Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 124

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15.01

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Regierung! Stellen Sie sich vor, auf dem Weg zur Arbeit haben Sie einen Autounfall. Dabei überschlägt sich Ihr Auto, und Sie landen nach mehrmaligem Aufprall im Graben. Ihr Auto hat Totalschaden, Sie selbst wachen nach mehreren Wochen im Krankenhaus auf und stellen fest, dass Sie ab der Hüfte gelähmt sind. Sie stellen, nachdem Sie zwischen zwei ÖBB-Züge gekommen sind, fest, dass Ihnen das Bein amputiert werden muss.

Nach mehreren Wochen Rehabilitationsaufenthalt versuchen Sie wieder am Leben teilzuhaben. Mit den Mitteln der Unfallrente können Sie zusätzliche Dienste und Hilfsmittel zukaufen, um auch aktiv am Leben teilzunehmen.

Doch seit dem Jahr 2001 wurde Ihnen die Rente von einer blau-schwarzen Bundes­regierung um ein Drittel gekürzt, indem diese Rente besteuert wurde. Seitdem müssen Sie bei jedem Schritt überlegen, ob Sie sich diesen leisten können und wie Sie am Leben teilhaben können. Sie haben noch Glück, wenn Sie in Ihrem Beruf weiter­arbeiten können und Ihr Arbeitgeber Sie unterstützt.

Seit drei Jahren werden UnfallrentnerInnen herumgeschubst und geschröpft – mehr als 100 000 Menschen! Nach der Einführung dieser Steuer wurde von Seiten der So­zialdemokratie der Verfassungsgerichtshof befasst. Durch sein Erkenntnis wurde der Regierung die Aufgabe gestellt, diese unsoziale Maßnahme zu reparieren und zu­rückzunehmen. Die Regierung hat in dilettantischer Weise eine Härteregelung ge­bastelt und eine Rückzahlungsaktion für 2001 und 2002 gestartet, bei der die Steuer nicht automatisch zurückgezahlt wurde, sondern die Menschen langwierige Anträge stellen mussten. Und es haben noch immer nicht alle Unfallrentnerinnen und Unfall­rentner die ungerechte Steuer zurückbekommen!

Im Jahr 2003, dem europäischen „Jahr der Menschen mit Behinderungen“, wird wei­terhin die Steuer auf Unfallrenten eingehoben und ohne Abfederungsmaßnahmen einbehalten. Die Regierung brüstet sich damit, dass die Steuer für 2004 nicht mehr eingehoben wird – wir sind aber nach wie vor im Jahr 2003. In Inseraten wird so getan, als ob jemand anderer dieses Geld, diese Steuer, den behinderten Menschen aus der Tasche genommen hätte. Das ist unerhört!

Heute ist der 3. Dezember, der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Die Regierungsfraktionen hätten heute noch die Möglichkeit, dem Fristsetzungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion zuzustimmen. Die rückwirkende Abschaffung der Un­fallrentenbesteuerung 2003 wäre eine wichtige Maßnahme für behinderte Menschen in Österreich. Mehr als 100 000 Menschen sind davon betroffen und haben in den letzten Jahren netto 172,6 Millionen € ins Budget gezahlt, ohne eine einzige Un­terstützung zu bekommen!

Heute haben vor den Toren des Parlaments betroffene Menschen auf diese letzte Chance auf Abschaffung der Unfallrentensteuer 2003 hingewiesen. Sie wurden dabei von VertreterInnen der ÖVP, so etwa Frau Steibl, auf das Gröbste beschimpft.

Ich möchte Ihnen ein Mail einer betroffenen Frau vorlesen:

Ich habe heute an einer Protestaktion der Unfallrentner vor dem Parlament teilge­nommen. Die Abgeordnete der ÖVP, die ich gerade in der Parlamentsübertragung vom ORF erkannt habe, Frau Steibl, hat uns in unglaublicher Weise beschimpft. Wir wollten ihr nur ein Flugblatt überreichen, als sie sagte, wir sollten lieber etwas arbeiten – und außerdem sind wir sowieso nicht alle behindert; das Geld für Flugblätter könnte man sich sparen.

 


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