Öllinger hätte selbstverständlich wegen politischer Befangenheit die Konsequenz ziehen müssen und den Untersuchungsausschuss wegen Unvereinbarkeit – zumindest in die­sem einen Fall! – verlassen müssen. (Abg. Dr. Cap: Zur Sache!) Aber er hat es nicht getan und damit gezeigt, dass manche Abgeordnete politische Moral und hohe politische Maßstäbe nur dann gelten lassen, wenn sie nicht selbst davon betroffen sind. (Abg. Dr. Cap: Thema verfehlt!)

Meine Damen und Herren! Nur dann, wenn diese parteipolitisch motivierten Haltungen und Ein­stellungen geändert werden, können auch die Objektivität und die Glaubwürdigkeit der Unter­suchungsausschüsse verbessert werden. Gerade das halten wir in dieser Frage für eine ganz wichtige Aufgabe, die wir auch in der nächsten Legislaturperiode angehen sollten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Wo sind Ihre Flügerl? Der Heiligenschein liegt noch auf dem Redner­pult!)

12.15


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schie­der. – Bitte.

12.15


Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der öffentliche Bereich und vor allem die obersten Organe werden sehr oft verklärt gesehen. Es ist aber auch so, dass manchmal dieselben Verhaltensweisen, dasselbe simple Schema so angewendet wird wie im privaten Bereich.


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Die Einstellung der parlamentarischen Fraktionen zum Minderheitsrecht auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist sicherlich durch die Frage geprägt, ob man sich eher als potentieller Untersuchter oder primär als Untersucher sieht.

Ich weiß aus der langen Zeit der Regierungsverantwortung meiner Partei – Kollege Kukacka hat uns zu Recht daran erinnert, welche Haltung wir eingenommen haben, genauso wie er zu Un­recht Dinge hier heute gebracht hat, die nicht in diese Debatte gehören und die eigentlich nur unterstreichen, dass er manchmal die Dinge eher zu klein sieht, als dass er die Größe von Vorhaben erkennt –, dass man von der Regierungsbank aus Anträge auf Einsetzung von Unter­suchungsausschüssen nicht immer in erster Linie als Glanzlichter der Demokratie sieht, son­dern meistens mehr als politische Störmanöver, als unzulässige Stimmungsmache, als Blockie­rung und Behinderung der Arbeit der Regierung.

Aber ich weiß auch aus der Oppositionszeit meiner Partei, dass das manchmal sogar die Gründe dafür gewesen sind, warum man solche Anträge gestellt hat. In der Mehrheit der Fälle war es aber nicht so. In der Mehrheit der Fälle war es die Sorge, dass etwas nicht in Ordnung ist, war es die Sorge, dass etwas aufgeklärt gehört.

Meine Damen und Herren! Auch wir haben in der Vergangenheit dazu manchmal eine andere Haltung eingenommen, aber wir haben aus den eigenen Fehlern gelernt. Herr Kollege Kukacka! Wir alle sollten lernen – sowohl aus den Fehlern der anderen als auch aus den Fehlern, die wir selbst gemacht haben.

Wir bekennen uns heute zum Minderheitsrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüs­sen, und wir tun das zu einem Zeitpunkt, zu dem wir nicht geprägt sind vom Sein, das wir hier haben, zu dem wir nicht wissen, ob wir in Kürze in der Regierung oder weiterhin auf der Oppo­sitionsbank sein werden. Auch bekennen wir uns gleichzeitig zu Regelungen, die sicherstellen werden, dass es keinen Missbrauch dieses Minderheitsrechtes gibt, dass es keine Unter­suchungsausschuss-Schwemme gibt, die schon durch den bloßen Zeitaufwand die Arbeit von Ministerien oder von Ministern stilllegt. Das Recht auf Einsetzung solcher Ausschüsse, das Recht, sie zu verlangen und sie durchzusetzen, muss auch einer Opposition zustehen!

In einem Punkt wird unser Antrag sicherlich noch zu diskutieren und zu ändern sein. In einem Punkt könnte er zum Beispiel bei einer schwarz-roten Koalition nicht demokratisch genug sein, nämlich was die Zahl der Antragsteller betrifft. Wenn „ein Drittel“ bleibt und es Schwarz-Rot gibt, dann hätte die Opposition nicht ein Drittel, und dann wäre das sicherlich keine faire Vorgangs­weise. Gerade dann, wenn eine Regierungsmehrheit sehr groß ist und vielleicht sogar eine Ver­fassungsmehrheit besteht, sind die Oppositionsrechte und die Kontrollrechte besonders wichtig.

Für diese Fälle müsste es Vorsorgen geben, um das Recht zu erhalten, und in diesem Punkt ist auch die Bereitschaft da, unseren Antrag diesbezüglich abzuändern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Der nationale Parlamentarismus erlebt derzeit – und wir müssen das offen zugeben – keine Hochblüte. Immer mehr Dinge werden global und nicht national entschie­den. Wir haben zu Recht viele Dinge der Europäischen Union übertragen. Von nationalen Parlamentsrechten ist viel zum EU-Rat und zum Europäischen Parlament gegangen. Allerdings wanderte dabei viel zu wenig an Rechten zum Europäischen Parlament. Außerdem haben die Parlamente auch in ihrer Funktion als Partner der Regierung an Bedeutung verloren – nicht deshalb, weil die Regierungen nicht partnerschaftlich agieren wollen, sondern deswegen, weil auch die staatliche Ebene schwächer geworden ist. Dies geschah aber nicht bloß durch Eini­gungsprozesse und durch internationale Einrichtungen, sondern durch die neue Kraft der Kon­zerne, der Firmen, der Fonds, von Aktionärsgruppen, deren Partner auch in der Bewältigung kritischer Fragen meist nicht mehr Parlamente, ob national, regional oder international, sind, sondern öffentlichkeitswirksam auftretende NGOs, die ihre Anliegen im Gegensatz zu diesen Konzernen in der Öffentlichkeit darlegen.


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Aber nicht nur in Österreich, sondern überall in Europa und auch darüber hinaus müssen sich die Parlamente, muss sich der Parlamentarismus erst in seiner neuen Rolle in dieser Zeit der Einigung und in dieser Zeit der Globalisierung finden. Es besteht die Notwendigkeit, neue inter­nationale und regionale Zusammenarbeitsformen, Gedankenaustauschformen der Parlamente zu finden, die parlamentarische Diplomatie weiter zu entwickeln, die Bürger wieder stärker mit einzubeziehen, Allianzen mit NGOs auf nationaler Ebene zu schließen.

Dass in jedem Land die parlamentarischen Rechte ausgebaut werden, ist auch ein Punkt, der notwendig ist. Das muss selbst dann geschehen, wenn es mühsam und zeitraubend ist. Wie oft im Leben geht auch das nicht mit einem großen Wurf, sondern nur als Summe von so ge­nannten Kleinigkeiten. In Österreich gibt es diese Kleinigkeiten, und das sind Bereiche, in welchen aber gerade in den letzten Jahren der Parlamentarismus stark ausgedünnt wurde.

Wir sollten uns Folgendes vornehmen, meine Damen und Herren: Es soll keine radikalen Ein­griffe in das Begutachtungsrecht durch Setzung von kürzesten Fristen für die Begutachtung mehr geben, und es sollte natürlich auch keine Umgehung des Begutachtungsrechtes mehr geben.

Es sollten natürlich auch einer Regierungsfraktion alle Rechte zustehen, aber sie sollte diese sehr sparsam nutzen. Es sollte keine exzessive Nutzung von Oppositionsrechten durch Regie­rungsfraktionen geben, wie zum Beispiel Verlangen auf Sondersitzungen, Dringliche Anfra­gen, Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen et cetera, denn in Österreich ist es so wie in allen Demokratien, wo die Wurzel des Parlamentarismus im 19. Jahrhundert liegt: Da ist ohnedies eine große Menge an Rechten der Regierungsmitglieder und der Minister auch im Parlament vorhanden, wie zum Beispiel Wortmeldungen, Redezeit et cetera. Es hat die Regierung ohnedies auch im parlamentarischen Getriebe schon von vornherein einen Bonus, sodass es notwendig ist, das dadurch auszugleichen, dass Regierungsfraktionen ihre parla­mentarischen Rechte nicht so nutzen, dass sie Oppositionsrechte damit ausschließen.

Wir sollten vereinbaren, dass Ausschüsse einberufen werden, wenn es Gesetzesvorlagen gibt, und zwar auch dann, wenn es nur Anträge sind, und nicht nur dann, wenn es Regierungsvor­lagen sind, wie es manchmal geschehen ist. Wir sollten nicht mehr zulassen, dass die Behand­lung von Gesetzesanträgen permanent vertagt wird und dadurch Oppositionsanträge nicht ein­mal behandelt werden können – abgelehnt können sie ohnehin werden. Wir sollten nicht zulas­sen, dass die Öffentlichkeit von Expertenhearings in Ausschüssen ausgeschlossen wird. Wir sollten für öffentliche Ausschusssitzungen sein.

Außerdem sollten wir, wo doch ohnedies der Arbeitsaufwand des Parlaments durch die Übertra­gung von Agenden an die EU zurückgegangen ist, darauf achten, dass dem Plenum nicht noch Dinge weggenommen werden, weil man unbedingt eine Enderledigung im Ausschuss erzwin­gen oder EU-Debatten nicht hier im Plenum führen will, sondern nur im Hauptausschuss selbst. Wir sollten darüber hinaus schauen, dass wir uns nicht mehr der Ladung von Auskunfts­personen verweigern.

Meine Damen und Herren! Die Regierung selbst sollte dazu beitragen, dass die Kontrolle ihrer Arbeit möglich ist. Es sollten Anfragen ordentlich und nicht oberflächlich beantwortet werden, wie es gerade in den letzten Jahren sehr oft der Fall war.

Meine Damen und Herren! Es gibt viele Dinge, wo wir im eigenen Bereich Sachen verbessern könnten, wenn wir nur wollten. Aber wollen muss es die Mehrheit in diesem Hohen Haus, und da ist vor allem die Regierungsfraktion gefordert. Sie muss hier wollen und dazu bereit sein. Aber die Bereitschaft muss von allen mitgetragen werden. Meine Fraktion ist dazu bereit. (Bei­fall bei der SPÖ.)

12.25


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

12.25


Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass Herr Abgeordneter Schieder jetzt hier – ich nehme an bezie-


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hungsweise hoffe, dass das nicht nur seine persönliche Meinung ist, sondern auch die Meinung der Mehrheit seiner Fraktion – ein bisschen das Bild zurechtgerückt hat, das man gewinnen konnte, wenn man dem Klubobmann Cap sehr genau zugehört hat – was wir alle hier natürlich getan haben –, und vor allem, wenn man den Antrag gelesen hat, so wie er hier vorliegt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube – und da gebe ich allen meinen Vorrednern Recht, die das erwähnt haben –, dass es selbstverständlich wichtig und notwendig ist, die Rechte der Parlamentarier innerhalb des Parlaments, aber auch gegenüber der Bundesregierung immer auf ihre Effizienz und auf ihre Machbarkeit hin zu überprüfen und, wenn es geht, auch permanent weiterzuentwickeln.

Aber das sollte von einem möglichst objektiven Standpunkt aus geschehen und nicht von dem Standpunkt: Was nützt mir und meiner eigenen Fraktion am besten? Wenn die erforderliche Zahl für den Beschluss der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit einem Drittel der Abgeordneten festgelegt wurde, dann muss ich sagen: Das lässt bei mir schon den Verdacht aufkommen, dass zumindest in diesem Bereich ein bisschen der Gedanke „Was nützt es meiner Fraktion?“ im Vordergrund gestanden ist und nicht die Überlegung „Was nützt der Minderheit, was nützt einer möglichen Opposition hier im österreichischen Parlament?“.

Ich sehe die vorliegenden Anträge – auch den Antrag der Grünen – als Anregung, sich intensiv mit der Weiterentwicklung der Geschäftsordnung und der Rechte des Parlaments zu beschäfti­gen. Ich glaube, dass es noch über viele andere Dinge mehr wert sein wird, hier im Parlament zu diskutieren, so zum Beispiel über die Gestaltung der Tagesordnung. Es wäre, glaube ich, spannend, viel öfter als bisher zu aktuellen Themen wirkliche Grundsatzdebatten zu einer pro­minenten Zeit hier im Parlament führen zu können. In vielen anderen Parlamenten sind es die spannenden Zeiten, die spannenden Ereignisse und Augenblicke, wenn das Parlament über aktuelle innenpolitische, aber auch außenpolitische Ereignisse diskutiert, sich eine Meinung bilden und durchaus auch Beschlüsse fassen kann.

Es ist aber natürlich nicht nur die Frage zu beachten: Was kann das Parlament, was steht in der Geschäftsordnung?, sondern auch die Frage zu untersuchen: Wie nützen die Abgeordneten die ihnen zustehenden Rechte? Das ist wohl auch ein bisschen an das Selbstverständnis der Ab­geordneten zu richten. Gerade bei sensiblen Dingen wie etwa bei Untersuchungsausschüssen ist natürlich auch immer zu fragen: Wie kann der Missbrauch von derart sensiblen Einrichtungen beziehungsweise parlamentarischen Instrumentarien verhindert werden?

Ich glaube aber, dass man darüber hinaus gehen sollte: dass man – und das ist hier schon an­geklungen – nicht nur die Geschäftsordnung des Nationalrates im engeren Sinn einer Evaluie­rung und Weiterentwicklung unterziehen sollte, sondern dass wir auch gefordert sind, Öster­reichs gesamtes Verfassungsgefüge einmal zu diskutieren, uns anzusehen und an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Dabei sind folgende Fragen zu beachten: Welche Kompetenzen haben wir denn an die Euro­päische Union abgegeben? Wie sehen wir uns hier als Gesetzgeber? Wie sehen wir uns bei der Mitwirkung an der „Gesetzgebung“ – unter Anführungszeichen – in der Europäischen Union? Wie ist das Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden? Wie kann man Pro­bleme angehen und möglicherweise auch beheben, was den Missbrauch einer Zweidrittelmehr­heit hier im Parlament betrifft? Das ist etwas, was der Verfassungsgerichtshof bereits moniert hat. Sie wissen, dass das über viele Jahre geschehen ist. Wir haben das auch schon oft kriti­siert. Manchmal hörte man auch ein bisschen Selbstkritik bei jenen, die das damals gemacht haben. Wir wissen, dass unser Verfassungsgefüge nicht danach ausgerichtet ist, dass hier im Parlament eine Regierung über eine Zweidrittelmehrheit verfügt. Mit dieser Zweidrittelmehrheit kann jede Kontrollbefugnis des Verfassungsgerichtshofes de facto ausgeschaltet oder zumin­dest sehr stark vermindert werden. Auch das sind Dinge, die diskutiert gehören.

Natürlich kann man immer, Herr Abgeordneter Cap, über das Wahlrecht nachdenken. Aber auch da sollten wir die Eigeninteressen, die Interessen der eigenen politischen Kraft und Frak­tion hintanstellen und auf einem objektiven, auf einem allgemeinen Standpunkt diskutieren.


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Ich glaube nicht, dass all die Ideen, die hier eingebracht worden sind, an diesem Standard zu messen sind, wenn es darum geht, hier in Österreich ein Mehrheitswahlrecht einzuführen, damit die großen Fraktionen möglichst noch größer werden, auch wenn es dem Wählerwillen nicht zu 100 Prozent entspricht, und kleine Fraktionen wesentlich weniger proportional hier im Parlament vertreten sind.

Wenn wir uns dazu finden, all diese Punkte objektiv, offensiv, ehrlich, dynamisch zu diskutieren, dann wäre das sicherlich nicht nur im Sinne des Parlamentarismus, sondern auch der Republik Österreich, und es wäre vielleicht einzigartig, wenn man solche Dinge unabhängig von ideologi­schen und parteipolitischen Scheuklappen behandeln könnte. In der Vergangenheit war dies schwierig, aber man soll die Hoffnung auf Besserung nie aufgeben. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

12.31


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

12.31


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geschätzter Kollege Schweitzer – Entschuldigung: Kollege Scheibner. Ich habe Schwierigkeiten mit der Klubobmannfrage gehabt. Ich darf da anknüpfen. Ich möchte mich auf die Fragen der Aufwertung des Parlamentarismus beschränken, denn im engeren Sinn geht es dann wieder um die Untersuchungsausschüsse.

Ich möchte auch in Richtung SPÖ sagen: Jeder darf irgendwann einmal gescheiter werden. Herr Kollege Kukacka, ich verstehe nicht, warum Sie plötzlich glauben, mit der Position der jetzigen Mehrheitsfraktion die Weisheit sozusagen mit auf die Reise bekommen zu haben, denn das ist auch keine Kunst, wie Sie es angelegt haben. Jeder darf gescheiter werden! – Ver­ständigen wir uns darauf.

Aufwertung Parlamentarismus: Die Frage der Öffentlichkeit des Plenums einerseits und jene der ständigen Öffentlichkeit der Ausschüsse andererseits hielte ich für sehr wichtig. Wir würden uns in der Präsi­diale die Festlegung sehr vieler eigenartiger Redezeitregelungen, die wir hier dann zu beschlie­ßen haben, ersparen, die oft dadurch zustande kommen, dass das Fernsehen um 13 Uhr aus­steigt. Umgekehrt formuliert: Es gibt auch viele vernünftige Gründe, dass die Wählerinnen und Wähler dem Treiben hier ständig zuschauen können, wenn Sie das so for­muliert haben wollen. Dagegen ist nichts einzuwenden, das sollte auf die Reise gebracht werden.

Mindestens so wichtig allerdings ist die Frage der Öffentlichkeit von Ausschüssen. Da haben wir schon mehrmals den Vorschlag gemacht, einfach das Prinzip umzudrehen. Grundsätzlich sollen die Ausschüsse öffentlich sein. Selbstverständlich wird es, wenn besondere Gründe vorliegen, dass entweder Vertraulichkeit oder Nichtöffentlichkeit – das ist nicht immer dasselbe – herzu­stellen ist, so beschlossen, aber grundsätzlich sind die Beratungen öffentlich und haben Öffent­lichkeit und Journalisten Zugang. Das würde gerade die Kontrollfunktionen, die auch in den Ausschüssen zum Teil geleistet werden, mindestens aber in den einschlägig dazu berufenen, nämlich im Rechnungshofausschuss und im Unterausschuss des Rechnungshofausschusses, ein­deutig in eine bessere Position bringen.

Jetzt komme ich zur Anregung des Kollegen Cap. Ich finde auch, dass wir die Fragestunde in der Form, wie wir sie jetzt abhalten, entweder abschaffen oder verbessern sollten. Die Frage­stunde wird interessanterweise im Fernsehen schon immer pflichtgemäß übertragen, so, als ob das eine Verfassungsbestimmung wäre. Es ist wirklich eigenartig, da wird dem Fernsehzuseher suggeriert, dass es sich um eine mündliche Anfrage handelt. In Wahrheit muss man diese – Sie alle wissen es – in ganz satter Frist vorher abliefern, und der Minister weiß, was er zu sagen hat. Der mögliche Gag besteht darin, ob die Zusatzfrage mehr oder weniger originell oder krea­tiv gestaltet werden kann – dann freut es meistens auch den Minister mehr; Sie kennen das ja, Herr Kollege Scheibner. Aber den anderen Teil sollten wir schleunigst verbessern. Es hätte


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auch seinen Sinn, aktuelle, dann aber auch relativ spontan geführte Debatten, beschränkt auf diese Stunde – diese sollten nicht ewig dauern –, hier durchzuführen.

Das könnten wir alles in dieses Paket hineinnehmen. Es spricht gar nichts dagegen, die Anträge Cap auf der einen Seite und jenen unserer Fraktion auf der anderen Seite, den wir ja gleich im heute zu konstituierenden Geschäftsordnungsausschuss einbringen werden, unter diesen As­pekten zu verhandeln.

Jetzt komme ich zum Untersuchungsausschuss an sich. Da ist ja an Begründung nicht mehr viel hinzuzufügen, außer auf ein Argument einzugehen, das Kollege Kukacka gebracht und Präsident Khol der APA am 15. dieses Monats mitgeteilt hat, und zwar bezieht er sich da auf die Bundesrepublik Deutschland mit dem Argument, nur dort würde überhaupt so etwas Ähnliches wie ein Minderheitsrecht hinsichtlich der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses existie­ren, und verweist darauf, dass es so etwas wie eine Organklage im deutschen Grundgesetz gebe.

Das ist richtig, Artikel 93 normiert das dort. Worum geht es da? – Da geht es darum, dass auch Organe der Republik, mithin Funktionäre des Parlaments, also Ausschussvorsitzende – um die würde es hier ja gehen – oder selbst die Präsidenten des Nationalrates, ihrerseits noch einer Bewertungsinstanz ausgesetzt sind. In unserer Verfassung wäre das dann der Verfassungsge­richtshof.

Ja wenn Kollege Khol meint, dass das im Kontext nützlich und notwendig ist, dann kann man darüber reden. Daran soll es nicht scheitern. Herr Kukacka, das war allerdings das einzige Argument, das übrig geblieben ist, dass wir das nicht hätten. Ja dann schauen wir uns das gemeinsam an, das macht auch Sinn. Warum soll es keine Bestimmung geben, die die Präsi­diale davon befreit, zum Beispiel ständig festzustellen, ob ein Ausschussvorsitzender richtig oder falsch gehandelt hat – sie kann ohnehin nicht eingreifen –, und die vorsieht, wenn eine entsprechende Anre­gung oder Klage in schwereren Fällen dem Verfassungsgerichtshof vor­liegt, dass darüber befunden wird, und zwar in Form einer Feststellung; nicht mehr, denn auch der Verfassungsgerichtshof kann das parlamentarische Prozedere nicht im Nachhinein auf­heben.

Aber wenn das die einzige Begründung dafür ist, dass wir die Einsetzung von Untersuchungs­aus­schüssen nicht als Minderheitsrecht verankern sollten, dann werden wir darüber reden, und zwar ganz geschwind. Ich freue mich auf die diesbezüglichen Verhandlungen im Geschäftsord­nungsausschuss. An dem wird es sicher nicht scheitern. Da stehen Sie bei uns vor offenen Türen und, wie ich annehme, auch bei der SPÖ. (Abg. Dr. Cap: Kukacka ist schon schwach!)

Letzter Punkt: Herr Kollege Kukacka, wenn Sie hier davon sprechen, dass die Grundrechte gewahrt werden müssten, dann muss ich dem entgegenhalten: Das muss ja wohl auch der Fall sein, wenn die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses so wie bis jetzt einer Mehrheit obliegt. Soll dann nicht die Grundrechtslage gelten? – Na selbstverständlich!

Es ist in diesem Zusammenhang auch ein bisschen eigenartig, um nicht zu sagen eigentlich un­seriös, Kollegen Öllinger hier in die Debatte mit hereinzunehmen als jemanden, der im Zuge des „Euroteam“-Untersuchungsausschusses nicht korrekt gehandelt hätte. Ich finde dies des­halb mindestens unseriös, weil Sie genau wissen, dass dieser Untersuchungsausschuss ohne den Kollegen Öllinger und seine Recherchearbeiten ja überhaupt nicht ... (Abg. Mag. Kukacka: Unvereinbar!) – Ja wenn das unvereinbar ist, dass die Aufdecker schon selber im Ausschuss sitzen, dann kann ich Ihnen wirklich nicht helfen. Dann ist ja auch wieder klar, was von Ihrer Mehrheit hier zu erwarten ist. (Beifall bei den Grünen.)

In Wahrheit haben Sie doch bewiesen, dass Sie einen Untersuchungsausschuss, der ja nicht zufällig den Titel „Euroteam“ trägt, mit Ihrer Mehrheit im Ausschuss ganz woanders hingetrieben haben, als der ursprüngliche Untersuchungsgegenstand war. Das war doch das Problem! Und jetzt wollen Sie sich hier herstellen und sich vor der Minderheit fürchten. Schauen Sie einmal,


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dass Sie Ihre Mehrheit nicht missbrauchen! (Abg. Dr. Cap: Wie wahr! Wie wahr!) Das wäre viel gescheiter. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Dann könnten wir uns wieder ohne diese Predigten besser darüber verständigen, was wirklich der Aufwertung des Parlamentarismus dient. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.39


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Kogler, Sie können gleich in der Nähe des Rednerpultes bleiben, denn diese Debatte ist geschlossen.

Den Antrag 3/A weise ich dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

5. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Ge­schäftsordnungsgesetz des Nationalrats geändert werden (15/A)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum nächsten Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt der Begründer, Herr Abgeordneter Kogler. – Bitte.

12.39


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Ich kann meine Ausführungen jetzt tatsächlich kurz halten und die Gelegenheit dazu benützen, um auf einen Unterschied hin­zuweisen, wodurch sich der Antrag Cap vom Antrag Kogler, den wir jetzt sozusagen diskutie­ren, unterscheidet.

Der Antrag der SPÖ zielt darauf ab, dass dieses Minderheitsquorum genau bei einem Drittel der Abgeordneten liegen soll. Bei uns ist es hingegen so, dass wir das ähnlich wie bei anderen Be­stimmun­gen, die Minderheitsrechte in Kontrollfragen betreffen, jeder Fraktion im Hause zuge­stehen. Das braucht natürlich eine Begrenzung, um einen Missbrauch hintanzuhalten, das ist völlig logisch. Deshalb findet sich in unserem Antrag auch der Hinweis darauf, dass ein zweites diesbezüg­liches Verlangen, was es ja dann nach diesem Geschäftsordnungsvorschlag wäre, unzulässig ist, solange das erste nicht behandelt wurde.

Also vereinfacht: Solange der Untersuchungsausschuss nicht beendet ist, darf nach dieser Passage ein zweites Verlangen gar nicht gestellt werden. – Diese Selbstbeschränkung, die sinnvoll ist, ist ein eindeutiger Beweis dafür, dass der Opposition nicht daran gelegen ist, das Ganze überbordend zu gestalten.

Ich darf noch hinzufügen, dass auch die SPÖ diese Passage in ihrem Antrag hat. Der einzige Unterschied, der nunmehr bleibt, ist die Frage: Darf es ein Drittel der Abgeordneten oder darf es auch eine Fraktion sein? Aber – Herr Kollege Cap, Sie haben vorhin selbst darauf hingewie­sen – wenn ohnehin einem Missbrauch der Riegel vorgeschoben wird, ist es wirklich kein Pro­blem, es auch einer Fraktionsstärke anheim zu stellen, ob sie dieses eine Mal dieses Recht beansprucht oder auch nicht. Kollege Kukacka! Es ist im Übrigen ohnehin ein jeder schlecht beraten, der einen Untersuchungsausschuss will, wenn er dann dort nichts zusammenbringt. Aber mit diesem Problem müssen Sie sich noch einmal beschäftigen. (Beifall bei den Grünen.)

12.41


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke Herrn Abgeordnetem Kogler für die Begründung des Antrages 15/A.

Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Daher weise ich diesen Antrag 15/A dem Geschäftsord­nungs­ausschuss zur Vorberatung zu.


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6. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere (Bundes-Tierschutzgesetz – TSchG) (12/A)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt die Erstantragstellerin, und das ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Maximale Redezeit: 10 Minuten, freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.42


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Debatte um die Verbesserung der Tierschutzstandards in Österreich zieht sich jetzt viele Jahre auch durch den Nationalrat, wiewohl es bislang kaum eine Zuständigkeit auf Bun­desebene in Sachen Tierrecht, Tierschutz gibt. Es gibt einzelne Bereiche, was das Strafrecht betrifft, was Tierversuche betrifft, wo es Bundesnormen gibt, aber beim „ganz normalen Tier­schutz“ – unter Anführungszeichen –, das heißt beim Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztie­ren, bei der Behandlung von Haustieren, gibt es bislang keine Bundeszuständigkeit.

Das wurde seit geraumer Zeit nicht nur von der österreichischen Tierschutzbewegung massiv kritisiert, sondern das wird immer öfter auch von der Europäischen Union mit scharfen Worten kritisiert. Österreich, vor allem was die landwirtschaftliche Nutztierhaltung betrifft, hat heftige Kritik von Seiten der EU einstecken müssen, und es ist nach wie vor so, dass ich das Gefühl habe, man nimmt das auf die leichte Schulter.

Jetzt gab es schon vor mehr als fünf Jahren ein Tierschutz-Volksbegehren in Österreich, ein Volksbegehren, das einen erstaunlich hohen Zuspruch hatte, aber mit dem seither in diesem Hohen Haus, muss ich sagen, wirklich übel verfahren wurde. Es gab eine Fülle von Sitzungen – ich kann gar nicht sagen, wie viele Sitzungen es im Unterausschuss des Verfassungsaus­schusses schon dazu gab –, bei denen eigentlich in der Sache nichts weitergegangen ist. Und es ist so, dass in dieser Frage eigentlich einzig und allein die ÖVP immer blockiert hat.

Wenige Tage vor der letzten Nationalratswahl hat dann der Herr Bundeskanzler aufhorchen lassen, hat verkündet, dass er, dass die ÖVP jetzt auch für ein bundeseinheitliches Tierschutz­recht sei. Wir haben diese Botschaft gehört. Ich habe mir persönlich gedacht: Eine lang überfäl­lige Entscheidung! – Was sich allerdings seither getan hat, das lässt mich schon wieder zwei­feln, wie ernst denn die Vorsätze sind.

Es gibt jetzt von den Grünen einen ausformulierten Antrag, der eingebracht ist. Es ist eigentlich ein Antrag, der eine koordinierte Arbeit der österreichischen Tierschutzbewegung ist. Wir haben mehr oder minder nur die Dienstleistung übernommen, diesen Antrag hier im Parlament einzu­bringen. Meiner Einschätzung nach ist es ein Antrag mit sehr viel Augenmaß. Es gab durchaus Stimmen in der Tierschutzbewegung, die sich noch mehr hätten vorstellen können, etwa die Verankerung von subjektiven Rechten für Tiere. Ich persönlich glaube auch, dass die Entwick­lung in diese Richtung gehen wird. Aber es ist bei diesem Antrag ein Mittelweg gewählt worden, ein, wie ich meine, sehr guter Weg. Und es kommt eben wirklich auf die inhaltlichen Standards an, die jetzt zu diskutieren sind.

Es gibt einen Antrag der ÖVP, der jetzt einmal eine bloße Verfassungskorrektur darstellt: Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, auch Bundesnormen in dieser Angelegenheit zu erlassen. Das sagt in der Sache noch gar nichts, denn wie wir alle wissen, sind die inhaltlichen Stan­dards, was das Niveau des Tierschutzes betrifft, die Vorschriften, insbesondere was die land­wirtschaftliche Nutztierhaltung betrifft, sehr, sehr unterschiedlich. Wir sehen, dass sich die Länder, wo es kaum, wenig Massentierhaltung gibt – das ist im äußersten Westen der Fall, in Vorarlberg, Tirol, das ist aber natürlich auch in der Bundeshauptstadt Wien der Fall –, eher strenge Normen leisten. Sie können es auch. Dort, wo die großen Tierhaltungsbetriebe sind, die


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wenigen Betriebe, die man leider wirklich als Tierfabriken bezeichnen muss, hat sich die Gesetzgebung nach einer schlechten Realität gerichtet. Und das ist ein Zustand, der so nicht länger erträglich ist. Es nützt daher nichts, nur die verfassungsrechtlichen Kompetenzen zu ändern, sondern wir müssen über diese Inhalte reden.

Nun liegt ein Vorschlag der ÖVP für die Abhaltung einer Enquete auf dem Tisch – ich sage, spät, aber wenigstens doch einmal. Allerdings schon von diesem Vorschlag her, muss ich sagen, fehlt mir jetzt der Glaube, wie weit man wirklich willens ist, ein neues, ein modernes Ge­setz zu machen, das den EU-Standards und den Forderungen der Tierschutzbewegung ent­spricht. Denn normalerweise war es bei derartigen Enqueten Usance, dass man sich im Vorfeld zusammensetzt und sagt, wer dabei zu Wort kommen sollte, wer von der Sache her etwas einzubringen hat und wen wir unbedingt berücksichtigen müssen. Hier war es eigentlich eine Vorgabe, die von Ihnen kam, und ich glaube, es wäre ein schlechter Start in das Projekt eines bundeseinheitlichen, und zwar wirklich guten Tierschutzgesetzes, wenn wir nicht im Vorfeld versuchten, ein sinnvolles Programm für solch eine Enquete festzulegen. Das hieße wohl auch, die Opposition und in dieser Frage wohl auch unbedingt die österreichische Tierschutzbewe­gung zu Wort kommen zu lassen.

Mein Appell: Starten Sie diese Debatte nicht mit einem neuerlichen Affront, sondern nehmen Sie die Angelegenheit jetzt ernst und machen Sie eine parlamentarische Enquete, die den Namen Tierschutz auch verdient! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.49


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grillitsch. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

12.49


Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg möchte ich hier einmal ein klares Bekenntnis zum umfassenden Tier­schutz ablegen. Dieser umfassende Tierschutz beruht, wie ich meine, in Österreich auf einem wirklich breiten gesellschaftlichen Konsens. Ich sage aber auch dazu, bei diesem breiten gesell­schaftlichen Konsens muss auch Konsens darüber bestehen, dass jene, die Aufgaben im In­teresse der Gesellschaft übernehmen, bei der Erfüllung dieser Aufgaben Unterstützung finden. Wir haben bereits jetzt hohe Tierschutzstandards, wir haben in Österreich ein europaweit gese­hen vorbildliches Niveau. Wir haben eine sehr ambitionierte Tierschutzpolitik auf Landesebene betrieben, und wir haben eine konsequente Weiterentwicklung des Tierschutzes in Österreich auf Basis der Artikel-15a-Vereinbarungen.

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Aber dieses hohe Tierschutzniveau erfordert natürlich auch begleitende Maßnahmen für jene, die dieses Standards zu erfüllen haben. Die Frage der Wett­bewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft muss sichergestellt werden. Tierschutz­standards werden heute – das wissen wir – als Qualitäts- und Auswahlkrite­rien beim Kauf von Lebensmitteln herangezogen, und daher ist auch eine klare Gütesiegel-Stra­tegie in Österreich erforderlich. Wir brauchen entsprechende Instrumente zur Förderung des Tierschutzes, etwa in Form einer Investitionsförderung für besonders tierfreundliche Haltungs­formen.

Meine Damen und Herren! Das klare Ziel dieses österreichischen Tierschutzgesetzes erfordert ganz einfach die Allianz zwischen Bauern und Konsumenten, und diese Allianz müssen wir festigen. Wir brauchen dieses Konsumentenvertrauen in hohe Qualität österreichischer Lebens­mittel. Dabei ist natürlich dieser umfassende Tierschutz erforderlich. Das steht außer Frage. Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung muss darin beinhaltet sein, ebenso die Haltung von Tieren zu Demonstrationszwecken, zum Beispiel Zirkusse und Tierparks, aber auch Heimtiere und Haustiere.

Die Diskussion zum Tierschutz muss aber natürlich auch im europäischen Blickwinkel gesehen werden. Es kann nicht nur eine nationale Frage sein, und ich bin sehr froh, Frau Dr. Petrovic, dass Sie gesagt haben, dass auch europäische Standards mit zu berücksichtigen sind. Genau in diese Richtung müssen wir dieses Tierschutzgesetz auch auslegen. Der Beitrittstermin ist


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festgelegt, und auch im Bereich Tierschutz müssen wir jetzt die Weichen für ein optimales Gelingen der Erweiterung stellen.

Daher sage ich: einheitliche europäische Standards, Sicherheit, dass nur dem EU-Standard ent­sprechende Lebensmittel angeboten werden, Wahrung des Konsumentenvertrauens. Es darf zu keiner Verunsicherung betreffend Qualität der Lebensmittel kommen, auch wenn es Übergangs­fristen bei Tierschutzbestimmungen gibt. Wir möchten daher wirklich mit einer starken einheit­lichen Stimme in Europa dafür eintreten. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Uns allen ist bewusst, und vor allem auch der Landwirt­schaft ist bewusst, Landwirtschaft und Tierschutz sind unabdingbar miteinander verbunden. Man kann nahezu sagen, sie bilden eine Schicksalsgemeinschaft. Es ist wirklich sinnvoll, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen – gleichgültig, ob wir mit Tieren oder für Tiere arbeiten – und die gemeinsamen Interessen von Tierschützern, Bauern und Konsumenten her­vorzuheben. In diesem österreichischen Tierschutzgesetz soll dies artikuliert werden.

Daher begrüße ich sehr diesen Initiativantrag der ÖVP, auch wenn Sie meinen, dass es zu spät ist. Es ist nie zu spät! Ich bin sehr froh und dem Herrn Bundeskanzler dankbar, dass er diese Initiative auch für die heimische Landwirtschaft ergriffen hat – gerade angesichts der Erweite­rung. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

Ziel muss daher die Verankerung der Gesetzgebung im Bereich des Tierschutzes auf Bundes­ebene für Heimtiere, Nutztiere und Tiere zu Demonstrationszwecken sein. Daher bitte ich Sie auch, es kann keine Frage sein, wer bei dieser Enquete dabei ist oder wer nicht dabei ist. Ich glaube, das sollten wir noch ausdiskutieren. Das wird nicht das Problem sein. Aber wir sollten diesen Antrag auf Abhaltung dieser Enquete unterstützen, und daher der Appell an alle Fraktio­nen, sinnvoll und maßvoll ein österreichisches Bundes-Tierschutzgesetz zu schaffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.54


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

12.54


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Einige Ansätze und Ausführungen des Vorredners möchte ich durchaus positiv be­werten. Es ist wirklich einige Hoffnung berechtigt, dass man endlich zu einem Ergebnis kommt, denn beim Thema Tierschutz hat die Politik in der letzten Legislaturperiode kläglich versagt. Die rechtliche Organisation und die Verwaltung in diesem Bereich sind ja in Wirklichkeit in einem beschämenden Zustand: 11 Landesgesetze, 35 Verordnungen – oder sind es schon mehr? – und mehr als 600 Paragraphen.

Meine Damen und Herren! Woran ist eigentlich ein modernes, bundeseinheitliches Tierschutz­gesetz gescheitert? – Allein die Vorstellung, dass man Landeshauptleuten Kompetenzen weg­nimmt, war in der letzten Legislaturperiode geradezu obszön. Oder eine einflussreiche Lobby in der Landwirtschaft hat gemeint, ökonomisch sei das alles unmöglich. Es ist gnadenlos verhin­dert worden, ich kann als Obmann im zuständigen Ausschuss ein Lied davon singen. Es ist die Reform blockiert, jeglicher Fortschritt verhindert worden. Es gibt auch keinen Grund – es ist allgemein bekannt –, nicht zu sagen, wer dafür verantwortlich ist: Es ist die ÖVP, die in der Vergangenheit jede Reform in diesem Bereich blockiert hat.

Aber – jetzt sozusagen von der Peitsche zum Zuckerbrot – die Erklärungen des Bundeskanzlers und von Landeshauptleuten, dass das falsch war und dass man diesbezüglich eine Reform durchführen möchte, sind natürlich eine große Chance, dass man in dieser Sachfrage voran­kommt, bei der es in Wirklichkeit um Lebewesen und nicht um Dinge geht. Es ist auch eine Chance für das Parlament, einmal der Bevölkerung zu beweisen, dass man etwas zustande bringt, und zwar etwas, das vor 10 Jahren schon 330 000 Menschen in einer Kampagne einer Tageszeitung gefordert haben. Bekanntlich haben im Jahr 1996 460 000 Österreicherinnen und Österreicher ein Volksbegehren in diese Richtung unterstützt. Die Tierschutzorganisationen


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engagieren sich seit vielen Jahren mit allergrößtem Einsatz. Insgesamt geht es auch darum, eine Rechtszersplitterung zu bereinigen, Kompetenzen zusammenzufassen und den Sparsam­keitsgedanken in den Vordergrund zu stellen.

Aber ich glaube, dass einige Bedingungen einfach erfüllt sein müssen, damit wir auch tatsäch­lich zu einem Ergebnis kommen. Erstens muss offen, fair und mit gutem Willen von allen Betei­ligten daran gearbeitet werden. Meine Damen und Herren! Wenn ich mir den Antrag auf Ab­haltung einer parlamentarischen Enquete anschaue, dann muss ich fragen: Ist es wirklich fair, meine Damen und Herren von der ÖVP, den Termin zu bestimmen, den Ablauf festzu­legen? Ist es wirklich fair, den anderen Fraktionen den Antrag sozusagen einen Tag vor den parla­mentarischen Bera­tungen dieser ersten Lesung gewissermaßen auf den Tisch zu knallen? – Es ist noch ein ge­wisser Spielraum, um gemeinsame Gesinnung zu beweisen. Ich möchte drin­gend an Sie appellieren, so wesentliche Dinge wie solch eine Enquete im Vorhinein abzustim­men.

Seit 20. Dezember 2002 liegen einschlägige Anträge im Parlament. Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir könnten auch sofort beginnen, die verfassungsrechtliche Seite zu klären. Wir müssen nicht ein halbes Jahr nach der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers zuwarten, gewis­sermaßen von vor der Nationalratswahl bis Mitte April 2003. Es gibt überhaupt keinen Grund, formalrechtliche Dinge nicht schon jetzt abzuklären. Vielleicht – Frau Kollegin Rauch-Kallat ist sicher dazu legitimiert – könnten wir uns im Rahmen dieser ersten Lesung darauf verständigen, dass wir formale Grundsätze bereits im Vorhinein klären, denn bei der Enquete wird es in erster Linie um inhaltliche Belange gehen.

Was wichtig sein wird – egal, wie immer eine Koalition ausschauen wird –, ist, dass dann alle der Versuchung widerstehen müssen, bestimmte Dinge mit der Tierschutzmaterie zu paktieren. Es dürfen in dieser Angelegenheit die Oppositionsparteien, wer immer das sein wird, nicht Opposition um der Opposition willen betreiben. Auch das ist sehr wichtig. Ich möchte dafür plädieren, dass gewissermaßen ein koalitionsfreier Raum entsteht und sich alle unabhängig von anderen politischen Dingen und Konstellationen auf diese Sache konzentrieren.

Ich glaube, wir sollten auch die Öffentlichkeit zulassen, das ist heute bereits diskutiert worden. Das wäre ganz wichtig. Es gibt hier nichts zu verbergen, wir können die Tierschutzmaterie durchaus vor den Augen der Öffentlichkeit abhandeln. Ich glaube, ein gewisses Tempo ist auch notwendig. Es müsste doch möglich sein, noch vor dem Sommer ein Bundes-Tierschutzgesetz zu beschließen. Ich glaube, wenn sich alle konzentrieren und bemühen, könnten wir der Bevöl­kerung gegenübertreten und sagen: Wir haben gemeinsam etwas zustande gebracht, wir haben noch vor dem Sommer 2003 ein Bundes-Tierschutzgesetz geschaffen.

Die SPÖ wird sehr ambitioniert und sehr engagiert an diesem Thema arbeiten. Wir haben das entsprechende Fachwissen, die entsprechenden Experten.

Ich möchte noch einen Punkt kurz ansprechen. Es gibt auch einen SPÖ-Entschließungsantrag in Richtung eines bundeseinheitlichen Rahmengesetzes für die Fischerei. Das hat auch viel mit Tierschutz zu tun, denn mehr als 410 000 Österreicher zählen sich zu den Anglern. Meine Damen und Herren! Es ist absurd und lächerlich, dass in den einzelnen Bundesländern bei­spielsweise verschiedene Prüfungen abverlangt werden oder dass es bürokratische Hürden gibt, wenn jemand aus Wien in Kärnten fischen möchte, oder dass der Umgang mit den Lebe­wesen in Vorarlberg ein anderer sein soll als in Niederösterreich oder etwa in der Steiermark. Der Österreichische Fischereibeirat und die Spitzenbeamten warten auf grünes Licht seitens der Politik und sind auch bereit, in diese Richtung etwas zu machen.

Meine Damen und Herren! Abschließend zum Bundes-Tierschutzgesetz: Die SPÖ und die Grünen sind seit vielen Jahren zu dieser Reform bereit. Die ÖVP ist es seit einem Vierteljahr, die FPÖ auch. Machen wir es doch endlich! Machen wir es kompetent, rasch und gemeinsam! (Beifall bei der SPÖ.)

13.00



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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

13.00


Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es ist be­grüßenswert, dass alle Fraktionen des Hohen Hauses ein einheitliches Tierschutzgesetz wollen. Wir Freiheitlichen kämpfen schon sehr lange für dieses Tierschutzgesetz. Seit 1994 hat unser Minister Haupt immer wieder auf diese Missstände hingewiesen. Wir alle wissen, warum es gescheitert ist, und wir haben auch in den Ländern immer dafür gekämpft, dass dieses Gesetz kommen soll.

Meine Damen und Herren! Tierschutz ist eine schwierige Materie. Wir sind uns darüber einig, dass Tiere keine Sache sind. Wir Freiheitlichen fordern schon lange eine länderübergreifende Regelung, weil nicht einzusehen ist, dass es neun verschiedene Landes-Tierschutzgesetze gibt. Ich darf Sie etwa an die Unterschiede in den gesetzlichen Vorschriften zwischen Westen und Osten in Bezug auf die Hühnerhaltung erinnern.

Für uns selbst ist dies natürlich ein sensibler Bereich, gerade was die Landwirtschaft betrifft. Deshalb muss gerade auf diesen Bereich in besonderem Maße geachtet werden, denn es sollen nicht existenzbedrohende Zustände für die Bauern daraus entstehen. Deshalb ist es auch wichtig, dass im Antrag der Grünen betreffend ein solches Bundes-Tierschutzgesetz in dessen § 4 ausführlich auf diese Thematik eingegangen wird, nämlich auf die Abgeltung bezie­hungsweise die Förderung von Tierschutz – ich würde das in diesem Zusammenhang mit Um­weltschutz gleichsetzen –, damit den Bauern daraus kein Schaden entsteht, da es hier doch um eine Angelegenheit im Interesse der Gesellschaft geht.

Es gäbe da vielleicht noch zusätzliche Vorschläge, weil vieles von außerlandwirtschaftlichen Einkommen – gerade bei den Nebenerwerbsbauern – mit in die Landwirtschaft fließt, wie etwa, dass man steuerliche Erleichterungen bei der Einkommensteuer oder bei anderen Dingen gewährt, um Investitionen in Tierschutz, in artengerechte Haltung von Tieren abzugelten und zusätzliche Anreize zu schaffen.

Ich halte es grundsätzlich für traurig, dass der Tierschutz in unserer Gesellschaft keine Selbst­verständlichkeit ist, sondern dass es dafür einer verfassungsrechtlichen Regelung bedarf.

In Bezug auf Erziehung – ob in Kindergärten oder Schulen – sollte man den Tierschutz als Unterrichtsgegenstand einrichten, damit nicht nur Maßnahmen gesetzt werden, sondern dieses Thema auch in der Bildung unserer Kinder und unserer Jugend ernst genommen wird, denn gerade bei der Jugend fängt der Tierschutz an. Ich glaube, das wäre auch eine wesentliche Sache.

Den Schutz unserer Tiere in der Bundesverfassung zu verankern, findet von uns allen Zustim­mung. Bewusste Tierquälerei gehört aufs Schärfste verfolgt und bestraft. Dazu gehört auch das tierquälerische Töten – da bin ich selbst sehr dahinter – von Tieren wie zum Beispiel beim Schächten.

Die Verleihung eines Tierschutzsiegels für Betriebe, deren Tierhaltung nach dem Tiergerecht­heitsindex erfolgt, halte ich persönlich für eine gute Idee. Das könnte man auch in der Vermark­tung gegenüber den Konsumenten gut hinüberbringen.

Es gibt ein paar Dinge, die ich ablehne. Wenn ich mir im Antrag § 31, „Befugnisse der Über­wachungsorgane“, Punkt 1 ansehe, dann stört mich das ein bisschen, weil bei diesen Bestim­mungen der Schutz nicht gegeben ist. Im Punkt 2 heißt es:

„2. zur Verhütung drohender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung a) die in Z 1 genannten Grundstücke, Gebäude und Anlagen außerhalb der Geschäfts- und Betriebszeiten zu betreten, b) Wohnräume des Auskunftspflichtigen zu betreten“.


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Das ist eine Maßnahme, die meiner Meinung nach zu weit geht. Da möchte ich die Grünen schon daran erinnern, dass sie immer den Überwachungsstaat abgelehnt haben. In diesen Be­reichen sollte man mehr Sensibilität zeigen, und diese Punkte gehören auch gemeinsam er­örtert, nämlich dahin gehend, ob man da nicht auch eine andere Regelung treffen könnte, die trotzdem effizient genug ist, um den Tierschutz zu gewährleisten.

Über die Einsetzung eines unabhängigen Tieranwaltes muss man natürlich auch reden. Grund­sätzlich: Tieranwalt ja, aber was die Frage betrifft, ob er weisungsfrei sein sollte, so glaube ich, dass das nicht unbedingt eine Verbesserung bringen würde.

Meine Damen und Herren! Ich möchte gerade Sie von den Grünen für Ihre intensive Arbeit loben, weil es wichtig ist, dass sich im Bereich Tierschutz jede Fraktion darum bemüht, dass etwas weitergeht. Ich lade Sie dazu ein, dass wir Freiheitlichen gemeinsam mit allen Fraktionen dieses Tierschutzgesetz so schnell wie möglich nicht nur erarbeiten, sondern schlussendlich auch beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.05


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.05


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! „So schnell wie möglich“ – diese Worte gebrauchte mein Vorredner am Schluss seiner Ausführungen. Dazu darf ich festhalten: An uns soll es nicht liegen, dass im Bereich Tierschutz, der bereits seit mehreren Legislaturperioden immer wieder hier diskutiert wird, end­lich Nägel mit Köpfen gemacht werden. An uns soll es nicht liegen! (Präsident Dipl.‑Ing. Prinz­horn übernimmt den Vorsitz.)

Ich brauche nur darauf zu verweisen, seit wann hiezu Anträge unsererseits vorliegen, wie inten­siv dieses Thema bereits in Unterausschüssen beraten worden ist, dass es im Prinzip von allen ExpertInnen bereits sehr praktikable Vorschläge dazu gibt, dass diese auf dem Tisch liegen und im Prinzip nur mehr endverhandelt werden müssten.

Ich sehe in dieser Schleife, die jetzt wieder mittels einer Enquete eingezogen wird, möglicher­weise eine Verzögerungstaktik, zumal dies gar nicht mehr notwendig ist: Wir wissen, die 460 000 Menschen, die das Volksbegehren unterzeichnet haben, sind dafür; wir wissen, die Bauernschaft der ÖVP ist dafür; Herr Präsident, wir wissen auch, dass die FPÖ diesbezüglich mit uns an einem Strang zieht; und selbstverständlich arbeitet die SPÖ schon seit längerem mit uns an dieser Angelegenheit. Ich frage mich daher, wieso es noch diese vielen Enquete­schleifen gibt!

Es ist klar, wir wollen einen sinnvollen, einen zielführenden Tierschutz. Wir wollen höhere Stan­dards. Wir wollen eine Vereinheitlichung anstreben. Wir wollen diese Allianz zwischen Konsu­mentInnen und Bauern, weil gerade die Qualität des Produktes, des Lebensmittels, des Fleisches ein Argument im Verkaufsbereich ist. Dass die Qualität besser ist, wenn die Tiere angstfrei leben, das brauch ich, so glaube ich, Ihnen nicht zu erzählen.

Insofern verstehe ich diese leichte Verzögerungstaktik in keiner Weise. Wir könnten schon längst an die Ausschussarbeit herangehen; wir könnten schon längst die Endtexte redigieren, aber ich fürchte, dass etwas wahr wird, was meine Kollegin Fekter von der ÖVP in einer Mel­dung am 21. November artikulierte. Sie hat nämlich bei einer Bezirksversammlung in Vöckla­bruck, in Breitenschützing, vor Landwirten auf eine Frage nach der bundesweiten Vereinheit­lichung des Tierschutzes wörtlich geantwortet: Das werde nicht so heiß gegessen wie gekocht. Die Bauern sollten sich daher keine Sorgen machen, schließlich sei man jetzt im Wahlkampf.

Das war die Formulierung von Kollegin Fekter laut einer APA-Pressemeldung. Ich hoffe nicht, dass das jetzt eintrifft. Momentan ist sie, soviel ich sehen kann, nicht im Saal, aber ich denke eher, dass das Wort von Herrn Kollegen Grillitsch gilt, der sich dafür ausgesprochen hat, dass dieses Gesetz so schnell wie möglich geschaffen wird. Auch mein Vorredner hat darauf hin-


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gewiesen, dass wir es rasch brauchen. Es geht also darum, dass das eingehalten wird und dass vor allem auch unser Anlauf in Richtung Tieranwaltschaft ernst genommen wird.

Es soll nicht nach wie vor so weitergehen, dass nur ein Verstoß oder eine Tierquälerei von 5 000 zur Anzeige kommt. Diesbezüglich gibt es eine hohe Dunkelziffer, die belegt, dass es im Bereich der Tierquälerei von Elend und Qual nur so strotzt. Wir brauchen kompetente Men­schen, die die Stimme der Tiere bilden, denn das muss der Vergangenheit angehören. Dafür, dass es möglichst schnell so weit sein soll, werden wir gerne sorgen, und dazu soll auch diese erste Lesung etwas beitragen.

Wie gesagt, wichtig ist, den Vollzugsnotstand möglichst schnell abzuschaffen, die Anwaltschaft voranzutreiben und die Allianz mit der aufgeschlossenen Landwirtschaft zu pflegen und gedeih­lich zu einem Ende zu bringen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. – Bitte.

13.09


Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben heute eine große Diskussion anlässlich einer ersten Lesung zu einem Bundes-Tier­schutzgesetz in einer Situation, in der die Österreichische Volkspartei nach heftigen Diskus­sionen in den letzten Jahren – das kann man durchaus so sagen – und nach einer Einigung, die Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im vergangenen Herbst mit den Landeshauptleuten errei­chen konnte, eine Verfassungsänderung im Tierschutz vornehmen wird, weil dies ein großes Anliegen vieler Menschen im Lande ist.

Ich muss dazu sagen, dass ich in den Diskussionen immer wieder festgehalten habe, dass es darum geht, Tiere möglichst wirksam zu schützen, und dass es dabei nicht erheblich ist, ob das in der Landeskompetenz oder in der Bundeskompetenz geschieht. Aber es ist zum Teil der Opposition gelungen, sichtbar zu machen, beziehungsweise hat sie versucht, sichtbar zu machen, dass es auch an der Kompetenz liegt.

Wir haben in dieser Frage vor allem jetzt durch die Veränderungen in der Europäischen Union eine wesentlich andere Situation als noch vor wenigen Jahren. Auf Grund einer ÖVP-Initiative ist das Thema Tierschutz überhaupt in die Europäische Union eingebracht worden. Es war auch so, dass Österreich im Bereich des Tierschutzes in den letzten Jahren und Jahrzehnten alles andere als inaktiv war. Ich darf darauf verweisen, dass am Beginn der neunziger Jahre bereits eine Artikel-15a-Vereinbarung zum Schutz von Nutztieren in der Landwirtschaft wesentliche Verbesserungen gebracht hat und diese Österreich innerhalb der Europäischen Union, obwohl wir damals noch gar nicht Mitglied der Europäischen Union waren, einen besonderen Platz ein­gebracht hat. Diese Vereinbarung ist seit 1995 in Kraft und umfasst die Haltungsbedingungen, die Bewegungsmöglichkeiten, die Boden- und Käfigbeschaffenheit, das Stallklima und die Betreuungsintensität für Rinder, Schweine und Geflügel.

Wir haben darüber hinaus einige Jahre später auch in einer Artikel-15a-Vereinbarung, um bun­deseinheitliche Standards zu schaffen – das war letztendlich das Anliegen –, Verbesserungen für den außerlandwirtschaftlichen Bereich erreicht, und zwar sowohl für die Heimtierhaltung, also für Hunde, Vögel, Kleinnager, Schildkröten, als auch für die Haltung in Tierhandlungen und durch die Zoorichtlinie in der EU auch für die Haltung in Zoos. Da gibt es Mindeststandards, die schon österreichweit, also bundeseinheitlich, gelten und die ebenfalls im Rahmen eines Artikel-15a-Vertrages festgehalten wurden.

Es gab auch entsprechende Verbesserungen beziehungsweise Initiativen im Bereich der Hal­tung von Kampfhunden – jeweils bezogen auf den Anlassfall. Es gab eine Verschärfung im § 89 des Strafgesetzbuches, und mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2000 wurde ein eigener Unterausschuss des Verfassungsausschusses eingesetzt. Wir haben eine Verschär­fung der Strafen für Tierquälerei umgesetzt, was auf eine Initiative von Georg Schwarzenberger und Abgeordnetem Grollitsch aus der FPÖ zurückgeht. Wir haben insbesondere auch im Bereich


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der Tierversuche europaweit Vorbildwirkung erzielt und haben uns auch immer wieder bemüht, ein Bundesgesetz betreffend den Tierschutz, nämlich das Tiertransportgesetz, laufend weiter­zuentwickeln und zu verbessern. Vor allem im Bereich Eisenbahn und Luft – für den Be­reich Straße gibt es dies bereits – versuchen wir, entsprechende Verbesserungen herbeizu­führen.

Wir haben aber vor allem – das ist, glaube ich, ganz wesentlich – auf Grund einer Initiative von Bundeskanzler – damals Außenminister – Wolfgang Schüssel gemeinsam mit Italien 1997 die Aufnahme des Tierschutzes in den Rechtsbestand der Europäischen Union erreicht, und mit dem Amsterdamer Vertrag gibt es nunmehr ein Protokoll über den Tierschutz und das Wohl­ergehen der Tiere. Damit ist auch die Materie des Tierschutzes im Primärrecht der Europäi­schen Union verankert.

Gerade angesichts der Erweiterung der Europäischen Union um jene Länder, die vor allem in der Landwirtschaft und damit natürlich auch im landwirtschaftlichen Tierschutz noch einen großen Nachholbedarf haben, ist es wichtig, dass diese Initiative in der Europäischen Union greifen wird. Daher ist es auch ein Anliegen des Bundeskanzlers gewesen, unsere Bundeslän­der davon zu überzeugen, einer Verfassungsänderung zuzustimmen, damit europäische Initia­tiven oder europäische Rahmenrichtlinien in Österreich rascher umgesetzt werden können.

Wir haben das auch entsprechend präsentiert, und wir haben in der ersten Sitzung des Natio­nalrates im Dezember einen Initiativantrag eingebracht und haben heute auch einen Antrag auf Abhaltung einer Enquete im April vor uns liegen. Wie ich den Wortmeldungen der Kollegen aus den anderen Fraktionen entnehme, gibt es noch den Wunsch nach Veränderungen im Formal­ablauf. Ich kann nur darauf verweisen, dass wir jederzeit bereit sind, auf fraktioneller Ebene oder auf Klubdirektoren-Ebene diese formalen Wünsche zu berücksichtigen beziehungsweise uns zu einigen, damit in der Enquete die Sache und die Thematik fair behandelt werden können, sodass wir sehr bald zu einem Entwurf kommen können, der hoffentlich dann – das war immer meine Sorge – nicht der kleinste gemeinsame Nenner, sondern das größte gemein­same Vielfache sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

13.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

13.17


Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Auch Tiere haben Rechte! Rufen wir uns in Erinnerung: 1996 wurde das Tierschutz-Volksbegehren von knapp einer halben Million, genau 459 096 Personen, unter­zeichnet. Inzwischen sind volle sechs Jahre vergangen, aber das Problem ist immer noch das gleiche.

Wir haben in Österreich nach wie vor kein einheitliches Bundes-Tierschutzgesetz, und ich muss da den Ball wieder an die ÖVP weitergeben: Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, konnten sich dazu nicht entschließen und haben es immer wieder geschafft, zu verzögern und zu verhindern! – Aber wenige Tage vor der Nationalratswahl hat dann die ÖVP plötzlich die Liebe zum Tier entdeckt. Die Gründe dafür liegen natürlich auf der Hand: Dieses sensible Thema, meine Damen und Herren, welches viele Menschen berührt und beschäftigt, ist nicht zu unterschätzen. Sicher bin ich mir aber trotzdem noch nicht, ob Ihnen der Tierschutz ein ernstes Anliegen sein wird, denn schon längst wäre da Handlungsbedarf gegeben gewesen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Grillitsch: Tagtäglich ist uns der Tierschutz ein ernstes Anliegen!)

Wir von der SPÖ kämpfen schon seit Jahren für ein einheitliches Bundes-Tierschutzgesetz. (Abg. Grillitsch: Bei unserer tagtäglichen Arbeit ist uns der Tierschutz ein Anliegen!) Auch jetzt zu Beginn der neuen Gesetzgebungsperiode (Abg. Mag. Schweitzer: Wo hast du gekämpft?) – an allen Fronten, Herr Kollege Schweitzer – haben wir wiederum einen Antrag eingebracht, da­mit es endlich eine gemeinsame österreichweite gültige Regelung und Lösung gibt. Ich bin da­her sehr gespannt und sehr neugierig, ob die ÖVP ihr Wahlversprechen einlöst.


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Eines möchte ich aber auch hier deponieren: Wenn es tatsächlich zu einem einheitlichen Bun­des-Tierschutzgesetz kommt, dann muss es zu den modernsten und strengsten Regelungen zählen. Mit einer Alibiaktion werden wir uns nicht zufrieden geben. Ein einheitliches Bundes-Tierschutzgesetz muss eine spürbare Verbesserung für alle Tiere bringen, meine Damen und Herren!

Ich kann mich noch sehr gut an die Verhandlungen im Ausschuss erinnern, als ein Kollege von der ÖVP gemeint hat, wir sollten abwarten, damit die Bundesländer Verbesserungen einbringen können. Diese Meinung teile ich auch. – Ich möchte hier erfreut und voller Stolz berichten, dass es in meinem Bundesland Burgenland gelungen ist, alle vier Parteien für ein einheitliches Bundes-Tierschutzgesetz zu gewinnen. Dies geschah noch unter dem damaligen Klubobmann der ÖVP Burgenland Franz Glaser, unserem jetzigen Nationalratskollegen. Sehr lobenswert, lieber Kollege Glaser!

Ich hoffe und wünsche mir, dass du auch hier im Hohen Haus trotz des Gegenwindes deiner Parteifreunde standhältst und deine Stimme mit mir gemeinsam für ein einheitliches Bundes-Tierschutzgesetz erhebst. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nur so können wir unserem gemeinsamen Ziel einen Schritt näher kommen. Nützen wir daher die Gelegenheit und tun wir endlich etwas für unsere vierbeinigen Freunde! (Beifall bei der SPÖ.)

13.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

13.21


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete des Hohen Hauses! Ich darf zuerst einmal als sehr junger Abgeordneter, als jemand, der das erste Mal hier heraußen steht, meine Verwunderung zum Ausdruck brin­gen, meine Verwunderung darüber, mit welchem Konsens SPÖ, ÖVP, die Grünen und zum Teil auch meine eigenen Leute bereit sind, gemeinsam für den Tierschutz zu kämpfen. Ich muss sagen, ich wundere mich auch über die SPÖ, denn sie kämpft erst seit zwei Jahren sehr inten­siv für dieses Tierschutzgesetz (Widerspruch bei der SPÖ), obwohl doch die letzten 30 Jahre Möglichkeit genug geboten hätten, in diesem Bereich etwas zu machen. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Ich kann mich den Ausführungen meines Vorredners, des Herrn Kollegen Wittauer, nur an­schließen: Die FPÖ war immer ein Proponent des Tierschutzes. Gerade von Minister Haupt – Frau Kollegin Rauch-Kallat hat es bereits ausgeführt – und seinem Ressort sind sehr viele Initiativen ausgegangen. Sie haben bereits die schärferen Strafbestimmungen erwähnt. Ich möchte das aber noch erweitern: Es war auch eine freiheitliche Initiative unter Minister Reich­hold, auf Grund deren erstmalig Labestationen und Tränkestationen für Transporte eingeführt wurden, womit maßgeblich dazu beigetragen wurde, dass bei Tiertransporten für die einzelnen Tiere eine Verbesserung erreicht werden konnte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da ich gerade bei der Replik auf meine Vorredner bin, muss ich sagen: Herr Kollege Grillitsch kommt selbst aus dem Bauernstand. Er hat gemeint – wie haben Sie gesagt? –: „Es ist nie zu spät!“ – Herr Kollege! Dieses Wort werden Sie noch öfter brauchen, wenn Sie in Zukunft etwas verändern wollen, denn es wird wirklich dringend notwendig sein, Veränderungen herbeizufüh­ren.

Herr Kollege Dr. Kräuter hat sich über elf Gesetze, 35 Verordnungen und mehrere hundert Paragraphen beschwert. – Herr Kollege! Ich möchte Ihnen Folgendes mitteilen: Ich glaube, dass diese Verordnungen, Gesetze und Paragraphen zumindest der Garant dafür sind, dass wir in Österreich – momentan auf Länderebene, künftig vielleicht auch auf Bundesebene – sehr gute, sehr ausführliche Gesetze für den Tierschutz haben, die für die Tiere wirklich ein hohes Maß an Schutz gewährleisten, und dass diese Materie in unseren Bundesländern sicherlich bis jetzt sehr gut behandelt wurde.


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Das Beispiel der Legehühner wurde erwähnt. Es stimmt, dass es Bundesländer gibt, in denen bereits jetzt darüber abgestimmt und beschlossen wurde, dass es im Jahre 2004 beziehungs­weise im Jahr 2006 – je nach Bundesland unterschiedlich – zu einem Verbot von Legehühnern und Legebatterien kommen soll.

Ich möchte aber hier auch zu bedenken geben, dass man für den Bauernstand – es sind nun einmal Bäuerinnen und Bauern, die diese Legebatterien betreiben – Rechtssicherheit gewähr­leisten muss. Ich halte es für sehr kritisch und auch für sehr problematisch, solchen Betrieben – in Kärnten haben wir einen solchen Betrieb, dessen Betreiber vor zwei Jahren vom Land mehr als 10 Millionen Schilling an Förderung, an öffentlicher Unterstützung für Erneuerungen seines landwirtschaftlichen Betriebes bekommen hat – mitzuteilen, dass sie in zwei Jahren ohne Über­gangsfrist, ohne finanziellen Ausgleich geschlossen werden sollen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ und von der grünen Fraktion! Ich gebe schon zu bedenken, dass man da vorsichtig handeln und nicht Existenzen aufs Spiel setzen sollte – auch wenn es nur 20 oder 30 Betriebe in Kärnten sind. Ich bin davon überzeugt, dass jeder Bauer das Recht hat, seinen Betrieb fortzuführen, und dass er auch das Recht hat, auf Grund seiner Investitionen sicher weiterzuleben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr oft wurde heute schon der Schulterschluss zwischen Konsumenten und Bauern angespro­chen. Es ist ganz klar, dass das einer der wichtigsten Schulterschlüsse ist, die wir brauchen, aber man sollte sich als Konsument – wir alle sind auch Konsumenten und nicht nur Parlamen­tarier – auch dessen bewusst sein, dass man selbst die höchste Entscheidungsgewalt innehat, wenn es darum geht, für Verbesserungen im Tierschutz zu sorgen.

Nehmen wir uns doch selbst an der Nase! Es gibt genaue Untersuchungen, die belegen, dass 80 Prozent der Konsumenten und der Käufer zu Eiern aus der Käfighaltung greifen und nicht zu Eiern aus der Bodenhaltung und aus der naturnahen Haltung. Das heißt, die Politik kann maxi­mal Rahmenbedingungen schaffen, um da etwas zu verändern. Es liegt an uns, an den Konsu­menten, dass wir bereit sind, für diese Produkte mehr zu bezahlen, dass wir bereit sind, Initiati­ven zu setzen, um das zu fördern und unseren Bauernstand zu erhalten. – Danke schön. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

13.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Maier. – Bitte.

13.26


Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wenn man das Thema Tierschutz disku­tiert, dann sollte man das Thema ernsthaft diskutieren und keine Realitätsverweigerung betrei­ben – eine Realitätsverweigerung, die einige der Vorredner aber bereits betrieben haben.

Ich möchte im Detail auf diese Punkte eingehen. Ich tue mir als Salzburger Abgeordneter relativ leicht, hier zu argumentieren, weil Salzburg das erste und einzige Bundesland ist, in dem der Tierschutz in der Landesverfassung verankert wurde. Es gibt seit 20. März 2002 eine Staatsziel­bestimmung, um die Wahrung der Würde des Tieres als Mitgeschöpf sicherzustellen. Jetzt wissen Sie ganz genau, dass es sich dabei um kein Grundrecht handelt, sondern um eine Orientierung für die Verwaltung, um eine Selbstbindung für die Landeslegislative.

Ich persönlich sehe das als einen ersten Schritt. Ich glaube, dass weitere Schritte folgen müssen. Wir Sozialdemokraten werden darin auch bestätigt, wie etwa gestern von Kommissar Fischler im Rahmen der Diskussion um die Agrarreform.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Teile der Agrarreform beinhalten auch den Tier­schutz. Tierschutz ist im Rahmen der Europäischen Union, im Rahmen dieser Agrarreform zu einer Zielbestimmung geworden. Zahlungen an Bauern sollen unter anderem von der Einhal­tung von Tierschutzstandards abhängig gemacht werden. Ich halte fest: Die sozialdemokra-


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tische Fraktion bekennt sich dazu! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Zu welchen Stan­dards?)

Ich komme nun auf Kollegen Grillitsch zu sprechen, der zwar noch nicht lange im Parlament ist, aber meint, er müsse mit Zwischenrufen glänzen. Ich glaube, ich habe Sie auch nicht unterbro­chen, Kollege Grillitsch! Sie sind ein junger Abgeordneter. Vielleicht können Sie den Standard dieses Hauses heben, dann würde ich Sie aber ersuchen, von Zwischenrufen Abstand zu nehmen. (Abg. Dr. Bleckmann: Ist Ihnen das unangenehm?)

Kollege Grillitsch hat gemeint, es gebe einen gesellschaftlichen Konsens zum Tierschutz. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein allgemeiner Konsens. Wir haben nämlich, was Österreich generell betrifft, kein hohes Niveau des Tierschutzes, und auf Grund von Artikel-15a-B-VG-Vereinbarungen ist das hohe Tierschutzniveau in Österreich nicht gesichert. Beispiele gefällig? – Verdacht auf Tierquälereien bei einem Schweinemastbetrieb in Oberösterreich. (Abg. Jakob Auer: Bei welchem?) In dieser Frage hat sich Landesrat Achatz engagiert. Und jetzt sage ich es hier ganz konkret (Abg. Jakob Auer: Bei welchem?): Ich habe parlamentarische An­fragen gestellt. Was hat mir Ihr Bundesminister Molterer mitgeteilt? – Er hat mitgeteilt, dass aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft erteilt werden könne. (Abg. Mag. Schweitzer: Also nichts!)

Kollege Schweitzer! Aber dein Minister hat eine sehr konkrete Antwort gegeben (Abg. Mag. Schweitzer: So sind wir es gewohnt!): Im Zuge dieses Lokalaugenscheines hat der Amts­tierarzt unter Berufung auf die Bestimmungen des oberösterreichischen Tierschutzgesetzes zehn Schweine schmerzlos getötet und deren Sektion beantragt und so weiter.

„Vier Pfoten“ und andere Tierschutzorganisationen haben sich in dieser Frage engagiert und die Defizite, die genau im Bereich der Veterinärverwaltung liegen, aufgezeigt, und darüber müssen wir auch reden.

Werter Kollege Grillitsch! Sie haben gemeint, Tierschutz müsse im europäischen Kontext gese­hen werden. Dem stimme ich zu: Wir brauchen auf europäischer Ebene einheitliche Stan­dards. – Aber: Wir haben sie bereits, meine sehr verehrten Damen und Herren, nur werden sie von den Bundesländern nicht eingehalten!

Beispiele gefällig? – Total aktuell: Die Europäische Kommission hat gegen Österreich, Belgien, Griechenland, Italien und Portugal die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens eingelei­tet, weil diese Länder es offenbar verabsäumt haben, die 1999 verabschiedete Richtlinie zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen umzusetzen.

Weiteres Beispiel: Eine Klage gegen Österreich, weil Österreich die Richtlinie zum Schutz von Tieren in Zoos nicht umgesetzt hat.

Ich meine, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man das Problem Tierschutz ernst­haft diskutiert, dann darf man keine Realitätsverweigerung betreiben. Man muss die Probleme sehen, die insbesondere im Bereich der Landesverwaltungen liegen. Wir Sozialdemokraten stehen für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz, und wir werden uns aktiv und inhaltlich einbringen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank zu Wort gemeldet ist nun­mehr Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte, Herr Staatssekretär.

13.31


Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Rein­hart Waneck: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es steht mir vielleicht nicht zu, aber ich darf doch folgende Bemerkung machen, nachdem ich die Ehre hatte, hier fast drei Jahre lang tätig zu sein: Ich empfinde intelligente Zwischenrufe in Debatten nicht als störend, sondern ich meine, sie beleben die parlamentarische Diskussion. (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)


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Es ist auch keine Realitätsverweigerung, wenn man sagt, dass wir kein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz haben; ebenso wenig haben wir ein bundeseinheitliches Jugendschutzgesetz.

Was ist die Crux? – Die Crux ist, dass rechtlich die Nutztiere im Landwirtschaftsministerium angesiedelt sind, alle anderen Tiere im Innenministerium, dass aber die fachliche Kompetenz eigentlich ins Gesundheitsressort gehört. In diesem Sinne kann ich hier massiv zum Ausdruck bringen, dass sowohl Minister Haupt als auch ich einem entsprechenden Ansinnen sehr offen gegenüberstehen.

Wir dürfen aber auch die europäische Dimension, die hier angeschnitten wurde, nicht verges­sen. Es ist der österreichischen Bundesregierung sehr wohl gelungen, Tierschutzrecht in die Agrarverhandlungen der EU einzubringen und auch wichtige Argumente vorzubringen.

Das Wichtigste sowohl für einen Human- als auch für einen Tiermediziner ist die Achtung vor dem Leben. Daher kann ich Ihnen von dieser Stelle aus die grundsätzliche Unterstützung für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz bekunden. Auch die Frage einer Tieranwaltschaft ist etwas Ernstes, Diskussionswürdiges. Das war auch immer Bestandteil der freiheitlichen Politik, wie Sie vielleicht wissen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer die Menschen liebt, der liebt auch Tiere, und umgekehrt. Ich stehe daher auf Grund der heutigen Diskussion einer möglichen Vier-Parteien-Einigung im Sinne eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes durchaus optimistisch gegen­über. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

13.34


Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Diese Debatte heute zeigt, dass die Forderungen seitens der Grünen, die über ein Jahrzehnt hindurch massiv erhoben wurden – nicht nur hier in Österreich, sondern europaweit –, offensichtlich endlich auf Gehör gestoßen sind, auf Anerkennung gestoßen sind und dass endlich die Bereit­schaft besteht, diesen Dialog aufzunehmen, nämlich den Dialog für einen Tierschutz, der den Konsumenten am Herzen liegt und der auch der bäuerlichen Landwirtschaft am Herzen liegen müsste, was leider in der Vergangenheit offensichtlich nicht immer der Fall war.

Insofern werte ich Ihre Stellungnahme (in Richtung ÖVP) hier und heute als einen entsprechen­den Kurswechsel, den wir sicherlich auch zur Kenntnis nehmen werden. Wir werden auch genau darauf schauen, ob Sie wirklich bei der Sache sind und ernsthaft die Chance nutzen, mit dieser Debatte zu einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz endlich Mankos in der Qualitäts­sicherung unserer Lebensmittel in Österreich zu beheben und einer Lösung zuzuführen.

Ich möchte ein Beispiel nennen. Herr Kollege Grillitsch, Sie haben die Gütesiegel-Strategie an­gesprochen. Das AMA-Gütesiegel hat nach wie vor keine tierschutzrelevanten Standards in seinem Regulativ, außer dass bei Eiern die Käfighaltung der Hühner verboten ist. Abgesehen davon geht das schon formal gar nicht, weil jedes Bundesland ein anderes Tierschutzgesetz hat. Somit kann auch die AMA keinen einheitlichen österreichischen Tierschutzstandard für dieses Gütesiegel entwickeln. – Sie sehen, dass gerade aus bäuerlicher Sicht ein einheitliches Gesetz überfällig ist. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Wort auch zu der Frage, wer was in diese Agrardebatte eingeworfen hat. – Das ist ganz klar: Kommissar Fischler hat von Beginn an in seinen Vorschlägen einheitliche europäische Umweltschutz- und Tierschutzstandards gefordert, und das im Gleichklang mit den Grünen in Europa, im Gleichklang mit vielen NGOs, Tierschutzorganisationen und so weiter. Nicht Sie, Herr Grillitsch, haben das eingefordert, sondern der Landwirtschaftskommissar hat das in den vielen Debatten, die er in Europa geführt hat, eingesehen – und zu Recht eingesehen, meine Damen und Herren!


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Eines auch zu den begleitenden Maßnahmen, die Sie angesprochen haben: Ohne Zweifel haben wir in der letzten Legislaturperiode ein Abstockungsprogramm für die Intensivtierhaltung gefordert, damit eben diese Betriebe zurückgeführt werden auf ein bäuerliches Maß. In diesem Zusammenhang haben wir bisher nur ein Kopfschütteln Ihrerseits vermerken können.

Oder: die Frage der Käfighaltung. Das wird die Nagelprobe für Sie werden. Frau Kollegin Rauch-Kallat hat gesagt, das größte gemeinsame Vielfache wäre die Strategie, die Sie hier verfolgen werden. Ich bin sehr gespannt, ob Sie das durchhalten, denn das würde bedeuten, endlich ernsthaft darüber zu diskutieren, im Bereich der Legehennenhaltung aus der Käfighal­tung auszusteigen. Das ist keine tiergerechte Haltung, das ist keine konsumenten­orientierte landwirtschaftliche Erzeugung. Es wäre jetzt wirklich an der Zeit, das auslaufen zu lassen, Kollege Grillitsch, und ich möchte sagen, wir sind bereit, über die Termine und die Möglich­keiten, die es gibt, zu diskutieren.

Eines ist sicher: Die ausgestalteten Käfige sind nicht die Lösung, weil die Hühner dann, wenn sie mehr Platz haben, nämlich unter noch mehr Stress stehen und der so genannte Crowding-Effekt wegfällt. In den Käfigen, wo sie eng aneinander gereiht sitzen, können sie gar keine Aggressionen entwickeln, und daher gibt es dort weniger Kannibalismus als in ausgestalteten Käfigen. – Aber das ist eine Fachdebatte, die wir in der Enquete führen werden.

Was diese Enquete betrifft, meine Damen und Herren, so nehme ich Ihre Signale ernst. Sie haben gesagt, es werde noch darüber gesprochen werden und Sie seien in Bezug auf die Referenten, in Bezug auf den Ablauf et cetera gesprächsbereit. Ich halte es für dringend gebo­ten, dass auch Tierschutzexperten, die mit Nutztieren arbeiten, die mit Nutztieren rele­vante Forschung betreiben, dass solche Fachexperten geladen werden. Ich habe bisher aus den Vorschlägen für Einleitungsreferate Derartiges nicht ersehen können, aber ich bin sicher, wir werden in der Diskussion zu einer Lösung kommen.

Abschließend ganz kurz noch zu der Frage der Informationspolitik auf Ihrer Seite: Kollege Grillitsch, bitte sorgen Sie dafür, dass in Fragen des Tierschutzes in den Agrarmedien öster­reichweit endlich ein positiver Diskussionsstil Einkehr findet! Hören Sie auf mit dieser Vernade­rung von grünen Tierschützerinnen und Tierschützern! (Beifall bei den Grünen.) Ich kann Ihnen zahlreiche Beispiele nachweisen, die im letzten Nationalratswahlkampf gerade von Ihrer Seite in Ihren Medien herangezogen wurden. Stellen Sie das ab, es ist höchst an der Zeit, Kollege Grillitsch! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 12/A dem Verfassungsausschuss zu.

7. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Taxengesetz 1972, das Universi­tätsstudiengesetz 1997 und das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (16/A)


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun kommen wir zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller. Es ist dies Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Ihre Redezeit ist freiwillig auf 7 Minuten begrenzt. – Bitte.

13.39


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe mir immer gedacht, dass Gespräche, Sondierungen oder Verhandlungen primär darauf beruhen sollten, Gedanken auszutauschen, Argumente aus-


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zutauschen, von Behauptungen herunterzusteigen und zu Argumenten zu kommen. Diese Argumente möchte ich bei den Studiengebühren noch einmal anführen, und zwar mit der Kritik, dass sie letztlich dürftig sind.

Ich unterstelle Ihnen damit sogar etwas Positives, Sie wissen nämlich um die Dürftigkeit der Argumente, beißen sich aber an diesen Gedanken und Ideen fest. An dieser Stelle erlaube ich mir zu sagen: Gedanken haben zwischen den Zähnen nichts zu suchen, sie sollten an anderen Orten angesiedelt sein, dann kann man reden.

Ich habe Herrn Khol einmal beim Bergsteigen beobachtet, da war er in Bewegung. Jetzt, in der Mühe der Ebene und der Verhandlungen, sehe ich keine Bewegung. Ich sehe nur Beharren auf Dogmen, aber keinen Dialog. (Beifall bei den Grünen.)

Es grenzt auch wirklich an absolute Schönfärberei, wenn nun behauptet wird, Studierende und deren Eltern hätten die Studiengebühren angenommen. – Angenommen haben sie nichts, sie haben abgegeben, Geld abgegeben, und das nicht wenig.

Die Österreicher haben es – wie Sie das sagen – auch angenommen und somit den Regie­rungskurs bestätigt, dass sie die höchsten Steuern der Zweiten Republik zahlen, dass sie Ambulanzgebühren zahlen. Das haben sie alles angenommen. Aber warum haben sie es angenommen, Frau Minister? – Weil ihnen keine andere Wahl blieb! Daraus eine Bestätigung des Regierungskurses abzuleiten, finde ich schon arrogant. Diese Wette würde ich schon gewinnen, dass dem nicht so ist. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Menschen keine Wahl haben, dann helfen ihnen auch Argumente nichts, und auch der Widerstand hat nichts geholfen, weil Sie nicht darauf gehört haben. Das war also kein fairer Kampf.

Die Güte der Argumente ist auch nicht gestiegen, als man gesagt hat: Was nichts kostet, ist nichts wert! – So ist es nämlich nicht. Ich möchte es Ihnen ersparen, darüber nachzudenken, aber es gibt sicher Werte, die in Geld nicht zu messen sind.

Ich gebe gerne zu, wenn Sie es unbedingt hören wollen, dass es größere Katastrophen geben mag als Studiengebühren – das macht sie aber nicht fairer, das macht sie nicht sinnvoller. Sagen Sie mir: Wie wollen Sie Ihre kühnen Ziele – eine Verdoppelung der AkademikerInnen­quote, eine deutliche Anhebung der Anzahl von Forscherinnen und Forschern pro tausend Erwerbstätige – erreichen, wenn Sie Latten einziehen, wenn Sie Barrieren aufbauen? Zu glauben, dass durch Studiengebühren mehr Leute studieren werden, ist ja absurd.

Schauen wir uns einmal die Statistiken an! Es stimmt schon, dass die Zahl der Erstsemestrigen etwas gestiegen ist. Aber zuerst einmal ist die Zahl der Studierenden um 20 Prozent gesunken. Im Wintersemester 2001/2002 ist die Zahl der Erstinskribenten um 14 Prozent gesunken. Wenn sie jetzt um 10 Prozent steigt, so bleibt – man braucht kein Mathematiker zu sein, um das subtrahieren zu können – immer noch ein Minus von 4 Prozent. – Es ist dies also zwar ein kleiner Erfolg, aber kein riesiger.

Es wurden auch immer Unwahrheiten verbreitet, die man hier nicht Lügen nennen darf, das ist mir schon klar. Es ist bekannt und errechnet, dass Studierende nach ihrem Einstieg ins Be­rufsleben durch die Steuerprogression 90 Prozent aller Leistungen, die der Staat in sie investiert hat, diesem über ihre Steuern zurückzahlen. Schüssel hat gemeint, Studierende kosten pro Kopf so viel. Ich darf Ihnen sagen, dass seit 1970 die Kosten pro Studierenden, gemessen am BIP, um 60 Prozent gesunken sind. Das ist die Wahrheit. Billiger als Studierende sind lediglich Volksschülerinnen und Volksschüler. Alle anderen Schüler kosten pro Kopf mehr als Studie­rende. Auch das wurde immer wieder falsch dargestellt, und das gefällt mir nicht.

Es war das tolle Wort „Abfederung dieser Belastungen“ in Ihrem Munde. Was ist die Wahrheit? Der Anteil der Studienbeihilfen-EmpfängerInnen ist von ehemals 12 Prozent auf 14 Prozent gestiegen. Das ist einer der niedrigsten Werte in den OECD-Staaten. Ich habe die Zahlen hier. Sollten Sie versuchen, sie zu widerlegen, lege ich Ihnen Ihre Statistik aus dem Ministerium vor.


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Man muss nur dividieren können und die anderen Grundrechnungsarten beherrschen, um das zu beweisen.

Wissen Sie, welche Auswirkungen nicht eruiert worden sind – daher fehlt auch der Bericht zur sozialen Lage der Studierenden seit 1999; er ist überfällig –? Es wurde nie berichtet, dass Österreich mit bereits 74 Prozent neben dem Studium arbeitenden Studierenden den Spitzen­wert unter allen OECD-Staaten aufweist. (Abg. Ellmauer: Bravo!) Da war Ihre Regierung Spitze. Bravo, sagen Sie! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ellmauer.) Sie glauben, dass das Studium schneller absolviert werden kann, wenn 74 Prozent der Studierenden nebenher arbeiten? Ich weiß schon, Praxisbezug, aber dann lamentieren Sie bitte nicht, dass Studierende bei uns länger brauchen, darum würde ich schon bitten. Karl Kraus hat einmal gesagt, beson­ders schwierig werde es mit Leuten, die keine neuen und guten Ideen haben und diese dann noch zu erklären versuchen.

Ich würde bitten, noch einmal auf die Studiengebühren zurückzukommen. Es mag größere Katastrophen geben, aber eine Regierung nur daran zu messen, ob die Katastrophen größer oder kleiner sind, bringt uns Österreicher auch nicht an die Spitze. Man muss Studiengebühren im Kontext der gesamten Uni-Reform sehen, und was diese betrifft, so wissen Sie, dass die Mehrheit aller Betroffenen gegen Ihre Pläne opponiert. Und da sind nicht nur die Dümmsten, da sind nicht nur Fundamentalisten und Betonierer dahinter, sondern durchaus anerkannte inter­nationale Spitzenwissenschaftler.

Ich möchte Sie bitten: Hören wir auf, uns gegenseitig Kronzeugen um die Ohren zu hauen, sondern versuchen wir wirklich in einen Dialog einzutreten! Wenn die Güte der Argumente hier einen Wert und nicht nur Macht hat, dann, denke ich, hat man gute Chancen, auch einen ver­nünftigen Dialog zu führen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

13.47


Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Vor allem lieber geschätzter Kollege Grünewald! Dialog und Wertschätzung der Argumente sind eingefordert worden. Gerne trete ich in den Dialog ein und lese Ihren Antrag ganz genau. Wenn man diesem folgt, muss man sagen, dass die Öster­reicherinnen und Österreicher demnächst mit ungefähr 145 Millionen € zur Kassa gebeten wer­den. Das ist das Geld, das nach Entfall der Studienbeiträge nach dem Hochschul-Taxengesetz den Universitäten fehlt. Ihr Antrag lautet dahin gehend, dass das den Universitäten aus Budget­mitteln zur Verfügung gestellt werden müsse.

Ich frage mich – wenn das Budget 100 Prozent beträgt –: Wo nehmen Sie es denn weg? Woher nehmen Sie ungefähr 2 Milliarden Schilling, um sie den Universitäten zu geben? Oder wollen Sie sagen, die Universitäten könnten auf diese 2 Milliarden Schilling verzichten? – Ich sage das nicht, denn ich kenne die Universitäten, sie brauchen das Geld. (Abg. Dr. Grünewald: Das ist ja die Akademikerrate!) Also: Nehmen Sie es den Familien weg, dem Arbeitsmarkt, dem Kapitel Soziales? Wem nehmen Sie diese 2 Milliarden Schilling weg? (Abg. Öllinger: Die Arbeitslosen­versicherung zahlt ja schon dafür!)

Weiters möchte ich Folgendes feststellen. Mittlerweile arbeitet die Statistik und arbeiten auch die Forschungsinstitute mit Zahlen von Studierenden – wenn es um Studierende geht – mit Studienaktivität und Studierenden ohne Studienaktivität. Über diese Differenzie­rung bin ich sehr froh, denn somit ist belegt, dass die Zahl der Studierenden mit Studienaktivität gleich geblieben ist, dass die Zahl der Studienabschlüsse gestiegen ist und dass die Zahl derer, die Prüfungen ablegen, ebenfalls im Steigen begriffen ist.

Ich weiß, und Sie wissen das auch, Herr Kollege, weil Sie aktiv im Universitätsleben lehrend und forschend tätig sind: Kein Universitätslehrer, keine Universitätslehrerin wird bestätigen, dass weniger Studierende in den Hörsälen sitzen, dass weniger Studierende ihre Seminararbei-


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ten beurteilt haben wollen oder dass weniger Studierende ihre Forschungsgespräche abhalten wollen. Das heißt, die Arbeit ist gleich geblieben, die Zahl der aktiv Studierenden ist gleich ge­blieben; sie steigt sogar – worüber ich mich sehr freue –, und zwar nicht um 10 Prozent, son­dern um 12,5 Prozent, wenn ich die Statistiken genau lese. Bei den Anfängerinnen und Anfän­gern an der WU ist sogar eine Steigerung um 20 Prozent zu verzeichnen. – Das sind eigentlich recht erfreuliche Zahlen.

Jetzt haben Sie gesagt: Studienbeiträge sind keine Katastrophe. – Natürlich würde ich auch gerne mit vollen Säcken an die Universitäten gehen und sagen: Ein Wunder hat sich ereignet, wir können auf sämtliche Einsparungen und Budgetkonsolidierungsmaßnahmen verzichten. – Das ist aber nicht der Fall! Sie müssen sonst anderen Budgetkapiteln, anderen Budgetsektoren erklären, woher Sie das Geld nehmen.

Weitere Bestätigung des Weges, der von der Regierung – ich sage jetzt zuständigkeitshalber Gehrer-Grasser, nämlich zuständig für Wissenschaft und Finanzen – eingeleitet und umgesetzt wurde: Die Studienbeihilfen sind erhöht worden. Und wir liegen mit etwa 20 Prozent der geneh­migten Anträge nicht so schlecht. Wenn Sie überlegen, dass das höchste Stipendium 7 272 € pro Jahr ausmacht, dann müssen Sie zugeben, das ist keine kleine Summe. Wenn Sie diesen Betrag einer einfachen Angestellten, einem einfachen Arbeiter vor Augen führen, dann ernten Sie Erstaunen. Denn: Das ist eine sehr solide soziale Absicherung.

Sagen Sie bitte auch dazu, dass eine Familie mit zwei studierenden Kindern, die ihr Studium nicht am Wohnort absolvieren, bei einem monatlichen Haushaltseinkommen der Eltern von etwa – ich sage es noch in Schilling – 60 000 S noch Studienzuschüsse bekommt. Nennen Sie bitte diese Zahlen, berücksichtigen Sie auch diese Relationen!

Das heißt, ich werde nur bestätigt, wenn die eben fertig werdende Studie zur sozialen Lage der Studierenden zu einem guten Resümee kommt.

Ich zitiere im Folgenden aus der „Presse“, wo Sie es auch lesen konnten:

„Demnach hat sich in den vergangenen Jahren der Hochschulzugang im Hinblick auf die soziale Herkunft der Studenten nicht verändert. Auch die Einführung der Studienbeiträge im Okto­ber 2001 hat keine Auswirkungen ergeben.“ (Abg. Dr. Grünewald: Es soll sich verbessern!)

Es zeigen sich keine Veränderungen, Herr Kollege und geschätzte Damen und Herren! Sie haben ja behauptet, dass sich die Lage verschlechtert hätte. Sie haben Szenarien entwickelt, die alles andere als erfreulich waren. Ich bin schon froh, wenn die Bedingungen sich nicht verschlechtert haben und wenn wir – ich erkenne Ihre Bereitschaft – an einer Verbesserung arbeiten.

Woran müssen wir arbeiten, meiner Ansicht nach? – Einerseits: Wir wissen, der typische Studierende, die typische Studierende ist nicht die achtzehnjährige Maturantin, sondern der Berufstätige. Daher die hohe Quote an Berufstätigen.

Ebenso gilt: Unter dieser Regierung, unter Frau Ministerin Gehrer, ist erstmals die Zahl der weiblichen Studierenden, die ihr Studium abschließen, gestiegen. Und Frauen bilden auch die Mehrheit der Gesamtpopulation der Studierenden.

Ich bin sehr froh darüber, dass die weiblichen Studierenden mehr geworden sind. Und ich lade Sie ein: Lassen Sie uns doch bitte daran arbeiten, dass weibliche Studierende untypische Studienfächer wählen, Naturwissenschaft, Technik. Wir wissen, diese Fächer sind auch mit der Option auf guten Berufserfolg ausgestattet.

Alles in allem, meine geschätzten Damen und Herren: Die Studienbeiträge sind akzeptiert. Sie haben all die sozialen Härten nicht bewirkt, die Sie herbeireden wollten. Wir haben eine Zu­nahme bei der Zahl der Erstinskribierten. Woran wir arbeiten müssen, ist eine stärkere Motiva­tion für Mädchen, atypische Studien zu wählen, und die so genannten bildungsfernen Schich­ten


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auch noch stärker dazu zu bewegen, sich einem akademischen Studium zu widmen. (Abg. Dr. Grünewald: Wie?)

Das ist eine sehr komplexe Aufgabe. Das ist in einer Fun- und Spaßgesellschaft eine schwie­rige Aufgabe, weil die Leistung, sich einige Zeit dieser Disziplinierung zu unterwerfen, vielleicht nicht ganz so einfach zu erbringen ist und der Gewinn des Studiums erst später sichtbar wird. Wir brauchen sicher einen langen Atem.

Wir liegen auch – und das ist richtig zu stellen – im Verhältnis zu Ländern wie etwa Bayern, Baden-Württemberg oder der Schweiz mit der Akademikerquote nicht so schlecht, wie Sie es darstellen wollen. Wir sind, gemessen an der Einwohnerzahl, besser! Wenn Sie unsere Zahlen mit den amerikanischen Zahlen vergleichen, dann trifft es natürlich zu, dass diese höher sind. (Abg. Dr. Grünewald: Nein, bitte! Mit Schweden, Skandinavien!) Was aber Vergleiche mit amerikanischen Zahlen betrifft, so würde ich bereits bei Highschool-Abschlüssen vorsichtig sein. Nicht jeder Abschluss einer amerikanischen Highschool ist mit unserer Matura gleichzu­setzen.

Ich komme zum Schluss. Ich meine, die künftige Generation, genauso wie die jetzt im Berufs­leben stehende, hat allen Grund, an der Budgetstabilität zu arbeiten. Wenn wir den jungen Studie­renden diese Einschätzung vorenthalten, wenn wir sie nicht motivieren, an der Umset­zung, an dieser Praxis zu arbeiten, dann führen wir sie sehenden Auges in eine ungewisse Zu­kunft.

Diese Ministerin beziehungsweise die jetzige Regierung – und ich hoffe, jede Regierung sieht das ebenso – kann der jungen Generation nicht zumuten, in eine unsichere Zukunft zu gehen. Nur gemeinsam, unter Abwägung und Wertschätzung aller Argumente, Herr Kollege Grüne­wald, werden wir diese Budgetstabilität bei sozialer Ausgewogenheit und bei Berück­sichtigung der Bedürfnisse von Universitäten und Hochschulen (Abg. Dr. Grünewald: Ich bitte darum!) bewerkstelligen können. Ich lade Sie alle dazu ein. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nieder­wieser. – Bitte.

13.55


Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werden die Studiengebühren jetzt abgeschafft oder nicht? – Das ist zweifellos eine der spannenden Fragen in diesen Tagen. Faktum ist, dass unsere 69 Abgeordneten und die 17 Kollegen der grünen Fraktion nicht ausreichen werden, um einen Mehrheitsbeschluss für die Abschaffung herbeizuführen.

Bundeskanzler Schüssel, der ja den Auftrag zu einer Regierungsbildung hat, hat gestern erklärt, er akzeptiert keine Bedingungen. Das wird schwierig, denn die einzige Partei, die sich nach unserer Beobachtung bedingungslos der ÖVP auszuliefern bereit ist, sind die Freiheitlichen. Aber Knittelfeld kann sich jeden Tag wiederholen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Mein Gott, er kann es nicht lassen!)

Wir Sozialdemokraten hingegen haben ein klares Programm für einen offenen Zugang zur Bil­dung ohne Barrieren, und auch wir haben eine Verpflichtung unseren 1,8 Millionen Wählerinnen und Wählern gegenüber. Und es gehört wohl zu den Binsenweisheiten jeder Verhandlung, dass sie nur dann zu einem Ergebnis führen kann, wenn beide Teile bereit sind, Schritte aufeinander zuzugehen. Den Auftrag zur Regierungsbildung hat allerdings die Österreichische Volkspartei vom Herrn Bundespräsidenten bekommen, und sie wird zunächst einmal erklären müssen, welche Schritte sie zu gehen bereit ist.

Ich bin aber nicht hier herausgekommen, um Ihnen unsere Schmerzgrenzen zu erklären. Das wäre in dieser Phase sicherlich nicht klug. Aber ich kann Ihnen erläutern, weshalb wir nach wie


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vor der festen Überzeugung sind, dass Studiengebühren nicht der richtige Weg sind, um die Akademikerquote in Österreich zu steigern.

Es hat auch niemand behauptet – auch von Seiten der FPÖ oder der ÖVP hat das niemand behauptet –, dass Studiengebühren eine bildungspolitische Zielsetzung hätten. Sie sind aus­schließlich ein Weg zu zusätzlichen Einnahmen, und sie führen nicht ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich kann mich erinnern, Sie haben Studiengebühren bejaht! – Abg. Jakob Auer: Das war Ihre Forde­rung! – Abg. Mag. Schweitzer: Was hat zu deinem Sinneswandel geführt? Zur Sache! Zur Sache!)

Kollege Auer! Ich habe diese Zitate nicht mitgenommen, um sie ausführlich darzulegen. Aber wenn wir von Zitaten reden, dann darf ich Ihnen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich weiß noch genau, was Sie gesagt haben!) zwei vorlesen, die vielleicht noch nicht hier am Pult zitiert worden sind.

Da hat es einmal die Aussage des Kollegen Amon gegeben, nachzulesen in der APA
vom 22. September 2000: „Er, Amon, hätte ,größte Probleme
, einer derartigen ,Gscheiterl-Steuer ... “ – zum Stopfen von Budgetlöchern – „zuzustimmen.“ – (Rufe bei der SPÖ: Hört, hört!) – Das hat ja recht gut geklungen.

Und Bundeskanzler Schüssel selbst ist auch zitierbar, was die Studiengebühren anlangt. Im „Kurier“ vom 27. Mai 2000 heißt es:

„Und so beteuert der Kanzler, dass sich die Regierung Studiengebühren ,nicht vorgenommen’ habe und plädiert für den ,Aufstieg durch Bildung. Auch er stamme aus bescheidenen Verhält­nissen. Meine Mutter war Handarbeitslehrerin, meine Großmutter Hausmeisterin.“ – Zitat Schüssel im Jahr 2000.

Gestern wurde die Inflationsrate des Jahres 2002 präsentiert: 1,8 Prozent, ein guter Wert. Was der ORF aber bis jetzt weder in der „ZiB 1“ noch in der „ZiB 2“, noch in der „ZiB 3“ dargestellt hat, darf ich Ihnen aus der APA zitieren, wo das Statistische Zentralamt beziehungsweise die Statistik Austria darüber berichtet hat. Ich zitiere:

„Als größter ,Preistreiber erwiesen sich die im Herbst 2001 eingeführten Studiengebühren, die den Bereich ,Erziehung und Unterricht um 21,9 Prozent verteuerten.“ – Zitatende.

21,9 Prozent – das ist jener Wert, um den sich die Ausgaben des einzelnen Haushaltes für Bildung durch die Einführung der Studiengebühren erhöht haben! Wenn angesichts dessen noch jemand behauptet, das sei etwas, was man in der Brieftasche oder am Konto nicht spüre, dann irrt er.

Mit der konkreten Gruppe der Berufstätigen und den Zahlen der Studierenden wird sich mein Kollege Broukal noch ausgiebig beschäftigen. Diese Zahlen gehören auch einmal ins rechte Licht gerückt.

Aber ich möchte Ihnen, Frau Bundesministerin, aus einem Brief zitieren, den Sie auch kennen müssen, weil Sie ihn ebenfalls – wie alle Wissenschaftssprecher – bekommen haben. Eine Dissertantin schreibt Folgendes – ich zitiere –:

„Ich zahlte in diesem Semester meinen Studienbeitrag, doch weder meine Erstbetreuerin,“ Prof. Sowieso, „noch mein Zweitbetreuer,“ Prof. Sowieso, „halten in diesem Semester ein Disser­tantInnenseminar ab, weil diese aus Einsparungsgründen auf ein Semester pro Studienjahr reduziert wurden. Da ich noch in der alten Studienordnung bin, muss ich auch keine zusätz­lichen Lehrveranstaltungen besuchen. Das heißt also, dass ich in diesem Semester Studienbei­trag zahle, ohne die für mich vorgesehenen Lehrveranstaltungen besuchen zu können“ – weil sie schlichtweg nicht stattfinden! (Abg. Dr. Brinek: Sie kann aber schreiben!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Studentin kann zu Hause schreiben und zahlt dafür an der Uni einen Studienbeitrag. Das ist aber ein „liebes“ Argument, Kollegin Brinek. So dürfen Sie,


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bitte, wirklich nicht argumentieren, wenn Sie immer betonen, es ginge auch um die Leistungen der Universität, die diese zu erbringen habe.

Die Studiengebühren sind aber nur ein Teil und ein Punkt von all dem, was im Universitäts­bereich derzeit Schwächen zeigt. Auch das Universitätsgesetz 2002 zeigt schon seine ersten Schwächen, bevor noch die Implementierung richtig begonnen hat. Wir haben immer davor gewarnt, der Gruppe der ordentlichen Professoren eine absolute Mehrheit in den Gremien zu geben. Eine Wissensorganisation kann so nicht geführt werden! Die Professoren sind es – ich sage deswegen so ungern „Professorinnen und Professoren“, weil die Herren Professoren nahezu 97 Prozent aller Professoren-Posten innehaben –, die mit ihrer Mehrheit über die neuen Stärken im Gründungskonvent entscheiden. Sie entscheiden auch darüber, wie die neuen Leitungsorgane der Universität, nämlich die Universitätsräte, ausschauen.

Bei dieser Entscheidungsstruktur ist es kein Wunder, dass die Universitätsräte in der Mehrzahl männlich sind. Es gibt Ausnahmen wie die Uni Wien und die Uni Salzburg, aber sonst sieht es ziemlich triste aus. In Wien sind es bei vier Räten zwei Frauen und zwei Männer, in Salzburg sind es bei drei Räten ein Mann und zwei Frauen, an der Medizinischen Fakultät Wien sind es bei zwei Räten ein Mann und eine Frau, an der Technischen Universität sind es bei zwei Räten zwei Männer, an der Uni Graz sind es bei vier Räten vier Männer, an der Medizin Graz sind es bei vier Räten vier Männer, an der Kunstuni Graz sind es bei drei Räten drei Männer, und an der Uni Klagenfurt sind es bei drei Räten drei Männer.

Frau Bundesministerin! Wenn Sie behaupten, dass Ihnen das nicht auch Unbehagen bereitet, dann würde ich mich sehr in Ihnen täuschen. Wir von der SPÖ können nur von dieser Stelle aus all jene in den Gründungskonventen, die damit zu tun haben, auffordern, bei den restlichen Bestellungen diesen Zustand schleunigst zu ändern.

Es ist aber auch die fehlende Finanzausstattung der Universitäten zu kritisieren – und da sind wir wieder bei den Einnahmen aus den Studiengebühren – sowie das verkorkste Dienstrecht und die Abschaffung der Mitbestimmung.

Wir alle haben in den letzten Tagen einen wissenschaftspolitischen Appell der Bundeskonfe­renz der Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren zugeschickt bekommen, einer Einrichtung, die an sich diesem Universitätsgesetz positiv gegenüber gestanden ist, die diese Reform unterstützt hat, und darin heißt es:

„Beim Universitätsgesetz 2002 besteht darüber hinaus in manchen und zum Teil wesentlichen Punkten ein dringender Novellierungsbedarf.“

Das schreiben die Professoren, die diese Reform immer begrüßt haben! Daher kann man nicht einfach sagen, es sei alles in Ordnung, es bestehe kein Reformbedarf. Ich glaube, dass man sich das in der Frühphase wirklich noch einmal genau wird ansehen müssen, ehe die Schienen falsch gelegt werden.

Es geht uns um die Funktionsfähigkeit der Universitäten. Wir wollen eine Organisationsform, die die Universitäten befähigt, auch in Zukunft zu bestehen. Darum geht es! Dazu gehört der freie Zugang zu den Universitäten, dazu gehört eine Organisation, die der Wissensgesellschaft ange­passt ist, und dazu gehört Partizipation. An diesen unseren Grundsätzen werden wir festhalten. Wir werden unsere Grundsätze bildungspolitisch einzubringen versuchen. Ob wir das in Zukunft in der Rolle der Opposition oder als Regierung tun werden, das werden die nächsten 14 Tage oder drei Wochen oder möglicherweise drei Monate zeigen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

14.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

14.05


Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren! Zu der Zeit, als ich studiert habe – das ist noch nicht so lange


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her –, waren an der betriebswirtschaftlichen Fakultät die Hörsäle übervoll, sie waren zum Bersten voll. Es gab damals den Streik bei den Pharmazeuten, weil zu wenige Laborplätze vor­handen waren und die Kollegen zwei bis drei Jahre warten mussten, bis sie einen Laborplatz bekommen haben. Das war unter einer SPÖ-Regierung.

Die Frage, die Kollege Niederwieser hier aufgeworfen hat, nämlich, ob es die Studiengebühren weiter geben wird oder nicht, kann ich ihm leicht beantworten: Wenn es zu einer schwarz-blauen Koalition kommt, dann wird es dabei bleiben, denn wir sehen sie als eine sinnvolle Maß­nahme an. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sollte es aber zu einer großen Koalition kommen, dann stellt sich für mich die Frage nach Ihrem großen, klar deklarierten Programm, denn ich sehe es ja jetzt schon aufgeweicht, wenn Ihre Kollegin Burgstaller, die im Sondierungsteam sitzt, inzwischen bereits sagt, sie könnte sich einen Kompromiss zwischen ÖVP und SPÖ vorstellen: etwa ein Darlehensmodell, eine Be­freiung von Studiengebühren für sozial Schwache, aber dafür höhere Gebühren für selbstver­schuldete Langzeitstudenten. – So Frau Burgstaller im Originalton.

Das ist bereits die aufgeweichte Linie der SPÖ, wie sie sich die Studiengebühren doch vorstel­len und gleichzeitig auch ihr Wahlversprechen einhalten kann. – Wir Freiheitliche bleiben bei unserem Programm, und wir stehen zu unseren Punkten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Kollege Grünewald sagt, den Menschen ... (Abg. Eder: Ihr habt ja bei der Wahl auch „super“ abgeschnitten mit eurem Programm!) Wie bitte? (Abg. Eder: Ihr habt „super“ abge­schnitten!) – Dazu komme ich noch.

Wenn Kollege Grünewald sagt, den Menschen bliebe keine Wahl, dann muss ich sagen: Wir wissen alle, dass die Wahl sehr wohl gegeben ist und auch immer wieder ansteht. Das letzte Wahlergebnis hat weder den Grünen noch den Freiheitlichen gefallen, dazu muss man auch stehen, aber die Wahlen haben stattgefunden und – auch das ist unbestritten – der Regierungs­kurs wurde bestätigt, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Realität müssen sich auch die Grünen stellen. Anscheinend war das Thema „Studiengebühren“ doch nicht ganz das richtige Programm, denn sonst hätte das Ergebnis anders ausgesehen.

Sie alle wissen, dass ein Student den Staat Österreich jährlich 12 350 € kostet, und der Studie­rende selbst zahlt nur 6 Prozent der tatsächlichen Kosten. Wir wissen auch, dass allein ein Kindergartenplatz in Österreich mehr Geld kostet als das, was Studierende monatlich für ihren Studienplatz zu zahlen haben. Ich meine, dass die Studiengebühr wirklich verlangt werden kann für die Leistung, die man erhält, nämlich 12 350 €, die für jeden einzelnen Studenten ausgege­ben werden.

Wir haben ja damit auch einige Effekte erzielt: Erstens wird die Studiendauer verkürzt werden. Das ist wichtig, denn wir brauchen in einem europäischen Wettbewerb, dass unsere Absolven­ten einigermaßen jung sind, wenn sie in den Arbeitsprozess eintreten. Es sollen im EU-Wett­bewerb nicht 27-jährige mit 23-jährigen konkurrieren müssen, denn das wird auch in Zukunft für die österreichischen Absolventen schwierig sein.

Der zweite Effekt, der sich ergeben hat, ist, dass die Absolventenzahlen sehr wohl gestiegen sind. Das ist auf jeden Fall auch ein wichtiger Punkt. Im Jahre 2002 hatten wir um 16 700 Absol­venten mehr. Damit ist die Zahl der Absolventen um 7,9 Prozent gestiegen. Erfreulich ist auch, dass der Anteil der Frauen um 50 Prozent zugenommen hat.

All das Geld, das damit eingenommen wird, kommt dann direkt über die Universitätsmilliarde den Universitäten zugute, und das ist auch ein wichtiger Effekt. Es würde mich schon interessie­ren, wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, sich die Finanzierung sonst vorstel­len würden, wenn dieses Geld nicht eingehoben würde. Wo sind denn Ihre guten Ideen, wie das Geld sonst aufgebracht werden könnte?


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Es werden diese Gelder beziehungsweise es wird diese Universitätsmilliarde jetzt für Struktur­maßnahmen, die wichtig sind, aber auch für den Lehr- und Studienbetrieb eingesetzt. Es ist wirklich wichtig, dass die Studienbeiträge in den Universitäten verbleiben.

Meine Damen und Herren! Andererseits muss man festhalten, in letzter Zeit ist die Zahl der An­träge auf Studienförderung gestiegen. Es ist unserer Meinung nach wichtig, dass niemand auf Grund seiner finanziellen Situation vom Studium ausgeschlossen wird, aber es ist auch wichtig, dass niemand nur zum Schein inskribiert. Aber genau das ist vorher passiert. Das beweist auch Ihre Begründung, in der Sie schreiben, dass es 45 000 Studierende weniger gibt als im letzten Semester vor der Einführung der Studiengebühren. Es sind ja genau all die Schein­inskribenten dadurch weggefallen. Das halte ich auch für einen sehr wichtigen Effekt.

Es kann daher nicht so sein, dass wir sagen: Die neue Idee, die es für die Universitäten gibt, ist, dass alles so bleibt, wie es ist – so wie Sie von den Grünen oder von der SPÖ sich das viel­leicht vorstellen. Wenn wir neue Ideen für Österreich brauchen und wollen, dann heißt das eben auch, Reformen durchzuführen und etwas zu verändern – und dafür stehen wir Freiheitliche! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Zitiere den Niederwieser!)

14.10


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Brosz. Die Redezeit ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

14.11


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorrednerin, Frau Bleckmann, hat gesagt, die Wahl sei weder für die Freiheitlichen noch für die Grünen erfolgreich ausgegangen. – Nun, so unzufrieden sind wir eigentlich nicht. Ich gebe aber zu: Wenn wir das erreicht hätten, was Sie verloren haben, dann ginge es uns noch viel besser! (Zwischenruf des Abg. Mag. Mainoni. – Abg. Nürnberger – in Richtung des Abg. Mag. Mainoni, auf den Redner weisend –: Da hat er Recht, das musst du zugeben!) – Aber dazu haben wir ja noch Zeit. (Abg. Mag. Schweitzer: Dieter, das war dein bester Schmäh, seit du im Haus bist!)

Was jedoch inhaltlich interessanter war, das waren die Ausführungen von Frau Kollegin Brinek. Sie bewundere ich bis zu einem gewissen Grad immer wieder dafür, dass sie Maßnahmen, wie in diesem Fall die Studiengebühren, in Summe dann so darstellt, als sei dadurch alles besser geworden, bis hin zur sozialen Lage, die sich dadurch auch noch verbessert hätte. – Da frage ich mich: Wenn man die Studiengebühren verdoppeln würde, ginge es den Studierenden dann zweimal so gut? (Abg. Dr. Brinek: Zuhören!) – Das wird es wohl nicht sein.

Was man sich aber reell anschauen kann, ist: Wie waren die Entwicklungen danach? – Soweit ich es richtig mitbekommen habe, nennt Bundeskanzler Schüssel die Verdoppelung der Aka­demikerInnenquote als eines der wesentlichen Ziele der Politik für die nächsten Jahre. Da ist ihm meiner Meinung nach zuzustimmen, denn wenn man sich die österreichischen Zahlen anschaut, dann muss man feststellen, dass Österreich eine Studierendenquote, eine Akademi­kerInnenquote hat, die einfach bei weitem unterdurchschnittlich ist; das wissen Sie genauso gut wie ich. – Dazu haben Sie auch gesagt, wir liegen ja gar nicht schlecht gegenüber anderen Ländern wie etwa Baden-Württemberg. Welches Land Baden-Württemberg in der EU ist, ist mir nicht klar. Wenn wir uns mit Deutschland vergleichen, dann müssen wir feststellen, dass die AkademikerInnenquote dort auch höher ist als in Österreich.

Wenn Sie sich die Studienanfängerquoten laut OECD-Bericht ansehen, dann werden Sie sehen, dass der Durchschnittswert in der OECD 45 Prozent im Altersjahrgang beträgt, der österreichische Wert bei 33 Prozent liegt und Spitzenwerte wie in Finnland bei 71 Prozent liegen. Da brauche ich mich gar nicht auf meine eigenen Zahlen zu beziehen, sondern da brauche ich nur auf die OECD-Zahlen zu verweisen, um zu zeigen, wie die Daten wirklich aussehen.


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Die Einführung der Studiengebühren hat dazu geführt, dass wir nachher um 45 000 Studie­rende weniger hatten. (Abg. Dr. Brinek: Am Papier! Aktiv Studierende!) Das werden Sie ja wohl zugestehen. – Jetzt feiern Sie es als einen riesigen Erfolg, dass es danach einen Wiederanstieg gegeben hat. – Nun, bis zu einem gewissen Grad kann man es in den Kurven immer wieder beobachten, dass sich, wenn es einen sehr starken Rückgang gibt, dieser Trend durchaus auch wieder umkehren kann. Sie aber bezeichnen das als einen Erfolg!

Ich verstehe jedenfalls eines nicht: Wenn diese Zielsetzung, mehr Studierende haben zu wollen, ernst gemeint ist, dann verstehe ich es nicht ganz, dass man 45 000 Studierende weniger als Erfolg verkaufen will! Es wird schwer funktionieren, auf diese Weise die Quoten wirklich anzuheben. (Abg. Dr. Brinek: Es geht um die aktiv Studierenden ...!)

Weil immer von den Scheininskribenten gesprochen wird, muss man diesbezüglich auch einmal Folgendes sagen: Die Vorteile, die es für solche einmal gegeben hat, sind ja sukzessive abge­baut worden. Was ist denn davon übrig geblieben? – Ein verbilligtes Essen in der Mensa, viel­leicht ein verbilligter Eintritt in die Museen. Dafür zahlt man pro Semester in etwa 15 € als Bei­trag an die ÖH – das kann man dann gegeneinander aufrechnen, um zu sehen, was übrig bleibt. Wo sind denn diese Benefits, von denen Sie immer reden, als hätte es sie noch gege­ben? Wo sind die Freifahrten? – All das ist abgeschafft worden! Sie reden hier also von Schein­inskribenten, denen es offensichtlich Spaß macht, zweimal im Jahr mit dem Zahlschein zur Bank zu gehen, um einzuzahlen, weil das offenbar ein Gesellschaftsspiel ist. Von diesen gab es nicht mehr viele, und das wird man auch erkennen müssen. – Ein paar wird es schon gegeben haben, da gebe ich Ihnen Recht, irgendwelche Dinge werden schon dafür gesprochen haben.

Aber wenn Sie erklären wollen, dass 45 000 Studierende in Bausch und Bogen Scheininskri­benten waren, dass Ihnen all jene, die über lange Zeiträume studiert haben, die es sich einfach nicht leisten konnten, neben ihrem Job, neben ihrer Arbeit ein Vollzeitstudium zu betreiben, und genau die, die sich dann überlegt haben, ob diese 5 000 S im Halbjahr noch zumutbar sind, nichts wert sind (Abg. Dr. Brinek: Stimmt ja nicht!) – und das bringen Sie zum Ausdruck, wenn Sie diese Zahlen nennen und dabei von dem „Erfolg“ des Rückgangs sprechen (Abg. Dr. Bri­nek: Interpretieren Sie die Zahlen!) –, dann kann ich nur sagen: Unser Zugang dazu ist ein anderer! (Beifall bei den Grünen.)

Mir geht es beim Studium nicht in erster Linie darum, dass man in Höchstgeschwindigkeit studiert und nach vier Jahren mit seinem abgeschlossenen Studium aus der Uni herauskommt. Da gibt es auch noch andere Werte und andere Wertigkeiten. Wenn jemand sagt, ich möchte neben meiner Arbeit in einem gewissen Ausmaß studieren, dann hat das für mich einen Wert. Angesichts dessen, was Sie mit diesen Studierenden gemacht haben – dieses Argument kommt jetzt auch wieder, dass man die Langzeitstudierenden belasten soll –, muss man sich doch einmal die Frage stellen: Wodurch kommt das zustande? – In der Regel nicht dadurch, dass es besonderen Spaß macht, 15 Jahre an der Uni zu sein, sondern dadurch, dass einfach die Rahmenbedingungen so sind.

Kollege Grünewald hat vorher davon gesprochen, dass es 74 Prozent seien, die in Österreich arbeiten müssten, um damit irgendwie ihr Studium finanzieren zu können. (Abg. Dr. Brinek: Nicht „arbeiten müssen“, „arbeiten“!) – Oder „arbeiten“; nicht arbeiten müssen, aber arbeiten. – Unter diesen 74 Prozent wird ein relativ großer Anteil von Studierenden sein, die Einschränkun­gen beim Studium, bei der Studienzeit vornehmen müssen, und auf diese wurde auch nicht Rücksicht genommen.

Sie haben noch eine Zahl genannt, die mir auch bemerkenswert erscheint – das kommt immer wieder –: Bis zu einem Haushaltseinkommen von 60 000 S gibt es Stipendien. – Ich gehe ein­mal davon aus, dass das durchschnittliche österreichische Haushaltseinkommen unter 60 000 S liegt. (Abg. Dr. Brinek: ... zwei Studierende!) Wenn ich mir das jetzt ansehe, dann müsste das ja, wenn es durch diese neue Maßnahme zu solch einer Verbesserung gekommen ist, zu einem Explodieren der Stipendien und der Stipendienzahlen geführt haben. Tatsächlich kam es zu einem Anstieg von 12 auf 14 Prozent, also zu einer zweiprozentigen Steigerung. – Also irgendetwas kann bei diesen Zahlen so auch nicht stimmen. Wäre es nämlich so, wie Sie es


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darstellen, dann gäbe es ja auch kaum einen Nettoeffekt für das Budget: Wenn die Stipendien so ausgeweitet worden sind, dass das alles abgefedert ist, dann kann nicht viel übrig geblieben sein. (Abg. Dr. Brinek: Sie vermischen da einige Dinge!)

Was mir abschließend auch noch wichtig ist, ist folgende Frage: Wenn man die Zahl der Studie­renden wirklich verdoppeln will, dann wird es dazu nicht nur Maßnahmen an den Universitäten brauchen. Wir wissen, dass wir in Österreich an höheren Schulen Abgängerquoten haben, die weit unter jenen der Vergleichsländer liegen. Die ÖVP nennt als eines ihrer Ziele auch, einen möglichst hohen Anteil von Jugendlichen in der dualen Ausbildung, der Lehrlingsausbil­dung, zu belassen, nämlich 40 Prozent, eine Zahl, die es in keinem anderen OECD-Land auch nur ansatzweise gibt. Diese beiden Ziele fallen ein bisschen auseinander: Auf der einen Seite sollen möglichst viele keine höhere Bildung haben und dual ausgebildet werden, und auf der anderen Seite sollen die Studierendenquoten verdoppelt werden. Woher sollen diese Studieren­den denn kommen? Wenn sich das rechnerisch ausgehen soll (Abg. Dr. Brinek: Schauen Sie die Bil­dungsstatistik an!), bleiben eigentlich nur mehr diejenigen, die aus berufsbildenden Schulen, aus höheren Schulen kommen, übrig, die dann offenbar nicht direkt in den Beruf gehen, son­dern studieren sollen. Ob das das Ziel ist, weiß ich auch nicht wirklich. (Abg. Dr. Bri­nek: Berufs­reifeprüfung! Lesen Sie die Bildungsstatistik!)

Wenn Sie von der sozialen Lage der Studierenden in Österreich reden – ich darf Sie bei dieser Gelegenheit nochmals darauf hinweisen, dass der Bericht zur sozialen Lage ein bisschen über­fällig ist; vielleicht können Sie da etwas tun, damit wir nicht noch ein paar Jahre darauf warten müssen –, dann möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Was die Situation im Schulsystem betrifft, so wissen Sie – ich verweise hiezu auf die PISA-Studie –, dass Österreich dafür gerügt wurde, dass die sozialen Verhältnisse ganz ausschlaggebend für Bildungskarrieren und Bildungs­chancen in diesem Land sind, dass es kaum ein anderes Land gibt – es wurden in diesem Zusammenhang Österreich und Deutschland genannt –, wo die soziale Schicht der Eltern, das Einkommen der Eltern sowie die kulturellen Bedürfnisse und die kulturelle Beteiligung der Eltern so ausschlaggebend für den Erfolgsweg, den Bildungserfolgsweg der Kinder sind. (Abg. Dr. Brinek: Was fällt Ihnen dazu ein? – Gar nichts!)

Natürlich hat das Folgewirkungen auf das Studium, denn wenn diese Kinder schon früher aus der Schule aussteigen, dann kommen sie gar nicht mehr in die Situation, überhaupt studieren zu können, weil sie keine Matura, keine Zutrittsberechtigung zur Uni haben. (Abg. Dr. Brinek: Was fällt Ihnen dazu ein?)

Daher bedarf es, um die Studierendenzahlen zu erhöhen, eines Maßnahmenpakets an den Uni­versitäten und der Förderung bildungsferner Schichten von Beginn weg an den Schulen. (Abg. Dr. Brinek: So ist es! Welche Vorschläge?) Das ist etwas, was die Grünen in den nächsten Jahren noch mit allem Nachdruck einbringen werden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Bri­nek: Keine Vorschläge!)

14.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Broukal. – Bitte.

14.18


Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass man bei der ersten Rede auch ein wenig abseits der Tagesordnung sprechen darf, und ich möchte das im Folgenden kurz tun.

Ich bin diesem Haus seit vielen Jahrzehnten verbunden, vermutlich länger als die meisten von Ihnen. Thomas Ortner war so freundlich, im ORF-Archiv nachzusehen: Am 27. Mai 1977 war ich zum ersten Mal dort oben hinter diesem Glaskobel, der immer noch so unbequem ist wie da­mals, und hatte das Vergnügen und die Ehre, einer Plenarsitzung beizuwohnen. Und weil ich als junger Redakteur bei der „Zeit im Bild 2“ anfangen musste, hatte ich das Vergnügen, sehr viel länger als die Kollegen von der „Zeit im Bild 1“, die zu Mittag schon mit den OTs der Groß­kaliber zufrieden waren, und auch das Ver­gnügen, länger hier zu sein als die Kollegen von den


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Tageszeitungen, die dann auch um 15 Uhr Redaktionsschluss hatten; an Katastrophentagen natürlich nicht.

Bei der „Zeit im Bild 2“ hatte man damals – und das mögen viele von Ihnen auch nicht glau­ben – die feste Ansicht, dass 20 Minuten Parlamentsberichterstattung pro Plenartag das In­teresse der Österreicherinnen und Österreicher treffen würden. Das war für denjenigen, der einen Tag lang mitgeschrieben hat, keine leichte Arbeit, aber es vermittelte den Sehern und Seherinnen des ORF ein viel besseres Bild von der Arbeit dieses Hohen Hauses, als es heute in den Kurzbeiträgen der „Zeit im Bild 1“ und der „Zeit im Bild 2“ gegeben wird. Mag sein, dass sich die Interessen der Menschen tatsächlich so verändert haben, dass man das heute den Leuten nicht mehr zumuten kann. Damals konnte man es, und ich sage Ihnen: Es waren vergnügliche, wenn auch anstrengende Tage hier im Hohen Haus, und ich habe Redner reden gehört, an deren rhetorische Qualitäten ich mich heute noch mit Bewunderung erinnere.

Ich freue mich jedenfalls auf meine neue Arbeit hier. Ich kenne ja viele von Ihnen von meinem alten Job her, und ich möchte mir die Gesprächsbasis, die ich mir als ORF-Mitarbeiter und Moderator mit Ihnen aufgebaut habe, erhalten, auch wenn Sie in anderen Teilen des Hauses sitzen als ich.

Das Leben eines Abgeordneten hat ja viel mit dem Leben eines Journalisten gemein – ich glaube, das kann ich jetzt schon sagen –: Es wird einem erstens nicht alles freiwillig gesagt, man wird zweitens im Kreis herumgeschickt, und man muss drittens froh sein, wenigstens hinter vorgehaltener Hand das eine oder andere doch noch „gesteckt“ zu bekommen. (Rufe bei der ÖVP: Das ist bei der SPÖ so! – Was ist das für ein Klub?) – Nun ja, das ist so, oder? Geht es Ihnen besser? Dann komme ich zu Ihnen recherchieren! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Also wer immer sagt, er weiß alles, an den werde ich mich gerne wenden. Ich mache es mir auf diese Weise auch einfacher.

Meine ersten Erfahrungen hier sind aber ohnedies nicht so schlecht. Ich habe mir gedacht, ich schaue einmal, was passiert, wenn ich im Wirtschaftsministerium anrufe und sage: „Grüß Gott“ – vor drei Monaten hätte ich noch gesagt: „Broukal, ORF“, jetzt sage ich: „Broukal,
SPÖ“ –, „ich hätte gerne diese Zahlen.“ – Also das war nicht sehr von Erfolg gekrönt. (Ruf bei der ÖVP: Früher hat er es leichter bekommen!)

Besser ging es mir, muss ich sagen, im Finanzministerium, wo Herr Kollege Winkler sagt: Selbstverständlich!, und ein paar Stunden später hatte ich die Powerpoint-Präsentation, die die Herren Finz und Grasser vor ein paar Tagen gehalten haben, auf meinem Laptop und konnte sie in einem Vortrag verwenden, wofür ich mich sehr herzlich bedanke. (Demonstrativer Beifall sowie Bravo- und Super-Rufe bei der ÖVP.)

Man sieht, oft ist die Welt nicht so, wie man sie sich auf den ersten Blick vorstellt: Unterstützung dort, wo man sie nicht erwartet – und dort, wo man glaubt, offene Türen einzurennen, Beton, gegen den man klatscht. Aber man lernt jeden Tag dazu, und ich habe jetzt gelernt: Von Ihnen bekomme ich in Zukunft alles, was ich mir selbst nicht errecherchieren kann.

Es scheint in Österreich durchaus Privatwissen der staatlichen Verwaltung zu geben – damit komme ich jetzt langsam zu meinem Thema –, und ich muss sagen: Das unterscheidet meine neue Arbeit auch nicht so sehr von der alten. So wie man als Journalist natürlich oft sehr gute Beziehungen braucht, um Unterlagen zu bekommen, die mit Steuergeld angefertigt wurden und Verwaltungs- und Herrschaftswissen gegenüber den Untertanen dieses Landes bilden, so ist es nun auch als Abgeordneter. Ich denke etwa nur daran, dass es angeblich eine Umfrage über die Studiengebühren gibt, deren Ergebnisse die Frau Ministerin exklusiv hortet. (Abg. Dr. Bri­nek: Nein, ...!) Sie sagt uns ausgewählterweise, was sie uns davon sagen will, aber die Bitte des Klubs etwa der SPÖ, diese Umfrage in ihrer Gesamtheit präsentiert zu bekommen, damit man sich auch ein eigenes Bild machen kann – wie viele Befragte?, wie lauteten die Fragen genau? –, diese Bitte ist bis heute nicht erfüllt worden. Sollte ich offene Türen eingelaufen sein, freue ich mich sehr herzlich. Meine E-Mail-Adresse lautet: jb@netway.at. (Heiterkeit und Beifall


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bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber.) – Aber bitte müllen Sie mich nicht zu! Nur wichtige Dinge, bitte!

Damit bin ich beim Thema. (Abg. Mag. Schweitzer: Jetzt erst? Das ist ja unglaublich!) – Herr Schweitzer! Ich habe vorher gefragt, ob ich darf, und der Herr Präsident hätte es sicher keine Sekunde länger zugelassen, als er es für angemessen hielt. Ich bedanke mich sehr herzlich beim Herrn Präsidenten. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.) Den Rest macht euch dann bitte intern aus.

Meine Damen und Herren! Wir haben Stillschweigen vereinbart über den Inhalt der Sondie­rungsgespräche der letzten Woche auch zum Thema Bildung. (Abg. Mag. Schweitzer: Herr Broukal! Der Herr Präsident hat sein Hörgerät nicht eingeschaltet! – Heiterkeit.) – Herr Schweit­zer! – Herr Präsident, das würde, glaube ich, nach einer Richtigstellung verlangen. Lassen Sie mich bitte jetzt nicht im Stich!


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Sie sind herzlich eingeladen, mit Ihrer Rede fortzu­fahren und zur Sache zu kommen. Dafür wäre ich Ihnen dankbar. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)


Abgeordneter Josef Broukal (fortsetzend): Also unterschätzen Sie Herrn Prinzhorn nicht! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Würden Sie bitte jetzt ...!) – Davor habe ich mich auch immer gefürch­tet: vor den Zwischenrufen der FPÖ. Aber ich habe mir gesagt: Jetzt kann es nur weniger arg sein, weil es nicht mehr 52, sondern nur noch 18 Zwischenrufer sind (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie Heiterkeit bei der ÖVP), und das ist richtig: Es ist erträglich! Ich danke Ihnen, es ist eine Verbesserung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben Stillschweigen vereinbart über das, was SPÖ und ÖVP auch in Sachen Bildung in der letzten Woche gesprochen haben, und das will ich achten – allerdings nicht mehr, als unser Gegenüber, Frau Minister Gehrer, das geachtet hat: Sie hat in den Zeitungen immer so ein bisschen begleitend darüber berichtet, wie diese Sache vor sich ging. Sie hat Recht, wenn Sie gesagt hat, dass wir uns in der Frage der Studiengebühren nicht bewegt haben: Wir sind bei unserem Nein geblieben, vermutlich aus den gleichen Gründen, die auch Frau Gehrer noch im Jahr 2000 lange Zeit dazu bewogen haben, nein zu Studiengebühren zu sagen – noch zwei Tage bevor dann angeblich auf Wunsch der FPÖ doch schwarz-blaue Politik daraus geworden ist.

Allerdings: Wir haben in diesen Verhandlungen – und mehr konnte man, so glaube ich, beim ersten „Beschnuppern“ von uns auch nicht erwarten – anerkannt, dass der Staat aus den Studiengebühren 130 Millionen € lukriert, die man so leicht nicht wird ersetzen können. Ich glaube, das war Bewegung.

Wir haben uns, verglichen mit der Haltung der ÖVP-Verhandler, da eigentlich sehr bewegt. Sie – das möchte ich schon sagen – haben sich in dieser Frage überhaupt nicht bewegt! Wäre ich auf der anderen Seite des Tisches gesessen, dann hätte ich gewusst, wohin ich mich be­wegen würde, ohne meinen Grundsatz aufzugeben, denn selbst wenn man Studiengebühren braucht und haben will: Ein bisschen intelligenter und ein bisschen gerechter könnte es dabei schon zugehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Das möchte ich Ihnen, bevor Sie sagen, dass es nicht stimmt, anhand von drei Beispielen vor Augen führen, und Sie sagen nachher, ob es stimmt oder nicht.

Punkt 1: Sie kennen das so gut wie ich: Wenn jemand berufstätig oder Alleinerzieherin ist oder aus welchem anderen Grund auch immer des Lebens oder des gewählten Lebensstils mit dem Studium nur langsam weiterkommt, dann zahlt er dennoch jedes halbe Jahr die volle Studienge­bühr. Das wäre ohne jede Mühe gerechter zu gestalten, etwa indem man – ausländische Bei­spiele gibt es dafür – von Berufstätigen nur die halbe Gebühr verlangt. Oder: Ja, es gibt auch Leute, die so viel Geld verdienen, dass sie kein Stipendium bekommen, aber trotzdem langsam studieren, und die auch die volle Gebühr zahlen (Abg. Mag. Schweitzer: Schrecklich! – Abg. Dr. Bleckmann: Sie verdienen so viel, dass sie kein Stipendium bekommen!), und es gibt aus-


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ländische Beispiele, die zeigen, dass man auch in diesem Fall bei der Gebühr eben einfach weniger verlangt, weil sie länger bezahlt wird, sodass der Grundsatz „eine Gesamtsumme für ein Studium“ gewahrt wird.

Punkt 2: Immer wieder kommt es vor, dass Studierende einfach ein halbes Jahr verlieren, und zwar – Frau Dr. Brinek, das steht ja außer Zweifel – deshalb verlieren, weil die Universität es in einzelnen Fällen nicht schafft, sie optimal zu betreuen. (Abg. Steibl: Das wird verbessert!) Wir kennen die Beispiele, die es dafür gibt:

Wir haben im „Kurier“ vor ein paar Monaten das Foto der Tombola-Maschine gesehen, die dar­über entscheidet, ob jemand einen Laborplatz bekommt. Wir wissen, dass der Rektor der Uni­versität Wien den Professoren mit Gebührenentzug droht, wenn sie nicht so rechtzeitig Zeug­nisse ausstellen, dass ein nahtloser Fortgang des Studiums gewährleistet ist. – Das brauche nicht ich zu erfinden, sondern das lese ich in der Zeitung und sehe es, so wie Sie.

In all diesen Fällen wird jedenfalls für versäumte Studienzeit die Studiengebühr eingehoben. Auch da wäre Bewegung am Platz.

Punkt 3: Die Studiengebühr wird von Kleinverdienern nicht verlangt, das stimmt, aber wer auch nur einen Euro über der Stipendiengrenze liegt, zahlt voll. Ab dieser Grenze herrscht die majes­tätische Ungleichheit eines mangelhaften Gesetzes. Wäre ich auf der ÖVP-Seite dieser Ver­handlungsrunden gesessen, ich hätte Vorschläge präsentiert, die präziser berücksichtigen, wer sich was leisten kann. Das würde viele entlasten, und es würde jene stärker für das Studium zur Kasse bitten, für die 720 € kein Opfer sind. Aber bei den Gesprächen mit der ÖVP hat es auch in diesem Punkt keine Bewegung gegeben.

All diese Dinge, die man, wie ich glaube, im Rahmen des Bestehenden ändern könnte, ändern aber nichts daran, dass wir aus vielen Gründen glauben, dass die Studiengebühren eine Barriere sind, die wir lieber heute als morgen abschaffen wollen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Abgeordnete zu Wort gemeldet hat sich Frau Ministerin Gehrer. – Bitte.

14.29


Abgeordnete Elisabeth Gehrer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben gerade die erste Rede des Herrn Kollegen Broukal gehört (Ruf bei der ÖVP: Die Jungfernrede!), die Jung­fernrede. (Abg. Nürnberger: War doch gut, nicht?) Ich bin am Gang von einem Journalisten gefragt worden, was ich zu Herrn Broukal sage, ich würde ihn doch aus den Verhandlungen kennen, und ich habe gesagt: Ich finde ihn moderat. – Ich ändere meine Meinung. Zu „moderat“ gehört nämlich, dass man sich auch bemüht, die Tatsachen wiederzugeben, und das gehört auch zu einem Journalisten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Unwissend war er!)

Mir vorzuwerfen, ich hätte aus Sondierungen berichtet, stellt einen Höhepunkt an Unehrlichkeit dar! Und um zu wissen, dass Sie für die Abschaffung der Studiengebühren sind, dafür brauche ich keine Sondierungen, denn das steht jeden Tag in der Zeitung! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie brauchen sich auch nicht den Kopf darüber zu zerbrechen (Abg. Ing. Gartlehner: Sie sind zu lehrerhaft!), was wir hätten sagen sollen. Ich nehme nämlich an, dass Sie etwas nicht gehört haben: dass wir in den Gesprächen – und jetzt berichte ich aus den Gesprächen – auch gesagt haben: Wir müssen einige Verbesserungen anbringen, wir müssen bei Härtefällen nachdenken, und wir müssen uns auch überlegen, ob wir bei berufstätigen Studierenden vielleicht einige Änderungen machen müssen. – Das sind Weiterentwicklungen, die vernünftig und richtig sind.

Ich meine aber, dass die grundlegenden Überlegungen und die grundlegenden Weichenstellun­gen im Bildungsbereich der letzten Jahre eine ganz klare Zielsetzung verfolgt haben: mehr Autonomie und Selbständigkeit, ein gesicherter Finanzierungsrahmen, Leistungsvereinbarun­gen, Qualitätssicherung. Und das haben wir in allen Bereichen konsequent umgesetzt. Das


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haben wir im Bereich der Schulen umgesetzt. Wir haben den Ländern mehr Kompetenz gege­ben, den Schulen mehr Kompetenz gegeben, mehr Selbständigkeit, mehr Autonomie. Wir haben Aufgaben an die Landesschulräte übertragen.

In diesem Zusammenhang möchte ich gleich ein Missverständnis aufklären: Die Diskussion betreffend Landesschulräte dreht sich darum, ob wir die Kollegien der Landesschulräte, die Kollegien der Bezirksschulräte noch brauchen und welche Position der Präsident haben soll. Was ich für meine Bundesschulen in den Ländern aber sicher brauche, das ist ein regionaler Bil­dungsmanager, der auch pädagogische Erfahrungen hat, und das ist eine Schulverwaltung. Es geht also nicht um die Behörde, sondern es geht um die politischen Einrichtungen. Ich glaube, wir sollten uns wirklich ernsthaft fragen, ob wir diese politischen Einrichtungen noch brauchen.

Meine Damen und Herren! Wir haben diese Strategie auch im Universitätsbereich zielorientiert umgesetzt. Das neue Universitätsgesetz wird akzeptiert, die Umsetzung läuft, die Gründungs­konvente sind gewählt. Die einzelnen Kuratoriumsmitglieder des Universitätenkuratoriums wer­den jetzt benannt, die Universitätsräte werden benannt. Das wird bis 31. Jänner abgeschlossen, und die planmäßige Umsetzung erfolgt.

Ich habe wirklich eine sehr große Bitte an alle, die in diesem Bereich Verantwortung tragen: Unterstützen wir die Universitäten bei der zielorientierten Umsetzung! Machen wir eine beglei­tende Evaluierung! Es ist sicher richtig, dass man sich in manchen Bereichen fragen wird: Was muss man vielleicht in drei, vier Jahren wieder verändern? Das ist bei allen Gesetzen so. Aber: Helfen wir bei der Umsetzung, machen wir eine begleitende Evaluierung, und fragen wir dann: Was können wir noch besser machen?

Nun zur Frage der Studiengebühren: Es wird hier vom Rednerpult aus immer wieder gesagt, die Ministerin habe sie eigentlich nicht haben wollen, der Herr Bundeskanzler habe sie eigentlich auch nicht haben wollen. Wir könnten uns in diesem Zusammenhang sehr viele Zitate vorwer­fen. Ich könnte jetzt aufzeigen, wer von den Grünen einmal gesagt hat, er könne sie sich eigent­lich schon vorstellen, Herr Kollege Van der Bellen. (Abg. Mag. Posch: Ihren eigenen Stand­punkt werden Sie nicht vergessen haben, Frau Minister!)

Ich könnte auch aufzeigen, wer von den Roten gesagt hat, man könnte den Widerstand dage­gen eigentlich einmal aufgeben oder man könnte die Studiengebühren unter gewissen Bedin­gungen akzeptieren. Ich sage Ihnen Folgendes: Es gibt Entwicklungen, die einfach einen ande­ren Standpunkt beleuchten und die dann zu einer anderen Schlussfolgerung führen. Wir haben diese Entwicklung durchgemacht. Wir haben zuerst gesagt: Wir wollen einmal Studienbeiträge – das kann jeder von Ihnen von mir nachlesen (Abg. Mag. Posch: Was haben Sie gesagt, Frau Minister?) – für die studierenden Pensionisten, für die Älteren und für die Langzeitstudierenden. Aber das geht, ich habe Ihnen das schon oft erklärt, aus Gleichheitsprinzipien nicht. Deswegen haben wir uns schlussendlich dazu durchgerungen und gesagt: Wir führen die Studienbeiträge ein – wir stehen dazu! –, wir wollen aber all jenen, die Unterstützung brauchen, Unterstützung geben. Und ich sage Ihnen: Es funktioniert! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Böhm­dorfer.)

Wir haben 199 526 Studierende – mehr als in Bayern und in der Schweiz. 40 781 Studierende erhalten insgesamt 156 Millionen € an Studienförderungen. Jene, die eine Studienförderung erhalten, erhalten den Studienbeitrag rückerstattet. Und 70 Prozent der ordentlichen Studieren­den sind in der Regelstudienzeit. Das bedeutet, die Universitäten bieten den Studierenden selbstverständlich ein gutes Angebot, die Jugendlichen können selbstverständlich in der Regel­zeit studieren. Natürlich gibt es einige Härtefälle, natürlich gibt es die berufstätigen Studieren­den, die eben nicht in der Regelstudienzeit sind.

Ein großes Danke an die Universitäten, die auch mit den Geldern, die wir ihnen aus den Studienbeiträgen geben, sehr verantwortlich umgehen. 109 Millionen Schilling sind eingesetzt worden zur Verbesserung des Studienangebotes, sind eingesetzt worden, damit die Regel­studienzeit eingehalten werden kann.


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Nun noch zu der Aussage, dass ich einen Bericht nicht herausgeben würde. Wer mich kennt, der weiß: Wer im Ministerium etwas anfragt, erhält eine Auskunft, erhält die Unterlagen.

Alle vier Jahre wird ein Bericht zur sozialen Lage der Studierenden gemacht. Der letzte Bericht ist im Jahr 1999 von mir freiwillig dem Parlament vorgelegt worden. Der nächste Bericht ist im März 2003 – alle vier Jahre! – fertig und wird dann selbstverständlich auch dem Parlament zur Verfügung gestellt. Nur: Der Bericht wurde im Herbst in Auftrag gegeben, 3 300 Studierende wurden befragt. Ich habe eine erste Auswertung erhalten. Das wird vom IHS unter Herrn Dr. Felderer gemacht, und man kommt zu dem Ergebnis, dass die Studiengebühren keine nachtei­lige Auswirkung auf die Herkunft der Studierenden haben. Es ist genauso wie vorher.

Natürlich können wir sagen, dass wir da etwas verbessern wollen, das ist okay – dann reden wir darüber. Aber ich stelle nachdrücklich fest: Die Studienbeiträge sind keine Barriere fürs Studium! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wer in Österreich studieren will und dafür die notwendigen Voraussetzungen hat, der kann studieren!

Ich bitte die Oppositionsparteien wirklich, nicht immer wieder einen Schritt zurück zu machen, sondern mit uns gemeinsam für die Jugend Schritte in die Zukunft zu setzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Die Redezeit wird wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

14.37


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin Gehrer hat vollkommen Recht, wenn sie meint, man könnte noch einige Zitate aus den Reihen der Oppositionsparteien bringen, um zu zeigen, dass hier nicht immer eine klare Linie gegangen wurde. – Herr Kollege Van der Bellen, Schwamm drüber!

Aber ich glaube, eines sollte und muss man in dieser Debatte doch aufzeigen – vor allem habe ich größtes Interesse daran, zu wissen, Herr Kollege Broukal, wie Sie in Ihrem alten Metier zu Werke gegangen wären, hätten Sie über das, was ich jetzt noch aufzeigen werde, zu berichten gehabt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da gibt es den Kollegen Niederwieser, der sich jetzt – wahrscheinlich auch deshalb, weil er be­reits weiß, was jetzt kommt (Abg. Dr. Niederwieser: Nein, ich weiß das bei dir nie!) – aus dem Saal verabschieden will – nein, er setzt sich doch wieder –, der im Jahre 1999, als er noch Mit­glied einer Regierungspartei war, hier und auch in Pressekonferenzen Studiengebühren das Wort geredet hat. – DDr. Erwin Niederwieser! Er wurde dann auf Grund des Wählerwillens auf die Oppositionsbank verbannt und hat wunschgemäß eine andere Linie vertreten, nämlich gegen die Einführung der Studiengebühren, und hat sich wieder eloquent – wie Kollege Broukal auch – zu Wort gemeldet. Dann gab es wieder Wahlen – die Verhältnisse haben sich verscho­ben, und die SPÖ sieht wieder oder sah wieder, je nachdem, von welchem Datum man gerade spricht, die Möglichkeit, in die Regierung zu kommen.

Und Kollege Niederwieser – Kollege Broukal, das für die Berichterstattung, die wir uns vorstel­len, für den Fall, dass Sie noch im alten Metier tätig wären – gab am 11. Dezember 2002 eine Pressekonferenz, bei der DDr. Erwin Niederwieser sagte: Die Abschaffung der Studiengebüh­ren stellt für die SPÖ überhaupt keine Bedingung dar. (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist kein wörtliches Zitat von mir! Das ist überhaupt kein Zitat!) – Das ist das Zitat Erwin Niederwieser. „Keine Bedingung“. Er kann sich durchaus vorstellen, dass es auch bei einer SPÖ-Regierungs­beteiligung weiterhin Studiengebühren gibt.

Also: einmal so, dann anders, am 11. Dezember wieder so, und heute, am 23. Jänner, wieder anders. (Abg. Dr. Petrovic: Manche werden klüger ...!) – Erwin Niederwieser! Es hängt offen-


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sichtlich davon ab, wo sich die SPÖ gerade befindet! (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Ob in Regierungsverantwortung, in Opposition, in der Hoffnung, Regierungsverantwortung überneh­men zu können, oder in der Erkenntnis, die Chance verspielt zu haben, davon hängt der Stand­punkt des Erwin Niederwieser zum Thema Studiengebühren ab.

Ich denke, diese Linie wird von niemandem wirklich goutiert, und deshalb erachte ich es als wirklich wichtig, dass viele erkennen, dass die SPÖ nicht bereit ist, Verantwortung zu tragen, sondern nur jene Meinung äußert, die parteipolitisch gerade für gut befunden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die entspre­chenden Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer – in Richtung des Abg. Broukal –: Jetzt habe ich vergessen, zu fragen, wie Sie berichten würden, würden Sie noch berichten!)

14.41


Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss zwei Dinge berichtigen. Zum einen hat die Frau Bundesministerin gesagt, dass 70 Pro­zent der Studierenden in der Regelstudienzeit abschließen. – Laut den uns zur Verfügung stehenden Statistiken des Ministeriums liegt der Anteil der Studienabschlüsse in der gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststudienzeit bei 7 Prozent, nicht bei 70 Prozent! – Da haben Sie eine Null dazugegeben.

Zum anderen zu den Ausführungen des Kollegen Schweitzer. Kollege Schweitzer hat mich wörtlich zitiert und gesagt: Niederwieser ist für – wie hat es geheißen? ... (Abg. Mag. Schweit­zer: Das werden Sie ja wissen!) – Eben, ich kenne das Zitat nicht, weil es nicht von mir ist.

Er hat gesagt (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ja ein Redebeitrag!), dass ich für den Verzicht auf die Forderung der Abschaffung der Studiengebühren eintrete. – Diese Behauptung ist nach­weislich unrichtig.

Dieses Interview ist wörtlich wiedergegeben. Ich habe gesagt: Wenn eine Partei vier Forderun­gen hat und alle vier als unabdingbar bezeichnet, dann wird es keine Verhandlungen geben, daher wird es irgendwo Abstriche geben. – Wo das sein wird, habe ich nie festgestellt.

Ich habe keineswegs von den Studiengebühren Abstand genommen (Abg. Mag. Schweitzer: Eine tatsächliche Bestätigung!) und habe heute hier auch ausdrücklich begründet (Abg. Mag. Mainoni: Jetzt ist aber dann Ruhe!), weshalb wir das für den falschen Weg halten. (Beifall bei der SPÖ.)

14.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Abgeordnete zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­minister Gehrer. – Bitte.

14.42


Abgeordnete Elisabeth Gehrer (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Folgen­des feststellen: Laut einer derzeit gemachten Umfrage sind 70 Prozent der jetzt Studierenden innerhalb der Regelstudienzeit. – Das war meine Aussage. Nicht die Studienabschlüsse, sondern 70 Prozent der derzeit an den Universitäten Studierenden sind innerhalb der Regel­studienzeit. (Beifall bei der ÖVP.)

14.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 16/A dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung zu.


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8. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats geändert werden (22/A)


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Schließlich gelangen wir zum 8. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

14.44


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Debatte über die Studiengebühren zurück zur Geschäftsordnung und zur Bundesverfas­sung. Heute Vormittag war sehr oft die Rede von Minderheitenrechten, von Rechten des Parla­ments, sogar von Rechten der Tiere – ich möchte nun auf andere Rechte zu sprechen kommen, nämlich auf die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern. Es geht dabei um einen Antrag hinsicht­lich des Weitergeltens von Volksbegehren über eine Legislaturperiode hinaus. Es ist das im Wesentlichen ein Antrag, der darauf ausgerichtet ist, die direktdemokratischen Instrumente, die wir in der Bundesverfassung haben, zu stärken und aufzuwerten.

Ich möchte dazu ein paar allgemeine politische Bemerkungen machen, ein paar allgemeine Gedanken und dann ein paar besondere Argumente bringen.

Die allgemeinen Bemerkungen: Seit 1995 ist Österreich Mitglied der Europäischen Union, und damit hat sich einiges verschoben: Viele Kompetenzen sind von Österreich nach Brüssel abge­wandert, von der nationalen Ebene auf die europäische Ebene, haben dort aber keine voll demokratisierte Europäische Union vorgefunden. Und im Grunde sind wir jetzt bei zwei ganz wichtigen Projekten schon sehr stark im Rückstand, nämlich auf der einen Seite, was die Demokratisierung der Europäischen Union betrifft und auch da die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, auf der anderen Seite auch hinsichtlich der Aufwertung von direktdemokratischen Mit­sprachemöglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern in der österreichischen Bundesverfassung. Diese Diskussion wäre aber bei einer allfälligen Debatte über die Bundesstaatsreform sehr wichtig, wobei es meiner Meinung nach nicht nur darum geht, die Rechte zwischen den Ebenen – zwischen Bund, Ländern und Gemeinden; dem Gebühren-Einheben, Steuern-Einhe­ben – zu diskutieren, sondern auch die Frage: Wo können Bürgerinnen und Bürger mehr mitre­den und auch direkt mehr beeinflussen und gestalten?

Die besonderen Argumente, was das Weitergelten von Volksbegehren betrifft, sind sehr nach­vollziehbar und liegen auf dem Tisch. Es ist einfach nicht einzusehen, warum ausge­rechnet ein Volksbegehren, das wenige Monate oder wenige Wochen vor dem plötzlichen Zu­sammen­brechen einer Regierung eingebracht wurde, keine Behandlung im Nationalrat erfahren soll, andere jedoch schon. Das ist eine große Ungleichbehandlung.

Diese Handhabung beruht auf keiner expliziten Gesetzesbestimmung, sondern auf einem Um­kehrschluss des Geschäftsordnungs-Paragraphen 46 Absatz 4, nämlich dem so genannten Diskontinuitätsprinzip – das ist ein sehr schwieriges Wort. Diesen Schluss leitet man davon ab, dass Anträge von Abgeordneten in der nächsten Legislaturperiode ja unter Umständen nicht mehr behandelt werden könnten, weil diese Abgeordneten nicht mehr im Nationalrat vertreten sind. Das Volk allerdings, das Volk ist unveränderlich, das Volk ist immer da.

Warum man diesen Diskontinuitätsgrundsatz – das ist wirklich ein schwieriges Wort –, dieses Prinzip auch auf die Volksbegehren überträgt, ist eigentlich nicht nachvollziehbar, es ist unge­recht. Es ist mit einem sehr großen Aufwand, auch einem sehr großen finanziellen Aufwand für viele Bürgerinnen und Bürger, die sich um solch ein Volksbegehren bemühen, verbunden – denken wir an das Tierschutz-Volksbegehren, an das Gentechnik-Volksbegehren, an das Frauen-Volksbegehren. Und dann scheitert es daran, dass vielleicht plötzlich eine Regierung


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nicht mehr weiterarbeiten kann oder dass das Volksbegehren erst kurz vor Ablauf einer Legis­laturperiode zustande gekommen ist, sodass es nicht mehr behandelt wird. Nicht einmal die Diskussion im Nationalrat über dieses Begehren ist dann mehr möglich!

Der Verfall von Volksbegehren macht auch deshalb wenig Sinn, weil ein Volksbegehren eines der wenigen direktdemokratischen Instrumente ist, die wir überhaupt in der Bundesverfassung haben und die ohnehin nicht stark ausgeprägt sind. Andere Staaten machen das mit sehr viel mehr Mut – ob das jetzt die Schweiz ist oder auch Deutschland, wo intensiv diskutiert wird, wie man Volksbegehren stärken kann, wie man eine intensivere Behandlung im Nationalrat oder Bundestag in irgendeiner Form auch erzwingen kann. Auch wir in Österreich haben das in der letzten Legislaturperiode sehr ausführlich diskutiert.

Dies soll zumindest ein erster Schritt sein – man kann dann über Weiteres nachdenken, aber zumindest das sollte garantiert sein. Angesichts sehr, sehr großer Anstrengungen von BürgerIn­nen, wobei sie sich sehr viele Gedanken über Inhalte gemacht haben, dafür Unterschriften gesam­melt haben, dafür letztendlich auch sehr viel Zeit und Engagement aufgewendet haben, ist es das Mindeste, was wir tun können, dass wir Volksbegehren über den Beginn der nächsten Gesetzgebungsperiode hinweg gelten lassen und dann diskutieren.

Noch ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang: Es hat ja in der Regierungskoalition zwischen ÖVP und FPÖ sehr wohl auch eine Debatte darüber gegeben, wie das mit einer zwingenden Volksabstimmung ab einer bestimmten numerischen Hürde bei Volksbegehren sei. Wir haben das mit etwas Skepsis kommentiert, und ich möchte das noch einmal begründen und einen anderen Vorschlag machen.

Natürlich hängt die Zahl der UnterzeichnerInnen sehr stark auch davon ab, welche öffentliche Resonanz ein Volksbegehren hat, wie viele Medienpartner sich finden. Und wir wollen nicht, dass es dann zu einer Unterscheidung zwischen guten und schlechten Volksbegehren kommt, weil manche Inhalte sehr viel schwieriger, andere sehr viel leichter zu vermitteln sind. Es sollen alle Volksbegehren eine gute und ernsthafte Behandlung im Nationalrat erfahren, und man soll hier nicht auf Grund einer gewissen Summe differenzieren.

Es wäre wichtig, alle Volksbegehren einer ernsthafteren Behandlung zuzuführen, und da kann man sich über viele Wege Gedanken machen, über vieles nachdenken. – Das wäre zumindest einmal ein erster Schritt. Und in diesem Sinne hoffe ich, dass dieser Antrag im Ausschuss die Zustimmung finden wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.

14.50


Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen Antrag der Grünen zur ersten Lesung vorliegen, und eine erste Lesung bietet Gelegenheit, sich ein paar Gedanken zu einem Vorbringen, einem Antrag zu machen – und das möchte auch ich hier tun.

Ich verstehe den Antrag der Grünen so, dass die politische Intention dahin geht, sicherzustel­len, dass Volksbegehren im Nationalrat grundsätzlich behandelt werden. Dem kann ich durch­aus etwas abgewinnen, dem stehe ich positiv gegenüber. Es ist in der abgelaufenen Legislatur­periode tatsächlich teilweise zu einer nicht zufrieden stellenden Behandlung von Volksbegehren gekommen. Daher kann ich nachvollziehen, dass zweifellos ein gewisses Nachdenken darüber notwendig ist. Ob jedoch der vorliegende Antrag der Grünen – der Abgeordneten Dr. Petrovic, Dr. Glawischnig, Brosz, Freundinnen und Freunde – die beste Möglichkeit ist, diesem politi­schen Wunsch und diesen politischen Überlegungen nachzukommen, das sehe ich etwas kritisch und ziehe ich auch ein wenig in Zweifel.

Ich ziehe das auch deswegen in Zweifel, weil von Ihnen, Frau Kollegin, das Diskontinuitätsprin­zip angesprochen wurde, also der Grundsatz, dass Vorlagen, die am Ende einer Gesetz-


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gebungsperiode nicht erledigt wurden, verfallen. Das hat zum einem historische Gründe, das hat aber auch sachliche Gründe. Diese sachlichen oder inhaltlichen Gründe sind natürlich darin begründet, dass der Nationalrat alle vier Jahre neu gewählt wird, neu zusammengesetzt wird, neue Mandatare kommen, neue Mehrheiten da sind und der Nationalrat eigentlich auch beginnen sollte, sich neu zu gestalten. Dieses Prinzip als solches halte ich für richtig, das sollte auch weiter festgeschrieben werden.

Das politische Anliegen, dass Volksbegehren anders behandelt werden, weil ja dahinter nicht nur politische Anträge von Mandataren, sondern auch Anträge von Bürgerinnen und Bürgern, von Wahlberechtigten stehen, ist natürlich gerechtfertigt. Das werden wir auch tun, weil die Wahlberechtigten ja letztlich eine politische Diskussion im Nationalrat und auch eine Antwort vom Nationalrat haben wollen.

Es ist jetzt schon so, dass die Geschäftsordnung auch andere Behandlungen von Volksbegeh­ren kennt, wie zum Beispiel den Vorrang vor übrigen Anträgen und Gegenständen im National­rat. Die Volkspartei wird sich damit auseinander setzen und wird sich dem auch stellen. Unser Präsident, der Erste Nationalratspräsident Dr. Andreas Khol, und auch Bundesratspräsident Hösele haben, wie Sie vielleicht verfolgt haben, eine meiner Meinung nach richtige und gute Initiative gestartet, indem sie angeregt haben, einen Österreich-Verfassungskonvent in Form einer Enquete-Kommission durchzuführen. Ich denke, dass wir dieses inhaltliche Anliegen dort diskutieren werden, dort diskutieren sollten und auch einer hoffentlich zufrieden stellenden Antwort zuführen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.53


Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Grünen, der hier zur Debatte steht, deckt sich eigentlich mit der Meinung der SPÖ zu diesem Thema. Ich glaube nicht, dass es zeitgemäß ist, dass Volksbegeh­ren mit dem Ende einer Legislaturperiode beendet sein sollen. Das ist insbesondere dann nicht richtig, wenn man in vielen Bereichen die Instrumentarien der direkten Demokratie verstärken will und ein Instrumentarium hat, das eigentlich von allen Bevölkerungsteilen angenommen und von vielen Bevölkerungsteilen aktiv unterstützt wird. Es ist auch dann nicht richtig, wenn es letztlich nicht von jenen Leuten behandelt wird, die dafür gewählt wurden, damit sie diese Begehren auch behandeln.

Was kann ein Bürger dafür, dass die Nationalräte oder der Nationalrat säumig sind? Was kann ein Bürger dafür, der sich für eine Sache einsetzt, dass nur deswegen, weil – aus welchen Gründen immer – eine Regierung implodiert, so wie die Letzte, sein nach wie vor berechtigtes Anliegen nicht behandelt wird? – Er kann nicht damit rechnen, dass sich die politische Situation unter den gewählten Abgeordneten so verändert, dass die Legislaturperiode verkürzt wird und damit sein Anliegen, das er berechtigt für diese Legislaturperiode behandelt haben wollte, nicht mehr behandelt werden kann. Es ist weder seine Schuld noch im Sinne der Demokratie, dass dieses Begehren nicht mehr behandelt wird. Es zeigt sich somit, dass wir in diesem Falle mit den berechtigten Sorgen der Bürger nicht adäquat umgehen.

Ich glaube, man sollte die Bereitschaft, Staatsreformen anzugehen beziehungsweise gewisse Veränderungen im Staatsgefüge durchzuführen auch dazu nützen, diese Fehler in der derzeiti­gen Geschäftsordnung zu beseitigen. Meiner Meinung nach ist das ein Fehler, denn es ändern sich zwar die Abgeordneten, aber es ändert sich nicht das Anliegen und schon gar nicht die Bevölkerung, die dieses Anliegen behandelt haben will. Nur weil sich die Personen im National­rat ändern, verändert sich aber nicht die Position der Bevölkerung zu diesem Anliegen, insbe­sondere jener Leute nicht, die aktiv dafür eingetreten sind.

Man sollte auch den Kostenfaktor berücksichtigen, der bei einer derartigen Mobilisierung von Menschen bei der Abwicklung eines Volksbegehrens entsteht. Diese Kosten sind praktisch in den Sand gesetzt, sobald eine neue Legislaturperiode beginnt. Diese neue Legislaturperiode


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hängt ja nicht von denjenigen ab, die dieses Anliegen sozusagen behandelt haben wollen, sondern von uns Abgeordneten. Die Säumigkeit dann zum Nachteil der Bürger fortzuführen, das ist, so glaube ich, der falsche Weg. Es wäre ein Leichtes, diesen Missstand abzustellen.

Ich denke, wir sind uns ziemlich einig darin, dass das ein Punkt ist, der in einer Staatsreform, in einer Bundesstaatsreform beziehungsweise in einem Demokratiepaket verankert werden muss, weil es ja jetzt schon wenige Instrumentarien der direkten Demokratie gibt. Die Instrumentarien, die wir hier haben, sollten wir auch entsprechend erst nehmen und den Bürger nicht davon abhängig machen, ob dieselben Personen in der nächsten Legislaturperiode hier im Nationalrat sitzen, oder ob andere Abgeordnete sein Anliegen zu behandeln haben.

Auf alle Fälle will der Bürger sein Anliegen behandelt haben. Dem einzelnen Bürger, der sich für ein besonderes Anliegen engagiert, ist ziemlich egal, wer es behandelt. Er erwartet von seinen gewählten Vertretern, dass sie sich mit diesem Problem auseinander setzen. Das muss auch über eine Legislaturperiode hinweg möglich sein, denn auch da gibt es gewählte Vertreter. Das kann nicht davon abhängig sein, welche Personen hier im Nationalrat sitzen.

Daher ist das Ganze ein Anliegen, das von unserer Seite völlig unterstützt wird. Ich glaube, dass man dieses Anliegen noch ausdehnen könnte. Uns von der SPÖ geht es noch zu wenig weit, weil wir wollen, dass dieses Anliegen auf parlamentarische Bürgerinitiativen, die einen ähnlichen Background haben, ausgedehnt wird. Deswegen sollte man hier auch gleich eine Regelung für Bürgerinitiativen schaffen.

Ich habe schon bei meiner Vorrednerin Bereitschaft gesehen, dass zumindest darüber geredet wird. Ich glaube, dass es im Gesamtkontext einer umfassenden Demokratiereform, im Gesamt­kontext einer umfassenden Staatsreform notwendig wäre, diese Schritte zu setzen, weil sie das Vertrauen der Bevölkerung in die gewählten Mandatare und in die Behandlung ihrer Anliegen stärken würden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Bösch. – Bitte.

14.59


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen treten prinzipiell für eine Stärkung der direkten Demokratie ein. Wir stehen deshalb diesem Antrag von Seiten der Grünen auch grundsätzlich positiv gegenüber. Schade ist aus unserer Sicht, dass von Seiten der Oppositionsparteien immer nur punktuelle Vorschläge in Bezug auf die Reform der Demokratie und in Bezug auf die Reform der Republik gemacht werden und weniger das Große und Ganze gesehen wird. Vor allem schade ist, dass von Seiten der SPÖ immer nur diese punktuellen Vorschläge gemacht werden, obwohl die Regierung zwischen ÖVP und FPÖ in der letzten Legislaturperiode in diesem Bereiche umfassende Vorschläge gemacht hat.

Ich erinnere an unser Demokratiepaket, in welchem ja auch für Volksbegehren bereits eine 15 Prozent-Klausel für eine verpflichtende Volksabstimmung vorgesehen war. Ich erinnere an die Vorschläge für eine neue bundesstaatliche Kompetenzverteilung, an die Stärkung der Ver­fassungsautonomie der Länder, an die Briefwahl, an die Bundesratsreform und an die gesam­ten Reformvorschläge der bisherigen Regierung.

Herr Kollege Wittmann! Gerade Sie von der SPÖ wären aufgefordert gewesen, in all diesen Punkten ernsthaft in eine Diskussion mit der Bundesregierung einzutreten, um die Gesamtre­form des Staates, die Gesamtreform der Demokratie und der parlamentarischen Republik weiterzubringen.

Wir Freiheitlichen stehen der Einrichtung eines Verfassungskonvents auf österreichischer Ebene grundsätzlich positiv gegenüber. Wir erhoffen uns davon eine Zusammenfassung aller bisherigen Vorschläge, eine neue Formulierung und endlich Ergebnisse in allen den Bereichen,


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die wir schon seit vielen Jahren im Bundesrat, im Nationalrat und darüber hinaus diskutieren. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Grundsätzlich ist auch dieser Antrag der Grünen für uns ein Vorstoß, der im Rahmen dieses Gesamtkonzepts in den nächsten Monaten hoffentlich richtig beraten werden wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Sie hat sich eine Redezeit von 5 Minuten vorgenommen. – Bitte.

15.01


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Ankündigungen, man werde ein riesiges Verfassungspaket schnüren, kommen bei mir mit sehr gemischten Gefühlen an, denn ich kenne viele Themen, über die in dieser Republik seit Jahrzehnten beraten wird, zum Beispiel die Neukodifikation der Grund­rechte oder die Reform des Bundesstaates. All das, sehr geehrte Damen und Herren, wird seit vielen Legislaturperioden zugesichert, aber es wird nicht gemacht.

Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, es liegt eigentlich eine sehr einfache Frage vor, die un­gleich einfacher ist als manche andere Fragen, die man wahrscheinlich wirklich nicht von heute auf morgen zufrieden stellend lösen kann; aber die Frage, ob Volksbegehren mit dem Ende der Legislaturperiode verfallen sollen oder nicht, kann man mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Wenn man der Meinung ist, sie sollen nicht verfallen, dann glaube ich, dass die legistischen Konsequenzen relativ einfach sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich würde meinen, dass es sogar mit den Intentionen der Verfassung nicht konform geht, dass man Volksbegehren unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie das Glück oder das Pech hatten, am Anfang oder am Ende einer Legislaturperiode eingebracht worden zu sein. Insbe­sondere wissen das die Proponentinnen und Proponenten ja unter Umständen gar nicht, denn – und diese Erfahrung haben wir auch schon gemacht – Legislaturperioden können vorzeitig be­endet werden, und dann ist es wohl wirklich nicht fair, Menschen, die sehr viel Zeit, Mühe und Geld investiert haben, um ihr Anliegen dem Hohen Haus vorzutragen, zu sagen: Pech gehabt, jetzt ist die Legislaturperiode zu Ende, jetzt könnt ihr wieder von vorne anfangen!

Das heißt, ich glaube, wir sollten diese Frage von den anderen Fragen rund um die Verfassung, die uns mit Sicherheit noch länger beschäftigen werden, abkoppeln, und wir sollten aus diesem Verfassungstopf ein paar Fragen herausnehmen und vorab erledigen.

Auch auf Folgendes mache ich Sie aufmerksam: Der Unmut der Bevölkerung oder derer, die ein Volksbegehren eingebracht haben, das dann vom Verfall bedroht ist, trifft insbesondere die stärkste Fraktion, weil man sagen wird: Die hätten es in der Hand, die rechtliche Situation zu verbessern. So wie das bei den großen Volksbegehrensmaterien der Fall war, hat man natür­lich – und nicht zu Unrecht – immer wieder schwere Vorwürfe an die ÖVP herangetragen.

Es wäre daher im Interesse des gesamten Hohen Hauses, hier festzuhalten, dass es keinen Unterschied machen darf, wann ein Volksbegehren eingebracht worden ist. Es ist vom Parla­ment allenfalls in einer nächsten Gesetzgebungsperiode zu behandeln.

Noch etwas: Sie haben gesagt, das Prinzip, dass Anträge von Abgeordneten verfallen, habe schon seinen Sinn. – Mag sein, es wäre durchaus auch denkbar, dass ein neuer Nationalrat alte Anträge, wenn er sich nicht mehr mit ihnen identifiziert, ablehnt. Aber es mag auch umge­kehrt Sinn machen, zu sagen: Wenn Anträge so wichtig sind, dann können sie auch wieder eingebracht werden! – Nur dasselbe können die Proponentinnen und Proponenten von Volks­begehren nicht tun.


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Wir alle wissen, dass es viel mehr Mühe und auch Geld kostet, eine große Zahl von Unterschrif­ten für ein Volksbegehren zusammenzubringen, als dass man einfach sagt: Bitte, holt eben noch einmal fünf Leute zusammen und unterschreibt! – So einfach ist das nicht!

Daher denke ich, dass wir hier wirklich von verschiedenen Dingen reden und dass eine unter­schiedliche Behandlung in diesem Fall absolut sachlich gerechtfertigt ist. Wir haben es ja auch nicht mit Hunderten Volksbegehren zu tun, sondern die wenigen Volksbegehren, die es in den letzten Gesetzgebungsperioden gab, wird wohl auch ein neuer Nationalrat aushalten, wenn er, mit dieser „Hypothek“ – unter Anführungszeichen – von Wünschen aus dem Volk belastet, seine neue Tätigkeit beginnt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann zu Wort gemeldet. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

15.06


Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Jugend auf den oberen Rängen! Jedes Volksbegehren als direktdemokratisches Instrument mobilisiert Tausende Bürgerinnen und Bürger dazu, mit ihrer Unterschrift für ein Thema, für ein Anliegen, für etwas, woran sie glauben, persönlich einzutre­ten oder sich klar gegen eine Thematik zu deklarieren.

Wenn ein Volksbegehren in einer Gesetzgebungsperiode – aus welchen Gründen auch immer – seinen Niederschlag nicht in Form eines Gesetzes findet oder nicht ausreichend be­handelt wird, so ist dies doch auf Grund der demokratiepolitischen Sensibilität der Materie ein Auftrag an uns, sich intensiv mit diesem Anliegen zu befassen. Dieser Auftrag der Bevölkerung kann nicht, darf nicht mit dem Auslaufen einer Legislaturperiode enden. (Beifall bei der SPÖ.)

Dem Antrag 22/A der Abgeordneten Dr. Petrovic und KollegInnen, nämlich dass Volksbegeh­ren, die dem Nationalrat übermittelt wurden, nicht mit Ende der Legislaturperiode verfallen, son­dern in einem solchen Fall vom Nationalrat der nächsten Gesetzgebungsperiode weiter zu be­handeln sind, stimme ich daher vollinhaltlich zu. (Beifall bei der SPÖ.)

An dieser Stelle möchte ich aber auch anregen, den Antrag betreffend Behandlung parlamen­tarischer Bürgerinitiativen zu vervollständigen, bei welchen das Anliegen auch von mindestens 500 BürgerInnen unterstützt werden muss.

Volksbegehren wie das Sozialstaat-Volksbegehren, das Frauen-Volksbegehren, das Gentech­nik-, aber auch das Temelín-Volksbegehren haben einen intensiven öffentlichen Diskussions­prozess entfacht und diese Problematik in das Bewusstsein der Österreicherinnen und Österrei­cher gerückt.

Insofern bin ich überzeugt davon, dass ein Volksbegehren auch dann erfolgreich ist, wenn es diese Funktion der bewussten Auseinandersetzung mit einem Thema in einer offenen, fairen Diskussion erfüllt hat oder aber durch eine solche Diskussion eine wertmäßige Orientierung in weiten Teilen der Bevölkerung ausgelöst hat.

Vor dem Hintergrund dieser Qualität direktdemokratischer Instrumente ist es daher sekundär – oder auf Deutsch gesagt „Wurscht“ –, ob es die Abgeordneten der XXI. oder der XXII. Gesetz­gebungsperiode sind, die verpflichtet sind, sich mit den Anliegen der Basis auseinander zu setzen. Wenn Tausende Menschen für ein Thema mobilisiert werden, dann muss das ein blei­bendes Signal sein, das uns zu einer längerfristigen Auseinandersetzung verpflichtet. Zeigen wir den Menschen außerhalb dieses Hohen Hauses, die sich intensiv mit Politik befassen, dass es für ihre Anliegen nicht nur ein Leben nach der Eintragungswoche gibt, sondern auch ein Leben nach der jeweiligen Gesetzgebungsperiode! Dazu sind vor allem jene Menschen inner­halb dieses Hauses aufgerufen, die unter ihren Sympathisantinnen und Sympathisanten aktiv für eine Unterzeichnung geworben haben.


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Man kann nicht auf der einen Seite sagen: Unterschreibt! und auf der anderen Seite zulassen, dass diese Unterschriften von einem Tag auf den anderen wertlos werden, sodass es dann erst wieder vom Wohlwollen der Parteien abhängig gemacht wird, ob ein Anliegen im Parlament erörtert wird oder nicht.

Volksbegehren sind teuer, sehr teuer, und deshalb sollten wir es auch aus Effizienzgründen nicht zulassen, dass aus aufgewendeten Kosten frustrierte Kosten werden.

Es geht aber um mehr: Es geht um die Grundsatzfrage, die für uns, die wir alle von Parteien entsendet wurden, sicherlich nicht leicht zu beantworten ist, weil damit ein – wenn auch kleiner – Verlust einer Monopolstellung verbunden ist. Es geht um die Frage: Lassen wir neben einer Parteiendemokratie auch ernsthaft basisdemokratische Elemente zu? Die Beantwortung dieser Frage werden wir vor der Bevölkerung zu verantworten haben, und ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nehmen Sie diese Verantwortung ernst! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlos­sen.

Ich weise den Antrag 22/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 28/A (E) bis 42/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 21/J bis 54/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuwei­sungen betreffen wird, berufe ich für 15.12 Uhr, das heißt also, für jetzt sofort ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 15.12 Uhr

 

 

 



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Stenographisches Protokoll
3. Sitzung / Seite 96

Anhang

Verzeichnis der Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder laut von den Klubs eingereichten Listen

Geschäftsordnungsausschuss

(Stand: 23. Jänner 2003)

Mitglieder:

ÖVP: Baumgartner-Gabitzer Ulrike, Dr.; Donnerbauer Heribert, Mag.; Fekter Maria Theresia, Mag. Dr.; Grillitsch Fritz; Kukacka Helmut, Mag.; Spindelegger Michael, Dr.

SPÖ: Cap Josef, Dr.; Fischer Heinz, Dr.; Jarolim Johannes, Dr.; Pendl Otto; Spindelberger Erwin

Freiheitliche: Scheibner Herbert

Grüne: Brosz Dieter

Ersatzmitglieder:

ÖVP: Fasslabend Werner, Dr.; Langreiter Hans, Mag.; Mitterlehner Reinhold, Dr.; Schultes Her­mann, Ing.; Tancsits Walter, Mag.; Trinkl Josef, Mag. Dr.

SPÖ: Kräuter Günther, Dr.; Niederwieser Erwin, DDr.; Nürnberger Rudolf; Schieder Peter; Sil­havy Heidrun

Freiheitliche: Haupt Herbert, Mag.

Grüne: Öllinger Karl

Immunitätsausschuss

(Stand: 23. Jänner 2003)

Mitglieder:

ÖVP: Auer Jakob; Brader Alfred, Mag. Dr.; Kainz Christoph; Kukacka Helmut, Mag.; Schweisgut Johannes; Trinkl Josef, Mag. Dr.

SPÖ: Csörgits Renate; Gaál Anton; Gradwohl Heinz; Oberhaidinger Georg; Puswald Christian, Dr.

Freiheitliche: Böhmdorfer Dieter, Dr.

Grüne: Öllinger Karl

Ersatzmitglieder:

ÖVP: Donnerbauer Heribert, Mag.; Hütl Günther, Dipl.-Ing.; Rasinger Erwin, Dr.; Schiefermair Notburga; Sieber Norbert; Spindelegger Michael, Dr.

SPÖ: Binder Gabriele; Broukal Josef; Dobnigg Karl; Gartlehner Kurt, Ing.; Marizzi Peter

Freiheitliche: Scheibner Herbert

Grüne: Kogler Werner, Mag.


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3. Sitzung / Seite 97

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen

(Stand: 23. Jänner 2003)

Mitglieder:

ÖVP: Brader Alfred, Mag. Dr.; Franz Anna; Freund Karl; Grander Maria; Hütl Günther, Dipl.‑Ing.; Kurzbauer Johann; Machne Helga; Missethon Hannes, Dipl.-Ing.; Scheucher-Pichler Elisabeth, Mag.; Schiefermair Notburga; Schweisgut Johannes; Steindl Konrad

SPÖ: Grossmann Elisabeth, Mag.; Heinisch-Hosek Gabriele; Heinzl Anton; Keck Dietmar; Rada Robert, Dr.; Scharer Erika; Spindelberger Erwin; Steier Gerhard; Wimmer Rainer; Wurm Gisela, Mag.

Freiheitliche: Rossmann Mares; Scheuch Uwe, Dipl.-Ing.

Grüne: Haidlmayr Theresia; Pirklhuber Wolfgang, Dipl.-Ing.

Ersatzmitglieder:

ÖVP: Glaser Franz; Lentsch Edeltraud; Miedl Werner; Praßl Michael; Rasinger Erwin, Dr.; Rauch-Kallat Maria; Schöls Alfred; Sieber Norbert; Spindelegger Michael, Dr.; Turkovic-Wendl Ingrid; Winkler Josef, Ing.; Wolfmayr Andrea, Dr.

SPÖ: Bayr Petra; Becher Ruth, Mag.; Csörgits Renate; Dobnigg Karl; Eder Kurt; Gaál Anton; Kuntzl Andrea, Mag.; Parnigoni Rudolf; Pendl Otto; Riepl Franz

Freiheitliche: Böhmdorfer Dieter, Dr.; Wittauer Klaus

Grüne: Glawischnig Eva, Dr.; Moser Gabriela, Dr.

Rechnungshofausschuss

(Stand: 23. Jänner 2003)

Mitglieder:

ÖVP: Böhm Franz Xaver; Donnerbauer Heribert, Mag.; Franz Anna; Gahr Hermann; Hornek Erwin; Lentsch Edeltraud; Prinz Nikolaus; Riener Barbara; Schöls Alfred; Steindl Konrad; Wöginger August; Wolfmayr Andrea, Dr.

SPÖ: Becher Ruth, Mag.; Faul Christian; Gaßner Kurt, Mag.; Kaipel Erwin, Ing.; Kräuter Günther, Dr.; Krist Hermann; Lapp Christine, Mag.; Puswald Christian, Dr.; Reheis Gerhard; Schönpass Rosemarie

Freiheitliche: Bleckmann Magda, Mag. Dr.; Böhmdorfer Dieter, Dr.

Grüne: Kogler Werner, Mag.; Moser Gabriela, Dr.

Ersatzmitglieder:

ÖVP: Fekter Maria Theresia, Mag. Dr.; Grander Maria; Huainigg Franz-Joseph, Dr.; Kapeller Norbert, Ing.; Kurzbauer Johann; Neugebauer Fritz; Praßl Michael; Rauch-Kallat Maria; Sieber Norbert; Stummvoll Günter, Dkfm. Dr.; Trinkl Josef, Mag. Dr.; Winkler Josef, Ing.

SPÖ: Binder Gabriele; Hoscher Dietmar, Mag.; Jarolim Johannes, Dr.; Königsberger-Ludwig Ulrike; Krainer Kai Jan; Matznetter Christoph, Dr.; Moser Hans, Mag.; Parnigoni Rudolf; Pendl Otto; Prähauser Stefan


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3. Sitzung / Seite 98

Freiheitliche: Bucher Josef; Mainoni Eduard, Mag.

Grüne: Brosz Dieter; Öllinger Karl

Unvereinbarkeitsausschuss

(Stand: 23. Jänner 2003)

Mitglieder:

ÖVP: Auer Jakob; Frieser Cordula, Mag.; Kopf Karlheinz; Kößl Günter; Schultes Hermann, Ing.; Tancsits Walter, Mag.

SPÖ: Bayr Petra; Binder Gabriele; Puswald Christian, Dr.; Stadlbauer Bettina; Verzetnitsch Friedrich

Freiheitliche: Böhmdorfer Dieter, Dr.

Grüne: Kogler Werner, Mag.

Ersatzmitglieder:

ÖVP: Grillitsch Fritz; Hütl Günther, Dipl.-Ing.; Maier Ferdinand, Dr.; Rädler Johann; Spindel­egger Michael, Dr.; Stummvoll Günter, Dkfm. Dr.

SPÖ: Hagenhofer Marianne; Jarolim Johannes, Dr.; Maier Johann, Mag.; Pendl Otto; Schieder Peter

Freiheitliche: Partik-Pablé Helene, Dr.

Grüne: Brosz Dieter

 

 

 

 

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