Stenographisches Protokoll

40. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 3. Dezember 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


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40. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode          Mittwoch, 3. Dezember 2003

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 3. Dezember 2003: 9.04 – 22.53 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bun­desrepublik Deutschland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxem­burg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugie­sischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Re­publik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union samt Schlussakte

2. Punkt: Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002 (2002/772/EG, Euratom) zur Änderung des Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments im Anhang zum Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom samt Erklärungen

3. Punkt: Bericht über den Antrag 250/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung geändert und ein Bundesgesetz über die Europa­wahl 2004 erlassen wird

4. Punkt: Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organi­sa­tion für die Nutzung von Meteorologischen Satelliten (EUMETSAT) in der Fassung der Änderung vom 26. Juni 2001 (Gemäß § 28a GOG keine Ausschussvorberatung)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Nationalstiftung für For­schung, Technologie und Entwicklung (FTE-Nationalstiftungsgesetz) erlassen wird, das Einkommensteuergesetz 1988, das Bundesfinanzgesetz 2003 und das Bundesfinanz­ge­setz 2004 geändert werden, ein Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Aus­gabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2003 bewilligt werden (Bud­getüberschreitungsgesetz 2003 – BÜG 2003), erlassen wird, das ERP-Fonds-Gesetz


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und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird, das Bundesgesetz über die vorübergehende sachliche Immunität von Leihgaben zu Ausstellungen der Bundes­museen erlassen wird sowie das ASFINAG-Gesetz geändert wird (Wachstums- und Standortgesetz 2003)

6. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden

8. Punkt: Änderung von Anhang II des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen

9. Punkt: Zusatzabkommen zu dem Abkommen vom 4. Oktober 1954 zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Dop­pel­besteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern

10. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Mongolei auf dem Ge­biete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

11. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung der Republik Kuba zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinde­rung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen samt Protokoll

12. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung der Demokratischen Volksrepublik Algerien über die Förderung und den ge­genseitigen Schutz von Investitionen

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­halts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landesleh­rer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensions­ge­setz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Bundes­be­diensteten-Sozialplangesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bun­des-Personalvertretungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Wache­be­diensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Väter-Karenzgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Ein­satz­zulagengesetz, das Unterrichtspraktikumgesetz, das Universitäts-Abgeltungsge­setz und das Akademie der Wissenschaften-Gesetz geändert werden sowie das Mi­litär­berufsförderungsgesetz 2004 geschaffen wird (2. Dienstrechts-Novelle 2003)

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz geändert wird (Bedienstetenschutz-Reformgesetz – BS-RG)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 292/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung der Presse erlassen (Presse­förde­rungs­gesetz 2004) sowie das KommAustria-Gesetz und das Publizistikförderungsgesetz geändert werden

17. Punkt: Zusatzprotokoll zur Anti-Doping Konvention

18. Punkt: Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen vom 2. Dezember 1961, revidiert in Genf am 10. November 1972, am 23. Oktober 1978 und am 19. März 1991


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19. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 51/A (E) der Abgeordneten Hei­de­marie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im ländlichen Raum

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992, das Schieneninfra­strukturfinanzierungsgesetz, das Hochleistungsstreckengesetz, das Bundesgesetz zur Er­richtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz sowie das Gesetz zur Neuordnung des Dienstrechtes der Österreichischen Bundesbahnen und deren Rechtsnachfolge-Unter­nehmen erlassen wird, mit dem das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz aufgehoben wird, und mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz und das Angestelltengesetz geändert werden (Bundesbahnstrukturgesetz 2003)

21. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungsübernahme für von der Gesellschaft „Österreichi­sche Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ (Europäische Gesellschaft für die Finan­zierung von Eisenbahnmaterial) aufzunehmende Anleihen, Darlehen und sonstige Kre­dite geregelt wird, geändert wird

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße-TGSt) geändert wird

23. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 50/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für den Schutz von Tieren beim Transport

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 23

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen, dem Fi­nanz­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 245/A der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung eine Frist bis 31. Jänner 2004 zu setzen ........................................ 42

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 42

Redner:

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 124

Mag. Dr. Josef Trinkl .................................................................................................. 125

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 126

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 127

Karl Öllinger ................................................................................................................ 128

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 129

Antrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen, dem Unter­richtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 284/A (E) der Abgeord­neten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaßnahmen zur


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Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnenwechsel während des Schuljahres durch Frühpensionierungen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ord­nung eine Frist bis 4. Dezember 2003 zu setzen ......................................................................................... 42

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 42

Redner:

Dieter Brosz ................................................................................................................ 130

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 133

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 134

Mares Rossmann ....................................................................................................... 136

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 137

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 139

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 43

Antrag des Abgeordneten Karl Öllinger im Sinne des § 18 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung auf Anwesenheit der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur – Ablehnung .........  129, 130

Ersuchen des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, die Sitzung zu un­terbrechen                     189

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 189

Verlegung der Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 5 bis 8 an den Schluss der Sitzung gemäß § 65 Abs. 1 letzter Satz GOG ............................................................................................... 189

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Peter Schieder, Herbert Scheibner und Karl Öllinger auf Vertagung der Verhandlungen über die Ta­gesordnungspunkte 20 und 21 gemäß § 73 Abs. 3 Z 1 GOG – Annahme .............................................................................................................  256, 256

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Peter Schieder, Herbert Scheibner und Karl Öllinger auf Vertagung der Verhandlungen über die Tages­ordnungspunkte 22 und 23 gemäß § 73 Abs. 3 Z 1 GOG – Annahme .............................................................................................................  256, 257

Aktuelle Stunde (10.)

Thema: „EU-Regierungskonferenz – Stand der Beratungen“ ............................. 23

Redner:

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 23

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 26

Dr. Werner Fasslabend ................................................................................................ 29

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 30

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 32

Dr. Evelin Lichtenberger ............................................................................................. 33

Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................................................ 35

Mag. Melitta Trunk ....................................................................................................... 36

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 38

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 39

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 23


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Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 41

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (230 d.B.): Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Däne­mark, der Bundesrepublik Deutschland, der Hellenischen Republik, dem König­reich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mit­glied­staaten der Europäischen Union) und der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Re­publik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slo­wenien, der Slowakischen Republik über den Beitritt der Tschechischen Re­publik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Re­publik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union samt Schlussakte (286 d.B.) ........................................................ 43

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (209 d.B.): Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002 (2002/772/EG, Euratom) zur Änderung des Akts zur Ein­führung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments im Anhang zum Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom samt Er­klärungen (287 d.B.)    ............................................................................................................................... 44

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 250/A der Ab­geordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung geändert und ein Bundesgesetz über die Europawahl 2004 erlassen wird (288 d.B.)   ............................................................................................................................... 44

Redner:

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 44

Dr. Heinz Fischer .......................................................................................................... 47

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 51

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 54

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 58

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 61

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................... 64

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 66

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 68

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 70

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner ........................................................ 73

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 75

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 76

Barbara Rosenkranz .................................................................................................... 80

Dr. Evelin Lichtenberger ............................................................................................. 82

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ................................................................................. 83

Peter Schieder .............................................................................................................. 84

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 85

Michaela Sburny ........................................................................................................... 86

Karl Donabauer ............................................................................................................ 87


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Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 92

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 94

Helga Machne ............................................................................................................... 95

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 96

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 97

Mag. Hans Langreiter .................................................................................................. 99

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 101

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................. 102

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 104

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 105

Mares Rossmann ....................................................................................................... 107

Maximilian Walch ....................................................................................................... 109

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 111

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 111

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 112

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 114

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der österreichisch-tschechischen Beziehungen im Zuge des Beitrittes der Tschechischen Republik zur Euro­päischen Union und der Einrichtung eines österreichisch-tschechischen Zukunfts­fonds – Ablehnung ...................................................................................  72, 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Europäischen Union und innerösterrei­chi­sche flankierende Maßnahmen – Ablehnung                78, 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Menschenrechte durch die Tschechische Republik – Annahme (E 28)          82, 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Europäischen Union – Annahme (E 29) .....  88, 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der konsequenten Anti-Atom-Politik Österreichs insbesondere in Bezug auf das KKW Temelίn – Annahme (E 30) ...................................................................................  98, 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend die weitere Verbesserung der österreichisch-tschechischen Beziehungen im Zuge des Beitrittes der Tschechischen Republik zur Europäischen Union und der Einrichtung eines österreichisch-tschechischen Zukunftsfonds – Ablehnung .................................................................................  102, 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Eduard Mainoni, Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine neue Wege­kostenrichtlinie und Österreichs Transitpolitik – Annahme (E 31) ...................................................................................................................  104, 116

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 286 und 287 d.B. ...........................  115, 116

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 286 und 287 d. B.  115, 117

Annahme des Gesetzentwurfes in 288 d.B. ................................................................ 117


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4. Punkt: Regierungsvorlage: Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für die Nutzung von Meteorologischen Satelliten (EUMETSAT) in der Fassung der Änderung vom 26. Juni 2001 (218 d.B.) (Ge­mäß § 28a GOG keine Ausschussvorberatung) .......................... 117

Redner:

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 118

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 118

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (313 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Nationalstiftung für For­schung, Technologie und Entwicklung (FTE-Nationalstiftungsgesetz) erlassen wird, das Einkommensteuergesetz 1988, das Bundesfinanzgesetz 2003 und das Bundesfinanzgesetz 2004 geändert werden, ein Bundesgesetz, mit dem Über­schrei­tungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgeset­zes 2003 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 2003 – BÜG 2003), erlas­sen wird, das ERP-Fonds-Gesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz ge­ändert wird, das Bundesgesetz über die vorübergehende sachliche Immunität von Leihgaben zu Ausstellungen der Bundesmuseen erlassen wird sowie das ASFINAG-Gesetz geändert wird (Wachstums- und Standortgesetz 2003) (324 d.B.) ............................ 118

6. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird (325 d.B.) ................................................... 119

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (276 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden (326 d.B.)          ............................................................................................................................. 119

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (295 d.B.): Änderung von Anhang II des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Be­zeichnung von Edelmetallgegenständen (327 d.B.)           ............................................................................................................................. 119

Redner:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 119

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 120

Mag. Werner Kogler ..........................................................................................  122, 139

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 141

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 144

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 144

Mag. Hans Moser ....................................................................................................... 147

Jakob Auer .................................................................................................................. 149

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 150

Josef Bucher ............................................................................................................... 152

Vizekanzler Hubert Gorbach ..................................................................................... 154

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 157

Mag. Cordula Frieser ................................................................................................. 158

Michaela Sburny ......................................................................................................... 159

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 161

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 163

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 164

Karl Öllinger .......................................................................................................  165, 188

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 167

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 167


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Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 169

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 169

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 171

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 172

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 172

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 173

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 175

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 176

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 177

Christine Marek .......................................................................................................... 178

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 181

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................... 182

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 183

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 184

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 185

Carina Felzmann ........................................................................................................ 186

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 186

Franz Glaser ................................................................................................................ 187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend unzureichende Bereitstellung von Geldern für Forschung und Entwicklung – Ablehnung  159, 258

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Evaluierung der Auswirkungen der steuerlichen Begüns­tigungen für Forschung und Entwicklung in zwei bis spätestens drei Jahren – Ablehnung ...................................................................  160, 258

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 324, 325 und 326 d.B. ...................................... 257

Genehmigung des Staatsvertrages in 327 d.B. ........................................................... 259

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 327 d. B. ........ 259

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (256 d.B.): Zusatzabkommen zu dem Abkommen vom 4. Oktober 1954 zwischen der Re­publik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Dop­pelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern (328 d.B.)                             190

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (257 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Mongolei auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (329 d.B.) .............................................................................................. 190

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (259 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Kuba zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kom­men und vom Vermögen samt Protokoll (330 d.B.) ..................................................... 190

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (258 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Demokratischen Volksrepublik Algerien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (331 d.B.) ...................... 190

Genehmigung der vier Staatsverträge ......................................................................... 190


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40. Sitzung / Seite 9

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (283 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienst­ge­setz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaft­li­che Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Pensionsgesetz 1965, das Bun­destheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Teilpensions­gesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Ausschrei­bungs­gesetz 1989, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslands­zula­gen- und -hilfeleistungsgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Väter-Karenz­gesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Einsatzzulagengesetz, das Unterrichts­praktikumgesetz, das Universitäts-Abgeltungsgesetz und das Akademie der Wis­senschaften-Gesetz geändert werden sowie das Militärberufsförderungsge­setz 2004 geschaffen wird (2. Dienstrechts-Novelle 2003) (320 d.B.)                191

14. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (284 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz geän­dert wird (Bedienstetenschutz-Reformgesetz – BS-RG) (321 d.B.) ...................................................................................................................... 191

Redner:

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 191

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 193

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 197

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 199

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 199

Otto Pendl ................................................................................................................... 200

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 202

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 203

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 206

Dieter Brosz ................................................................................................................ 207

Walter Murauer ........................................................................................................... 208

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 208

Alfred Schöls .............................................................................................................. 209

Annahme der beiden Gesetzentwürfe .......................................................................... 210

15. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (312 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird (322 d.B.) .............................. 215

Redner:

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 215

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 216

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 217

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 218

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 218

16. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 292/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung der Presse erlassen (Presseförderungsgesetz 2004) sowie das KommAustria-Gesetz und das Publizistikförderungsgesetz geändert werden (323 d.B.)               219


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40. Sitzung / Seite 10

Redner:

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 219

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 221

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 221

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 223

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 223

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 224

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 225

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 226

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 227

Helga Machne ............................................................................................................. 228

Mag. Cordula Frieser ................................................................................................. 228

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 229

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 229

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über die Regierungsvorlage (207 d.B.): Zusatzprotokoll zur Anti-Doping Konvention (315 d.B.) ............................................... 229

Redner:

Peter Haubner ............................................................................................................. 230

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 231

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 232

Dieter Brosz ................................................................................................................ 232

Staatssekretär Mag. Karl Schweitzer ....................................................................... 233

Herta Mikesch ............................................................................................................. 234

Katharina Pfeffer ........................................................................................................ 235

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 236

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 236

Beate Schasching ...................................................................................................... 237

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 238

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Re­gie­rungsvorlage (195 d.B.): Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen vom 2. Dezember 1961, revidiert in Genf am 10. November 1972, am 23. Oktober 1978 und am 19. März 1991 (266 d.B.)                   238

Redner:

Christian Faul ............................................................................................................. 239

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 240

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 240

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 242

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 242

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...................................................................... 242

Norbert Sieber ............................................................................................................ 243

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 244

Karl Freund ................................................................................................................. 245

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 246

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG ........................................... 246

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 51/A (E) der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im ländlichen Raum (267 d.B.) .................................................. 246


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Redner:

Herta Mikesch ............................................................................................................. 246

Heidrun Walther ......................................................................................................... 248

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 248

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 249

Notburga Schiefermair .......................................................................................... ... 251

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 252

Hermann Gahr ............................................................................................................ 253

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 254

Gabriele Binder .......................................................................................................... 254

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 255

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 267 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im ländlichen Raum (E 32) .......................... 255

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (311 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992, das Schie­nen­infrastrukturfinanzierungsgesetz, das Hochleistungsstreckengesetz, das Bundes­ge­setz zur Errichtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Bundespflege­geld­gesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz sowie das Gesetz zur Neuordnung des Dienstrechtes der Österreichischen Bundesbahnen und deren Rechtsnachfolge-Unternehmen erlassen wird, mit dem das Bahn-Betriebsver­fas­sungsgesetz aufgehoben wird, und mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz und das Angestelltengesetz geändert werden (Bundesbahnstrukturgesetz 2003) (340 d.B.) .......................................................... ... 255

21. Punkt: Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungsübernahme für von der Gesellschaft „Österreichische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ (Eu­ropäische Gesellschaft für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial) aufzu­nehmende Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird (341 d.B.)           ............................................................................................................................. 256

Vertagungsbeschluss ................................................................................................... 256

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (233 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße-TGSt) geändert wird (342 und Zu 342 d.B.) ........................................................................................... 256

23. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungs­an­trag 50/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für den Schutz von Tieren beim Transport (343 d.B.) ............................................................................................ 256

Vertagungsbeschluss ................................................................................................... 257

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 41


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40. Sitzung / Seite 12

Petition betreffend „Für den Erhalt der Mariazellerbahn“ (Ordnungsnummer 16) (überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 41

339: Protokoll zur Änderung des Internationalen Übereinkommens zur Ver­einfachung und Harmonisierung der Zollverfahren (geschehen zu Brüssel am 26. Juni 1999) samt Anhängen

344: Rahmenabkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowa­ki­schen Republik über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskör­perschaften

345: Übereinkommen zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Republik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, Rumänien, der Slowakischen Republik und der Republik Slo­wenien zur Förderung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hochschul­bildung im Rahmen des Central European Exchange Programme for University Studies („CEEPUS II“)

Bericht ........................................................................................................................... 42

III-68: Bericht über die 2. Fortschreibung des Österreichischen Stabilitäts­pro­grammes für die Jahre 2003 bis 2007; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (294/A)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortmaßnahmen- Jugend-Demokratiepaket ,Beteiligung fördern‘“ (295/A) (E)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Erwach­senenbildung (296/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung und Umset­zung einer österreichischen Forschungsstrategie (297/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz von Mensch und Umwelt vor Schäden durch nichtionisierende Strahlung (298/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Forschungsprogramm über Auswirkungen von GSM/UMTS-Emissionen (299/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung und Um­setzung einer österreichischen Forschungsstrategie (300/A) (E)

Elmar Lichtenegger, Peter Haubner, Dr. Peter Wittmann, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines „Anti-Doping-Gesetzes“ (301/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überwinden der „digital divide“ und der Nachteile des ländlichen Raums bei der Versorgung mit Informations- und Kommunikationsdiensten (302/A) (E)


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40. Sitzung / Seite 13

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geschäfte von Ministersekretären (1096/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zerschlagung der ÖBB und die Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und Volkswirtschaft (1097/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Zerschlagung der ÖBB und die negativen Auswirkungen auf die Umwelt/Klimaschutz (1098/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Profiteure der Gesundheitsreform (1099/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend außerordentliche Beschwerden zur Verpflegungsregelung für Zivildiener (1100/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schieneninfrastrukturprojekte im Burgenland (1101/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Drogenhandel in Wien-Donaustadt (1102/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Sicherheitsabbau in Wien-Donaustadt (1103/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „das Elend der bedingten Entlassung“ und explodierende Haftzahlen (1104/J)

Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Finanzierung der SPÖ durch Spenden aus dem SPÖ Firmengeflecht (1105/J)

Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umgang der SPÖ mit Spenden (1106/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verkauf der „Himmelpfortgasse“ (1107/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verkauf der „Himmelpfortgasse“ (1108/J)


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40. Sitzung / Seite 14

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Wire­less Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (1109/J)


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40. Sitzung / Seite 15

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (1110/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutz­probleme (1111/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (1112/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (1113/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (1114/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (1115/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (1116/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (1117/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Wireless Lan; Sicher­heits- und Datenschutzprobleme (1118/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutz­probleme (1119/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (1120/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rechnungs­hofes betreffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (1121/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Pfusch und Parteipolitik beim Hauptverband (1122/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend völlig ungerechtfertigte Zurückweisung slowakischer Staatsbürger­Innen am Grenzübergang Marchegg am 20.11.2003 (1123/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Parteiwerbung und Pfusch bei Unfallrentenbesteuerung (1124/J)


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40. Sitzung / Seite 16

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Leitung der Sektion für KonsumentInnenschutz (1125/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend völlig ungerechtfertigte Zurückweisung slowakischer Staatsbürger­Innen am Grenzübergang Marchegg am 20.11.2003 (1126/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend völlig ungerechtfertigte Zurückweisung slowakischer StaatsbürgerInnen am Grenzübergang Marchegg am 20.11.2003 (1127/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Altersgrenzen beim Bezug von Studienbeihilfen (1128/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Kontrolle über die Verwendung der österreichi­schen Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit der EU (1129/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Stiften gehen“ (1130/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kurspflege der YLine-Aktien (1131/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Geschäfte von Ministersekretären (1132/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend Geschäfte von Ministersekretären (1133/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Geschäfte von Ministersekretären (1134/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Geschäfte von Ministersekretären (1135/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend Geschäfte von Ministersekretären (1136/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Geschäfte von Ministersekretären (1137/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Geschäfte von Ministersekretären (1138/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend Geschäfte von Ministersekretären (1139/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Geschäfte von Minister­sekre­tären (1140/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Geschäfte von Minister­sekretären (1141/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Geschäfte von Ministersekretären (1142/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend existenzbedrohende Subventionskürzung des Bun­des beim Kärntner Bildungswerk (1143/J)

Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Breitbandinitiative im ländlichen Raum und in den Grenzregionen (1144/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Maßnahmen gegen elektro­magnetische Strahlung (1145/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Maßnahmen gegen die Belastung durch elektro­magnetische Strahlung (1146/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend menschenrechtswidrige Behandlung eines öster­reichischen Tierschutz-Aktivisten in Finnland (1147/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend menschenrechtswidrige Behandlung eines österreichischen Tierschutz-Akti­visten in Finnland (1148/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Überschreitung von Pestizid- und Nitrat-Grenzwerten im Trink­wasser (1149/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Lagerhaltung oder Vernichtung von Altwaffen beim österreichi­schen Bundesheer (1150/J)

Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Erhalt der Ybbstalbahn (1151/J)


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40. Sitzung / Seite 17

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Im­mo­bilienmanagement der Ressorts (1152/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Ange­legenheiten betreffend Immobilienmanagement der Ressorts (1153/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Immobilienmanagement der Ressorts (1154/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Immobilienmanagement der Ressorts (1155/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Immobilienmanagement der Ressorts (1156/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Immobilienmanagement der Ressorts (1157/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Immobilienmanagement der Ressorts (1158/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Immobilienmanagement der Ressorts (1159/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Immobilienmanagement der Res­sorts (1160/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Immobilienmanagement der Res­sorts (1161/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Immobilienmanagement der Ressorts (1162/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Immobilienmanagement der Ressorts (1163/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Finanz­gebarung seit 25.11.2002 (1164/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige An­gelegenheiten betreffend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1165/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1166/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1167/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1168/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1169/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1170/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­vertei­digung betreffend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1171/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1172/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Si­cherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1173/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1174/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Finanzgebarung seit 25.11.2002 (1175/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Presseförderung 2003 für die österreichische Bauernzeitung (1176/J)


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40. Sitzung / Seite 18

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Fragen und Antworten (1177/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend gut vor­bereitete Fragen (1178/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige An­gelegenheiten betreffend gut vorbereitete Fragen (1179/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend gut vorbereitete Fragen (1180/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend gut vorbereitete Fragen (1181/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend gut vorbereitete Fragen (1182/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend gut vorbereitete Fragen (1183/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­vertei­digung betreffend gut vorbereitete Fragen (1184/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend gut vorbereitete Fragen (1185/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend gut vorbereitete Fragen (1186/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend gut vorbereitete Fragen (1187/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend gut vorbereitete Fragen (1188/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Zukunft des offenen Hochschulzugangs (1189/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Veräußerung von Grundflächen der Justizanstalt „Schwarzau“ (1190/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Tierhaltungsverordnung für landwirtschaftliche Nutztiere im Bundestierschutzgesetz (1191/J)

Petra Bayr, Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Fälligkeit des österreichischen Staaten­berichts zur Konvention über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WSK-Pakt) (1192/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Team04 – Alpingendarmerie ohne Alpinausrüstung (1193/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Drogenpolitik in den Bezirken St. Johann/Pongau, Tamsweg und Zell/See (1194/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Sicherheitsmonitor und monatliche Kriminalstatistik (1195/J)

*****

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Wireless Lan; Sicherheits- und Datenschutzprobleme (15/JPR)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates be­treffend Nasenringe im ÖVP-Klub (16/JPR)


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40. Sitzung / Seite 19

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (806/AB zu 806/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (807/AB zu 810/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (808/AB zu 843/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (809/AB zu 803/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (810/AB zu 805/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (811/AB zu 833/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kol­legen (812/AB zu 814/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kol­leginnen und Kollegen (813/AB zu 813/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kol­leginnen und Kollegen (814/AB zu 827/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (815/AB zu 831/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Ab­geordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (816/AB zu 850/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen (817/AB zu 807/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (818/AB zu 818/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (819/AB zu 823/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (820/AB zu 829/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (821/AB zu 835/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (822/AB zu 836/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (823/AB zu 840/J)


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des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Ger­hard Steier, Kolleginnen und Kollegen (824/AB zu 815/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (825/AB zu 811/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (826/AB zu 808/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kol­legen (827/AB zu 809/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (828/AB zu 824/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (829/AB zu 854/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (830/AB zu 853/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (831/AB zu 852/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (832/AB zu 856/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (833/AB zu 846/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (834/AB zu 848/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (835/AB zu 849/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (836/AB zu 816/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (837/AB zu 817/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (838/AB zu 822/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (839/AB zu 832/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen (840/AB zu 841/J)


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des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rosemarie Schönpass, Kolleginnen und Kollegen (841/AB zu 844/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (842/AB zu 855/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (843/AB zu 834/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (844/AB zu 839/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (845/AB zu 859/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (846/AB zu 830/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen (847/AB zu 847/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (848/AB zu 851/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (849/AB zu 825/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (850/AB zu 857/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (851/AB zu 858/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ordneten Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen (852/AB zu 819/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (853/AB zu 826/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (854/AB zu 837/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (855/AB zu 845/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (856/AB zu 828/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (857/AB zu 870/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (858/AB zu 871/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (859/AB zu 886/J)


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des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen (860/AB zu 957/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (861/AB zu 875/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (862/AB zu 864/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen (863/AB zu 860/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen (864/AB zu 861/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (865/AB zu 991/J)



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Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, die Plätze ein­zunehmen. Ich eröffne die 40. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 37. Sitzung vom 12. November 2003 sowie der 38. und 39. Sitzung vom 13. November 2003 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Sima, Nürnberger, Mag. Posch und Dr. Pilz.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mit­gliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser wird durch den Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz vertreten.

Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„EU-Regierungskonferenz – Stand der Beratungen“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Ich erteile ihm das Wort und mache darauf aufmerksam, dass die gesetzliche Redezeit 10 Mi­nuten beträgt. (Abg. Dr. Niederwieser: Maximale!) – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.05

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Heute ist ein wich­tiger Tag in diesem Haus, weil wir über die Beitrittsverträge der neuen Mitgliedsländer bestimmen werden.

Es ist ein wichtiger Tag für Österreich, es ist aber auch wichtig, an diesem Tag über den Stand der Verhandlungen betreffend die EU-Verfassung zu reden, weil wir auch da an einer gewissen Schwelle stehen – in einem Prozess, in dem das Ende noch nicht klar absehbar ist, aber nach einem Konklave der Außenminister am letzten Wochen­ende, bei dem sich erstmals gezeigt hat, in welche Richtung es gehen kann, und vor einer Entscheidung – vielleicht einer teilweisen Entscheidung – im Europäischen Rat, in dem uns der Herr Bundeskanzler als Regierungschef Österreichs vertreten wird.

Wir wollen diese Gelegenheit heute zum Anlass nehmen, über diese Schwelle, über diese bisherigen Ergebnisse zu beraten, und haben daher dies als Thema dieser Aktuellen Stunde gewählt.


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Das für uns Wichtigste war zunächst, dass wir überhaupt über Veränderungen spre­chen, meine Damen und Herren, denn: Erinnern wir uns doch sechs Monate zurück! Es gab einen Konvent in der Europäischen Union, an dem sich auch Österreicher beteiligt haben, und zwar gut beteiligt haben. Und dieser Konvent zeitigte ein Ergebnis, das sich durchaus sehen lassen und zu dem man großteils auch stehen kann. Aber es gab und gibt in diesem Entwurf einzelne Passagen, einige inhaltliche Punkte, mit denen wir Österreicher nicht gut leben können.

Ich darf daher als ersten Punkt hervorheben, dass es uns gelungen ist, dass über Ver­änderungen überhaupt gesprochen wird, denn ich darf Sie, meine Damen und Herren besonders von den Oppositionsparteien, daran erinnern, dass noch vor sechs Monaten die Stimmung auch in diesem Parlament vorherrschte: Nicht ein Beistrich dürfe geän­dert werden, denn sonst werde alles in die Luft fliegen, man werde die Büchse der Pandora öffnen!

Meine Damen und Herren! Sechs Monate danach sieht die Situation Gott sei Dank anders aus. Mittlerweile gibt es eine Liste vor allem von österreichischen Vorhaben, die zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ich sehe es daher als einen wichtigen Erfolg unserer Außen- und Europapolitik an, dass wir uns in dieser Frage durchgesetzt ha­ben. Es wird über notwendige Änderungen diskutiert, und das ist vor allem ein Erfolg der Hartnäckigkeit unseres Bundeskanzlers, der von Anfang an gesagt hat: Mit ge­wissen Entscheidungen wollen wir so nicht leben! – Ich freue mich darüber, dass das heute so weit gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heit­lichen.)

Alle Kleinmütigkeit auch von Kollegen aus den Reihen der Grünen – Herr Voggenhuber hat damals von den „Zwergenstaaten“ gesprochen; es ist ja sehr interessant, dass man so ein Bild von Österreich haben kann – und von anderen wie vom Kollegen Einem von der SPÖ, die gemeint haben, wir gefährden alles, sind Gott sei Dank verstummt. Wir kön­nen uns jetzt auf die Inhalte konzentrieren.

Der erste für uns wesentliche Inhalt war und ist, den Grundsatz des Gleichgewichtes aller Mitgliedsländer der Europäischen Union – egal, ob groß oder klein – ernst neh­men zu wollen. Und eine Ausformung dieses Grundsatzes ist, dass jedes Mitgliedsland in jeder Institution vertreten sein muss, meine Damen und Herren! Stellen wir doch die­sen Grundsatz nicht in Frage, in einem großen Europa, zu dem wir uns bekennen, son­dern treten wir dafür ein, dass jedes Mitglied auch in der Kommission einen Vertreter hat, der mitbestimmen kann! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Vor sechs Monaten noch haben gerade die Damen und Herren der Opposition in un­seren Diskussionen im EU-Hauptausschuss dieser Frage sehr wenig Bedeutung bei­gemessen. Wenn ich an die letzte Hauptausschusssitzung denke, so sieht das ja nun Gott sei Dank schon ein wenig anders aus. Jetzt, da sich langsam entwickelt, dass das ein Standpunkt wird, der auch von den Großen in der Europäischen Union mitgetragen wird, gibt es auch zustimmende Rufe der Opposition. Wir freuen uns, meine Damen und Herren von der Opposition – wir alle sind lernfähig! –, dass auch Sie langsam auf den richtigen Zug aufspringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Ein zweiter inhaltlicher Punkt, der uns wichtig ist, betrifft die Frage der Ratspräsi­dent­schaft. Dies ist im derzeitigen Entwurf sehr unterschiedlich geregelt: Wir kennen einen Kommissionspräsidenten, der auf fünf Jahre gewählt wird; wir kennen einen Präsi­den­ten des Europäischen Parlaments, der auf zweieinhalb Jahre gewählt wird; es gibt ei­nen EU-Außenminister, der bestellt werden soll, und es gibt auf jeweils ein Jahr eine Ratspräsidentschaft in den Fachministerräten. – Das scheint uns nicht sehr aus­ge­wo-


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gen zu sein; da steckt noch nicht die richtige Idee dahinter! Daher hat Österreich eine Ratspräsidentschaft vorgeschlagen, die in einer Art Team geführt wird, über mehrere verschiedene Positionen in eine Richtung zu gehen, die auch eine Kontinuität in einer Präsidentschaft einbringt.

Meine Damen und Herren! Noch vor sechs Monaten war das eine Idee, die man weg­gewischt hat. Heute zeigt sich, dass über diese Teampräsidentschaft – einen Vor­schlag Österreichs – ernsthaft nachgedacht wird: ein bemerkenswerter Fortschritt! (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Dolinschek und Walch.)

In diesem Entwurf ist auch ein Punkt enthalten, der all unsere Gemeinden, all unsere Gebietskörperschaften betrifft. Unter dem Titel „Daseinsvorsorge“ wird vorgeschlagen, europäische Regeln für Fragen der Wasserversorgung, für Fragen der Müllentsorgung, für Fragen der Abwasserbeseitigung aufzustellen.

Meine Damen und Herren! Europäische Regeln, die in jede Gemeinde eingreifen, sind aus unserer Sicht in dieser Form nicht tragbar! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Walch.)

Wir wollen, dass diese Ausgestaltung ausschließlich den Mitgliedsländern überlassen wird. Und wir wollen, dass diese Fragen in den Gebietskörperschaften und in den Kom­munen geregelt bleiben. Das ist unsere Sicht von Subsidiarität. Es ist dies ein Grundgefüge Österreichs, das wir auch in der Europäischen Union mehrheitsfähig machen sollen.

Vor sechs Monaten noch war das ein Wunsch, der von vielen als völlig unrealistisch be­zeichnet wurde. In der letzten Sitzung der Außenminister in Neapel zeigte sich auf einmal, dass man dem Vorschlag Österreichs, einem konkreten Formulierungs­vor­schlag, mehrheitlich beitreten will. Ein bemerkenswerter Fortschritt! Und wir freuen uns darüber, dass diese Hartnäckigkeit offensichtlich auch zum Ziel führt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben thematisiert, den EuratoM-Vertrag in einer eigenen Regierungskonferenz neu verhandeln zu wollen, um festzuhalten, dass wir mit dem, was in der Europäischen Union an Atompolitik betrieben wird, nicht einver­stan­den sind. Wir bestehen darauf und wollen, dass es in dieser Richtung noch einmal einen Anlauf gibt, dass eine eigene Konferenz über Euratom berät. Es ist wichtig für unseren Standpunkt, den wir hier, aber auch in Europa konsequent vertreten haben.

Weiters wollen wir, meine Damen und Herren, dass wir auch einmal über den Vor­schlag einer europäischen Beistandsverpflichtung nachdenken. Die Diskussion, die jetzt darüber geführt wird, setzt immer am falschen Ende an. Zuerst muss man darüber nachdenken, ob eine Beistandsverpflichtung für Österreich einen Vorteil bringt, erst dann muss man über die rechtlichen Konsequenzen beraten – und nicht umgekehrt! Ich möchte daher heute besonders die Oppositionsparteien einladen, nicht gleich wie­der alles mit „Keulenschlagargumenten“ zunichte zu machen, sondern zunächst die Vor­teile und die Nachteile abzuwägen!

In dieser Frage haben wir nämlich mittlerweile einen Vorschlag auf dem Tisch liegen. Es ist bemerkenswert, dass Deutschland, Frankreich und Großbritannien einen sol­chen Vorschlag auf den Tisch gelegt haben, denn als wir vor sechs Monaten darüber nachgedacht haben, wie man sich in Richtung einer europäischen Verteidigung be­wegen kann, haben wir von diesen Ländern eine einhellige Ablehnung bekommen. Mitt­lerweile jedoch sind es genau diese Länder, die den Außenministern einen ent­sprechenden Textvorschlag unterbreitet haben – auch eine bemerkenswerte Wendung in Europa!


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Aber diesbezüglich ist die Diskussion noch lange nicht zu Ende. Dieser Vorschlag, wie er heute vorliegt, muss von uns nicht verfassungsrechtlich ausgefeilt, bis ins letzte Detail geprüft werden, denn so wird er wahrscheinlich nicht in der Europäischen Ver­fassung stehen. Es stehen ja noch alle Diskussionen aus! Aber, meine Damen und Herren, sollten wir nicht einmal darüber nachdenken, dass eine Beistandsverpflichtung für uns Vorteile bringt (Abg. Scheibner: Das ist eine Garantie!), nämlich den Vorteil, dass wir einen Konflikt aus dieser Union überhaupt draußen halten, nicht hereinziehen, dass eine Gemeinschaft, die über einen gemeinsamen Binnenmarkt verfügt, die heute eine gemeinsame Währung hat, doch klarerweise in der nächsten Konsequenz auch eine gemeinsame Verteidigung anstreben muss?

Und darüber bin ich schon sehr verwundert: Den großen Schritt in Richtung einer euro­päischen Verteidigung tragen Sie voll mit, den ersten konkreten Teilschritt dazu in Rich­tung einer Beistandsverpflichtung sehen Sie jedoch schon als den Anfang vom Ende und bekommen kalte Füße, bevor es überhaupt angefangen hat.

Meine Damen und Herren! So wird man Politik nicht machen können! Da setzen wir etwas anderes dagegen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heit­li­chen.)

Meine Damen und Herren, wir haben vor einer Regierungskonferenz eines mit Sicher­heit, nämlich einen Bundeskanzler, der unsere Interessen vertritt. Und darauf sind wir stolz und können wir auch stolz sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für eine einleitende Stellungnahme hat sich Herr Bun­deskanzler Dr. Schüssel zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.15

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zu den derzeitigen Themen in der Regierungskonferenz kurz Stel­lung nehmen.

Es ist richtig, dass sich, wie Herr Abgeordneter Spindelegger gesagt hat, mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es möglich, ja sogar notwendig ist, den an sich großen Fortschritt, den der Konvententwurf gebracht hat, noch nachhaltig zu verbessern. Darüber herrscht heute eigentlich Konsens. Niemand hat den Konvententwurf in seiner Substanz in Frage gestellt, aber es gibt jetzt eine Reihe von annähernd außer Streit stehenden Punkten, in denen dieser Konvententwurf nachhaltig verbessert wird. Wir, die Außenministerin und ich, sind sehr froh darüber, dass wir gemeinsam an diesen Verbesserungen mitwirken können.

In etwa einer Woche wird der Europäische Rat die Schlussverhandlungen für ein politisches Gesamtpaket führen. Ich glaube, dass es, wenn alle den politischen Willen haben, zu einem Abschluss zu kommen, möglich sein wird, in diesen zwei, drei Tagen in Brüssel eine gemeinsame Linie zu finden, die dann unter der irischen Präsidentschaft natürlich in Rechtssprache, in Gesetzestextform umgesetzt werden kann.

Wenn Sie erlauben, werde ich einige konkrete Punkte ansprechen.

Als wir damit begonnen haben, die Konventtexte betreffend die Kommission zu verbessern, waren wir nur vier, fünf Länder, also eine deutliche Minderheit. Heute, im letzten Konklave der Außenminister, konnte Benita Ferrero-Waldner – die die Vernetzung mit anderen like-minded countries übrigens großartig gemacht hat – feststellen, dass es bereits eine überwältigende Mehrheit für das Prinzip „ein


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stimmberechtigter Kommissar pro Mitgliedsland“, allerdings mit einer begrenzten Res­sortzuständigkeit – das kann die Kommission festlegen oder in den Vertrag hinein­ge­schrieben werden –, auf jeden Fall aber mit festen Aufgaben, gibt. Es ist nämlich, so glaube ich, sehr wichtig, dass man es auch den Bürgern gegenüber ver­treten kann, nicht ein A- und ein B-Team der Kommissare zu haben, also solche, die etwas zu sa­gen haben, und solche, die nur eine Gage, ein Sekretariat und ein Dienstauto haben, aber weder mitstimmen dürfen noch eine Aufgabe haben. Ehrlich gesagt: Solche na­tionale Interventionsreferenten braucht kein Mensch! Da ist unser Vorschlag deutlich besser, und er gewinnt täglich mehr Anhänger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Ein zweiter wichtiger Bereich ist die rechtliche Kontrolle der Beschlüsse des Euro­päischen Rats – der jetzt eine neue eigene Institution werden wird – durch den Euro­päischen Gerichtshof. Ich halte das in Hinsicht auf die Rechtskontrolle und die Trans­parenz der Entscheidungen für absolut sinnvoll. Dieser Punkt ist bereits akzeptiert.

Ein dritter Bereich umfasst die Stärkung der Euro-Zone. Es ist meiner Überzeugung nach ein entscheidender Punkt, dass sich jene Mitgliedsländer, die in der Euro-Zone sind, in verschiedenen Fragen klar äußern können, dass damit die Ent­schei­dungs­struk­tur innerhalb der Euro-Zone besser abgefedert wird.

Dass dies notwendig ist, hat man ja anhand der Ereignisse rund um den Stabilitätspakt gesehen, der aus meiner Sicht nicht in der Substanz in Frage gestellt, aber in der Fle­xibilität der Anwendung verbessert werden muss, denn: Wir brauchen einen Stabilitäts- und Wachstumspakt mit Biss! Das, was sich jetzt abzeichnet, dass sich nämlich manche daran halten, andere aber überhaupt nicht und damit eigentlich ein rechtsfreier Raum eintritt, der politisch entstanden ist, scheint mir kein taugliches Prinzip zu sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Scheibner und Neudeck.)

Ein weiterer Bereich, der für uns Österreicher und für föderal organisierte Staaten be­sonders bedeutsam ist, ist die Frage der Daseinsvorsorge, die Services of General Interest, also die kommunalen Dienstleistungen in puncto Wasser, Müll und verschie­dene andere Bereiche.

Wir haben dazu einen Text vorgeschlagen, der natürlich erst am Ende abgestimmt wer­den wird, gegen den aber bisher eigentlich kein Einspruch gekommen ist. Dieser Text wäre, sollte er durchgehen, eine gewaltige Verbesserung, sogar gegenüber dem heutigen Status quo: Benita Ferrero-Waldner hat vorgeschlagen, dass ein euro­päisches Gesetz über Grundsätze und Bedingungen die Kompetenz der Mitglied­staa­ten beachten muss, solche Dienste zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben oder zu finanzieren.

Das wäre ein ganz gewaltiger Fortschritt gegenüber heute, weil es in den derzeitigen Verträgen sehr unterschiedliche Formulierungen gibt. Einmal wird das Subsidiaritäts­prinzip betont, in anderen Bestimmungen wird eher das zentrale Binnenmarktprinzip be­tont. Die Judikate des Europäischen Gerichtshofs sind entsprechend vielfältig und zum Teil einander widersprechend.

Wenn wir das durchbekommen, dann haben wir für unsere Gemeinden, für den Fö­deralismus und für die Subsidiarität einen großen Erfolg errungen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Benita Ferrero-Waldner ist es außerdem gelungen, im Artikel III-116, der die rechtliche Basis für die Strukturfonds und die Kohäsionspolitik darstellt, klarzustellen, dass diese Politiken – das ist erstmal jetzt enthalten – auch die Frage der Grenzregionen und der Berggebiete besonders beachten müssen. Das ist, so glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt, denn damit haben wir einen Anhaltspunkt, der über den jetzigen Bereich der


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Erweiterung hinausgeht und vor allem in diesen wichtigen Regionen einiges sicher­stellen könnte.

Völlig offen ist noch die Revision des EURATOM-Vertrags. Diesbezüglich haben wir bisher wenig Unterstützung gefunden. Ich glaube, dass wir uns auch in der Frage – Michael Spindelegger hat es schon angesprochen – der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik die Texte sehr ernst und genau ansehen müssen.

Was wird da vorgeschlagen? – Es ist bisher innerhalb der Ratsformationen in der Re­gierungskonferenz noch nie anhand von Texten diskutiert worden. Ich sage ganz offen: Das stört mich. Gescheiter wäre gewesen, man hätte einen Text vor dem Konklave auf den Tisch gelegt, wie das angekündigt wurde, und dann hätte man konkret arbeiten können. Jetzt gibt es zwei Vorschläge: einen vor dem Konklave, der uns informell be­kannt gegeben wurde, und einer wurde nach dem Konklave herumgereicht.

Beide Texte enthalten zwei neue Vorschläge, einen für die strukturierte Zusam­men­arbeit, der besser als der Konklaveentwurf ist, das sage ich hier sehr offen, denn der Kon­klaveentwurf war aus meiner Sicht eine sehr intransparente Möglichkeit, bei der eigentlich ein „closed shop“ hätte entstehen können, bei der wenige Gründungs­mitglieder für eine solche militärische Zusammenarbeit die Chance gehabt hätten, an­dere auszuschließen, selbst die Kriterien festzulegen und darüber zu entscheiden, wen sie dazu lassen.

Das, was jetzt auf dem Tisch liegt, ist besser, aber aus meiner Sicht noch nicht klar genug. Wir wollen haben, dass im Rat mit allen 25 Mitgliedsländern die Prinzipien dis­kutiert werden und dass dann auch die Spielregeln klar erkennbar sind, wohin ei­gentlich die Reise bei dieser militärisch strukturierten Zusammenarbeit gehen soll.

Der zweite Text enthält die Frage einer Beistandsverpflichtung. Die erste Formulierung enthielt eine starke militärische Komponente. Im zweiten Text, der am Freitag nach der Diskussion verteilt wurde, ist die militärische Komponente deutlich weniger betont. Es ist aber klar erkennbar, dass beide Vorschläge erstmals einem Staat der EU, der at­tackiert wird, eine solidarische Hilfeleistung zumessen. Ich sage auch jetzt ganz offen: Das scheint mir auch sinnvoll zu sein, denn wenn wir in einer gemeinsamen Union sind, dann ist es selbstverständlich, dass wir einander Solidarität schulden. Das ist ge­nauso, wenn dem Burgenland etwas passiert, dann ist Vorarlberg solidarisch und muss es auch sein oder Salzburg und die ganze Bundesregierung. Genau das erwarte ich auch innerhalb einer europäischen Familie wie unserer Union. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wichtig ist, dass erstmals Artikel 51 der UNO-Charta erwähnt wird, das heißt, dass wir die politische Zusage abgeben, den Partnern im Falle einer Aggression auf deren ei­genem Territorium zu Hilfe zu kommen, politische Assistenz zu leisten, und selbst entscheiden, wie wir das konkret umsetzen.

Ich weiß, dass es diesbezüglich manche Bedenken gibt. Es gibt juristische Bedenken, verfassungsrechtliche Bedenken und politische Bedenken. Ich denke, dass der zweite Vorschlag aber durchaus in die richtige Richtung zeigt. Er ist auch interessant für die österreichische Verfassungsdiskussion, weil er nach meiner Überzeugung keine Ent­sorgung, wie es befürchtet wurde, der Neutralität darstellt. Wir haben im Rahmen der öster­reichischen Verfassungsreform – Artikel 23f – unsere Verfassung bereits dahin gehend geändert, dass wir an europäischen Aktionen mit einem europäischen Mandat teilnehmen können. Es ist unsere Entscheidung, dann zu sagen: Ja, wir machen das, ja, wir machen das mit diesen Möglichkeiten, mit diesen Instrumenten.

Ich glaube daher, dass es wesentlich ist, dass wir jetzt nicht den Eindruck erwecken, damit werde das Neutralitätsgesetz in seiner Gesamtheit in Frage gestellt, das ist nicht


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der Fall, und das wäre auch mit diesen Vorschlägen nicht verbunden, aber ich würde Sie einladen, dass wir gemeinsam im EU-Hauptausschuss und in informellen Kon­takten auch während der Schlussverhandlung in Kontakt bleiben, damit wir dies­be­züglich eine gemeinsame österreichische Position einnehmen können, die auch Euro­pa in dieser Frage weiterbringt.

Ich meine, dass wir in einer sehr interessanten Diskussionsphase stehen. Ich lade Sie ein, dass wir so wie in der Vergangenheit alle Punkte ehrlich und offen miteinander dis­kutieren. Ich bin zuversichtlich, dass wir in wenigen Tagen eine neue Europäische Ver­fassung aus der Taufe heben, und das wäre ein wahrhaft historischer Schritt nach vorne. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Das war eine ziemlich inhaltsleere Rede! Schöne Worte! – Widerspruch bei der ÖVP.)

 


9.26

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als am Dienstag letzter Woche eine negative Transitentscheidung für Österreich gefallen ist und am gleichen Tag der Stabilitätspakt von den Ländern Deutschland und Frankreich in Frage gestellt worden ist, haben das viele Menschen nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa als einen Rückschlag, als einen „schwarzen Dienstag“ für Europa empfunden. (Abg. Parnigoni: Schwarz ist immer schlecht!)

Heute sehen wir uns an einem anderen Punkt des Weges angelangt. Heute ist ein ent­scheidungsreicher Tag, an dem es nicht nur darum geht, ein neues, größeres Europa zu schaffen, sondern an dem es insbesondere um die Wiedervereinigung Mittel­eu­ro­pas geht. Allen ist bewusst, dass es ein großer Schritt ist, wenn zehn neue Mitglieder dazu stoßen sollen, und dass das nur möglich und auch machbar ist, wenn es eine neue Verfassung geben wird, wenn es neue Spielregeln geben wird und wenn auch neue Aufgabenstellungen für die Europäischen Union vorhanden sind.

Wir glauben, dass es in dieser Phase insbesondere darauf ankommt, dass alle Staaten auch in Zukunft die Möglichkeit haben sollen, voll berechtigt in allen wichtigen Insti­tu­tionen nicht nur mitzureden, sondern auch mitentscheiden zu können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir gehen davon aus, dass ein geeintes und geschlossenes Europa nur dann erreich­bar ist, wenn auch alle mitwirken können – das ist selbstverständlich! Daher ist für uns die Frage, für die wir uns auch entsprechend einsetzen, können wir davon ausgehen, dass es auch in Zukunft einen stimmberechtigten Kommissar für jedes Land und daher auch für Österreich geben soll, wesentlich. Wir halten das für eine der entscheidenden Fragen. Wir glauben, dass wir diesbezüglich auch nicht locker lassen sollen. Es zeigt sich auch, dass wir immer mehr Zustimmung dafür finden.

Es ist ganz bemerkenswert, dass noch vor drei Jahren Österreich auch im Rahmen der EU isoliert war. Denken wir nur an die Zeit der Sanktionen zurück! Niemand hat damals etwas darauf gegeben, was Österreich gesagt hat. Wir haben diese Situation aus­ge­standen, aber wir haben sie nicht nur ausgestanden, indem wir uns Recht verschafft ha­ben, sondern wir sind heute so weit, dass mehr als zwei Drittel aller EU-Mitglieder Österreich zum Sprecher einer Gruppe gewählt und anerkannt haben. Wir sind heute so weit, dass die anderen Länder in all den Fragen, die bereits vom Herrn Bundes­kanz­ler angesprochen worden sind, auf Österreich hören. (Abg. Dr. Jarolim: Vor allem Ferrero-Waldner wird ernst genommen!)


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Das, was ich nicht verstehe, ist, dass weite Teile der Opposition auf Distanz zu diesem Vorschlag betreffend einen Kommissar für jedes Land gehen. Das ist mir nicht ganz einsichtig. (Abg. Dr. Cap: Geh, hör auf!) Fragen Sie nur Ihren Kollegen Einem oder neh­men Sie auch Ihre eigenen Stellungnahmen her! Ich habe es bis jetzt vermisst (Abg. Dr. Gusenbauer: So ein Blödsinn!), dass die Opposition gleichberechtigt und in gleicher Stärke und Intensität wie die Regierungsparteien dafür eintritt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Aufwachen! Es ist schon halb zehn!)

Ich kann nur eines sagen: Es würde mich freuen, wenn Sie sich hinter vorgehaltener Hand (Abg. Dr. Cap: Einen Kaffee, bitte!) und bei allen inoffiziellen Gelegenheiten klar dafür aussprechen würden.

Ganz ähnlich ist es auch in der Frage der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Wenn wir uns die Probleme am Balkan anschauen, wenn wir an den Nahen Osten den­­ken, wenn wir an Zentralasien oder auch an Nordafrika denken, wenn wir an die Gefahr des nuklearen Risikos denken, an den weltweiten Terrorismus oder an bio­lo­gi­sche und chemische Kampfstoffe, dann, so muss ich sagen, ist jedem Menschen klar, dass diese Probleme die Möglichkeiten und Kapazitäten eines einzelnen Landes über­steigen. Kein einziges Land Europas, nicht einmal die größten wie Deutschland, Frank­reich oder Italien, kann mit derartigen Problemen fertig werden.

Daher ist es wichtig, dass es eine gemeinsame Außenpolitik, eine gemeinsame Sicher­heits­politik und auch eine gemeinsame Verteidigung gibt. Dass dabei dem Prinzip, dass jeder auch ein Recht auf solidarische Hilfe haben soll, große Bedeutung zu­kommt, steht für mich außer Frage. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich verstehe es nicht ganz, Herr Abgeordneter Gusenbauer, dass Sie sich noch immer dagegen sperren mit dem, so sage ich, vordergründigen Argument: Es geht die öster­reichische Neutralität drauf. – Das ist genau das gleiche Argument, das Sie im Jahr 1989 – das Jahr der Wende! –, als ganz Europa angefangen hat, zueinander zu finden, dagegen verwendet haben, und zwar dagegen, dass Österreich überhaupt der EU beitritt. – Ich kann es Ihnen vorlesen.

Im „Standard“ vom 22. März 1989 steht zu lesen: Entschieden gegen den Brief nach Brüssel tritt die Sozialistische Jugend auf. Wir glauben, dass ein EG-Beitritt mit Neu­tra­litätsvorbehalt weder möglich noch wünschenswert ist, so Vorsitzender Alfred Gusen­bauer. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Wir sollten uns davon lösen, auch von diesen alten Juso-Positionen, Herr Abgeordneter Gusenbauer! Ich glaube, dass es auch an der Zeit ist, eine eigenständige Linie zu fahren, auch wenn die Oberösterreicher nicht mitgehen. Tun Sie das im Interesse Österreichs! Tun Sie das im Interesse der Sicherheit unseres Lan­des! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Haben Sie früher überhaupt eine Position gehabt?)

9.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Rede­zeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.32

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Abgeordneter Fasslabend! Das, was wir nicht durchgehen lassen können, ist eine Außenpolitik, die schummelt, schwindelt und schlawinert. Und das kann ich Ihnen nachweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben jetzt aus den Worten des Bundeskanzlers herausgehört, dass das berühmte Papier über die Beistandspflicht nach der Sitzung verteilt wurde. Die Frau Ministerin hat nichts dazu gesagt. Die Wahrheit ist, man sollte der EU sagen, was die verfas-


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sungsrechtlichen Verpflichtungen Österreichs in Bezug auf die Neutralität sind und wie die aktuelle Interpretation der Neutralität ist. Man sollte den Österreicherinnen und Öster­reichern sagen, wenn eine allfällige Beistandspflicht notwendig ist, dann werden sie auch dazu befragt. Es geht nicht an, dass man quasi über die Hintertür ein Fait accompli schafft und dann sagt, jetzt machen wir die Beistandsverpflichtung und sind noch immer neutral.

Anders formuliert heißt das: Am Naschmarkt sind ab diesem Tag dann alle Birnen Äp­fel. So geht das nicht! Es muss diesbezüglich offene und ehrliche Politik gemacht wer­den. (Beifall bei der SPÖ.)

Abgeordneter Fasslabend hat ein Loblied auf die Regierung, auf den Bundeskanzler und auf einen österreichischen Kommissar gesungen. Natürlich sind wir auch dafür, dass es einen österreichischen Kommissar gibt. (Demonstrativer Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.) Aber der österreichische Kommissar ist nicht der Vertreter Öster­reichs. Wo war Kommissar Fischler in der Transitfrage? Wo war er? – Das ist wieder ein Beschwindeln und „Beschlawinern“ der Bevölkerung. Das ist Ihre Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Das war Streicher!)

Zum Transitvertrag: Dauernd gibt es ein Lob für die Frau Außenministerin, die heute lei­der nicht da ist. Am 21. Juli 2001 hat die Frau Außenministerin als Vorleistung auf eine Obergrenze beim Transit verzichtet, ohne dafür eine Gegenleistung zu bekom­men. Das Dilemma des österreichischen Transit-Desasters hat vor allem Frau Außen­minis­terin Ferrero-Waldner zu verantworten. Sie hat damals zugestimmt, dass es keine Obergrenze gibt. Seitens des Infrastrukturministeriums wurde mit falschen Zahlen ge­genüber Brüssel schlawinert. Die Österreicher wurden mit möglichen Kompromiss­lösungen, die nicht realistisch waren, beschwindelt. Brüssel hat man beschwindelt, in­dem man gesagt hat, dass man ohnehin die Eisenbahn ausbaue. Aber die Eisenbahn wird nur malträtiert, gequält, zerstückelt und nicht ausgebaut, obwohl wir uns in den Tran­sitprotokollen des Beitrittsvertrages dazu verpflichtet haben. Es findet ein Be­schwin­deln, Beschummeln und Schlawinern gegenüber Europa und gegenüber der österreichischen Bevölkerung statt. Dazu können wir nur Nein sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht weiter mit dem Geheimpakt des Finanzministers Grasser im ECOFIN-Rat. Man hat gesagt, wenn es darum geht, das europäische Wachstum, die österreichische Wirt­schaft kaputtzusparen, dann wollen wir uns künftig weder vom Europäischen Par­lament noch von der EU-Kommission etwas dreinreden lassen, sondern das wollen in Zukunft die Finanzminister allein machen.

Dazu kommt noch, dass in dem Brief, den der Finanzminister an die Regierung ge­schrieben hat, um über diesen Geheimpakt zu berichten, plötzlich nur mehr steht, er sei für das Einhalten der Budgetlimits. Es steht nicht mehr darin, dass die Finanz­minis­ter eine Verschwörung vor hatten und alles nur mehr unter sich ausmachen wollten. (Abg. Großruck: Inhalt wollen wir hören!) Also: Beschwindeln, beschummeln, schla­winern!

Das ist Ihre Linie in der Außenpolitik gegenüber der EU und auch gegenüber der öster­reichischen Bevölkerung. Kaputtsparen ist Ihnen ein wichtiges Anliegen.

Ein anderes Beispiel: Deutschland, Frankreich, Italien setzen – das sind Länder, mit denen Sie nichts anfangen können, weil Sie auf die Kronländer der Habsburger-Monarchie setzen und gegen Paris und Berlin mobil machen; und jedes Mal, wenn Sie das machen, bekommen Sie eine auf die Mütze, das ist die Wahrheit, das war bis jetzt zu beobachten – eine Wachstumsinitiative, wollen für Beschäftigung eintreten. Bar­tenstein, Schüssel und Co rühren kein Ohrwaschel. Erst als die Mehrheit der EU-Mit­gliedsländer für diesen Wachstumspakt war, haben Sie gesagt: Na gut, wenn es die


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Mehrheit will, dann sind wir notgedrungen auch dafür. Uns sind zwar die Arbeitsplätze kein Anliegen, uns ist das Wachstum kein Anliegen, aber wenn es eine Mehrheit dafür gibt, dann waren wir schon immer dafür. – Beschwindeln, beschummeln, schlawinern! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Ist das nicht ordnungsrufverdächtig?) Das ist Ihre Außenpolitik, die Sie zu Lasten Österreichs verfolgen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das gehört auch zur Frage des Kommissars und zu den Erwartungshaltungen, die hier formuliert werden. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Ich bin schon fer­tig. – Stellen Sie sich bitte nicht mit dem Weihrauchkessel hierher und sagen Sie nicht, dass das die beste Außenpolitik aller Zeiten sei! Ein Desaster liegt hier auf dem Tisch! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

9.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Re­dezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.37

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Was haben Sie gesagt, Herr Kollege Cap? – Beschwindeln, beschummeln, schlawinern, und das noch im Zusammenhang mit der Neutralität beziehungsweise der Sicherheitspolitik dieser Bundesregierung.

Herr Kollege Cap, für wie kurzzeitig halten Sie unser Gedächtnis? (Rufe bei der SPÖ: Sehr!) – Das glaube ich Ihnen, dass Sie das glauben, denn sonst dürften Sie den Vor­wurf nicht einmal in den Mund nehmen, dass seit dem Jahr 2000 die österreichische Bundesregierung die Neutralität aushöhlen oder abschaffen will.

Meine Damen und Herren! Apropos beschwindeln, schlawinern und beschummeln: 1999 wurde eine Verfassungsänderung hier im Hohen Haus mit der Mehrheit einer SPÖ-geführten Bundesregierung beschlossen. Was steht im Artikel 23f, meine Damen und Herren? – Beschlüsse des Europäischen Rates zu einer gemeinsamen Verteidi­gung der Europäischen Union sowie zu einer Integration der Westeuropäischen Union sind mittels Verfassungsgesetz zu fassen. (Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheit­li­chen.)

Also: Die gemeinsame Verteidigung der Europäischen Union ist in der österreichischen Bundesverfassung verankert. Die Vorstufe zu dieser von Ihnen vorweggenommenen gemeinsamen Verteidigung ist die Beistandsgarantie, die jetzt diskutiert wird, meine Da­men und Herren!

Was steht im Artikel 23f bei Beschlüssen betreffend Kampfeinsätze bei der Krisen­bewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen? – Kampfeinsätze inklu­sive friedensschaffender Maßnahmen sind laut österreichischer Bundesverfassung zu­lässig, was 1999 von der SPÖ-geführten Bundesregierung beschlossen wurde. – Be­schwindeln, beschummeln und schlawinern! Das ist unvereinbar mit der ernst genom­menen völkerrechtlichen dauernden Neutralität. Haben Sie damals die Bevölkerung gefragt, ob sie damit einverstanden ist? – Nein! Sie haben gesagt, das sei alles ver­einbar. Wenn man die Bedingungen des UNO-Mandates als Voraussetzung für Kampf­einsätze zur Friedensschaffung sucht, dann sucht man in der österreichischen Bundes­verfassung vergeblich danach. (Abg. Jakob Auer: Das schaut nicht gut aus!)

Herr Kollege Cap, zu Ihrem „beschwindeln, beschummeln, schlawinern“: Wer der größte Schlawiner hier ist, das sei einmal dahingestellt und der Beurteilung des Zu­hörers überlassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Alle Wahlen wieder versucht die SPÖ, mit der Neutralität Parteipolitik zu machen, und das ist unverantwortlich. Bundespräsidentenwahlen ste­hen an, und ich weiß, da wird das wieder ein Thema sein. Aber geben Sie doch ehrlich


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zu: Als Sie in der Bundesregierung waren, haben Sie alles so argumentiert, wie Sie es gebraucht haben. Sie haben gewusst, dass die Vollmitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union, die volle Teilnahme Österreichs an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, die volle Teilnahme an der Europäischen Sicherheits- und Ver­teidigungspolitik unvereinbar sind mit dem klassischen Begriff der Neutralität.

Deshalb – und nur deshalb! – mussten Sie die Bundesverfassung in diese Richtung ab­ändern, und Sie haben niemanden gefragt, schon gar nicht die Österreicherinnen und Österreicher, ob sie mit diesem Schritt einverstanden sind.

Meine Damen und Herren! Ein klares Wort in diese Richtung: Ich bin für die Bei­stands­garantie, nicht für das, was Sie von der Sozialdemokratie wollen, nämlich eine euro­päische Verteidigung: Es soll eine Armee in der Europäischen Union geben, alle na­tiona­len Armeen sollen aufgehoben werden, und man soll nicht mehr selbst die sou­veräne Entscheidung treffen können, in welchem Sinne man diese Beistandsgarantie ausübt. – Das wollen Sie, ich nicht!

Ich möchte das österreichische Bundesheer erhalten, ich möchte dieses österrei­chi­sche Bundesheer auch gemeinsam mit dem Nationalrat so ausrichten, dass es solida­risch eingesetzt werden kann, wenn es darum geht, den Frieden für Europa und in Europa zu sichern und damit auch die Sicherheit unseres Landes zu garantieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist eine sinnvolle, eine seriöse Sicherheitspolitik, und ich bin sehr froh darüber, dass die Europäische Union, obwohl man das lange in Abrede gestellt hat, jetzt auch auf die Vorschläge Österreichs eingeht, dass sie anerkennt, dass das ein wichtiges The­ma ist. Man wird noch viel dazu diskutieren müssen.

Ich meine überhaupt, dass es jetzt bei dieser Regierungskonferenz in erster Linie auch darum geht, die Interessen Österreichs zu sichern. Dass wir auch in Zukunft einen Kom­missar stellen können, ist sicherlich gut und richtig, worum es mir aber in erster Linie noch geht, ist, dass – und wir haben es beim Transitvertrag gesehen – wichtige Kernthemen in der Europäischen Union auch in Zukunft nur einstimmig abgeändert werden können, damit auch wir als kleines Land darüber entscheiden können, wie wir etwa unsere Wasserressourcen oder unser Bodenrecht gestalten.

Das, Herr Bundeskanzler, erhoffe und erwarte ich mir von unserer Außenpolitik und von unserer Vertretung in Brüssel. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Große Betroffenheit bei der SPÖ!)

9.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ber­ger. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.43

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben vom Herrn Bundeskanzler, vom Herrn Kollegen Scheibner sehr viel über die österreichischen Interessen gehört. (Ruf bei der ÖVP: Von Cap nichts!) Die österrei­chi­schen Interessen, meine Damen und Herren, das wird aber nicht so definiert, dass man sich anhört, was die Bevölkerung will (Abg. Mag. Mainoni: Sondern was der Vog­gen­huber sagt!), sondern die Regierung geht ins Hinterzimmer und definiert diese für sich selbst – am deutlichsten sichtbar natürlich am aktuellen Beispiel der Sicher­heits­politik und der Diskussion über das Treffen von Neapel!

Österreichisches Interesse ist es offensichtlich aus dem Blickwinkel der Regierung, dass Österreich möglichst schnell an einem Militärbündnis teilnimmt, das keine Ab­gren­­zung zur NATO schafft. Das ist die Wahrheit, und das muss die Bevölkerung auch wissen. (Beifall bei den Grünen.)


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Die Außenministern selbst sagt, dass diese so genannte verstärkte Zusammenarbeit mit der Beistandspflicht möglichst eng im Zusammenhang mit der NATO operieren soll. – Meine Damen und Herren, sind Sie sich im Klaren darüber, was das heißt? Während der Vorschlag des Konvents noch ziemlich deutlich darauf hingewiesen hat, dass es um die Entwicklung eines europäischen Sicherheitssystems geht, ist der jet­zige Vorschlag zuerst einmal – und das ist auch eine Tradition dieser Regierung – von de­mokratischer Kontrolle entkleidet – dazu gibt es keine Aussagen, das ist der Re­gierung vollkommen gleichgültig – und die Verschlechterungen wurden weiter ver­schärft.

Meine Damen und Herren! Wer sich heute hierher stellt und sagt, eine militärische Beistandspflicht sei mit der Neutralität kompatibel, der versteht überhaupt nichts von der ganzen Geschichte, denn das wesentliche Element einer Beistandspflicht, einer Bei­standsgarantie, des gegenseitigen Versprechens, dass man, wenn man angegriffen wird, militärisch darauf reagieren wird, ist ja wohl solch ein Vertrag, und das hat dann mit der Neutralität überhaupt nichts mehr zu tun. Auf diese Art und Weise soll die Neu­tralität im Sinne der Regierung scheibchenweise entsorgt werden, ohne dass die öster­reichische Bevölkerung befragt wird, ob sie das will.

Ich weiß schon, warum Sie das tun. Die Zustimmung zur österreichischen Neutralität in der Bevölkerung ist sehr hoch, und Sie wollen auf Teufel komm raus vermeiden, dass öffentlich darüber diskutiert wird, dass Sie diese Neutralität loswerden wollen, dass Sie diese Beistandspflicht eingehen wollen, damit Sie endlich die Eurofighter-Beschaffung rechtfertigen können. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Dann haben Sie nämlich die Ausrede, dass das für die europäische Verteidigung notwendig sei. Nach dieser Ausrede suchen Sie, diese Ausrede wollen Sie. Das, meine Damen und Herren, ist ja wohl so offensichtlich, dass wirklich jeder, der sich auch nur in Ansätzen mit dem ganzen Thema beschäftigt, draufkommt. (Abg. Scheibner: Sehr erfrischend, was Sie da bringen!)

Aber es geht nicht nur um diese Frage. Das reiht sich so richtig ein in die Tradition der Regierungsvertreter in den Regierungskonferenzen seit dem Entwurf des Konvents. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Wenn man sich ansieht, was Sie als österreichi­sches Interesse in die Diskussion im Konvent einbringen, so kann man einen roten Fa­den finden, und der lautet: Demokratie raus – Regierung rein, nämlich Regierung rein in der Form, dass nur die Regierung – und nur sie! – definiert, was das Interesse Österreichs ist!

Meine Damen und Herren! Wenn der Herr Bundeskanzler zum Ausdruck bringt, wie wichtig die Dienste öffentlichen Interesses genommen werden, dann, muss ich sagen, soll er sich bitte den Entwurf des Konvents und auch die Diskussion im Sozial­aus­schuss des Konvents genau ansehen, es gab dort ein klares Bekenntnis dazu. Außer­dem wundere ich mich sehr, weshalb zum Beispiel im Österreich-Konvent gegen eine Verankerung dieser öffentlichen Interessen schärfster Widerstand von Exponenten Ihres Lagers, Herr Bundeskanzler, geleistet wird.

Ein Wort noch: Eine klare Formulierung österreichischer Interessen hat die Außen­ministerin im Jahr 2001 getroffen; Kollege Cap hat es bereits angedeutet. Von dem so genannten Damengipfel im Juli 2001, bei dem es das erste Mal um die Weiter­ent­wicklung des Transitvertrages ging, ist die Außenministern mit einer klaren Aussage zurückgekehrt: Diese bittere Pille im Transit wird Tirol wohl schlucken müssen. – Als wir nachgefragt haben, wie sehr sich die Außenministerin für eine EURATOM-Revi­sions­konferenz einsetzt, hat sie gesagt: Leider haben wir da überhaupt keine Bünd­nispartner.


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Immer dann, wenn es um konkrete Interessen der österreichischen Bevölkerung geht, ist diese Regierung nicht bereit, sich einzusetzen, das notwendige Lobbying zu stellen, ist auf einmal zu viel Gegnerschaft da. Wenn es um Demokratie raus, Regierung rein geht, kämpfen Sie bis zum Schluss. – Leider, das ist eine negative Bilanz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.49

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Mitter­lehner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.49

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier und heute von Herrn Cap sehr oft Worte wie „hinwegschwindeln, beschummeln, schlawinern“ ge­hört, und auch Frau Lichtenberger hat die Problematik aufgegriffen, wenn auch in et­was feinerer Form, aber ungefähr so, als ob man am Bürger vorbeiargumentierte und eigenmächtige Beschlüsse fasste.

Meine Damen und Herren! Sie alle haben hier mitgestimmt, Sie alle haben die ent­sprechenden Gesetzestexte gehört. Meines Erachtens notwendig ist es jetzt nicht, über Neutralität theoretisch zu diskutieren, sondern das, was auf dem Papier steht, nämlich die Verteidigungs- und Beistandspflicht, auch konkret mit Leben zu erfüllen. Darüber hin­weg schwindelt sich nur derjenige, der so tut, als würde es die Beistandspflicht nicht geben.

Meine Damen und Herren! Wenn ich in einer Gemeinschaft bin, dann muss ich natür­lich auch mitgestalten und den anderen entsprechend beistehen. Und dazu gehört eine seriöse Diskussion. Eine seriöse Diskussion ist das aber meines Erachtens nicht, wenn man die Ergebnisse vorwegnehmen will und wenn man de facto schon aus dem Radio hört, eine Volksbefragung sei das, was die Sozialisten vorschlagen. Das ist keine se­riöse Vorgangsweise, meine Damen und Herren!

Beispiel Transitvertrag: Wir alle sind froh darüber, dass im Zusammenhang mit der Gleich­­berechtigung aller Staaten offensichtlich die Chance besteht, dass jedes Land einen Kommissar stellt. Dann hören wir von Herrn Cap: Wo war Kommissar Fischler? Was hat er in der Transitfrage für Österreich getan? – Das ist die falsche Frage­stellung. Nicht: Was hat die Kommission getan, was hat der zuständige Kommissar, in diesem Fall Kommissarin De Palacio, gemacht?, war zu hinterfragen, sondern: Was hat das Europäische Parlament gemacht? Und daher lautet die Fragestellung, und das haben wir schon in einer der letzten Dringlichen Anfragen hier erörtert und besprochen: Wo waren die Grünen? Warum haben sie zumindest die einfache Mehrheit verhindert, dass wir die österreichische Position entsprechend wahrnehmen konnten? (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ebenso – Sie sagen es zwar immer wieder, Herr Cap, aber es ist einfach falsch; wir legen Wert darauf –: Österreich hat seine Position mit den 108 Prozent bei den Ökopunkten nie aufgegeben. Das ist anhand der Protokolle eindeutig nachvollziehbar, das kommt von der Kommission. Österreich, insbesondere die Frau Außenministerin, hat hier immer die Linie gehalten. (Rufe bei den Grünen: Das stimmt ja nicht!) – Lest es nach, ich habe die Texte da! (Abg. Mag. Wurm: Schwin­del, Schwindel, Schwindel! Nicht schon wieder Schwindel!)

Meine Damen und Herren! Die Regierungskonferenz über die künftige Verfassung ist auch für die Wirtschaft von großer Bedeutung. Wenn die österreichische und auch die europäische Wirtschaft wettbewerbsfähig sein wollen, dann brauchen wir ein Umfeld, das wachstumsorientiert ist, das ökonomisch orientiert ist und das klare, transparente,


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nachvollziehbare Zielsetzungen und Entscheidungsprozesse hat. Und das ist mit die­sem Verfassungsentwurf weitestgehend der Fall.

Wir begrüßen insbesondere, dass die Elemente der repräsentativen Demokratie und auch die Elemente der Partizipation entsprechend in den Mittelpunkt gerückt werden. Sie haben mangelnde Bürgernähe beklagt. Gerade dem wird mit den Elementen der Par­tizipation, hier auch mit der Stärkung des EWSA, mit der Stärkung der Zivilge­sell­schaft, durchaus Rechnung getragen. Auch der soziale Dialog ist entsprechend ge­stärkt. – Ich meine daher, diesbezüglich sind wir durchaus auf dem richtigen Weg. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt: Wir haben heute gehört, dass in Italien im Zusammenhang mit den Grenzregionen, was die Definition anlangt, eine Einigung erzielt worden ist. Das klingt zwar relativ einfach und banal, ist aber von grundlegender Bedeutung. Wenn wir heute die Ratifizierung der europäischen Erweiterungsverträge beschließen, dann wird vor al­lem das Thema Förderung ein großes Thema werden, weil wir ja spätestens nächstes Jahr sehen werden, dass es Gefälle gibt. Und wenn es Gefälle gibt und auch unter­schiedliche Wirtschaftsleistungen da sind, dann ist die Förderproblematik evident. Da­her ist die Definition der Grenzregion als Ausgleichsmöglichkeit eine immens wichtige Errungenschaft.

Somit zum dritten Punkt, den ich von den Verhandlungen her besonders aus wirt­schaft­licher Sicht positiv bewerte: Da es gelungen ist, im Bereich der Daseinsvorsorge die Position zumindest einmal zu stärken – ich hoffe, dass es auch eine Einstimmigkeit gibt –, ist eine Sicherheit gegeben, dass gerade in Bezug auf die Daseinsvorsorge, die Wasserversorgung, die Bildung, die Gesundheit eindeutig klar ist, dass hier nationale Elemente im Vordergrund stehen, dass die Subsidiarität zum Durchbruch kommt. Da­mit steht fest, meine Damen und Herren, dass wir in einer emotionalen Diskussion Sicherheit haben und dass wir das Prinzip der Subsidiarität durchsetzen können.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend: Die Diskussion ist in Bewegung. Wir haben für die nächste Regierungskonferenz solide Entscheidungsgrundlagen in Brüs­sel. Österreich hat – und dafür danken wir unseren Verhandlern – einen Weg der kon­struktiven Mitgestaltung aufgenommen. Und somit wird die erweiterte Union nach kla­ren Handlungsprinzipien agieren können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Trunk. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.55

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Kollege Mitterlehner, nur eine Anmer­kung zur Sicherheitspolitik und Seriosität: Was ist diesem Bundeskanzler die Neutrali­tät der Republik Österreich wert? – Ich erinnere Sie an Mozartkugeln und Lipizzaner.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Diese und andere Sager und das Scheitern der Transitproblematik sind dramatische Beispiele für das Befinden der österreichischen Innen- und Außenpolitik und sind dramatische Beispiele auch dafür, was dieser Bun­deskanzler an Reputation der Republik Österreich verjuxt und verspielt (Beifall bei der SPÖ), Beispiele für eine Politik des Nichtverhandelns, des Diktierens statt Regierens, des Drüberfahrens, wie Panzer über die Interessen der Menschen, Beispiele für eine Politik nach dem Motto: Koste es, was es wolle! Koste es 298 000 arbeitslose Men­schen, koste es die Zertrümmerung der ÖBB, koste es das Verjuxen, das Verschleu­dern von Staatseigentum, dem Eigentum aller Österreicher und Österreicherinnen, zu


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Dumpingpreisen, koste es die Sicherheit, den Rechtsstaat und auch den sozialen Frie­den in Österreich.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Was diesen Bundeskanzler mit dem derzeit noch Landeshauptmann von Kärnten verbindet, ist, dass beide fahrlässig und wissent­lich den vormals international anerkannten, renommierten Ruf der Republik Österreich nicht nur aufs Spiel gesetzt, sondern zerstört haben. Das verbindet diese beiden! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben den österreichischen Ruf zerstört, weil Seriosität und Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit geopfert wurden, nämlich geopfert der eitlen Selbst­inszenierung eines Bundeskanzlers und seines Schattenkanzlers in Kärnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Bundeskanzler und der Herr Landeshauptmann von Kärnten verwechseln nämlich internationale Verhandlungen auf internationalem Parkett mit einer Poker-Run­de. Herr Bundeskanzler, Pokerspieler sind keine Bündnispartner! Herr Bundeskanzler, Pokerspieler haben nicht zuerst die Interessen der Menschen des eigenen Landes im Auge, Pokerspieler sind fahrlässige Abenteurer! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Themaverfehlung! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kollegen von der ÖVP! Ich zitiere jetzt eine unverdächtige Zeugin, nämlich Ihre Kol­legin Marilies Flemming, EU-Parlamentarierin Ihrer Partei. Was sagt Flemming? – So geht das nicht. Wir müssen begreifen, dass wir ein Teil der Europäischen Union sind, und wir haben uns an Spielregeln zu halten. – Nicht Trunk beziehungsweise SPÖ, sondern Marilies Flemming sagt das.

Ein zweiter Kronzeuge, er sitzt hinter mir, nämlich Herr Vizekanzler Gorbach, meint, ein Vorwurf sei berechtigt, man habe zu spät erkannt, wie Lobbying in der EU abläuft.

In Richtung Kärntner Landeshauptmann meint dieser Vizekanzler (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Dieser“ Vizekanzler! Gibt es einen anderen auch noch, Frau Kol­le­gin?) – hören Sie zu! –, bisher sei man mit der so genannten Vetopolitik nicht sehr er­folg­reich gewesen. – O-Ton Vizekanzler Gorbach.

Dringende Infrastrukturmaßnahmen, die von Ihnen immer wieder eingeforderten Haus­aufgaben voranzutreiben, den Ausbau der Bahn voranzutreiben, das haben Sie verab­säumt. Dafür werden Sie morgen die Struktur der einzigen Alternative, Schiene statt Verkehrslawine, zerstören und kaputtmachen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mai­noni: Das ist erst morgen! Das Thema ist erst morgen!)

Der Semmering-Basistunnel fiel dem ÖVP-Veto des Kollegen Pröll zum Opfer. Das gleiche Schicksal – allerdings nicht auf Grund der Vetopolitik – widerfährt dem Bren­ner-Basistunnel. (Abg. Scheibner: Dafür wird die Koralmbahn gebaut!) Das bedeutet, dass damit wesentliche Elemente zur Sicherung der Wirtschaftsstandorte Steiermark und Kärnten fehlen und es auch keine Antwort auf die auf uns zukommende Tran­sitlawine gibt.

Was macht die Frau Außenministerin? Sie ist wieder einmal nicht da, aber sie war kürzlich in Kärnten. Was macht sie? Verhandelt sie Zukunftsprojekte? – Nein! Sie parliert im Bärental über ihre Zukunft als eventuelle künftige Bundespräsident­schafts­kandidatin.

Gleiches macht der Herr Bundeskanzler. Er trifft sich mit Haider in der Steiermark – nicht, um über Projekte Steiermark/Kärnten zu reden, nein, sondern um die Belange von Haider, von der ÖVP, von Frau Scheucher und anderer auch nach dem 7. März wieder unter Dach und Fach zu bringen!


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Geschätzte Kollegen und teilweise nicht geschätzte Kollegen! Die Wahrheit ist – und diese ist auch dem Herrn Bundeskanzler zuzumuten –: So viel Fahrlässigkeit, so viel Eitelkeit und so viel Pokerspiel haben sich die Menschen in Österreich nicht verdient. Ein Politiker mit Anstand, mit einem Rest von Anstand würde das Scheitern ein­gestehen und gehen. – Herr Bundeskanzler, Ihnen fehlen Selbstkritik und der Rest von Anstand! (Beifall bei der SPÖ.)

10.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch mit einer Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

 


10.01

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Trunk, wissen Sie, was ich an Jörg Haider wirklich bewundere? – Die Tatsache, dass er es schafft, in jeder Debatte dabei zu sein. Ich gratuliere ihm dazu! (Heiterkeit und Beifall bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Sie, Frau Kollegin Trunk, haben allerdings die heutige Debatte über die künftige EU-Verfassung mit einem Auftritt auf dem sonst sehr schönen Klagenfurter Marktplatz verwechselt. Ich bedauere das zutiefst.

Meine Damen und Herren! Der Europäische Konvent hat Vorschläge dazu gemacht, wie die neue Verfassung der Union aussehen soll. Diese Vorschläge haben wir auch im Hohen Haus und im EU-Hauptausschuss, glaube ich, ausreichend debattiert. Be­züg­lich der Vorgangsweise wäre es nach den Vorstellungen der SPÖ und der Grünen so gewesen, dass die österreichische Bundesregierung in der Regierungskonferenz gar nicht verhandelt hätte. Nach Ihren Vorstellungen hätte die österreichische Bun­desregierung dort Ja und Amen gesagt zu dem Entwurf, den der Konvent erarbeitet hat. – Dieses Spiel, meine Damen und Herren, haben die Regierungsparteien und die Regierungsmitglieder nicht mitgemacht, und ich bin zutiefst froh darüber. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Konventsentwurf ist über weite Strecken akzeptabel und wird auch über weite Strecken einen großen Fortschritt für die gesamte Union brin­gen – aber eben nur über weite Strecken, nicht in allen Bereichen. Es hat Bereiche gegeben, die für einen Staat wie Österreich lebenswichtig sind, ja sogar überlebens­wich­tig in den Strukturen der sich neu bildenden Union. Das haben Sie, meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien, ignoriert. Diese Regierung hat das aber nicht getan, und deshalb hat hier auch der Herr Bundeskanzler einen eindrucksvollen Be­richt über den Stand der Verhandlungen der Regierungskonferenz abgeben können.

Wir haben gefordert, dass wir im Rahmen der Präsidentschaft Regelungen finden, wo­nach auch kleinere Länder dort vertreten sein werden, und nicht, dass bei der Wahl des künftigen Präsidenten der Europäischen Union nur große Länder das unter sich ausmachen und keine Teampräsidentschaft möglich sein wird. Ja sogar die Rotation jedes halbe Jahr wäre für uns eine tragbarere Variante gewesen als das, was vorge­schlagen worden ist.

Auch die Forderung, dass jedes Land einen stimmberechtigten Kommissar in der Kom­mission stellen muss, ist eine essentielle. Diese Forderung scheint jetzt Erfolg zu ha­ben, obwohl alle gesagt haben, auch wenn nur an einem Fädchen des verschnürten Verfassungsvertrages, den der Konvent vorgelegt hat, gezogen wird, werde das ganze Gebäude zusammenbrechen. Alle diese Unkenrufer, meine Damen und Herren, wer­den jetzt eines Besseren belehrt. Man sieht, dass sich auch kleinere und mittelgroße Länder in der Europäischen Union durchsetzen können, wenn sie sich entsprechend


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einbringen. Und man sieht auch, wenn wir die Transitproblematik betrachten, wie wich­tig es ist, sich rechtzeitig einzubringen in diese wichtigen Entscheidungen. Das wurde bisher leider vielfach versäumt – auch von SPÖ-Verkehrsministern, meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien! (Abg. Reheis: Was haben Sie bewegen kön­nen? – Abg. Mag. Wurm: ... erst seit drei Jahren!)

Lobbying begann nicht erst vor drei Jahren, Frau Kollegin. Lobbying hätten wir seit zehn Jahren betreiben müssen! Es waren Ihre Verkehrsminister, die das versäumt haben. Aber darauf will ich jetzt nicht eingehen, das diskutieren wir dann an anderer Stelle. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es wird in diesem neuen Vertrag auch um eine gemein­same Verteidigung, um eine Solidaritätsklausel gehen. Der Herr Bundeskanzler hat be­richtet, dass es hier Formulierungen geben wird, die wir noch genauer anschauen müs­sen, die wir noch beurteilen müssen in Bezug auf die Folgen für Österreich. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass wir eine politische, eine Wirtschafts-, eine, wie Sie es wol­len, meine Damen und Herren von der SPÖ, Sozialunion werden, und dann, wenn ein Mitglied dieser Union angegriffen wird, die anderen die Hände in die Taschen stecken und sagen: Das geht uns nichts an! Ich kann mir eine solche Entwicklung der Europäischen Union einfach nicht vorstellen. Deshalb ist die Diskussion über eine Beistandsverpflichtung auch richtig.

Sie brauchen hier auch nicht so zu tun, als gäbe es noch die Neutralität des Jah­res 1955, meine Damen und Herren – vor allem Sie, Herr Präsident Fischer – von der SPÖ. Die Neutralität des Jahres 1955, die immer währende Neutralität, ist mit dem Beschluss des Verfassungsartikels 23f aufgehoben. Das ist nicht mehr eine immer währende Neutralität, wenn ein Land sich entscheiden kann, ob es bei einem Kampfeinsatz mitmacht oder nicht. Das Hauptcharakteristikum der immer währenden Neutralität, meine Damen und Herren, ist, dass sich ein Land nicht entscheiden kann, sondern von vornherein nirgends mitmacht. Und das ist nicht mehr der Fall. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Deshalb ist das, was Sie jetzt verschämt als eine Rest-Neutralität bezeichnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, nur mehr ein politisches Vehikel für Sie. (Das rote Lämpchen beim Rednerpult blinkt. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich sage Ihnen aber, auch in dieser schwierigen Frage wird diese Bundesregierung Klar­heit schaffen, und wenn es zu essentiellen Formulierungen auch in diesem Ver­fassungsvertrag kommt, dann wird selbstverständlich das österreichische Volk dazu zu befragen sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.06

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Ich glaube, eines kann man dem Europäischen Ver­fassungskonvent sehr wohl zugute halten: die große Transparenz, mit der die neue Verfassung ausgearbeitet worden ist, der maximale Zugang für Bürgerinnen und Bürger und auch das Bemühen um Demokratie, also nicht um mehr Einfluss der Re­gierungen, sondern um mehr Einfluss und mehr Transparenz für die Bürgerin und den Bürger.

Ich frage mich schon, was jetzt die Bemühungen der österreichischen Bundes­regie­rung in den letzten Wochen waren, weil das Ergebnis, das Sie heute präsentieren, ja das Gegenteil ist. Es geht nicht um mehr Transparenz und mehr Mitsprache, Demo­kra-


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tie für die Bürgerin und den Bürger, sondern Sie haben sich im Wesentlichen darum be­müht, die Regierungen, die Minister gegenüber dem Europäischen Parlament zu stärken.

Da gab es mehrere Anlassfälle: Einer war die Entmachtung des Parlaments, geplant und schriftlich festgehalten von den europäischen Finanzministern im so genannten Tremonti-Papier, und jetzt gibt es wieder ein Papier, in dem es darum geht, die euro­päische Sicherheitspolitik nicht auf eine demokratische Basis zu stellen, sondern ausschließlich den Ministern und den Regierungen zu überantworten. – Und das ist genau die falsche Richtung! Das ist genau das Gegenteil von dem Geist, den eigentlich der Europäische Verfassungskonvent umzusetzen versucht hat, nämlich ein Europa der Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann mir auch nicht vorstellen, was der große Erfolg dabei ist, dass jedes Land einen Kommissar stellt. Ich glaube nicht, dass Demokratie und Mitsprache und Trans­parenz davon abhängen, dass Österreich einen Kommissar entsenden kann. Das ist ein sehr großes Missverständnis! Da geht es vielleicht um eine Position, die die Bun­desregierung besetzen kann, aber inhaltlich, was Mitsprache, Partizipation, Aufwertung der Bürgerin und des Bürgers betrifft, hat das überhaupt keine Bedeutung. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie in diesen Nachverhandlungen, wenn sie schon unbedingt sein mussten, Ihre Kräfte und Ihre Energien sehr viel mehr für die Stärkung der Bürger­In­nenrechte verwendet hätten. (Beifall bei den Grünen.)

Die sicherheitspolitische Frage ist tatsächlich eine Frage, die im Moment nicht wahr­heits­gemäß beantwortet wird. Was mir nicht verständlich ist, ist die unterschiedliche Position bei den Regierungsparteien: Einerseits sagt die Außenministerin, die Bei­stands­verpflichtung, um die wir seit gestern hier streiten, ist nicht das Ende, sondern lediglich eine Modifikation der österreichischen Neutralität. Die FPÖ aber hat gerade erklärt, die Neutralität existiere ja ohnehin nicht mehr. Das steht auch in krassem Wi­derspruch zu dem, was EU-Diplomaten gestern gesagt haben, nämlich dass genau diese Klausel, wie sie gestern vorgelegt worden ist, noch sehr viel strikter formuliert ist als die Beistandsverpflichtung innerhalb des NATO-Bündnisses.

Ich frage mich, was diese „Modifikation“– so bezeichnet von ÖVP-PolitikerInnen – ei­gent­lich bedeutet. Herr Bundeskanzler! Ich würde Sie wirklich dringend bitten: Wenn Sie heute schon von Offenheit und Ehrlichkeit gesprochen haben, dann sprechen Sie auch aus, dass Sie am 12. und 13. Dezember tatsächlich den Schlussstrich unter die österreichische Neutralität setzen werden! Haben Sie den Mut, das auch offen zu diskutieren! Haben Sie auch den Mut, zu sagen: Gut, dann soll die österreichische Be­völkerung auch darüber befinden, und dann machen wir auch eine Volksabstimmung über den Verfassungsvertrag und all die Rechte und Pflichten, die darin verankert sind. (Beifall bei den Grünen.)

Die vermeintlichen Verbesserungen, die Sie jetzt herausverhandelt haben, sind aus mei­ner Sicht sehr vage. Das, was gestern in Neapel passiert ist, beurteile ich wie folgt – und ich fasse nur kurz noch einmal zusammen, was jetzt tatsächlich an In­haltlichem auf dem Tisch liegt –:

Im Grunde gibt es keine demokratische Grundlage für die europäische Sicher­heits­po­litik. Das Europäische Parlament ist weitgehend ausgeschaltet bei diesen essentiellen Fragen. Es gibt keine Abgrenzung zur NATO.

Es bleibt lediglich diese Form eines komplementären Anhängsels. Und die ganze Aus­richtung dieser so genannten Beistandspflicht und dieser Klauseln, die jetzt vorgelegt worden sind, ist eine ausschließlich militärische und viel weniger das, was sich die Öster­reicherinnen und Österreicher gewünscht hätten, nämlich dass man die


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Europäische Union in Richtung einer Friedensunion und nicht einer Militärallianz ausbaut.

Sie haben heute so locker und lässig gemeint: Na gut, dann werden wir halt zwischen diesen beiden Kompromissvarianten entscheiden. Dass diese beiden Kompromiss­varianten aber die wichtigste, nämlich die Orientierung zu einer Friedensunion nicht enthalten, haben Sie nicht gesagt, und das ist bedauerlich.

Und ein Letztes noch, was ich auch sehr bedauere: Dass die inhaltlichen Fragen, die Gestaltung Europas, die Verkehrsfrage, auch die Frage EURATOM, in den letzten Monaten so geringen Stellenwert gehabt haben für den österreichischen Vertreter im Verfassungskonvent, aber jetzt auch für Sie. Es waren jetzt die Deutschen, die es geschafft haben, eine Revisionskonferenz für EURATOM auf die Tagesordnung zu brin­gen, und dass das auch tatsächlich geschehen wird, und nicht Österreich. Und das ist bedauerlich!

Ich wünschte mir mehr Energie für die inhaltliche Gestaltung Europas, für eine Orien­tierung Anti-Atom, für einen Atomausstieg und eine ordentliche Verkehrspolitik – statt Energie für institutionelle Fragen, etwa wie viele Posten die Bundesregierung in Zu­kunft in Brüssel beschicken kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

10.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1096/J bis 1163/J;

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates:

15/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 806/AB bis 865/AB.

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 16 betreffend „Für den Erhalt der Mariazellerbahn“, überreicht vom Abge­ordneten Anton Heinzl.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Rahmenabkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften (344 d.B.);


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Finanzausschuss:

Protokoll zur Änderung des Internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren (geschehen zu Brüssel am 26. Juni 1999) samt An­hängen (339 d.B.);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Übereinkommen zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Re­publik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Po­len, Rumänien, der Slowakischen Republik und der Republik Slowenien zur Förderung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hochschulbildung im Rahmen des Central European Exchange Programme for University Studies („CEEPUS II“) (345 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die 2. Fortschreibung des Österreichi­schen Stabilitätsprogrammes für die Jahre 2003 bis 2007 (III-68 d.B.).

*****

Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Josef Cap beantragt hat, dem Finanzausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 245/A der Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird, eine Frist bis 31. Jänner 2004 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzu­führen. Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spä­tes­tens um 15 Uhr stattfinden.

Die Abstimmung wird nach Schluss dieser Debatte erfolgen.

*****

Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass Herr Abgeordneter Dieter Brosz beantragt hat, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 284/A (E) der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaß­nahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnenwechsel während des Schuljahres durch Frühpensionierungen eine Frist bis 4. Dezember 2003 zu set­zen.

Auch hier liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzu­führen. Diese kurze Debatte wird im Anschluss an die Debatte über den Fristset­zungs­antrag des Abgeordneten Dr. Josef Cap, den ich soeben bekannt gegeben habe, statt­fin­den.

Die Abstimmung wird gleichfalls nach Schluss dieser Debatte erfolgen.


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Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 bis 3, 5 bis 8, 9 bis 12, 13 und 14, 20 und 21 sowie 22 und 23 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer und Gestaltung der Debatten erzielt.

Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 158 Minuten, Freiheitliche 108 Mi­nuten sowie Grüne 117 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatten in der Zeit bis 13 Uhr, die vom ORF übertragen werden, getroffen: je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 15 Minuten, anschließend der Herr Bundeskanzler mit 15 Minuten, sodann der Herr Vize­kanzler mit 10 Minuten, in weiterer Folge je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 8 Minuten, danach die Außenministerin mit 8 Minuten und schließlich je eine Wort­meldung pro Fraktion mit je 5 Minuten. Die restliche Redezeit bis 13 Uhr wird vom Vorsitz führenden Präsidenten nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden auf die vier Fraktionen in der Weise verteilt, dass noch alle Fraktionen gleichmäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen darüber, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach 13 Uhr aufgerufen werden.

Darüber befindet das Hohe Haus. Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

1. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (230 d.B.): Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bun­desrepublik Deutschland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Groß­her­zog­tum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Re­publik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union samt Schlussakte (286 d.B.)


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2. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (209 d.B.): Be­schluss des Rates der Europäischen Union vom 25. Juni 2002 und 23. Septem­ber 2002 (2002/772/EG, Euratom) zur Änderung des Akts zur Einführung allge­meiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments im Anhang zum Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom samt Erklärungen (287 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 250/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung geändert und ein Bundesgesetz über die Europawahl 2004 erlassen wird (288 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 1 bis 3 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Er wird 15 Minuten zu uns sprechen. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


10.17

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der österreichischen Bundesregierung! Es kommt nicht so oft vor, dass man in diesem Hohen Haus von einem „historischen Tag“ redet. Es kommt nicht so oft vor, dass man in diesem Hohen Haus Entscheidungen von einer derartigen historischen Tragweite trifft, wie wir das heute tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sagen heute ja zur Erweiterung der Eu­ropäischen Union um zehn Länder, und wir sagen heute „Willkommen!“, meine sehr geehrten Damen und Herren, „Willkommen!“ zu diesen zehn neuen Partnern in der Europäischen Union! (Allgemeiner Beifall. – Abgeordnete der ÖVP halten Tafeln mit dem Wort „Willkommen“ in der jeweiligen Landessprache der betreffenden zehn EU-Länder in die Höhe.)

Wir sagen in vollem Respekt „Willkommen!“ zu diesen zehn neuen wertvollen und wich­tigen Partnern in der Europäischen Union, und stellvertretend möchte ich auch die Exzellenzen und Vertreter dieser zehn neuen Partnerländer begrüßen, die uns heute bei dieser Diskussion, bei dieser ganz wesentlichen Debatte und Entscheidung beglei­ten. Herzlich willkommen! (Die Angesprochenen, die sich auf der Galerie befinden, werden mit allgemeinem Beifall begrüßt.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als die Diskussion über diese so wichtige his­torische Entscheidung begonnen hat, war eigentlich damals im Sprachgebrauch der Ausdruck „Ost-Erweiterung“ üblich. Ich habe mich mit diesem Sprachgebrauch eigent­lich nie abgefunden und damit nie wohl gefühlt. Der Sprachgebrauch wurde verbessert, und auch das ist ein wichtiger symbolischer Beitrag gewesen: Es wurde nicht mehr von der Ost-Erweiterung geredet, sondern von der Erweiterung der Europäischen Union.

Und noch viel glücklicher bin ich gewesen, sind wir gewesen, als dieser Sprach­ge­brauch sich zum eigentlichen Kern vorbewegt hat und wir heute von einer Wieder­ver­einigung Europas reden können, einer Wiedervereinigung, meine Damen und Herren, die eigentlich einen langen Weg hinter sich hat.


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Denken wir zurück: Es liegt nur wenige Jahrzehnte zurück, dass dieses Europa eigent­lich in Trümmern gelegen ist, in Trümmern gelegen ist nach einem Terrorregime der Nazis, in Trümmern gelegen ist nach dem Zweiten Weltkrieg. Es liegt wenige Jahr­zehn­te zurück, dass Europa nach diesem Zweiten Weltkrieg geteilt wurde, dass Gren­zen geschaffen wurden, die eigentlich die Geschichte nicht gekannt hat, sondern die fehlgesteuerte Menschen auf diesem Kontinent geschaffen haben.

Nach diesen wenigen Jahrzehnten – eigentlich eine kurze Phase in der Geschichte dieses Kontinents, aber eine Phase, die dramatische Folgen für Millionen von Men­schen auf diesem Kontinent gehabt hat – können wir heute ein neues Kapitel der europäischen Einigung aufschlagen (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), einer europäischen Einigung, die eigentlich ganz zentrale und wichtige Antworten gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese europäische Einigung wurde in den fünfziger Jahren nach diesen dramatischen Ereignissen des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs und der Teilung dieses Kontinents als Antwort gesucht und ge­funden. Mir ist es so wichtig, das auch an einem Tag wie heute zu betonen, weil es immer notwendig ist, zu den Wurzeln zurückzugehen. Verantwortliche Staatsmänner und -frauen haben damals eine Überlegung, die sehr einfach ist, angestellt und gesagt: Wenn wir eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen den verfeindeten Nationen auf diesem Kontinent zustande bringen, dann kann mit dieser wirtschaftlichen Verflechtung ein ganz entscheidender Beitrag zu dem Wunsch geleistet werden: Nie wieder Krieg in Europa! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Aber es war damals schon klar – und das halte ich für das Faszinierende an dieser Idee –, dass die Gründerväter der Europäischen Union, des europäischen Einigungs­gedankens gesagt haben, es wird auf Dauer nicht reichen, dass wir eine Wirtschafts­gemeinschaft bilden, sondern wir brauchen die Vision der politischen Gemeinschaft, der politischen Vereinigung in Europa, weil nur die politische Zielsetzung letztendlich die Antwort sein kann, die mit dem Prozess der wirtschaftlichen Einigung begonnen wur­de.

Heute, meine Damen und Herren, setzen wir einen ganz zentralen Stein in dieses europäische Einigungsbauwerk, in dieses Gebäude. Wir nehmen diese zehn neuen Länder in unsere Europäische Union auf. Es kann sich an einem Tag wie heute wahr­scheinlich niemand von persönlichen Erlebnissen in diesem Zusammenhang trennen, ganz im Gegenteil, wahrscheinlich geht es jedem so, dass er diese persönlichen Erleb­nisse hat.

Ich kann wenig über die Gründungszeit reden, ich bin im Jahre 1955 geboren, zufällig am Tag bevor der österreichische Staatsvertrag unterschrieben wurde, als Leopold Figl gesagt hat: „Österreich ist frei!“

Aber es ist mir ein Erlebnis ganz tief eingegraben, meine Damen und Herren, das war der August 1968. Ich tue das selten, dass ich über Persönliches auch öffentlich rede – Sie wissen das –, aber in diesem Fall ist mir das so wichtig. Ich kann mich erinnern, als an diesem August-Morgen meine Mutter an mein Bett gekommen ist, mich mit Tränen in den Augen aufgeweckt und gesagt hat: In Prag fahren die russischen Panzer! Was das für meine Elterngeneration bedeutet hat, ist mir eigentlich so richtig bewusst geworden an diesem Morgen im August 1968.

Das war mit ein Motivator dafür, dass für mich diese europäische Einigung auch so eine emotionale Sache ist, die nicht alleine rational und technokratisch bewältigbar ist, sondern diese Emotion haben muss.


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Eine ähnliche Emotion wie ich werden Sie empfunden haben, als im Jahr 1989 die Ber­liner Mauer gefallen ist – ein Freudentag nicht nur für die Bevölkerung Deutschlands, sondern für ganz Europa, meine Damen und Herren.

Aber was schließen wir daraus? – Mir ist das so wichtig, auch an einem Tag wie heute zu betonen: Die Idee der europäischen Einigung ist stärker als Nationalismus. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen, der SPÖ und der Grünen.) Die Idee der europäischen Einigung ist stärker als menschenverachtende Ideologien wie beispielsweise der Nationalsozialismus. Die europäische Einigung ist stärker als unde­mokratische Regime und Systeme, wie sie der Kommunismus über Jahrzehnte in Europa errichtet hatte. Das ist die wichtigste Botschaft, meine Damen und Herren: Die europäische Einigung ist stärker als alles Menschenverachtende, das wir auf diesem Kontinent erlebt haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Das ist auch der Grund, warum wir von der Österreichischen Volkspartei diese euro­päische Einigung immer als zentralen Bestandteil unseres politischen Wollens und un­seres politischen Wirkens gesehen haben. Es war im Jahr 1956 bei einem Parteitag der ÖVP, als Leopold Figl die europäische Einigung und die Mitgliedschaft Österreichs als Zukunftsvision für Österreich angesprochen hat. Es war im Jahr 1986 Alois Mock, der mit dem Eintritt der Österreichischen Volkspartei in die Bundesregierung die Wie­che auf Mitgliedschaft bei der Europäischen Union für unser Österreich gestellt hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es war während der österreichischen Präsidentschaft unter Vorsitz des damaligen Außenministers Wolfgang Schüssel, als die Erweiterungsver­handlungen der Europäischen Union konkret begonnen haben.

Warum ist das den Menschen so wichtig? – Diese Frage müssen wir beantworten. Wir müssen auch die Diskussion über die Entwicklung Europas mit den Menschen führen. Für mich ist Europa die Friedensgemeinschaft. Die längste Phase einer friedlichen Ent­wicklung auf diesem Kontinent, die es in der Geschichte gegeben hat, ist durch die europäische Einigung Wirklichkeit geworden.

Diese Europäische Union ist eine Gemeinschaft gleichberechtigter Staaten unabhängig von ihrer Größe oder ihrer wirtschaftlichen Stärke. Diese Europäische Union ist und muss eine Wertegemeinschaft sein. Es würde nicht genügen, wenn Europa ein Projekt von irgendwelchen Technokraten oder Bürokraten wäre, die dem Euro alleine ver­schrieben sind, so wichtig er ist. Es muss eine Wertegemeinschaft sein.

Diese Europäische Union ist eine Sicherheitsgemeinschaft, die den Menschen auch die Sicherheitsperspektive gibt. Sie ist eine Gemeinschaft, die der Demokratie ver­pflich­tet ist, und sie ist eine Gemeinschaft, die der Marktwirtschaft verpflichtet ist. Genau diese Maßstäbe, meine Damen und Herren, müssen auch jene sein, die die Dis­kussionen um den Europäischen Konvent, über die Europäische Verfassung bestimmen.

Ich bin Bundeskanzler Schüssel und Außenministerin Ferrero-Waldner dankbar dafür, dass sie genau auf dieser europäischen Vision die österreichischen Positionen in den Regierungskonferenzen so klar vertreten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für Österreich ist die Erweiterung ein ganz entscheidendes Projekt. Natürlich liegen wir im Herzen dieses Kontinents. Natürlich sind wir davon in besonderer Weise betroffen. Denken Sie nur an die Möglichkeiten der Sicherheitskooperation, die jetzt schon prak­tisch zu mehr Sicherheit für die Bürger führen. Oder denken Sie beispielsweise an die Frage Wachstumsmöglichkeiten, Beschäftigungsmöglichkeiten. Alleine die Entwicklung der letzten zwei Jahre zeigt, dass die Exporterfolge in diese Länder unsere Arbeits-


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plätze gesichert und neue Arbeitsplätze geschaffen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber uns muss an einem Tag wie heute auch klar sein: Wir beenden keinen Prozess, sondern wir beginnen den Prozess der Erweiterung. Mit diesem Beschluss wird die Erweiterung Realität.

Das heißt, es ist auch nicht das Ende von Diskussionen. Ganz im Gegenteil: Wir brauchen selbstverständlich auch in dieser erweiterten Union den Gedanken der re­gionalen Partnerschaft, entwickelt von Benita Ferrero-Waldner, die die Interessen auch in der Europäischen Union bündelt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir brauchen, meine Damen und Herren, die Initiativen in der Infrastruktur, beispiels­weise ganz zentral die Schieneninfrastruktur, wo große Investitionen in den nächsten Jahren sichergestellt sind, damit wir auch durch Infrastruktur das Zusammenwachsen erleichtern.

Wir brauchen den angesprochenen Ausbau der Sicherheitskooperation, der grenzüber­schreitenden Projekte, der Unterstützung in den Grenzregionen, etwa auch die Ko­operation im Kultur- und Bildungsangebot. Wir erwarten aber auch – und das sei eben­so klar gesagt –, dass mit der Erweiterung offene Fragen weiter erledigt und diskutiert werden können.

Ich gehe davon aus, wir gehen davon aus, dass etwa das Abkommen von Brüssel über die nukleare Sicherheit selbstverständlich gilt und auf Punkt und Beistrich erfüllt wer­den muss, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und ich halte fest, dass historisches Unrecht auch als solches bezeichnet werden muss, beseitigt werden muss und durch menschenrechtskonforme Lösungen ersetzt werden muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber – das sei auch klar gesagt – die Österreichische Volkspartei ist der Meinung, dass genau diese Fragestellungen und genau diese Projekte und Zielsetzungen mit gleichberechtigten Partnern in einer größeren Europäischen Union besser lösbar sind, als wenn diese Länder und damit auch diese Probleme vor der Türe draußen blieben. Nein, wir machen die Türen auf, wir sagen ja zur Erweiterung, wir sagen willkommen zu diesen neuen Partnern. Es liegt in unserer Hand, meine Damen und Herren, dass wir aus diesem europäischen Einigungsprozess für die Zukunft genau jene Chancen verwirklichen, die drinnen liegen, nämlich Lebenschancen für unser Land. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Fi­scher. Redezeit: 15 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


10.33

Abgeordneter Dr. Heinz Fischer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin auch der Meinung, dass man das Wort „historisch“ nicht inflationieren soll; wir müssen mit diesem Begriff sparsam umgehen.

Aber es ist ein historisches Datum, wenn wir im österreichischen Nationalrat nach großen Anstrengungen und sorgfältigen Überlegungen heute den Beschluss fassen wer­den, dass wir die Erweiterung für richtig halten, wenn wir dazu beitragen, dass die Europäische Union von 400 oder von etwas weniger als 400 auf über 450 Millionen Einwohner anwächst und damit mehr Einwohner hat als die USA und Russland zu­sammen, und wenn wir einen Zustand beenden, der Resultat des Zweiten Weltkrieges war und Europa geteilt hat.


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Das ist ein ganz wichtiges Ereignis. Ich bekenne mich voll und ganz zu diesem his­torischen Beschluss und freue mich, dass er in diesem Haus mit außerordentlich großer Mehrheit gefasst werden wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn es so kommt, wie wir das den Ankündigungen entnehmen können, nämlich dass der Nationalrat – ich habe mir das ausgerechnet – mit etwa 98 Prozent dem Vorschlag zustimmen wird, dann müssen wir uns dessen bewusst sein, dass diese Mehrheit wahrscheinlich größer ist als die Zustimmung in der Bevölkerung; denn ich vertraue darauf, dass wir eine deutliche Mehrheit der Bevöl­kerung hinter diesem Beschluss versammeln können, aber wir wissen aus Umfragen, dass es auch Sorgen gibt, dass es Skepsis gibt, dass es Bedenken gibt.

Gerade weil wir überzeugt sind, dass unsere Entscheidung richtig ist, müssen wir diese Sorgen ernst nehmen, müssen wir diese Menschen mitnehmen, müssen wir ihnen zei­gen, dass wir die Arbeit noch nicht als beendet betrachten, sondern, ähnlich wie der Vorredner es auch formuliert hat, dass jetzt ein Geburtsakt zustande gekommen ist, aber dass dieses Kind noch wachsen muss, dass wir es pflegen und sorgfältig be­handeln müssen.

Ich glaube, nur wenn wir auf die Sorgen der Bevölkerung eingehen, sie ernst nehmen und auch unsere Hausaufgaben ernst nehmen und vielleicht zugeben, dass das eine und andere nicht so vorbereitet wurde, wie es vorbereitet hätte werden sollen, werden wir die Glaubwürdigkeit, mit der wir diese Entscheidung vor der Bevölkerung vertreten wollen, noch vergrößern können.

Ich möchte Ihnen auch sagen, weil das natürlich jeder aus seiner subjektiven Sicht betrachtet: Ich bin fast auf den Tag genau vor 32 Jahren zum ersten Mal an diesem Rednerpult gestanden, im Dezember 1971, mir hat der Begriff „Utopie“ sehr viel bedeutet.

Der Satz von Martin Walser: Die Existenz der Utopie ist eine Voraussetzung dafür, dass die Utopie aufhört, eine Utopie zu sein!, war für mich ein ganz wichtiges Motiv.

Und ich muss zugeben, diese Utopie, dass wir da einmal stehen oder sitzen werden und beschließen werden, dass Länder, die damals zum kommunistischen Macht­bereich gehört haben, ja sogar Länder, die Teil der Sowjetunion waren, wie Estland, Lettland, Litauen, in unserer Zeit Teil einer Europäischen Union mit allen diesen Frei­heiten und Freizügigkeiten zwischen den einzelnen Staaten sein werden, ist schon eine große Sache.

Und da ist ein ehrliches Wort des Dankes an alle, die da mitgearbeitet haben und das zustande gebracht haben, meines Erachtens angebracht. Ich spreche dieses Danke aus. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn wir sagen, wir wollen die Bevölkerung mitnehmen und von der Richtigkeit dieser Entscheidung überzeugen, dann ist mein Hauptargu­ment Friede.

Die europäische Geschichte ist eine Geschichte der Kriege. Viele Flecken unseres Kontinents sind mit Blut getränkt im wahrsten Sinne des Wortes. Oft und oft war der Krieg einfach die Antwort auf Probleme. Man war der Meinung, der Krieg löst alle Dinge: polemos pater panton – der Krieg, der Vater von allem, was zu lösen ist. Und das ist falsch: Der Friede ist das Entscheidende! Nur wenn Friede existiert, ist die Grundlage gegeben für alles oder vieles andere, was uns wichtig ist.


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Daher ist mein Hauptargument das, dass die Europäische Union, der europäische Zu­sammenschluss, die Erweiterung ein Friedensprojekt ist. Die Philosophie des Krieges wird abgelöst durch eine Architektur des Friedens. Und die Erweiterung der Euro­päischen Union ist eine Erweiterung der Zone des Friedens. Das ist das stärkste Ar­gument, und dieses Argument wollen wir hinaustragen in die Bevölkerung und in die Öf­fentlichkeit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Weiters haben wir davon gesprochen, dass die Spaltung Europas überwunden wird und dass manches Unrecht und manche ganz schlimme Entwicklung – Diktatur, Terror, Unfreiheit – Teil der Nachkriegsordnung waren.

Österreich hat Glück gehabt. Die Rote Armee ist im Zuge der Auseinandersetzung, im Zuge des Kampfes gegen den Nationalsozialismus bis nach Österreich vorgedrungen, aber ein großer Teil Österreichs ist von dieser Besatzung frei geblieben, hat andere Besatzungsmächte gehabt. Wir haben die Kraft und den Willen zu einer gemeinsamen Regierung gehabt, wir konnten gleich ab 1945 ein demokratisches System aufbauen.

Andere Länder haben dieses Glück nicht gehabt. Ich denke an Ungarn: Zuerst die Diktatur von Horthy, dann wurde es in den Krieg hineingezogen, danach eine kurze Phase des Hoffens und der Demokratie – ich denke dabei an Anna Kethly – und dann wieder die sowjetische Besatzungsmacht, dann 1956, dann die Niederschlagung der Ungarischen Revolution. – Man muss sich vorstellen, wie viel an Hoffnung sich da entwickelt hat.

Ich könnte so die Geschichte Polens erzählen, genauso dramatisch, auch die Ge­schichte der Tschechoslowakischen Republik mit den ganz besonderen Brutalitäten in den Prozessen der fünfziger Jahre, Slansky und so weiter, und die Ereignisse des Jahres 1968.

Und dann die Chance, die samtene Revolution, die Möglichkeit, das zu verändern. Ich erinnere gerne an das Durchschneiden des Eisernen Vorhanges durch Alois Mock und Gyula Horn – ein symbolisches Ereignis. Ich erinnere an Prag, Vaclav Havel, Alexan­der Dubcek et cetera. Ich erinnere an den Fall der Berliner Mauer, an das Wort von Willy Brandt.

Ich erinnere auch an die vielen Hoffnungen, die wir den jungen Demokratien gemacht haben, an die Versprechen, die Staatspräsidenten abgegeben haben, wenn sie diese Länder besucht haben. Damit sind Erwartungen geweckt worden. – Nun kommt dieser Prozess zu einem Abschluss; es ist ein fairer Abschluss, nicht zum Vorteil der einen Seite und zum Nachteil der anderen Seite, sondern ein Abschluss im Interesse aller, wenn wir die Chancen nützen, wenn wir uns konzentrieren auf das, was noch getan werden muss.

Ich möchte nicht nur die historische Dimension beleuchten, sondern auch sagen, dass wir auch die soziale Dimension in den Vordergrund rücken müssen, dass es gute Vorschläge von den Gewerkschaften, von Sozialpolitikern, von Regierungschefs, von Regierungsmitgliedern gibt, dass dieses Projekt dann leben, gedeihen und blühen wird, wenn wir den sozialen Zusammenhalt ernst nehmen, wenn wir den Menschen nicht nur als Kostenfaktor auf zwei Beinen betrachten, sondern sagen: Eine Gesellschaft, die funktionieren soll, die akzeptiert werden soll, muss auch eine soziale Gesellschaft sein. Und dem fühlen wir uns in besonderer Weise verbunden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Noch etwas: Mit der Erweiterung hängen natürlich auch institutionelle Fragen zusam­men. Wir haben sie diskutiert und werden sie weiter diskutieren – sie waren auch Gegenstand einer Aktuellen Stunde. Ich möchte nur Folgendes sagen: Ich glaube, alle


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in diesem Haus haben Verständnis für die Position, ja verlangen sogar, dass wir uns zur Wehr setzen, wenn einige Staaten, die sehr robust und fest sind, so quasi über die Interessen anderer, insbesondere kleinerer Staaten drüberfahren.

Meine Damen und Herren! Das ist legitim und richtig, und das erwartet auch die Bevölkerung von uns – das gilt meines Erachtens auch für die Sicherheitspolitik. Es kann auch in Fragen der Sicherheitspolitik, der Sicherheitsarchitektur und der Sicher­heitszusammenarbeit nicht sein, dass die drei größten NATO-Staaten, Großbritannien, Deutschland und Frankreich, einen Text auf den Tisch legen und Österreich Ja und Amen dazu sagt. Das ist nicht möglich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) – Wenn Sie wollen, sage ich: Das wäre nicht möglich, wenn es versucht werden würde.

Nach dem, was wir darüber gehört haben, muss, glaube ich, noch sehr viel überlegt werden und noch sehr viel Rücksichtnahme jenen Staaten entgegengebracht werden, die nicht paktgebunden sind, die nicht bei der NATO sind und die keine Bünd­nisverpflichtung eingehen wollen, denn so wie in den anderen Bereichen müssen wir auch bei der europäischen Sicherheitsarchitektur darauf Wert legen, dass die Inter­essen der NATO-Staaten und die Interessen der nicht paktgebundenen oder der neu­tralen Staaten gemeinsam berücksichtigt und zu einem Nenner zusammengeführt werden, den alle mit ihren Verfassungsordnungen vereinbaren können.

Das ist der Auftrag oder das Ziel, das wir uns setzen müssen, wenn wir unsere Ver­fassung ernst nehmen – und das tun wir alle ganz sicher. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Damit kein Missverständnis entsteht: Ich glaube, dass Solidarität eine ganz wichtige Rolle spielt, ein ganz wichtiger Faktor ist, aber die Kunst der Politik wird es sein, Sicherheitsinteressen, Zusammenarbeit, Solidarität und die respektiven Verfassungsordnungen der einzelnen Mitgliedstaaten auf einen sinnvollen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Wir brauchen eine solidarische Sicherheitspolitik, die von allen 15 Staaten mit ihren Interessen und in weiterer Folge von allen 25 Staaten mit ihren Interessen und mit ihren Verfassungsordnungen mitgetragen werden kann. Das möchte ich zu diesem The­ma doch recht deutlich sagen, und ich hoffe auf Verhandlungen und auf Zusam­menarbeit auch mit unseren Freunden in Schweden, Finnland und Irland, um einen vernünftigen gemeinsamen Nenner zu erzielen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne und im Bewusstsein, dass es noch Prob­leme gibt, dass wir uns anstrengen müssen, aber vertrauend auf die großen Chancen, die es gibt, auf die großen Chancen, die im Prozess des Zusam­men­wach­sens Europas liegen, auf die großen Chancen, den sozialen Zusammenhalt in Europa zu festigen, und auf die großen Chancen, die wir im Bereich unserer Sicherheit haben, heißen wir die zehn neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch von dieser Stelle aus sehr, sehr herzlich willkommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Wir können, glaube ich, der österreichischen Bevölkerung versprechen, dass wir in unseren Anstrengungen nicht erlahmen werden, dass der Integrationsprozess erfolg­reich verläuft, und wir bieten den neuen Staaten eine wirklich faire Partnerschaft an und wünschen dem gemeinsamen europäischen Projekt gemeinsame Erfolge und eine friedliche Zukunft! – Danke. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


10.48


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Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Scheibner. Redezeit: 15 Minuten. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


10.48

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Wochen und Monaten oft hier im Hohen Haus über das Projekt eines gemeinsamen Europas diskutiert, und ich glaube, alle hier im Hohen Haus sehen die Vision – es ist vielleicht so­gar mehr als eine Vision –, dieses Projekt eines gemeinsamen, eines geeinten, eines friedlichen Europas als ganz besonderes und wichtiges Thema, vielleicht eines der wichtigsten Themen der europäischen, aber auch der österreichischen Politik.

Auch wir sehen das so, und ich glaube – von meinen Vorrednern wurde das auch an­gesprochen –, gerade das Ziel der Friedensunion ist so wichtig für diesen Kontinent. Auch Österreich war in den letzten Jahrhunderten immer wieder Schauplatz von schreck­lichen Kriegen, von militärischen Auseinandersetzungen. Auf unserem Kon­tinent ist so viel an Kulturellem, an Wirtschaftlichem, an Sozialem aufgebaut worden – und so viel davon wieder durch Kriege zerstört worden.

Eine der Erfolgsgeschichten der europäischen Integration nach den schrecklichen Er­fah­rungen des Zweiten Weltkrieges ist es wohl, dass innerhalb der Europäischen Union, dieser Europäischen Gemeinschaft, Kriege, militärische Auseinandersetzungen unmöglich geworden sind, und zwar auf Dauer unmöglich geworden sind, dass es nicht mehr irgendwelche Bündnisabsprachen auf Zeit sind, sondern auf Dauer ein Signal gesetzt wird, dass die Mitgliedsländer der Europäischen Union ihre Konflikte auf fried­licher Ebene austragen und dass man gemeinsam aufbaut – und nicht gegenseitig zerstört! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, dass es auch ein Signal ist, dass von der Europäischen Union keine mili­tärische Bedrohung an das Umfeld ausgeht und ausgehen wird, sondern – im Ge­genteil – dass die Europäische Union es auch als eines ihrer wichtigsten Ziele ansieht, Sicherheitspolitik zu betreiben, das heißt, Krisenbewältigung außerhalb Europas oder innerhalb Europas dort, wo es notwendig ist, zu unternehmen, da, wie wir alle wissen, Krisen und Kriege auch außerhalb des Kontinents unmittelbare Auswirkungen auch auf Europa, auf die Union und damit auch auf Österreich haben und weil sich die Euro­päische Union auch als Wertegemeinschaft sieht und sehen muss.

Deshalb glaube ich, dass genau dieser Gedanke einer Sicherheitsunion – wir haben heute schon darüber diskutiert – an die erste Stelle der weiteren Verhandlungen und Diskussionen gestellt werden muss, denn ohne Sicherheit brauchen wir uns über an­dere Projekte gar nicht den Kopf zu zerbrechen.

Wir sehen es an vielen Krisenschauplätzen und sollten uns auch durch die Erzäh­lungen unserer Väter – oder bei mir: Großväter – vergegenwärtigen, was es heißt, in Unsicherheit leben zu müssen.

In diesem Zusammenhang sehe ich ein positives Signal dieser Erweiterung: dass Länder in diese europäische Familie integriert werden können, die länger auf eine hun­dertprozentige Befreiung warten mussten; Länder, deren Bevölkerung länger warten musste als wir, bis sie in einer Demokratie leben konnte; Länder, deren Bevölkerung länger warten musste als wir, bis sie vom globalen Fortschritt profitieren konnte. Wir haben 1945 ein Schreckensregime hinter uns gelassen, Terror und Undemokratie über­wunden und konnten – unsere Vorgängergenerationen – dieses Land in Frieden und Wohlstand aufbauen.

Die Länder, die jetzt anstehen, Mitglieder der Europäischen Union zu werden, mussten noch Jahrzehnte auf diese Chance, auf diese Gelegenheit warten. Deshalb halte ich es


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für positiv, dass mit den baltischen Staaten erstmals auch drei Länder, die früher der Sowjetunion – nicht freiwillig, sondern zwanghaft! – angehört haben, Mitglieder dieses Europas werden.

Ich halte es für positiv, wenn ich sehe, wie viele Länder hier eine gute Entwicklung genommen haben, auch in unserer Nachbarschaft, etwa Slowenien oder Ungarn, auch die Slowakei, die wir lange auch sehr kritisch betrachtet haben hinsichtlich ihrer innen­politischen Entwicklung.

Ich halte es für sehr positiv, dass die Europäische Union bei Zypern die Kriterien für eine Mitgliedschaft sehr weit ausgelegt und – obwohl dieses Land noch geteilt ist und es sicherheitspolitische Probleme gegeben hat – gesagt hat: Ja, wir nehmen dieses Land in die Europäische Union auf, aber als Einheit!, und damit auch einen Auftrag gegeben hat, mitzuhelfen, diese Teilung zu überwinden.

Auch wenn wir uns darüber freuen, dass all diese Signale gesetzt werden, müssen wir hinterfragen, ob alle Grundsätze dieses Projektes und dieser Vision eines gemein­samen, eines geeinten Europas auch wirklich vollinhaltlich umgesetzt werden und wurden. Dieses Europa muss auch ein Europa für die Menschen auf diesem Kontinent sein, die Interessen von Lobbys und Interessenvertretungen dürfen nicht im Vorder­grund unserer Bemühungen und Überlegungen stehen, sondern wir haben darauf zu achten, was die Bedürfnisse, Anforderungen, aber auch Sorgen und Ängste der Men­schen in Europa sind, wenn wir über das Projekt der Erweiterung und der stärkeren Integration in die Europäische Union nachdenken.

Gerade die letzten Diskussionen rund um den Transitvertrag und die Stabilitätskriterien zeigen doch, dass wir hier noch einen sehr, sehr weiten Weg vor uns haben. Beim Transit hat man die Sorgen, Ängste, Nöte und Bedürfnisse eines Landes, nämlich Österreichs, nicht beachtet. Da sind 14 Länder der Europäischen Union über die Interessen eines Mitgliedstaates drübergefahren. Auch das Europäische Parlament als Volksvertretung aller Mitgliedsländer, aller Menschen in dieser Union, hat diesen Auf­trag nicht wahrgenommen!

Wenn es darum geht, diese Union demokratisch zu machen, als Vertretung der Anlie­gen und Interessen der Menschen in diesem Land, haben wir also noch einen sehr, sehr weiten Weg zu gehen, um die Vision des Europas für die Menschen, für die Bür­ger umzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir können viel diskutieren über die Vorbereitung der Erweiterung, ob alle Kriterien erfüllt worden sind – es gibt einen Fortschrittsbericht, der bei vielen Ländern viele Mängel aufzeigt, gerade im Sicherheitsbereich, bei der Korruptionsbekämpfung, auch bei der Frage, inwieweit sich die Wirtschaft in den Ländern auf dieses Projekt ein­gestellt hat –, wir müssen aber auch kritisch die Frage stellen, ob sich die Europäische Union schon ausreichend damit beschäftigt und darauf vorbereitet hat, etwa im Hinblick auf die Institutionenreform.

Ich halte es für wirklich bedenklich, dass man erst jetzt – sehr, sehr spät! – beginnt, über diese Vorbereitungen nachzudenken, jedoch eines – und das ist symbolhaft – noch nicht einmal in Angriff genommen hat: den Unsinn, dass etwa das Europäische Parlament und viele Institutionen auf mehrere Standorte in Europa aufgeteilt sind und es einen Wanderzirkus gibt – jede Woche zwischen Straßburg und Brüssel –, und die Fülle von bürokratischen Hemmnissen, die einer effizienten Arbeit entgegenstehen, zu beseitigen. Das ist symbolhaft für die Problematik der institutionellen Neuausrichtung auf neue Herausforderungen, mit denen wir uns in dieser Europäischen Union zu be­schäftigen haben.


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Wir als Österreicher, als österreichisches Parlament haben natürlich auch die For­derung gestellt, dass in erster Linie die österreichischen Interessen gegenüber Brüssel vertreten werden und dass auch die Risken der Erweiterung mit berücksichtigt werden.

Es gab eine Reihe von Problemen, die wir angesprochen haben – einige sind gelöst, das möchte ich hier positiv voranstellen. So konnte etwa eine taugliche Antwort auf die berechtigte Angst, dass es durch die Erweiterung zu einer weiteren Belastung des Arbeitsmarktes kommt, gefunden werden, und zwar durch die Übergangsfrist von sieben Jahren bei der Freizügigkeit.

Bei der Frage der Umweltstandards und der Problematik der grenznahen Atomkraft­werke sehe ich das schon kritischer. Wenn wir über Bohunice und Temelin diskutiert haben, haben das nicht nur Freiheitliche, sondern auch Vertreter anderer Parteien hier als Grunderfordernis für die Erweiterung, für die Aufnahme des jeweiligen Landes in den Raum gestellt. Wir haben Fortschritte erzielt – keine Frage –, aber wir sind nicht dorthin gekommen, wohin wir kommen wollen: dass wir Sicherheitsgarantien, nicht nur verbale, sondern konkrete, haben – etwa bei Temelin – und auch einen Schritt weiter in Richtung eines atomfreien Europas; da sind wir in der Mitte stecken geblieben.

900 000 Unterschriften unter das Volksbegehren gegen Temelin sind auch heute ein Auftrag an den österreichischen Nationalrat, dieses Anliegen weiter zu berücksichtigen und zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn es darum geht, sich mit den Kriterien der Europäischen Union auseinander zu setzen, etwa auch den Beschlüssen von Kopenhagen, dann sollen hier auch die Men­schen­rechte beachtet werden.

Und wenn hier auch gesagt worden ist – und ich unterstreiche das –, dass die Euro­päische Union eine Werteunion ist, dann müssen auch an die neuen Beitrittskandi­daten diese Werte angelegt werden, das heißt, dass die Menschenrechte von allen Mitgliedsländern der Europäischen Union ohne jeden Kompromiss vorbehaltlos umge­setzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie wissen es, meine Damen und Herren, hier sehen wir Probleme, zumindest bei einem Beitrittskandidatenland. Wir halten es für einen Widerspruch zu diesen Kriterien der Menschenrechte, zu den Kriterien der Kopenhagener Beschlüsse, dass die Tsche­chische Republik nach wie vor mit den Beneš-Dekreten und den Amnestiegesetzen Rechtsbestände in ihrer Rechtsordnung hat, die die Grundlage und die Rechtfertigung für die Ermordung und Vertreibung von hunderttausenden unschuldigen Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen sind. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Hier geht es nicht darum, gegen ein Land zu argumentieren. Hier geht es nicht darum, ge­gen die Menschen in diesem Land zu argumentieren, sondern hier geht es nur darum, zu sagen: Ihr seid willkommen, aber ihr müsst die Kriterien, die wir an diese Men­schenrechtsstandards anlegen, auch erfüllen. Es kann doch für ein demo­krati­sches Land nicht schwierig sein, zu sagen – so, wie wir das gemacht haben für die Zeiten, für die wir auch Mitverantwortung haben und die sehr dunkle Zeiten in diesem Jahrhundert gewesen sind –: Ja, das war Unrecht, und wir heben diese Bestände, die dieses Unrecht sanktioniert haben, auf! Wir ziehen einen Schlussstrich und schaffen da­mit eine Grundlage für ein gemeinsames demokratisches Zusammenleben der Staa­ten auch in dieser Region. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte nichts zitieren aus dieser Zeit. Jeder, der diese Tatsachenberichte liest, kann nur fassungslos sein über die Greuel und über die Zustände, die damals geherrscht haben. Nur ein Beispiel aus dem Dezember 1945, also nach den ganzen


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Progromen und den Greueltaten, die auch in der Öffentlichkeit diskutiert werden, es ist ein Tatsachenbericht: Eine Mutter geht mit ihrem dreijährigen fiebernden Kind, das Diph­terie hat, zu Fuß nach Prag und fleht in einem Krankenhaus um ärztliche Hilfe für dieses Kind. Diese Hilfe wird verweigert mit dem Argument: Hier gibt es keine ärztliche Hilfe für Deutsche, das ist verboten! Nach zweieinhalb Stunden stirbt dieses Kind.

Ein kleines Beispiel ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) – Herr Kollege, an die­ser Stelle sollte man Zwischenrufe vermeiden! – Ein kleines Beispiel, das zeigt, was damals passiert ist. Heute, Herr Kollege, sollten wir alle sagen: So, wie es Nazi-Greuel gegeben hat, so, wie es Greuel vor und nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben hat, war auch das Unrecht, einer Mutter die ärztliche Hilfe für ihr krankes Kind zu verweigern, nur weil sie Deutsche ist. Nicht mehr verlangen wir.

In diesem Sinn, meine Damen und Herren, werden wir heute ein differenziertes Ab­stimmungsverhalten hier zeigen. Unsere Fraktion wird für die Erweiterung stimmen, weil wir sie gerade im sicherheitspolitischen Sinn als Chance sehen und weil wir hier über ein Paket von zehn Mitgliedsländern abstimmen. Aber zwei unserer Bereichs­spre­cher – Vertriebenen- und Umweltsprecher – werden mit ihrer Gegenstimme ein Signal setzen, das zum Ausdruck bringen soll, dass wir die Lösung dieser Probleme weiter ver­treten werden, dass wir bei der Frage der Menschenrechte, Beneš-Dekrete, und bei Temelín die Kriterien noch nicht erfüllt sehen. Das sollte eine Verantwortung für das gesamte österreichische Parlament sein.

Dieses gemeinsame Europa hat eine Chance, aber nur dann, wenn wir nicht mit Au­genzwinkern die Nichterfüllung von Kriterien verfolgen, sondern beachten, dass diese Vision eines gemeinsamen, geeinten und friedlichen Europas und des Zusammen­le­bens der Völker in Frieden auf den Grundsätzen von Menschenrechten basiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.04

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bel­len. Die Redezeit ist 15 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.04

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Scheibner, die Verweigerung ärztlicher Hilfe für das Kind einer Mutter ist zweifellos nicht vereinbar mit den Bürger- und Menschenrechten, aber mir wäre wohler, wenn eine solche Kritik geäußert würde und wir in Österreich nicht gleich­zeitig auch Familien auf die Straße stellen täten – ohne Obdach, ohne Un­terkunft, ohne Unterstützung in laufenden Asylverfahren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist aber ein merkwürdiger Ver­gleich, Herr Kollege! Das ist wirklich unter Ihrem Niveau! Das entspricht nicht Ihrem Ni­veau!) – Mein Niveau lassen wir einmal dahingestellt, Herr Kollege Scheibner.

Wir sprechen natürlich über die Ratifizierung der Verträge mit den neuen Beitritts­län­dern, und in diesem Punkt schließe ich mich Wilhelm Molterer und Heinz Fischer an: Es ist ein großer Tag in der Geschichte des Parlaments, in der österreichischen Ge­schichte, in der europäischen Geschichte. Ja, es ist wahr, diese Ratifizierung ist ein großer Tag! Die Erweiterung der EU-15 auf 25 ist in ihrer historischen Bedeutung kaum zu überschätzen. (Beifall bei den Grünen.)

Trotzdem will sich, so scheint mir, nicht nur bei mir selbst oder bei bestimmten Kom­mentatoren, sondern auch in der Öffentlichkeit so eine richtige Begeisterung zu dieser Frage nicht einstellen. Über diese Zwiespältigkeit möchte ich sprechen, über diesen Zwiespalt zwischen dem großen Tag einerseits, den wir alle, fast alle, minus zwei, in diesem Hohen Haus begrüßen, und auf der anderen Seite dem Unbehagen über den


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Zustand der Europäischen Union; und da sollten wir uns nichts vormachen, auch die neuen Beitrittsländer nicht. Welcome to the club! Aber wir wollen es realistisch ein­schätzen, welchem Klub sie hier beitreten. Wir freuen uns über sie, und ich denke, ganz Europa wird davon nur profitieren. Aber dass dieses Haus nicht in Ordnung ist, darauf möchte ich auch zu sprechen kommen.

Die Grünen waren von Anfang an glühende Befürworter der Erweiterung der Union, und ich glaube, wir waren auch mit die Ersten ... (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Na sicher! (Ruf bei der ÖVP: Ein kurzes Gedächtnis! – Bun­des­kanzler Dr. Schüssel: Sie haben ja dagegengestimmt! – Staatssekretär Mag. Schweit­zer: Petrovic, Voggenhuber!) Entschuldigung, ich spreche von der Erweiterung der Eu­ro­päischen Union! Ich spreche nicht vom Jahr 1994 – im Übrigen ein Jahr, in dem ich noch nicht im Parlament war. In der Beziehung haben die Grünen sehr rasch gelernt.

Ich werde jetzt nicht im Detail alles wiederholen, was mit dem richtigen Pathos schon gesagt worden ist und sicherlich noch gesagt werden wird. Die friedenspolitische Be­deutung dieses Projekts: Ja, es wird kein Prag 1968 mehr geben, es wird kein Bu­dapest 1956 mehr geben, es wird kein Estland, Lettland, Litauen 1940 mehr geben. Dazu ist die Erweiterung der Europäischen Union auch ein Beitrag.

Noch ist die Sache nicht ausgestanden. Noch sind Mazedonien, Serbien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Albanien nicht Mitglied der Europäischen Union, und hier, glau­be ich, werden wir den Schwerpunkt zu setzen haben in der Außenpolitik, in der Unter­stützung, auch nicht zuletzt der finanziellen Unterstützung in den nächsten Jah­ren. (Beifall bei den Grünen.)

Ich freue mich natürlich, dass mit der Erweiterung der Union dieser Bereich der so ge­nannten europäischen Werte verbreitert wird, wenn wir darunter verstehen wollen den Rechtsstaat, the rule of law, die Betonung von Bürgerrechten, Menschenrechten, Min­derheitenrechten aller Art, nicht zuletzt auch die Durchsetzung von höheren Um­welt­standards, als es bisher gegeben hat. Alles das sind wichtige Punkte, auch wenn jetzt nicht in jedem einzelnen Fall ein jedes Mitglied der EU-15 leuchtendes Vorbild war oder ist. Ich erinnere zum Beispiel an die Medienfreiheit in Italien.

Ich denke auch, es ist unsere Aufgabe, als Politiker daran zu erinnern, dass Österreich immer ein Abwanderungs-, ein Zuwanderungsland war, je nach historischer Situation. Österreich war ein Nettoauswanderungsland bis in die sechziger Jahre hinein, und Öster­reich ist ein Nettozuwanderungsland spätestens seit den siebziger Jahren, und das wird auch so bleiben, verehrte Kollegen von der FPÖ. Das wird so bleiben; das liegt schon im österreichischen Interesse, dass es so bleibt.

Wir werden nicht das Problem haben, „überfremdet“ zu werden, um in Ihrer Ter­mi­nologie zu sprechen. Ganz im Gegenteil: Wir werden in zehn Jahren das Problem ha­ben, dass wir zu wenig Zuwanderinnen und Zuwanderer für die Befriedigung unserer wirtschaftlichen Bedürfnisse bekommen. (Beifall bei den Grünen.)

Noch ein Hinweis: Österreich ist wirtschaftlicher Gewinner dieser Erweiterung, Öster­reich war wirtschaftlicher Gewinner des Falles des Eisernen Vorhanges 1989, und Österreich wird auch Profiteur dieser Erweiterung der Union sein. Aber wenn es nicht so wäre, wenn wir nicht so begünstigt wären von dieser geographischen Lage, von die­sem Schicksal, wenn man so will, dann wären wir wohl auch für die Erweiterung der Europäischen Union.

Ich hoffe nach wie vor, auch wenn Kollege Scheibner mich vorhin eines anderen be­lehrt hat, ich würde bis zur letzten Sekunde hoffen und erwarten, aber zumindest hof­fen, dass es heute eine einstimmige Entscheidung in der Frage der Erweiterung gibt. (Abg. Scheibner: Das wäre ein falsches Signal!) Ich verstehe nicht, warum zwei


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Abgeordnete der FPÖ sich hier verweigern. Ich kann nicht glauben, dass es hier um etwas anderes geht als nach wie vor um das Beharren auf antitschechischen Res­sen­timents. Ich bedaure das zutiefst. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Lopatka: Haben Sie Voggenhuber verstanden? – Abg. Scheibner: Sie haben überhaupt nicht zuge­hört!)

Warum will sich trotz des historischen Tages, warum will sich trotz dieser historischen Bedeutung dieser Entscheidung eine rechte Begeisterung, eine große Euphorie nicht einstellen? Ich glaube, das hängt in erster Linie zusammen mit dem Zustand, mit der Situation innerhalb der EU-15, der bisherigen Klubmitglieder. Wir schlittern nun in das vierte Jahr einer schwachen Konjunkturlage, und die OECD-Prognosen für 2004/2005 sind alles andere als beruhigend: 2004 1,8 Prozent reales Wachstum für die Euro-Zone insgesamt. Das wird nicht reichen, um die Arbeitslosigkeit sozusagen automatisch zu senken. Die Prognosewerte für Deutschland, Frankreich und Italien sind noch etwas niedriger. (Abg. Dr. Mitterlehner: Für Österreich sind sie recht gut!)

Herr Kollege! Recht gut – alles, was unter 2,5 Prozent liegt (Abg. Dr. Mitterlehner: Im Verhältnis!), bei den zu erwartenden Produktivitätszuwächsen in der Industrie, im Gewerbe, im Dienstleistungssektor, kann mich nicht zufrieden stellen. Wenn Sie das zufrieden stellt, muss ich das zur Kenntnis nehmen. Mich stellt das mit Sicherheit nicht zufrieden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang auch ein offenes Wort zum so genannten Stabilitätspakt auf europäischer Ebene. Ich meine jetzt nicht den Stabilitätspakt für den Balkan, der ist gut und schön, sondern den so genannten Stabilitätspakt für die Defizit- und Schul­den­entwicklung. Dieser Stabilitätspakt ist tot, ist politisch tot, seit Frankreich und Deutsch­land vom ECOFIN-Rat wider die Bestimmungen des Stabilitätspakts keine Auflagen in entsprechender Weise bekommen haben.

Damit wir uns nicht missverstehen: Ich halte das für gut! Dieser Stabilitätspakt verdient seinen Namen nicht! Er hat ihn nie verdient, er war von Anfang an eine Missgeburt, und wir wissen alle, wem wir das zu verdanken haben. Das war seinerzeit Finanz­minister Waigel von der CSU in Deutschland, der auf diese Weise versucht hat, seinen deutschen Bürgerinnen und Bürgern die Angst vor dem Beitritt Italiens zur Währungs­union zu nehmen. Missglückt! Aber wie der Tod des Stabilitätspakts zustande gekom­men ist, das muss einem schon übel aufstoßen. Machen wir uns nichts vor: Wenn Por­tugal die Regeln des Stabilitätspakts nicht eingehalten hätte, wenn Österreich die Re­geln des Stabilitätspakts nicht eingehalten hätte, dann hätten wir die ganze Härte des Verfahrens zu spüren bekommen, mit Sicherheit! Aber wenn Deutschland, Frankreich, eventuell das nächste Jahr Italien die Regeln nicht einhalten, dann drückt man ein Auge zu. So geht es natürlich nicht!

Es ist gut, dass der Stabilitätspakt hin ist. In einer Währungsunion, wo die Zinspolitik und die Wechselkurspolitik der nationalen Autonomie entzogen sind, braucht man in der Fiskalpolitik nicht weniger Flexibilität, sondern mehr. Und das muss sich einmal in den Köpfen unserer Politiker festsetzen, dass wir eine Reform des Stabilitätspaktes brauchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Aber die Art, wie der Stabilitätspakt zu Grabe getragen wurde, lässt einen schon großes Unbehagen und auch Misstrauen gegenüber der Entwicklung der Union fühlen.

Wenn das Schule macht, dass wir Regeln haben, auch auf ganz anderen Gebieten, wo auch immer – es können auch Regeln der Verteidigung sein –, an die sich alle zu halten haben, nur die Großen nicht, dann ist das nicht die europäische Verfassung, die ich mir vorstelle. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die europäischen Finanzminister haben auf diese Situation in einer Weise reagiert, dass man nur den Kopf schütteln kann. Sie halten die Regeln nicht ein, nämlich des


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Stabilitätspakts – gut so, sage ich, einerseits –, und andererseits geben sie in ihren Ratsschlussfolgerungen eine Erklärung ab, in der sie sich zum Stabilitätspakt beken­nen. Na was ist das? – Diesem Klub treten Sie auch bei, liebe Kolleginnen und Kolle­gen aus den zehn neuen Mitgliedsländern.

Die EU hat sich gerade erwiesen als ein Staatenbund, in dem die Frächterlobbies einen Sieg davontragen können, die österreichische und die Frächterlobby der EU-14. (Abg. Wattaul: Geh, hör auf! – Abg. Dr. Mitterlehner: Eine Beleidigung für alle Fräch­ter!) Ich verstehe diese Zwischenrufe nicht. Sie begrüßen das, Herr Kollege Mitter­leh­ner von der ÖVP, dass sich die Frächterlobbies durchgesetzt haben (Abg. Eder: Na­türlich!) und jede Transitbegrenzung für LKW, ja eine Verkehrspolitik überhaupt im Grun­de genommen unmöglich gemacht werden soll? Das begrüßen Sie? (Abg. Eder: Natürlich!) Das kann doch wohl nicht wahr sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und was wir gerade auf europäischer Ebene in den Ratsberatungen in Neapel, in Brüssel und so weiter erleben, das kann Sie doch auch nicht wirklich zufrieden stim­men über die Zukunft der EU. Wie ist denn der Konventsentwurf für die euro­päische Verfassung zustande gekommen? Auf Grund des Unbehagens, des Missbeha­gens, dass die Vereinbarungen von Nizza keine ausreichende Vorbereitung für die Er­wei­terung der Union darstellen. So ist das zustande gekommen! Und jetzt machen ein­zelne Staaten, darunter welche aus der EU-15 und darunter welche aus der EU-10, dem Kreis der Neuen, Bedenken geltend, die darauf hinauslaufen, dass wir wieder bei Nizza enden. Meine Damen und Herren! Das kann nicht der Sinn der Diskussion über die europäische Verfassung sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bin auch mit der österreichischen Position nicht zufrieden. Mir ist es recht, wenn Österreich wieder einen Kommissar nach Brüssel entsendet. Aber das ist die Priorität? Hat uns nicht gerade Kommissar Fischler über drei Jahre immer wieder darauf auf­merksam gemacht: Ein Kommissar in Brüssel ist nicht der nationale Entsandte dort, nicht der nationale Interessenvertreter, sondern der Kommissar ist der Hüter der Ver­trä­ge, mit den anderen Mitgliedern der Kommission. Gerade Fischler hat darauf hinge­wiesen.

Fischler hat unserer Meinung nach ausgezeichnete Vorschläge gemacht zur Reform der europäischen Agrarpolitik. Wer hat ihn unterstützt? Österreich vielleicht? Ich habe davon nichts gemerkt. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Sicher!) Er ist von Österreich ge­nauso sabotiert worden wie von anderen Vertretern in der Europäischen Union. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn nun Frau Ministerin Ferrero-Waldner am Sonntag sagt, die Zuständigkeiten dieser neuen Kommissare sind nicht so wichtig, es könne auch einer für Überschwem­mungen zuständig sein, dann würde ich doch vorschlagen: Machen wir zuerst eine Regierungsumbildung in Österreich! Frau Ferrero-Waldner ist herzlich eingeladen, Bundesministerin für Katastrophen zu werden und Brüssel zu zeigen, was das für einen Sinn hat und wie gut das funktioniert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ. – Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Das ist unter Ihrem Niveau, Herr Professor!)

Noch einmal: Es ist ein großer Tag für das österreichische Parlament, auch für Europa. Ich hätte mich gefreut, wenn Österreich das erste Land gewesen wäre, das die Ra­tifizierung vornimmt. Mittlerweile sind wir nicht mehr unter den Ersten, wir sind auch nicht unter den Letzten, wir sind irgendwo mittendrin – schade eigentlich. Aber das än-


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dert nichts daran: Willkommen! Und wir hoffen auf Ihre Unterstützung im neuen größeren Europa. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.19

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster gelangt der Herr Bundeskanzler zu Wort. Redezeit ist 15 Minuten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


11.20

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen an diesem historischen Tag, auch wenn man vielleicht bei manchen Ausführungen des Abgeordneten Van der Bellen nicht ganz den Eindruck bekommen hat, dass es eigentlich um die Erweiterung ge­gan­gen ist. Ich finde, die Innenpolitik kann man im Zusammenhang mit einem anderen The­ma und zu einem anderen Zeitpunkt diskutieren. Dazu bestünden, glaube ich, ge­nügend Möglichkeiten.

Heute geht es um die Erweiterung, und es ist aus meiner Sicht tatsächlich ein großer Tag für Österreich und für Europa, vor allem aber für die zehn Kandidaten selbst. Ich bin als kleiner Nationalrat 1975 ins Parlament gekommen (Zwischenrufe bei der SPÖ), und mein Wahlkreis ist damals an der tschechischen Grenze gelegen. Wir hatten da­mals den Eisernen Vorhang, keine florierenden Wirtschafts- und Kulturbeziehungen über die Grenze – das war eigentlich eine echte Sackgasse.

Ich bin dann 1989 als Wirtschaftsminister angelobt worden, wenige Wochen und Mo­nate bevor der Eiserne Vorhang zusammengebrochen ist und wir eigentlich mit der Öffnung der Grenzen eine unglaubliche Chance bekommen haben, die wir auch, so glaube ich, sehr gut genützt haben. Die wirtschaftlichen Daten beweisen das auch immer.

Ich war dann 1994 in der Verhandlungsdelegation mit Alois Mock, und ich bin der noch verbliebene Zeitzeuge der schwierigen Verhandlungen von damals. Übrigens, dass wir heute den Erweiterungsvertrag mit den Zehn mit einer weitaus höheren Mehrheit ratifizieren als seinerzeit unseren eigenen Erweiterungsvertrag – damals ging es näm­lich 141 zu 40 aus –, werte ich als ein ganz großes Symbol auch des Fortschritts an europäischer Gesinnung und Integration, die wir selbst geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich war 1998 Außenminister, als unter meinem Vorsitz im Rat der Außenminister erst­mals mit den Verhandlungen begonnen wurde. Und jetzt, 2004, zehn Jahre nach unse­rem eigenen Beitritt, kommen die zehn neuen Länder dazu.

Ich finde, in diesen 15 Jahren, 1989 bis 2004, in einer Generation, hat sich eigentlich eine unglaubliche europäische Entwicklung, eine österreichische Entwicklung und na­türlich auch in unseren Nachbarländern etwas vollzogen, was damals niemand zu hof­fen gewagt hätte. Einige Redner vor mir haben es schon gesagt: Manche Länder, die jetzt in die Union kommen, erleben ja auch zum ersten Mal ihre erste Staatswerdung: die Slowakei, Slowenien, die baltischen Länder. Das sind ja historische Zusammen­treffen, die in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden dürfen! Und gerade wir Öster­reicher nehmen immer wieder – ich glaube, zu Recht – für uns in Anspruch, diese Län­der vielleicht besser zu verstehen als andere, denn wir haben eine gemeinsame Außen­grenze von 1 260 Kilometern. Wir haben selbst ein Schicksal mit Besetzung, mit Unfreiheit erlebt, und wir haben die Nachbarschaft dieser Länder – die gute heutige Nachbarschaft, früher eine durchaus kritische und schwierige Nachbarschaft.

Ich glaube daher, dass wir uns auf diesen Tag heute wirklich freuen können. Ich bin daher sehr stolz, diesen Weg mit begleitet zu haben und mit begleiten zu können,


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zumal dies ja auch ein Symbol dafür ist, dass die Europäische Union beides kann: sowohl die Vertiefung der Union vorantreiben als auch die Erweiterung.

Bedenken Sie, dass wir jetzt gleichzeitig – es ist ein Zufall, aber nichts ist wiederum so zufällig – die Vertiefung in einer europäischen Verfassung diskutieren, gleichzeitig die sehr erfolgreiche Euro-Einführung vor wenigen Jahren zu verzeichnen hatten. Herr Pro­fessor Van der Bellen, Sie als Ökonom müssten doch wissen, dass dafür ein Stabi­litätspakt – ein glaubwürdiger Stabilitätspakt, einer mit Zähnen – eine absolute Vor­aus­setzung war und ist und bleibt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben damals unter Schmerzen unseren Schilling aufgegeben und die Deutschen die D-Mark – stabile Währungen. Und wir haben damals versprochen, dass wir eben nicht die Zügel schleifen lassen, dass wir die unterschiedlichen Konjunkturzyklen, die es gab und gibt, vereinen und ein gemeinsames Regelwerk entwickeln wollen. Dieses kann man verbessern – keine Frage –, aber es gibt keinen ernst zu nehmenden Öko­nomen, der sagt – und das gilt ja auch für die Neuen, die hereinkommen werden, die brau­chen ja auch Spielregeln –, eine gemeinsame Währungsunion brauche nicht glaubhafte Spielregeln.

Daher: Für diese neuen, verbesserten Spielregeln werden wir kämpfen – aber dass es keine geben soll, dafür stehe ich nicht zur Verfügung, Herr Professor! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ja, meine Damen und Herren, wir sind dieses neue Europa und wir bekennen uns zu diesem neuen Europa! Wir sind froh, dass es gelingt, und wir wissen natürlich auch, dass manche Probleme damit verbunden sind. Wir investieren ja auch in die Lösung dieser Probleme – das sind sozusagen unsere Hausaufgaben –, zum Beispiel in die Infra­struktur. Darüber wird Hubert Gorbach viel kompetenter und profunder als ich Auskunft geben können, etwa darüber, wie viele Milliarden seit unserem eigenen Beitritt in diese Infrastruktur hineingeflossen sind. Und das ist auch sinnvoll, denn wir wollen ja die Standortvorteile, jetzt, da wir neu im Herzen Europas sind, auch wirklich nützen!

Das Zweite ist: Wir bekennen uns natürlich auch dazu, dass wir in die Regionalpolitik, in die Grenzregionen etwas investieren müssen, in die Kriminalitätsbekämpfung, in die gemeinsame Sicherheit, die uns allen am Herzen liegt, in bessere Umweltstandards, in die soziale Kohäsion, in den Zusammenhalt in diesem neuen Europa. Das wird nicht so einfach sein, denn die Unterschiede werden ja durch die Erweiterung zunächst größer, als sie heute in manchen Bereichen sind.

Ich glaube daher, dass diese Europäische Union und diese europäische Idee leben. Ich bin aber der Letzte, der nicht auch, so wie Herbert Scheibner und auch Willi Mol­terer, dafür eintritt, dass wir aussprechen, dass manche Probleme noch nicht gelöst sind. Ja, wir hätten uns erwartet, auch im Sinne der guten Nachbarschaft unter wesent­lich verbesserten bilateralen Beziehungen, dass vielleicht manche Gesten, manche noch offenen bilateralen Fragen rechtzeitig – vielleicht auch vor diesem Parlaments­beschluss – in einem guten europäischen Geist gelöst werden, denn für mich ist eines schon klar: Diese Europäische Union ist ja eigentlich nicht aus wirtschaftlichen Über­legungen entstanden, sondern vor allem deswegen, weil die Menschen in Europa die ständigen Kriege und Kämpfe, den Hass, den Nationalismus satt hatten. Und alles das, was an Leid angerichtet wurde, der Terror gegen Juden, gegen Andersdenkende, ge­gen Roma, Sinti, gegen Gläubige in verschiedensten Bereichen, alles das, was an­gerichtet wurde vom Kommunismus, wurde ja bewusst überhöht und auf eine ganz neue europäische Ebene gehoben durch die Europäische Union. Und deswegen ist es auch für mich als einen überzeugten Europäer wichtig, dass diese Union nicht vergisst, dass Menschenrechte unteilbar sind, dass man nicht einfach die Geschichte


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verschweigen darf – auch nicht die Geschichte, die vielleicht manchen unangenehm ist und manche nationale brennende Fragen aufwirft. Ich glaube, dass wir das tun müs­sen, im Interesse dieser Werte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber ich halte es auch mit Winston Churchill, der gesagt hat: „Wenn die Gegenwart über die Vergangenheit zu Gericht zu sitzen versucht, wird sie die Zukunft verlieren.“

Und deswegen – nicht aus Selbstgerechtigkeit, sondern in einem neuen nachbar­schaftlichen Geist, in einem guten europäischen Geist – wollen wir auch mitwirken da­ran, dass diese offenen bilateralen Fragen gelöst werden. Und ich weiß, dass in Prag oder in anderen Ländern die Politiker – mein Visavis, ein Vladimír Špidla, oder ein Cyril Svoboda oder andere – ganz genauso denken, dass sie aber auch wiederum Schatten und Schwierigkeiten und Barrieren in ihren eigenen Reihen zu überwinden haben; und wir sollten gemeinsam Gesten setzen, die das überwinden helfen, und nicht diese Bar­rieren vertiefen. Das ist der entscheidende Punkt.

Deswegen, so glaube ich, ist der heutige Beschluss mit überwältigender Mehrheit, der zu erwartende Beschluss des Nationalrates ein gutes Symbol in diese Richtung.

Erlauben Sie, dass ich hier noch einen Punkt anspreche: Heinz Fischer hat auf die Sicherheitsfragen hingewiesen, auch Abgeordnete Glawischnig, und es ist mir wichtig, dass man da ein paar Dinge ausräumt. Ich bin nicht dafür, dass man hier mit dem Bi­händer aufeinander eindrischt und schon wieder Scheindiskussionen aufzüchtet. Das ist nicht notwendig! Das soll eine gute, sachliche Diskussion sein. Und, ehrlich gesagt, ich kann nicht wirklich erkennen, worin der ganz große qualitative Unterschied besteht zwischen dem Vorschlag, den Frattini in der Regierungskonferenz vorgelegt hat, und dem, was etwa Abgeordneter Einem gestern in einer Pressekonferenz vorgestellt hat. Ich lese es vor:

„Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates leis­ten die anderen Mitgliedstaaten gemäß ... Charta der Vereinten Nationen alle in ihrer Macht stehende ... Hilfe und Unterstützung.“ – Das ist der erste Text von den Italie­nern.

Der zweite Text, den Caspar Einem vorgeschlagen hat:

Wenn ein Mitgliedstaat angegriffen wird ..., so wird die Union „zunächst über Ersuchen des ... Mitgliedstaates alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel anwenden, um die Aggression abzuwehren. Über Ersuchen der Union werden die Mitgliedstaaten die getroffenen Maßnahmen im Rahmen ihrer ... Möglichkeiten so lange unterstützen, bis die Aggression abgewehrt ist. Der Sicherheitsrat ... wird sofort“ informiert. – Zitatende.

Ich würde einmal ganz offen sagen: Das sind sehr vernünftige Elemente. Wenn man das zusammenlegen würde, dann traue ich mir zu, wenn man das will, dass man eine gute Lösung zustande bringt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Daher: Keine Rede davon, dass irgendjemand die Neutralität beerdigen möchte, keine Rede davon, dass das das Ende einer verfassungsrechtlichen Bestimmung bei uns ist, aber die Offenheit, dass wir etwas Gemeinsames in einem guten europäischen Geist entwickeln wollen, so, wie wir die Erweiterung zu einem Erfolg gemacht haben.

Ich möchte an dieser Stelle auch allen sehr herzlich danken, denn daran haben ja viele mitgewirkt, vor allem natürlich unsere Außenministerin, die ja die Gesamtkoordination in diesem Erweiterungsprozess gehabt hat und das mit Klugheit, mit Umsicht und mit großer Zähigkeit und letztlich großem Erfolg zustande gebracht hat. Danke dir und deinem Team (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), denn


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daran wirkt natürlich eine große Zahl von Beamten, von Mitarbeitern im Außenamt, in den diplomatischen Vertretungen mit.

Ich möchte allen Mitgliedern des Hohen Hauses danken und gratulieren, dass sie auf ihrer Ebene in den parlamentarischen Kontaktgruppen mit den Mitgliedstaaten, in den Kontakten zum Europäischen Parlament daran mitgewirkt haben, dass das ein wirklich gemeinsames österreichisches, rotweißrotes und zugleich europäisches Anliegen geworden ist.

Ich möchte der Wirtschaft danken, die in den wenigen Jahren seit dem Fall des Eiser­nen Vorhangs aus dieser Öffnung der Grenzen eine unglaubliche Erfolgsgeschichte gemacht hat. Und vergessen Sie nicht, dass sich unsere Exporte und Importe in dieser Zeit verdreifacht haben, dass heute, knapp hinter Frankreich, Ungarn bereits unser viertgrößter Handelspartner ist und danach am sechsten Platz bereits die Tsche­chi­sche Republik gelandet ist, dass wir heute nach Slowenien mehr Waren exportieren können als nach Russland! Daher danke an alle, die daran mitgewirkt haben, dass dieses große Anliegen ein echter politischer, kultureller, friedlicher und wirtschaftlicher Erfolg geworden ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich schließe damit, dass ich zugebe, dass viele Probleme noch nicht hundertprozentig gelöst sind. Aber jedes einzelne dieser Probleme, ob es der Friede in Europa, auf die­sem kriegsgebeutelten Kontinent ist, ob es die höheren Umweltstandards, der Kampf gegen die Kriminalität, der Einsatz für die Menschenrechte oder die soziale Kohäsion ist, alle diese Fragen sind in der Union, in einer erweiterten Union mit österreichischer Beteiligung natürlich leichter zu lösen als allein oder draußen oder indem man andere draußen vor der Türe stehen lässt.

Das muss, glaube ich, auch unser gemeinsames Anliegen sein: dass wir nicht nur darum ringen, dass wir Europa zu einem inklusiven und zu einem transparenten demo­kratischen Prozess machen, sondern dass wir auch die Türen offen halten, dass wir das aussprechen, was Sache ist, dass wir aber auch jene Offenheit entwickeln, die früher durchaus gegeben gewesen ist. Ich schließe mit einem Zitat aus einer Rede von Hugo von Hofmannsthal; er hat eine „Idee Europa“ skizziert und hat gemeint:

Wer Österreich sagt, der sagt „tausendjähriges Ringen um Europa, tausendjährige Sendung durch Europa und tausendjähriger Glaube an Europa“.

Wir sollten uns daher nicht kleiner machen, als wir sind – weder geographisch noch von unserer historischen, gegenwärtigen oder zukünftigen Bedeutung her. Diese Rolle kön­nen wir aber viel eher dann wahrnehmen, wenn wir zusammenhalten und unsere Kräfte für etwas bündeln – und sie nicht in einem kleinkarierten Streit gegeneinander und untereinander verzetteln.

In diesem Sinn danke für die heute zu erwartende Zustimmung! Auf gute Zusam­men­arbeit mit den neuen Kandidaten! Wir freuen uns auf sie! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.34

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Vizekanzler Gorbach. Die Rede­zeit beträgt vereinbarungsgemäß 10 Minuten. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


11.35

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gor­bach: Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Es war der Schweizer Historiker Jacob Burckhardt, der einmal meinte: „Das Wesen der Geschichte ist die Wandlung.“


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Hohes Haus! Wir schreiben heute Geschichte, und sie hat sehr viel mit Wandlung zu tun – einer, wie ich meine, für Österreich wichtigen Wandlung. Wenn auch eine große Herausforderung damit verbunden ist, so ist automatisch – das kennen wir auch aus der Geschichte – auch eine große Chance damit möglich, die wir nicht ungenutzt lassen sollen und auch nicht ungenutzt lassen wollen.

Geschichte zu schreiben hat auch sehr viel mit Verantwortung zu tun. Und wie wir aus den Worten des Klubobmannes Scheibner schon gehört haben, hat die FPÖ als Re­gierungspartei diese Verantwortung auch immer sehr ernst genommen und wird das heute auch im Stimmverhalten demonstrieren. Wir sind nicht etwa gegen die Erwei­terung der Europäischen Union und werden das Zusammenrücken, das Zusammen­wachsen Europas natürlich nicht behindern und selbstverständlich auch nicht ver­hin­dern. Aber die FPÖ wird als Regierungspartei mit Verantwortung weiterhin eine konstruktive, aber nicht unkritische Haltung gegenüber der EU beweisen und auch leben, und zwar im Interesse der Bevölkerung als Teil dieser Union. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Österreich selbst wurde nach dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahre 1989 zu einem Land im Zentrum Europas, und die wirtschaftlichen, sozialen und auch wissen­schaftlichen sowie die kulturellen Beziehungen konnten wieder intensiviert werden. Wir sind also ins Herz Europas gerückt, und das macht natürlich diese Herausforderung ganz besonders markant. Ich darf daran erinnern: Vier der neuen Beitrittsländer gren­zen an Österreich, 1 300 Kilometer gemeinsame Festlandgrenze – das ist die längste Strecke aller EU-Mitgliedsländer mit den Neuen, das ist ein Weg von Vorarlberg nach Wien und von Wien zurück nach Vorarlberg – und ich weiß, wovon ich spreche, so wie Herr Kollege Kopf, der jetzt grinst. Das ist ein sehr langer Weg! (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese zentrale Lage wird uns natürlich wirtschaftlich nutzen, und wir haben schon gehört, dass gerade die exportorientierten Unternehmen diese Chance, diesen Nutzen schon wahrnehmen und vorbereitet sind. Aber, meine Damen und Herren, nicht alles, was glänzt, ist Gold, und umgekehrt. Die Erweiterung der Europäischen Union stellt auch uns vor große Herausforderungen. So können etwa die Heranführung der Bei­tritts­länder in den Bereichen Beschäftigung, Sozialsysteme, die kulturelle Bewusst­seinsbildung, Bewusstseinserweiterung als wesentliche Herausforderungen des Erwei­te­rungsprozesses der Union angesehen werden.

Wir haben diese Herausforderungen, meine Damen und Herren, zur Verbesserung, zur Erweiterung, zur Friedensstabilisierung eines groß gewordenen Europas mit seinen hinkünftig 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern angenommen – und nun auch zu handeln, also damit umzugehen.

Wenn ich sage, die Herausforderungen sind vielfältig, dann meine ich natürlich mit den neuen grenzfreien Nachbarn auch die Herausforderungen in wirtschaftlicher Hinsicht. Dass die Slowakei mit 1. Jänner 2004 ein Flat-Tax-Steuersystem einführen wird oder dass andere Beitrittsländer steuerliche Anreize zur Betriebsansiedelung bieten, gemixt mit dort herrschenden niedrigeren Lohnkosten, oder aber dass Bratislava als Flugdes­tination ausgebaut wird und ein echter Mitbewerber zu Schwechat wird, das sind wirt­schaftliche Herausforderungen, die wir als politisch Verantwortliche gut zu beobachten, zu verfolgen und im Sinne vor allem unserer KMUs, unserer Klein- und Mittelbetriebe, aber natürlich auch der Industrie nicht nur zu verfolgen, sondern auf die wir gege­benenfalls auch zu reagieren haben werden. Das scheint mir ganz, ganz wichtig. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Eines darf, wenn ich heute zum Thema Erweiterung spre­che und unter diesen zehn Beitrittskandidaten, Beitrittsländern auch die Tschechische


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Republik ist, natürlich nicht fehlen, nämlich dass ich das Thema Temelín, und zwar als überzeugter und immer lauter Gegner der Atomenergie, auch anspreche und erwähne. Ich sehe auch hier eine wichtige Aufgabe Österreichs: nicht nur mit gutem Beispiel, nämlich atomfrei, voranzugehen, sondern auch Überzeugungsarbeit für ein atomfreies Europa zu leisten. Das muss Ziel sein und muss auch Ziel bleiben – gerade wenn Tschechien Mitglied der Europäischen Union ist.

Für Österreich ist es entscheidend, dass die Gespräche mit der Tschechischen Re­publik hinsichtlich der Null-Variante für das Kernkraftwerk Temelín weiter intensiv ge­führt werden. Wir hoffen, dass das Prinzip der Nachhaltigkeit, Maßnahmen zur Ener­gieeffizienz und erneuerbare Energiequellen im endgültigen Energiekonzept des Mit­gliedslandes Tschechische Republik auch wirklich berücksichtigt werden.

Selbstverständlich ist mir als Verkehrsminister der Fokus auf die verkehrspolitischen Auswirkungen dieser Erweiterung ein ständiger Begleiter. Die Liberalisierung des grenz­überschreitenden Straßengüterverkehrs gehört auch zu diesen besonderen Herausforderungen.

Meine Damen und Herren! Es kommt nicht von ungefähr, dass ich mich in den letzten Monaten sehr intensiv neben meinen Besuchen in Brüssel, Luxemburg und Straß­burg – Sie wissen, warum, Stichwort „Transit“ – auch genau um diese Beitrittsländer, die an Österreich grenzen, gekümmert habe, viel mit ihnen diskutiert und vorbereitet habe. Egal, ob das Jakob Presecnik aus Slowenien, Pavol Prokopovic aus der Slo­wakei, István Csillag aus Ungarn oder Milan Šimonowský aus Tschechien war: Ich habe mit meinen Amtskollegen die grenzüberschreitenden notwendigen Verkehrs­wege, sowohl Schiene als auch Straße, aber auch Schifffahrtswege, diskutiert und besprochen.

Als Verkehrsminister, so meine ich, muss ich das tun, wissend, dass der LKW-Verkehr in Österreich bis zum Jahr 2015 laut Prognose um 70 Prozent zunehmen wird. Ein Drittel davon, so wird geschätzt, wird auf Grund der Ostöffnung entstehen. Das heißt, wir sind gut beraten, wenn wir gerade die umweltfreundlichen Verkehrsträger, wie eben die Schiene, intensiv forcieren und entsprechend grenzüberschreitend vorbereiten. Ich tue das! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich sage nur nebenbei, dass wir dazu – wir werden morgen noch darüber reden – natürlich eine fitte, international wettbewerbsfähige Unterneh­mung ÖBB brauchen. Auch dazu haben wir sichergestellt, dass 1,2 Milliarden € jährlich in eine neue Bahninfrastruktur investiert werden können. All das sind Maßnahmen, die selbstverständlich einerseits mit dem Generalverkehrsplan national, aber vor allem auch international gesehen vorbereitet sind, von mir beschleunigt werden und natürlich auch umgesetzt werden, um die Mobilitätsanforderungen gerade vor dem Hintergrund des wachsenden Europa bestens lösen zu können.

Nur einige wenige Zahlen: Für die Infrastrukturoffensive für die Verkehrsträger Schiene und Straße wurden und werden in den Jahren 1999 bis 2006 20 Milliarden € aus­gegeben. Sie zeigt auf, dass bis 2010 sogar 32 Milliarden € gut angelegt, gut investiert werden. (Abg. Mag. Kogler: Das ist ein Märchen!)

Ich habe darüber hinaus, meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund des 1. Mai 2004, vor dem Hintergrund der Beitritte der neuen Länder, veranlasst, dass man Wege sucht, GVP-Projekte, also Generalverkehrsplan-Projekte, gerade im Osten Österreichs rascher umzusetzen. (Abg. Mag. Kogler: Infrastrukturschwindel!) Eine Arbeitsgruppe, die ich im Frühjahr eingesetzt habe, hat deshalb wichtige grenzüber­schreitende Projekte im Verkehrsbereich untersucht und hat geprüft, ob private Geld­geber, privates Kapital die Erreichung dieses Zieles beschleunigen können. 2,4 Milliar­den €, vier grenzüberschreitende Projekte werden als Ergebnis dieser Arbeitsgruppe


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schneller als im GVP vorgesehen auf den Weg gebracht. Das kommt unserer Wirt­schaft, vor allem aber unserer Bevölkerung, der Integration, dem Zusammenwachsen Eu­ropas, dem Größerwerden zugute. Wir werden diese Aufgabe bewältigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich erwähne nur nebenbei, dass wir hier natürlich die Vor­gaben auf europäischer Ebene, umweltfreundlich unterwegs zu sein, noch missen, und wir werden uns intensiv in diese Diskussion einbringen.

Zu den Beneš-Dekreten hat unser Klubobmann Scheibner einiges gesagt. Lassen Sie mich dazu, weil die Redezeit schon wieder zu kurz ist, nur drei Sätze sagen, Herr Prä­sident: Die Auseinandersetzung mit dem Thema Beneš-Dekrete auf nationaler und europäischer Ebene scheint mir wichtig zu sein, weil einem Land, das in eine Ge­meinschaft kommt, in der der Friede als oberstes Ziel, als oberstes Credo genannt wird und heute auch genannt wurde, klar sein muss, dass auch eine klare Stellungnahme zum Unrecht, das damals geschehen ist, abgegeben wird. Das erwarten wir auch wei­terhin, insbesondere von einem neuen Mitgliedsland, nämlich der Tschechischen Re­publik. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Abschließend darf ich zusammenfassen und diesen geschichtsträchtigen Schritt, diese Wandlung mit einem Zitat von Konrad Adenauer kommentieren, der einmal meinte:

„Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde zur Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“ – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.45

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgart­ner-Gabitzer. Die Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

 


11.45

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Verehrte Damen und Herren der Bundesregierung! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuschauerInnen! Heute – sehr viele Vor­redner haben bereits darauf hingewiesen – ist eine wahrlich historische Stunde. Für mich selber möchte ich sagen, ich bin froh darüber und stolz darauf, heute an diesem Akt mitwirken sowie gerne und mit Überzeugung mein Ja zur Ratifikation der EU-Er­weiterung geben zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Geschichte der europäischen Integration ist in mehrfacher Hinsicht eine Erfolgs­geschichte. Sie ist erstens eine Erfolgsgeschichte in politischer Hinsicht: Nach zwei Weltkriegen gibt es ein einzigartiges Zusammenwachsen der so unterschiedlichen Länder in Europa und bringt uns schon seit 50 Jahren immerwährende politische Stabi­lität.

Außerdem ist das auch eine wirtschaftliche Erfolgsstory. Die Geschichte lehrt uns, dass der Wohlstand in Europa in den letzten Jahren gesteigert werden konnte, die Leu­te mehr Einkommen hatten und damit auch ein friedliches Zusammenleben leichter mög­lich war.

Es ist aber auch so, dass diese Erweiterung, die ja nicht die erste, sondern die fünfte ist, ein wesentlicher und weiterer Meilenstein zu einem geeinten Europa ist. Das ist näm­lich schon eine einzigartige Erweiterungsrunde. Es treten zehn Länder mit ins­gesamt 74 Millionen Menschen der Europäischen Union bei. Es kommen vor allem die Länder des ehemaligen Ostblocks neu dazu, ehemalige Diktaturen kommen zurück in das gemeinsame Haus Europa. Das ist doch ein Grund zur Freude! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Länder, die 50 Jahre lang von der wirtschaftlichen Entwicklung, von Wohlstand, Frei­heit und Frieden ausgesperrt waren, kommen zurück. Österreich ist wohl ein guter Zeitzeuge, weil es sehr nahe an den früheren kommunistischen Diktaturen liegt und die Menschen viel an persönlichen Eindrücken mitgenommen haben.

Ich kann mich daran erinnern, wir hatten Verwandte in den Ostländern. Als Kind war ich mehrfach dort. Ich werde nie vergessen, wie dieser Übergang von einem freien europäischen Land zur Diktatur des Ostens war: diese entwürdigende Prozedur an der Grenze, dieses Durchsuchen des Gepäcks nach Zeitschriften und Büchern. Für uns waren das vollkommen unverständliche Dinge. Dieser Zwangsumtausch des Geldes zu absurden Wechselkursen! Und nie vergessen werde ich den Todesstreifen an der Grenze, der für mich als Kind etwas Furchtbares und Schreckliches war.

Es waren insgesamt schon die Willkür und die Ausgeliefertheit an höhere, andere Mächte sowie das Sich-überhaupt-nicht-dagegen-wehren-Können zu spüren. Ich wer­de nie diese unglaubliche Erleichterung vergessen, die ich verspürte, als ich wieder zu­rück nach Hause gekommen bin, wieder in einem freien, einem westlichen Land zu sein und Dinge zu genießen, die für uns zwar selbstverständlich waren, die es drüben aber nicht gegeben hat: Strom jederzeit, die Heizung hat funktioniert, die Dinge des täglichen Lebens waren vorhanden – all das, was wir wollten, war selbstverständlich.

Das wird schon länger – Gott sei Dank seit 1989! – auch den Erweiterungsländern zu­gestanden, aber sie werden nun Teil von uns. Das ist meiner Meinung nach schlicht und einfach ein Tag der uneingeschränkten Freude. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte hier einen Zeugen zitieren, Professor Andrei Plesu, den früheren ru­mäni­schen Kultur- und Außenminister, der wohl in einem der ärmsten Länder Europas Minister war und der die Festrede zu den heurigen Salzburger Festspielen gehalten und unter das Motto „Freude – Ost und West“ gestellt hat.

Er sagte: „Die europäische Vereinigung wird unter anderem auch eine Vereinigung un­serer Freuden bedeuten, eine Harmonisierung der Erfahrung der Freude im Osten mit der Erfahrung der Freude im Westen. Wir werden lernen, uns über dieselben Dinge zu freuen. Aber vor allem werden wir lernen – Osten wie Westen –, uns aneinander zu freuen. Ich bin aber auch der festen Überzeugung, dass wir eine gemeinsame Grundla­ge haben, um eine Freude wieder aufzubauen, die von beiden Seiten geteilt werden kann. Wir müssen die Europäische Einheit wiederherstellen, die der Zweite Weltkrieg zum Einsturz brachte. Wir müssen ein Haus errichten, in dem wir zusammen leben können. Und der Wiederaufbau – so schwer er auch sein mag – ist eine der größten Freu­den der Menschen.“ – So weit ein Zeitzeuge.

Das, meine ich, ist eine gute Antwort auf die leider melancholische Rede des Herrn Abgeordneten Van der Bellen.

Wir wissen schon, dass nicht alles immer so einfach ist, Herr Kollege – keine Frage! Wir müssen uns auch weiterentwickeln, aber ich denke, Angst und Melancholie haben eigentlich immer noch sehr wenig gebracht. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wissen um die Ängste der Menschen, vor allem – es wurde schon angesprochen – auch um die Ängste davor, dass der Arbeitsmarkt aus dem Gleichgewicht gerät, worauf die Bundesregierung auch eine Antwort gefunden hat, nämlich diese sieben Jahre als eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt auszuverhandeln.

Wir kennen die Angst der Menschen vor der steigenden Kriminalität, aber auch da muss man sagen, die Grenze wird weiter in den Osten verlegt, die Schengen-Außen­grenze bleibt. In Wirklichkeit ist die beste Vorbereitung wahrscheinlich eine bessere Zu­sam­menarbeit der polizeilichen Kräfte und natürlich auch ein Wachsen des Wohl­standes, wo dann vieles von dieser Kriminalität gar nicht mehr stattfinden wird.


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Es gibt auch die Angst, dass der Wirtschaftsstandort Österreich an Attraktivität verliert. Aber da, denke ich, hat die österreichische Wirtschaft gezeigt, dass sie die richtigen Ant­worten darauf hat. Österreich ist fünftgrößter Investor im Osten. Österreich hat sei­ne Exporte seit 1989 vervierfacht und den Handelsbilanzüberschuss auf 2,2 Milliar­den € gebracht. Das ist die einzige wirkliche Antwort, der Angst zu begegnen, die Antwort kann nur sein, die Chancen zu nützen.

Die Erweiterung ist eine logische Entwicklung in Europa, und sie ist vor allem eine Erweiterung der Chancen und die Chance für die Jugend, die in einem friedlichen Mit- und Nebeneinander wahrscheinlich am einfachsten die großen Herausforderungen der Zukunft bewältigen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heit­lichen.)

11.52

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusen­bau­er. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


11.53

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die histo­rische Bedeutung des heutigen Tages wurde mit Recht mehrfach unterstrichen, kommt es ja heute durch diesen Beschluss und effektiv am 1. Mai nächsten Jahres nicht, wie heute zu Beginn der Debatte gesagt wurde, zu einer Wiedervereinigung Europas, son­dern zum ersten Mal in der Geschichte zu einer Einigung Europas auf demokratischer Basis. Und das ist für mich ein ganz wesentlicher Unterschied. Das, was wir jetzt voll­ziehen, hat es in der Geschichte dieses Kontinents noch nie vorher gegeben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich lege Wert auf den Unterschied, dass das neue Europa ein demokratischer Zusam­menschluss ist und nicht die Zusammenfügung von Territorien, wo sich einzelne Be­völkerungsteile unterdrückt fühlen müssen und auch unterdrückt waren, wo ein Groß­teil der Bürgerinnen und Bürger des alten Europas Untertanen waren und keine demo­kratischen Rechte hatten. Auch wenn es auf der Landkarte ganz hübsch ausgesehen haben mag, das Leben in früheren Teileinigungen Europas war für die Menschen, die dort gelebt haben, bei Weitem nicht das Leben und bot bei Weitem nicht die Chancen, welche die Menschen heute in einem freien, demokratischen und, wie ich hoffe, so­zialen Europa wahrnehmen können.

Das ist der große historische Fortschritt, den es zu begehen gilt, das ist der große Schritt nach vorne, der am 1. Mai nächsten Jahres mit unserer vollen Zustimmung ge­tätigt wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Heinz Fischer hat heute ein schönes Wort geprägt. Er hat gesagt, dass mit der Er­weiterung der Europäischen Union ein Weg von der Philosophie des Krieges hin zu einer Architektur des Friedens gegangen wird. Er hat mit Recht unterstrichen, dass das der wesentliche Grund, der wesentliche Ansporn für diese Einigung Europas darstellen wird. Viele der Nachredner haben auch gemeint, mit dieser Vereinigung Europas wer­den wir endgültig friedliche und sichere Verhältnisse schaffen.

Ich glaube, dass wir bei allem Strapazieren des historischen Charakters nicht von einer Endgültigkeit in der Geschichte ausgehen können. Auch wenn in Zukunft die Grenzen des gemeinsamen Europa sicherer sein werden, wird das Leben für manche Men­schen trotzdem unsicherer. Die Geschichte der letzten Jahre hat uns gezeigt, dass Staaten, auch wenn wir sie für friedlich gehalten haben, im Inneren durch Turbulenzen erneut wieder in alte Zeiten zurückgefallen sind. Wir haben auch in den letzten Jahren erlebt, dass es Ideologien gibt, die wir für längst überwunden gehalten haben, die


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immer wieder aufgetaucht sind, und zwar dann, wenn Menschen von der sozialen, der wirtschaftlichen Entwicklung enttäuscht waren oder überhaupt völlig aus der Bahn geworfen wurden.

Daher gibt es wahrscheinlich so etwas wie die Endgültigkeit der Geschichte auch für Europa nicht, aber es muss unser Ziel sein, diesen wesentlichen Schritt, den wir jetzt zu Frieden und Sicherheit in Europa setzen, möglichst durch unsere Arbeit so zu verstetigen, dass es zu keinem Rückfall in die Philosophie des Krieges der Vergangen­heit mehr kommen kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn wir über diese Dimension sprechen und einige der Redner heute mit Recht darauf verwiesen haben, was ihre persönliche Erfahrung ist, wie sie empfunden haben, wenn Klubobmann Molterer das Jahr 1968 – ich kann mich daran auch gut erinnern –, der Herr Bundeskanzler das Jahr 1975 und Heinz Fischer einige andere Daten in die­sem Zusammenhang erwähnt hat, so müssen wir uns, glaube ich, als Vertreter der österreichischen Bevölkerung natürlich auch die Frage stellen: Woran denken Men­schen in unserem Land heute, wenn sie an die Erweiterung denken?

Da gibt es sicher viele, die unsere persönlichen Erfahrungen und Assoziationen teilen. Es gibt aber auch viele, die, wenn sie an die Erweiterung denken, daran denken, dass sie in Zukunft an Straßen leben werden, auf denen es noch mehr LKW-Verkehr geben wird. Es gibt auch viele Menschen, die daran denken, dass ihr Arbeitsplatz unter Um­stän­den unsicherer wird, weil die Konkurrenz eine stärkere wird und der gesamte Leistungsdruck am Arbeitsmarkt auch ein stärkerer sein wird. Und es gibt auch viele Menschen, die sich fragen: Werden wir das alles so bewältigen können, wie wir uns das vorgenommen haben?

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns diese Bedenken von vielen Teilen der öster­reichischen Bevölkerung bewusst machen, denn nur dann, wenn wir auf diese Un­sicherheiten eingehen, haben wir eine Chance, die demokratische Zustimmung zu ge­winnen. Und Sie sollten das nicht so von sich schieben, denn ich erinnere mich noch an die Diskussion, die wir über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union hatten. (Abg. Neudeck: „1 000 S“ von Ederer!) Gerade die Bauern waren außerordentlich skeptisch – außerordentlich skeptisch! Die Antwort der österreichischen Politik auf die Ängste der Bauern war, einen Europa-Vertrag zu machen, um damit den Bauern Sicherheit zu signalisieren, dass sie auch bei einem Beitritt Österreichs nicht unter die Räder kommen werden.

Ich meine, dass wir dieselbe Verpflichtung natürlich auch für jene Menschen in un­serem Land haben, die heute fürchten, dass sie in Zukunft unter Umständen eine schwä­chere Existenzgrundlage haben werden, denn nur dann, wenn die Politik imstande ist, Chancen mit Sicherheiten für den Einzelnen zu verbinden, gibt es auch die Chance, dass so ein großes politisches Werk auch von der Gesamtheit der Be­völkerung getragen wird.

In diesem Zusammenhang muss uns klar sein, dass viele der Hausaufgaben, die auch im Entschließungsantrag der SPÖ, der ÖVP und der FPÖ zur Erweiterung fest­ge­schrieben waren, bis zum heutigen Tag noch nicht erledigt sind.

Wenn wir wollen, dass die EU-Erweiterung und damit die Vereinigung Europas zu einem Erfolg für alle wird und sich die Menschen nicht in Sieger und Verlierer dieses Prozesses aufgeteilt fühlen, dann müssen wir diese Hausaufgaben mit noch größeren Anstrengungen in den nächsten Monaten angehen, denn ein freies, demokratisches und, wie ich hoffe, soziales Europa kann nicht nur das Werk von politisch Verant­wort­li­chen sein, sondern muss die Zustimmung der Bevölkerung verdienen.


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Jacques Delors hat in diesem Zusammenhang einmal richtig gesagt: Nichts geht ge­gen die Menschen und nichts bleibt ohne die Institutionen! – Er hat, wie immer, Recht behalten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Glei­che Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


12.01

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der österreichischen Nationalrat beschließt heute mit der Ratifizierung der Beitrittsverträge zweifellos einen Jahrhundertschritt, den unsere Republik hier mit­machen kann. Es ist ein einmaliger Schritt, ein Schritt, der auch keinen historischen Prä­zedenzfall findet; Herr Kollege Gusenbauer hat das richtig dargestellt.

Meine Damen und Herren! Dieser Jahrhundertschritt soll andeuten, dass das Jahr­hundert der Weltkriege zu Ende ist und wir vielleicht – und wir hoffen es alle – in ein Jahrhundert des Friedens eintreten, und dem soll auch die Zustimmung von uns Frei­heitlichen hier dienen. Wir müssen uns aber auch im Klaren sein darüber, dass die Grund­lage des Friedens die Gerechtigkeit ist und dass die Gerechtigkeit unteilbar ist und dass auch die historische Gerechtigkeit unteilbar ist. Klubobmann Herbert Scheibner ist darauf, so meine ich, eindrücklich eingegangen und hat klar betont, dass wir auch die Verantwortung für dieses zu Ende gehende furchtbare Jahrhundert der Welt­kriege übernehmen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir Österreicher beziehungsweise gerade diese viel gescholtene schwarz-blaue Bun­desregierung hat diese Verantwortung nicht nur anerkannt, sie hat sie auch gelebt und umgesetzt. Ich erinnere Sie an die vielen Gesetze zur Entschädigung und zur Resti­tution, und genau das erwarten wir auch von anderen: dass sie mit ihrer Vergangen­heit ehrlich umgehen und dass die Gerechtigkeit für alle gleich sein soll! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie, Herr Kollege Van der Bellen, die Zeit der Vertreibung und die Verbrechen die dabei begangen worden sind mit der heutigen Zuwanderungs- und Flüchtlings­po­litik vergleichen, dann, glaube ich, verirren Sie sich ein wenig in Ihrem grünen Garten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mandak: Das hat er nicht getan!)

Er hat es getan, ich habe ihm genau zugehört und weise das zurück. Ich finde das un­passend! (Abg. Mandak: Aufpassen!)

Meine Damen und Herren! Wir sollten aber an diesem Tag keine Euphorie aufkommen lassen, sondern wir sollten diesen Tag – und das ist mir auch ganz besonders wichtig – mit Nüchternheit und mit Hausverstand begehen. (Abg. Wattaul: So ist es!) Wir sollten klar erkennen, dass – und da hat Herr Kollege Molterer Recht – die Erweiterung der Euro­päischen Union für uns und für viele andere eigentlich jetzt erst beginnt, dass das nur die formalen Grundschritte sind, um sie beginnen zu lassen. Jetzt stehen die Herausforderungen, die diese Erweiterung bringen wird, eigentlich erst in ihrer vollen Dimension vor uns, und jetzt erst wird die Politik in ihrer Gesamtheit gefordert sein.

Deshalb bin ich, meine Damen und Herren, auch sehr froh, dass gerade wir Frei­heitlichen in den Monaten der Verhandlungen, die hinter uns liegen, immer auch die letz­te Karte gespielt haben und immer auch die Interessen Österreichs in den Vor­dergrund gerückt haben und damit klar geworden ist, dass wir echt und ehrlich ver­handeln wollen, damit auch den Beitrittkandidaten, aber auch den anderen Mitglieds­ländern der Union klar wird, dass die Republik Österreich Lebensinteressen hat, dass


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sie Interessen hat, in Bezug auf welche erwartet wird, dass sie von der Union res­pektiert werden und dass auf sie eingegangen wird. Ich glaube, dass das wichtig ge­wesen ist, und ich kann auch ankündigen, dass wir Freiheitlichen in den nächsten Mo­naten und Jahren, in welchen diese Erweiterung Wirklichkeit wird, diese Interessen auch weiterhin konsequent vertreten werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In einigen Bereichen hätten wir uns schon erwartet, dass die Voraussetzungen für einen Beitritt ein bisschen ehrlicher geprüft werden und dass es nicht ähnlich wie bei der Prüfung der Stabilitätskriterien anlässlich der Einführung des Euro eigentlich mit klei­nen Schwindeleien über die Bühne gebracht wird, nämlich: dass man es nicht so ernst nimmt, ob ein Staat seine Sicherheitspolitik im Griff hat, ob es die Korruption im seinem Land bekämpft, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind, um überhaupt Mitglied einer Europäischen Union wie der unseren zu werden.

Ich hoffe, dass man diese Schwindeleien und diese kleinen Drüberspringereien in Hinkunft nicht mehr wird machen können. Ich hoffe, dass man ehrlich und offen prüfen wird, ob Kriterien eingehalten werden, und wenn sie nicht eingehalten werden, muss dazu ein offenes Wort gesprochen werden. Das gilt auch für den Stabilitätspakt. Ich bin deshalb froh darüber, dass diese Regierung klar erklärt hat, dass sie auf einen Sta­bilitätspakt in Bezug auf die Euro-Zone bestehen wird und dass wir Österreicher nicht kleinlaut werden und einfach zuschauen werden, wie große Mitgliedsländer der Euro­päischen Union aus Eigenem heraus wichtige grundsätzliche Kriterien für aufgehoben erklären. Da muss, glaube ich, eine konsequente Politik auch in diesem Bereich weiter­hin Zukunft sein.

Meine Damen und Herren! Wir haben, glaube ich, auch in schwierigen Bereichen Über­gangsregelungen, die von Bedeutung sind, und zwar vor allem für die Grenzregionen im Osten unseres Landes, verhandelt und auch bekommen. Es sind Übergangs­rege­lungen in Bezug auf den Arbeitsmarkt und in Bezug auf die Dienstleistrungen, Erleich­terungen, die wir für die Grenzregionen haben wollen. Wir haben aber in den letzten Wo­chen auch erkannt, dass es schon in der jetzigen Europäischen Union große Prob­leme gibt, Schwierigkeiten, bei welchen ein mittelgroßes Land wie unsere Republik kon­sequent seine Interessen vertreten muss. Das betrifft die Thematik des Transits. Der Herr Vizekanzler hat seinen Weg in dieser Frage erklärt und auch klargemacht, wie konsequent diese Bundesregierung und im Besonderen er dieses Thema weiterhin verfolgen wird, damit der Transit im Rahmen der neuen Europäischen Union auch für Österreich akzeptabel wird geregelt werden können.

Auch die Menschenrechte sind in diesem Bereich einzuordnen. Die Menschenrechte müssen innerhalb der Europäischen Union unteilbar sein, und es ist deshalb richtig, dass man verlangt, wenn ein Mitgliedsland, das der Europäischen Union beitritt, men­schenrechtsmäßig konforme Verfassungsregelungen in seiner Verfassung hat, und das betrifft in diesem Bereich auch die Tschechische Republik. Über diese Thematik ist schon gesprochen worden.

Das Gleiche ist auch in der Frage der Atompolitik zu sagen. Auch da ist es Österreich, meine Damen und Herren, das im Wesentlichen mit wenigen Verbündeten innerhalb der Europäischen Union eine klare Antiatompolitik betreibt, und zwar eine Anti­atom­politik, zu der zum Beispiel die rot-grüne Regierung in Deutschland nicht fähig ist. Das kleine Österreich macht es mit konsequenter Haltung (ironische Heiterkeit bei den Grü­nen), und das ist, glaube ich, richtig, und das werden wir auch in Zukunft so tun. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Glawischnig: Sie wissen, wer immer dafür gestimmt hat, EURATOM zu behalten!)

Meine Damen und Herren! Im Wesentlichen glaube ich, dass dieser Erweiterungs­schritt richtig ist, dass wir uns aber in Europa die Zeit nehmen müssen, diese


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Erweiterung auch zu leben, dass diese Vertiefung auch Zeit braucht, um in den Politi­ken der Mitgliedländer der Europäischen Union Wirklichkeit zu werden. Ich glaube des­halb, dass wir uns nach diesem Erweiterungsschritt überlegen müssen, wie die Gren­zen der Europäischen Union überhaupt zu formulieren sind, und ich denke, dass man bei vielen Beitrittskandidatenländern, die jetzt noch auf der Beitrittskandidatenliste ste­hen, die Grenzen der zukünftigen Europäischen Union ziehen wird.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es notwendig sein wird, dass die Euro­päische Union in den nächsten Jahren ihre politische Glaubwürdigkeit lebt, damit die Glaubwürdigkeit auch bei den Menschen der Mitgliedsländer Einkehr hält. Ich glaube auch, dass wir dann, wenn die Europäische Union auch ihre Grenzen erkennt und wenn die Rechte der Staaten und Völker gewahrt bleiben, in eine gute Zukunft gehen können. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.09

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Luna­cek. – Bitte.

 


12.09

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren auf der Ministerbank! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie, die Bot­schafterinnen und Botschafter und die Vertretung der Botschaften der neuen Mitglied­staaten, ich freue mich, dass gerade Sie hier sind und heiße Sie herzlich willkommen.

Es stimmt – und damit stimme ich mit den meisten meiner Vorredner überein –: Das ist ein historischer Tag für Europa! Das ist auch ein historischer Tag insofern, als wir jetzt im Parlament die Nachkriegsordnung mit diesem heutigen Beschluss tatsächlich als eine vergangene konstatieren und bekräftigen. Auch ich freue mich darüber. Doch leider ist diese Freude nicht ungetrübt, kann nicht ungetrübt sein.

Ich habe im letzten halben Jahr gehofft, dass die nationalistischen Misstöne, und zwar vor allem jene gegen Tschechien, die von Seiten der Freiheitlichen immer wieder ge­kommen sind, endgültig der Vergangenheit angehören. Leider sind sie noch immer da und wurden heute erneut laut. (Abg. Scheibner: Das alles ist Ihnen kein Anliegen: die Menschenrechte! Für Sie ist Unrecht nicht gleich Unrecht!) Es wird zwei Gegenstim­men bei diesem Beschluss geben. Das heißt: Sie stimmen zwar zu, aber Sie sagen: Eigentlich wollen wir es nicht, eigentlich wollen wir Tschechien da nicht dabei haben! – Das ist ein Schlingerkurs, den diese Bundesregierung hier fährt. (Abg. Scheibner: Das haben wir nicht gesagt! Hören Sie einmal gescheit zu, bevor Sie Vorwürfe machen!) Das ist ein Schlingerkurs in Sachen EU-Erweiterung, den Sie da in den letzten Jahren vorgelegt haben, und den haben Sie heute wieder gemacht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Wo ist Ihre Linie in der Anti-Atompolitik?)

Die ÖVP sagt: Das ist ein Herzstück!, und Sie sagen: Veto gegen Tschechiens EU-Beitritt! Sie haben es dann umformuliert und gesagt: wegen Temelín!, aber Veto bleibt Veto. (Abg. Scheibner: Wo ist Ihre Linie gegen die Atomenergie?) Die ÖVP sagt: Das ist eine zentrale europäische Aufgabe!, und Sie sagen: Veto wegen der Beneš-De­krete! Jetzt sagen Sie nicht mehr Veto, aber ein paar von Ihnen stimmen dagegen und sagen: Das gehört weg! (Abg. Scheibner: Es ist Ihnen alles egal: Die Atomenergie ist Ihnen egal, und auch die Menschenrechte sind Ihnen egal!)

Dieses zerrissene Bild, das Österreich nach Europa, in diese Beitrittsländer bezie­hungs­weise neuen Mitgliedsländer in den letzten Jahren ausgesendet hat, hat keine andere europäische Regierung geboten. Keine andere Regierung der 15 EU-Staaten hat so ein zerrissenes Bild geboten, mit dem man auch zum Nachteil Österreichs agiert


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hat. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Wo gibt es einstimmige Beschlüsse? Sie müssen sich informieren!)

Man hat damit auch zum Nachteil Österreichs agiert, was die Verhandlungs­möglich­kei­ten Österreichs anlangt. Das ist doch klar! Zum Beispiel, was EURATOM betrifft, wo wir es gerade noch geschafft haben, EURATOM in den Verfassungsvertrag nicht hi­nein­zunehmen. (Abg. Mag. Molterer: Warum hat sich Voggenhuber der Stimme ent­halten?)

Nun zum Beispiel Temelin. – Da sagen Sie wieder: Tschechien hat da zu wenig getan! Ich frage Sie: Was haben denn Sie getan? Sie haben miserabel verhandelt, meine Damen und Herren von der Bundesregierung! (Abg. Scheibner: Was haben Sie getan?) Ich wiederhole es: Sie haben miserabel verhandelt! Sie haben sich nicht wirk­lich dafür eingesetzt. Die Führungsrolle im Anti-Atomkampf, die Österreich in Europa hätte weiterhin haben können, wurde abgegeben. (Abg. Wattaul: Der Fischer auch!)

Gestern war wieder ein Störfall in Temelín. Natürlich wollen wir dieses Kraftwerk auch zugesperrt haben, aber mit einem Nichtbeitritt wäre das schon überhaupt nicht zu lösen. (Abg. Wattaul: Ist der Herr Fischer ein Grüner?)

Wenn jetzt Sie, Herr Wittauer, wie angekündigt, dagegen stimmen werden, dann frage ich Sie: Wissen Sie, was das bedeutet? – Es verschlechtert in Zukunft die Verhand­lungsmöglichkeiten Österreichs im Kampf für einen Ausstieg. (Abg. Scheibner: Blöd­sinn!) Das bedeutet das!

Würde heute dieses österreichische Parlament einstimmig sagen: Ja, Tschechien, will­kommen, wir werden gemeinsam für einen Ausstieg aus der Atomkraft in Temelín ver­handeln!, dann wäre das ein Signal. Aber Sie machen jetzt wieder genau das Gegen­teil und verschlechtern dadurch unsere Möglichkeiten. Das ist Ihre Politik! Das ist die Politik dieser Bundesregierung! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Re­den Sie einmal zur Sache!)

Leider hat Österreich – nicht erst jetzt, sondern schon seit seinem EU-Beitritt – die Chance, Brücke zwischen Ost und West zu sein, verspielt. (Abg. Wattaul: Seien Sie so ehrlich wie in Deutschland! Das sind die Grünen in der Regierung, und was machen die?) Das sage nicht nur ich, das sagen nicht nur die Grünen, sondern das sagt auch Professor Lendvai.

Der bekannte Publizist Professor Lendvai, dem sicher keine besondere Nähe zu den Grü­nen nachgesagt werden kann, hat heuer im Sommer in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ Folgendes gesagt – ich zitiere –:

„Österreich hatte ein unglaubliches Ansehen in diesen Ländern. Vielleicht hat aber kein anderes Land, als der Umbruch kam, die Erwartungen, die seine Nachbarn in es gesetzt hatten, so bitter enttäuscht. Die Rhetorik“ – und ich unterstütze Lendvai darin – „war viel stärker als die Taten. Anstatt die Kontakte zu intensivieren, hat man Ost- und Mitteleuropa in der Euphorie über den eigenen EU-Beitritt stark vernachlässigt.“ – Zitatende.

Das ist unsere Kritik! Das ist nicht, wie Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer sagt, Me­lancholie, wie Sie sie meinem Kollegen Van der Bellen vorwerfen, sondern das ist ein­fach die Kritik an dem, was Österreich da verabsäumt hat und wie Österreich in Zu­kunft nicht mehr handeln sollte. Ich denke da zum Beispiel an die anstehenden, noch weiteren Erweiterungsschritte Richtung Südosteuropa. (Beifall bei den Grünen.)

Da braucht es ein geschlossenes, ein starkes Österreich, eine Führungsrolle Öster­reichs! Aber die haben Sie in den letzten Jahren leider nicht eingenommen. Das kann


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man nur so konstatieren: In der Erweiterung hat Österreich keine Führungsrolle inne­gehabt!

Das bedauere ich, und deswegen ist diese EU-Erweiterung mit einem Wermutstropfen verknüpft, und ich musste daher hier leider diese Versäumnisse noch einmal sozu­sa­gen öffentlich machen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Wattaul.)

Natürlich geht es dabei auch und vor allem um ein europäisches Friedensprojekt, das hier heute beschlossen wird, und ich bin froh, dass wir das endlich tun. Auch mir wäre es lieber gewesen, wenn wir die Ersten gewesen wären. Das sind wir leider nicht, aber so ist das halt.

Dieses Friedensprojekt ist eines, das auch zu Folge hat, dass endlich – am 1. Mai 2004 – die Grenzen weiter aufgehen werden – an der March, nördlich des Wald- und Mühlviertels, aber auch am Neusiedlersee, an der Mur, an den Karawanken. Die Men­schen in den Grenzregionen haben mittlerweile schon verstanden und haben gemerkt, dass ihnen die Öffnung dieser Grenzen etwas bringt, dass das für sie auch gut ist, dass sie nicht voller Angst erstarren müssen und hoffen müssen, dass da niemand kommt, sondern dass das die Wirtschaft belebt (Abg. Wattaul: Wie wird das trans­portiert werden, was die Wirtschaft erzeugt?), dass sie ihre Sprachkenntnisse nutzen können – gerade in Südkärnten ist jetzt sozusagen üblich, dass man auch wieder Slo­wenisch redet, und zwar gerne – und dass das im Austausch hilft.

All das sind Gründe, warum es sinnvoll und notwendig und gut ist, dass dieses Frie­densprojekt jetzt endlich stattfindet.

Nun zu den Beneš-Dekreten, Herr Kollege Scheibner und auch Kollege Bösch: Na­türlich sagen auch wir, dass diese Vertreibungsdekrete Unrecht sind. (Abg. Scheibner: Aber die Gesetze sind noch in Kraft!) Das sagt auch der tschechische Minister­präsi­dent Spidla. Das hat er in Göttweig gesagt, und zwar in Anwesenheit von Bun­des­kanzler Schüssel. (Abg. Scheibner: Aber die Gesetze sind noch in Kraft!)

Wissen Sie denn eigentlich, was in Tschechien in den letzten zehn, zwölf Jahren schon passiert ist (Abg. Scheibner: Aber die Gesetze sind noch in Kraft!), was die schon alles tun, um die Meinung in der Gesellschaft zu verändern und um Bewusstseinsarbeit zu machen, um das, was damals passiert ist, aufzuarbeiten? Wir haben vierzig Jahre gebraucht, bis wir endlich angefangen haben. (Abg. Scheibner: Aber die Gesetze sind nicht 40 Jahre in Kraft geblieben!)

Die haben jetzt zehn Jahre Zeit gehabt und tun jetzt einiges dazu. Da gibt es Initiativen der Zivilgesellschaft in Brünn, und es gibt Initiativen von jungen Leuten, die den „To­desmarsch“ aufarbeiten und sagen, was da alles an Grausamkeiten geschehen ist. Das Österreichisch-tschechische Dialogforum tut da sehr viel dazu. Auch Havel und Spidla haben sich ganz klar dazu geäußert und gesagt: Das ist Unrecht!

Was von österreichischer Seite notwendig wäre – und da spreche ich genau das an, was auch Bundeskanzler Schüssel gesagt hat –, das sind gemeinsame Gesten. Eine dieser gemeinsamen Gesten wäre, einen Zukunftsfonds zwischen Österreich und Tschechien einzurichten, wie es ihn zwischen Deutschland und Tschechien seit 1997 gibt. (Abg. Scheibner: Ihr messt mit zweierlei Maß!)

Ich bringe dazu folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Mag. Lunacek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verbesserung der österreichisch-tschechischen Beziehungen im Zuge des


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Beitrittes der Tschechischen Republik zur Europäischen Union und der Einrichtung ei­nes österreichisch-tschechischen Zukunftsfonds

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, die weitere Integration Europas dafür zu nützen, die bilateralen Beziehungen zur Tschechischen Republik zu verbessern. Die beiden Regie­rungen mögen durch die Einrichtung eines österreichisch-tschechischen Zukunftsfonds dafür Sorge tragen, dass ein vertrauensvolles und gut nachbarliches Verhältnis erreicht wird.

*****

In der Zusammenarbeit liegt die Zukunft und nicht im Nein-Sagen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Schlusssatz möchte ich noch einmal Herrn Lendvai zitieren. Er hat gesagt – und das gilt auch für die zukünftigen Erweiterungen –, Österreich soll nicht Störenfried, son­dern Schrittmacher für die Erweiterungen sein.

Nehmen Sie sich das zu Herzen für die Zukunft, meine Damen und Herren von der Bundesregierung! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Man ist kein Störenfried, wenn man auf die Menschenrechte hinweist!)

12.18

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Lunacek soeben vorgetragen hat, ist genügend unterstützt und steht mit in Verhand­lung. Es wird am Ende der Beratungen darüber abgestimmt werden.

Zum Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. Die Redezeit ist mit 8 Minuten vereinbart. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.18

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Lieber Kollege Morak! Meine ver­ehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen sage, dass ich heute glücklich bin, denn es ist dies die Geburtsstunde eines neuen, eines erweiterten, eines demokratischen und eines solidarischen Europa. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich freue mich, dass hier Jugendliche zuschauen, dass sie mit da­bei sind, denn es ist die Zukunft, die wir gestalten.

Gestatten Sie mir, dass ich auch persönlich etwas sage: Ich war Diplomatin in Paris zu jenem Zeitpunkt, als wir unseren eigenen EU-Beitritt vorbereitet hatten, und es war nicht immer einfach! Da wird man natürlich sehr empfindlich, wenn man angesprochen wird, weil Probleme da sind. Ich habe diese Befindlichkeit der Erweiterungskandidaten genau gekannt, aber ich habe auch die Befindlichkeit der Österreicherinnen und Österreicher gekannt, und es war notwendig, in den Verhandlungen eine Balance zu finden, eine faire Balance zwischen dem einen und dem anderen. Es muss im End­effekt ein Interessensausgleich da sein, der für uns eine gute und faire Lösung bringt, die aber auch für die anderen eine akzeptable Lösung ist, und genau das ist uns gelungen. Lassen Sie mich daher sagen: Dafür bin ich heute sehr dankbar! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vor zirka drei Jahren habe ich eine Initiative ergriffen, um diesen Kandidatenländer nä­her zu kommen. Deshalb habe ich die „Regionale Partnerschaft“ aus dem Boden ge­stampft. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja grotesk!)


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Die Idee ist folgende gewesen: Wir müssen sowohl im kulturellen Bereich, wo wir enorm viele gemeinsame Werte haben, wenn man sich die Musik, die Literatur, den Tanz ansieht, aufeinander zugehen – dort ist es leicht –, aber wir müssen auch in all den anderen schwierigeren Fragen aufeinander zugehen.

So zum Beispiel müssen wir aufeinander zugehen in der Frage der inneren Sicherheit. Da hat Kollege Strasser die sehr gute und wichtige Sicherheitspartnerschaft zu­stande gebracht. Natürlich gibt es noch offene Fragen, aber man wird diese sicherlich gemeinsam lösen können.

Auch andere Kollegen haben – über die Infrastruktur, über die Wirtschaft, über die Land­wirtschaft, ja eigentlich über alle Fragen, die uns gemeinsam betreffen – län­der­übergreifend miteinander zu arbeiten begonnen.

Ich freue mich darüber, dass auch im rein politischen Bereich diese Regionale Part­nerschaft bereits sehr viel für uns gebracht hat, denn gemeinsam vertreten wir den Gedanken, den heute der Herr Bundeskanzler auch hier vorgetragen hat: Wir alle wol­len einen Kommissar pro Land mit Stimmrecht, weil wir unser Gedankengut in die Kommission einbringen wollen – und die EU-Kommissionen dann eben dies als euro­päisches Gedankengut sieht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Verehrte Damen und Herren! Wie ich bereits gesagt habe, mussten und müssen wir natürlich auch die Interessen unserer eigenen Bevölkerung wahrnehmen, etwas, das, wie ich meine, absolut richtig ist, denn genau dann, wenn man am Ende ein gutes Ergebnis haben will, muss man auch die Interessen der eigenen Bevölkerung zufrie­den­stellen. Es gab schwierige Probleme; diese sind ja heute schon zum Teil angeführt worden. Beispielsweise gibt es immer noch das schwierige Problem rund um das Thema Transit; dessen bin ich mir natürlich vollkommen bewusst.

Auch was die Frage der Atompolitik betrifft: Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass es da eine Nulloption gibt, aber jeder weiß, dass es das souveräne Recht jedes Staa­tes ist, die einzelnen Energieformen seines Landes selbst zu bestimmen. Wir in Öster­reich haben uns für eine Nicht-Atompolitik entschieden, doch andere hingegen nicht, aber das kann man diesen Ländern nicht verweigern. Was wir aber tun konnten und können, ist, die bestmögliche Sicherheit herauszuverhandeln. Das ist uns gelungen, und das muss umgesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dasselbe gilt für die Arbeitnehmer: Natürlich haben Österreichs Arbeitnehmer eine gewisse Sorge, dass viele Arbeitnehmer aus benachbarten Ländern zu uns kommen und ihre Tätigkeit zu etwas günstigeren Preisen anbieten könnten – eine Sorge, die man natürlich ernst nehmen muss.

Ich erinnere mich sehr gut daran, meine Damen und Herren, wie wir für unser Land bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit beziehungsweise bei der Dienstleistungsfreizügigkeit ge­kämpft haben. Das war gar nicht einfach; dann aber ist das gelungen. Heute freue ich mich, zu sehen, dass sogar EU-Mitgliedstaaten, die uns damals kritisiert haben, so zum Beispiel Frankreich oder Spanien, diese Fragen mittlerweile genauso sehen wie wir, weil eben auch ihre eigene Bevölkerung diesbezüglich eine gewisse Skepsis an den Tag legte. Auch da wieder: Vernunft und Augenmaß haben unsere Verhandlungs­führung geleitet.

Weiters zur Frage der Grenzregionen. Dazu generell: Der Mensch, verehrte Damen und Herren, ist für mich das Maß aller Dinge; ein altes, aber wichtiges Prinzip. Daher müssen wir schon sehen: Endlich sind ehemalige Grenzregionen offene Regionen. Diese Regionen waren lange Zeit tote Regionen beziehungsweise Sackgassen-Re­gionen. Um diese langsam wieder zum Blühen zu bringen, bedarf es zusätzlicher För-


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derungen. Wir haben solche Förderungen ausverhandelt – und müssen versuchen, die­se auch für die Zukunft erhalten zu können.

All das, verehrte Damen und Herren, ist mit Vernunft und Herzen gemacht worden, da­mit wir eben auch die Herzen unserer Menschen gewinnen können.

Schlusssatz: Ich habe einen großen Wunsch – das ist auch ein Wunsch ans Christkind, wenn Sie so wollen (Zwischenrufe bei der SPÖ) –, dass eines Tages die Menschen diesseits und jenseits der Grenzen gar nicht mehr sehen: Hier sind wir – und ihr seid dort!, sondern dass wir eben alle europäische Bürgerinnen und Bürger, dass wir alle europäische Menschen sind. – Danke schön. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Herzloser Applaus!)

12.25

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Grillitsch. 5 Minuten, möglichst exakt. (Es folgt eine kurze technische Mitteilung durch Präsident Dr. Fi­scher.)

Bitte, Herr Abgeordneter Grillitsch.

 


12.26

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Österreich nimmt durch die Erweiterung nun endgültig seinen Platz in der Mit­te Europas ein, eine Tatsache, über die wir uns natürlich freuen. Wir freuen uns darüber, dass zehn neue Mitgliedsstaaten zu uns in die EU kommen: mit rund 80 Mil­lionen Bürgerinnen und Bürgern, die nun mit in die Gemeinschaft der Europäischen Union aufgenommen werden. Damit wird das größte und ambitionierteste Projekt seit der Gründung der europäischen Staatengemeinschaft 1957 realisiert.

Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang folgenden Vergleich, einen Vergleich sozusagen in der zweiten Generation, in der es beispielsweise keinen Mangel an Le­bensmittel gibt – und wo dann oft das Verständnis, das alles zu haben, nicht immer das Größte ist.

Bei diesem Erweiterungsprojekt, bei dem natürlich auch vom Frieden in Europa ge­sprochen wird, muss man bemerken: Auch das darf nicht als selbstverständlich auf­gefasst werden – und gerade deshalb ist es ein Gebot der Stunde, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen! Ich bin auch sehr froh über diese Diskussion jetzt heute hier im Hohen Haue, wie wir sie erleben, da das Ganze eben hinter die Parteien­interessen gestellt wird.

Stabilität, Berechenbarkeit und Gemeinsamkeit sichern uns den Frieden. Wir müssen uns daher gerade auch jetzt, meine Damen und Herren – ich sage das schon sehr kritisch –, mit dem Thema Beneš-Dekrete auseinandersetzen, und zwar sowohl auf na­tionaler als auch auf europäischer Ebene. Wir müssen uns mit dem Unrecht der Ver­gangenheit beschäftigen, um rasch zu menschenrechtskonformen Lösungsansätzen für die einzelnen Volksgruppen in der ehemaligen Tschechoslowakei zu kommen. Das sind wir diesen Menschen schuldig – und da sind wir gefordert! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir brauchen grenzübergreifende Programme zur Siche­rung unserer Lebensgrundlagen; so beispielsweise in der Umweltpolitik. Wir brauchen diese einheitlichen Standards, um auch die Lebensqualität steigern zu können. Gerade diesbezüglich kann und soll Österreich ein Vorbildland auch in der Europäischen Union sein, und zwar in vielen Bereichen: was die Umweltpolitik betrifft, was die Sicherung unserer Ressourcen betrifft, unseres Wassers, der Luft et cetera. Da können wir mit unserem Know-how entsprechend mithelfen, damit es auch da zu Verbesserungen in


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diesen Erweiterungsländern kommt: beispielsweise in der Verwaltung, bei Daten­ban­ken, im Berichtswesen und so weiter.

Vor allem im Energiebereich kann Österreich als Vorbildland betrachtet werden, was beispielsweise den Einsatz erneuerbarer Energieträger betrifft. Auch in Bezug auf dieses unser Know-how sollten wir den Erweiterungsländern unsere Hilfeleistung an­bieten, zum Beispiel was die Biomasse, die Solarenergie und die Windenergie betrifft, damit mit diesen neuen Technologien die Potentiale sozusagen vor Ort genutzt werden können und in diesen Ländern nicht nur zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden können, sondern eben gleichzeitig auch die Umwelt geschützt wird. Unsere gelebte Nachhaltigkeitsstrategie sollten wir sozusagen auch in diese Länder transportieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Wir sollten über den Tierschutz reden! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Jarolim, hören Sie genau zu! – und dann werden Sie auch wissen, wovon ich spreche. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Molterer: Das glaub’ ich beim Jarolim nicht!) – Ich hoffe zumindest, Sie wissen das dann, Herr Kol­lege Jarolim!

Wir haben die Sorgen und Bedenken unserer bäuerlichen Familien auch im Jahre 1995 mit dem EU-Beitritt sehr ernst genommen. Wir sind auch nicht himmelhoch jauchzend in die EU sozusagen hineingeflogen, sondern haben gesagt: Ja, unter gewissen Be­dingungen sind wir dazu bereit!, und heute haben unsere bäuerlichen Familien Pro­gramme mit einer Gültigkeit von mehr als fünf oder sechs Jahren zur Verfügung. Das ist Stabilität und Berechenbarkeit für die Menschen Österreichs, für die Menschen auf dem Land – und das wollen wir auch mit dieser Erweiterung leisten: Stabilität und Sicher­heit in den Programmen, damit es auch in diesen Ländern eine entsprechende wirtschaftliche Entwicklung gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Tierschutz!)

Da geht es selbstverständlich auch um Wettbewerbsfähigkeit – auch in Fragen des Tierschutzes. Wir können in Österreich alles verbieten, nur muss uns auch bewusst sein, dass wir Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit für unsere Betriebe damit nicht ga­rantieren, sondern in Wahrheit nur Tierleid exportieren und auch wieder importieren, indem wir eben das, was im Regal angeboten wird, kaufen: Produkte aus völlig an­deren Haltungsformen, als das in Österreich der Fall ist.

Diese Diskussion müssen wir konsequent führen, und zwar vom Produzenten bis hin zum Konsumenten. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme schon zum Schluss, Herr Präsident.

Ich bin der Ansicht, es geht darum, Mut zu haben – und Mut zu haben, das beginnt beim Willen. Daher: Wir von der Landwirtschaft haben diesen Willen, brauchen aber die Unterstützung der Bundesregierung, und diese haben wir. Wir brauchen aber auch (in Richtung SPÖ und Grüne) Ihre Unterstützung, damit es eben gelingt, gemeinsam vorzugehen, denn das stellt nicht nur eine riesengroße Herausforderung, sondern auch eine solche Chance für uns alle dar. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.31

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Jarolim: Jetzt hat die Frau Minister noch ein paar Wünsche ans Christkind!)

 


12.32

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir heute hier im Nationalrat eine der wesentlichsten und wichtigsten


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Entscheidungen zu treffen haben werden, die vermutlich überhaupt hier im Nationalrat in den letzten Jahrzehnten getroffen wurden. Da das so ist und uns daran gelegen ist, dass nicht nur wir hier eine möglichst große Mehrheit – ich hätte mir eine einstimmige Entscheidung gewünscht – zustande bringen, da uns also nicht nur daran gelegen ist, sondern weil wir auch wollen, dass die Bevölkerung in Österreich diese Entscheidung positiv aufnehmen kann, haben wir uns seit mehr als zweieinhalb Jahren bemüht und haben der Bundesregierung Angebote gemacht, diese Entscheidung gemeinsam vorzubereiten.

Als Oppositionspartei haben wir gesagt: Wir machen nicht primär Widerstand gegen die Regierungspolitik, sondern wir bieten der Regierung unsere Hand an, weil wir das für eine wesentliche Entscheidung halten, bei der es uns darum geht, die Bevölkerung so­zusagen mit ins Boot zu holen. (Abg. Wattaul: Die Sanktionen zum Beispiel!) Weil wir das wollen, haben wir auch konkrete Problemzonen identifiziert, die mit dieser Er­weiterung verbunden sein können, und haben vorgeschlagen, dass es dort gemeinsam entwickelte Maßnahmen geben soll, die dazu beitragen, dass denjenigen in unserem Lande, die nicht zu den Gewinnern der Erweiterung zählen, die Angst genommen wird  eben durch ganz konkrete Maßnahmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war der Hintergrund dafür, dass wir vor zweieinhalb Jahren den „Pakt für Arbeit und Europa“ angeboten haben. – Die Re­gierung hat diesen jedoch nicht angenommen.

Wir haben dann sehr mühsam versucht, die Regierungsparteien dazu zu bringen, ge­meinsam mit uns eine Entschließung zu verabschieden, die die wesentlichsten For­derungen in diesem Zusammenhang enthalten hat, und das ist gelungen. Dieser Drei-Parteien-Entschließungsantrag wurde vor zwei Jahren angenommen.

Das Problem ist nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Bundes­regierung in dieser Hinsicht wirklich alles schuldig geblieben ist. Das müsste man auch dem Herrn Bundeskanzler, der heute wieder einmal die Gemeinsamkeit beschworen hat, ins Stammbuch schreiben: Wenn der Herr Bundeskanzler die Gemeinsamkeit ha­ben will, dann soll er sie auch ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Sehr richtig!)

Da der Herr Bundeskanzler heute zum Beispiel auch gemeint hat, dass die Differenz in der Sicherheitspolitik zwischen uns ja gar nicht so groß sei, dann aber einen Text vor­gelesen hat, den die italienische Präsidentschaft in Neapel vorgelegt hat, und dann als Gegenstück einen Text vorgelesen hat, von dem er behauptet, dass er von mir wäre, angeblich von gestern, dabei jedoch genau die entscheidenden Worte ausgelassen hat, die eine Differenz erkennen lassen, muss ich sagen: Das ist genau das, was Josef Cap dieser Regierung vorgeworfen hat: beschwindeln und schlawinern! (Beifall bei der SPÖ.)

Das, worum es geht, ist, sicherzustellen, dass die besondere sicherheitspolitische Kon­zeption der Mitgliedstaaten der EU berücksichtigt wird und dass daher auch unsere ver­fassungsrechtliche Besonderheit, die in der Neutralität gelegen ist, beim Konzept der Beistandsverpflichtung berücksichtigt wird. (Abg. Scheibner – eine Ausgabe des B-VG in die Höhe haltend –: Lesen Sie doch einmal die Verfassung! Dann werden Sie nicht mehr vom „Schlawinern“ reden!) Dass Sie das beim Vorlesen weglassen, ist keine aufrichtige Politik, Herr Bundeskanzler! So ist Partnerschaft nicht möglich! (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Lesen Sie die Verfassung, Herr Kollege!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da eben die Lage so ist, wie ich sie knapp be­schrieben habe, bringe ich heute noch einmal namens meiner Fraktion einen Ent­schließungsantrag ein, weil wir eben überzeugt davon sind, dass auch jetzt noch Maßnahmen notwendig und möglich sind, um sicherzustellen, dass auch die öster­rei-


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chische Bevölkerung ein Ja zu dieser Erweiterung sagen kann. Wir wünschen ein möglichst breites Ja auch in der Bevölkerung.

Was ist Gegenstand dieser Entschließung, die im Übrigen, wie ich hoffe, verteilt wor­den ist beziehungsweise noch verteilt wird.

Wir wollen erstens, dass die Bundesregierung alle nationalen Spielräume im Rahmen der Wirtschaftspolitik nützt, um zu mehr Wirtschaftswachstum und damit zur Be­schäf­tigung beizutragen.

Wir wollen, dass eine Qualifikationsoffensive für jene gestartet wird – und das wollen wir seit zweieinhalb Jahren, aber Sie von ÖVP und FPÖ sind untätig geblieben! –, die durch den Erweiterungsprozess beruflich in ihrer Arbeitschance unter Druck geraten. Wir wollen, dass Arbeitsstiftungen für die entsprechenden Branchen wieder einge­rich­tet werden, wie diese ja auch beim EU-Beitritt Österreichs seinerzeit vorgesehen waren.

Wir wollen, dass sichergestellt wird, dass die Bestimmungen, die in Österreich auf dem Arbeitsmarkt gelten, auch kontrolliert werden: auch in der Übergangsphase.

Weiters wollen wir, dass sichergestellt wird, dass dort und in jenen Branchen und Regionen, in denen das möglich ist, die siebenjährige Übergangsfrist nicht ausge­schöpft wird. Wir wollen jedoch, dass dort, wo ein Schutz des österreichischen Arbeits­marktes notwendig ist, dieser Schutz auch gewährleistet ist.

Deshalb verlangen wir von Ihnen die Vorlage eines Vorschlages zur Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, weil ohne eine solche Novellierung sonst überhaupt nichts getan werden kann in dieser siebenjährigen Übergangsfrist, weil EWR-Bürger vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen sind, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Wir verlangen von Ihnen, Frau Bundesministerin – wenn Sie sich schon nicht mit dem gleichen Engagement, wie Sie das für die Frage „ein Kommissar pro Land“ getan haben, für das Transitproblem eingesetzt haben –, dass Sie wenigstens jetzt alle Kraft dafür verwenden, eine nachhaltige Verkehrspolitik im Rahmen einer neuen Wege­kos­tenrichtlinie durchzusetzen, und ersuchen Sie, dafür zu sorgen, dass wir nächste Woche im Hauptausschuss dazu endlich die Position dieser Bundesregierung kennen lernen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag betreffend innerösterreichi­sche flankierende Maßnahmen zur EU-Erweiterung ist ordnungsgemäß unterstützt. Er ist nach § 53 Abs. 4 GO in seinen Grundzügen erläutert worden, wird vervielfältigt und steht mit zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Caspar Einem und KollegInnen betreffend Erweiterung der Euro­päischen Union und innerösterreichische flankierende Maßnahmen

Die Erweiterung der Europäischen Union von 15 auf 25 Mitgliedstaaten, die am 1. Mai 2004 erfolgen soll, stellt einen Schritt zur Vereinigung Europas und zur Sicherung von Frieden und Stabilität auf unserem Kontinent von wahrhaft historischem Ausmaß dar. Diese Erweiterung der EU beendet eine Teilung Europas, die das Ergebnis zweier Weltkriege war, die von Europa ihren Ausgang genommen haben. Die Europäische


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Union gewinnt durch die Erweiterung zugleich an Potential zu geostrategischem Ge­wicht und Einfluss im Interesse von Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie.

Der Beitritt der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Un­garns, Maltas, Polens, Sloweniens und der Slowakei zur Europäischen Union wird weit reichende wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen auf die Beitrittsländer aber auch die bisherigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben. Um das Ziel zu erreichen, fair verteilten Wohlstand in den Erweiterungsländern zu schaffen und gleich­zeitig auch das Wohlstandsniveau in den bisherigen EU-Mitgliedstaaten weiter zu entwickeln, ist es notwendig, die Demokratisierung der EU und die Vertiefung der europäischen Integration vor allem auf den Gebieten einer koordinierten gemeinsamen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik und im Bereich Soziales voranzubringen. Die Verhandlungen im Rahmen der EU-Regierungskonferenz über die künftige euro­päische Verfassung werden zeigen, ob die Staats- und Regierungschefs der EU in der Lage sind, dieser Herausforderung entsprechend Rechnung zu tragen.

Österreich gehört nicht zuletzt auf Grund seiner geographischen Lage zu jenen Län­dern, die auch weiterhin Chancen hätten, von der Erweiterung besonders zu pro­fitieren. Dies erfordert aber eine entschlossene innerstaatliche Vorbereitung, um dafür ent­sprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Gerade im Bereich der Arbeits­markt-, der Bildungs- und der Infrastrukturpolitik gibt es jedoch große Versäumnisse der Bundesregierung. Um die Chancen, die Österreich durch die Erweiterung der EU hat, nicht zu verspielen, stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird angesichts der angespannten Lage am Arbeitsmarkt auf­gefordert, alle nationalen Spielräume zu nutzen, um das Wirtschaftswachstum und da­mit die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen zu fördern. In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung auch aufgefordert, europäische Wachstumsinitiativen und eine vernünftige Weiterentwicklung des Wachstums- und Stabilitätspaktes zu unterstützen.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, bis zur vollständigen Liberalisierung des Ar­beits­marktes in der erweiterten EU eine zielgerichtete Qualifikationsoffensive zu star­ten, um insbesondere jene Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu fördern, die durch die vollständige Öffnung des Arbeitsmarktes besonders unter Druck kommen. Es sol­len daher in Zusammenarbeit mit den AMS-Geschäftsstellen und den Bundesländern einerseits die Qualifikationspotentiale vor dem Hintergrund von regionalen Standortent­wicklungsprogrammen und Bedarfserhebungen in den Betrieben ermittelt, andererseits sollten von den Unternehmen und den entsprechenden öffentlichen Stellen gemeinsam Fortbildungsmaßnahmen entwickelt und berufsbegleitend realisiert werden.

Während in der Übergangsperiode laufend zu prüfen sein wird, ob und in welcher Region bzw. für welchen Sektor eine vollständige Öffnung des Arbeits- bzw. Dienst­leistungsmarktes vor Ablauf der siebenjährigen Frist erfolgen kann, ist gleichzeitig sicherzustellen, dass die jeweils geltenden rechtlichen Bestimmungen am Arbeits- und Dienstleistungsmarkt auch tatsächlich eingehalten bzw. durchgesetzt werden, um einem möglichen Dumping im Bereich der Entlohnung und der sozialen Sicherheit


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vorzubeugen. Die Einhaltung der jeweiligen rechtlichen Bestimmungen ist von den zu­ständigen Behörden gerade während der Übergangsperiode in besonderer Weise zu kontrollieren. In diesem Zusammenhang sollten auch grenzüberschreitende Koope­ra­tionen zur wirksamen Bekämpfung des Schwarzunternehmertums und der syste­ma­tischen illegalen Beschäftigung geprüft werden. Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang aufgefordert, mit Nachdruck die überfällige Reform der Entsen­de­richt­linie einzufordern, um Spannungen am Arbeitsmarkt vorzubeugen.

Die Bundesregierung wird ferner aufgefordert, umgehend eine Novellierung des Aus­län­derbeschäftigungsgesetzes vorzuschlagen, damit die vereinbarten Übergangsfristen im Bereich der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit auch wirksam genutzt wer­den können.

Die Bundesregierung wird nach dem Scheitern einer akzeptablen Übergangslösung für den Transitvertrag aufgefordert, alle Anstrengungen zu unternehmen um die Verhand­lungen für eine EU-Wegekostenrichtlinie zu nutzen, eine wirksame Reduktion der Be­lastungen durch den Strassengüterverkehr durchzusetzen. Die Bundesregierung wird insbesondere aufgefordert, entsprechende Partnerschaften mit anderen EU-Staaten aufzubauen und einzugehen, die ähnliche Probleme zu lösen haben (z.B. Frankreich, Slowenien). Die Europäische Union muss eine nachhaltige Verkehrspolitik umsetzen, die die Internalisierung der sozialen und der Umweltkosten erzwingt.

Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang aufgefordert bis zum EU-Haupt­ausschuss am 9. Dezember einen akkordierten österreichischen Standpunkt zur We­ge­kostenrichtlinie vorzulegen und in der EU nachdrücklich für einen Zeitplan einzu­treten, der eine Beschlussfassung der Wegekostenrichtlinie bis zum 30.04.2004 zum Ziel hat.

Mit der Erweiterung der EU ist mit einem deutlichen weiteren Anstieg des Verkehrs­aufkommens von den und in die neuen Mitgliedsländer zu rechnen. Österreich wird von dieser Entwicklung besonders betroffen sein. Um den zusätzlichen Anstieg des Ver­kehrs­aufkommens umwelt- und anrainerschonend bewältigen zu können, sollen alle Möglichkeiten zur Verlagerung von Verkehren von der Strasse auf die Schiene (Ausnützung von bestehenden Kapazitätsreserven; gemeinwirtschaftliche Leistungs­bestel­lungen auf der Rola usw.) oder auf die Donau forciert werden und sind die bereits geplanten und durch die Erweiterung zusätzlich notwendigen Maßnahmen wie das LKW-Roadpricing und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ohne Aufschub umzu­setzen.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


12.38

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Außenminis­terin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! „Justitia regnorum fundamentum“, so finden wir es am Heldentor geschrieben: ein Vermächtnis bester österreichischer Politiktradi­tionen, das ist gut zu sehen, und zwar aus den ehrwürdigen Räumen der National­biblio­thek bis hin zum Ballhausplatz. Das Recht ist die Grundlage jeder Regierung. (Abg. Schieder: Die Gerechtigkeit – nicht „das Recht“!) Das ist es, was wir auch in Brüs­sel einmahnen müssen. Wir, denn wir sind sozusagen Brüssel. Brüssel ist ja keine fremde Macht, sondern erklärterweise der gemeinsame politische Wille aller Beitritts­länder, und die EU ist nach ihrer Definition auch eine Rechte- und Wertegemeinschaft; das hat sie 1993 in den Kopenhagener Kriterien dargetan. Da ging es darum, dass Grundlage für eine Mitgliedschaft bei der Europäischen Gemeinschaft eine stabile Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Schutz für Minderheiten sind.


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Dies war auch die Grundlage für den Reformprozess, der seither in den Beitrittsländern vonstatten gegangen ist. Heute, am Tage der Ratifizierung der Beitrittsverträge im österreichischen Parlament erfüllt ein Beitrittsland diese Kopenhagener Kriterien nicht in allen Punkten, vor allem in einem ganz entscheidenden Punkt nicht: im Punkt der Wahrung und Achtung der Menschenrechte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen! Ich verstehe nicht, dass Sie uns dafür kritisieren, dass wir die Beneš-Dekrete als menschenrechtswidrig kritisieren, und nicht anstelle dessen, da Sie sich immer als die Verfechter der Menschenrechte groß machen, selbst die Beneš-Dekrete als menschenrechtswidrig kritisiert haben. Die Beneš-Dekrete sind und waren auch zum Zeitpunkt ihres Erlasses völkerrechtswidrig, menschenrechtswidrig und stehen damit auch im Widerspruch zu den Kopenhagener Kriterien. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie sind in Kraft! Daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben. „Sie sind gültig, und sie werden gültig sein“, hat Premier Spidla am 7. Mai gegenüber der „Frankfurter All­gemeinen Zeitung“ auf Anfrage über einen Vortrag, den er am Vortag in Frankfurt gehalten hatte, gesagt. Sie sind in Kraft! Sie sind nicht totes Recht, sie sind lebendiges Unrecht!

Sie sind die legislative Grundlage für die Vertreibung von 3 Millionen Menschen. 242 000 haben damals das rettende Österreich, das rettende Bayern nicht erreicht, und es waren dies vor allem Frauen, alte Menschen und Kinder. Es ist ein Zynismus son­dergleichen, dies – eine ethnische Säuberung ungeheuren Ausmaßes mit Grau­samkeiten von unsagbarer Qualität – mit der österreichischen Flüchtlingspolitik des Jah­res 2003 zu vergleichen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Mainoni: So ist es!)

Wenn die Beneš-Dekrete Bestandteil der nationalen Gesetzgebung eines EU-Landes bleiben, setzt die EU damit ihre eigenen Spielregeln außer Kraft. Das ist eine Ent­wick­lung, die wir in Ansätzen auch auf anderen Gebieten sehen, und die ist sehr ver­derblich. Gleiches Recht für alle – nur so kann Gerechtigkeit hergestellt werden!

Zwischenzeitlich hat es ja in diesem Prozess sehr gut ausgesehen. Es hat selbst­verständlich in Europa und sicher auch in Tschechien eine Reihe von Personen ge­geben – und es gibt sie auch heute –, die wissen, dass hier eine Lösung gefunden wer­den muss. Ich beziehe mich auf eine Entschließung des Europäischen Parlamentes von 1999, worin ganz klar festgestellt worden ist, dass die Beneš-Dekrete so nicht auf­rechterhalten werden können.

Die Stimmung war damals günstig, auch Sie von der SPÖ haben sich dieser Stimmung gefügt und sind ihr erlegen. Es gab damals einen Entschließungsantrag in diesem Haus, Erstantragsteller war der damalige Klubobmann Kostelka, der die Bundes­regie­rung aufgefordert hat, weiterhin im Verbund mit den anderen Mitgliedstaaten und den Institutionen der Europäischen Union auf die Aufhebung von fortbestehenden Ge­set­zen und Dekreten aus den Jahren 1945 bis 1946, die sich auf die Vertreibung von einzelnen Volksgruppen in der ehemaligen Tschechoslowakei beziehen, hinzuwirken.

Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, halten diese Linie ein! Es ist sehr wich­tig, dass in diesem Parlament der Beschluss nicht einstimmig fällt. Es muss klargestellt werden, dass diese Frage offen ist, damit diese Zustimmung nicht als Streitbeilegungs­erklärung missbraucht werden kann.

In diesem Zusammenhang, dass nämlich in dieser Frage weiter verfahren werden muss, bringe ich folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Dr. Werner Fasslabend, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Menschen­rechte durch die Tschechische Republik

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, unter Berücksichtigung der oben angeführten Rah­menbedingungen die Gespräche mit der Tschechischen Republik über jene Gesetze und Dekrete aus den Jahren 1945 und 1946, die sich auf die Vertreibung von ein­zelnen Volksgruppen in der ehemaligen Tschechoslowakei beziehen, auch über das Bei­tritts­datum hinaus fortzusetzen, um unter Einbindung der betroffenen Interessen­vertretungen eine menschenrechtskonforme Lösung zu erzielen, und in diesen Gesprä­chen darauf hinzuwirken, dass die Tschechische Republik der Entschließung des Euro­päischen Parlamentes vom 20. November 2002 entsprechend handelt und darüber hinaus so bald wie möglich konkrete und geeignete Gesten der Versöhnung setzt.

*****

(Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das Recht ist die Grundlage jeder Regierung! (Abg. Schieder: Gerechtigkeit!) Diesen großen Spruch vor Augen werde ich als Vertreterin des freiheitlichen Klubs stellvertretend für alle freiheitlichen Abge­ord­neten der Ratifizierung meine Zustimmung versagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.44

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Ro­sen­kranz vorgetragen hat, ist genügend unterstützt und steht damit zur Verhandlung sowie zur Abstimmung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Die Redezeit beträgt 5 Mi­nuten. – Bitte. (Abg. Mag. Mainoni – in Richtung SPÖ –: Große Worte und klein bei­geben!)

 


12.44

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, bevor ich auf das eigentliche, wichtige und zentrale Thema des heu­tigen Tages eingehe, ein Wort zur Frau Kollegin Rosenkranz zu sagen. Die Unter­stellung, dass, weil ein unrichtiger Vergleich von Herrn Klubobmann Van der Bellen kritisiert wurde (Abg. Neudeck: Er hat ihn ja geführt!), die Grünen eine Befürworter­partei für die Vertreibung seien, halte ich für unzumutbar! Ich sage es Ihnen ganz offen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Also war der Vergleich unzu­lässig! – Abg. Wittauer: Der Vergleich ist ja nicht zulässig! Das ist es!)

Aber gehen wir auf die entscheidende Debatte ein, die es heute in diesem Hohen Haus gibt. (Abg. Scheibner: ... Kritik am Klubobmann Van der Bellen!) Auch wenn Sie sich jetzt gerne mit Zwischenrufen zu Wort melden, möchte ich ausdrücklich sagen: Die Grünen haben, als Österreich der Europäischen Union beigetreten ist, unter vielen anderen sachlichen Punkten auch immer kritisiert, dass Europa auf die Dauer nicht am Eisernen Vorhang aufhören könne und dass die Integration der Länder, die damals hin­ter dem Eisernen Vorhang lagen, eine der zentralen Herausforderungen und Ziele der Europäischen Union sein müsste. Das ist, meine Damen und Herren, jetzt gelungen, und zwar – ich sage es ganz offen und mit Freude – früher, als ich es mir damals vorstellen konnte! (Beifall bei den Grünen.)


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Die Beitritte, die wir am heutigen Tag mit einer Abstimmung begrüßen, bestätigen, dass man aus Europa ein Friedensprojekt machen kann, das nicht an einer Mauer endet, die sich mitten durch Europa zieht, aber das bedeutet die Herausforderung, dies auch konkret zu vollziehen. Das Friedensprojekt Europa allein zu beschwören und dann gleichzeitig mit voller Kraft die Aufrüstung zu betreiben, das kann kein politischer Weg sein, den Europa gehen kann, wenn es seine Glaubwürdigkeit auch in den neuen Beitrittsländern nicht verlieren will! Darauf lege ich Wert: Hier muss es zu einer neuen Politik kommen, zu einer echten Außenpolitik, der die Militärpolitik nachgeordnet ist. Ich betone noch einmal: Darauf lege ich Wert!

Wenn der Herr Bundeskanzler heute in einem Vergleich seiner eigenen Vorstellungen oder jener von Minister Frattini mit Vorschlägen aus dem Konvent-Bereich eine Ver­mischung herstellen wollte, indem er meinte, dass ja ohnehin schon alle dafür seien, die Neutralität scheibchenweise zu entsorgen, damit man ja nicht mehr darüber ab­stimmen muss, dann kann ich das nur schärfstens zurückweisen, denn das wider­spricht allen Reden, die Sie, Herr Bundeskanzler und Frau Ministerin, sonst halten, in denen Sie das Friedensprojekt Europa beschwören. So kann es nicht gehen! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Diese Zwiespältigkeit hat in den vergangenen Jahren natürlich auch ein Problem ge­schaffen, mit dem wir jetzt zu kämpfen haben. Einige Rednerinnen und Redner haben festgestellt, dass die Bevölkerung nur eine begrenzte Begeisterung für diese Erwei­terung mitbrächte. Ich sage Ihnen eines: Wenn Meldungen von politischen Mandataren lanciert werden, die von einer Flut von Ost-Arbeitskräften, von einer Lawine von Leuten auf dem Arbeitsmarkt sprechen, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass das Miss­trauen der Menschen hier verstärkt und erhöht wurde und nichts zu einer ver­söhnlichen Haltung in Europa beigetragen wurde. Sie tragen, meine Damen und Her­ren, zum Teil selbst Schuld an dieser Missstimmung bei der Bevölkerung, und Sie sind jetzt aufgefordert, sie so schnell wie möglich auszuräumen, denn wir brauchen – und damit komme ich zum letzten Punkt – unsere neuen europäischen Partner auch als Partnerinnen und Partner für eine neue Politik zum Beispiel im Verkehrsbereich. Wir müssen jetzt alle Kraft dafür verwenden, dass sie nicht glauben, wir würden nun ver­suchen, eine neue, wirtschaftliche Mauer gegen sie aufzurichten, sondern dass sie sehen, dass es um einen gemeinsamen Schutz einer gemeinsamen Umwelt und einer gemeinsamen Gesundheit der Bevölkerung entlang der Transitrouten geht (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), und das in den alten EU-Staaten und in den EU-Beitrittsländern! (Beifall bei den Grünen.)

Dafür müssen wir um Verständnis werben, und jede Propaganda (Präsident Dr. Fi­scher gibt neuerlich das Glockenzeichen) – ich komme damit zum Schluss –, die wie­derum darauf verweist (Abg. Mag. Molterer: Das ist unfair den anderen Rednern gegenüber!), dass man zur Begünstigung der Eigenen die Anderen aussperren müss­te, ist kontraproduktiv. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.49

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Regler. Die Rede­zeit beträgt exakt 3 Minuten. – Bitte.

 


12.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Hohes Haus! Es erfüllt mich mit großer Freude und Auszeichnung, dass ich heute an diesem wirklich historischen Beschluss mitwirken darf, der einerseits die Trennung Europas infolge der Beschlüsse von Jalta überwindet, wodurch Staaten dem Kommunismus ausgeliefert wurden, deren Vertreter seinerzeit schon hier in diesem Haus, im damaligen Reichsrat, gesessen waren: Polen, Böhmen, Slowenen. Genauso freue ich mich über und heiße herzlich


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willkommen die baltischen Staaten, die von Hitler an Stalin ausgeliefert wurden und unendlich viel Leid mitgemacht haben. Alle, alle herzlich willkommen!

Wir überwinden heute endgültig den Eisernen Vorhang, von dem wir uns lange Zeit gar nicht vorstellen konnten, dass er überwindbar ist. Wir haben die Nordautobahn aus dem Bundesstraßengesetz herausgenommen, wir haben die Pressburger Bahn östlich von Wolfsthal abgetragen, wir haben das zweite Gleis der Eisenbahn zwischen Graz und Spielfeld abgetragen, weil wir gesagt haben: Niemals mehr wird dorthin ein stär­kerer Verkehr stattfinden, so fix ist der Eiserne Vorhang.

Wir heißen die Touristen aus diesen neuen Beitrittsländern willkommen, die Käufer, die bei uns einkaufen und unserer Wirtschaft und damit uns allen helfen. Wir bemühen uns, die Verkehrsinfrastruktur optimal und umweltgerecht auszubauen. Über 2 Milliar­den €, also über 28 Milliarden Schilling, investieren wir jedes Jahr in den Ausbau und in die Erhaltung der Schieneninfrastruktur. Da wird also wirklich viel getan.

Damit der Verkehr auf der Straße möglichst umweltgerecht bewältigt werden kann, be­müht sich unsere bewundernswerte Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen – Beifall bei der ÖVP) in Unterstützung des hauptzuständigen Verkehrsministers um eine neue Wegekostenrichtlinie (Abg. Eder: Er hat sie noch gar nicht ...!), die die seinerzeitigen SPÖ-Verkehrsminister einschließ­lich Caspar Einem nicht zustande gebracht haben. Das muss ich hier auch eindeutig sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auch wenn es von der Opposition noch so oft behauptet wird, es wird dadurch nicht wahrer: Frau Außenministerin Benita Ferrero-Waldner hat der Aufgabe der 108-Prozent-Grenze nie zugestimmt! (Abg. Mag. Wurm: Weingartner!) Das muss ich hier doch richtig stellen, weil Sie es immer wieder behaupten, auch wenn es nicht stimmt. (Weitere „Weingartner“-Rufe bei der SPÖ.)

In diesem Sinne freue ich mich heute über diesen Beschluss, den wir fassen können, und sage noch einmal an alle Staaten: Willkommen in Europa, denn wir sind Europa! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.53

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schieder. Re­de­zeit: gleichfalls 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.53

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Meine Damen und Herren! In historischen Momenten soll man nicht nur zurückschauen, sondern auch schauen, was die nächs­ten Schritte sind. Der wichtigste ist sicherlich – das wurde heute schon gesagt –, die Chancen für unser Land und für unsere Bevölkerung zu nützen, unsere Lage, unsere Erfahrung, aber es müssen, wie Dr. Gusenbauer richtig sagte, Chancen mit Sicherheit sein. Es wäre daher auch die Chance für die Regierung, all das, was bei der Vorbe­reitung nicht getan wurde oder nicht getan werden konnte, nunmehr zu tun und die Hausaufgaben endgültig zu erledigen, um diese Chancen wirklich mit Sicherheit zu versehen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Die SPÖ will die pragmatisierte Chance!)

Wir sollten auch die Sprachen nutzen, und da zeigt ein Negativbeispiel, wie es nicht sein sollte: In dem Moment, in dem die österreichischen Minderheitensprachen gleich­zeitig die Sprachen der neuen Nachbarländer in der EU sind, sodass man das nutzen könnte, um für unsere Haltung, für unser Land zu werben und unsere Produkte darzu­stellen, streicht man die Sendungen für die Minderheiten in ihrer Sprache (Abg. Lentsch: Wo denn?), und es gibt ein kleinliches Hin und Her zwischen General­direktorin Lindner und Staatssekretär Morak. So sollte es nicht sein! Wir sollten die


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Chance nutzen und sie nicht zerstören. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Stimmt ja gar nicht!)

Zweitens: Ich glaube, die nächste Aufgabe ist es, sich auf die geänderte Situation in der EU einzustellen und zu erkennen, dass dies jetzt immer mehr eine eigene Ebene mit eigenen Gesetzen wird. Wer sich als Erster strategisch darauf einstellt, der wird auf dieser Ebene auch bestehen können.

Drittens: Wir müssen sehen, dass die EU mit 25 sehr groß wird, aber noch nicht ganz Europa ist, und dass es viele europäische Länder gibt, die nicht so schnell – oder manche vielleicht gar nicht – in die EU kommen werden. Auch für sie muss es eine Chance geben! Die Chance besteht darin, dass auch mit ihnen die Zusammenarbeit forciert wird. Die Institution, in der das geschehen kann, ist der Europarat. Wir sollten ihn hiefür nützen; Vorschläge gibt es. Das wäre auch die Chance, dass die Erweiterung der EU nicht zu einem Weniger an europäischen Standards führt, weil die Rechte der Menschenrechtskonvention, Menschenrechtsgerichtshof, Sozialcharta und andere viel­leicht abgeschwächt werden. Wir müssen auch das gesamte Europa sehen und ihm eine Chance geben.

Nützen wir die Chancen für unser Land, für die EU und für diesen Kontinent! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.56

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheuch. Gleiche Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich stehe heute mit einem weinenden und einem lachenden Auge hier heraußen. Es sind zwei Seelen in meiner Brust: Einerseits wird heute sicherlich ein einzigartiges, ein visionäres Projekt um­gesetzt, etwas, was Bedeutung hat – dessen sind wir Freiheitliche uns auch bewusst –, andererseits ist damit aber auch ein Risiko verbunden; es gibt Ängste, es gibt Sorgen, und es gibt berechtigte Sorgen innerhalb der Bevölkerung.

Es gibt Sorgen in der Landwirtschaft, es gibt Sorgen bei den Arbeitnehmern in den Betrieben, die um ihren Arbeitsplatz bangen, und es gibt Sorge um die Umwelt – ich nenne nur Temelín und den Transitverkehr –, aber die Vision lebt, und an der Vision werden wir uns anhalten. Es soll eine Zukunft ohne Feindbilder geben, es soll eine Zukunft mit weniger Vorurteilen geben, aber es soll auch – und das ist meiner Ansicht nach sehr wichtig – ein Europa geben, das kein Einheitsbrei wird, sondern es soll ein Europa mit Vielfalt und mit Regionen geben.

An dieser Stelle möchte ich einhaken, denn ich glaube, gerade Kärnten zeigt vor, dass dies möglich ist. Kärnten hat diesen Schulterschluss bereits gemacht. Wir haben es ge­schafft, mit Slowenien sehr viel zu erreichen und damit Vorbild für diese Erweiterungen zu sein. (Abg. Mag. Trunk: ... keine einzige Verhandlung!) Unzählige, meine geschätz­ten Damen und Herren – wer schreit, hat nicht Recht! Das habe ich an dieser Stelle schon öfter gesagt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unzählige gemeinsame Projekte mit Slowenien und mit Italien zeigen, dass man diese Gemeinschaft leben kann, mit Aktivitäten wirtschaftlicher, kultureller und politischer Natur. Wir leben „Senza confini“, wir leben diesen Gedanken in Kärnten im Austausch mit Italien und Slowenien, und wir werden das auch weitertragen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Genau diese Haltung wird die FPÖ auch in Zukunft einnehmen. Wir werden Visionen unterstützen, aber nicht blind, sondern mit einem wachsamen Auge. Wir werden weiterhin kritisch bleiben, wir werden weiterhin


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wachsam bleiben, denn das ist hier das österreichische Parlament! Primär vertreten wir Österreich, wir vertreten die Sorgen und die Anliegen der Österreicherinnen und Österreicher, und in zweiter Linie vertreten wir Europa. Nur wer kritisch verändert, meine Damen und Herren, verändert zum Guten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Das glaubt Ihnen kein einziger Freiheitlicher! Kein Kärntner glaubt Ihnen das!)

12.58

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

 


12.58

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Rosenkranz von den Freiheitlichen hat hier heute als letzten Satz sinngemäß gesagt: „Stellvertretend für alle freiheitlichen Abgeordneten“ stimme ich gegen diesen Beschluss, stimme ich in dieser Frage dagegen. (Abg. Rosenkranz: In der Sache Menschenrechte! – Abg. Dr. Bleckmann: In dieser Frage!) Es gibt keine ge­nauere, exaktere Beschreibung Ihrer Haltung, meine Damen und Herren von der Frei­heitlichen Partei, wie Sie mit dem Thema der EU-Erweiterung umgehen. Hier geht es um das Thema der EU-Erweiterung (Abg. Scheibner: Ja, aber auch um die Men­schen­rechte und um die Umwelt!) und nicht um das Thema einer Kritik an der EU. Wenn Frau Kollegin Rosenkranz sagt, dass sie stellvertretend für alle freiheitlichen Ab­ge­ordneten in dieser Frage dagegenstimmt, dann frage ich mich: Wieso sind Sie nicht alle so ehrlich und stimmen dagegen, anstatt der Sache immer noch ein Mäntelchen umzuhängen? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Erzählen Sie uns nicht, dass das ein Signal gegen die Politik der EU ist! Das ist ein Signal gegen die Erweiterung der EU, und Sie werden mit dieser Ihrer Haltung der Kooperation mit den neuen Mitgliedsländern keinen guten Dienst erweisen. Uns allen ist nämlich klar, dass die EU noch einen weiten Weg vor sich hat, wenn es um die wirtschaftliche, vor allem aber auch um die soziale und ökologische Integration geht.

Gerade Sie als Regierungspartei hätten jedoch eine Menge Möglichkeiten gehabt, die Sie auch hätten wahrnehmen können. Ich möchte es nur am Beispiel der Bahn sagen, weil das auch ein aktuelles Beispiel ist und Minister Gorbach es angesprochen hat: Es gibt einen wesentlich besseren Modal-Split in den Beitrittsländern als in Österreich, das Verhältnis das Gütertransports auf der Bahn zu jenem auf der Straße ist in den Beitrittsländern wesentlich besser.

Wenn Sie gewollt hätten, hätten Sie die Gelegenheit ergreifen können, um Koope­rationen zu schaffen, um hier auch etwas anzunehmen von den neuen Beitrittsländern, denen wir schon längst hintennach sind, weil wir nämlich im Zusammenhang mit der grenzenlosen Liberalisierungseuphorie auf EU-Ebene dabei sind, die Bahn auf EU-Ebene zu zerstören. In diesem Punkt könnten wir von den Beitrittsländern, den neuen Mitgliedern sehr viel lernen, und es hätte gerade für Sie als Regierungsvertreter und -vertreterinnen Möglichkeiten gegeben, einiges zu unternehmen.

Sie setzen hier ein Zeichen gegen die Erweiterung – und nicht ein Zeichen für eine positivere EU-Politik! (Abg. Scheibner: Sie müssen das ja wissen!) Ja, das ist aus Ihren Ausführungen sehr deutlich zu erkennen. (Abg. Scheibner: Sorgen Sie sich denn gar nicht um die Umwelt?) Wenn Sie dieser Erweiterung nämlich nur halbherzig zustimmen, dann werden Sie eine schlechte Basis für Verhandlungen mit den Ko­ope­rationspartnern haben, mit denen Sie in Zukunft in einer gemeinsamen EU arbeiten werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Sind Ihnen die Menschenrechte denn gar nicht wichtig?)

13.01

 



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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. Ab jetzt ist die Redezeitbeschränkung freiwillig; sie ist mit 4 Minuten vorgeschlagen. – Bitte.

 


13.02

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Hohes Haus! Im Besonderen Herr Präsident! Frau Außenminister! Herr Staatsekretär! Meine Damen und Herren! Es ist heute schon mehrmals davon gesprochen worden, dass wir einen ganz besonderen Tag erleben, einen historischen Tag, einen Tag, an dem wir die Erweiterung mittragen und mitge­stalten. Und an diesem Tag ist es wichtig, dass wir nicht die Gegensätzlichkeiten her­vor­heben, Frau Kollegin, sondern dass wir das Gemeinsame suchen. Diese Einladung an Sie darf ich aussprechen, und ich denke, das ist die Kultur, die wir ab nun brauchen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben diesen Prozess aufbereitet, wir haben ihn mitgetragen, und wir haben un­sere Erfahrung als Vermittler, als Gestalter eingebracht. Danke, Frau Bundesminister, dafür, dass Sie in Wahrnehmung Ihres Amts und Ihrer Funktion gerade auch auf europäischer Ebene ungemein viel dazu beigetragen haben, dass das gemeinsame Denken und Streben, dieses größere Europa zu schaffen, auch Wirklichkeit geworden ist.

Als einer, der diese Zeit erleben durfte oder musste – ich sage durfte –, erinnere ich mich in dieser Stunde an etwas, was heute auch schon angesprochen wurde. Vielleicht ist uns dieser Prozess deshalb gelungen, weil wir selber an das Jahr 1955 denken, in dem wir frei geworden sind und in dem auch bei uns ein anderes Leben begonnen hat. Heute und hier, in dieser Stunde, denken wir an das Jahr 1956, die Ungarn-Revolution, als tausende Ungarn zu uns gekommen sind.

Herr Abgeordneter Van der Bellen! Das ist immer die Kultur unseres Landes gewesen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Ja!) Wir haben die Menschen aufgenommen, sie sind inte­griert worden, sie sind heute wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft. Das können wir herzeigen! (Abg. Mandak: Wollen Sie damit sagen, dass das heute auch noch so ist?) Wir können uns auch an das Jahr 1968 erinnern, als uns Selbiges nach der Nieder­schlagung des Prager Frühlings gelungen ist. Und wenn Sie auch das noch hören wollen: Wer hat im Jahr 1981 so viel wie Österreich geleistet, als es die Krise in Polen gab und hunderte, ja tausende Polen eine andere Heimat gesucht und in Österreich gefunden haben. (Abg. Mandak: Es wäre schön, wenn das heute auch noch so wäre!) Wir waren die Vermittler, wir waren großartig, wir sind großartig, und wir werden uns auch in dieser Rolle in aller Zukunft beispielgebend zeigen und einbringen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mandak: Diese Zeiten sind leider vorbei!)

Zu dieser Zeit wäre es eine Illusion gewesen, an dieses neue, heute zu gestaltende Europa zu glauben. Die Trennung, die stattgefunden hat, diesen Gedanken des Ausei­nander-leben-Müssens kann nur derjenige begreifen, der an der toten Grenze gewohnt hat, der auch die unbegreiflich schikanösen Grenzkontrollen und vieles mehr miterle­ben musste.

Ich denke auch, dass wir heute hier sagen dürfen, dass das Jahr 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer in Wahrheit das bestimmende Jahr war. Und da ist der Gedanke meiner Partei Wirklichkeit geworden, denn die ÖVP war bis dahin und auch bis heute die Euro­papartei schlechthin. Wir haben diesen Gedanken immer diskutiert und haben unsere diesbezügliche Verantwortung immer in den Vordergrund gestellt. Heute kön­nen wir den Erfolg heimfahren, und ich danke allen, die sich hier eingebracht ha­ben! (Beifall bei der ÖVP.)

In dieser Stunde der Freude darf man aber natürlich auch auf einige andere Fragen Bezug nehmen, so etwa auch auf die Erwartungen. Was erwarten wir uns? – Wir


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erwarten uns, dass wir uns in Zukunft nicht nur mental besser verstehen, sondern dass wir uns auch hinsichtlich der Sprache etwas einfallen lassen. Wir sollten darauf sehen, dass wir die Sprachdynamik, die Annahme anderer Sprachen auch in unserem Land fördern – unter Wahrung der eigenen Kultur. Die Wahrung der eigenen Kultur ist für mich eine Grundvoraussetzung.

Ich denke, dass wir auch über einige andere Dinge nachdenken sollten, zum Beispiel über Fragen der Wirtschaft, der Landwirtschaft oder des Arbeitsmarkts, wo es Ihnen, Frau Bundesminister, ebenfalls gelungen ist, durch wirklich gute, funktionstüchtige und herzeigbare Übergangsregelungen die Probleme gerade auch in diesen sensiblen Bereichen hervorragend zu lösen. Das sind die Dinge, die wir heute hier artikulieren sollten!

Dieses neue Europa muss uns die Hoffnung erlauben, dass die Gleichberechtigung aller Staaten im europäischen Kontext Wirklichkeit ist und gelebt wird, dass Europa als starke Wirtschaftskraft in der Welt eine Rolle spielt, dass die Staaten dieses Europas nicht gegeneinander ausgespielt werden können und dass der Friedensprozess in Eu­ropa ab heute erst recht fortgeschrieben wird, damit wir und die nach uns kommenden Generationen den Wohlstand und den sozialen Standard erhalten können, sodass alle nachfolgenden Generationen in einem friedvollen und freien Europa leben können.

Meine Damen und Herren! Ich bringe dazu im Zuge dieser heutigen Debatte einen Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erweiterung der Europäischen Union ein.

Im Sinne der §§ 53, Abs. 4 und 55, Abs. 3 der Geschäftsordnung erläutere ich im Folgenden die Kernpunkte und ersuche den Herrn Präsidenten um Verteilung und dann um Abstimmung und Bearbeitung dieses Antrages.

Dieser Entschließungsantrag beschäftigt sich insbesondere mit den grenzüber­schrei­tenden Sicherheitskooperationen und der Polizeizusammenarbeit, mit dem Ausbau der regionalen Partnerschaften, mit den Infrastrukturentwicklungen, mit den Grenzre­gionen­förderungen, mit den Kultur- und den Bildungskooperationen.

Dieser Entschließungsantrag ist ausreichend unterfertigt und Ihnen, Herr Präsident, übergeben, und ich darf Sie bitten, ihn weiter zu bearbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.07

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der in seinen Kernpunkten erläuterte Ent­schließungs­antrag der Abgeordneten Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen ist vervielfältigt und verteilt, wird dem Stenographischen Protokoll beigedruckt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend Erweiterung der Europäischen Union eingebracht in der 40. NR-Sit­zung am 3. Dezember 2003 im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 1

Die breite Zustimmung des Nationalrats zum Beitrittsvertrag unterstreicht einmal mehr sowohl die große Bedeutung, die die Wiedervereinigung Europas für Österreich hat, als auch das Bewusstsein, dass es sich dabei um einen wirklich historischen Schritt für unser Land ebenso wie für unsere neuen EU-Partnerstaaten und für Europa als ganzes handelt.


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Österreich war im wesentlichen seit dem 2. Weltkrieg in eine europäische geogra­phische Randlage gedrängt, zunächst als Land am Eisernen Vorhang, dann an der EU-Außengrenze. Jetzt wird Österreich wieder seinen angestammten Platz in der Mitte Europas einnehmen. Die Einbeziehung jener Staaten, die durch die Geschichte des 20. Jahr­hunderts daran gehindert waren, ihren Platz in Europa einzunehmen und das große Friedens-, Sicherheits- und Stabilitätsprojekt der europäischen Integration liegen daher im ureigensten Interesse Österreichs und werden ausdrücklich begrüßt.

Zugleich ist aber klar, dass dieser Schritt nicht das Ende des Beitrittsprozesses, son­dern nur das Ende der ersten, wenngleich sehr umfangreichen und wichtigen Etappe auf dem Weg zur vollen Integration der neuen Mitgliedstaaten darstellt. Österreich hat diese Herausforderung angenommen und gerade in wirtschaftlicher Hinsicht schon er­hebliche Anstrengungen zur Vorbereitung geleistet. Auf allen Ebenen, in allen Be­reichen und in allen Mitgliedstaaten – ob alt oder neu – ist die europäische Partner­schaft zu leben. Aber auch nach den umfassenden Vorbereitungsarbeiten und den ausgehandelten Übergangsbestimmungen etwa im Bereich des Arbeitsmarktes und bestimmter Dienstleistungen sind weitere Schritte zu setzen, um die noch bevorste­henden Anpassungen an die veränderten politischen und wirtschaftlichen Rahmen­bedingungen ebenfalls erfolgreich zu gestalten.

Besonders wichtige Themen in diesem Zusammenhang sind:

Grenzüberschreitende Sicherheitskooperation und Polizeizusammenarbeit

Im Zuge des Jahres 2003 wurde die grenzüberschreitende polizeiliche Zusam­men­arbeit mit den Nachbarstaaten im Rahmen der Sicherheitspartnerschaften und im Hin­blick auf den am 1. Mai 2004 erfolgenden Beitritt dieser Staaten zur europäischen Union stark ausgebaut. Dabei erfolgte die Schwerpunktsetzung insbesondere im Be­reich der Bekämpfung der illegalen Migration und der Schlepperei. In einem verbun­denen Ansatz zwischen den Fremden-, Asyl- und Kriminalpolizeibehörden wurde dabei auf allen Ebenen polizeilichen und verwaltungsbehördlichen Handelns ein hohes Niveau erreicht.

Im Bereich der Weiterentwicklung der rechtlichen Möglichkeiten für die grenzüber­schreitende Polizeikooperation wurden Staatsverträge mit der Bundesrepublik Deutschland und Slowenien bereits ausgehandelt und am 10. November 2003 bzw. am 28. Oktober 2003 unterzeichnet. Mit den Nachbarstaaten Slowakei, Ungarn und Tsche­chische Republik werden die Verhandlungen zum Abschluss von Staatsverträ­gen derzeit geführt.

Klar ist auch, dass die Schengen-Außengrenze und damit die Grenzkontrollen solange erhalten bleiben, bis die polizeiliche Zusammenarbeit und die Sicherheitsstandards in den beitretenden Nachbarländern das erforderliche Niveau erreicht haben.

Ausbau der Regionalen Partnerschaft

Die Regionale Partnerschaft mit unseren Nachbarstaaten Slowakei, Slowenien, Tsche­chische Republik und Ungarn sowie mit dem kulturellen Nachbarn Polen ist die logi­sche Konsequenz einer bereits auf vielen Ebenen bestehenden engen Kooperation mit diesen Staaten. Mit dem Beitritt dieser Staaten zur Europäischen Union erreicht die Re­gionale Partnerschaft nunmehr die Phase der Definition und Durchsetzung gemeinsamer Interessen innerhalb der EU. Die Regionale Partnerschaft ordnet sich damit in jenes vielschichtige Geflecht von Netzwerken ein, die in ihrer Gesamtheit die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten der EU tragfähiger machen. Die erfolg­reiche Koordination in bezug auf die EU-Verfassung unter den Regionalen Partnern und anderen gleichgesinnten Mitgliedstaaten ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Zusammenarbeit in diesem Rahmen funktionieren kann und soll.


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Infrastrukturentwicklung

Insbesondere die Verkehrsinfrastruktur ist an die neuen Erfordernisse anzupassen. Zu diesem Zweck wurde die europäischen Planung im Bereich der Transeuropäischen Netze (TEN) mit der der Paneuropäischen Korridore verbunden und prioritäre Infra­strukturprojekte definiert. Eine gut ausgebaute hochrangige Verkehrsinfrastruktur auch in den grenzüberschreitenden Abschnitten von Schiene und Straße sowie ein multi­modales Korridormanagement haben eine hohe Bedeutung für Wirtschaftswachstum und Wohlstand in Europa ebenso wie in Österreich. Entsprechend den in den Ent­würfen für die Revision der TEN-Richtlinie Nr. 1692/96 EG vorgesehenen Mittel kann Österreich für prioritäre Projekte Gemeinschaftsfinanzierungen im Ausmaß von 20 % beanspruchen. Hinzu kommen besondere Projekte im Bereich der Nord-Süd-Achsen, insbesondere der Brenner-Basistunnel.

Grenzregionenförderung

Auch die Unternehmen stehen im Hinblick auf die Bewältigung der bevorstehenden EU-Erweiterung vor großen Herausforderungen. Es ist wichtig, vor allem die öster­reichischen KMUs dabei zu unterstützen, ihre Wettbewerbsfähigkeit - insbesondere mit Blick auf die neuen Märkte und Konkurrenten - zu erhalten und zu stärken. Nur so kön­nen Arbeitsplätze gesichert bzw. neu geschaffen werden - insbesondere auch in den sensiblen Grenzregionen.

Die Gemeinschaftsinitiative INTERREG des Europäischen Fonds für regionale Ent­wick­lung (EFRE) fördert die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Regionen der Europäischen Union.

Ziel des Programms INTERREG III (in der Strukturfondsperiode zwischen 2000 und 2006) ist die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in der Europäischen Union durch die Förderung grenzübergreifender, transnationaler und inter­regionaler Zusammenarbeit und ausgewogener räumlicher Entwicklung. Der Ein­beziehung von Regionen in äußerster Randlage sowie von Regionen entlang der Gren­zen zu den Beitrittsländern gilt dabei besondere Aufmerksamkeit. Diese Maßnahmen haben neben ihrer Bedeutung des Ausbaus der Infrastruktur auch wirtschafts­bele­ben­de und damit arbeitsmarktfördernde Wirkung in den betreffenden Grenzregionen.

Dazu gehören beispielsweise folgende INTERREG-III-Projekte:

"Grenzüberschreitender betrieblicher Know-how-Transfer und aktive Zusammenarbeit zwischen KMU in Österreich und Westungarn";

"Betriebliche Strategien von KMU unter veränderten Bedingungen in Folge der EU-Erweiterung und Monitoring der regionalen, sektorspezifischen Marktentwicklung" ;

"Regionalentwicklung im Dreiländereck Österreich – Slowenien – Ungarn";

"Entwicklung mehrsprachiger Korrespondenzinhalte und Wirtschaftsphrasen für den Alpe-Adria-Raum" (Slowenien);

"Entwicklung, Schulung und Anwendung von standardisierten Machbarkeitsstudien für KMU in der Vienna Region unter Einbeziehung eines spezialisierten Softwaretools" (Slo­wakei).

Die Erweiterung wird im besonderen auch dem Tourismus zugute kommen. Durch die zu­nehmende wirtschaftliche Verflechtung, durch integrierte Entwicklung grenzüber­schreitender Regionen auch in kultureller Hinsicht und durch den steigenden Wohl­stand in den Beitrittsländern wird der Tourismus weitere zusätzliche Impulse erhalten, die sich auf die wirtschaftliche und damit auch touristische Entwicklung vor allem un­serer Grenzregionen positiv auswirken werden.


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Kulturkooperation

Das kulturelle Erbe Europas stellt ein einzigartiges Vermögen von weit reichender Be­deutung dar. Die Idee eines vereinten Europa lebt zu einem nicht unwesentlichen Teil vom Miteinander der vielfältigen nationalen Kulturen. Die Europäische Union hat die Aufgabe, einen Beitrag zur Entfaltung dieser Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wah­rung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt bei gleichzeitiger Hervorhebung des ge­mein­samen kulturellen Erbes zu leisten. Die Förderung des kulturellen Dialogs und des wechselseitigen Kennenlernens der Kulturen und der Geschichte der europäischen Völker sind daher neben dem Austausch von Kulturschaffenden und Kulturgütern und neben der Zugänglichmachung des gemeinsamen Kulturerbes durch Digitalisierung der Ressourcen von eminent europäischem Belang. Die Erweiterung der Europäischen Union markiert einen neuen Qualitätssprung in bezug auf die Bewusstwerdung eines ge­meinsamen europäischen Kulturerbes und wird seitens Österreichs als Schlüssel für einen immer enger werdenden Zusammenschluss der europäischen Staaten gesehen. Österreich trägt diesem Anliegen durch eine große Zahl von grenzüberschreitenden Kulturprojekten Rechnung, die auf lokaler, regionaler oder überregionaler Ebene sowie privat und/oder öffentlich organisiert und finanziert werden.

Bildungskooperation

Bildungseinrichtungen übernehmen bei der Vorbereitung der Bürgerinnen und Bürger auf die Erweiterung eine Schlüsselrolle. Im Schulbereich wurden dazu zahlreiche Maß­nahmen getroffen: so wurden Fortbildungsveranstaltungen für österreichische Leh­rer/innen zum Thema „Die Erweiterung der EU“ durchgeführt; im Schuljahr 2002/2003 wurde ein Schulwettbewerb „Was Europa bewegt“ veranstaltet, um den Meinungs­bil­dungsprozess zum Thema EU-Erweiterung anzukurbeln. Das Thema der EU-Er­weiterung wird außerdem bei der Neubearbeitung und Aktualisierung von Schul­büchern und bei neuen Schulbüchern vor allem für Geschichte und Sozialkunde sowie für Geographie und Wirtschaftskunde behandelt. Eine besondere Bedeutung kommt der regionalen Kooperation mit den Nachbarländern Slowakei, Slowenien, Ungarn und Tschechien zu. Im Sinne von lernenden Regionen, in denen im Bildungsbereich über Grenzen hinweg kooperiert wird, wurden daher zahlreiche Maßnahmen gesetzt (z.B. Schüleraustausch, gemeinsam Projekte, elektronische Schulkooperationen).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht,

1. die grenzüberschreitende Polizei- und Sicherheitskooperation mit unseren Nachbar­ländern weiter auszubauen und insbesondere

im Bereich der Bekämpfung der illegalen Migration und der Schlepperei auch die Zu­sammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern der Migranten zu intensivieren

im Bereich der Bekämpfung der Eigentumskriminalität/Kriminaltourismus die Koope­ra­tion mit Rumänien besonders zu intensivieren

die Verhandlungen über entsprechende Kooperationsverträge mit der Slowakei, mit Un­garn und mit der Tschechischen Republik fortzusetzen und zu einem Abschluss zu bringen;

2. die Zusammenarbeit mit den Österreich benachbarten EU-Beitrittsländern im Rah­men der Regionalen Partnerschaft zu intensivieren und sicherzustellen, dass diese zu


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einem wirksamen informellen Konsultations- und Lobbyingmechanismus für alle Fra­gen von gemeinsamem Interesse und gesamteuropäischer Bedeutung weiterentwickelt wird;

3. die Umsetzung prioritärer Infrastrukturprojekte insbesondere den Ausbau hochrangi­ger Verkehrsverbindungen von Straße und Schiene gemeinsam mit unseren Nachbar­ländern im Sinne eines multimodalen grenzüberschreitenden Korridormanagements unter entsprechender finanzieller Beteiligung der EU weiter voranzutreiben;

4. die INTERREG-Programme zur Förderung der Grenzregionen in den kommenden Monaten und Jahren im Zusammenhang mit dem Beitritt der mittel- und osteuro­päischen Länder intensiv und optimal weiter zu nutzen, um vor allem grenzüberschrei­tenden Projekte, die im Interesse Österreichs liegen, zu fördern, die Förderungs­pro­gramme der EU im Bereich Tourismus für Österreich noch mehr als bisher nutzbar zu machen und durch intensive Zusammenarbeit mit den Ländern sowie durch eine Bün­delung und Neuausrichtung von bestehenden Förderinstrumenten in der AWS und des ERP die Förderintensität insbesondere für KMU in Grenzregionen zu verstärken;

5. ihre Anstrengungen zur Schaffung eines gemeinsamen, vielfältigen, europäischen Kulturraums zu intensivieren und diesbezügliche Bemühungen auf breitester Ebene zu unterstützen;

6. dafür Sorge zu tragen, dass die bi- und multilaterale Zusammenarbeit mit den Bei­trittsländern, insbesondere mit den Nachbarländern, weiter verstärkt wird. Dafür sollen unter anderem die Bildungs- und Berufsbildungsprogramme der Europäischen Union (Sokrates, Leonardo da Vinci), an denen die Beitrittländer bereits jetzt teilnehmen kön­nen, verstärkt genutzt werden.“

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


13.08

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatsekretär! Meine Damen und Herren! Ja, Herr Donabauer, die Zei­ten haben sich geändert, was die Betreuung von Flüchtlingen und auch die Auf­nahme von Flüchtlingen betrifft, da gebe ich Ihnen Recht. (Abg. Donabauer: Hören Sie doch auf, zu jammern, und beginnen Sie, nachzudenken!) Überlegen Sie sich doch, wie es gewesen ist und wie es heute ist. Sie haben diesen Punkt angesprochen, und ich möchte Ihnen nur darauf antworten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir stehen vor einem wichtigen Schritt. Das ist heute schon sehr oft betont worden, und trotzdem kann man es nicht oft genug sagen: Dieser friedliche und freiwillige Zu­sammenschluss von 25 Ländern ist einmalig in der Geschichte Europas, und poli­tische Stabilität, Frieden, Demokratie und Menschenrechte in einem erweiterten Eu­ropa werden künftig ein wesentlicher Beitrag zu einer friedlichen Koexistenz sein und ein harmonisches Zusammenleben ermöglichen.

Diese Erweiterung bringt, wie schon erwähnt, enorme Chancen, wenn auch einige Fragen offen bleiben, wie zum Beispiel: Wird es den neuen Mitgliedsstaaten gelingen, dort, wo es notwendig ist, den Prozess des Aufholens auch wirklich zu bewältigen? Welche Einflüsse wird die Erweiterung auf die alten Mitgliedsstaaten haben? Werden wir es schaffen, dass wir so gut miteinander kommunizieren, dass wir so gut mitei­nan­der verhandeln, dass alte und neue Staaten friktionsfrei zu einem einheitlichen, politi-


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schen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen System der EU zusammen­wachsen, zusammenwachsen in all ihrer Unterschiedlichkeit?

Durch die EU-Erweiterung wird einer der größten Binnenmärkte der Welt mit fast 500 Millionen Einwohnern entstehen. Daher sind die Themen Arbeitsmarkt und Be­schäftigung ganz wesentliche Eckpunkte der Diskussion.

Unter dem gemeinsamen Dach der 25 Länder werden ab 2004 Menschen unterschied­lichster Sprach- und Kulturräume und unterschiedlichster regionaler und kultureller Iden­titäten eng zusammenleben und zusammenarbeiten. Aufgaben von elementarer Bedeutung werden daher Integration, multikulturelle Zusammenarbeit und die Ver­teidigung kultureller Vielfalt gegen zahlreiche Vorurteile und Ängste sein. Europa ist eben nicht nur eine politische oder ökonomische Zweckgemeinschaft, sondern auch eine Kultur- und Wertegemeinschaft, denn wir werden mit der Erweiterung parallel zum wirtschaftlichen und politischen Zusammenwachsen auch kulturell wieder näher zu­sam­menrücken. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Dafür sind aber einige Voraussetzungen zu schaffen und Maßnahmen zu ergreifen, die unterstützend wirken. Erstens sollten die Menschen unterschiedlicher kultureller Hin­tergründe auch sprachlich miteinander kommunizieren können. Die Sprache ist ein sehr machtvolles Instrument, und Multikulturalität hat daher auch etwas mit Mehr­spra­chigkeit zu tun. Österreich wird ja immerhin gleich Nachbar von vier neuen EU-Staaten. Wenn ich mir die Entwicklung der Regierungspolitik in der letzten Zeit anschaue, dann sehe ich, dass keine besonderen Initiativen gestartet wurden. Auf dem Bildungssektor ist genau das Gegenteil passiert: Kürzung von Unterrichtsstunden, Abbau von För­der­maßnahmen und Streichung zusätzlicher Bildungsangebote. Peter Schieder hat es schon erwähnt: Volksgruppen-Radios und auch mehrsprachige Freie Radios kämpfen ums Überleben. Das ist sehr bedauerlich, und da gibt es einiges zu tun, meine Damen und Herren.

Zweitens: Es gibt Finanzierungs- und Kulturförderungsprogramme, die aber ausgebaut werden müssten. Mittelfristig muss es in der EU auch darum gehen, die Bereitstellung von Mitteln für die Kulturförderung prozentuell anzuheben. Das hilft uns aber nicht, wenn nicht auch im nationalen Bereich ebenfalls erhöht wird.

Ich habe dazu noch eine Aussage der Außenministerin im Ohr, die sie während der Kulturministerkonferenz in Linz gemacht hat: Es müsse verhindert werden, dass an den zukünftigen EU-Außengrenzen neue kulturelle Trennlinien entstehen. Dem stimme ich voll zu. Wir sollten keine neuen Trennlinien zulassen. Kunst und Kultur sind äußerst hilfreich als Mittel zur Prävention gegen Konflikte oder auch zur Aufarbeitung von Kon­flikten. Wir benötigen aber ausreichend Ressourcen, um wirklich eine aktive Auslands­kulturpolitik durchführen zu können. Die Bereitschaft der Kulturschaffenden, ohne Trenn­linien europaweit zu kooperieren oder an den Trennlinien und mit den Trennlinien zu arbeiten, ist groß. Es fehlen ihnen aber, wie gesagt, die Ressourcen und die Un­terstützung der Auslandskulturpolitik.

Wie man sieht, geht es also nicht nur um die Frage, ob die künftigen Mitgliedsländer gut auf die Erweiterung vorbereitet sind, sondern vor allem auch um die Frage, ob Österreich gut vorbereitet ist. Und da ist von der derzeitigen Regierung sehr viel ver­säumt worden, und zwar auch, wie ich meine, in der Auslandskulturpolitik. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abge­ordnete Dr. Bleckmann zu Wort. – Bitte.

 



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13.14

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist sicherlich für viele ein großer Tag, den wir aber nicht mit Augenzwinkern, sondern sehr wohl mit einer ange­mes­sen kritischen Haltung begehen sollten.

Man muss sehr wohl bedenken, dass diese Abstimmung, die heute und hier stattfinden wird, eine Abstimmung im Paket sein wird, die sicherlich anders und differenzierter aus­sehen würde, wenn es die Möglichkeit der Einzelabstimmung gäbe. Genau deshalb hat unsere Kollegin Barbara Rosenkranz gesagt, dass sie hier als Vertrie­benen­sprecherin in der Frage der Beneš-Dekrete stellvertretend für die freiheitlichen Abge­ordneten abstimmen wird, so wie unser Umweltsprecher, Kollege Klaus Wittauer, in der Frage Temelín stellvertretend für die freiheitlichen Abgeordneten abstimmen wird. Ge­nau das ist der Punkt, dass es hiebei um zwei Bereiche geht, die aus Sicht der Frei­heitlichen noch nicht ausreichend geklärt sind, und dass nicht gleiches Recht für alle Länder angewandt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sehe das so ähnlich wie bei einer Fußballmannschaft. Wenn ich elf Personen habe, die ich ins Spiel schicken will, und einer davon hat das Klassenziel nicht erreicht, dann kann ich doch nicht, nur weil der eine sein Ziel nicht erreicht hat, sagen, es dürfen alle anderen nicht spielen, sondern ich muss eben schauen, dass ich den einen mitnehmen kann. Aber ich sage ihm: Wenn du deine Hausaufgaben in Zukunft nicht machst, dann ist das ein Problem. Und so kann das Spiel dann gespielt werden, und so kann die Mannschaft dann auch ein gutes Ergebnis bringen.

Deshalb gibt es für uns hier eine klare Linie, eine einheitliche freiheitliche Linie, die eben besagt, dass wir in diesen zwei Bereichen Probleme sehen und deshalb dieses Abstimmungsverhalten zeigen. Deshalb kommt eben auch nicht die große Euphorie auf, denn es gibt – und das ist eine große Herausforderung – die Erweiterung, und – wie auch schon gesagt wurde – wir stehen ja erst am Beginn der Erweiterung, denn es gibt einige Dinge, die noch zu klären sind. Und genau das sind die Sorgen und Ängste der österreichischen Bevölkerung, mit denen wir ja auch konfrontiert sind, die wir ja auch ernst nehmen müssen und die wir uns auch genau anhören müssen. Es liegt an allen, sich auch damit auseinander zu setzen.

Es ist natürlich eine Frage, wie diese vielen neuen Länder wirklich in den gesamten Ver­waltungsprozess integriert werden sollen, damit es einen reibungslosen Verwal­tungsablauf gibt. Ist die Vorbereitung wirklich ausreichend gewesen, die für die ge­samte Erweiterung stattgefunden hat? Wie wir gehört haben, findet der formale Pro­zess nun sozusagen in Form der Abstimmung statt und kommt bis zum 5. Mai zu sei­nem Abschluss, aber der eigentliche Integrations- und Erweiterungsprozess beginnt erst.

Wenn Kollege Van der Bellen sagt, der Stabilitätspakt ist politisch tot, dann meine ich, das ist auch eine der Sorgen und Befürchtungen, die es gibt, dass es eben innerhalb der EU welche gibt, die sich nicht an die Spielregeln halten. Und da muss man auch entsprechende Überlegungen anstellen, damit gerade die kleinen Länder nicht unter die Räder kommen. Deshalb wird es auch in Zukunft wichtig sein, Allianzen mit an­deren kleinen Ländern zu schließen, die im Zuge der Osterweiterung jetzt auch zur EU kommen, um alle Möglichkeiten zu nutzen, Partner zu finden, die dann auch mit Öster­reich gemeinsam einen Weg in Europa und innerhalb der EU gehen werden.

Das heißt, wir Freiheitliche schließen nicht die Augen, sondern wir gehen mit geöff­neten Augen in die Erweiterung hinein. Wir gehen nicht mit Scheuklappen, sondern mit Weitblick und vor allem mit Weitblick für die Österreicherinnen und Österreicher, und wir gehen nicht mit Augenzwinkern, sondern mit einer angemessen kritischen Haltung,


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nämlich mit einer konstruktiv-kritischen Haltung zur EU-Osterweiterung in diese Ost­erweiterung hinein, denn nur wer kritisch verändert, verändert auch zum Guten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.18

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abge­ordnete Machne zu Wort. – Bitte.

 


13.19

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einen Rückblick in das Jahr 1995, zu jenem Augenblick, der für mich unvergesslich bleibt: als wir den Grenz­balken zwischen Südtirol und Osttirol mit Hilfe der Landeshauptleute entfernt haben. Es hat dieser Akt Tirol wieder zusammengeführt und natürlich gerade für unser Bun­desland sehr viel bedeutet. Ich freue mich und bin sehr stolz darauf, dass ich heute bei der Ratifizierung des Beitrittsvertrags der neuen Staaten dabei sein werde, dass wir dann ein Europa mit 25 Staaten sein werden.

Ich bin auch Mitglied des Ausschusses der Regionen in Brüssel. Es war schon auch schön, dass seit Mai des heurigen Jahres die 85 neuen Mitglieder der Beitrittsländer bei uns als Beobachter waren, also ohne Stimmrecht. Ab Mai werden sie dann stimm­berechtigt im Ausschuss der Regionen vertreten sein. Sie hatten jetzt schon die Ge­legenheit, die Kontakte, die Partnerschaften in Europa zu pflegen und auch auszu­bau­en. Ich meine, dass gerade die Partnerschaften, die wir mit den Beitrittsländern pflegen werden, für Österreich von besonderer Bedeutung sein werden.

Osttirol bemüht sich nun seit dem „Jahr der Berge“, mit Slowenien eine Partnerschaft einzugehen. Wir haben ein großartiges Projekt, nämlich den Europa-Drau-Radweg, ins Leben gerufen. Der geht vom Ursprung der Drau, also von Toblach in Südtirol, über Osttirol, Kärnten, bis nach Maribor. Ich hatte die Gelegenheit, dieses Projekt im Ge­meinderat von Maribor vorzustellen. Ich war ganz überrascht, wie viel wir auch von den Slowenen lernen können. Ich war deshalb überrascht, weil ich feststellen konnte, in welch großem Umfang viele Menschen drei Sprachen können. Neben ihrer Mut­ter­sprache können sehr viele Slowenen auch Fremdsprachen wie Englisch und Deutsch, was fast eine Selbstverständlichkeit ist. Ich glaube, gerade in diesem Bereich kann auch Österreich von den Beitrittsländern noch einiges lernen.

Gestatten Sie mir, dass ich auch zur Daseinsvorsorge ein paar Worte sage. Ich glaube, gerade die Daseinsvorsorge ist ein großes Anliegen vieler Österreicher, aber auch aller Europäer. In der Sitzung des Ausschusses der Regionen im Oktober wurde von Lan­des­hauptmann Van Staa, Dörler und Klasnic ein Abänderungsantrag eingebracht. Da­mit hat der AdR eingefordert, im europäischen Verfassungsvertrag eindeutig klar­zu­stellen, dass die Europäische Union sicherstellen muss, dass die Kompetenzen der lo­kalen, regionalen und nationalen Behörden im Bereich der Daseinsvorsorge aufrecht bleiben müssen.

Ich denke, dass hier wirklich ein wichtiger Grund zum Handeln besteht, und ich bedan­ke mich ausdrücklich bei unserem Bundeskanzler, der in dieser Angelegenheit tätig ge­worden ist. Besonders möchte ich mich auch bei unserer Außenministerin bedanken, die in der „Pressestunde“ ja klargemacht hat, welch großes Anliegen ihr gerade das ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Gerade die Selbstbestimmung der einzelnen Staaten in diesem Bereich würde einen wesentlichen Beitrag zur Akzeptanz der Europäischen Union bei den Menschen in der Europäischen Union leisten. Österreich wird wieder in der Mitte Europas sein, in die


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Mitte Europas rücken, und darüber, glaube ich, können wir uns alle freuen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


13.23

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich wird in Kürze vom Rand in die Mitte einer großen europäischen Gemeinschaft rücken und wie kein an­deres Land von den Auswirkungen der EU-Erweiterung betroffen sein – von den Chan­cen, aber auch von den Risken.

Damit sich die Chancen realisieren und nicht die Risken, bedarf es intensiver Vor­be­reitungs­arbeit, die mehr sein sollte, als sich darüber Sorgen zu machen, ob irgend­je­mand seine Karriere mit dem Titel Kommissar oder Unionspräsident krönen darf.

Die Gefahr, dass der Arbeitsmarkt und der Dienstleistungsmarkt in verschiedenen Branchen verstärkt unter Druck geraten, ist sicherlich gegeben. Gerade deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es wichtig, dass die EU und innerstaatliche Stel­len eine aktive Rolle übernehmen und die Grenzregionen auf beiden Seiten der dann ja nicht mehr vorhandenen Grenzen stärken. Denn der beste Schutz für unsere Märkte ist eine florierende Wirtschaft in den Beitrittsländern mit gleichgezogenem Lohn- und Preisniveau, eine entschlossenen Bekämpfung des Schwarzarbeitgebertums und eine bestmögliche Qualifizierung unserer eigenen Arbeitskräfte. Gerade hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist Österreich besonders gefordert, eine aktivere Rolle zu übernehmen als bisher, damit wir nicht auch wirtschaftspolitisch unter die Räder kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die siebenjährige Übergangsfrist, die von Leuten wie zum Beispiel der Frau Außen­ministerin überhaupt in Frage gestellt wird, darf nicht als Faulbett missverstanden werden, in dem sich die Bundesregierung zurücklehnt und abwartet, was da kommt. Denn sie kommen, wenn auch nicht im kolportierten Ausmaß: die Arbeitskräfte aus Län­dern, in denen das Lohnniveau nur einen Bruchteil unseres Lohnniveaus aus­macht.

Es sind sicher auch nicht nur einige wenige Unqualifizierte, die vielleicht im Reini­gungsdienst unterkommen wollen, sondern es werden auch viele höher Gebildete sein, die in Österreich arbeiten wollen und auch das Können dazu haben. Immerhin haben nach einer OECD-Studie die Erweiterungsländer anteilsmäßig schon mehr junge Leute mit Matura oder abgeschlossener Lehre als wir. Auch die AkademikerInnenquote, vor allem im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich, ist vergleichsweise hoch. Also bei der Bildung haben die Beitrittsländer ihre Hausaufgaben gemacht, wie das ja auch meine Vorrednerin schon festgestellt hat.

Aber was macht Österreich unter einer Bildungsministerin Gehrer? – Es werden Schul­stunden gekürzt, LehrerInnen ersatzlos in Pension geschickt (Abg. Scheibner: Da ist aber der Wiener Stadtschulrat schuld! – Abg. Mag. Regler: Die gehen ja freiwillig in Pension! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), durch Stu­dien­gebühren werden soziale Barrieren aufgebaut, Tausende Lehrstellensuchende, Kol­lege Scheibner, warten auf einen Lehrplatz. Jedes Jahr bietet sich an den berufs­bil­denden mittleren und höheren Schulen das gleiche Bild: Jede Menge hochbegabter Ju­gendliche, die eine Ausbildung machen wollen, die von der Wirtschaft dringend nach­gefragt wird, wie zum Beispiel im Bereich Maschinenbau, werden wegen Platzmangels abgewiesen. Zahlreiche Qualifizierungsprojekte, für die es EU-Fördergelder gäbe, kön-


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nen nicht durchgeführt werden, weil innerstaatliche Stellen die Kofinanzierung ver­weigern oder verweigern müssen, weil die Arbeitsmarktförderung durch diese Bundes­regierung massiv ausgehungert wird. Und so bleibt viel Geld in Brüssel liegen, das eigentlich zur Belebung unseres Arbeitsmarktes gedacht wäre.

Aber nicht nur die Bundesregierung fällt durch wirtschaftspolitisch passives Amtsver­ständnis auf, auch die heimischen Unternehmen nützen den Markt vor der Haustür zu wenig. Eine große Chance würde hier das PHARE-Programm  zum Aufbau von Infra­strukturprojekten in den Beitrittsländern bieten. Hier gelingt es viel weiter entfernt lie­genden Staaten, wie zum Beispiel Dänemark, über Verträge ein Vielfaches an Förder­mitteln zu lukrieren.

Woran das liegt? – Vielleicht an der Qualität der Interessenvertretung der Wirt­schafts­treibenden, die möglicherweise ihrem Informationsauftrag nicht ausreichend nach­kommt. Wir wissen es nicht, aber was wir wissen, ist eines: Wenn jetzt nicht – und ich hoffe, es ist noch nicht zu spät (Abg. Scheibner: Es ist nie zu spät, Frau Kollegin!) – massive Kraftanstrengungen unternommen werden, um Versäumtes aufzuholen, dann wird unser Land geographisch zwar in der Mitte sein, aber sonst ganz schön im Eck stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


13.28

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Außenminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! An den Be­ginn meiner heutigen Rede möchte ich ein Zitat von William Shakespeare stellen: „Den besseren Gründen müssen die guten weichen.“

Es gibt gute Gründe, für den Beitritt der zehn neuen Staaten zur EU zu sein, dem ein Großteil der Freiheitlichen Partei zustimmen wird. Zwei stimmen nicht zu. Das ge­schieht im Einklang, das ist Parteilinie. Für mich gibt es bessere Gründe dafür, ein Signal zu setzen, dass wir Freiheitlichen in drei Fragen sehr EU-kritisch sind. Ich bin mir sicher, jeder Abgeordnete im Hohen Haus hört die Stimmen, die Ängste und die Sorgen aus der Bevölkerung gerade in der Frage der Osterweiterung, gerade in der Frage des Transits in Tirol, der Beneš-Dekrete und Temelín im Osten.

Für uns sind soziale Sicherheit, Gesundheit und eine lebenswerte Umwelt wichtig. Das gehört einfach zu den wichtigen Anliegen unserer Freiheitlichen Partei für die Öster­reicher. Die Österreicher brauchen das, vielleicht sind wir aber die Einzigen, die eine kritische Stimme zu diesen Themen haben.

Wir Freiheitlichen wissen, dass unsere zwei Gegenstimmen symbolisch sind. Es gibt verschiedenen Gründe dafür, und einer davon ist vor allem die starre Haltung Tsche­chiens. Bisher gab es 59 Störfälle. Das ist ein hohes Gefährdungspotential. Wir haben dort nichts erreicht. Tschechien geht sehr unseriös mit den österreichischen Anliegen um, obwohl die Energieverwaltungsagentur die Abschaltung des Reaktors empfohlen hat, weil es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist.

Derzeit bekennt sich die Mehrzahl der EU-Staaten zur atomfreien Zukunft in Europa. Die Erweiterung wird das Kräfteverhältnis aber zugunsten der Atom-Lobby, das heißt zugunsten jener, die die Atomenergie fördern, verändern. Das ist eine sehr schwierige Situation für uns, weil das für vieles, was Österreich bisher getan hat, vielleicht wieder einen Rückschritt für lange, lange Zeit bedeuten wird.

Ich möchte aber einige Pressemeldungen der letzten Wochen zitieren:


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Die oberösterreichischen Grünen fordern einen engagierten Protest der Bundesre­gie­rung gegen einen Ausbau von Temelín. – Meine Stimme ist der Protest gegen den wei­teren Ausbau. Dies ist eine freiheitliche Stimme, denn wir stehen dem sehr kritisch gegenüber.

Landwirtschaftsminister Pröll hat in Prag scharfe Kritik gegen Temelín geübt. – Meine Stimme ist ebenfalls scharfe Kritik an Temelín.

Greenpeace lehnt die Bevorzugung der Atomkraft in der Europäischen Verfassung ab. – Meine Stimme ist die Ablehnung der Atomstromlobby.

Die tschechische Umweltbewegung „Südböhmische Mütter“ fordert den Rücktritt des stellvertretenden tschechischen Industrieministers und eine Volksabstimmung zur Atom­energie. – Meine Stimme unterstützt diese Umweltbewegung. (Abg. Sburny: Ihre Stimme ist eine Stimme gegen die Erweiterung!)

SPÖ-Umweltsprecherin Ulli Sima wirft der Regierung vor, dass sie jeden Störfall kom­mentarlos hinnimmt. – Meine Stimme ist ein klares Zeichen für die Freiheitlichen, dass wir diese Störfälle keineswegs kommentarlos hinnehmen werden.

Meine Stimme soll ein Signal nach Brüssel und nach Prag sein, dass bei einigen Dingen noch großer Handlungsbedarf besteht. Daran wird auch Tschechien nicht vor­bei­kommen. Wir Freiheitlichen unterstützen das Friedensprojekt Europa. Dadurch wird deutlich, dass wir den Beitritt der neuen Länder in dieser Bedeutung begrüßen. Doch die­ses Europa darf nicht dem Wettbewerb der Wirtschaftslobbyisten zum Opfer fallen, dieses Europa soll die Heimat und die Zukunft der darin lebenden Menschen dar­stellen. Deshalb wäre es auch notwendig, dass Brüssel, aber auch Tschechien in sei­ner Politik Veränderungen vornimmt.

Wir nehmen die Ängste und Sorgen unserer Bürger ernst, deshalb werde ich für die Freiheitlichen mit Nein stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Alle oder nur Sie?)

Um diese Position der Regierung auch zu dokumentieren, möchte ich einen Ent­schließungsantrag einbringen, der lautet:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Kopf, Wittauer und Kollegen betreffend Fortsetzung der konse­quen­ten Anti-Atom-Politik Österreichs insbesondere in Bezug auf das Kernkraftwerk Te­me­lín

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht,

im Sinne der Umsetzung des Regierungsprogramms sowie auf Basis der Ent­schließung 143/E des Nationalrates vom 10.7.2002 die zukünftigen Schwerpunkte der Anti-Atom-Politik Österreichs unter besonderer Berücksichtigung des Kraftwerkes Temelín aktiv fortzusetzen,

für die konsequente Umsetzung des Abkommens von Brüssel hinsichtlich des Kern­kraftwerkes Temelín einzutreten,

den Wunsch nach einem Ausstieg aus dem Kernkraftwerk Temelín zu bekräftigen, („Null­variante)“, auch nach dem Beitritt darüber weitere Gespräche mit der Tsche­chischen Republik zu führen und jederzeit zu entsprechenden Verhandlungen mit der tschechischen Regierung bereit zu sein,


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hinsichtlich der Umsetzung des Melker Prozesses weiterhin für eine volle Offenlegung aller relevanten Daten seitens der zuständigen tschechischen Behörden einzutreten,

und den zuständigen tschechischen Behörden im Zuge der Erstellung des neuen tschechischen Energiekonzeptes größtmögliche Unterstützung mit dem Ziel anzu­bieten, den Ausstieg aus der Atomenergie und den Umstieg auf die Nutzung erneu­er­barer Energieträger zu fördern.

*****

Ich glaube, auch mit diesem Entschließungsantrag zeigt diese Regierung, was wir wollen, in welche Richtung wir gehen und dass wir nicht aufgeben, sondern auch für die Zukunft dieses Landes kämpfen werden.

Ich möchte aber eines noch kritisch anmerken: Es ist in dieser Frage der EU-Ost­erweiterung, glaube ich, nicht dienlich, wenn uns die verschiedenen Fraktionen der Op­position Scheinheiligkeit vorwerfen oder meinen, unser Verhalten sei innenpolitisch motiviert. Für uns war es eine schwere Entscheidung. Wir haben wirklich sehr ge­rungen darum, und ich glaube, mit diesem Signal an Brüssel, mit diesem Signal an Tsche­chien haben wir nicht nur ein Signal gesetzt, sondern unsere Position doku­mentiert, um es in Zukunft besser zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Kopf, Wittauer ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


13.35

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe kürzlich in einem äußerst interessanten Vortrag von einem Mitarbeiter der Firma Contrast Mana­gement-Consulting hören dürfen, was die EU-Erweiterung hinsichtlich der Chance für den Tourismus als unserer größten Dienstleistungsbranche in Österreich bedeutet. Er brach­te grundsätzlich zum Ausdruck, dass die Nachfrage nach Auslandsreisen, also die so genannten Tourismusimporte, im Steigen begriffen sind. So kann bis 2010 er­war­tet werden, dass die Tourismusimporte der Europäer – zu konstanten Preisen und natürlich auch Wechselkursen – beziehungsweise die Nachfrage nach Auslandsreisen eine immense sein wird und auch noch deutlich wachsen wird.

Deutlich stärker werden, bedingt durch die Effekte der EU-Erweiterung, natürlich auch diese Auslandsreisen der Beitrittskandidaten expandieren, und davon profitieren die Tou­rismusregionen, mein Wahlkreis vor allen Dingen auch – dafür bin ich sehr, sehr dankbar –, die Gemeinden und insbesondere auch die Betriebe. Und ich gehe davon aus – das sage ich auch in Anwesenheit der Vertreter der Beitrittsländer –, dass das Interesse der Österreicher und Österreicherinnen an den Beitrittsländern ebenfalls so gesteigert wird, weil sie die Schönheiten und Vorzüge dieser Länder kennen lernen möchten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben von der Gästestruktur her etwa an die 45 Prozent aus dem bundesdeutschen Bereich, 26 Prozent aus dem inlän­di­schen und natürlich auch viele aus dem europäischen Bereich. 5 Prozent der Winter­nächtigungen in unserem Wahlkreis sind bereits auf Gäste aus den Beitrittsländern zurückzuführen. Im letzten Jahr ist sogar noch eine Steigerung dieser Gästezahlen zu verzeichnen gewesen. Ich bin sehr, sehr dankbar dafür, dass die Beitrittsländer


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unserer größten Wertschöpfung, nämlich dem Tourismus, auch entsprechend entge­gen­kommen. Ohne Gäste aus den Erweiterungsländern – das sage ich ganz offen – könnten wir gewisse Einbrüche auf anderen Märkten nicht mehr ausgleichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gilt, diese Märkte und auch diese Wachstumshorizonte entsprechend professionell zu erkennen, Sprachbarrieren zu überwinden und insbesondere – und das soll in diesem Hohen Haus auch gesagt werden – unserer Jugend, nämlich der österreichischen Jugend und auch der Jugend der Beitrittskandidaten, entsprechende Zukunftsperspektiven offen zu halten.

Hohes Haus! Ich begrüße es auch, dass die Europa-Wahlordnung entsprechend geän­dert wird, was insbesondere auch die Gemeinden und die ehrenamtlichen Beisitzer der Gemeinden betrifft, weil nämlich das Auszählungsverbot bei den einzelnen Wahlen fallengelassen wird. Die 22-Uhr-Regelung fällt weg – die Beisitzer werden es uns danken –, der Wahlvorgang braucht damit nicht ruhend gestellt werden, und somit ist auch die Angst unbegründet, dass hier noch entsprechende Wählerpotentiale stimuliert werden könnten.

In diesem Zusammenhang bringe ich einen vom meiner Kollegin leider vergessenen Ab­änderungsantrag ein, der sehr wichtig ist, aber jetzt etwas von meiner Redezeit stibitzt.

Abänderungsantrag  

der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Cap, Scheibner, Dr. Eva Gla­wisch­nig und Kollegen zum Antrag 250/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Herbert Scheibner und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung geändert und ein Bundesgesetz über die Europawahl 2004 erlassen wird, in der Fassung des Ausschussberichtes in 288 d.B.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert.

1. In Artikel I werden der bisherigen Ziffer 1 folgende neue Ziffern 1a und 1b voran­gestellt:

„1a. In § 27 Abs. 1 wird der erste Satz durch die folgenden Sätze ersetzt:

‚Die Ausstellung der Wahlkarte ist bei der Gemeinde, von der der Wahlberechtigte in das Wählerverzeichnis eingetragen wurde, beginnend mit dem Tag der Wahlaus­schreibung bis spätestens am vierten Tag vor dem Wahltag schriftlich oder spätestens am zweiten Tag vor dem Wahltag, 12 Uhr, mündlich zu beantragen. Ebenfalls bis zum letztgenannten Zeitpunkt kann ein schriftlicher Antrag gestellt werden, wenn eine per­sönliche Übergabe an eine vom Antragsteller bevollmächtigte Person möglich ist. Im Ausland kann die Ausstellung und Ausfolgung der Wahlkarte auch im Weg einer öster­reichischen Vertretungsbehörde beantragt werden.‘

1b. § 28 Abs. 3 erster Satz lautet:

,Die Zahl der ausgestellten Wahlkarten ist am zweiten Tag vor dem Wahltag im Wege der Bezirkswahlbehörde unverzüglich der Landeswahlbehörde bekannt zu geben. (So­fort­meldung).‘“

2. In Artikel I wird in Ziffer 8 in § 91 Abs. 2 vor dem Zitat „§ 59 Abs. 3“ folgender Satz eingefügt:


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„§ 27 Abs. 1 und § 28 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft.“

*****

Herr Präsident! Ich bitte, diesen Abänderungsantrag in Verhandlung zu nehmen.

Der Eiserne Vorhang ist nunmehr hoffentlich auch aus den Köpfen beseitigt. Ich bin stolz, jener Politikergeneration anzugehören, die auch die Beitrittsländer sehr herzlich willkommen heißen darf. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.40

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Cap, Scheibner, Dr. Glawischnig ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte.

 


13.40

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bun­des­regierung! Geschätzte Damen und Herren! Wir alle wissen, glaube ich, wie bedeut­sam dieser Schritt ist, und wir alle spüren das auch. Je älter man ist, desto stärker spürt man, welch historischer Wandel damit eingetreten ist, beginnend in der Pflicht­schule, als Österreich noch unter den Besatzungsmächten aufgeteilt war, dann die völ­lige Souveränität Österreichs, und der gesamte Weg dieser Zweiten Republik erfasst einen natürlich mit großer Emotion. Unter diesem Aspekt ist auch die Erweiterung zu sehen, da sich diese Erweiterung demokratisch vollzieht und von den Menschen getra­gen wird. Dort, wo das noch nicht in ausreichendem Maße geschieht, sollte man alles daran setzen, dass es emotional begriffen wird, dass man Probleme im größeren Zu­sam­menhang einfach besser lösen kann als im nationalen Kontext.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die EU-Erweiterung wurden geschaffen, und es liegt nun an uns, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass diese Erweiterung wirklich friktionsfrei verlaufen kann. Die Schaffung dieses großen Raumes der Freiheit, des Friedens und des Wohlstandes muss unsere Perspektive sein!

Es hat natürlich auch Skeptiker gegenüber einem solchen Europa gegeben; man hat von Eurosklerose gesprochen und an den Rückschlägen immer wieder überpro­por­tional Anteil genommen. Aber in Wirklichkeit hat dieses Europa eine Strahlkraft! Man sieht ja, dass viele Staaten in diese Union, die letztlich nicht nur Wirtschafts- und Wäh­rungsunion, sondern auch eine Sozialunion werden wird, hineinwollen.

Geschätzte Damen und Herren! Wichtig ist weiters, darauf zu verweisen, dass wir unsere Hausaufgaben nicht ausreichend gemacht haben, etwa beim Ausbau der Infra­struktur! Man kann da schon den Eindruck gewinnen, dass zwar in den verschiedenen Reden immer erwähnt wird, wie wichtig diese Erweiterung um den östlichen Raum ist, aber die Voraussetzungen dafür zum Beispiel in der Verkehrsinfrastruktur in Wirk­lich­keit nicht geschaffen wurden. Wir haben meiner Überzeugung nach einen ungemein großen Nachholbedarf bei den Investitionen, wenn wir die künftigen Chancen nützen wollen.

Ich habe in vielen Umfragen und auch in meiner Tätigkeit immer wieder gesehen: Die Grenzöffnung 1989 wurde von den meisten Menschen begrüßt, und die Tatsache, dass die 50-jährige Randlage beendet wird und man wieder in eine Zentrallage rückt, wurde mit vielen Hoffnungen verbunden. Ich glaube, dass sich auch die Beitrittsländer in der gleichen „Hoffnungssituation“ befinden. Vieles muss aber erst aufgebaut werden in Volkswirtschaften, die etwa nur die Hälfte des durchschnittlichen Bruttoinlands-


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produktes der Europäischen Union haben und mit einem doppelten Transmissions­vorgang konfrontiert sind, nämlich einerseits die rechtlichen Voraussetzungen für eine EU-Konformität zu schaffen, aber auf der anderen Seite auch die Fragen der Arbeits­losig­keit, des nationalen Wachstums – das zwar in den Wachstumsziffern durchaus befriedigend ist, bei den Haushaltsdefiziten allerdings muss noch viel getan werden – zu lösen. All das, geschätzte Damen und Herren, ist Teil jener Politik, die Schritt für Schritt gemeinsam entwickelt werden muss!

Als jemand, der im Grenzland lebt, weiß ich ganz genau, dass, was den Arbeitsmarkt betrifft, natürlich Ängste bestehen. Die Übergangsfrist ist eine wirklich gute Chance, eine Harmonisierung herbeizuführen, damit in Österreich der Arbeitsmarkt nicht unter Druck gerät und dadurch gewisse politische Stimmungen nicht aufkommen können.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auf Frau Abgeordnete Rosenkranz inso­fern eingehen, als ich sage: Natürlich kann ein Unrechtsakt keinen anderen Un­rechts­akt aufheben, aber man muss nach der heutigen Zustimmung, die aus vollem Herzen kommt, durchaus auch über weitere Diskussionen im historischen Auf­ar­bei­tungspro­zess nachdenken.

In diesem Zusammenhang möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Kummerer und KollegInnen betreffend die weitere Ver­besserung der österreichisch-tschechischen Beziehungen im Zuge des Beitrittes der Tschechischen Republik zur Europäischen Union und der Errichtung eines österrei­chisch-tschechischen Zukunftsfonds

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, auch nach der Ratifizierung der EU-Erweiterung im Österreichischen Parlament die Integration Europas dafür zu nützen, die bilateralen Beziehungen zur Tschechischen Republik, im Sinne der Erklärungen der beiden Re­gie­rungschefs Vladimír Špidla und Wolfgang Schüssel, vom 29. 6. 2003 beim Euro­paforum in Göttweig, zu verbessern. Die beiden Regierungen mögen die durch die Ein­richtung eines österreichisch-tschechischen Zukunftsfonds ein Klima der Versöhnung her­beiführen, das zur positiven Mitgestaltung Europas beiträgt, damit auch ein ver­trauens­volles und gut nachbarliches Miteinander erreicht wird.

*****

Ich ersuche die Abgeordneten, diesem Entschließungsantrag beizutreten. (Beifall bei der SPÖ.)

13.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Kummerer, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend un­ter­stützt; er steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.

 


13.46

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Angesichts der vereinzelt aufgetretenen Euphorie über diese Erweiterung –


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das ist ja auch gerade jetzt dokumentiert worden –, gestatte ich mir einige realistische Betrachtungen dieser EU-Erweiterung.

Wir Österreicherinnen und Österreicher sind natürlich Bürger Europas. Wir sind EU-Staatsbürger, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind aber vor allem Ös­terreicher, und darauf sind wir stolz! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Deshalb haben wir hier in diesem Hohen Haus Österreichs Interessen zu vertreten, denn dieses Haus hier heißt ja auch Nationalrat, und nicht Internationalrat (Abg. Dr. Glawischnig: Ist Ihnen das gar nicht peinlich?), eben weil wir die Interessen, die nationalen Interessen Österreichs zu vertreten haben. Und es gibt nun einmal Sorgen und Ängste – berechtigte Sorgen und Ängste! – der Bevölkerung betreffend die Er­weiterung der Europäischen Union.

Ich teile nicht die Meinung mancher Vorredner gerade von den Sozialdemokraten, dass sie die österreichische Bevölkerung davon überzeugen müssten, dass die Sorgen nicht begründet seien. Nein! Wir müssen die Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher ernst nehmen. Das ist unsere Aufgabe! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Lopatka.)

Diese Sorgen betreffen eben, wie bekannt, das Thema Sicherheit, das Thema Arbeits­plätze, vor allem auch wirtschaftliche Belange. Und, sehr geehrte Damen und Herren, es ist wohl unzweifelhaft, dass Korruption, organisierte Kriminalität, mangelnde Rechts­sicherheit und dergleichen mehr in manchen Beitrittsländern tatsächlich existieren, und es fehlen auch entsprechende Umweltstandards. (Abg. Öllinger: Nicht nur in Beitritts­ländern!) Das ist wohl unzweifelhaft!

Jetzt frage ich gerade Sie von den Grünen: Wo sind da Ihre kritischen Worte? Wo ist die Empörung, die Enttäuschung, die Angst wegen zum Beispiel Temelín? (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Lunacek.) Dieses schrottreife Kraftwerk wird ungehindert be­trieben! Sie sind in den vergangenen Jahren gerne mit Sonntagsreden daher­ge­kom­men, aber heute, da der Tag wäre, dagegen die Stimme zu erheben, heute hören wir nichts von Ihnen – außer Euphorie! Und das ist gegenüber der Bevölkerung nicht ge­recht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Stimmen Sie auch dagegen?)

Wir Freiheitliche setzen ein Signal! Wir sind in den Jahren 2000, 2001, 2002 unterwegs gewesen und haben darauf aufmerksam gemacht, wie gefährlich Temelín für die öster­reichische Bevölkerung – und selbstverständlich auch für die tschechische Bevölke­rung – ist. Wenn allerdings die Interessen dort nicht wahrgenommen werden, ist das be­dauerlich. (Abg. Mag. Lunacek: Stimmen Sie auch dagegen?) Wir haben es hier im Nationalrat in unserer Hand!

Meine Damen und Herren! Dass wir bei EU-Aktivitäten auf der Hut sein müssen, hat sich schon mehrmals gezeigt. Ich erinnere an die EU-Unrechtssanktionen gegen Österreich. Sie sind aber für die Agierenden ohnehin letztendlich ein Schuss nach hin­ten gewesen, eine klare Blamage für all diejenigen, die diese Sanktionen in Gang ge­setzt haben.

Ein weiteres Beispiel, bei dem wir tiefe Enttäuschung empfinden, ist die Transit­re­gelung. (Abg. Dr. Glawischnig: Na, dann arbeiten Sie etwas!) Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Ich werde nicht müde zu betonen, dass Österreich ein Recht auf eine Transitregelung hat! Österreich hat, formal gesehen, ein Recht darauf. Die Frage ist natürlich nur: Was hilft es? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bringen aus diesem Grund einen Ent­schließungsantrag mit folgendem Wortlaut ein – und ich ersuche die Damen und


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Herren Sozialdemokraten, vor allem aber auch die Grünen, wirklich zu prüfen, ob es ihnen nicht möglich ist, diesem Entschließungsantrag beizutreten –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Mainoni, Dipl.-Ing. Mag. Regler, Kolleginnen und Kollegen be­treffend eine neue Wegekostenrichtlinie und Österreichs Transitpolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, alle Möglichkeiten auf nationaler wie auf euro­päischer Ebene zu prüfen und wo immer möglich umzusetzen, die zur Erreichung der beim Beitritt Österreichs zur Europäischen Union festgelegten Ziele einer nachhaltigen Schadstoffreduktion aus dem LkW-Transitverkehr und der Verabschiedung einer neu­en europäischen Wegekostenrichtlinie beitragen können.

Das sollte etwa auch eine mögliche Klage beim Europäischen Gerichtshof sowie die durch die zu erwartende Steigerung des Transitverkehrs gebotene verstärkte Kontrolle der Fahrzeugsicherheit und der Einhaltung der vorgeschriebenen Ruhezeiten für LkW-Lenker umfassen.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lade Sie herzlich ein und bitte Sie, ernst­lich zu prüfen, ob Sie dem zustimmen können. (Zwischenruf der Abg. Mandak.)

Zum Abschluss kommend, Herr Präsident, ein Wort zu der Erweiterungseuphorie. Es stimmt, es stimmt zweifellos, dass wir mit dieser Erweiterung den Frieden sichern. (Abg. Öllinger: Sind Sie jetzt dafür oder dagegen?) Aber, sehr geehrte Damen und Herren, erweitern allein um des Friedens willen, das wird wohl nicht immer gelten (Abg. Dr. Glawischnig: Wie bitte?), denn dann müssten wir auch möglichst rasch Erweite­rungsgespräche mit Russland führen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass mit Ausnahme des Herrn Gusenbauer jemand Interesse daran hat. (Beifall bei den Frei­heitlichen. – Abg. Öllinger: Sind Sie jetzt dafür oder dagegen? Bitte beantworten Sie die Frage!)

13.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Mainoni, Mag. Regler, Kolleginnen und Kollegen ist aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Jetzt hat sich der Mainoni in einen Wirbel hineingeredet!)

 


13.52

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Außenministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Von den Gründervätern Europas heißt es, dass sie, hätten sie noch eine zweite Chance gehabt, Europa nach kultur- und geistesgeschichtlichen Ideen und Prinzipien ausrichten wollten.

Hätte sich diese Idee damals durchgesetzt, wären viele der jetzt neuen Beitrittsländer schon europäische Mitgliedsländer der ersten Stunde gewesen und geworden. Die Geschichte hat sich anders entwickelt, aber es hat große Männer in Europa und in Österreich gegeben, die noch vor der EU-Mitgliedschaft Österreichs Kontakt zu diesen Ländern aufgenommen haben, Brücken geschlagen haben. Ich will einen von ihnen


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nennen, und zwar den jetzigen Koordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa Erhard Busek. (Zwischenruf der Abg. Mag. Lunacek.)

Er ist in schwierigen Zeiten in diese Länder gefahren und hat Kultur- und Wissen­schaftsbrücken geschlagen, Brücken zu den Menschen, zu denjenigen, die guten Willens und voll des Mutes waren. Ich nenne nur einige dieser Projekte, von denen die gute Kooperation noch heute lebt und durch die sie ausgebaut wird:

CEEPUS, das große Mobilitätsprogramm für Ost- und Südosteuropa, mit europäischen Kontaktstellen, weiters Universitätskooperationen, den Graz-Prozess; der selbstver­ständliche Kontakt zwischen der Universität Wien und der Universität Brünn – selbst­ver­ständlich, weil ich meine, dass Vertreter und Leute unserer, meiner Region mit die­sen Gegenden Europas mehr gemeinsam haben, kulturell mehr zu tun haben als etwa mit Vorarlberg, schwäbischen Gebieten, der Schweiz oder anderen Regionen –; un­zählige Wissenschaftskooperationen, Kooperationen wie Österreich-Slowakei, Öster­reich-Tschechien, Österreich-Ungarn, Projekte wie die Donaurektorenkonferenz und so weiter.

Von all diesen Kontakten leben wir heute, und durch sie bewegen wir uns selbst­ver­ständlich aufeinander zu. – Danke den Initiatoren auf beiden Seiten.

Ich freue mich, dass Ministerin Gehrer diese Projekte im Schulbereich mit Schul­part­ner­schaften, Schulkooperationen, österreichischen Schulen in Prag und in Budapest fortgesetzt und im Weg der Kulturkontakte Bildungs- und Erziehungsschwerpunkte gesetzt hat.

Und schließlich bedanke ich mich bei Staatssekretär Morak. Er hat neulich seine vierte große Kulturministerkonferenz mit 25 europäischen Ländern abgehalten und damit zu einem Kommunikations- und Gedankenaustausch beigetragen. (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.) – Danke für die Zustimmung.

Eine abschließende Bemerkung: Wenn ich zuerst auf die informelle Verbindung, die über Kultur und Wissenschaft vorbereitet wurde, hingewiesen habe, dann möchte ich nun ein Projekt unter dem Titel „Mitteleuropa“ anregen, damit sich jene Länder, die sich in diesem Sinne verbunden fühlen, wieder stärker vernetzen, um für sich wichtiges Lobbying in Brüssel zu machen, um dort im Konzert der 25 ihre Stimme gut und laut erheben zu können.

Als Mitglied einer vertriebenen Familie möchte ich noch anmerken: Erinnern Sie sich daran, nach wie vielen Jahren nach dem Abzug der Besatzungsmächte 1955 hier die Historikerkommission zur Aufarbeitung der Geschichte eingerichtet wurde. Das waren mehrere Jahrzehnte. Messen wir also nicht mit verschiedenen Maßstäben! (De­mon­strativer Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Und gehen wir mit Worten sehr sorg­fältig um! Wie Heinrich Böll einmal gesagt hat: Ein und dasselbe Wort kann trösten, aber auch vernichten!

Mehr Sensibilität uns – und herzlich willkommen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.56

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Bundesministerin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Geschätzte Da­men und Herren! Schon mehrmals wurde heute ein historischer Rückblick geboten und von einem historischen Tag gesprochen. Ich denke, das ist sicherlich zutreffend. Es


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findet heute ein bedeutsamer Schritt statt, ein bedeutsamer Schritt, der uns ver­deutlicht, dass wir bereit sind, das Friedensprojekt Europa mit auszubauen.

Ich halte es jedoch durchaus für angebracht, die überschwängliche Euphorie ein wenig einzugrenzen. Frau Kollegin Lunacek hat von einer Zerrissenheit der Freiheitlichen, von Misstönen bei den Freiheitlichen gesprochen (Abg. Mag. Lunacek: Der Bun­desregierung!) – ich habe das notiert – und Vorwürfe ob – aus ihrer Sicht – irgend­welcher Versäumnisse gemacht.

Frau Kollegin Lunacek, ich kann Ihnen Folgendes sagen: Abgeordneter Wittauer stimmt heute nicht dagegen, weil er eben Abgeordneter Wittauer oder weil er ein Tiroler, ein möglicherweise Tiroler Transitgeschädigter oder überhaupt ein Aufmüpfiger ist, sondern weil er unser Umweltsprecher ist! Damit sendet er ein Signal aus, denn das hat Signalwirkung!

Gleiches gilt für meine Kollegin Barbara Rosenkranz (Abg. Neudeck: Jetzt haben es auch die Grünen verstanden!), die ebenfalls als Bereichssprecherin, nämlich als Ver­triebenensprecherin, ihre Stimme erhoben hat und dagegen stimmen wird – nicht als Person, sondern eben als Bereichssprecherin.

Geschätzte Damen und Herren! Es geht auch um das Aufzeigen von Prob­lem­bereichen. Darüber soll man sich nicht hinwegschwindeln! Es ist uns Freiheitlichen wichtig, dass das geschieht. Es ist uns ein wesentliches Anliegen. Diese beiden Abge­ordneten nehmen damit Verantwortung wahr, und zwar deswegen, weil es nicht so sein kann, dass wir mit dem Beitrittsbeschluss zur Tagesordnung übergehen, so nach dem Motto: Es war halt nichts! Wir wollen aber in Anbetracht der Gesamtabstimmung über zehn Beitrittsländer keinesfalls eine Bestrafung all jener vornehmen, die gleich­sam auf einem guten Weg sind.

Lassen Sie mich jene zwei Themenbereiche noch kurz ansprechen, die wir als Prob­lem sehen:

Erst jüngst war Störfall Nummer 56 im Kraftwerk Temelín zu verzeichnen, ein, wie ich meine, Montagskernkraftwerk. Wir wissen, dass Vereinbarungen, die Temelín betref­fend mit der Tschechischen Republik geschlossen wurden, bislang nicht in vollem Um­fang eingehalten wurden. Wir wissen, dass in jüngster Vergangenheit in Aussicht gestellt wurde, dass zwei weitere Reaktorblöcke in Temelín errichtet werden sollen; dies wurde über die Wochenzeitung „Tyden“ aus dem Industrieministerium verlautbart.

Geschätzte Damen und Herren! Ich empfinde das nicht unbedingt als vertrau­ens­bildende Maßnahme, auch wenn Außenminister Svoboda beruhigt und darauf hinweist, dass dies eben die allgemeine politische Diskussion sei, die zurzeit stattfinde, die aber noch nicht in ein Entscheidungsstadium eingetreten sei.

Er betont auch, dass die Zusagen an Österreich weiterhin aufrecht sind. Österreich könne den Tschechen in diesen Fragen vertrauen.

Wie sieht es aus? – In der zweiten Hälfte 2004 – also nach dem Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union – wird der offizielle Vorschlag an die Regierung herangetragen werden, und für das Jahr 2009 ist die Erweiterung um zwei Reaktorblöcke in Aussicht gestellt. Es wird auch nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass diese beiden Re­aktorblöcke nicht Bestandteil des Melker Prozesses sein können. Aber man trägt sich mit diesem Ansinnen.

Lassen Sie mich einige Feststellungen treffen: Wir wissen, dass Überkapazität bei der Stromproduktion für die Tschechen bereits jetzt gegeben ist. Wir wissen, dass ein weiterer Ausbau der Kernkraft im Zuge eines liberalisierten Strommarktes tatsächlich in eine Sackgasse führt. Wir wissen, dass Quersubventionen, also ein Zuschuss seitens


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der inländischen tschechischen Kunden zum Strom, nicht EU-konform sind, damit die Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Strommarkt nicht verzerrt wird.

Lassen Sie mich kritisch anmerken, dass im Monitoring-Bericht beziehungsweise Fort­schrittsbericht keinerlei ernsthafte Bedenken über die von mir angesprochenen Bereiche Temelín und Beneš-Dekrete zu finden sind. – Betreffend Beneš-Dekrete wur­de bereits hier erörtert, dass da ein Widerspruch besteht. Geschätzte Damen und Herren! Der Europäische Rat 1993 hat klar festgehalten, dass die Stabilität der Institutionen als Garantie für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Achtung und Schutz von Minderheiten zu sehen ist. In diesem Zusammenhang besteht aber, wie gesagt, ein Widerspruch. Die Beneš-Dekrete sind menschenrechtswidrig, geschätzte Damen und Herren!

Ich teile die Meinung des ÖVP-Klubobmanns Willi Molterer, der gesagt hat, dass der Prozess jetzt mit dem Beitritt beginnt. Er ist nicht abgeschlossen, sondern er beginnt mit dem Beitritt. Wir Österreicher sollen und wollen diesen Weg begleiten. Wir wollen ihn konstruktiv, aber nicht unkritisch begleiten, und wir sind sicher, dass wir auf diesem Weg auch den Herausforderungen gerecht werden, den Risken begegnen und die Chancen nutzen können! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Stimmen Sie auch dagegen?)

14.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 


14.03

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute haben manche von einem historischen Tag gesprochen.

Ich unterstreiche das unter dem Aspekt, dass es vor zwölf Jahren noch möglich war, dass ehemalige jugoslawische Kampfjets mit scharfer Munition und Bomben an Bord über Graz Thalerhof geflogen sind. (Abg. Scheibner: Die Draken haben sie vertrie­ben!) Ich unterstreiche das auch im Hinblick darauf, dass damals Panzerfäuste in Bad Radkersburg eingeschlagen haben und dass damit einer der grausamsten Kriege in Europa des letzten Jahrhunderts begonnen hat.

Ich unterstreiche das auch, weil ich daran erinnern möchte, dass zu diesem Zeitpunkt die damalige EU, Europa und die ganze Welt zugesehen haben. Ich habe diesbe­züglich bereits jetzt Erklärungsbedarf gegenüber meinen Kindern, und wir alle werden auch Erklärungsbedarf gegenüber unseren Enkelkinder insofern haben, als Europa und die Welt eben einfach nur zugesehen haben.

Es wurde heute auch von einem „Tag mit historischer Tragweite“ gesprochen. – Es ist dies ein Tag mit historischer Tragweite für alle Beitrittsländer und für die EU, es ist dies aber auch ein Tag mit historischer Tragweite insbesondere für Österreich, das eine der längsten Außengrenzen zu den neuen Mitgliedstaaten hat.

Entscheidungen von historischer Tragweite finden nur dann Akzeptanz in der Bevöl­kerung, wenn sie nachvollziehbar sind und die Bevölkerung das Gefühl hat, dass ihre Ängste und Anliegen auch berücksichtigt werden. Ich meine, dass man nicht verleug­nen kann, dass das Gefühl der Euphorie, das 1994 im Zusammenhang mit mehr als 60 Prozent der Zustimmung noch vorhanden war, nun einer massiven EU-Skepsis beziehungsweise einem massiven EU-Frust gewichen ist. Und ich sage, dass sich das die EU und alle, die wir beteiligt sind, selbst zuzuschreiben haben! (Abg. Hagenhofer: Sie sind in der Regierung!)


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Ich sage aber auch dazu: Wir Freiheitlichen haben uns nichts vorzuwerfen, denn all das, was wir prophezeit haben, ist leider eingetreten. Sie waren diejenigen, die damals dieser Euphorie mit der Bundesregierung mit einer allumfassenden Marketing-Kam­pagne nahezu in Form einer Gehirnwäsche bei der Bevölkerung Vorschub geleistet haben!

Was ist eingetreten? – Es hat zusätzliche Bürokratie und einen immer stärkeren Ab­gang von Entscheidungsprozessen nach Brüssel gegeben. Es gelten Mehrheitsent­scheidungen und nicht mehr das Einstimmigkeitsprinzip. Ihr Killerargument war sei­nerzeit: Österreich hat mit dem Veto eine Stimme in Europa, wir können alles blockie­ren, wenn wir wollen! (Zwischenruf der Abg. Hagenhofer.) Mittlerweile wurde das Einstimmigkeitsprinzip so aufgeweicht, dass es nur mehr in wesentlichen Fragen gilt.

Wie war das mit der Euro-Einführung? – Wir haben auch prophezeit, dass uns der Schilling abhanden kommen wird. Vor allem auf Seiten der SPÖ vertrat man jedoch die Meinung, dass es auf keinen Fall dazu kommen und uns der Schilling erhalten bleiben werde. – Die Euro-Einführung spricht für sich.

Letztendlich – das muss ich jetzt auch sagen – war die Entscheidung von vierzehn zu eins gegen Österreich in der Frage des Transits nur mehr das Tüpfelchen auf dem i, um innerhalb der österreichischen Bevölkerung die bereits herrschende EU-Skepsis zu verstärken: Mittlerweile sieht man die EU als Bedrohung und nicht mehr als Chance.

Es gilt nun, auch aus unserer Sicht die Sorgen der Bevölkerung wirklich ernst zu neh­men, und zwar vor allem jene Probleme, die jetzt unmittelbar mit der Erweiterung ver­bunden sind.

Eines dieser Probleme ist die zunehmende Zahl an billigen Arbeitskräften an unseren Grenzen. Dieses Problem ist nicht zu negieren. Diese Sorgen müssen im Lichte der derzeitigen Arbeitsmarktstatistik, im Zusammenhang mit der zunehmenden Arbeitslo­sig­keit und auch unter dem Aspekt der Erhöhung des Pensionsantrittsalters ernster denn je genommen werden! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Hagenhofer.)

Ich meine aber auch, dass die Nachbarschaftspolitik nicht falsch verstanden werden sollte. Nachbarschaftspolitik darf nicht zu einem ruinösen Verdrängungswettbewerb füh­ren, sondern Nachbarschaftspolitik soll eine Politik der gemeinsamen Regionen mit gemeinsamem Verständnis und gemeinsamer Verantwortung sein!

Ich bin froh darüber, dass es unserem Bundesminister Haupt gelungen ist, die siebenjährige Übergangsfrist mit Deutschland massiv umzusetzen, und wir werden auch darauf achten, dass diese nicht aufgeweicht wird. Das ist jetzt ein wichtiger Punkt, und wir alle sind gefordert, wirklich darauf zu achten, dass es hier keine Auf­weichungen gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch im Rahmen der österreichischen Steuerpolitik wird man im Hinblick auf die Tat­sache, dass die Slowakei – wie wir gehört haben – die Flat-Tax einführen und es nied­rigere Steuersätzen geben wird, darauf achten müssen, dass unsere diesbezügliche Politik in diesem Sinn irgendwann angepasst wird, beziehungsweise werden wir berück­sichtigen müssen, dass es jenseits der Grenzen eben andere Steuer­möglich­keiten gibt.

Es kann nicht im Interesse der Österreicher sein, dass österreichische Betriebe in Zukunft in verstärktem Ausmaß in die neuen Mitgliedstaaten verlagert werden.

Auch viele weitere Positionen sind aus unserer Sicht kritisch zu betrachten, etwa betreffend die Atompolitik, die Agrarpolitik oder die Förderpolitik insgesamt. Wenn man den Förderbericht beziehungsweise den Korruptionsbericht liest und den Missbrauch von Steuergeldern bis hin zu wirklich großen Betrugsaffären auch mit Fördergeldern


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betrachtet, dann muss man bedenken, dass es dabei um Steuergelder aller Mitglied­staaten und Steuergelder aller Bürger dieser Mitgliedstaaten geht.

Abschließend möchte ich noch etwas sagen: Es wird für uns immer wichtiger werden, in Zukunft innerhalb der EU selbstbewusster aufzutreten. Wenn man einmal eine ab­weichende Haltung einnimmt, dann darf das nicht als Beleidigung aufgefasst werden. Das sage ich durchaus kritisch und auch aus eigener Erfahrung.

Auch unsere Beamtenschaft in der EU hat mittlerweile teilweise eine reflexartige Hal­tung eingenommen. Wenn ein Minister einmal ein kritisches Wort sagt, dann wird er oft auch von der Beamtenschaft insofern etwas zurückgerufen, dass man ihm sagt: Bitte keine abweichende Meinung! In diesem Punkt kann man nicht schon wieder eine abweichende Meinung einnehmen!

Auch diesbezüglich muss ein Umdenkprozess vollzogen werden! Das sage ich durch­aus auch kritisch im Hinblick auf die laufenden Gespräche. Wir Freiheitlichen, aber auch diese Bundesregierung haben allerdings innerhalb der EU bereits einen neuen Weg und einen neuen Zugang zu den verschiedenen Themen gefunden, indem wir manchmal auch Dinge ansprechen, die man vielleicht nicht unbedingt hören will, und entsprechende Kritik äußern, die letzten Endes auch fruchtet.

Es wird unsere Aufgabe sein, auch in Zukunft Verbündete zu suchen, gerade in den neuen, auch kleineren Mitgliedstaaten. Ich sehe es als große Chance, dass wir im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher gemeinsam in den kleinen Mitglied­staaten neue Verbündete finden, um gemeinsame Anliegen umzusetzen. Die kleineren Staaten werden in der neuen EU und in der größeren Europäischen Union gegenüber den größeren und mächtigeren Staaten näher zusammenrücken müssen.

Ich glaube, dass wir diesbezüglich gute Chancen haben, wenn wir selbstbewusst sind. Dann wird es uns vielleicht gelingen, auch im Interesse der Österreicher die Bevöl­kerung doch wieder zu einem Meinungs- beziehungsweise Stimmungsumschwung zu bewegen, wenn die Bürger nämlich das Gefühl haben, dass ihre Interessen und An­liegen ehrlich, effizient und mit Nachdruck vertreten werden. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.12

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


14.12

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohe Regierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir Freiheitlichen sind eine Europapartei. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Und wir werden auch in Zukunft eine solche bleiben, aber eine EU-kritische Europapartei! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Zusammenhang mit der Kritik von den Grünen, dass wir dagegen stimmen, muss ich sie aufklären: Ich verstehe sowieso nicht, dass die Grünen so große Befürworter sind. Speziell bei Protestaktionen im Hinblick auf Temelín, an der Grenze bei Wul­lowitz, wo ich selbst über 100 Mal war, haben die Aussagen, etwa auch der Kollegin Moser, ein bisschen anders geklungen. Daher bringe ich jetzt eine Aufklärung.

Wieso stimmen zwei von unseren Bereichssprechern dagegen? – Weil eine Einzel­abstimmung über die einzelnen Länder nicht möglich ist! Da es keine Einzel­abstimmung gibt, haben wir uns dazu entschlossen, ein Zeichen zu setzen. Daher wer­den zwei unserer Kollegen aus den Gründen, aus welchen wir konkret gegen Tsche­chien stimmen würden, nämlich wegen Temelín und wegen der Beneš-Dekrete, also der Unrechtsdekrete, stellvertretend insgesamt dagegen stimmen.


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Ebenso stimmen wir stellvertretend für den Beitritt der Länder, die ihre Hausaufgaben tatsächlich erledigt haben.

Zur Aufklärung für die Grünen: Ab 1. Mai 2004 wird die Europäische Union um zehn Mitgliedstaaten auf 25 Mitgliedstaaten mit einer Gesamtbevölkerung von 455 Millionen Menschen vergrößert werden. Diese Erweiterung wird hier und heute beschlossen werden. Wir sind für eine EU-Erweiterung, aber nicht ohne Wenn und Aber. Es gibt wirtschaftlich und auch im Hinblick auf die Sicherheit viele Vorteile, aber leider auch einige Nachteile, die wir Österreicher in Kauf nehmen müssen. Wir müssen in einigen Punkten, in denen unsere Probleme nicht gehört wurden beziehungsweise nicht anerkannt werden, akzeptieren, was die EU will.

Ein Beispiel ist die Transitfrage: Diesbezüglich akzeptiert Brüssel die Wünsche der Österreicherinnen und Österreicher nicht, weswegen wir zu härteren Maßnahmen greifen müssen, um das Gröbste zu verhindern. Ganz wichtig ist, dass unter der FPÖ-Mitregierung betreffend die Freizügigkeit der Arbeitnehmer eine Übergangsfrist von sieben Jahren ausgehandelt wurde, um die Angst vor einer Überschwemmung mit Billigstarbeitskräften zu verhindern.

Ein größeres Problem mit unserem Nachbarstaat Tschechien ist natürlich das vorhin genannte Atomkraftwerk Temelín, das nahe an der Grenze zu Österreich steht. Leider hat die alte Regierung unter den SPÖ-Kanzlern tatenlos zugesehen, als das Kraftwerk erbaut wurde, und erst durch die Initiative von uns Freiheitlichen, in deren Rahmen darauf aufmerksam gemacht wurde, welche Probleme und welche Sorgen sich in diesem Zusammenhang ergeben können, kam es zu einer Belebung des Interesses.

Dass die Österreicherinnen und Österreicher kein AKW wollen und brauchen, hat schon die Volksabstimmung betreffend Zwentendorf gezeigt, als die Mehrheit dagegen gestimmt hat, weshalb es Gott sei Dank in Österreich kein Kernkraftwerk gibt.

Beim AKW Temelín hat es – wie meine Vorredner schon erwähnt haben – per 1. De­zem­ber 2003 bereits über 56 Störfälle gegeben, etwa lecke Leitungen und vieles an­dere mehr. Die Bevölkerung hat zu Recht Angst um ihre Gesundheit und um ihr Leben, weshalb die vielen Protestaktionen an der Grenze, ob in Oberösterreich oder in Niederösterreich, gerechtfertigt sind. Leider haben die Verhandlungen mit den AKW-Betreibern und mit der tschechischen Regierung wenig gebracht. Der Melker Prozess wurde leider von tschechischer Seite bis heute noch nicht zu 100 Prozent umgesetzt. Zudem werden noch Stimmen betreffend eine Zubauvariante laut, wogegen wir ent­spre­chend auftreten.

Die Beneš-Dekrete, also diese Unrechtsdekrete, wurden bis heute nicht abgeschafft. Die Proteste dagegen stoßen leider bei der tschechischen Politik auf taube Ohren. Das ist ein Grund mehr für unsere Vorgangsweise. Bei der heutigen Abstimmung werden wir ein Signal setzen, da leider keine Einzelabstimmung über die Beitrittsstaaten mög­lich ist.

All das sind Gründe, warum wir Freiheitlichen uns so verhalten, wie wir uns verhalten, auch wenn es den Grünen nicht passt. Wir stimmen gemeinsam als Mannschaft und deshalb unterschiedlich. (Demonstrativer Beifall des Abg. Öllinger.) Wir von der FPÖ sind die einzigen, die gegenüber Brüssel mit dieser Abstimmung ein Signal setzen und die Probleme weiterhin verfolgen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.18

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort gemeldet. Er kennt die Bestimmungen der Geschäftsordnung ganz genau. (Abg. Mag. Molterer: Er hält sich aber nicht daran!) Er wird sich ganz sicherlich gerne daran halten.

 



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14.18

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Danke, Herr Präsident, für diese aus­ge­sprochen freundliche Anerkennung! – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abgeordneter Walch hat soeben – an sich wie üblich – behauptet, dass die Roten seinerzeit nichts gegen Temelín getan haben und dass erst die jetzige Re­gie­rung begonnen hätte, gegen das Kraftwerk Temelín wirklich effizient tätig zu werden. – Diese Behauptung ist falsch.

Richtig ist, dass Bundeskanzler Vranitzky der Erste war, der eine Initiative in dieser Richtung, nämlich auf Umrüstung des Atomkraftwerkes Temelín in ein Gaskraftwerk, unternommen hat – und dass daher die genannte Behauptung falsch ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das war eine politische Wertung und keine tatsächliche Berichtigung!)

14.19

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


14.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Heute ist vielfach von einem historischen Moment gesprochen worden.

Ich meine, dass es ein epochaler Schritt ist, nämlich ein Schritt im 21. Jahrhundert, der die politische Landschaft verändern beziehungsweise die politische Landschaft wirklich global prägen wird. Das hoffe ich zumindest aus grüner Sicht, und ich werde ver­suchen, das in einigen Punkten noch einmal zusammenzufassen und zu erläutern.

Einerseits – und diesbezüglich besteht hier Gott sei Dank Konsens – ist es gelungen, einen friedenspolitischen Meilenstein zu setzen. Bei der EU-Erweiterung handelt es sich um eine konkrete Form der Sicherheitspolitik, wie wir Grünen sie uns erwarten und vorstellen, und dieser Weg wird jetzt auch wirklich gegangen.

Ein Nebensatz: In diesem Zusammenhang bleibt es völlig unerklärlich – und wird his­torisch auch immer so im Raum stehen bleiben –, warum wir in diesem Moment Kampf­jets brauchen und in den nächsten Jahren auch finanzieren sollen. – Das sei nur am Rande bemerkt. (Beifall bei den Grünen.)

Wirtschaftspolitisch ist es eigentlich ein Nachvollziehen eines laufenden Prozesses. Wir haben in den letzten Jahren unsere einigermaßen gute Wirtschaftslage, vor allem die Zuwächse im Import/Export den neuen Nachbarländern zu verdanken. Daher ist die Ratifizierung der Beitrittsverträge nur ein logischer nächster Schritt.

Meine Damen und Herren! Kultur- und demokratiepolitisch ist es, so glaube ich, der wirklich entscheidende Schritt zu einem neuen Europa, weil damit unsere Nachbar­länder auch demokratiepolitisch entscheidungsrelevant mitbestimmen werden. Sie wer­den mit uns gemeinsam diesen Weg des neuen Europa prägen, und daher ist es umso wichtiger, in welcher Form wir die Debatte führen und mit welcher Intensität und Ziel­orientierung wir Aspekte einbringen.

Insofern ist aus grüner Sicht das Bild, das Sie bieten, meine Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, nicht anders zu bezeichnen als zerrissen, defensiv, kleinlich, ja manch­mal sogar kleinkariert: Es ist völlig unzweckmäßig! Auch in der Bundesregierung an sich sieht man, dass diese total verschiedene Auffassung nur mühsam gekittet werden konnte, sodass ein sehr defensiver Gesamteindruck entsteht. Ich vermisse die zu­kunftweisenden Ansagen von Seiten der Bundesregierung – abgesehen davon, dass sie schon längst, und zwar mindestens vor zwei bis drei Jahren, in einer Deutlichkeit


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erfolgen hätten sollen, die wir uns gewünscht hätten. – All das ist nicht passiert. Ihre heutigen Anträge bleiben weit hinter dem zurück, was wir uns erwarten.

Ich möchte auf einige der kritischen Anmerkungen eingehen. Vorneweg haben wir Grüne selbst sehr viele kritische Anmerkungen hier eingebracht, aber sie beziehen sich primär auf uns selbst, nämlich auf uns als Teil der Europäischen Union, die ihre Hausaufgaben zu machen hat. Zum Beispiel müssen wir den heiklen Themenbereich der Verkehrspolitik grundsätzlich neu überdenken. Da wird ein neuer Wirtschaftsraum, ein einheitlicher politischer Raum entstehen, und es wird eine der dringenden ersten Fragen sein, eine neue Verkehrspolitik in Europa zu etablieren. Ich freue mich schon heute, dass meine Kollegin Eva Lichtenberger nach den Europawahlen gestärkt diesen Kampf für Österreich und für die österreichische Bevölkerung, aber im Sinne einer gesamteuropäischen Politik führen wird. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist nämlich die wirkliche Herausforderung: europäische Politik zu betreiben – auch hier in diesem Haus – und nicht kleinkariert mit einigen Anschüttungen auf diese oder jene Seite zu glauben, die Probleme lösen zu können.

Aus umweltpolitischer Sicht ist die Erweiterung ein Riesenschritt nach vorne, weil damit endlich einheitliche Standards, nämlich europäische Standards, auch in diesen Bei­tritts­ländern gelten. Auch wenn wir noch immer viele Kritikpunkte haben, aber zu­mindest gelten diese einheitlichen EU-Standards dann, werte Kolleginnen und Kol­legen, und das ist ein enormer Schritt in die richtige Richtung.

Auch im Bereich der gesamten Landwirtschaftspolitik stellen sich Herausforderungen, zu denen ich heute überhaupt nichts vernommen habe. Es war keine Rede von Lösungskonzepten, notwendigen Konzepten für eine gemeinsame Umwelt- und Landwirtschaftspolitik. 40 Prozent der Fläche, meine Damen und Herren, kommen mit dieser Erweiterung hinzu, und das bedeutet, wir brauchen Produktionsalternativen wie zum Beispiel gentechnikfreies Soja aus Ungarn. Das wäre eine Chance für die unga­rische Landwirtschaft und auch für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern; da haben sie die Chance, gemeinsame Projekte zu entwickeln. Und es wird eine wichtige Sache sein, gemeinsam Projekte zu entwickeln!

Diese besondere Chance für Österreich werden wir nur nutzen können, wenn wir un­sere Ziele aktiv verfolgen, wenn wir aktiv auf unsere Nachbarn zugehen und verstärkt im Bereich Kultur, Wirtschaft, Umwelt und Landwirtschaft Konzepte entwickeln.

Abschließend, meine Damen und Herren: Daher können wir auch mit Ihrem Antrag von der ÖVP bezüglich Sicherung der Menschenrechte durch die Tschechische Republik nicht mitgehen, weil unser Antrag viel konkreter ist. Er besagt, dass wir einen Zu­kunftsfonds einrichten, nicht bei Papieren, nicht bei Gesprächen bleiben, sondern kon­krete Politik machen wollen. Das erwarten wir uns von dieser Bundesregierung, und diesbezüglich sind wir bisher leider sehr enttäuscht. (Beifall bei den Grünen.)

14.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


14.25

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Es gilt zu begründen, warum wir von der SPÖ einzelnen Anträgen der beiden Regierungsfraktionen nicht zustimmen können.

Der erste Antrag behandelt die Frage Wegekostenrichtlinie und Österreichs Transit­politik. Dieser Antrag ist schwammig formuliert, darin wird nur gesprochen von „prüfen“, möglicherweise „umsetzen“. Hier steht also quasi: Die Regierung soll sich bemühen, und irgendetwas wird schon dabei herauskommen.


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Es fehlen die nationalen Regelungen für die Wegekostenrichtlinie, wie Nachtfahrverbot, keine Ausnahmen bei Wochenendfahrten. Vor allem fehlt die Forderung nach einem gemeinsamen österreichischen Standpunkt für diese EU-Wegekostenrichtlinie, nämlich dass das in einem absehbaren Zeitraum – zum Beispiel bis 30. April – auch tatsächlich umgesetzt werden muss. – Dadurch, dass das nicht enthalten ist und dieser Antrag so schwammig und unpräzise ist, kann die sozialdemokratische Parlamentsfraktion dem nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Antrag behandelt die Erweiterung der Europäischen Union. – Darin ist der Bereich Maßnahmen für den Arbeitsmarkt völlig ausgeblendet, was aber ganz bedeutend ist angesichts der Rekordarbeitslosigkeit, die es in Österreich seit 1950 gibt, und angesichts der Arbeitslosigkeit, die es in den Beitrittsländern gibt.

Es fehlt auch der gesamte Aspekt der notwendigen Novellierung des Ausländerbe­schäf­ti­gungsgesetzes bezüglich Arbeitnehmerfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit – auch das ist ausgeblendet.

Weiters ist der Gedanke der Regionalen Partnerschaft enthalten – wiederum ent­hal­ten –, der bis zum heutigen Tag in Wirklichkeit als Form und Einrichtung nicht existiert hat, der aber zugleich auch die Wurzel des Problems ist, warum wir uns bei vielen Fragen in der Europäischen Union bislang nicht durchgesetzt haben. Man glaubt, auch gegen den Willen der jetzigen Beitrittsländer und ehemaligen Kronländer der Habsbur­germonarchie, gegen das sich anscheinend herausbildende Kerneuropa zu Felde ziehen zu können. Es wird von Konsultation, Lobbying und gemeinsamen Interessen gesprochen. Mir ist gar nicht bewusst, dass diese Beitrittsländer willig sind, sich von Österreich quasi führen zu lassen. – Daher können wir auf Grund der vorhin genannten Punkten diesem Antrag der Regierungsparteien nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme zum dritten Antrag der Regierungsparteien betreffend die Anti-Atompolitik, der zu den besonders schwachen Anträgen gehört. In Wirklichkeit hat sich die Re­gierung längst von der Nullvariante verabschiedet, und der Melker Prozess ist längst kein Prozess mehr, sondern gescheitert.

Es musste auch heute von Seiten der Regierungsbank zugegeben werden, dass die EURATOM-Revisionskonferenz noch immer nicht zu Stande gekommen ist, dass es für die diesbezüglichen Initiativen Österreichs noch immer keine Unterstützung gibt und dass es in der Europäischen Union noch immer keine Anti-Atomfront gibt, die Öster­reich mit den Ländern, die sich bereits von der Atomenergie verabschiedet haben, mitinitiieren hätte sollen.

Es werden da einfach Dinge aufgezählt. Wahrscheinlich ist das ein politisches Valium für die FPÖ-Fraktion, damit sie heute der Ratifizierung zustimmen kann. Aber im Wesentlichen ist das, was hier geschrieben wurde, das Papier nicht wert, auf dem es steht. Daher werden auch wir diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme zum letzten Antrag der Regierungsparteien, bei dem es um die Frage Menschenrechte/Tschechische Republik geht. Da kann ich mich nur dem anschließen, was der Vorredner von den Grünen gesagt hat: In unserem eigenen Antrag ist eine ganz konkrete Forderung mit dem Zukunftsfonds enthalten. Ich sage noch dazu, dass die Wortwahl der Begründung in diesem Antrag im Gegensatz zu der Wortwahl, die man dann im realen Entschließungsantrag gewählt hat, steht. Anders formuliert heißt das, eine Unterstützung für Gespräche ist die Wortwahl der Begründung in dieser Causa wahrlich nicht.

Auf Grund der Tatsache, dass im Entschließungsantrag selbst nichts Konkretes steht, können wir auch diesem Antrag nicht zustimmen.


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Im Übrigen möchte ich erwähnen: Wenn man alle Anträge Revue passieren lässt, dann muss man sagen, ist das ein Eingeständnis des Scheiterns der Regierungs- und der Außenpolitik, auch ein Eingeständnis, dass man sich auf den Erweiterungsprozess nicht vorbereitet hat, der jetzt startet und real wird, und ein Eingeständnis für die bisherige außenpolitische Konzeption. – Das hat man hier netterweise auch gleich schriftlich zusammengefasst. Man hat all diese Versäumnisse, die man längst hätte erledigen sollen und nicht erledigt hat, noch einmal zu Papier gebracht, diese werden noch einmal beschlossen, und wahrscheinlich wird die Regierung, so wie sie bisher gearbeitet hat in diesem Bereich, wieder nichts zustande bringen.

Das ist die Begründung dafür, warum wir diesen Anträgen nicht unsere Zustimmung geben können, aber sehr wohl eigene Anträge eingebracht haben, die unsere Redner heute sehr gut begründet haben und für die ich werben möchte, dass Sie diese un­terstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

 


14.31

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es ist erstaunlich, dass jetzt im Rahmen dieser Diskussion über die Erweiterung plötzlich die Anträge von den Regierungsfraktionen „daherpurzeln“, bei denen es um inhaltliche Probleme geht, die wir eigentlich in den letzten 15 Jahren in Angriff nehmen hätten sollen wie zum Beispiel das Transitproblem. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: So lange sind wir noch gar nicht dabei!)

Ich möchte kurz zu diesen zwei Anträgen Stellung nehmen und unser Abstim­mungs­verhalten dazu begründen.

Zum ersten Antrag, zum Transitantrag: Es bleibt schon der schale Beigeschmack, dass es sich dabei ausschließlich um ein Placebo, um eine Beruhigung handelt – gerade weil der Antrag im Zusammenhang mit der Erweiterungsdiskussion eingebracht wor­den ist –, um die Zustimmung der Freiheitlichen in irgendeiner Form sicherzustellen. Aber es ist wenigstens ein konkreter Punkt enthalten, und das erweckt zumindest bei uns die Hoffnung, dass Sie zumindest Selbstbindungen ernst nehmen, und das ist die Klage. Allerdings bleiben Sie auf der inhaltlichen Ebene bezüglich Wegekostenrichtlinie bemerkenswert unkonkret. Aber trotzdem werden wir diesem Antrag zustimmen, und wir hoffen, dass Sie diesen Entschließungsantrag diesmal ernst nehmen und er nicht wie­derum einer jener Entschließungsanträge ist, die dann in den Schubladen des Parlaments verschwinden und nie umgesetzt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Anders ist es beim zweiten Antrag, bei dem es um die Politik Österreichs gegenüber Tschechien betreffend das AKW Temelín geht. Eines möchte ich zur Vorgangsweise sagen: Es hat immer – das ist gute Tradition in diesem Haus – eine gemeinsame Ba­sis, einen Entschließungsantrag gegeben, auf den die österreichische Anti-Atom­politik aufgebaut hat und auf der gegenüber unseren Nachbarstaaten versucht wurde, Mit­teleuropa atomkraftfrei zu machen oder zumindest in diese Richtung zu arbeiten. Bis jetzt hat es das jedes Mal gegeben, dieses Mal jedoch nicht.

Das ist den Regierungsfraktionen zuzuschreiben, die es mittels ihrer Vorgangsweise auch heute wiederum geschafft haben, uns nicht zu informieren, obwohl wir heute über diese Vier-Parteien-Entschließung verhandelt haben und der gemeinsame Fahrplan ge­lautet hat: Im Jänner gibt es einen Unterausschuss, und im Jänner-Plenum werden wir versuchen, ein gemeinsames Ergebnis zu verabschieden. Was machen Sie? – Sie informieren uns nicht, Sie bringen einfach einen Antrag ein, der weit hinter dem


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zurückbleibt, was im Juli letzten Jahres drei Parteien dieses Hauses als gemeinsame Basis für die Anti-Atompolitik beschlossen haben.

Ich finde diese Vorgangsweise beschämend, weil Sie offensichtlich überhaupt kein In­teresse daran haben, bei wichtigen Fragen eine gemeinsame Basis zu finden. Ich halte es für extrem gefährlich, dass man sich nicht einmal um solch einen Konsens bemüht. Das haben Sie heute verspielt.

Wir werden diesem Antrag allerdings nicht wegen der Vorgangsweise nicht zustimmen, sondern wegen der inhaltlichen Schwäche. Sein Inhalt bleibt klar hinter dem zurück, was der Nationalrat in der letzten Legislaturperiode als Basis für seine Politik definiert hat. Und es tut mir wirklich Leid, dass man sich auf Abgeordnete wie Kollegen Kopf oder Wittauer nicht einmal in solchen Fragen verlassen kann. (Beifall bei den Grünen.)

14.33

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, dem Abschluss des Vertrages zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Re­publik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Re­publik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik über deren Beitritt zur Europäischen Union samt Schlussakte in 230 der Beilagen die Ge­neh­migung zu erteilen.

Nach Artikel 2 des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zy­pern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union ist für diesen Beschluss die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen er­forderlich.

Ich stelle daher zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfas­sungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.  

Ich korrigiere – die beiden Abgeordneten haben sich hinter der Größe des Abge­ordneten Hofmann versteckt –: Es ist dies mehrheitlich angenommen. (Abg. Dr. Ja­rolim: Da ist auch zum Verstecken, Herr Präsident! – Abg. Scheibner: Halten Sie sich zurück! Das ist eine Frechheit!) Die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit ist vorhanden.

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Kund­machung dieses Staatsvertrages in dänischer, englischer, estnischer, finnischer, fran­zösischer, griechischer, irischer, italienischer, lettischer, litauischer, maltesischer, nie­derländischer, polnischer, portugiesischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache durch Auflage im Bundesminis­te­rium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies ebenfalls mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der österreichisch-tschechischen Beziehungen im Zuge des Beitritts der Tschechischen Republik zur Europäischen Union und der Einrichtung eines österreichisch-tsche­chischen Zukunftsfonds.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­ne­ten Dr. Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Europäischen Union und innerösterreichische flankierende Maßnahmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Menschenrechte durch die Tschechische Republik.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen. (E 28.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Europäischen Union.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 29.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kopf, Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der konse­quenten Anti-Atompolitik Österreichs insbesondere in Bezug auf das KKW Temelín.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 30.)

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Kummerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere Verbes­serung der österreichisch-tschechischen Beziehungen im Zuge des Beitrittes der Tsche­chischen Republik zur Europäischen Union und der Einrichtung eines öster­reichisch-tschechischen Zukunftsfonds.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Mainoni, Dipl.-Ing. Mag. Regler, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine neue Wegekostenrichtlinie und Österreichs Transitpolitik.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen. (E 31.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002 (2002/772/EG, EURATOM) zur Änderung des Akts zur Ein­führung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Par­laments im Anhang zum Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom samt Erklärungen,


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dessen Artikel 1 Punkt 7 lit.a) verfassungsergänzend ist, in 209 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnte verfassungsergänzende Bestimmung stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abge­ordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages samt Erklärungen die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Kund­ma­chung dieses Staatsvertrages in dänischer, englischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, italienischer, niederländischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Ange­legenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stim­mung. – Es ist dies ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Europawahlordnung geändert und ein Bundesgesetz über die Europawahl 2004 erlassen wird, samt Titel und Eingang in 288 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abge­ord­neten fest.

Die Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Cap, Scheibner, Dr. Glawischnig, Kol­leginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht. Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des erwähnten Zusatzantrages abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetz­ent­wurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

4. Punkt

Regierungsvorlage: Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Euro­päischen Organisation für die Nutzung von Meteorologischen Satelliten (EUMETSAT) in der Fassung der Änderung vom 26. Juni 2001 (218 d.B.) (Gemäß § 28a GOG keine Ausschussvorberatung)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu Punkt 4 der Ta­ges­ordnung.

Von den Vorberatungen im Ausschuss wurde gemäß § 28a der Geschäftsordnung Ab­stand genommen.

Als einzige Rednerin dazu zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Mutto­nen. – Bitte.

 



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14.41

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Das Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten von EUMETSAT enthält im Wesentlichen Änderungen redaktioneller Na­tur. Daher werden wir diesem Protokoll zustimmen.

Ich möchte Ihnen trotzdem einige Informationen nicht vorenthalten, da wir doch von Wetterkapriolen immer häufiger betroffen sind. EUMETSAT ist eine zwischenstaatliche Organisation, der derzeit 18 europäische Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich, angehören. Eine wichtige Aufgabe dieser Organisation ist der Betrieb europäischer Wettersatelliten, die hochwertige Daten liefern für die Wettervorhersage, aber auch für die langfristige Beobachtung des Klimas. Dadurch können Vorhersagen, wo und wann mit Stürmen, Überflutungen oder Dürreperioden zu rechnen ist, wesentlich besser getätigt werden.

Sehr begrüßenswert ist, dass von der neuen Technologie auch 53 afrikanische Staaten profitieren, die ja von Klimaschwankungen und Trockenperioden weitaus mehr betroffen sind als Europa.

Das Projekt PUMA, das alle Länder südlich der Sahara erfasst, soll ein eigenständiges Netzwerk für die Wetterbeobachtung in Afrika aufbauen und wird von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Entwicklungsfonds unterstützt. Dieses Koope­rationsmodell ist ein ganz besonderes und wichtiges Projekt, denn afrikanische Spe­zialisten werden ausgebildet, um dann weiterhin als Ausbildner im eigenen Land arbeiten zu können.

Mit diesen und weiteren Kooperationen zum Beispiel zwischen den USA und Europa wird ein wichtiger Schritt hin zu einer umfassenden Klimabeobachtung gesetzt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Gemäß § 65 der Geschäftsordnung gelangen wir nunmehr zur Abstimmung.

Gegenstand ist die Genehmigung des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für die Nutzung von Meteorologischen Satelliten (EUMETSAT) in der Fassung der Änderung vom 26. Juni 2001 (218 der Beilagen).

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (313 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Nationalstiftung für Forschung, Tech­nologie und Entwicklung (FTE-Nationalstiftungsgesetz) erlassen wird, das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Bundesfinanzgesetz 2003 und das Bundes­fi­nanz­gesetz 2004 geändert werden, ein Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2003 bewilligt wer­den (Budgetüberschreitungsgesetz 2003 – BÜG 2003), erlassen wird, das ERP-Fonds-Gesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird, das Bundesgesetz über die vorübergehende sachliche Immunität von Leihgaben zu Ausstellungen der Bundesmuseen erlassen wird sowie das ASFINAG-Gesetz geändert wird (Wachstums- und Standortgesetz 2003) (324 d.B.)


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6. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird (325 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (276 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Pensions­kas­sengesetz geändert werden (326 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (295 d.B.): Ände­rung von Anhang II des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeich­nung von Edelmetallgegenständen (327 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 5 bis 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


14.45

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Eigentlich wäre heute der letzte Tag im Jahr 2003 gewesen, an dem diese Bundesregierung die Gelegenheit gehabt hätte, ein Konjunkturbelebungsprogramm zu beschließen, und ich muss sagen, wir vermissen den Herrn Finanzminister bei der Verhandlung eines so wichtigen Tagesord­nungs­punktes wie dem hier vorliegenden Wachstumspaket. Er ist wahrscheinlich allein im Wald wie ein Rumpelstilzchen: Gut, dass niemand weiß, dass ich Finanzminister bin!

Die letzten Arbeitsmarktdaten zeigen folgende Situation der österreichischen Kon­junktur: Wir haben erstens neue Rekordwerte bei der Arbeitslosigkeit, und wir haben zweitens das bisher nicht gekannte Phänomen der Jugendarbeitslosigkeit. Und wir haben eine Regierung, die in St. Wolfgang – der eine Teil 282 Kilometer entfernt vom anderen – groß ankündigt: Jetzt kommt der Paukenschlag für die Konjunktur! Aber schon bei der Vorstellung hier im Haus am 12. November hat Klubobmann Molterer zu­gegeben, und zwar in seiner Rede um 11.20 Uhr, dass es kein Konjunktur­bele­bungsprogramm ist.

Schauen wir uns an, was hier zur Abstimmung vorliegt! – Wir haben ein Gesetz, mit dem ein an sich vernünftiger Schritt gesetzt wird, nämlich jene Mittel, die der Bund für Forschungen zur Verfügung stellt, zu bündeln. Aber das Allerwichtigste wäre gewesen, zu klären, woher die zusätzlichen Mittel kommen, die wir brauchen, um von 1,9 oder 1,95 Prozent des BIP auf 2,5 Prozent zu kommen.

2,5 Prozent, meine Damen und Herren, sind ein bescheidener Ansatz – ich weiß schon, dass wir in der Vergangenheit deutlich hinter allen anderen Ländern zurück­gelegen sind –, aber auch dieser bescheidene Schritt erfordert neues Geld. Es reicht nicht, abzuwarten, die Schuld der österreichischen Wirtschaft zu geben, zu beklagen, dass die Privaten zu wenig forschen. Jeder, der das sagt, muss sich bewusst sein, dass es eines Anstoßes bedarf, und dieser Anstoß muss seitens der öffentlichen Hand erfolgen.

Wir haben hier die Bereitstellung von 125 Millionen € großartig gefeiert. – Woher kom­men diese Mittel? 70 Millionen € sind Mittel, die die Nationalbank schon bisher in Form


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des Jubiläumsfonds zur Verfügung gestellt hat. 9 Millionen € davon bleiben bei der Nationalbank, somit sind 61 der erwähnten 125 Millionen € keine zusätzlichen Mittel.

50 Millionen € kommen aus ERP-Mitteln. Aber die Regierung, die uns diesen Gesetz­entwurf vorlegt, hat bis zum Zeitpunkt der Gesetzwerdung mit den amerikanischen Partnern, die dieses Geld zum Wiederaufbau des Landes zur Verfügung gestellt ha­ben, diese neue Form des Einsatzes der ERP-Mittel nicht definitiv geklärt. (Abg. Dr. Ja­rolim: Das ist eigentlich erschreckend!) Das nenne ich eine Regierung, die nicht einmal ihre Hausaufgaben machen kann, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Jetzt würde man wenigstens dem Argument der Verstetigung folgen und sagen, es soll eine langfristigere Finanzierung geben. Niemand aber sagt uns, was passiert, wenn die Nationalbank in einem Jahr keinen Gewinn zu verzeichnen hat. Denn dann, meine Damen und Herren, haben wir das Problem, dass eine Auszahlung von Mitteln der Nationalbank gegen die Vorschriften, dass es keine Finanzierung staatlicher Aufgaben oder Defizite durch Mittel der Nationalbank geben darf, verstößt. Und dann fehlt nicht nur der Herr Finanzminister – es fehlt seine Garantie, dass die Mittel aus dem Bun­desbudget eingezahlt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

An dieser Stelle gleich auch die Frage, welche Experten es sein werden, die diese Mittel verwalten. 125 Millionen € sind ein beachtlicher Betrag, und um diese Mittel zu verwalten, wird wie bisher das Management des AWS, das sich nicht gerade durch Pro­fessionalität ausgezeichnet hat, eingesetzt – anstatt Experten aus der Forschung und Entwicklung.

Alle anderen Punkte in diesem Wachstums- und Standortgesetz, meine Damen und Herren, betreffen Dinge, die eigentlich mit dem Standort herzlich wenig zu tun haben.

Ich möchte aber an dieser Stelle zwei Dinge positiv erwähnen: erstens, dass Sie unserer Kritik gefolgt sind, die Investitionszuwachsprämie zu verlängern – dafür bin ich dankbar, dass Sie unserer Kritik gefolgt sind –, und zweitens – wir hätten uns mehr erwartet, nämlich einen weiteren IFB – den Forschungsfreibetrag, wenn wir auch dort zu viel „Gießkanne“ und zu wenig Fokussierung sehen.

Ein Einziges möchte ich noch hervorheben, meine Damen und Herren: Was hat es mit einem Wachstums- und Standortgesetz zu tun, dass künftig Kammerzofen, Butler und ähnliches Hauspersonal als eine Art – ich weiß nicht was – „Anhang von Managern“ mitgenommen werden dürfen, und zwar außerhalb der Quotenregelung? Was soll das bitte sein? Wir leben nicht mehr im 19. Jahrhundert. Es gibt genug inländische Ar­beitskräfte.

Das hat nichts mit dem Konjunkturpaket zu tun, und wir werden in diesen Punkten sehr differenziert abstimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


14.51

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Ausführungen des Kollegen Matznetter kann ich nur das sagen, was ich schon im Finanzausschuss gesagt habe. Herr Kollege Matznetter, die Fakten und Daten spre­chen gegen das, was Sie gesagt haben, denn unter dieser Bundesregierung haben wir, was Wachstum betrifft, was Stabilität betrifft und was Arbeitsmarkt betrifft, wesentlich bessere Daten erreicht als die gesamte Eurozone.


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Was das Wachstum betrifft: Wir hatten 50 Prozent mehr Wachstum, sowohl im Vorjahr als auch heuer, als der Durchschnitt der Eurozone. Was die Stabilität betrifft: Im Bereich der Defizite ist der Euro-Durchschnitt doppelt so hoch wie unserer. Was den Arbeitsmarkt betrifft: Unsere Arbeitslosigkeit – jeder Arbeitslose ist zu viel, gar keine Frage – ist nur halb so groß wie der Durchschnitt der Eurozone. (Abg. Sburny: Und wächst am schnellsten!)

Ob Stabilität, ob Wachstum oder Arbeitmarkt, egal, welche Kennzahl Sie auch neh­men, Herr Kollege Matznetter: Diese Regierung hat eine perfekte Leistungsbilanz vor­zulegen, und mit dem vorliegenden Paket wird diese Leistungsbilanz auch in Zukunft fortdauern! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Was meinen Sie? (Abg. Dr. Matz­netter: Verschlechterung der Jugendarbeitslosigkeit!) Aber Sie können trotzdem nicht widerlegen, dass wir, egal ob Wachstum, Stabilität oder Arbeitsmarkt, wesentlich bes­ser dastehen als der Durchschnitt der EU-Länder. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist nicht zu widerlegen. Das konnten Sie im Finanzausschuss nicht widerlegen, Sie konnten es hier nicht widerlegen, und auch Ihre Zwischenrufe können das nicht widerlegen, Herr Kollege Matznetter!

Das heißt, dieses Wachstums- und Standortsicherungspaket, das heute zur Beschluss­fassung vorliegt, ist die Fortsetzung einer konsequenten erfolgreichen Wirtschaftspolitik dieser Regierung, die auf drei Grundpfeilern beruht. Erster Grundpfeiler: Stabilität im Staatshaushalt, zweiter Grundpfeiler: Investitionen in die Zukunft, und dritter Grund­pfeiler: Entlastung der Bürger und der Betriebe. – Eine konsequente Fortsetzung dieser Politik!

Dieser Regierung ist es auch gelungen, eine Balance zwischen Wachstum und Stabi­lität zu finden. Es ist ein Irrweg, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, zu glauben, das Wachstumsziel könne zu Lasten der Stabilität erreicht werden. Wir sehen heute weltweit empirisch, dass Wachstum und Stabilität keine Gegensätze sind, sondern sich vielmehr gegenseitig bedingen. Es wird langfristig kein Wachstum geben, wenn die Staatsfinanzen nicht in Ordnung sind. Also Stabilität ist die Voraussetzung für Wirtschaftswachstum.

Was die Zukunftsinvestitionen betrifft, meine Damen und Herren – ich werde noch nä­her darauf eingehen –, ist zu sagen, dieses Wachstumspaket enthält die größten Zu­kunftsinvestitionen, die dieses Parlament in den letzten Jahren beschlossen hat. Ich sage nur ein Stichwort: allein 20 Milliarden € für die Infrastruktur! (Abg. Mag. Kogler: Wo denn?) 20 Milliarden € für die Infrastruktur im Zeitraum von 1999 bis 2006.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, und diese Regierung ist sich dessen bewusst, dass die EU-Erweiterung, die wir gerade mit so überwältigender Mehrheit beschlossen haben, natürlich eine gewaltige Herausforderung für uns ist, nämlich eine gewaltige Herausforderung im Standortwettbewerb. Daher hat für uns Standortsicherung hohe Priorität, denn Standortsicherung heißt, Arbeitsplätze sichern, heißt, Einkom­mens­chancen sichern, und heißt, soziale Sicherheit absichern. – Das heißt Standort­siche­rung, und das hat für uns absolute Priorität. Das ist für uns Zukunftsgestaltung und Verantwortung für die Zukunft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich Folgendes auch sagen: Diese Regierung und die Regierungs­frak­tionen sind sich dessen voll bewusst, dass diese Erweiterung der Europäischen Union – und auf den Beschluss sind wir alle stolz, viele Redner haben in früheren Debatten ihre Freude darüber zum Ausdruck gebracht – im Standortwettbewerb natürlich eine Neuverteilung von Chancen und Risken bedeutet. Und hier liegen noch Aufgaben vor uns, meine Damen und Herren! Ich weiß das als einer, der seit über 20 Jahren die Freude und Ehre hat, eine Grenzregion, nämlich das Waldviertel, hier im Parlament zu vertreten.


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Natürlich stellt das eine gewaltige Herausforderung dar, und ich freue mich daher, dass in diesem Wachstumspaket 100 Millionen € für die Wirtschaftsförderung von Klein- und Mittelbetrieben in den Grenzregionen und weitere 100 Millionen € für die bessere Eigenkapitalausstattung dieser Betriebe vorgesehen sind. Das AWS, das Austria Wirtschaftsservice – wir haben in den letzten Tagen Gespräche geführt –, wird die Voraussetzungen dafür schaffen, dass auch die Grenzregionen in diesem größeren neuen Europa eine faire Chance haben, dass Betriebe in den Grenzregionen, Unternehmer und ihre Mitarbeiter, eine faire Chance haben, erfolgreich tätig zu sein.

Ein langfristiger strategischer Nachteil, nämlich mit dem Rücken am Eisernen Vorhang, extreme Grenzlandsituation, ist beseitigt, wir liegen wieder im Herzen Europas. Wir werden diese Chance nützen, und ich bin froh, dass wir heute dieses Standort- und Wachstumspaket beschließen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte. (Abg. Lentsch: Kraut- und Rübengesetz ha­ben Sie ...!)

 


14.56

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! „Kraut- und Rübengesetz“ vernehme ich in einem Zwischenruf, noch bevor ich meine Ausführungen begonnen habe. – Ja, das ist richtig: ein Kraut- und Rübengesetz.

In der kurzen Zeit bis 15 Uhr möchte ich nur auf ein paar allgemeine Dinge eingehen, auf die Speziellen erst im Anschluss an die Fristsetzungsdebatten.

Man weiß ja wirklich nicht, ob man sich über so manche Vorgangsweise der Regierung aufregen oder ob man eher ruhig und gelassen bleiben soll. – Ich werde mich jetzt einmal für Letzteres entscheiden.

Herr Kollege Stummvoll! Dieses Konjunkturpaket wird von der ÖVP als römisch III betitelt. Teile davon waren schon im Regierungsprogramm enthalten, Teile davon wur­den in einer ÖVP-Klausur am Wolfgangsee als Regierungsprogramm vorgestellt, dann wiederum in Pressekonferenzen. Und wenn das Gesamte unter diesem Titel „Kon­junkturpaket III“ durchgeht, bin ich halt auch bereit, hier in der Parlamentsdebatte das tatsächliche Gesetz, das Sie unter diesem Titel immer angekündigt haben, mit dem zu vergleichen, was Ihre ursprüngliche Intention war.

Ich habe mir diesen Aktionsplan Bartenstein-Grasser-Finz besorgt – es sind viele Seiten; Sie haben ihn auch der Presse gegeben, keine besondere Kunst –, und darin werden 15 Seiten lang relativ positive Dinge aufgezählt. Aber wir müssen uns jetzt nicht großartig darüber streiten, wir nähern uns ja in anderen Punkten auch immer wieder an. Fakt ist, dass hier jetzt überhaupt nur das Wenigste vorliegt.

Eine Kurve haben Sie gerade noch gekratzt, nämlich das Ganze umgetauft in Standort- und Wachstumsgesetz oder so ähnlich, wo Sie dann alles Mögliche hineingeschrieben haben – von wegen Kraut und Rüben –, bis hin zu Budgetüberschreitungen, zu Dingen, die mit Standort- und Wachstumsinitiativen überhaupt nichts zu tun haben. Vie­le Bestimmungen tauchen darin auf, Gesetze werden angesprochen, die damit nichts zu tun haben.

Ich würde einmal anregen, allein im Sinne einer gesetzgeberischen Klarheit hier im Haus, dass man Dinge so zusammenfügt, wie sie sinnvoll sind, und so unabhängig von­einander lässt, wie es auch sinnvoll wäre. Dieses Herummurksen und Herum­kuddelmuddeln, wie Sie das in letzter Zeit vermehrt und offensichtlich angeregt durch


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40. Sitzung / Seite 123

Ihr Budgetbegleitgesetz mit den 91 Gesetzen machen, bringt ja nichts. Aber sei’s drum, das ist ja nur die generelle Kritik.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, es bleibt fast nichts übrig von dem, was ursprünglich angekündigt war. Das heißt nicht, dass einzelne Punkte nicht auch von uns positiv bewertet werden. Ich werde, und natürlich auch meine NachrednerInnen, im Einzelnen noch darauf zu sprechen kommen. Aber mit Konjunkturpolitik hat das sehr wenig zu tun, das müssen wir uns einfach eingestehen. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es bleibt – bei Ihnen vielleicht sogar ideologisch motivierter als bei uns; mir auch recht – die Investitionszuwachsprämie das einzige Instrument, das in engerem Sinne wirklich konjunkturpolitisch wirkt. Das Wifo hat bestätigt, dass diese Maßnahme gar nicht so schlecht greift, und deshalb ist es auch ein herauszuhebender Konsens, wenn wir diese Prämie – ich nehme an einstimmig – um ein Jahr verlängern. Dann muss aller­dings Schluss sein, weil es ja auch um die Glaubwürdigkeit der Politik, der Wirtschaftspolitik in diesem Fall, geht. Man kann sie nicht immer beliebig verlängern, dann hätte sie nämlich auch als konjunkturpolitisches Instrument wenig Sinn.

Darüber hinaus würde eine Investitionszuwachsprämie, die auf die letzten drei Jahre rekurriert und den Unterschied zu künftigen Investitionen herausrechnet, nur dazu führen, dass die Unternehmer dazu angehalten werden, drei Jahre lang nichts zu tun und alle vier Jahre irgendwo zu investieren, um möglichst viele Steuervorteile zu lukrieren. Es muss klar sein: 2004 muss Schluss sein mit der Prämie, genauso wie meine Rede jetzt vorläufig vorbei ist; ich werde sie später wieder aufnehmen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Matznetter.)

15.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Kogler, wollen Sie diese Rede fort­setzen? (Abg. Mag. Kogler: Ja, diese!) Das heißt, es ist nur eine Unterbrechung. (Abg. Mag. Kogler: Ja!)

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 5 bis 8 zur Durchführung einer kurzen Debatte.

Kurze Debatten über Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die erste kurze Debatte betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Josef Cap, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 245/A der Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird, eine Frist bis 31. Jänner 2004 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a  der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, der Erstredner allerdings 10 Minuten. Stel­lung­nahmen von Mitgliedern der Bundesregierung sollten nicht länger als 10 Minuten dau­ern.

Das Wort erhält zunächst Abgeordnete Mag. Christine Lapp. 10 Minuten Redezeit. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 



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40. Sitzung / Seite 124

15.01

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Regierung! Stellen Sie sich vor, auf dem Weg zur Arbeit haben Sie einen Autounfall. Dabei überschlägt sich Ihr Auto, und Sie landen nach mehrmaligem Aufprall im Graben. Ihr Auto hat Totalschaden, Sie selbst wachen nach mehreren Wochen im Krankenhaus auf und stellen fest, dass Sie ab der Hüfte gelähmt sind. Sie stellen, nachdem Sie zwischen zwei ÖBB-Züge gekommen sind, fest, dass Ihnen das Bein amputiert werden muss.

Nach mehreren Wochen Rehabilitationsaufenthalt versuchen Sie wieder am Leben teilzuhaben. Mit den Mitteln der Unfallrente können Sie zusätzliche Dienste und Hilfsmittel zukaufen, um auch aktiv am Leben teilzunehmen.

Doch seit dem Jahr 2001 wurde Ihnen die Rente von einer blau-schwarzen Bundes­regierung um ein Drittel gekürzt, indem diese Rente besteuert wurde. Seitdem müssen Sie bei jedem Schritt überlegen, ob Sie sich diesen leisten können und wie Sie am Leben teilhaben können. Sie haben noch Glück, wenn Sie in Ihrem Beruf weiter­arbeiten können und Ihr Arbeitgeber Sie unterstützt.

Seit drei Jahren werden UnfallrentnerInnen herumgeschubst und geschröpft – mehr als 100 000 Menschen! Nach der Einführung dieser Steuer wurde von Seiten der So­zialdemokratie der Verfassungsgerichtshof befasst. Durch sein Erkenntnis wurde der Regierung die Aufgabe gestellt, diese unsoziale Maßnahme zu reparieren und zu­rückzunehmen. Die Regierung hat in dilettantischer Weise eine Härteregelung ge­bastelt und eine Rückzahlungsaktion für 2001 und 2002 gestartet, bei der die Steuer nicht automatisch zurückgezahlt wurde, sondern die Menschen langwierige Anträge stellen mussten. Und es haben noch immer nicht alle Unfallrentnerinnen und Unfall­rentner die ungerechte Steuer zurückbekommen!

Im Jahr 2003, dem europäischen „Jahr der Menschen mit Behinderungen“, wird wei­terhin die Steuer auf Unfallrenten eingehoben und ohne Abfederungsmaßnahmen einbehalten. Die Regierung brüstet sich damit, dass die Steuer für 2004 nicht mehr eingehoben wird – wir sind aber nach wie vor im Jahr 2003. In Inseraten wird so getan, als ob jemand anderer dieses Geld, diese Steuer, den behinderten Menschen aus der Tasche genommen hätte. Das ist unerhört!

Heute ist der 3. Dezember, der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Die Regierungsfraktionen hätten heute noch die Möglichkeit, dem Fristsetzungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion zuzustimmen. Die rückwirkende Abschaffung der Un­fallrentenbesteuerung 2003 wäre eine wichtige Maßnahme für behinderte Menschen in Österreich. Mehr als 100 000 Menschen sind davon betroffen und haben in den letzten Jahren netto 172,6 Millionen € ins Budget gezahlt, ohne eine einzige Un­terstützung zu bekommen!

Heute haben vor den Toren des Parlaments betroffene Menschen auf diese letzte Chance auf Abschaffung der Unfallrentensteuer 2003 hingewiesen. Sie wurden dabei von VertreterInnen der ÖVP, so etwa Frau Steibl, auf das Gröbste beschimpft.

Ich möchte Ihnen ein Mail einer betroffenen Frau vorlesen:

Ich habe heute an einer Protestaktion der Unfallrentner vor dem Parlament teilge­nommen. Die Abgeordnete der ÖVP, die ich gerade in der Parlamentsübertragung vom ORF erkannt habe, Frau Steibl, hat uns in unglaublicher Weise beschimpft. Wir wollten ihr nur ein Flugblatt überreichen, als sie sagte, wir sollten lieber etwas arbeiten – und außerdem sind wir sowieso nicht alle behindert; das Geld für Flugblätter könnte man sich sparen.


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Weiters heißt es in diesem Mail: Ich war entsetzt, da neben mir ein Kollege im Rollstuhl den ganzen Vorfall live mit anhören musste. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine ungeheure und bodenlose Frech­heit, dass sich die Abgeordneten der ÖVP und der FPÖ nicht einmal mit den betroffenen Menschen auseinander gesetzt haben! Das haben sich behinderte Menschen, die im Leben stehen oder durchs Leben „rollen“, nicht verdient, die nur auf eine haarsträubende Ungerechtigkeit hinweisen wollten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Gaßner: Christlich-sozial!)

Hier demaskieren sich Regierungsvertreterinnen und -vertreter. Bei Gala-Empfängen zum Thema „behinderte Menschen“ werden die Herz-Schmerz-Rührseligkeiten hervor­gekramt, aber in der politischen Alltagsarbeit werden die Bedürfnisse behinderter Men­schen eiskalt ignoriert. (Abg. Amon: Frau Kollegin! Wir waren erst vor 14 Tagen gemeinsam beim Integrations...!)

Herr Kollege, weil Sie sich so aufregen, würde ich Sie bitten: Zeigen Sie einmal Rück­grat und stimmen Sie für die rückwirkende Abschaffung der Unfallrentenbesteuerung! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Jeder Redner hat 5 Minuten Redezeit.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

 


15.07

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute zum wiederholten Male mit der Un­fallrentenbesteuerung. (Abg. Öllinger: Ja, leider!) Ich freue mich, dass die Debatte dann irgendwann gegen Ende des Jahres beendet sein wird. Das letzte Mal haben wir uns am 12. November mit dieser Frage beschäftigt.

Frau Kollegin Lapp hat insofern Recht, als sie darauf hingewiesen hat, dass die SPÖ den Beschluss dieser Besteuerung vor den Verfassungsgerichtshof gebracht hat. Der Verfassungsgerichtshof hat aber eindeutig die Verfassungskonformität der Renten­besteuerung bestätigt. Er hat sie nur deswegen aufgehoben, weil die Regelung sei­nerzeit zu schnell erfolgt ist, und unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes wurde die Unfallrentenbesteuerung für 2001 und 2002 aufgehoben.

Sie wissen: Er hat ausdrücklich die Verfassungskonformität der Besteuerung im Jahr 2003 bestätigt! Aus verfassungstechnischen Gründen allerdings wurde die Bestimmung mit Anfang 2004 restlos aufgehoben, aber selbst eine Wiedereinführung ab 2004 wäre eindeutig verfassungskonform. Und das wissen Sie auch, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Einer der Gründe für die Einführung der Besteuerung war, eine systemgerechte, aber auch eine dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit folgende Besteuerung zu schaffen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Lapp, halten Sie es tatsächlich für gerecht, dass Empfänger von privaten Unfallrenten besteuert werden, Empfänger von gesetzlichen Unfallrenten aber steuerfrei bleiben, wenn die Leistung gleich hoch ist?

Oder was sagen Sie dem Opfer eines Autounfalls, das auch mit bleibenden Schäden sein Leben bestreiten muss, dessen Rente zur Gänze der Steuer unterliegt, während die Rente seines Kollegen, der einen Arbeitsunfall hatte, nicht besteuert wird?


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Oder, Herr Kollege Öllinger, was sagen Sie einem Schwerarbeiter, der auf Grund seiner schweren Arbeit bei einem Arbeitsunfall die gleichen Schädigungen hat wie sein Kollege, aber eben eine Invaliditätspension bekommt, die der vollen Besteuerung unter­liegt? Ist das gerecht, meine sehr geehrten Damen und Herren? Ist diese Ungleichbehandlung gerecht? – Das glaube ich nicht!

Ich wäre auch neugierig, Herr Kollege Öllinger, was der Verfassungsgerichtshof sagen würde, wenn ein Invaliditätspensionist diese Frage vor den Verfassungsgerichtshof bringen würde! Die eine Pension ist steuerfrei, die andere in der gleichen Höhe wird zur Gänze der Steuer unterlegt. Ich wäre neugierig, was der Verfassungsgerichtshof da­zu sagen würde!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie geben vor, dass Sie die kleinen Rentner schützen wollen. Sie verschweigen aber, dass die geltende Regelung nur für hohe Renten gilt, weil eben Renten bis zu 20 000 S – seinerzeit – steuerfrei gestellt wur­den – und das wissen Sie –, genauso wie Sie hier verschweigen, dass die Schwerst­behinderten eine um 50 Prozent höhere Rente bekommen haben und dadurch sozusagen die Nettorente höher ist als vor der Besteuerung.

Alle diese Dinge verschweigen Sie! (Abg. Silhavy: Das zeigt Ihre Gesinnung!) Sie möchten im Jahr der Menschen mit Behinderungen aus einer an sich sehr, sehr schwie­rigen Frage nur politisches Kapital schlagen, Frau Kollegin. Und letztendlich verschweigen Sie natürlich auch, dass im Rahmen der Behindertenmilliarde die Be­hindertenvereine aus den Mitteln, die aus der Unfallrentenbesteuerung herein­gekom­men sind, wesentlich höhere Beiträge und Unterstützungen bekommen haben. Diese Gelder kommen auch jenen zugute, die kleine Renten beziehen und von der Unfall­rentenbesteuerung gar nicht betroffen sind, Frau Kollegin Lapp. Auch das, so hoffe ich, wissen Sie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen, dass die Diskussion über eine gerechte und sozial abgefederte Besteuerung aller Einkommen durchaus Sinn macht und auch gerechtfertigt ist. Trotzdem – trotzdem! – stehen wir zum Erkenntnis des Ver­fassungsgerichtshofes und fügen uns vollinhaltlich den Anordnungen des Gerichts­hofes. (Abg. Dr. Glawischnig: Was sonst?) Ihr Antrag auf Fristsetzung kommt zu spät, Frau Kollegin Lapp, denn wie Sie wissen läuft die Besteuerung der Unfallrenten mit Ende dieses Jahres aus (Abg. Öllinger: Wer sagt das? – Das sagen Sie!), und – und das darf ich Ihnen auch sagen – es ist an eine Wiedereinführung der Unfall­renten­be­steuerung nicht gedacht. (Abg. Öllinger: Und Lopatka?) Das hat unser Klubobmann Willi Molterer eindeutig klargestellt, und es sollten auch die Vertreter der SPÖ zur Kenntnis nehmen, dass das so sein wird! (Beifall bei der ÖVP.)

15.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schönpass. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.12

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Gäste! Seit 2001 werden in Österreich die Unfallrenten wieder besteuert. Man muss wissen, dass zur Bemessung der Unfallrente zwei Drittel des letzten Jah­resbezuges herangezogen werden. Das dritte Drittel des Jahresbezuges blieb immer unberücksichtigt, da es als Steuerersatz galt. Vom Ansatz her ist die Unfallrente also eine „Brutto-für-Netto“-Leistung; die Unfallrentenbesteuerung ist somit de facto eine Dop­pelsteuer. – Dies ist einer ÖGB-Aussendung zu entnehmen.

Der Verfassungsgerichtshof hat infolge einer Klage der SPÖ die Unfallrentensteuer für 2001 und 2002 aufgehoben. Die Besteuerung läuft somit Ende 2003 aus. In der Praxis


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allerdings wird die Steuer für 2003 noch eingehoben – ein Umstand, mit dem sich kein sozial denkender Mensch und schon gar nicht die Betroffenen abfinden können!

Verschärft wird diese Belastung für die 110 000 Bezieherinnen und Bezieher von Unfallrenten durch Bekundungen der ÖVP, die Besteuerung in einer adaptierten Form auch 2004 weiterzuführen. Meine Damen und Herren! Die Zeit läuft, und die Un­fallrentnerinnen und Unfallrentner drohen durch das Untätigsein der Regierung durch die Finger zu schauen. Deshalb habe ich gemeinsam mit einigen meiner KollegInnen einen offenen Brief an die Bundesregierung geschrieben. Darin fordern wir die Re­gierung auf, Klarheit zu schaffen: Wird die Unfallrentenbesteuerung in adaptierter Form fortgeführt, wie es seitens der ÖVP kürzlich verkündet wurde, oder geht man den sauberen Weg der Abschaffung einschließlich der Refundierung an die BezieherInnen von Unfallrenten?

Die FPÖ soll zeigen, ob die vom damaligen Vizekanzler und Sozialminister Mag. Haupt gemachten Aussagen betreffend die Freude über das Ende der Unfallrentensteuer auch in konkrete Taten münden. Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, haben heute Gelegenheit, das zu beweisen. Unseren dringenden Appell, den wir auch an die Klubobleute von ÖVP und FPÖ geschickt haben, die Unfallrentenbesteuerung für 2003 ersatzlos und rückwirkend zu streichen, richte ich an alle Abgeordneten der Re­gierungsparteien. Diese Angelegenheit verdient es, nicht im parteipolitischen Interesse, sondern im Interesse der Bezieherinnen und Bezieher von Unfallrenten betrachtet zu werden. Unterstützen Sie deshalb den Fristsetzungsantrag der SPÖ! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dolinschek. 5 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


15.16

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Besteuerung der Unfallrente ist vom Verfas­sungsgerichtshof aufgehoben worden, weil es eine zu geringe Übergangsfrist gegeben hat. Die Unfallrente selbst ist durch das Verfassungsgerichtshoferkenntnis also nicht deshalb aufgehoben worden, weil sie ungerecht ist, sondern weil sie zu schnell ein­geführt worden ist. Die Unfallrente besteht ja, glaube ich, schon seit dem vorigen Jahr­hundert und ist in dieser Form auch nicht mehr zeitgemäß. Man hat sich Gedanken gemacht, wie man – Kollegen vor mir haben das ja schon erklärt – eine steuerliche Gleichstellung von privat Verunfallten und jenen, die einen Arbeitsunfall erleiden, er­reichen kann. Dass das Ganze ein wenig unglücklich lief, gebe ich zu, und ich werde mich auch vehement dafür einsetzen, dass die Unfallrente, wie sie mit 31.12.2003 ausläuft, in dieser Form nicht mehr eingeführt wird.

Das hat auch Herr Bundesminister Herbert Haupt ... (Abg. Öllinger: Die Unfallrente läuft nicht aus!) – Wer sagt das? (Abg. Öllinger: Die Besteuerung!) Herr Kollege, die Besteuerung in dieser Form ist aufgehoben worden und wird auch in dieser Form nicht mehr eingeführt. (Abg. Parnigoni: In welcher denn? Was für eine Form der Be­steuerung kommt jetzt?) – Herr Kollege, hören Sie mir einmal zu! – Die Unfallrentner, die ab dem 1. Juli 2001 einen Unfall erlitten haben, sind hier besonders benachteiligt, und für diese Personen muss es eine Möglichkeit geben, dass sie wie jene, die eine geringe Unfallrente haben – bis zu 20 000 S –, die Steuer auch rückerstattet bekom­men.

Das Jahr 2003 neigt sich jetzt dem Ende zu, und von den Bundessozialämtern wird die Rückerstattung erfolgen für jene, die eine Unfallrente bis zu 20 000 S haben – und mit der Einschleifregelung auch für höhere Renten –, aber nicht für jene, die eine Unfall-


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rente in der Höhe von – was weiß ich – 6 000 oder 7 000 € erhalten. Es ist nämlich ein großer Unterschied, weil die Besteuerung der Unfallrente nämlich so gelaufen ist, dass die Unfallrente je nach Art des Berufsstandes, des Einkommens ausbezahlt worden ist. Wenn ein Lehrling einen Unfall erlitten hat, so hat er eine geringe Unfallrente, und wenn ein Abgeordneter auf der Fahrt vom und zum Parlament einen Unfall hätte, und das wäre ein Arbeitsunfall, so bekommt er eine hohe Unfallrente, und die sogar steuer­frei.

Das ist ungerecht in diesem System. Wir werden uns aber dafür einsetzen, dass im Jänner jene, die keine Rückerstattung erhalten haben und ab 1. Juli 2001 einen Unfall erlitten haben, auch die Möglichkeit haben, aus dem Härtefonds die abgezogene Steuer zurückzubekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Öllinger. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.19

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird schon einen Grund haben, warum Bundesminister Haupt und die Frau Staats­sekretärin, die ja noch bis kurz vor 15 Uhr an der Debatte teilgenommen haben, dann den Saal verlassen haben. Es geht ja nicht nur um die Verantwortung der Bundesre­gierung insgesamt – das auch – und der Regierungsparteien im Besonderen – das auch –, sondern es geht schon auch darum, dass Herr Bundesminister Haupt und die Frau Staatssekretärin noch im Herbst 2003 groß inseriert haben: „Ab 1.1.2004 Unfall­renten steuerfrei!“

Da heißt es weiter in diesem nicht billigen Inserat auf Seite 7 der „Kronen Zeitung“ – es interessiert offensichtlich den Klubobmann Molterer, wo das inseriert war –:

„Im heurigen Jahr“, nämlich 2003, „gilt noch das Unfallrentensteuergesetz, daher wird sie heuer auch noch eingehoben. In sozialen Härtefällen kann man jedoch auch weiterhin eine Unterstützung bei der zuständigen Landesstelle des Bundessozialamtes beantragen.“

Das ist falsch, denn beantragen können diese Unterstützung nur jene Rentner, die, wenn man so will – in diesem Fall kann man ja nicht von Glück sprechen –, das Pech hatten, einen Arbeitsunfall bis zum 1. Juli 2001 zu haben. Die können von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

Aber – und da hat Kollege Dolinschek natürlich Recht, aber er versucht sich irgendwie herauszuwinden – jene, die das Pech hatten, den Arbeitsunfall nach dem 1. Juli 2001 zu erleiden, sind im Jahr 2003 nach wie vor nicht beim Härtefonds und haben auch keine Befreiung von der Unfallrentenbesteuerung. Diese sind aber rückwirkend durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofes von der Steuer für 2002, wenn sie 2001 den Unfall hatten, befreit. Da muss man natürlich die Frage stellen: Was denkt sich ein Bundesminister, wenn er über ein Inserat zu informieren versucht, die Information aber nicht stimmt?

Da muss man weiter die Frage stellen – und das nimmt ausdrücklich nicht auf deine Rede Bezug, Kollege Dolinschek –: Was denkt sich ein Kollege Trinkl, wenn er die Gerechtigkeitsfrage hier hereinbringt? (Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl.) – Natürlich, Kollege Trinkl, die Gerechtigkeitsfrage. Und nach dem Maßstab der Gerechtigkeit muss man sich auch die Unfallrente anschauen, ob besteuert oder nicht besteuert.

Aber fangen wir doch einmal bei der Unfallrente als solcher an. Wir, wahrscheinlich auch Sie, finden es doch auch ungerecht, dass jemand, der in jungen Jahren als Lehrling einen Arbeitsunfall hatte, einen wirklich schweren Arbeitsunfall, also tat-


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sächlich massiv beeinträchtigt ist, sein Leben lang nur eine sehr niedrige Rente hat, obwohl er wahrscheinlich kaum mehr etwas arbeiten kann. Das hängt eben mit dem niedrigen Einkommen zusammen. Aber jemand, der im Vergleich dazu schon in jungen Jahren ein hohes Einkommen, aber einen leichten Arbeitsunfall hatte, steigt relativ gut aus.

Herr Kollege Trinkl! Jetzt machen wir es noch komplizierter. Was ist mit jenen, die eine Berufskrankheit haben – ich habe da etliche Beispiele – und zu jenem Zeitpunkt, zu dem sie erfahren, dass sie eine Berufskrankheit haben, auch schon wissen, dass sie in wenigen Monaten sterben werden? Die erleben nicht einmal das Verfahren für diese Berufskrankheitenanzeige! Vielleicht gibt es Hinterbliebene, dann bekommen die noch etwas. Aber ansonsten stiehlt sich die Gesellschaft trotz Unfallversicherung bei be­stimmten Personen komplett aus ihrer Verantwortung. Ist das gerecht?

Die Unfallrente war immer – darauf geht das Urteil des VfGH leider nur zu oberflächlich ein – auch Schadenersatz, Haftpflicht des Unternehmens. Und wenn ich das so sehe, dann muss ich an diese Frage ganz anders herangehen und dann rechtfertigt sich auch die Befreiung von der Unfallrentenbesteuerung. Das, was Sie mit diesem Nicht­eingreifen jetzt vornehmen, ist eine ungleiche Lage für das Jahr 2003 schaffen. Die einen haben Anspruch auf Unterstützung durch den Fonds, die anderen nicht. Das ist bereits ein weiterer Fall für den VfGH. Ich hoffe, Sie wissen das. (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

15.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 245/A der Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz ge­ändert wird, eine Frist bis 31. Jänner 2004 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

*****

Wir kommen nun zur zweiten kurzen Debatte über den Antrag des Abgeordneten Brosz, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 284/A (E) der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaßnahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnenwechsel während des Schul­jahres durch Frühpensionierungen eine Frist bis 4. Dezember 2003 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden. (Abg. Öllinger: Zur Geschäftsbehandlung!)

Herr Abgeordneter Öllinger! Zur Geschäftsbehandlung.

 


15.26

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Da es bei diesem Antrag darum geht, die jetzige Regelung bezüglich Frühpensionierung von Lehrern in Frage zu stellen und hier deshalb eine Frist zu setzen, weil die Praxis nicht darauf Bezug nimmt und die Frau Bundesministerin Gehrer in den letzten Tagen dazu einschlägige Äußerungen gemacht hat, legen wir großen Wert auf die An­wesenheit der Frau Bundesministerin in dieser Debatte. Ich stelle deshalb den Antrag


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auf Beiziehung der Frau Bundesministerin Gehrer zu dieser Debatte. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Sie haben den Antrag gehört.

Weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung liegen nicht vor.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag des Abgeordneten Öllinger bei­treten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher ab­ge­lehnt. (Abg. Mag. Mainoni – in Richtung Grüne –: Das ist eine Schikane!)

Wir gehen in die Debatte ein.

Sie kennen die Geschäftsordnung. Der Erstredner hat zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten. Zu Wort gemeldete Regierungsmitglieder, Staatssekretäre haben eine Redezeit von 10 Minuten.

Als Erster erhält der Antragsteller das Wort. Das ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


15.27

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Liebe nicht vorhandene Frau Bildungsministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat sich niemand von den Regierungsfraktionen zu Wort gemeldet, um die Nichtanwesenheit zu rechtfertigen. Of­fenbar gibt es bei Fristsetzungen doch eine sehr unterschiedliche Zugangsweise.

Am 2. September hatten wir eine Fristsetzung über das Internationale Protokoll über den Eisenbahnverkehr. Da ging es der Regierung darum, die ÖBB zu thematisieren, und da war völlig klar, dass sich daran Herr Vizekanzler Gorbach und Herr Staats­sekretär Kukacka beteiligen und zu Wort melden. Wenn es um Anliegen geht, die in der Öffentlichkeit momentan massiv diskutiert werden, um Anliegen des österrei­chi­schen Schulsystems, findet es die Regierung offenbar nicht der Mühe wert, sich einer Debatte im Parlament zu stellen, und das finde ich sehr bedauerlich. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Diese Frühpensionierungen sind mittlerweile wirksam geworden. Das, was wir so wie auch die KollegInnen von der SPÖ prognostiziert haben, ist in vielen Bereichen ein­getreten. Ich möchte zu Beginn, nachdem ich versucht habe mit vielen Schulen in Kontakt zu treten, ein bisschen einen Rundblick machen über das, was sich seit Mon­tag an vielen Schulen in Österreich abspielt. Rückmeldungen aus Schulen aus ganz Österreich.

Leider ist Kollege Großruck nicht da, ich habe für ihn eine Rückmeldung aus dem BORG Grieskirchen, das sollte er als Bürgermeister kennen. Da schreiben mir die Per­sonalvertreter auf meine Anfrage zurück: Besonders hart getroffen wurde eine Ma­turaklasse, da in dieser Klasse Mathematik, Physik, Biologie, Geographie und der Klas­senvorstand neu besetzt werden mussten. Noch einmal zur Betonung: eine Matura­klasse wenige Monate vor dem Maturatermin!

An vielen Pflichtschulen ein Bild, wo es insbesondere so ist, dass es zwar mit Mühe und Not den Regelunterricht nach wie vor gibt. In vielen Bereichen ist es zunehmend so, dass jetzt LehrerInnen Fächer unterrichten, für die sie eigentlich keine Ausbildung haben, und dass all das, was an Rahmenbedingungen in den letzten Jahren mühsam aufgebaut worden ist, in Frage gestellt wird.

In der Jagdgasse im X. Bezirk in Wien Einstellung der Legastheniekurse, im Übrigen ein Phänomen, das Sie sich genauer anschauen sollten. (Abg. Dr. Brinek: Wiener Problem!) – Ich glaube, Wien gehört auch zu Österreich. Da können wir auch von Wien


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reden. Grieskirchen ist, wie ich meine, in Oberösterreich und nicht in Wien. Es geht auch um andere Bundesländer.

Einstellung der Legastheniekurse, von Förderstunden und Motorpädagogik. Legas­thenie ist ein Problem, von dem etwa 10 Prozent der österreichischen SchülerInnen betroffen sind, wo es ohnehin viel zu wenig an Maßnahmen gibt. Eine Einstellung dieser Kurse, wo es doch darum geht, diese endlich auszubauen, halte ich für einen absoluten Rückschritt. Wien Engerthstraße: Ebenfalls Einstellung der unverbindlichen Übungen in der gesamten Schule.

Dann kommen wir zu Neunkirchen. Frau Kollegin Brinek! Ist das auch in Wien? – Ich glaube nicht, Neunkirchen befindet sich, soweit ich weiß, in Niederösterreich. Ein be­sonders interessanter Fall. Im Bezirk Neunkirchen gehen 40 LehrerInnen in Früh­pension, davon werden 26 nachbesetzt. Und jetzt kommt es! Von diesen 40 Frühpen­sionistInnen sind 14 DirektorInnen. 14 DirektorInnen im Bezirk Neunkirchen – das ist ein Drittel der gesamten DirektorInnen-Stellen – sind zu einem bestimmten Datum in Frühpension gegangen.

Der Versuch, den wir in den letzten Wochen gemacht haben, war einfach, zu sagen: Okay, wir können die Pensionsreform nicht mehr rückgängig machen, wir können auch die Maßnahmen, die Sie hier gesetzt haben, nicht mehr rückgängig machen. Aber wir können zumindest versuchen, das Problem, das eingetreten ist, nämlich das auf dem Rücken und zu Lasten der SchülerInnen auszutragen, minimieren. Wir haben mit verschiedenen Maßnahmen auch nachhaltig appelliert und gesagt: Versuchen wir wenigstens die Möglichkeit zu eröffnen, dass jene LehrerInnen, die auf Grund – und da komme ich nachher darauf zu sprechen – des Zusammenfallens mehrerer Umstände den Pensionierungsantrag gestellt haben, zumindest bis zum Ende dieses Schuljahres unterrichten, ohne dass sie dadurch mit Nachteilen konfrontiert würden.

Die Frau Bildungsministerin war völlig stur in dieser Frage. Sie war nicht bereit, ge­eignete Maßnahmen zu setzen. Ich glaube, die KollegInnen von der SPÖ werden heute noch einen konkreten Gesetzesantrag einbringen, der darauf abzielt, diese Mög­lichkeit ... (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Warum soll man das nicht wissen? Herr Kollege Scheibner! Ich sage Ihnen was: Es ist nicht üblich, dass man Anträge grundsätzlich erst drei Minuten vor der Abstimmung einbringt. Es kann auch so sein, dass man andere Fraktionen über Anträge informiert. (Abg. Scheibner: Wir wissen das nicht!) Das ist durchaus eine Praxis, die möglich ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir wollen wenigstens zu einer Notlösung kommen. Machen wir es möglich, das nicht auf dem Rücken der SchülerInnen auszutragen! Ich glaube, es wäre heute und morgen eine der letzten Chancen, das zu bereinigen. Ich habe, ehrlich gesagt, wenig Hoffnung. Aber es ist zumindest noch einmal den Versuch wert, die Verantwortung für diese Situation in sinnvollem Ausmaß zu übernehmen. Ich halte das für sehr bedauerlich.

Aber jetzt komme ich zu etwas, was ich rechtlich mittlerweile für ziemlich fragwürdig halte. Diese Frühpensionierungsregelungen beziehen sich auf das so genannte Bun­desbediensteten-Sozialplangesetz. (Abg. Lentsch: Aus dem Jahre?) – Es ist mir eigentlich egal, aus welchem Jahr. Ich kann Ihnen sagen, was die besonders dras­tische Maßnahme ist: die Reform des Juni, Frau Kollegin. Es ist im Juni festgelegt wor­den, dass auch alle, die unter 55 sind, in Pension gehen können, wenn sie bereits ei­nen Frühpensionierungsantrag gestellt haben. Und im Juni dieses Jahres gab es eine schwarz-blaue Bundesregierung, wenn Sie darauf abstellen. Diese besondere Si­tuation haben Sie allein zu verantworten. (Abg. Scheibner: Das Gesetz haben Sie auch schon gelesen?) – Dieses Gesetz habe ich gelesen, ich habe es auch mit, ich kann es Ihnen vorlesen, vielleicht können Sie sich dann auch einmal annähern.


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In diesem Gesetz steht, ein Beamter kann frühpensioniert, karenziert werden, wenn sein Arbeitsplatz auf Dauer aufgelassen wird und ihm kein seiner bisherigen Ver­wendung entsprechender mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann.

Dann geht es in der Ziffer 6 weiter: Auf die Planstelle eines karenzierten Beamten darf keine Ernennung oder Aufnahme mehr erfolgen. Die Planstelle erlischt mit der Ru­hestandsversetzung des karenzierten Beamten.

Kollege Scheibner, wenn Sie schon meinen, ich hätte es nicht gelesen: Vielleicht können Sie mir erklären, was Sie mit den 14 VolksschuldirektorInnen in Neunkirchen machen. (Abg. Scheibner: Sie wissen schon, dass die Frühpensionierung verweigert werden kann, wenn dienstrechtliche Gründe dagegenstehen?) Werden die 14 Volks­schuldirektorInnen in Neunkirchen nicht mehr nachbesetzt? Erlöschen die Planstellen in Neunkirchen? Gibt es in einem Drittel der Schulen in Neunkirchen keine Direktoren mehr? Ist das die Lösung des Problems? – Das kann es doch wohl nicht sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Scheibner.) – Herr Abgeordneter Scheibner, Sie können sich gerne zu Wort melden. Die Regierungsmitglieder reden ohnehin nicht. Ich glaube, es gibt genug Zeit bei dieser Debatte. Jetzt rede noch ich.

Ich glaube, dass diese Lösung mittlerweile auch rechtlich äußerst dubios ist. Ich meine, die Intention war ursprünglich eine andere. Frau Vizekanzlerin Riess-Passer hat das auch begründet. Da gibt es im Ministerium offenbar Menschen, die nicht mehr ent­sprechend eingesetzt werden können, und daher wurde diese Möglichkeit überhaupt eingeführt und geschaffen. Da ging es darum, Menschen, die keine Verwendung mehr haben, eine Möglichkeit zu geben, in Frühpension zu gehen.

Im Lehrerbereich ist das absolut nicht der Fall. Also in welcher Form diese Regelung wirklich gesetzeskonform war, wird zu überprüfen sein. Es gibt auch andere Stellen als das Parlament, das zu überprüfen. Ich glaube, dass das für den Rechnungshof eine äußerst interessante Angelegenheit sein wird, sich das näher anzuschauen. – Punkt eins der rechtlich fragwürdigen Vorgangsweise. (Abg. Scheibner: Das ist auch die fal­sche Gesetzesstelle!)

Punkt zwei: Wie gesagt, auch jene Personen, die Anträge auf Frühpensionierung ge­stellt haben, die eigentlich erst später wirksam würden, haben die Möglichkeit. Da gab es eine Sonderbestimmung über die Pensionsreform im Juni dieses Jahres bezie­hungsweise im Juli dieses Jahres, wo dann drinnensteht, dass sie die Möglichkeit haben, auch wenn die Anträge später geltend werden, per 1. Dezember dieses Jahres in Frühpension zu gehen.

Da muss man sich jetzt schon einmal überlegen, was das heißt: Das heißt, dass man für den öffentlichen Dienst eine Sonderbestimmung geschaffen hat, die es ermöglicht, dass Menschen, die in ein paar Jahren in Pension gegangen wären, jetzt eine Re­gelung in Anspruch nehmen, nach der sie noch nach dem alten Pensionsrecht in Pension gehen können. Damit sind die Abstriche, von denen gesprochen wird, na­türlich in einer völlig anderen Dimension zu sehen, weil sie nicht von dem erfolgen, was sie dann bekommen würden, nämlich wenn sie in drei, vier, fünf, sechs Jahren gingen, sondern nach dem, wenn sie nach dem jetzigen System gehen.

Das ist den LehrerInnen nicht vorzuwerfen, überhaupt nicht. Wenn man solche Re­ge­lungen schafft, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass all jene, welche die recht­liche Möglichkeit haben, diese auch in Anspruch nehmen. Blöd werden sie sein, wenn sie es nicht machen.


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Aber ob das der Sinn dieser Pensionsreform ist, die Sie da zur Diskussion gestellt ha­ben, das kann man schon einmal fragen: Auf der einen Seite das Pensionsalter hinauf­setzen und auf der anderen Seite die Lücke aufmachen, indem man sagt, jetzt kann man sogar noch vor 55 gehen, damit die Bildungsministerin offenbar von relativ hohen Kosten, also älteren und teureren LehrerInnen, entlastet wird.

Ich sage Ihnen, diese Reform ist nachhaltig danebengegangen, und sie wird jetzt zu Lasten der SchülerInnen ausgetragen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rädler: Alternative!)

15.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. 5 Mi­nuten Redezeit. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Amon –: Da sind wir neugierig, was Sie zu sagen haben!)

 


15.37

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur weil es Kollege Brosz und im Übrigen die gesamte Opposition immer wieder behauptet, wird es nicht wahrer: Das österreichische Bil­dungssystem ist auch nach allen internationalen Vergleichsstudien in einem hervor­ragenden Zustand. Trotz Ihrer ständigen Versuche, das österreichische Bildungs­sys­tem madig zu machen, wird diese Behauptung auch nicht wahrer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Brosz, zu Ihrem Fristsetzungsantrag, in dem Sie schreiben: Sofort­maß­nahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnenwechsel.

Zunächst einmal zur Frage „unerwünscht“. – Ich meine, es mag schon sein, dass das von Ihnen unerwünscht ist. (Abg. Sburny: Das ist auch von den Eltern und Kindern unerwünscht!) Aber die Lehrerinnen und Lehrer, die dieses Modell in Anspruch neh­men, stellen selbst den Antrag. Niemand wird gezwungen, in einen vorzeitigen Ru­hestand zu gehen. Das ist eine Möglichkeit, im Übrigen aber auch eine Chance für über 8 000 junge, ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, eine Anstellung zu finden. Auch aus dieser Perspektive sollten Sie dieses Modell einmal sehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wird heute im Zuge der Dienstrechtsdebatte auch noch einen Antrag des Kollegen Nie­derwieser geben, wo er versucht, Dinge im Dienstrecht zu ändern, die eigentlich im Bundesbediensteten-Sozialplangesetz geregelt sind. Ich mache jetzt schon darauf aufmerksam, dass Ihr Antrag in diesem Zusammenhang falsch ist, und lade Sie ein, Ihren Antrag zu korrigieren, damit Sie das, was Sie wollen, auch im Antrag richtig formulieren.

Nichtsdestotrotz halten wir den Vorschlag, dass wir jene Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt in Pension gegangen sind, wieder zurückholen und dann wieder die jungen Lehrer aus dem System hinausdrängen, beileibe nicht für nachvollziehbar. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was ist die Realität? – Die Realität ist, dass es, seit es einen Finanzausgleich gibt, in dem die Kopfzahlen, wie viele Schülerinnen und Schüler auf einen Lehrer, eine Lehrerin kommen, festgelegt sind, seit es also diese Regelung gibt, von Bundesseite her in keinster Weise eine Einschränkung, eine Veränderung oder gar eine Kürzung der Zahl der Planstellen gegeben hat. Nur damit wir wissen, wo­von wir reden. Auf 14,5 Schülerinnen und Schüler kommt in Österreichs Volksschulen ein Lehrer oder eine Lehrerin. Im Bereich der Hauptschule kommt auf zehn Schü­lerinnen und Schüler ein Lehrer, eine Lehrerin.


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In den polytechnischen Schulen kommt dem Stellenplan nach auf neun Schülerinnen und Schüler eine Lehrerin oder ein Lehrer. Und im Bereich der Sonderpädagogik kommt auf 3,2 Schüler eine Lehrerin oder ein Lehrer. Das ist die Wahrheit und nichts anderes.

Die Stellenpläne sind auch noch um 1 277 Planposten überzogen worden. Allein Wien hat davon 602, also die Hälfte aller zusätzlichen Planstellen, erhalten. Es dürfte daher wohl eher auf das Missmanagement in der Bundeshauptstadt zurückzuführen sein und nicht auf die Arbeit unserer Frau Bundesministerin, die hervorragend ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber offenbar hat es dem Wiener Stadtschulrat noch nicht gereicht, zusätzlich über 600 Stel­­len zu bekommen, weshalb er sich dafür entschieden hat, den Dienst­stel­lenplan nicht nur um die zusätzlichen 602 Dienststellen sozusagen auszuweiten, son­dern darüber hinaus noch einmal 700 zusätzliche Stellen zu schaffen, meine Damen und Herren! Und jetzt will man – jene, die in Pension gehen, sind ja automatisch über den Dienststellenplan nachzubesetzen – in Wien anscheinend gewisse Einsparungen vornehmen, und das auf dem Rücken der Bildungsministerin. – So nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im Übrigen sollten Sie nicht verhehlen, dass Lehrerinnen und Lehrer, die den vor­zeitigen Ruhestand in Anspruch nehmen, Abschläge von 23,3 bis 46 Prozent – bis 46 Prozent! – in Kauf nehmen, um in den Ruhestand gehen zu können, meine Damen und Herren!

Das ist auch für künftige Debatten über ein Pensionssicherungssystem ein gar nicht so uninteressantes Modell, nämlich den Bonus-Malus-Bereich stärker auszubauen.

Damit komme ich zum Schluss, meine Damen und Herren: Wenn von der Opposition in Wien das Chaos herbeigeredet wird, dann muss man schon die Verantwortung dorthin schieben, wohin sie auch gehört. Wenn der zuständige Beamte des Wiener Stadt­schul­rates mit Striptease-Partys im Stadtschulrat beschäftigt ist (der Redner zeigt eine Ausgabe der „Kronen-Zeitung“ mit der Schlagzeile: „Striptease-Party im Stadt­schul­rat“), statt sich mit den Fragen des Bildungssystems zu beschäftigen, dann ist die Ver­antwortung dorthin zu geben, wohin sie gehört! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

15.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 5 Mi­nuten.

 


15.43

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Amon! Damit wir das gleich vorweg erledigt haben: Ich finde derartige Einlagen bei Geburtstagsfeiern in höchstem Maße peinlich – egal, wo sie stattfinden: ob im Stadt­­schulrat oder in anderen Büros. Ich verstehe auch den Beamten, der Geburtstag gefeiert hat und selbst peinlich berührt war. Ich sehe es überhaupt nicht als Kom­pliment für einen Mann, ihm eine Striptease-Tänzerin zum Geburtstag zu schenken – das erweckt bei mir andere Assoziationen; aber das gehört nicht hier her.

Herr Kollege Amon, das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun! Es geht hier um ein ganz ernsthaftes Problem (Zwischenruf des Abg. Amon), nämlich um dieses (die Rednerin zeigt die Schlagzeile einer Tageszeitung – Zwischenrufe bei der ÖVP) – um Ihnen mit einer anderen Schlagzeile zu antworten. Es geht darum, dass durch den höchst eigenwilligen Einfall, eine Frühpensionierungswelle bei Lehrern mitten im Schul­jahr auszurufen, an den Schulen eine schwer zu bewältigende Situation ent­stan­den ist. (Abg. Dr. Fasslabend: Der Stadtschulrat muss ja das genehmigen!) Zum Glück gibt es


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kein Chaos an den österreichischen Schulen, auch nicht an den Wiener Schulen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist nur in Wien ein Problem! Missmanagement in Wien ist es! – Wei­tere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zum Glück gibt es kein Missmanagement, sondern das Regelschulwesen ist weiter intakt, aber – und das, werte Kolleginnen und Kollegen, ist das Bittere – irgendwann nur mehr das Regelschulwesen.

Dass die Junglehrer jetzt eine Chance bekommen, stimmt ja nicht. Das ist eine Mär! Denn diese Stellen werden nicht durch neue Lehrer nachbesetzt, sondern durch Um­schichtungen, indem ganz wichtige Stützsysteme zurückgefahren werden, indem wir bald nur mehr das Regelschulwesen haben und keine Stützungen mehr für Kinder, die eine Stützung besonders dringend brauchen, zum Beispiel Kinder mit nicht deutscher Muttersprache, die zusätzlichen Deutsch-Unterricht brauchen, zum Beispiel Kinder in Integrationsklassen, die zusätzliche Betreuung brauchen, und so weiter. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die legasthenischen Kinder sind auch schon angesprochen worden.

Die Nachhilfekosten werden künftig in die Höhe schnalzen. Die Frage wird künftig sein: Die Eltern welcher Kinder können sich die zusätzliche Stützung leisten? Welche Eltern können sich das nicht mehr leisten? – Und ich weiß nicht, welches Gesellschaftsbild Sie hier verfolgen. Was ist das Ziel dieser Maßnahmen? Sie fahren das Bildungs­system herunter, jahrzehntelange Aufbauarbeit, Stützungsarbeit, viele zusätzliche Insti­tu­tionen und Möglichkeiten werden zerstört, und Sie reden vom Hin- und Herschieben der Verantwortung!

Übrigens: Ein Drittel – ein Drittel! – der in Frühpension gegangenen Lehrerinnen und Lehrer ist in Wien in Frühpension gegangen. Sie sehen also, dass hier eine besondere Betroffenheit entstanden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt in der jetzigen Situation, sehr geehrte Damen und Herren, nur mehr zwei Möglichkeiten: die eine ist, dem gesetzlichen Auftrag nicht mehr nachzukommen – und noch haben wir den gesetzlichen Auftrag zur Integration! –, oder wir brauchen mehr Lehrer, um dem gesetzlichen Auftrag nachzukommen. Also: Sie müssen sich ent­scheiden, welche politische Linie Sie hier verfolgen. Ich hoffe doch, dass es in diesem Haus noch den politischen Konsens gibt, dass der gesetzliche Auftrag zur Integration aufrechterhalten werden soll.

Weil Sie Wien ansprechen: Wien nimmt diesen Auftrag besonders ernst, und Wien will diesen Auftrag auch weiter erfüllen. In Wien gibt es 626 Integrationsklassen, in an­deren Bundesländern sind es 20 oder 30. Wien will auch den Auftrag, Ganz­tages­klassen zu führen, weiter erfüllen – in Wien gibt es den politischen Willen dazu. Es gibt 1 398 Ganztagesklassen – im restlichen Österreich insgesamt 55. In Wien gibt es natürlich einen höheren Anteil an Kindern mit nicht deutscher Muttersprache – und in Wien gibt es den politischen Willen, diese Kinder zu integrieren, und dieser politische Wille wird weiter bestehen, und daher brauchen wir in Wien natürlich in einem höheren Ausmaß die entsprechenden Stützlehrer. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir unterstützen natürlich den Fristsetzungsantrag der grünen Fraktion, aber es gibt in der Debatte zur 2. Dienstrechts-Novelle 2003 auch die Möglichkeit, den Abände­rungs­antrag des Kollegen Niederwieser zu unterstützen; er wird ihn dann ausführlich be­gründen. Ergreifen Sie diesen Rettungsanker, es den Lehrern – und es gibt viele –, die, wenn sie die Möglichkeit bekämen, zum Ende des Schuljahres unter gleichen Bedin­gungen in Pension zu gehen, das machen würden, zu ermöglichen. Damit hätten Sie keinen Gesichtsverlust, das könnten Sie machen, die Lehrer könnten etwas tun, was sie freiwillig tun wollen. Wir würden in der Schule eine viel bessere Situation haben,


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und die Kinder müssten sich nicht von ihren Lehrern trennen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Rossmann. Re­dezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.48

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Es liegt einmal mehr auf der Hand, dass die Opposition wieder einmal die Schule für Par­teipolitik missbraucht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist ja nicht das erste Mal. Es gibt viele Demonstrationen, wo die Kinder missbraucht werden. (Ruf bei der SPÖ: Kindesmissbrauch! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und jetzt werden nicht nur die Kinder missbraucht, sondern auch die Lehrer und die Eltern von der Opposition missbraucht. Der Beweis liegt auf der Hand. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Warum regen Sie sich so auf? (Abg. Dr. Puswald: Was ist mit Kin­desmissbrauch? Was wollen Sie damit sagen? Wissen Sie überhaupt, was Sie sa­gen?)

Allein die Stadtschulratspräsidentin, SPÖ-Parteigängerin, schreibt unter dem Vorwand einer objektiven Information an die Lehrerschaft, dass ein vom Bund überfallsartiges, kurzfristig beschlossenes Gesetz der Anlass dafür war, eine große Zahl von Leh­rerInnen in den Vorruhestand zu schicken. (Abg. Dr. Puswald: Eine Entgleisung der Sonderklasse!) Der Termin sei überfallsartig mit 1. Dezember festgelegt, parallel dazu zwinge der Bund die Länder im so genannten Finanzausgleich, restriktive Stellenplan-Richtlinien einzuhalten und so weiter.

Der Inhalt dieses Briefes entbehrt jeglicher Grundlage, ist eine glatte Verunsicherung vor allem der Lehrer, letztendlich aber auch der Eltern und der Schüler. (Abg. Dr. Puswald: Sie verunsichern!)

Ich sage Ihnen gleich, warum: Erstens – Kollege Amon hat es schon gesagt –: Kein ein­ziger Lehrer, keine einzige Lehrerin, kein einziger Direktor, keine einzige Direktorin wurde gezwungen (Abg. Dr. Puswald: Welche Linie verfolgen Sie außer Zickzack?), dieses Vorruhestandsmodell in Anspruch zu nehmen. Die sind freiwillig gegangen, oft mit großen Abschlägen, das wissen Sie ganz genau! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zweitens: Sie wissen auch, dass das eine Kann-Bestimmung ist. Das heißt, die Be­willigung kann erfolgen. Es gibt auch Beispiele dafür, wo die Bewilligung nicht erfolgt ist. Die Bewilligung kann nur dann erfolgen, wenn keine dienstrechtlichen Interessen entgegenstehen. Das heißt, wenn es Engpässe gibt, wenn Direktorsposten nicht nach­besetzt werden können, kann das nicht stattfinden.

Weiters: Die Bewilligung, das wissen Sie auch, unterliegt dem jeweiligen Bundesland – nicht der Frau Bundesminister und nicht der Bundesbehörde, sondern dem Bun­desland! Das heißt, der Bürgermeister von Wien als zuständiger Schulreferent hätte die Möglichkeit gehabt, nein zu sagen.

Weiters: Die Bewilligungen auch der Bundeslehrer liegen im Landesbereich, nämlich beim Landesschulrat. – Nehmen Sie das zur Kenntnis!

All das sind Beweise dafür, dass die gesamte Debatte, die Sie hier führen, die Auf­regung rein virtuell sind – und die Fakten sind eben anders. (Abg. Gradwohl: Fakten schaffen und sich von der Verantwortung verabschieden!)

Aber ich sage Ihnen auch, dass auf Grund der Verhandlungen zum Finanzausgleich und der dazu gehörenden Stellenpläne sichergestellt wurde, dass die Zahl der Plan­stellen nicht reduziert wird.


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Zu Wien, da es jetzt immer wieder erwähnt wurde: Die Frau Bundesminister hat für Wien im Finanzausgleich zusätzliche 602 Planposten genehmigt, diese bezahlt sie auch, das wird vom Bund auch nach dem 1. Dezember übernommen. Nur: Das, was in Wien jetzt geschieht, ist eine andere Geschichte: 686 Dienstposten werden von der Stadt Wien bezahlt. Und es liegt klar auf der Hand – und das ist durch Ihre Aufregung jetzt einmal mehr ersichtlich geworden, Sie haben den Beweis dafür geliefert –, dass Wien diese zusätzlichen Planstellen, die die Stadt Wien bezahlt hat, jetzt reduzieren möchte und sich einfach abputzen und dies dem Bund zuschieben möchte, also ein­fach sagt, das sei auf Grund des Vorruhestandsmodells.

Letzten Endes hat die Behörde in Wien die Genehmigung zu erteilen, und wenn sie dies macht, so ist das die Angelegenheit der Stadt Wien. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage Ihnen, dass es aber auch anders gehen kann – und jetzt wird wieder ein Aufschrei kommen. Es geht nämlich dort anders, wo Freiheitliche das Sagen haben, auch in der Schulpolitik das Sagen haben, nämlich im Bundesland Kärnten. Kärnten hat rechtzeitig, weitsichtig, umsichtig geplant. Kärnten hat sich an den Kosten be­teiligt – mit 34 Millionen € –, und Kärnten hat kein Problem bei den Frühpensionie­run­gen. Ganz im Gegenteil: Man hat die Möglichkeit, 60 junge Pädagogen, die auf der War­teliste stehen, endlich im Schulbereich zu beschäftigen, ihnen eine Anstellung zu ermöglichen. Und das ist eben der große Unterschied zwischen der Stadt Wien und einem Bundesland, in dem es einen freiheitlichen Landeshauptmann gibt, der in der Schulpolitik das Sagen hat. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Frei­heit­lichen.)

Alles andere sind fadenscheinige Argumentationen aus Ihrer Sicht, um einmal mehr die Schule für Parteipolitik zu missbrauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

15.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin dazu ist Frau Abgeordnete Mag. Stoi­sits. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.53

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Zuerst möchte ich mich an den Kollegen Amon wenden. Lieber Herr Kollege Amon! Wenn nicht einmal der Schul- oder Bildungssprecher der ÖVP die österreichischen Schulgesetze versteht und kennt, wie sollen dann die Eltern der Tausenden – es sind wahrscheinlich Tausende – betrof­fe­nen Schülerinnen und Schüler, die Opfer dieser fehlgeleiteten, misslungenen, ja geradezu bösartigen Bildungspolitik dieser Bundesregierung sind, diese Maßnahmen verstehen?! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich sage Ihnen etwas, Herr Kollege Amon: Ich wünsche Ihnen, dass Sie in diesen Tagen in die betroffenen Schulen zu Elternsprechtagen gehen müssen – aber wahr­schein­lich werden Sie bei der Publicity, die Sie haben, nicht viele Leute erkennen –, jetzt als Generalsekretär des ÖAAB, der Sie ja auch die Lehrer, aber vor allem auch viele Eltern vertreten, und dann hören Sie sich an, was die Eltern zu dem sagen, was jetzt passiert. Dann wird man Sie auch überführen, wenn man nämlich die Ver­sprechen, die diese Regierung gemacht hat, mit dem vergleicht, was tatsächlich in der Politik in den letzten Jahren umgesetzt wurde.

Im Papier aus dem Jahr 1999, respektive 2000, als sich die blau-schwarze Regierung seinerzeit gebildet hat, kann man nachlesen, dass sich die Bundesregierung dazu bekannt hat, die 2 000 Stellen, die es zu diesem Zeitpunkt für Förderlehrer, für


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Fördermaßnahmen gegeben hat, sozusagen zu behalten, zu festigen, zum Teil umzu­schichten. Diese 2 000 Stellen wurden explizit erwähnt und festgeschrieben in diesem Papier.

Ich habe das damals so interpretiert: Wenn man 2 000 Stellen hineinschreibt, dann meint man, es sollen mehr werden, gerade im Bildungssektor. Bekanntlich tut ja diese schwarz-blaue Bundesregierung jetzt alles für unsere Jugend – mit dem Mund, aber nicht mit Taten, sage ich dazu!

Und was ist jetzt? – Vor zwei oder drei Tagen habe ich gehört, wie Frau Bundes­ministerin Gehrer gesagt hat: Die 1 300 Förderlehrer dieses Landes sind nicht in Frage gestellt. Jetzt frage ich mich: Wo sind die 700 zwischen 1999 und 2003 hingekommen? In Österreich machen jetzt um 700 Lehrer weniger diese Art von Unterricht. Fast jede Volksschule ist davon betroffen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Amon: Das ist genau die Zahl, ...!)

Vor allem fehlen sie genau dort – jetzt wiederhole ich das, was schon gesagt wurde –, wo es besonderen Förderbedarf gibt! Dort gibt es sie nicht mehr, dort wurden und wer­den die Lehrer abgezogen. Aber genau das war und ist das Positive, das Besondere und das Wertvolle am österreichischen öffentlichen Schulsystem. (Abg. Gaál: Das wird vernichtet!)

Auch wenn wir Grünen und die Sozialdemokraten, die Opposition – und das ist unsere Pflicht –, die Lücken und die Mängel in dem System, die es noch gibt, aufzeigen, bekennen wir uns zum öffentlichen Schulsystem und zu dem, was in den letzten Jahr­zehnten geleistet wurde. Man kann es verbessern. Aber das, was Sie machen, ist Obstruktionspolitik von den konstruktiven Maßnahmen, die in den letzten Jahren ge­setzt wurden! (Abg. Donabauer: Reg dich nicht so auf!) Bewusst und willentlich!

Herr Donabauer! Ich rege mich deshalb auf, weil es mich rührt – und wenn jetzt alle ihre Geschichten auspacken, tue ich es auch –, wenn mir mein Sohn sagt: Mama, die Frau Lehrerin Ülkü ist jetzt so im Stress! – Dann frage ich: Wieso ist sie jetzt so im Stress? – Weil die Frau Lehrerin Katt nicht mehr da ist, und sie hat jetzt viel mehr Arbeit!

Wissen Sie, was es bedeutet, dass eine ganze Lehrerin von dieser Schule weg ist? (Abg. Donabauer: Eine halbe Lehrerin auch? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Und nächste Woche kommt noch eine Lehrerin von der Schule weg.

Keine Rede davon, dass man jungen LehrerInnen eine Chance gibt! Gar nicht! Das ist beinhartes Sparen auf dem Rücken der Bildung, der österreichischen Kinder, und das hat diese blau-schwarze Regierung zu verantworten! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Und deshalb, Herr Kollege Donabauer, muss ich mich aufregen. Sie alle sind ja ver­meintliche Vertreter und Vertreterinnen der „kleinen“ und der „großen“ Leute. Nur: Die „großen“ Leute können sich artikulieren, die haben ja die Möglichkeit, ihre Kinder in fei­ne Privatschulen zu schicken und feine Lehrer zu finanzieren. Aber diejenigen, die es am dringendsten bräuchten, die in Deutsch Probleme haben, weil sie aus einem an­deren Land nach Österreich gekommen sind, die Legastheniker sind, die Förder­maß­nahmen bräuchten, weil sie aus sozialen Schichten kommen, wo das einfach not­wendig ist, die vertreten Sie nicht!

Ich würde Ihnen von den Regierungsparteien vorschlagen: Die Kinder sollen einmal kommen und Ihnen erzählen, was sie haben wollen, denn Sie alle haben leider schon lange keine Schule von innen gesehen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.59

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 284/A (E) der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaßnahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnenwechsel während des Schuljahres durch Frühpensionierungen eine Frist bis zum 4. Dezember 2003 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 5 bis 8 der Tagesordnung wieder auf.

Wir haben den Abgeordneten Kogler bei seinen Ausführungen unterbrochen. Er ge­langt jetzt wieder ans Rednerpult. Seine gesetzliche Restredezeit ist 16 Minuten. Als Limit wollte er 7 Minuten haben. – Bitte.

 


16.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Wir haben vorhin gestartet mit dem Begriff „Kraut-und-Rüben-Be­stimmungen“, weil hier immer so viel unter einem verhandelt werden muss. Das hat sich insofern jetzt in der „Pause“ bestätigt, als wir eine weitere Gesetzesbestimmung, nämlich den TOP 6, der hier unter einem verhandelt wird, noch einmal gemeinsam angegangen sind mit Vertretern des Finanzministeriums, und es geht um die Um­setzung der 6. Umsatzsteuerrichtlinie.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Leicht wird es den Abgeordneten hier nicht gemacht. Wir haben im Ausschuss zugestimmt; ich will gar nicht auf die Details eingehen, das ist sehr kompliziert. Die Sache ist die, dass wir mehrere Ziele unter einem hier verfolgen wollen, nämlich dass die EU-Richtlinie möglichst nahe umgesetzt wird, dass keine über­raschenden Härten für die Steuerpflichtigen entstehen und dass dadurch auch nicht zu viele Steuerausfälle produziert werden. – Und wenn das ganze Gebilde wieder ins Wanken kommt, werde ich mir die Neuregelung natürlich anschauen und prüfen, ob diese Zustimmung für meine Fraktion aufrecht bleiben kann oder nicht.

Jedenfalls hat sich das ja schneller bestätigt, als ich vorher prognostiziert habe, wie die Gesetzgebung in dem Hause mittlerweile passiert.

Kollege Stummvoll – ich sehe ihn gerade nicht – hat ja das so genannte Wachs­tumspaket in höchsten Tönen gelobt. Bleiben wir bei dem, was wir noch teilweise positiv finden, das sind sicher die Ansätze für die Forschung und Entwicklung, was zwei Bereiche betrifft. Zum einen ist es die Verstetigung der Finanzströme – ich be­tone: die Verstetigung – für die aktive Forschungsförderung, die die Republik betreiben kann, denn bis jetzt war man ja immer von einem auf das andere Mal von Budget­beschlüssen abhängig. Allerdings müssen wir feststellen, dass, wenn wir all das, was Sie bis jetzt schon versprochen haben, und das, was jetzt als neu verkauft wird, auf­sum­mieren, nur eine marginale Erhöhung übrig bleibt.

Ich muss Ihnen, Herr Kollege Stummvoll – wo immer Sie mir jetzt auch zuhören –, vor­halten, dass Sie auch hier, wie in anderen Bereichen, die Dinge vier- bis fünfmal ver­kaufen. Der größte Brocken etwa waren die 600 Millionen, die hier schon einmal in der Budgetdebatte diskutiert wurden, und jetzt haben wir eben die Fragestellung: Was hat die Nationalbank bis jetzt schon beigetragen, und was hat der ERP-Fonds bis jetzt


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schon an Forschungsförderung – eben anders organisiert – betrieben? – Und da kom­men wir drauf, dass eigentlich in der Sache selbst nicht viel mehr Mittel zur Verfügung stehen, aber die Verstetigung der Mittel ein anerkennenswerter Gewinn ist.

Allerdings: Wer verfügt über diese Mittel? – Dazu wird Kollege Grünewald dann etwas sagen; ich kann Ihnen nur sagen: Die Konstruktion des Vorstands, der über diese Mittel hier verfügen soll, macht uns nicht froh. Dort soll nämlich jetzt zwangsläufig per Gesetz das AWS-Management eintreten. Ich muss einfach zusammenfassen: Was die Qualität der Herrschaften im AWS-Management betrifft, die nun dort einen Posten bekommen haben, beziehungsweise auch die Bestellung dieser Posten, war das eine eins a blaue Freunderlwirtschaft, wie wir sie ja kennen, vom Feinsten, muss ich sagen!

Da werden was weiß ich wie viele Personalagenturen beschäftigt, mehrmals, um be­sonders qualifizierte Leute auszusuchen, die vorher schon festgestanden sind, wieder einmal – von wegen Objektivierung –, und die dann noch so unqualifiziert sind, dass selbst die Aufsichtsräte Bedenken haben. Das sind im Übrigen auch Blaue, aber das sei ihnen jetzt zur Ehre gesagt: Herr Kofler etwa, der da auch im Aufsichtsrat sitzt – wir kennen ihn ja – sagt, er hat die größten Bedenken, was das Management betrifft, auch das neue; es musste ja ein neues bestellt werden, und wieder gibt es Probleme! – Und jetzt soll dieses Gesetz normieren, dass genau diese Herrschaften über die von Ihnen so hoch gepriesenen Forschungsmillionen mit verfügen sollen. Also ich erkenne da eine bestimmte Schwäche, ich kann nicht gelten lassen, dass wir eine an sich be­grüßenswerte Sache in solche Hände legen.

Im Übrigen wird es gut sein, wenn wir die Konstruktion insofern überdenken, als dass wir nicht nur und ausschließlich Ministerien stimmberechtigt in diesem Stiftungsrat über die Ausrichtung dieser Forschungsförderung entscheiden lassen, während oben drü­ber, wohin es gehören würde, die Ziele und die Richtlinien fehlen. Das ist meines Er­achtens ein Standortproblem, das wir sonst haben, etwa bei der Rechnungshof-Kon­trolle, dass das, wenn der Staat viele Mittel ausgibt, irgendwelchen Kriterien genügen muss! Und ich warne wirklich davor, dass in dieser Euphorie alles, wo nur die Über­schrift „Forschung und Entwicklung“ drübersteht, dazu führt, dass eine Ebene darunter bei weitem nicht so genau geschaut oder kontrolliert wird wie sonst.

Meines Erachtens fehlt es hier schon längst an Evaluierungen, womit ich beim nächs­ten Punkt bin. Wir haben mit den so genannten Konjunkturpaketen I und II mit unserer Zustimmung – ich streiche das heraus – den Forschungsfreibetrag und die -prämie eingeführt, zunächst mit kleineren Prozentsätzen. Mittlerweile halten wir bei 5 Prozent Prämie und 15 Prozent Freibetrag – das muss immer ein Drittel-Verhältnis wider­spie­geln, das ist logisch –, und jetzt wird noch einmal erhöht, der Freibetrag auf 25 Pro­zent und die Prämie auf 8 Prozent. – So weit, so gut.

Aber wir müssen, glaube ich, schon schauen, dass diese Mittel zielgerichtet eingesetzt werden. Die Antwort des Herrn Finanzministers im Ausschuss hat hier eigentlich wenig Anlass zur Freude gegeben. Der hat nämlich ganz locker gemeint, dass jetzt der Betrag, auf den das alles angewendet werden darf, möglichst weit ausgelegt werden soll. Ich kann nur sagen: Wenn die OECD das „Frascati Manual“ herausgibt, um For­schungsinvestitionen und -ausgaben – seien sie öffentlicher oder privater Art – statistisch vergleichbar zu machen, muss das noch nicht Anlass sein, all das, was für den statistischen Ausweis interessant ist, sofort in die Steuerbegünstigung aufzu­neh­men.

Ich habe mich mittlerweile erkundigt, denn das hat ja der Herr Finanzminister offen­sichtlich nicht so genau gewusst: Die Verordnungen, die wir bis jetzt haben, sehen hier ohnehin eine relativ vernünftige Regelung vor, wie dieser Forschungsbegriff umgrenzt werden soll. Und ich sage Ihnen: Unsere Zustimmung in diesem Bereich, wenn wir das


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dann getrennt abstimmen, rührt daher, dass wir weiter davon ausgehen, dass hier eine vernünftige Verordnung entweder beibehalten oder neu erlassen wird und dass es nicht dazu kommt, dass etwa das Erforschen von Reisedestinationen – das ist nämlich theoretisch möglich – steuerlich mit möglicherweise 25 Prozent von der Bemessungs­grundlage gefördert wird.

Also dieses Vertrauen wollen wir investieren, und im Übrigen steht die Evaluierung als Prob­lem sowieso schon längst aus und an. Das heißt: in diesem Punkt ein Vertrauens­vorschuss.

Letzter Punkt, Kollege Stummvoll – immer noch nicht hier –: die Infrastruktur-Inves­titionen. Erstens stehen sie nicht in dem Gesetz, und zweitens muss ich Ihnen entge­genhalten, was Ihre eigenen Unterlagen betrifft, wo Sie die Quelle ASFINAG heran­ziehen, dass das lauter Ankündigungen und fiktive Zahlen sind, was Sie hier bringen.

Da sind die Investitionen von 1999 bis 2006 aufgeführt. Ich möchte wissen, was es mit zukünftiger Wachstumspolitik zu tun hat, wenn Sie uns hier ständig erklären, dass hier von 1999 bis 2002 irgendwelche Summen ausgegeben wurden. Konjunktur- oder Wachs­tumspolitik müsste ja bedeuten, dass wir neue Projekte entweder avisieren oder wenigstens welche vorziehen. So ist es aber nicht gedacht! Sie legen Ihre Zahlen, die ohnehin schon fünfmal verkündet worden sind, auf den Tisch – das kann man weder als Konjunkturpolitik, ja nicht einmal als Wachstumspolitik durchgehen lassen!

Im Übrigen muss ich Ihnen sagen: Wenn man sich die genauen Zahlen anschaut, näm­lich die von der ASFINAG und vom Generalverkehrsplan, sieht man, der Schwerpunkt liegt wieder nicht auf der Schiene, sondern mit großem Gewicht auf der Straße, was die tatsächlich ausfinanzierten Projekte betrifft, und das ist mit Sicherheit eine falsche Weichenstellung.

Das rote Licht leuchtet aus irgendwelchen Gründen nicht – ich habe das Gefühl, die Minuten sind vorbei, ich möchte also meinen ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege, Sie haben noch 7 Minuten! Sie können 20 Minuten reden.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Das war so nicht vereinbart. Ich werde an der Stelle abbrechen, da sich ja viele meiner KollegInnen noch mit dieser Fra­gestellung beschäftigen werden.

Ich kann Ihnen nur sagen: Konjunkturpaket oder Wachstumspaket ist etwas anderes. Zu Teilen der Forschungsförderung und zur Investitionszuwachsprämie ja, aber sonst ist das eine völlige Vernebelungsaktion, wie wir sie ja ohnehin gewohnt sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleck­mann. Wunschredezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


16.09

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es geht um das Wachstums­paket, und die Zahlen sagen uns, dass es weltweit seit 2001 ein schwaches Wachstum gibt, und davon bleibt natürlich Österreich nicht verschont. Wir sind – das wissen wir auch auf Grund der letzten Debatte, die wir bezüglich der EU-Osterweiterung hatten – nicht mehr eine Insel der Seligen, sondern können uns auch sehr schwer dieser globalen Entwicklung entziehen. Im Gegenteil, wir sind diesen Dingen auch ausgesetzt und müssen eben diesbezüglich Maßnahmen setzen, damit es der Wirtschaft in Österreich trotz der schlechten Weltwirtschaftslage gut geht. Es gibt hier keine großen


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„Kochrezepte“, mit denen man dieser globalen Entwicklung entgegenwirken kann, aber man kann sich vielleicht das eine oder andere Rezept überlegen.

Was die Rezepte betrifft, die seitens der SPÖ immer gekommen sind, zeigen leider die Zahlen, dass sie nicht sehr erfolgreich waren.

Ich möchte Kollegen Matzenetter zitieren, der in seiner Rede vor inzwischen jetzt schon fast zwei Stunden gesagt hat, er wisse schon, dass Österreich in der Ver­gangenheit bei den Forschungszahlen hinten gelegen seien, aber er wolle die Schuld nicht der Wirtschaft geben. Es sei nicht richtig, wenn man die Schuld der Wirtschaft, den Privaten gebe, dass sie zu wenig in die Forschung investiert hätten. – Damit hat Kollege Matzenetter Recht, denn ... (Rufe bei der SPÖ: Matznetter! Matznetter!) – Matznetter – wo ist er? Der Kollege ist nicht hier, das ist das Problem, er sollte sich das nämlich anhören. Er hat nämlich gesagt, er wolle die Schuld nicht den Privaten geben. – Ja wem gibt er denn dann die Schuld dafür, dass wir in der Vergangenheit vor allem bei den Forschungszahlen hinten gelegen sind? Ich sage es Ihnen: Die Schuld ist natürlich bei Ihrer damaligen Regierung zu sehen, denn Sie haben es verabsäumt, hier zu handeln! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich weiß, Sie können es nicht mehr hören, Sie sehen es schon als Schallplatte, die in­zwischen einen Sprung hat, ich weiß. Aber diese Schallplatte wird immer wieder auf­gelegt werden, denn Sie können sich nicht hier herstellen und irgendjemandem irgend­etwas vorwerfen, denn Sie von der Sozialdemokratie waren diejenigen, die es ver­absäumt haben, hier Maßnahmen zu setzen. Sie haben keine Investitionen in die For­schung getätigt. Sie haben es nur geschafft, in den Jahren von 1995 bis 1999 die For­schungsquote um mickrige 0,4 Prozent des BIP zu erhöhen. Das waren Ihre Maß­nahmen.

Die jetzige Regierung hat es geschafft, innerhalb von kürzester Zeit die Forschungs­quote auf 2 Prozent zu erhöhen, und bis 2006, Sie werden es sehen, werden wir sie auf 2,5 Prozent erhöhen. Was Sie geschafft haben, waren 0,4 Prozent. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mickrig, was Sie geschafft haben. Also: Die Schuld liegt bei Ihnen. – Sie sollten hier nicht lachen, Sie müssten weinen angesichts dessen, was Sie alles verabsäumt ha­ben, und nicht lachen. Üben Sie einmal wirklich auch ein bisschen Selbstkritik, was Sie alles nicht zustande gebracht haben, denn wir müssen jetzt die Arbeit leisten, die Sie nicht gemacht haben: zuerst einmal den Schuldenberg abbauen und sanieren, auch wenn Sie es nicht mehr hören können, dann haben wir den jetzigen Spielraum auch für dieses Wachstumspaket.

Das erste und das zweite Wachstumspaket haben es geschafft, dass wir innerhalb kür­zester Zeit – so sagt es auch das Wifo – immerhin ein um 0,75 Prozent verbessertes Plus bei den Wirtschaftsdaten zu verzeichnen haben. Ohne die beiden Konjunktur­pa­kete, die bereits gemacht wurden, hätten wir stagnierende Zahlen gehabt. Also: Dieses Wachstumspaket ist sinnvoll, es bringt etwas, und es ist gut, dass es jetzt kommt. Es ist wichtig, dass es jetzt kommt und eben nicht zu Wahlzeiten, eben nicht zu Zeiten, wo man meint, man müsse noch irgendwelche Steuerzuckerl verteilen, sondern in Zeiten, wo es auch für die Wirtschaft wichtig und notwendig ist.

Das ist das, was Sie auch immer verabsäumt haben: In Zeiten, wo es wichtig und notwendig gewesen wäre, zu investieren, haben Sie es nicht getan, um es sich für vor der Wahl aufzuheben, denn da ist es ja populärer und besser, solche Maßnahmen zu setzen. Das ist halt der Unterschied, wie man verantwortungsvolle Politik macht: indem man jetzt Maßnahmen für die Konjunktur, für die Wirtschaft, für die Stabilität in Öster­reich setzt.


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Wir verabschieden jetzt das dritte Wachstumspaket, eine richtige Frischzellenkur für Österreich und die Wirtschaft. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Es bringt mehr Geld für die Wirtschaft, mehr Geld für die Forschung, mehr Geld und Anreize für Inves­titionen, mehr Geld für die Infrastruktur und eben auch Förderungen für die kleineren und mittleren Unternehmen. Und das Schöne für uns Freiheitliche daran ist, dass es doch zu zwei Dritteln die freiheitliche Handschrift trägt, denn ein großer Teil, vor allem der Forschungs- und Infrastrukturbereich, kommt aus dem freiheitlichen Infrastruk­turministerium. Insofern ist es für uns erfreulich, dass wir diese Maßnahmen mit ge­stalten und mit setzen konnten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Forschungsmaßnahmen im Detail, denn Forschung ist Zukunft, und Forschung bringt auch Arbeitsplätze, das ist auch ein wichtiger Bereich: 100 Millionen sind im Forschungspaket enthalten, mit der Erhöhung des Freibetrages von 15 auf 25 Prozent, mit der Erhöhung der Forschungsprämie von 5 auf 8 Prozent und der Weiterführung. Es gibt ein in Europa einzigartiges Anreizsystem für die Forschung, zur Attraktivierung auch für die Unternehmen, um in die Zukunft unseres Landes zu investieren.

Ein weiterer Punkt ist die Nationalstiftung, die vom Infrastrukturministerium gemeinsam mit dem Finanzministerium gemacht wird: Hier werden für Forschung 125 Millionen € jährlich ausgegeben. Diesen Betrag schüttet die Nationalstiftung gemeinsam mit dem ERP-Fonds aus. Wenn Sie da jetzt wieder probieren – der Kollege ist immer noch nicht da –, ein Haar in der Suppe zu finden, weil Sie sagen, Sie wissen nicht, woher das Geld kommt ... (Abg. Neudeck: Der sucht das Haar in der Suppe!) – Der sucht das Haar in der Suppe, ja. Wahrscheinlich isst er gerade, weil er sich wieder stärken muss. Aber hier immer alles schlecht zu reden, wo eine wirklich gute Maßnahme für die Forschung und die Wissenschaft in Österreich gesetzt wird, das ist wirklich hane­büchen. (Zwischenruf der Abg. Binder.)

Auch wenn Sie es nicht mehr hören können, liebe Kollegin, Sie werden es immer wieder hören, dass wir in der Regierung gute Maßnahmen setzen und dass Sie es in Ihrer Regierungszeit nicht geschafft haben, für die Forschung viel Geld bereit zu stellen und Anreize zu schaffen. Das werden Sie bei jeder Rede immer wieder hören, zum zehnten, zum elften und zum zwölften Mal, tut mir Leid. Nein, es tut mir nicht Leid, es ist gut so, dass Sie es immer wieder hören, denn Sie leiden manchmal auch daran, dass Sie gewisse Dinge vergessen, nicht mehr wissen wollen, sich nicht mehr ent­sinnen können und auch nicht entsinnen wollen, was Sie nicht getan haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Binder.)

Wir haben also in der Nationalstiftung 125 Millionen € jährlich für Forschung zur Ver­fügung, und das ist seitens des Zukunftsministeriums eine echte und gute Investition in die Zukunft.

Natürlich wollen wir im Forschungsbereich in der Zukunft eine Optimierung des Systems, eine Verbesserung des Systems mit der Zusammenlegung der Forschungs­förderungsinstrumente erreichen, denn wir müssen ja auch die gesamten PS sozu­sagen auf die Straße bringen, damit nicht im Verwaltungsbereich viel hängen bleibt, und sehr viel investieren beziehungsweise sehr viel an Maßnahmen setzen, damit im Verwaltungsbereich und auch im Forschungsförderungsbereich für die Unter­nehmen etwas abgeschlankt wird.

Wenn ich von „PS auf die Straße bringen“ spreche, muss auch der Infrastrukturbereich erwähnt werden. Auch hier werden von 1999 bis 2010 insgesamt 32 Milliarden € investiert. Auch hier sagen Sie dann wieder, das passe nicht und das stimme nicht. Aber es sind nun einmal Zahlen, die in die Realität umgesetzt werden, und natürlich wer­den Projekte vorgezogen, denn das ist ja Sinn und Zweck eines Wachstums-


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paketes, dass Projekte vorgezogen werden, die notwendig sind, um hier einen Impuls zu geben.

Wir werden natürlich auch die Steuerreformmaßnahmen setzen, die ab 1. Jänner 2004 schon beschlossen worden sind, und es wird auch noch eine große Steuerreform geben, die im nächsten Jahr, so Gott will, auch beschlossen wird, wenn die Ver­handlungen positiv weiterlaufen. Wir machen Wachstumspolitik – das ist Zukunftspolitik für unser Land, und das ist eine gute Zukunft für Österreich mit dieser Bundes­regie­rung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.18

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort gemeldet. Zu berichtigender Sachverhalt, tat­sächlicher Sachverhalt, keine politischen Wertungen. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. (Abg. Neudeck – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Ei­nem –: Also nicht so wie vorher!)

 


16.18

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Jawohl, Herr Präsident! – Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Bleckmann hat soeben in Wiederholung ihrer eingespielten Platte gesagt, in der Forschungsförderung hätte die frühere Re­gie­rung nichts zusammengebracht, wir hätten nämlich nur 0,4 Prozent Steigerung zu­stande gebracht. Die jetzige Regierung wäre es, die wirklich etwas weitergebracht hät­te.

Ich darf Ihnen die Zahlen sagen, die tatsächlich richtig sind: Zwischen 1998 und 1999 gab es eine Steigerung von 1,78 auf 1,86, in der Tat sind es nur 0,08 Prozentpunkte. Aber zwischen 1999 und 2003 sind es nur 0,1 Prozentpunkte. Das heißt, Sie haben in vier Jahren 0,1 zusammengebracht, während ich in einem Jahr bereits 0,08 zusam­mengebracht habe, also fast so viel.

Frau Kollegin, das war ein schwaches Argument. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. – Abg. Scheibner: Das war eine schwache tatsächliche Berichtigung!)

16.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bis auf die letzten drei Worte war das eine absolut korrekte tatsächliche Berichtigung. (Abg. Scheibner: Korrekt, aber schwach!)

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


16.20

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Einem, ich darf später noch auf die von Ihnen zitierte Steigerung der Forschungsaufwendungen zwi­schen 1999 und 2003 zurückkommen. Lassen Sie mich zuerst zum Wachstumspaket, das dem Hohen Hause heute vorliegt, einige einleitende Bemerkungen machen.

Es ist mehrfach und richtig gesagt worden, dass sich Österreich ähnlich wie Europa und die ganze Welt seit dem Jahre 2001 in einer unangenehmen Wachstums-Talsohle befindet. Es ist eine Wachstumsschwäche, die uns in den letzten Jahren Wachs­tums­raten von gerade einmal 1 Prozent plus/minus beschert hat. Das ist weniger, als wir uns wünschen würden, wenngleich ich sagen kann: Es ist uns gelungen, auch in diesen Jahren über dem Schnitt der Europäischen Union und der Euro-Zone zu liegen. Das zeigt jedenfalls, dass die Finanz- und Wirtschaftspolitik in diesem Lande in Ord­nung ist und eine gute ist, eine Finanz- und Wirtschaftspolitik, die als die drei tra­genden Säulen einen ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus, eine kon­tinuierliche Absenkung der Abgabenquote in Richtung 40 Prozent sowie eine nachhal-


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tige Wirtschaftspolitik im Sinne von angebotsorientierter statt nachfrageorientierter Politik vorsieht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wir haben auf diese Konjunkturschwächen rechtzeitig und richtig reagiert. Die Kon­junkturpakete I und II sind Ihnen bekannt; zum Teil sind sie mit breiter Mehrheit im Hohen Hause beschlossen worden.

Sie, Herr Abgeordneter Kogler, haben vor kurzem nach Evaluierungen gerufen: Rich­tig, man soll Maßnahmen so bald wie möglich evaluieren lassen, und wir, der Finanz­minister und ich, haben das auch beim Wirtschaftsforschungsinstitut in Auftrag ge­geben, auch beim IHS. Und die Qualifizierung für das Konjunkturpaket I und II war so schlecht nicht. Die Evaluierung hat nämlich gezeigt, dass vom heurigen Wachstum von rund 1 Prozent etwa 0,75 Prozent Resultat und Resultante der Konjunkturpakte I und II sind – eine durchaus bemerkenswerte Qualifizierung durch das Wirtschafts­forschungs­institut, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ord­neten der Freiheitlichen.)

Ich weiß schon, Herr Abgeordneter Kogler hätte gerne – ich hätte das auch gerne – eine Evaluierung der Wirksamkeit der Forschungsfreibeträge. Sie sind noch nicht so weit, dass wir sie evaluieren könnten. Wir wissen aber – und das bestätigen uns alle Wirt­schaftsforscher –, dass der Weg, nämlich eine Prämie dazuzusetzen und jetzt die Aufstockung auf 25 Prozent Forschungsfreibetrag und 8 Prozent Forschungsprämie, ein richtiger ist. Ich bin aber mit Ihnen einer Meinung darin, dass es da so bald wie mög­lich eine Evaluierung geben soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seien wir also recht zufrieden, dass wir zur richtigen Zeit die richtigen Maßnahmen gesetzt haben. Seien wir zufrieden, dass Öster­reich im Verhältnis zur Euro-Zone ein Wachstum aufweist, das in den Jahren 2002, aber auch 2003, 2004, 2005 um mindestens zwei, zum Teil aber um bis zu fünf Zehn­telprozentpunkte darüber liegt. Im Vergleich zum großen Nachbarn Deutschland ist das Wachstums-Delta im guten Sinne des Wortes – das heißt, wir liegen vorne – noch ein deutlich größeres.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Umfeld haben wir nun das Wachs­tumspaket geschnürt, das Ihnen heute vorliegt. Ich möchte vor allem auf zwei Schwerpunkte aus diesem Wachstumspaket eingehen, nämlich auf den großen Sprung in Sachen Forschung und Entwicklung, den wir tätigen, und vor allem die Finanzierung dieses Sprunges, sowie auf das Thema Jugendbeschäftigung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Matznetter – er ist leider nicht mehr im Saal und kann diese Debatte daher nicht verfolgen – hat kritisiert, es würde sich bei den besagten 125 Millionen €, die pro Jahr aus der neu zu be­grün­denden Nationalstiftung für Forschung, Entwicklung und Technologie kommen sollen, nicht oder nur zu einem sehr geringen Teil um frisches Geld handeln. – Das ist falsch.

Es ist fast alles aus diesem Titel frisches Geld, fast 100 Millionen €, denn – und das muss man Herrn Matznetter auch sagen dürfen – man muss schon in die Zukunft blicken und sagen: Was wird denn die Nationalbank in den Jahren 2004 und 2005 ausschütten können?, und nicht retrospektiv auf das schauen, was in der Vergan­genheit an Gewinn ausschüttbar war. Da ist es nun einmal so, dass in den nächsten Jahren etwa 30 Millionen € aus dem Jubiläumsfonds der Notenbank zu erwarten sind. Diese 30 Millionen, abgezogen von den 125 Millionen, ergeben fast 100 Millionen € fri­sches Geld (Abg. Sburny: Maximal!) aus diesem Titel für Österreichs Forschung, für Österreichs Zukunft, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Dazu kommt, dass allein die Erhöhung der schon beschriebenen Forschungsfreibe­träge auf 25 Prozent Freibetrag, 8 Prozent Prämie vom Finanzressort mit 100 Millio-


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nen € pro Jahr bewertet wird. Dazu kommt, dass wir in drei Jahren zusätzlich 600 Mil­lionen € aus Budgetmitteln für Forschung und Entwicklung zur Verfügung stellen. Das heißt, über drei Jahre – 2004 bis 2006 – sind es nicht weniger als 1,2 Milliarden € frisches Geld für Österreichs Forschung und Entwicklung, und das ist bemerkenswert!

Das ist bemerkenswert, weil wir damit die 2,5 Prozent F&E-Anteil am BIP nicht mehr nur als Ziel definieren können, sondern auch den finanziellen Weg zu diesem Ziel nun­mehr beschreiben können.

In diesem Zusammenhang komme ich auf das zu sprechen, was Herr Abgeordneter Einem gerade kritisiert hat: Zwischen 1999 und 2003 waren es nicht 0,1 Prozent Plus an F&E-Quote, Herr Dr. Einem, sondern bei einem Ansteigen von 1,86 Prozent auf ge­schätzte 2,09 Prozent für das Jahr 2003 waren es über 0,2, nämlich 0,23 Pro­zent­punkte. Es könnte mehr sein, aber es ist jedenfalls immer noch doppelt so viel, wie Sie hier dem Hohen Hause gerade weiszumachen versucht haben. (Abg. Gradwohl: ... eintrifft, Herr Minister!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Kritikpunkt von Herrn Matznetter war auch, dass mit den Amerikanern in Sachen Counterpart-Agreement und ERP nicht ge­sprochen worden sei. – Ganz abgesehen davon, dass Ihre Forschungsminister und Ihre Vertreter in den jeweiligen Gremien dafür gesorgt haben, dass Österreich das ein­zige Land der Welt ist, das aus diesen ERP-Mitteln noch nicht die volle freie Ver­fügbarkeit herausgeholt hat – wir werden das jetzt nachholen –, darf ich Ihnen mit­teilen, dass mir auf Basis mehrfacher Kontakte mit den Amerikanern – auch Herr Dr. Gu­senbauer hat sich hier im Übrigen sehr verdienstvoll in Washington eingesetzt; danke, Herr Dr. Gusenbauer! – ein Schreiben des amerikanischen Botschafters Lyons Brown vorliegt, worin dieser sagt:

In principle, the government of the United States seeks to support Austria’s request – dass also die amerikanische Regierung beabsichtigt, unseren Absichten hier zu folgen. – Das Schreiben liegt vor; die Kritik von Herrn Matznetter ist sachfremd und überflüssig.

Auch was den Anteil der Privatwirtschaft anlangt, meine sehr verehrten Damen und Herren, wundert es mich, dass gerade ein sozialdemokratischer Abgeordneter meint, die Privatwirtschaft solle ihren Anteil an der F&E-Quote nicht erhöhen. – Natürlich soll sie es tun! Der Anteil ist im internationalen Vergleich unterproportional, und wir er­warten, dass der Anteil des privaten Sektors auf die international üblichen 66 Pro­zent­punkte – von derzeit 58 Prozentpunkten – steigt und steigen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Schwerpunkt Forschung und Entwick­lung ist im Übrigen von den Experten dahin gehend qualifiziert worden, dass damit Österreich zum attraktivsten Forschungsstandort Europas, jedenfalls was das Steuer­liche betreffe, würde – O-Ton Felderer. Oder Professor Aiginger, Wifo: Damit sei ein großer Wurf gelungen.

Damit zum zweiten Schwerpunkt, auf den ich als Arbeitsminister kurz eingehen möchte, nämlich zum Thema Jugendbeschäftigung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir wichtig, dass das Hohe Haus auch darüber informiert ist, dass das von uns zur Verfügung gestellte Auffangnetz für junge Menschen, die einen Lehrplatz suchen, aber keinen bekommen, nämlich das so ge­nannte Lehrgangsnetz, für 5 500 junge Menschen ausreichend ist. Der Gipfel be­ziehungsweise der Dialog zu diesem Thema, der vor einigen Tagen unter Anwesenheit zum Beispiel auch des Präsidenten Verzetnitsch stattgefunden hat, hat ja gezeigt, dass die AMS-Experten hier noch eine Sicherheitsschwelle von mehr als 600 Plätzen ein­gebaut haben. Das heißt, aus heutiger Sicht kann ich einmal mehr bestätigen: Junge


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Menschen, die einen Lehrplatz suchen, aber keinen bekommen, bekommen zumindest einen Lehrgangsplatz und können im Falle des Falles über derartige Lehrgänge bis zum Lehrabschluss kommen.

Darüber hinaus ist es mir wichtig, dass diese Bundesregierung beziehungsweise dass ich auch in der Lage bin, Ihnen zu sagen, dass wir für zumindest 5 000 junge Men­schen zwischen 19 und 24 Jahren, die mangels Abschluss, mangels entsprechender Qualifikation aus dem primären Arbeitsmarkt herausgefallen sind – in dieser Alters­gruppe steigt die Arbeitslosigkeit relativ stark, und das macht mir und uns große Sorge –, mit Mitteln aus dem Insolvenz-Entgeltsicherungsfonds nicht weniger als 25 Millionen € zur Verfügung stellen können, um eben diese Nachqualifizierungspro­gramme für zumindest 5 000 junge Menschen zu bestreiten und zu gewährleisten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Vizekanzler! Lassen Sie mich ab­schließend an dieser Stelle noch der Sozialpartnerschaft danken, weil ich meine, es ist bemerkenswert, dass den Sozialpartnern zum Thema Zumutbarkeit ein Abschluss gelungen ist – ein lange verhandeltes Thema, ein Thema, wo wir keine Verschärfung und keine strengere Regelung, sondern eine Modernisierung, eine Optimierung der Zumutbarkeitsbestimmungen im Sinne der arbeitslosen Menschen wollen. Wir wollen nicht, dass jemand getäuscht wird und nach zwölf Monaten Arbeitslosigkeit dann ohne jeden Schutz Notstandshilfebezieher wird. Hier haben die Sozialpartner wegweisend gesagt: Es braucht einen gewissen Berufsschutz, aber nach 100 Tagen soll dieser zum Teil auch durch einen Einkommensschutz abgelöst werden können. Dieser Einkom­mensschutz wird zuerst mit 80 Prozent und nach weiteren 20 Tagen dann mit 75 Pro­zent des ursprünglichen Einkommens des arbeitslos gewordenen Bürgers bemessen. Das ist vernünftig, denn das verbessert die Vermittlungschancen, und das ist im Inter­esse der arbeitslosen Menschen dieses Landes – genauso wie es im Interesse der Arbeitnehmer und der Wirtschaft dieses Landes ist, dass wir dieses Wachstumspaket schnüren! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Hofmann.)

16.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. Wunschredezeit: 5 Minuten. Ich erteile Ihnen das Wort.

 


16.30

Abgeordneter Mag. Hans Moser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kollegen von der Regierungsbank! Hohes Haus! Trotz dieser positiven Darstellungen fällt Österreich zurück, es hilft nichts! Sie wollen es nicht wahrhaben, Herr Stummvoll – er ist nicht da; Frau Bleckmann ist mittlerweile auch gegangen –, aber es ist so.

Ich zitiere: „It has long been one of the richest countries in Europe, but Austria’s econo­mic performance has fallen below the OECD average in recent years.” 

Das schreibt „The Economist” in seiner Ausgabe vom 15. November dieses Jahres auf Seite 100. Das ist die internationale Sicht, das ist die internationale Wahrnehmung der österreichischen Wirtschaftspolitik außerhalb dieser blau-schwarz gefärbten Propa­gandalinie.

Ich möchte hiezu auch ein Beispiel nennen: Diese Wachstumsschwäche, die hier an­gesprochen wurde, wird immer im internationalen Vergleich dargestellt. – Das ist aber nur die eine Hälfte der Wahrheit. Österreich leidet massiv an einer inländischen Nach­frageschwäche, die natürlich durch politische Instabilität und durch die Zerschlagung von österreichischen Flaggschiffen wie der Post, der ÖIAG-Betriebe und jetzt auch der ÖBB verstärkt wird.

Natürlich ist auch der hohe Euro-Kurs ein Problem, das uns in den nächsten Jahren belasten wird – das gebe ich schon zu. (Abg. Jakob Auer: Ah doch? Doch?) Das


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kommt aber erst in den nächsten Jahren. Es gibt – ich beziehe mich hier wiederum auf den „Economist“ – eine Statistik über die Wachstums-Wettbewerbsfähigkeit, ein Index, in dem die Zukunft dieser Länder betrachtet wird. Da grundelt Österreich zwischen dem 17. und 18. Platz herum. Und das ist eigentlich das Dramatische an dieser Situation: Wir sind nachhaltig zurückgefallen!

Sie sagen, alles sei super, aber die Realität ist leider anders – und die Menschen in unserem Land spüren das täglich. Ich möchte noch den Arbeitsmarkt kurz betrachten:

Herr Minister! Wir haben Rekordarbeitslosigkeit: knapp 250 000 Arbeitslose! Das sind mehr, als Graz, unsere Heimatstadt, Einwohner hat. Dazu kommen noch 44 000 in Schulungen, sodass es fast 300 000 Arbeitslose gibt. Das ist eine dramatische Zahl! Dazu kommt aber noch etwas anderes: Es kommen auf eine offene Arbeitsstelle elf Arbeitslose! – Das zeigt die Dramatik der konjunkturellen Situation, angesichts deren hier nichts gemacht wurde.

Es gibt noch ein neues Phänomen auf dem Arbeitsmarkt: nicht nur die Jugendarbeits­losigkeit, sondern die dramatisch steigende Arbeitslosigkeit bei den Akademikern. Das Ausmaß der Akademiker-Arbeitslosigkeit beträgt in etwa drei Viertel der Arbeitslosig­keit jener Menschen, die keinen Schulabschluss haben. Also hier nähern sich die hoch Qualifizierten den ganz schlecht Qualifizierten – an den beiden Rändern des Arbeits­markt-Spektrums – im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit an, und das ist eine dramatische Situation, die wir hier zu beobachten haben.

Jetzt zum eigentlichen Gesetz, zum Konjunkturpaket III, das ja mittlerweile nicht mehr Konjunkturpaket III heißt, sondern – durchaus in Selbsterkenntnis – in ein Wachstums- und Standortgesetz umgetauft wurde. Und da fragt man sich: Was steckt hinter diesem Wachstumsgesetz, hinter diesem Standortgesetz? – Wenig Neues! Ich wiederhole das: Wenig Neues! Es ist letztlich eine Bündelung und ein Aufblasen von bereits bekannten und vielfach angeführten Einzelmaßnahmen. Es ist kein Policy Mix erkennbar, es ist keine runde Sache, sondern dieses Paket, dieses Gesetz eiert von vorne bis hinten! Und das ist eigentlich aus unserer Sicht der wesentliche Punkt.

Herr Minister – oder beide Minister –: Was sind aus Ihrer Sicht – und ich möchte, dass das in diesem Hause einmal alle Abgeordneten hören können – die hinter diesen Maßnahmen stehenden Wirkungsmechanismen? Was haben Sie hier für Prognosen, was soll in Österreich in Zukunft mehr wachsen?

Ich habe es mir nicht leicht gemacht. Ich habe mir da eine Berechnung herausge­nommen und bin zu dem Ergebnis gelangt, dass wir, wenn man alles dazurechnet, ohne diese ASFINAG- und ohne diese Bahninvestitionen, die ja keine neuen sind, für das Jahr 2004 auf 480 Millionen € zusätzlich und für das Jahr 2005 auf 250 Millionen € zu­sätzlich kommen. Das ergibt im besten Fall – da gehe ich sehr großzügig mit einem Multiplikator von 1,5 um – ein zusätzliches Wachstum für 2004 von 0,3 Prozentpunkten und für das Jahr 2005 von 0,15 Prozentpunkten. Das ist also eigentlich nicht registrier­bar.

Was Österreich braucht, ist nicht eine solche Minimalpackung, sondern wir brauchen einen Vitaminstoß! Wir brauchen kein Placebo, wir brauchen auch kein Mogelpackerl – das brauchen wir nicht –, sondern wir brauchen eine ordentliche Wachstums­ma­schinerie! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich beobachte in den Reihen der Regierungsfraktionen, hier in diesem Bereich und auch in vielen Detailgesprächen, dass immer mehr Kolleginnen und Kollegen mit die­sem Kurs nicht mehr zufrieden sind, weil sie wissen, dass die Bundesregierung in diesem Bereich auf dem Holzweg ist. Daher bitte ich Sie: Hören Sie auf diese kriti­schen Leute in Ihren Reihen, denn schon Immanuel Kant sagte:


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„Es ist niemals zu spät, vernünftig und weise zu werden; es ist aber jederzeit schwerer, wenn die Einsicht spät kommt, sie in Gang zu bringen.“

Beherzigen Sie diesen Spruch in Ihren wirtschaftspolitischen Überlegungen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Jakob Auer. 4 Mi­nuten Wunschredezeit. (Abg. Jakob Auer – auf dem Weg zum Rednerpult –: Der Wunsch wäre länger!)

 


16.36

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Verehrte Damen und Herren! Der Oppositionsabgeordnete Moser meinte, wenn die Einsicht spät komme, sei es schwierig, etwas positiv in Gang zu bringen (Ruf bei der SPÖ: Von Kant ist das!) Mit diesem Zitat hat er Recht. Aber gerade diese positive Ein­sicht der Opposition zu einem bemerkenswerten Standortgesetz vermisse ich.

Verehrte Damen und Herren! Mit diesem Wachstums- und Standortgesetz, das wir heute hier debattieren und auch beschließen werden, wird der erfolgreiche wirtschafts­politische Kurs dieses Landes fortgesetzt. Da hilft Ihre Kritik nichts! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir werden genauso wie mit dem Paket I und dem Paket II positive Zeichen setzen. Erinnern Sie sich zurück an Ihre Kritik, die Sie zu diesen früheren Paketen damals angebracht haben – auch wenn der Beschluss dann zum Teil mit großer Mehrheit erfolgte –: Es wäre zu wenig, zu spät, es wären falsche Schwerpunkte. – Es war, als ob es damals nichts anderes gegeben hätte als heute: die gleichen Wortmeldungen, die gleichen Standpunkte.

Meine Damen und Herren! Mit diesem heute vorliegenden Gesetz investieren wir in die Zukunft! Das ist unbestritten, denn niemand kann daran vorübergehen, dass uns die­ses Mehr an Forschungsausgaben an die Spitze bringen wird. Das bestätigen das IHS, das Wifo und viele andere Bereiche auch. Es ist ein wesentlicher Schwerpunkt, der herzeigbar ist!

Diese Regierung blickt in die Zukunft, verehrte Damen und Herren, und setzt die entsprechenden Schwerpunkte. Das wird gerade auch dann deutlich, wenn man sich Österreich im Vergleich mit anderen EU-Ländern, mit anders regierten Ländern an­sieht. Ich weiß, das hört man natürlich nicht gerne (Abg. Parnigoni: Jakob, ich hör dich immer gerne!), aber es ist nun einmal ein wesentlicher Punkt, dass Österreich der Exportweltmeister gewesen ist. Sie können sehen: Hier ist Österreich – und da liegen viele andere EU-Staaten hinter uns. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Verehrte Damen und Herren! Da können Sie noch so nette Zwischenrufe machen, an diesen Fakten des Erfolges können Sie nicht vorbei! (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

Es ist auch erfreulich, dass es Schwerpunkte für die Wirtschaft im ländlichen Raum gibt, nämlich Biomasse: zusätzlich 5 Millionen €, Breitbandtechnologie: 10 Millionen €. Es sind dies Initiativen, die sich sehen lassen können!

Wichtig ist auch, verehrte Damen und Herren von der Opposition: Konjunktur ist vor allem auch eine Frage der Stimmung! Das ist unbestritten. Wir sehen auf der einen Seite, dass wir durchaus eine große Zahl von Arbeitslosen haben – das ist ebenfalls un­bestritten: die Zahlen und die Fakten könnten noch besser sein, auch wenn sie im europäischen und weltweiten Vergleich exzellent sind, aber sie könnten besser sein –,


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nur: Wenn man dann einen Vergleich zwischen den Bundesländern anstellt, dann kann man dazu in der heutigen „Kronen Zeitung“ lesen:

„Oberösterreichs Arbeitsmarkt blieb auch im November stabil, meldet das AMS.“ (Abg. Sburny: Trotz Grün!) – Nicht die Regierung, sondern das AMS! – „... 4,2 Prozent: der niedrigste Wert aller Bundesländer, ...“ (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sogar mehr Beschäftigte als im November! – Erfreulich für mich ist, dass unter diesen sehr positiven Daten und Fakten der Bezirk Wels Land, aus dem ich komme, als der absolut beste Bezirk aufscheint. (Abg. Mag. Hans Moser: Das ist ein Zufall!) Zuge­geben: Wir haben das Glück, über eine hervorragende Infrastruktur zu verfügen – West­bahn, West Autobahn, Pyhrn Autobahn, die Innkreis Autobahn –, wir sind her­vorragend angeschlossen. Doch das soll ausdrücklich gesagt werden: Es gibt hier den mit Abstand höchsten Zuwachs, nämlich 35,6 Prozent, an Arbeitskräften, an Be­schäf­tig­ten in den letzten zehn Jahren. Das ist herzeigbar!

Ich will gar nicht darauf hinweisen, welch entgegengesetzte Zahlen Wien aufweist. (Abg. Dr. Van der Bellen: Was ist mit Kärnten?) Aber vor allem eines, Herr Kollege Van der Bellen, möchte ich sagen. Es war leider auf Grund des Zeitdruckes nicht möglich, das noch weiter auszuführen. Einen Punkt noch, Herr Kollege Moser! Es ist wenige Monate, wenige Wochen her, da standen Sie und viele Ihrer Kollegen hier und haben die Voest-Privatisierung gegeißelt. Das sei ein Filetieren, ein Zerteilen, eine Abwanderung von Arbeitsplätzen drohe und so weiter. Wissen Sie, was die Zeitung „Oberösterreichische Nachrichten“ heute als Schlagzeile hat? – „Grünes Licht für voest-Ausbau um zwei Milliarden Euro“.

Das ist auf Schiene, das wird umgesetzt! Das ist eine Erfolgsstory sondergleichen, die werden Sie nicht verhindern können. Das ist eine herzeigbare Investition, wie sie noch kaum ein Betrieb in Österreich gemacht hat – letztlich auch dank der Rahmen­bedingungen, die geschaffen worden sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. – Abg. Mag. Moser: Verschenkt!)

16.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


16.42

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Es stimmt schon, was Kollege Auer sagt, dass die Kritik der Opposition nichts bewirke. Die Frage ist nur, ob es vernünftig ist, wenn Kritik nichts bewirkt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vor drei Tagen war erster Advent, man könnte meinen, die Zeit der Hoffnung und Erwartung hat begonnen. Aber Sie haben uns ein Jahr geschenkt, das eigentlich voll war von Sprechblasen, vagen Versprechungen und letztlich auch von Täuschungen. Natürlich! Wir haben gehört: Es war alles mickrig, was vor Jahren geleistet wurde. Und: Die „Meilensteine“ purzeln uns jetzt nur so entgegen, was die Forschungsförderung betrifft.

Ich sage Ihnen nackte Zahlen: In den Jahren 1999 bis 2003 ist der Anteil am BIP für Forschung und Entwicklung in Österreich von 1,86 Prozentpunkten auf 1,96 Prozent­punk­te gestiegen. Das macht pro Jahr eine Steigerung an Prozentpunkten am BIP von 0,025 Prozent aus. Das heißt, Sie würden, allein um im Jahr 2003 auf die von Ihnen angestrebten 2 Prozent – nicht 2,5 Prozent – zu kommen, geschlagene 20 Jahre warten müssen.

Herr Minister Bartenstein! Sie haben das Wirtschaftsförderungsinstitut zitiert. (Bundes­minister Dr. Bartenstein: Wirtschaftsforschungsinstitut!) – Wirtschaftsforschungsinsti-


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tut! – Da hat Hannes Leo einen Referenzpfad zur Erreichung dieser 2,5 Prozent und auch die geschätzte Entwicklung auf Grund der jetzigen Regierungsmaßnahmen be­rechnet. Da liegen wir – sage und schreibe! – im Jahr 2006 bei 1,98 Prozent. Sie kön­nen gerne nochmals so einen Auftrag vergeben; wenn er sich nicht widerspricht, wird er Ihnen wieder dasselbe sagen.

Nehmen wir ein anderes Faktum: Die Arbeitslosigkeit, das steht heute in der Zeitung, weist bei den AkademikerInnen eine überproportionale Zuwachsrate von 18 Prozent auf. Sie wissen, dass notwendige Investitionen an den Universitäten nicht getätigt wer­den können, auch wenn Gehrer hier eine andere Platte mit Sprung auflegt und immer wieder behauptet, das stimme nicht.

Zur Verbesserung der Forschungsförderung haben wir Grüne erstens bereits vor einem Jahr eine unabhängige Stiftung vorgeschlagen, allerdings eine, die über das nötige Eigenkapital verfügt, um dann aus den Zinserträgen wirklich nennenswerte For­schungsförderungsbeträge auszuschütten.

Wir haben aber auch verlangt, dass diese zu errichtende Stiftung nach internationalen Kriterien zu Forschungsprojekten und Technologieoffensiven begutachtet werden soll und nicht so – und diesen Widerspruch arbeite ich jetzt heraus –, wie Sie sich die Na­tionalstiftung vorgestellt haben.

Sie schlagen eine Stiftung vor, die über kein ausreichendes Eigenkapital verfügt. Da stimmen uns alle ExpertInnen zu, egal, was Sie jetzt hinter mir vielleicht sagen wollen.

Zweitens verkaufen Sie die Aufwendungen für die Stiftung zweimal, also bevor der Bär erlegt wurde, verkaufen Sie schon sein Fell, sogar zweimal!

Und dann addieren Sie Mittel vom ERP-Fonds. Wenn ich jetzt höre, dass Amerika dieser Sache positiv gegenübersteht, heißt das noch nicht, dass das abgeschlossen und unterzeichnet wurde. Als Sie dieses Gesetz konstruiert haben, hatten Sie diese Nachricht aus Amerika wahrscheinlich noch gar nicht.

Das heißt, es gibt einen Unterschied zwischen jemandem, der ein engagierter Optimist ist und jemandem, der einfach schönredet, täuscht oder einfach, die Realität ver­weigernd, hier ein Ballett der Versprechungen tanzt.

Entscheidend ist für mich ja, wie Sie diese Stiftung konstruiert haben. Es gibt einen Vorstand mit zwei Personen. Von wem wird dieser Vorstand bestellt? – Ein Vorstands­mitglied wird vom Finanzminister, eines von Ihnen, Herr Bartenstein, bestellt. Schauen wir uns den Stiftungsrat an! Dieser besteht aus sieben Personen, von denen eine potentiell unabhängig ist, nämlich der Vertreter der Oesterreichischen Nationalbank. Vier Mitglieder werden von vier Ministerien bestellt und zementieren nachhaltig – wirk­lich nachhaltig! – einen blau-schwarzen Proporz, der sich gewaschen hat, ein.

Das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit entsendet, das Finanzministerium entsendet, Gehrer entsendet und Gorbach entsendet. Und dann sind noch zwei Leute dabei, die nicht mitreden, sondern nur mitdiskutieren dürfen: Das sind der Chef des Rates für Forschung und Technologieentwicklung und sein Stellvertreter. Aber schauen Sie nach und hören Sie! Auch diese beiden wurden von der Regierung bestellt. Und raten Sie jetzt noch im Publikum: Wer wird diesen Stiftungsrat leiten dürfen?! – Nur jene zwei Mit­glieder, die wiederum vom Finanzminister oder vom Minister für Wirtschaft und Arbeit bestellt worden sind. Da kann man sich vorstellen, wohin die Mittel fließen werden.

Ich habe wenig Lust, einem Gesetz zuzustimmen, das zwar einige positive Seiten hat, bei dem es aber zum Schluss heißt, es werden Staubsauger von Siemens ange­schafft – deren Vertreter auch in diesen Räten sitzen –, nur weil dort die techno-


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logische Entwicklung zu beobachten ist, dass die Perserteppiche in den Vorstands­zimmern besser gesaugt werden können. Das kann es nicht sein.

Ganz absurd wird Ihre Stiftung aber dann, wenn drinnen steht, nach welchen Kriterien die Mittel zur Forschungsförderung und Technologieentwicklung ausgeschüttet werden sollen. Da heißt es nämlich, dass die „Verwendung der Fördermittel nach den Kriterien der „Berücksichtigung einer mittelfristigen österreichischen Strategie für den Bereich Forschung und Technologieentwicklung“ beschlossen werden müssen.

Nennen Sie mir diese mittelfristige Strategie! Wurde sie im Parlament beraten, be­schlos­sen, diskutiert? – Nein! Es gibt eine Initiative des Rates für Forschung und Tech­nologieentwicklung, ein Papier. Aber: Ist das Ihr Papier, ist es das Papier von Conse­müller oder von Professor Bonn? – Ich weiß es nicht!

Das sind die Kriterien, wie Mittel gelenkt werden sollen! Das heißt, da stimmt einiges nicht.

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein, um wenigstens einen Fuß in die Realität setzen zu können:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, den Na­tionalen Forschungs- und Innovationsplan öffentlich zu diskutieren, um endlich trag­fähige Konzepte zur Forschungsförderung in höchstmöglichem Konsens zu entwickeln und diesen auch die nötige Verbindlichkeit zu geben.

Da es diese Verbindlichkeit nicht gibt, stehen wir dieser Nationalstiftung kritisch ge­genüber, wenn auch einzelne Punkte, insbesondere im Bereich steuerlicher Maß­nahmen positiv diskutiert werden könnten, sage ich jetzt im Konjunktiv. Ich – und mit mir auch andere – fürchte, dass diese Mittel so gewählt sind, dass sie jenen Kon­zernen, die jetzt schon Forschung und Technologieentwicklung positiv betreiben, hel­fen werden, das auch weiter zu machen. Aber die Hebelwirkung, um Klein- und Mit­telbetriebe, um die es geht, zu Forschung anzuregen, die sie bis jetzt noch nicht be­trieben haben – zum Teil zumindest –, wird zu wenig sein. Darauf können Sie hoffen, aber der Advent hat auch sein Ende. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

16.49

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald! Es wurden von den Grünen zwei Entschließungsanträge angekündigt, einer Sburny, Kogler betreffend Finan­zen und einer Sburny, Grünewald betreffend Fresh Money. Den dritten Ent­schließungsantrag habe ich noch nicht. Daher kann ich nicht überprüfen, ob er hinreichend unterstützt ist und ob Sie ihn auch ausreichend vorgetragen haben. Wenn ich ihn bekomme, werde ich ihn prüfen. Dann werde ich ihn zulassen.

Ich würde aber bitten, Herr Abgeordneter Grünewald, bald, weil ich in 10 Minuten das Präsidium verlasse. (Abg. Dr. Grünewald: Ist schon unterwegs!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.50

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist natürlich klar, dass die Opposition das Wachstumspaket kritisiert. Etwas anderes hätte ja hier im Hohen Haus niemand erwartet. Aber bei einer seriösen Diskussion hätte mich schon etwas mehr interessiert: Kritisieren alleine ist ein bisschen zu wenig.


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Man hätte schon auch erwarten dürfen, dass Sie irgendwelche Vorschläge machen, denn wenn das der Vorschlag (Abg. Dr. Matznetter: April 2002!), Herr Kollege Matz­netter, wenn das der Vorschlag war, Ihr Entschließungsantrag, nämlich die Steuer­reform vorzuziehen (Abg. Sburny: Es gibt einen eigenen Vorschlag für National­stiftungen von den Grünen!), und zwar 4 Milliarden €, 1 Milliarde für die Wirtschaft, 2 Milliarden für die Einkommensteuer und Lohnsteuer (Abg. Dr. Matznetter: Drei! Halt!) und 1 Milliarde für Forschung und Entwicklung ohne Gegenfinanzierung (Abg. Dr. Matznetter: Steht im Regierungsprogramm! Falsch! Nein!), dann haben wir bald einen Verschuldungsgrad wie in den alten Zeiten der sozialdemokratischen Finanz­minister. Das möchten wir uns nicht mehr wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Lesen – denken – sprechen!)

Das Paradoxe kommt ja erst hinzu, denn, Herr Kollege Matznetter, vor ein paar Mo­naten wollten Sie uns weismachen, dass Sie das Nulldefizit in der Verfassung ver­ankern wollen. (Abg. Dr. Matznetter: Da haben Sie Dr. Gusenbauer wieder nicht ver­standen! ...!) Wie steht denn das im Einklang mit Ihren Forderungen? Das muss ich Sie wirklich einmal bei einer seriösen Betrachtung der Finanz- und Steuerpolitik in Öster­reich fragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren aber heute natürlich im Blick­punkt der EU-Osterweiterung in erster Linie die Herausforderungen und Chancen, die in Zukunft auf uns warten, welche die österreichische Wirtschaft in Anspruch und in Angriff nehmen wird. Es geht auch darum, dass wir die österreichische Wirtschaft für die Herausforderungen der Zukunft fit machen, dass wir ihr in den nächsten Jahren die entscheidenden Rahmenbedingungen mit auf den Weg geben zu einer offensiven und zu einer erfolgreichen Entwicklung der Wirtschaft.

Da hat die Bundesregierung, so glaube ich, zu Recht mit dieser Wachstumsoffensive die richtigen Mittel gewählt, um die Wirtschaft wirklich erfolgreich auszustatten. Es ist kein Argument, ständig auf den Zahlen der Forschungsquote herumzureiten, wenn wir das klare Ziel verfolgen, dass wir dem Lissabonner Beschluss gerecht werden wollen und bis zum Jahr 2006 eine Forschungsquote in der Größenordnung von 2,6 Prozent erzielen möchten. Das muss doch auch in Ihrem Interesse liegen, wenn 1 Milliarde € zusätzlich für Forschung und Entwicklung zur Verfügung steht. Ich verstehe wirklich nicht, was Sie daran auszusetzen haben! Wenn wir in die richtigen Sparten inves­tieren – und Sie wissen, der freie Handel allein macht noch kein Wachstum aus, der freie Handel allein ist zu wenig –, wird das klappen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir brauchen die richtigen sinnvollen Investitionen in die Technologie. Sie kommen hier heraus und kritisieren die hohen Arbeitslosenzahlen, die sicherlich auch stimmen. Die Arbeitslosenzahlen bei den Akademikern sind relativ hoch. Ich finde es aber an­ständig und richtig, dass die Bundesregierung gerade hier den Hebel ansetzt und in der Technologieoffensive sehr viele Mittel einsetzt, damit diese Arbeitslosen, die hoch qualifiziert sind, wieder Beschäftigung finden. Das ist ein gutes Rezept, auf das wir auch stolz sein können, meine Damen und Herren. (Abg. Öllinger: Es ist richtig, aber es greift nicht!)

Wenn wir im Zusammenhang mit den Wirtschaftsdaten sehen, dass wir eine relativ niedrige Inflationsrate haben, dass wir eine relativ erfolgreiche Exportpolitik betreiben, im Export Erfolge vorweisen können, dass die Produktivitätssteigerung recht beachtlich ist und dass wir dadurch auch ein Sinken der Neuverschuldung bei den Betrieben erwirken konnten, dann sind das sehr gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, damit sich die Wirtschaft künftig auch positiv entwickeln kann.


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Das Wachstumspaket, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Zielsetzung Forcierung des Forschungs- und Entwicklungsstandortes Österreich in der Größen­ordnung von 1,2 Milliarden €, die steuerlichen Anreizsysteme, die einzigartig in Europa mit der Forschungsprämie, mit dem Forschungsfreibetrag sind, all das sind wichtige Impulse, Instandsetzungsmaßnahmen, welche die Beschäftigung in Österreich wieder positiv entwickeln lassen werden.

Und all das in Summe mit der ersten Etappe der Steuerreform, bei der es um eine Nettoentlastung von 600 Millionen € geht, bei der die 13. Umsatzsteuervorauszahlung abgeschafft wird, bei der eine Steuerfreistellung von Einkommen bis zu 14 500 € er­wirkt wurde und wir auf nicht entnommene Gewinne nur mehr den halben Steuersatz anwenden –, das, meine Damen und Herren, ist eine gute Basis, um die Wirtschaft in Österreich wieder auf Vordermann zu bringen und für Beschäftigung und Wachstum zu sorgen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.55

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald hat einen Ent­schließungs­antrag vorgetragen. Dieser wird aber als Selbständiger Antrag dem Aus­schuss zugewiesen – und wird heute nicht zur Abstimmung gelangen.

Nächster Redner ist Herr Vizekanzler Gorbach. Die Uhr ist wunschgemäß auf 12 Mi­nuten gestellt. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


16.56

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Kollege Staatssekretär! Das Wirtschaftswachstum befindet sich weit über Österreichs Grenzen hinaus in einer Problematik, die Konjunktur ist in einer Flaute. Deshalb ist es wichtig, erstens zu evaluieren, was die Konjunkturpakete I und II gebracht haben, und zweitens – vielleicht noch wichtiger – Maßnahmen zu setzen und zu reagieren. Ich glaube – nein, ich bin sicher! –, dass mit dem Wachstumspaket III dieser Regierung wieder sehr viel Gutes gelungen ist.

Wenn ich heute hier die Debatte und insbesondere die Redebeiträge der Opposition mitverfolgt habe, dann neige ich schon sehr dazu, wieder einmal zu zitieren, und zwar diesmal Wilhelm Busch, der einmal gemeint hat: „Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbst im Sauerkraut.“ – So ähnlich kommt mir das heute vor, was Sie zum Besten geben.

Geben Sie doch auch einmal zu, was unabhängige Wirtschaftsforscher zugeben müs­sen, was auch das Wifo bei der Evaluierung der Konjunkturpakete I und II gesagt hat! Das Wifo hat ganz eindeutig eine sehr positive Bilanz gezogen und festgestellt, dass sich gerade die Bemühungen in Richtung Investitionen in Infrastruktur einerseits und die Politik, was Forschung und Entwicklung andererseits betrifft, sehr positiv auf die Wirtschaftsdaten ausgewirkt haben, die wir derzeit zu vertreten haben.

Ein Wirtschaftsstandort wird über Steuerpolitik, Schuldenabbau, konsequente Stärkung der Zukunftsinvestitionen in Forschung und Entwicklung sowie Bildung und Infra­struk­tur definiert. Das sind die Bausteine dazu. Wenn Sie sich die Prioritäten dieser Re­gierung anschauen, dann sehen Sie sehr deutlich, dass wir gerade, was die Stärkung und die Forcierung des Wirtschaftsstandortes Österreich angeht, in Zeiten, in denen sich sehr viel bewegt – ich erinnere an die Debatte und an den Beschluss von heute Vormittag –, auf dem richtigen Weg sind und die richtigen Maßnahmen setzen.

Die Verkehrsinfrastruktur ist einerseits mehrfach wichtig, Forschung und Entwicklung an­dererseits. Es gab hier eine Debatte, wer denn mehr für Forschung und Entwicklung getan hat. Ich hänge jetzt noch den wichtigen Bereich Infrastruktur an, werde mich


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aber an dieser Debatte nicht in dieser Form beteiligen, sondern ich werde schlicht und einfach eine Feststellung treffen, die jederzeit anhand von nackten und nüchternen Zahlen belegbar und nachvollziehbar ist, nämlich folgende Feststellung, meine Damen und Herren Abgeordnete von der Opposition:

Noch nie in den letzten Jahren wurde so viel Geld für Forschung und Entwicklung einerseits und für Maßnahmen zur Infrastrukturinvestition andererseits eingesetzt wie in Zeiten wie diesen durch diese Regierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gab im Jahr 2002 1,4 Prozent Wachstum in Österreich zu rund 0,9 Prozent im Euro-Raum. Das ist ein guter Wert. 2003 werden es etwa 1 Prozent sein; 0,0 Prozent bis 0,75 Prozent davon kommen eben durch von dieser Regierung gesetzte Maßnahmen, wie schon erwähnt, laut Wifo-Evaluierung ist das auch schwarz auf weiß auf dem Tisch.

Wenn ich die Daten, die auch Kollege Bartenstein schon zum Besten gegeben hat, vergleiche, so muss ich sagen: Deutschland: 0,2 Prozent im vorigen Jahr, vermutlich 0,0 Prozent heuer; Frankreich: 1,2 Prozent im vorigen Jahr, 0,5 Prozent heuer; Euro-Zone: 0,9 Prozent im vorigen Jahr, 0,5 Prozent heuer. Da werden auch in Ihren Reihen die Steuerberater, die ja auf Zahlen reflektieren, zugeben müssen, dass diese Re­gierung offensichtlich die richtigen Maßnahmen gesetzt hat und dabei ist, wieder das Richtige zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Insbesondere deshalb, weil auch jugendliche Zuhörer anwesend sind, darf ich erwäh­nen, dass das Jugendbeschäftigungsprogramm, das wir in Form des Jugendbeschäfti­gungsdialogs vor wenigen Tagen vorgestellt haben, wieder eine wichtige Maßnahme in die richtige Richtung ist, weil es natürlich nichts Schlechteres gibt, und zwar nicht nur in materieller, sondern auch in psychologischer Hinsicht, wenn junge Menschen, die ar­beitswillig sind, keinen Arbeitsplatz finden. Deshalb glaube ich, dass die 200 Millionen €, die wir in diesem Bereich gezielt einsetzen, eine gute Investition in die Zukunft, eine Investition eben in unsere Jugend sind, eine Investition, die sich sehen lassen kann!

Nun zum nächsten Punkt, zur F&E-Quote: Das, was in der Vergangenheit war, meine Damen und Herren, interessiert mich zwar schon, aber weniger als das, was in der Zukunft sein wird. Unser Ziel, die Forschungsquote auf 2,5 Prozent bis 2006 und auf 3,0 Prozent bis 2010 anzuheben, ist wahrlich kein bescheidenes Ziel. Wir werden es dennoch erreichen, weil die 1,2 Milliarden €, die wir in den nächsten drei Jahren zu­sätzlich im Bereich Forschung und Entwicklung ausgeben werden – Sie wissen ja, woher sie kommen, denn das wurde heute schon diskutiert –, ein Garant dafür sind – wenn man sie richtig einsetzt, nämlich mit Hebelwirkung, so, dass auch das Feedback, wenn ich es so sagen darf, aus der Wirtschaft, aus der Industrie kommt. Dann werden wir diese Quote auch erreichen!

Wir haben auch aufgezeigt, wie das Erreichen dieser Quote finanzierbar ist. Würden wir zwei Drittel aus privaten Initiativen, ein Drittel aus öffentlichen Initiativen erzielen, dann wäre das, wie auch internationale Experten bestätigen, das richtige Verhältnis; derzeit ist das Verhältnis 58 zu 42 Prozent. So wäre die Quote 3,0 Prozent am BIP bis 2010 zu erreichen. Dann wären wir dort, wo wir hingehören, nämlich unter den Top 3 international, und genau dort möchte ich Österreich im Bereich Forschung und Ent­wicklung sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Maßnahmen wie Lehrlingsprämie von 1 000 € pro Kopf, Einführung einer Bildungsprämie von 6 Prozent, Anhebung des Bildungsfreibetrages von 9 auf 20 Prozent und steuerbegünstigte Pensionsvorsorge – also wenn Sie so wollen, für jeden etwas – waren Maßnahmen aus den Konjunkturpaketen I und II die­ser Bundesregierung, und sie sind nicht ohne erfreuliche Auswirkungen geblieben.


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Ich nenne Ihnen noch eine Zahl, die Sie vielleicht noch mehr interessieren wird, weil auch über die Arbeitslosigkeit in diesem Zusammenhang zu Recht diskutiert wird. Die Arbeitslosenquote der Jugendlichen mit 7,2 Prozent ist etwa halb so hoch wie der europäische Durchschnitt, der bei rund 15 Prozent liegt. Sie ist aber immer noch zu hoch.

Ich bin Ihrer Meinung, wenn Sie sagen, dass die Arbeitslosenzahl von rund 240 000 oder einer Viertelmillion viel zu hoch ist. Gerade deshalb setzen wir ja diese Maß­nahmen, und deshalb schauen wir, dass die Arbeitsplätze gesichert werden, und des­halb schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Im Rahmen der Konjunkturpakete I und II dieser Bundesregierung konn­ten allein durch die Investitionen in die Infrastruktur im Bereich Verkehr, Schiene und Straße, etwa 14 000 bis 18 000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Nehmen Sie auch diese Zahl zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was die Forschungslandschaft betrifft, hat Frau Abgeordnete Bleckmann schon ge­sagt, dass da zwei wichtige Schwerpunkte von dieser Regierung gesetzt werden. Dabei wichtig sind ein Strukturwandel – immer gut und, wie gesagt, immer wichtig –, eine neue Forschungslandschaft auch in der Struktur, um die Nutzung von Syner­gieeffekten sicherzustellen, die Vermeidung von Doppelgleisigkeiten und das Schlie­ßen von Förderungslücken. Es wird diese neue Struktur angestrebt, um die For­schungs­landschaft Österreichs international neu, nämlich richtig in einem schnell wachsenden Europa auszurichten.

Meine Damen und Herren! Zu diesem Bereich gehört auch die Breitbandinitiative. Nur 16 Prozent der Haushalte sind über Breitband erreichbar, sozusagen mit dem schnel­len Internet, oder können in die weite Welt. Das ist nicht das Ergebnis der Politik von gestern und von heute, sondern da sind schon früher politisch Verantwortliche nicht so schnell gewesen, wie ich mir das gewünscht hätte. Aber wir haben es erkannt, und deshalb habe ich 10 Millionen € an spezieller Förderung gerade den ländlichen Bereichen, wo die Penetration nicht so stark ist, wo eine Lücke in der Breitbandmög­lichkeit des schnellen Internets vorhanden ist, zukommen lassen, und zwar auch deshalb, um zu verhindern, dass es in Österreich zwei Gesellschaften gibt, nämlich die Breitband- und die Schmalbandgesellschaft, wenn Sie so wollen, oder die Online- und die Offline-Gesellschaft. So sind diese Gelder gut angelegt. Die EU wird aus dem Strukturförderungsfonds weitere 10 Millionen € zur Verfügung stellen, und die Länder sollen auch 10 Millionen € dazu beitragen, und dann haben wir mit 30 Millionen € für 2004 eine flotte Förderung für diese Breitbandinitiative, die vor allem für den ländlichen Raum wichtig ist.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend feststellen: Österreich be­kennt sich im Sinne einer nachhaltigen Wachstumspolitik zum Ziel der EU, im Rahmen der Lissabon-Strategie Europa bis zum Jahr 2010 zum dynamischsten, zum wis­sensbasiertesten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln. Mit der Umsetzung dieser Maßnahmen ist diesbezüglich mit Sicherheit ein wichtiger Schritt getan, werden doch dadurch Rahmenbedingungen geschaffen, die in Österreich zu einer Steigerung der Investitionen, zu einer besseren Ausnutzung des Arbeitskräftepotentials, zu einer Er­höhung der Produktivität und zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit führen wer­den.

Wissen Sie, was das Schönste daran sein wird: dass wir nicht nur im F&E-Bereich europaweit an der Spitze sein werden, wenn Europa dort angekommen sein wird, sondern dass wir auch dort sein werden, wo wir laut Lissabon-Strategie hin wollen, nämlich auch wirtschaftlich weltweit zur Nummer eins an die Spitze. Dann werden wir


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Österreicher sagen: Herzlich willkommen!, weil wir dann nämlich auf Grund unserer Politik schon dort sein werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.07

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. Die Uhr ist auf 3 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.07

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Kurz zum Kollegen Bucher, der, sofern ich mich richtig erinnere, im Finanzausschuss war – ich glaube zumindest, ihn dort gesehen zu haben –: Er hat moniert, dass von unserer Seite keine Vorschläge kämen. Dazu darf ich ihm sagen: Er hätte besser aufpassen sollen, denn unsere Anträge, und zwar mehrere an der Zahl, wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt. In diesen Anträgen sind sehr wohl Finanzierungsvorschläge enthalten, wie es vorgeschrieben ist – im Unterschied zum Vorblatt Ihrer eigenen Regierungsvorlage, wo der Rechnungshof das Fehlen der Finanzierungsvorschläge kritisiert hat.

Daher: mehr Objektivität, bitte, in den eigenen Reihen, denn wenn Sie unsere Vor­schläge vertagen und dann sagen, es seien keine da, dann ist das mehr als eigenartig! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Wachstums- und Standortgesetz ist meiner Meinung nach eigentlich ein weiterer Teil in einem unzusammenhängenden Stückwerk, das die Bundesregierung unter dem Titel „Wachstumsstimulierung“ vorlegt. Das ist inzwischen schon das dritte angebliche Wachstumspaket. Das heißt, die ersten beiden waren unzureichend, denn dann wür­den wir jetzt kein drittes brauchen. In Wirklichkeit ist auch dieses Gesetz weit davon ent­fernt, ein Manifest einer wirklich durchstrukturierten Wirtschaftspolitik zu sein. Es ist vielmehr eine Aneinanderreihung von Einzelmaßnahmen, und man braucht kein stu­dierter Ökonometriker zu sein, um zu erkennen, dass da die Multiplikatoreffekte relativ gering sein werden. (Zwischenruf der Abg. Lentsch.)

Ich habe es studiert. Ökonometrie kann man studieren. Das ist eine Fachrichtung an der Wirtschaftswissenschaftlichen Universität. Aber gut, möglicherweise haben Sie das nicht gewusst.

Also man braucht kein Ökonometriker zu sein, um zu sehen, dass da die Multi­plikatorffekte relativ gering sein werden. Mein Kollege Moser hat sie regierungs­freund­lich mit 0,3 Prozent eingeschätzt, aber ich glaube, dass sie noch geringer ausfallen werden. Aber wie dem auch sei, es sind dann umso mehr Placebos drinnen.

Wo der große Wachstumsschub beispielsweise bei den Mautsheriffs der ASFINAG sein soll, würde mich schon auch interessieren.

Auch was die Nachwuchsförderung für die Fußball-Europameisterschaft 2008 betrifft, für die wir natürlich alle sind, muss ich sagen: Das in ein Wachstum- und Stand­ortgesetz hineinzuverpacken, ist schon sehr ambitioniert. (Ruf bei der SPÖ: Gewagt!)

Weil das Lämpchen bereits leuchtet, nur noch ein paar Worte zum Herrn Vizekanzler, der ein Zitat von Wilhelm Busch hier gebracht hat, in dem Argwohn und Sauerkraut vorkommen: Bitte, das Sauerkraut haben Sie selbst in die Fächer der Abgeordneten geliefert, nämlich die Fortschreibung des österreichischen Stabilitätsprogramms, denn darin gestehen Sie selbst ein, dass die wirtschaftliche Situation noch immer sehr be­denklich ist, weil Sie zum Beispiel schreiben – und das steht dem entgegen, was Sie behauptet haben (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Gorbach); nein, auf Öster­reich bezogen –, dass in Österreich die Investitionen bis jetzt rückläufig waren. Das steht so in Ihrem eigenen Papier!


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In diesem Ihren Papier steht auch, dass – und das stimmt auch – die Erfolge der Netto­exporte für den geringen Wachstumsschub, den wir hatten, verantwortlich waren. Auf der anderen Seite befürchtet jedoch der Herr Finanzminister – so öffentlich geäußert –, dass der Euro geschwächt wird. Das passt mit der Stimulierung der Exporte nicht ganz zusammen. Im Übrigen hat das Wifo das selbst als paradox bezeichnet. Ich würde sagen, es ist nicht paradox, sondern diese Haltung ist in Wirklichkeit skurril.

Doch dann wird noch gesagt, der private Konsum werde in Zukunft das Wachstum sti­mulieren. Das bezweifle ich. Es steht nämlich auch in diesem Ihrem Papier, dass die Einnahmen aus der Einkommensteuer gesunken sind, dass sie aber verdienstvoller­weise durch die steigenden Lohnsteuereinnahmen kompensiert wurden. Wodurch da dann der private Konsum stimuliert werden soll, das steht wirklich in den Sternen!

Alles in allem: Dieses Wachstumspaket – wir werden trotzdem zustimmen, denn besser als gar nichts ist es doch, und es ist eben doch ein bisschen etwas – ist wirklich ein Bekenntnis zu Ihrer eigenen Ziellosigkeit in der Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

17.11

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. Eine Redezeit von 4 Minuten ist vorgeschlagen. – Bitte.

 


17.11

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heute zu beschließende Wachstums- und Standortgesetz ist die konsequente Fortsetzung konjunkturbeleben­der Maßnahmen, die diese Regierung setzt.

Ich darf Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem Ihnen von der Op­position, noch einmal in Erinnerung rufen, welche konjunkturbelebenden Maßnahmen im ersten und zweiten Konjunkturpaket beschlossen wurden – das nicht zuletzt deshalb, weil viele dieser Maßnahmen gerade jetzt beziehungsweise mit 1. Jän­ner 2004 wirksam werden.

Zuallererst zu nennen ist die Steuerfreistellung des jährlichen Einkommens bis 14 000 €, weiters die Lehrlingsprämie in Höhe von 1 000 €, dann die Anhebung des Forschungsfreibetrages beziehungsweise der Forschungsprämie, und auch die Fortsetzung der Investitionszuwachsprämie.

Zu Kollegem Kogler, der sagte, diese Investitionszuwachsprämie verleite den Un­ternehmer dazu, im Jahr davor nichts zu investieren, aber im nächsten Jahr schon, um die Investitionszuwachsprämie zu lukrieren, muss ich feststellen: Das ist schlichtweg unrichtig! Wenn man in mehreren aufeinander folgenden Jahren diese Prämie in Anspruch nehmen kann, so greift doch dieses Argument überhaupt nicht.

Meine Damen und Herren! Was für unsere Unternehmer ganz wichtig ist, ist der Um­stand, dass jetzt im Dezember die 13. Umsatzsteuervorauszahlung nicht mehr geleistet werden muss, die für die österreichischen Unternehmer eine ungeheure Liquiditäts­belastung darstellte. Diese Regierung hat also diese 13. Umsatzsteuervorauszahlung endlich abgeschafft!

Der Aufzählung dieser positiven Maßnahmen kann man noch den Bildungsfreibetrag hinzufügen. Mit all diesen Maßnahmen gehen natürlich Verwaltungsvereinfachungen einher. Gerade das Finanzministerium hat den Datenaustausch – so rasch wie kein anderes Ministerium! – auf elektronische Basis gestellt. Da ich in meinen Zivilberuf Steuerberaterin bin, weiß ich das ganz besonders zu schätzen, bleibt uns doch dadurch enorm viel an Bürokratie erspart. In diesem Wachstumspaket ist auch fest-


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gelegt, dass in Hinkunft die Steuererklärungen – und da als erster Schritt die Einkom­mensteuererklärung – auf elektronischem Wege erstellt werden.

Abschließend, Herr Kollege Moser, möchte ich kurz auf Ihre Ausführungen eingehen, die übrigens diametral zum Redebeitrag des Kollegen Hoscher waren, der sagte, dass die Opposition sehr wohl Vorschläge eingebracht habe. Dazu darf ich sagen: Ja, aber diese Vorschläge waren indiskutabel (Abg. Silhavy: Dann lehnt sie ab!) beziehungs­weise – und noch einmal – diese Vorstellungen wurden, was beispielsweise die Ge­gen­finanzierung anlangt, keineswegs seriös dargestellt. (Weiterer Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Sie sagen, wir brauchen eine „Wachstumsmaschinerie“ – und da, Herr Kollege Moser, gebe ich Ihnen im Prinzip Recht; wir von den Regierungsparteien beschließen eine solche. – Sie aber sind uns Vorschläge schuldig geblieben.

Sie, Herr Kollege Moser, zitierten: Wenn die Einsicht spät kommt, dann wird es schwie­riger! – Da gebe ich Ihnen auch vollkommen Recht, denn das waren genau die Schwie­rigkeiten, die diese Regierung bewältigen musste! Sie von der SPÖ waren nie ein­sichtig genug, einer Pensionssicherungsreform zuzustimmen. Sie waren nie einsichtig genug, um einer ÖBB-Reform zuzustimmen.

Daher haben Sie, Kollege Moser, mit dieser Feststellung vollkommen Recht. – Wir von der Regierung aber nehmen diese Verantwortung und Arbeit gerne auf uns. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.15

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

 


17.15

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Meine Kollegen Kogler und Grünewald haben bereits ausführlich dargestellt, warum dieses so genannte Wachstumspaket diesen Namen keinesfalls verdient.

Ich möchte speziell zwei Dinge herausgreifen, möglicherweise noch ein drittes: Speziell im Bereich der Nationalstiftung ist das, was an so genanntem fresh money, also zu­sätzlichem Geld, zur Verfügung steht, nachgewiesenermaßen sehr wenig. Die 95 Mil­lionen €, die der Herr Minister zuvor genannt hat, sind nämlich tatsächlich ein Höchst­betrag. Auch Gouverneur Liebscher sagte, das werde sich im Bereich zwischen 65 Mil­lionen € und 95 Millionen € bewegen. Das heißt, dass es sich eigentlich auch um einen sehr viel geringeren Betrag, der da zur Verfügung steht, handeln kann.

Alle Expertinnen und Experten sind sich einig darüber, dass mit dieser Initiative das Ziel einer 2,5-prozentigen Forschungsquote ganz sicher nicht erreicht werden kann. Das Wifo, das heute schon mehrmals – auch von den Regierungsfraktionen – so po­sitiv zitiert wurde, sagt, dass da mindestens 1,3 Milliarden € fehlen, von denen Sie maximal 300 Millionen € aufbringen. Das heißt, selbst bei hoher Hebelwirkung, die man sich ja einmal wünschen kann, ohne zu wissen, ob sie stattfinden wird, ist dieses Ziel mit den derzeitigen Maßnahmen nicht erreichbar.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sburny, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend unzu­reichende Bereitstellung von Geldern für Forschung und Entwicklung

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, zusätzlich zu den 75 Millionen € aus dem Gewinn der Notenbank und den noch nicht verfügbaren Geldern aus dem ERP-Fonds konkrete Vorschläge für weitere Mittel, die für die Forschung und Entwick­lung zweckgewidmet werden können, zu machen.

Weiters wird der Bundesminister für Finanzen aufgefordert, die einzelnen Alternativen darzustellen und die budgetmäßige Auswirkung deren Verwendung darzustellen, um so eine Entscheidungsgrundlage für die weitere Zweckwidmung von Geldern für For­schung und Entwicklung zu generieren und durch die Entscheidung für zusätzliche Mittel sicherzustellen, dass das Regierungsziel einer Forschungsquote von 2,5 Prozent bis 2006 auch tatsächlich erreicht werden kann.

*****

Ein zweiter Bereich, der uns hier wichtig zu sein scheint, sind die Forschungs­freibeträge. Wir halten grundsätzlich einen steuerlichen Anreiz für zusätzliche For­schungs­ausgaben für eine sinnvolle Maßnahme. Die Betonung liegt allerdings auf dem Wort „zusätzlich“.

Da hat es schon einen Sinn, sich anzuschauen, wie Sie tatsächlich das Gesetz ver­ändern. Was Sie nämlich verändern, sind die Voraussetzungen für den 25-prozentigen Forschungsfreibetrag in zweierlei Weise:

Einerseits werden die Notwendigkeit des Patents und der Nachweis volkswirtschaft­lichen Nutzens nicht mehr verlangt, was wir für sinnvoll halten, weil das eine sehr willkürliche Einschränkung ist. Was Sie aber bei dieser Gesetzesänderung auch machen, ist, dass Sie definitiv die Ausnahme streichen. Das heißt, Sie lassen zu, dass in Zukunft auch Verwaltungs- und Vertriebskosten sowie Aufwendungen für Wirt­schafts­güter des Anlagevermögens geltend gemacht werden können. Doch das be­deutet tatsächlich, dass es möglich ist, dass diese Gelder unter dem Titel „For­schungsfreibetrag“ in Wirklichkeit eine Investitionsförderung sind, die in keiner Weise sicherstellt, dass zusätzliche Forschung betrieben wird.

Sie stellt zwar schon sicher, dass die Forschungsquote steigt, was in Ihrem Sinne ist, aber sie stellt aber nicht unbedingt sicher, dass zusätzlich geforscht wird, denn im Extrem­fall kann das heißen, dass eine große Firma, die heute schon große For­schungsaufwendungen hat, zusätzlich zum Beispiel für Gebäude oder Ähnliches Ab­schreibungen machen kann, dafür Freibeträge erhält, aber nicht mehr forscht als sonst. Doch das kann wohl nicht im Sinne des Erfinders sein. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das halten wir für möglich, aber das ist nicht unbedingt gesagt. Es wird viel von der Ver­ordnung abhängen, die noch erlassen werden muss. Sie liegt uns nicht vor, und wir können daher nur davon ausgehen, was derzeit im Gesetz steht.

Ich bringe daher, um die Auswirkungen dieses Freibetrages auch überprüfen zu kön­nen, einen weiteren Entschließungsantrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sburny, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Evaluierung der Auswirkungen der steuerlichen Begünstigungen für Forschung und Entwicklung in zwei bis spätestens drei Jahren

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, in zwei bis spätestens drei Jahren eine Evaluation gemäß internationalen Standards der Auswirkungen der Änderungen der steuerlichen Begünstigungen und deren Treffsicherheit durchführen zu lassen, um so Klarheit zu schaffen, inwieweit das angestrebte Ziel, dass in Österreich mehr ge­forscht wird, erreicht wurde und zu welchem Anteil und in welcher Höhe derzeit struk­turell benachteiligte Klein- und Mittelbetriebe von den steuerlichen Begünstigungen auch profitieren können.

*****

Da sich Herr Minister Bartenstein vorhin zu derartigen Evaluierungen, die die Aus­wirkungen betreffen, positiv geäußert hat, könnte man davon ausgehen, dass sich vielleicht auch die Regierungsfraktionen dazu überwinden, diesem Antrag zuzustim­men.

Ganz kurz noch ein Wort zu einem dritten Bereich in diesem schon genannten „Kraut und Rüben“-Gesetz, nämlich zum ASFINAG-Gesetz. Sie ändern das ASFINAG-Gesetz diesbezüglich, dass Sie sagen: Die ASFINAG wird ermächtigt, den zuständigen Be­hörden besonders geschulte Personen zur Betrauung als Organe der Straßenaufsicht vorzuschlagen. – Wir brauchen zusätzliche Kontrollen, das ist sicher. Wenn Sie sich allerdings anschauen, was das bewirken wird, was Sie machen, dann muss man sagen, dass im Ausschuss auf Antrag der Freiheitlichen der Zeitpunkt, zu dem das Gesetz in Kraft treten soll, nämlich der 1. Jänner 2005, herausgenommen wurde, sodass laut Verfassung dieses Gesetz sofort nach Bekanntmachung in Kraft tritt.

Was das für die Schulung von Personen bedeutet und wie es sich ausgehen soll, dass diese Personen in, sagen wir einmal, drei Monaten geschult werden in einem Bereich, der für alle, die sich in diesem Bereich auskennen, wirklich schwierig ist, das ist völlig dahingestellt. Das heißt, die Kosten für notwendige Gerätschaften der Kontrolltruppe sind nirgends bedeckt, die Ausbildung und Schulung ist stark verkürzt, und es gibt auch keinerlei Kriterien und Qualitätsmerkmale, die hiefür vorgesehen sind.

Das heißt, so wichtig eine Kontrolloffensive auch ist: Ohne Geräte, ohne hohes Niveau dieser Ausbildung wird daraus nichts werden. Sie öffnen bei dieser Gelegenheit die Tür für die Privatisierung der Polizei im hochrangigen Straßennetz, und das geht aus un­serer Sicht weit über das Ziel hinaus. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

17.22

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich stelle fest, dass die beiden Entschließungsanträge von Frau Abgeordneter Sburny ordnungsgemäß eingebracht wurden. Ich bitte Frau Abgeordnete Sburny noch, kurz zu mir zu kommen.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


17.22

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere Damen und Herren von der Opposition! Man kann alles kriti­sieren, und man kann natürlich sagen, es seien alle Mittel zu wenig. Aber da bin ich schon bei der Frage, die Herr Abgeordneter Matznetter aufgeworfen hat: Woher kom­men die Mittel?

Herr Abgeordneter Matznetter! Die sozialistisch dominierten Regierungen haben kein Geld hinterlassen, sondern nur Schulden. Deshalb ist es uns jetzt nicht möglich, das immer wieder zitierte Deficit Spending zu machen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter.) Wir können nicht mehr die Staatsschulden erhöhen, sondern – ganz im


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Gegenteil! – wir müssen weiter den Konsolidierungskurs fahren, denn sonst hätten wir auf alle Fälle das Staatsfiasko vor uns hätten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Den Vitamin­stoß, den Herr Abgeordneter Moser gefordert hat, könnten wir auch nur dann machen, wenn wir Deficit Spending machen könnten und wenn Reserven vorhanden wären. Aber das alles ist ja, wie gesagt, nicht der Fall.

Obwohl diese Bundesregierung den Konsolidierungskurs weiterfährt und gegen die Konjunkturabschwächung des vergangenen Jahres ankämpfen muss, hat sie jetzt dieses dritte Konjunkturbelebungspaket vorgelegt. Ich glaube schon, dass Sie das auch positiv quittieren sollten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, all das, was sozialistische Bundeskanzler, sozialistische Sozialminister und Wirtschaftsminister nicht gemacht haben, holt jetzt diese schwarz-blaue Bundesregierung auf! (Abg. Dr. Matznetter: Das war die erfolgreichste Politik einer Regierung ...!)

Wir haben – Herr Abgeordneter Matznetter, Sie wollen es nicht gerne hören, Sie wollen den Leuten gegenüber nur immer wieder etwas Negatives darstellen – eine ausge­zeichnete Leistungsbilanz. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wann macht ihr einmal etwas Positives? – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Seit zehn Jahren hat es keinen Überschuss in der Leistungsbilanz gegeben (Abg. Dr. Matznetter: Weil die Leute sich nichts mehr leisten können!) – jetzt gibt es ihn! (Abg. Mag. Kogler: Das ist ja eine Frage ...!) Wir haben ein gutes Wachstum; schauen Sie doch einmal über die Grenzen! Wir haben eine geringe Inflation; schauen Sie wieder über die Grenzen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Moser hat wieder gesagt, dass wir eine Rekord-Arbeitslosigkeit haben. – Ja, wir haben eine hohe Arbeitslosigkeit, damit sind wir auch nicht ein­verstanden. Aber vor fünf Jahren, Herr Abgeordneter Matznetter, als die Sozialisten den Sozialminister stellten, als sie den Finanzminister stellten, gab es eine genauso hohe Arbeitslosigkeit. (Abg. Dr. Matznetter: Nein! Das stimmt nicht!) Was ist ge­schehen? – Man hat versucht, gemeinsam die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das wird auch hier gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur haben wir damals all Ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit begrüßt, wogegen Sie das nicht tun. Sie erfreuen sich offensichtlich daran, dass Menschen arbeitslos sind. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Matznetter: Nein, wir fordern Maßnahmen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Unternehmensgründungen waren noch nie so hoch wie jetzt. Das heißt, dass auch Optimismus bei den Unternehmen vorhanden ist. 27 700 Unternehmensgründungen hat es im Jahr 2002 gegeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe leider nur eine sehr kurze Redezeit, möchte aber trotzdem festhalten, dass dieses Konjunkturpaket mittelfristig und auch kurzfristig wirken wird. Vor allem wird es die Konjunktur – sie ist ja Gott sei Dank im Anspringen – unterstützen und damit wieder Arbeitsplätze schaffen. Die vergangenen Wachs­tumspakete haben dazu geführt – das ist vom Wifo belegt worden –, dass es zu einem größeren Wirtschaftswachstum als in anderen Staaten gekommen ist. In Deutsch­land hingegen gibt es ein Nullwachstum, in der Bundesrepublik Deutschland ist eine Stagnation festzustellen.

Jetzt möchte ich noch auf ein paar Argumente eingehen. Herr Abgeordneter Matznetter bemängelt, dass das Geld von der Nationalbank kommt. Das ist teilweise richtig, aber bisher waren die Mittel nicht abgesichert. Jetzt hingegen sind das fixe Beträge, die für längere Zeit einen garantierten Betrag für die Bildung, für die Forschung ergeben.

Was Ihre ständige Forderung betrifft, Herr Abgeordneter Matznetter und die Damen und Herren von der SPÖ, man solle einen Investitionsfreibetrag statt einer Investitions­zuwachsprämie einführen, möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Beim Investitionsfrei-


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beitrag müssen Sie zuerst einen Gewinn haben, den aber nicht alle Unternehmungen machen. Deshalb ist es insbesondere für die Kleinbetriebe, Mittelbetriebe und auch für Betriebe, denen es nicht so gut geht, auf alle Fälle besser, die Investitionszu­wachs­prämie und nicht den Investitionsfreibetrag zu haben. Wir nehmen also Bezug auf die zugegebenermaßen schwierige Situation der Betriebe, und wir wollen die Betriebe stär­ken. Es hat sich immer wieder herausgestellt, dass gerade die klein- und mittel­stän­dische Wirtschaftsstruktur in Österreich dazu geführt hat, dass Arbeitsplätze ge­schaf­fen worden sind.

Insgesamt sollten Sie sich, so glaube ich, dazu durchringen, die positiven Aspekte die­ses Konjunkturpaketes auch im Hinblick auf die EU-Osterweiterung zu sehen und dies zuzugeben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.27

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


17.27

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär – ganz allein auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klubobmann Molterer, vielleicht sollten Sie ein bisschen mehr Koordinierungsarbeit in Ihrem Klub leisten. Während nämlich auf der einen Seite Kollege Auer gemeint hat, die Vorschläge der SPÖ, die im Finanzausschuss und im Budgetausschuss vorliegen, wä­ren zu umfangreich, sodass man sie vertagen muss, um sie zu diskutieren, sagt auf der anderen Seite die Kollegin Frieser, sie seien indiskutabel. Vielleicht könnten Sie das etwas besser koordinieren, damit Ihre ÖVP-Abgeordneten nicht so widersprüch­liche Aussagen tätigen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Der Finanzminister hat dem Finanzausschuss dieses Wachstums- und Standortgesetz vorgelegt. In diesem Gesetz versteckt ist auch eine Gesetzesänderung, die in diesem Ausschuss eigentlich überhaupt nichts verloren hat, nämlich eine Änderung des Aus­länderbeschäftigungsgesetzes. Zwar hat Minister Grasser nach eigenen Worten keine Ahnung von dem Gesetz, das hindert ihn aber nicht daran, es einzubringen. Er kann diese Änderung auch nicht begründen, weder sachlich noch überhaupt, weil er ja kein Experte ist, aber das hindert die kleine Koalition von ÖVP und FPÖ nicht daran, dem zuzustimmen, obwohl auch deren Vertreter das in keinerlei Art und Weise begründen konnten.

Was steckt eigentlich dahinter? – Wahrscheinlich hat Grasser eine Menge Freunde – von Magna oder anderen Firmen –, die im Rahmen ihrer Vorstandstätigkeit oder ge­schäfts­führenden Tätigkeit nach Österreich kommen und es als schikanös empfinden, dass sie, bevor sie zum Beispiel aus Kanada hierher kommen, zum Arzt gehen und sich bestätigen lassen müssen, dass sie nicht die Pest haben, oder dass sie unter­schreiben müssen, dass sie binnen kurzer Zeit Deutsch lernen und dass sie, wenn sie das nicht tun, Strafe zahlen müssen. Das empfinden sie als schikanös, und der Finanz­minister hat wahrscheinlich ein Einsehen, dass das wirklich schikanös ist.

Und es stimmt, ich halte das auch für schikanös. Es ist aber nicht nur für die Vor­stands­direktoren schikanös, sondern es ist für alle Menschen, die nach Österreich kom­men wollen, um hier zu arbeiten und zu leben, schikanös, was für eine Prozedur sie vom Fremdengesetz her durchmachen müssen! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Jetzt sind das aber Freunde, und Freunde muss man besonders behandeln, vor allem dann, wenn es besondere Freunde sind. Deswegen wird ein besonderes Gesetz, eine besondere Bestimmung gemacht. Jetzt sind sie nämlich besondere Schlüsselkräfte und haben ganz besondere Privilegien, nämlich die besten Privilegien von jeder ein-


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zelnen Gruppe in allen verschiedenen Gesetzesmöglichkeiten, die es gibt. Das sind insgesamt – ich habe es nachgezählt – 73 verschiedene Gruppen von Ausländern, die gesetzlich unterschieden werden.

Alle positiven Sachen aus diesen 73 Gruppen, davon die allerbesten, sind jetzt auf diese eine Gruppe, nämlich die Freunde des Finanzministers, konzentriert. Das führt zum Beispiel dazu, dass nicht nur ihre Kinder besser gestellt sind als die Kinder aller anderen Fremden hier in Österreich, sondern das führt auch dazu, dass diese Freunde ihre Kammerzofen, Chauffeure, Privatsekretärinnen et cetera hierher mitnehmen dürfen.

Diese Menschen sind dann hier in einer besonders eigenartigen Situation, in einer be­sonders bedauerlichen Situation. Ich würde das fast als modernes Sklaventum be­zeichnen, weil sie nämlich zwar hier für diesen einen Dienstgeber arbeiten dürfen, sie dürfen auch in alle Sozialversicherungssysteme einzahlen, zum Beispiel in die Arbeits­losenversicherung, aber sie werden nie Arbeitslosengeld bekommen, weil sie nämlich, sobald dieses Dienstverhältnis unterbrochen ist, ihr Aufenthaltsrecht verlieren und das Land verlassen müssen, sodass sie natürlich auch keinerlei Unterstützung in Form von Arbeitslosengeld oder dergleichen bekommen, und zwar auch vollkommen unabhängig davon, wie lange sie hier in diesem Land gelebt haben. Ob sie fünf Jahre, zehn Jahre oder nach länger hier waren, ist vollkommen irrelevant. Diese Menschen sind an diese eine Person gebunden und haben sonst keinerlei Chance, herzukommen.

Wir werden aus diesem Grund diese Passage – aber nicht nur diese – ablehnen, weil das einfach eine Art und Weise ist, wie nicht wirklich geholfen wird. Fragen Sie Kol­legen Auer, was wirklich das Problem ist: dass wir nach den jetzigen Gesetzen jene Men­schen, die herkommen wollen, die herkommen könnten und die unsere Wirtschaft brauchen würde – Sie, Kollege Auer, haben im Finanzausschuss ein wunderbares Beispiel dafür genannt –, nicht herholen können. Aber für diese Personen brauchen wir hier eine Verbesserung, und nicht dafür, dass irgendwelche Leute Kammerzofen mitnehmen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.32

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

 


17.32

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihr Augenmerk auf zwei Gesetze lenken, die im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes mit verhandelt werden, nämlich auf die No­vellierung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes und des Pensionskassenge­set­zes. (Abg. Öllinger: Jessas na!)

Es handelt sich um eine technische Veränderung, zu der wir durch die EU-Richtlinie zum Thema Geldwäsche angehalten werden. Diese Kassen unterliegen auch dem Bank­wesen, daher ist die Identität des in diese Kasse Einzahlenden festzustellen. Dies wird bei der Pensionskasse und noch viel stärker bei der betrieblichen Mitarbei­tervor­sorge selbstverständlich am Arbeitsplatz gemacht. Daher haben wir einen weiteren Verwaltungsaufwand vermieden, indem es jetzt möglich ist, den vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger im Zuge des Inkassos ohnehin festzustellenden Datensatz der zehnstelligen Sozialversicherungsnummer für diese Identifizierung zu verwen­den. – So weit, so gut zu dieser Maßnahme.

Ich möchte das Augenmerk aber auch darauf lenken, dass dies – so wie die gesamte Mitarbeitervorsorge und das Pensionskassensystem – ein weiterer Beleg dafür ist, dass der im Politischen manches Mal dargestellte Gegensatz zwischen dem Umlage-


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verfahren, also der so genannten ersten Säule, und der zweiten Säule in der Realität überhaupt nicht mehr existiert, sondern dass wir ein gesamtes Altersvorsorgesystem haben, in dem zugegebenermaßen über Jahrzehnte hinweg und viel zu lange in viel zu hohem Ausmaß nur auf die erste Säule gesetzt wurde. Jetzt garantieren sie zusammen in einem funktionierenden System der Private Public Partnership die Altersvorsorge. (Abg. Öllinger: Was? Funktionierend?)

Selbstverständlich ist nicht nur die erste Säule, sondern sind auch die zweite und die dritte Säule gesetzliche Säulen, sind mit Gesetz geregelt: der Einzahlungssatz, die Veranlagung, die Kapitalgarantie, die Aufsicht. Ich bin auch überzeugt davon, dass es einer Pensionskasse oder Mitarbeitervorsorgekasse wahrscheinlich nicht möglich wäre, über Jahrzehnte die Gelder, die Ihnen anvertraut sind, in nicht gewinnbringende Forst­güter zu veranlagen, wie es in der ersten Säule in der Vergangenheit da und dort passiert sein soll.

Daher ist dies ein weiterer Schritt, um das aufzubauen, was die Bevölkerung von uns erwartet: ein funktionierendes Altersvorsorgesystem im Mehrsäulensystem. (Abg. Öllinger: Funktionierend?) Ich kann es aus gutem Grund zum Beschluss empfehlen. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.35

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Tancsits, Sie haben mir richtig die Rutsche gelegt. (Abg. Mag. Molterer: Rutschen Sie nicht aus! Aufpassen, nicht ausrutschen!) Erstens, indem Sie das Augenmerk auf einen weiteren Bestandteil dessen lenken, was Sie als Kon­junkturpaket bezeichnen. (Abg. Mag. Tancsits: ... im Ausschuss aufpassen!)

Wo ist das Paket? – Das ist eine Restlverwertung, vom Ausländer­beschäftigungs­ge­setz bis zu Pensionskassen- und Mitarbeitervorsorgegesetz-Anpassungen. Was hat das, bitte, mit Konjunkturbelebung zu tun? Können Sie mir das erklären: Wenn jemand die Kammerzofe nach Österreich mitnimmt, wo liegt da der Beitrag zur Kon­junkturbelebung? Können Sie mir erklären, Herr Kollege Tancsits, worin der Beitrag von dem, was Sie jetzt gerade erklärt haben, zur Konjunkturbelebung liegt? (Abg. Mag. Tancsits: Herr Kollege Öllinger! Das ist ein anderes Gesetz, das gemeinsam ver­handelt worden ist!)

Wunderbar, das ist etwas, was im Bereich Pensionskassengesetzgebung beziehungs­weise Mitarbeitervorsorgesetz einmal mehr belegt, wie schlampig und wie schlecht Sie diese zweite Säule angegangen sind. Sie alle haben vermutlich in den letzten Tagen auch diese Mitteilungen ihrer Pensionskassen erhalten. (Der Redner hält ein Schrift­stück in die Höhe.) Es sind doch einige Abgeordnete herinnen, die in das neue System fallen und nicht nur von den alten Bezügen leben, und da wird es auch welche geben, die das durchgelesen haben. Sie werden bemerkt haben, dass das Schreiben schon da­mit anfängt, dass von der Pensionskasse Folgendes festgestellt wird: „Bei Ver­tragserrichtung wurden die künftig zu erwartenden Pensionsleistungen unter Annahme von Zinssätzen hochgerechnet. Diese Zinssätze“ – aufpassen, Herr Kollege Tancsits! – „die vom Finanzministerium genehmigt wurden, sind jedoch fiktive Zinssätze. Die tat­sächliche Entwicklung des Kapitalmarkts der letzten Jahre konnte diesen Erwartungen allerdings nicht gerecht werden.“

Ja wie traurig, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) Wir herinnen werden es aushalten, Herr Staatssekretär, das


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ist möglich, aber diejenigen draußen, die mit ihren niedrigen Euro-Einzahlungen diese Pensionskassen mit finanzieren, können es nicht aushalten, wenn es eine Differenz zwischen der fiktiven Zinsfestsetzung und den realen Zinserwartungen gibt. Ich bin ja schon neugierig darauf, wie Kollege Ikrath mir hier wieder zu beweisen versuchen wird, dass es in den nächsten Jahren ohnehin aufwärts gehen wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Daher frage ich mich – ich bleibe noch bei diesem Schreiben –: Warum muss dann, wenn jetzt das Vermögen in eine Pensionskasse übertragen wird, wenn in eine kon­servative Veranlagung übertragen wird, weil die Politik, weil nämlich Sie als Re­gie­rungsparteien Ihrem Auftrag nicht gerecht geworden sind und Sie den Leuten die Unwahrheit über die zu erwartenden Gewinne gesagt haben, der Finanzminister als Erster die Hand aufhalten und bei einer Übertragung 25 Prozent des Kapitals kas­sieren? Können Sie mir erklären, warum der Finanzminister derjenige sein muss, der dann, wenn die Leute konservativer veranlagen wollen, auch noch derjenige ist, der kassiert? – Punkt eins.

Punkt zwei: Was Sie nicht erwähnt haben, Herr Kollege Tancsits, ist, dass wir mit diesen Änderungen im Pensionskassengesetz auch die Veranlagung in derivativen Instrumenten erleichtern. Erleichtern! Bisher weiß die österreichische Öffentlichkeit aber nicht, dass derivative Instrumente zwar ein Instrument des Kapitalmarkts unter vie­len sind, aber mit hohen Risken behaftet sind. Sie sind mit hohen Risken behaftet, denen Sie überhaupt nicht gegensteuern können und auch nicht wollen, außer dass Sie das Portefeuille, in dem veranlagt werden kann, eingrenzen. Aber Sie wissen ge­nauso gut wie ich, dass nicht zuletzt im Jahr 1994 ein riesiger amerikanischer Pen­sionsfonds genau in dieser Veranlagung, in derivativen Instrumenten, eingegangen ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) Er ist eingegangen!

Wir alle wissen, dass die Kapitalmengen, die über die Pensionsfonds jetzt auch in Österreich angehäuft und international veranlagt werden, in den nächsten Jahren noch zunehmen werden. Umso schwieriger wird es dann auch. Aber nur deshalb, weil Sie den fiktiven Zinssatz, den Sie den Leuten versprochen haben, nicht einhalten können, aber in Zukunft wenigstens annähernd erreichen wollen, gehen Sie noch mehr als bisher in derivative Veranlagungen, und das ist ein fataler Fehler, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich betone: Das ist ein fataler Fehler!

Auf der einen Seite sagen Sie den Leuten in diesem Brief: Ihr müsst am besten in kon­servative Veranlagungen gehen, in Obligationen anlegen, das ist besser! Da bekommt Ihr wenigstens einen niedrigen Zins einigermaßen garantiert! – Sie sagen allerdings kaum dazu, dass der Finanzminister der Erste ist, der, wenn man das tut, die Hand aufhält und sagt: Danke, da bediene ich mich dabei! Wenn die Leute aber bei ihrer Veranlagungsform bleiben, dann treiben Sie sie beziehungsweise die Pensionsfonds, Pensionskassen und Mitarbeitervorsorgekassen in derivative Veranlagungen.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass Sie genau das zu Beginn der Ver­anlagung und der Einrichtung von Pensions- und Mitarbeitervorsorgekassen aus­schließen wollten. Es hieß: Nein, das tun wir nicht! – Jetzt sind Sie aber genau dort angelangt. Auf den Hund gekommen, sagt man dazu. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.41

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann ist der nächste Redner. – Bitte.



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40. Sitzung / Seite 167

17.41

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Wir alle wissen, dass wir einer inter­nationalen Entwicklung nicht generell entgegenwirken können und diese umdrehen können, aber wir wissen auch, dass wir auf nationaler Ebene Maßnahmen setzen kön­nen, die eine Verbesserung der Situation bewirken, so wie das auch in der Vergangen­heit bereits mit den Konjunkturpaketen I und II geschehen ist.

Es kann auch sicherlich nicht von einer Vernebelungsaktion die Rede sein, wie es sei­tens der Grünen geheißen hat, sondern es sind ganz klare Maßnahmen, die hier er­griffen werden, wie beispielsweise die Fortführung der Investitionszuwachprämie, eine Ver­längerung von 2003 auf 2004. Es werden Anreizsysteme für Investitionen geschaf­fen. Es gibt eindeutig mehr Mittel für die Forschung. Auch der Herr Vizekanzler hat es gesagt: Das Ziel ist eine Forschungsquote von 3 Prozent bis zum Jahr 2010, wobei als Etappenziel 2006 mit 2,5 Prozent genannt wurde. Das wird wohl auch eingehalten werden, sehr geehrte Damen und Herren! Klein- und Mittelbetriebe werden entspre­chend gefördert, und auch die Exportförderung wurde angesprochen. Der Vizekanzler hat ebenso die Investitionen in den Infrastrukturbereich angeführt, die zu diesem Zeit­punkt verstärkt eingesetzt natürlich auch einen entsprechenden Impuls zur Wachs­tumsverstärkung auslösen.

Die Opposition stellt – wie könnte es anders sein – die Wirkung dieser Maßnahmen in Frage. (Abg. Mag. Kogler: Nicht wir stellen das in Frage, Minister Bartenstein hat das in Frage gestellt!) Das Wifo rechnet beispielsweise eine Steigerung, eine Wirkung von 0,5 bis 0,75 Prozent aus. Kollege Moser hat mit seinen Berechnungen, die er hier kundgetan hat – natürlich kann er die Details hiezu nicht angeben – 0,3 Prozent ermit­telt. Anzumerken ist, geschätzte Damen und Herren, dass diese Maßnahmen zu­sätzliche Maßnahmen sind, die hier getroffen werden – zusätzliche Maßnahmen zum ersten Schritt der Steuerreform 2004.

Gestatten Sie mir abschließend eine Bemerkung: Ich bin froh, dass wir auf Grund der gemachten Hausaufgaben dieser Bundesregierung die Möglichkeit haben, den Spiel­raum, solche Maßnahmen zu setzen, nutzen können, ohne die Stabilitätskriterien zu verletzen.

Abschließend – last but not least – noch ein Wunsch: Es wäre durchaus einmal an­ge­bracht, hier vom Rednerpult aus nicht Missmut zu verbreiten und ein Schlechtmachen zu betreiben, sondern etwas Optimismus auszustrahlen. (Abg. Gradwohl: Das ist bei dieser Regierung aber schwer!) Wir wissen, dass das Vermitteln von Zuversicht wichtig ist und dass die Wirtschaft stimmungsabhängig ist. Sie sollten unserem Beispiel folgen: Wir bemühen uns jedenfalls, Zuversicht auszustrahlen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das haben Sie auch schon einmal besser gemacht!)

17.45

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Bauer ist der nächste Redner. – Bitte.

 


17.45

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Zuerst einmal möchte ich feststellen, dass natür­lich ein Wachstums- und Standortgesetz und auch die Konjunkturpakete I und II punktuell immer unsere Zustimmung gefunden haben, weil sie eine Belebung der Wirtschaft intendiert haben, wobei ich allerdings auch meine, dass da durchaus auch Kritik hinsichtlich der Größenordnung und der Zielrichtung anzubringen ist. Wenn ich mir die heutige Vorlage ansehe, so kann ich sagen: Wir werden wieder punktuell


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unsere Zustimmung geben und durchaus auch Erfreuliches feststellen, ein positives Signal bei der F&E-Quote beispielsweise geben. Es ist ja unbestritten, dass wir diese erhöhen müssen, und ich denke, darüber besteht ja auch kein Zweifel, dass wir in diesem Bereich Anstrengungen unternehmen müssen. Das betrifft genauso den For­schungsfreibetrag oder die Verlängerung der Investitionszuwachsprämie, wenngleich uns die Investitionsfreibetragsregelung besser gefallen hätte. Das sind Dinge, die in eine richtige Richtung gehen! (Abg. Mag. Ikrath: So ist es!) Das bezieht sich auch auf die Infrastrukturinvestitionen.

Aber wir müssen, meine geschätzten Damen und Herren, doch auch feststellen, dass die Konjunkturpakete I und II von den Regierungsparteien gar nicht so gerne ver­abschiedet worden sind. Erst auf Drängen der SPÖ und von der Entwicklung erzwun­gen mussten die Konjunkturpaket I und II verabschiedet werden. Heute redet man von Evaluierung und ist stolz darauf, dass drei Viertel des Wachstums auf diese Kon­junkturpakete zurückzuführen sind. Ich frage, warum das nicht für das jetzige Kon­junkturpaket in gleicher Weise gelten soll. Daher sind die Größenordnungen, die hier zum Ansatz kommen, einfach zu gering, denn wenn man Konjunktur erzwingen will, dann braucht man bestimmte zusätzliche Ausgaben und nicht nur kosmetische Übun­gen. Das meinen jedenfalls wir, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Bundesminister Bartenstein hat gemeint, dass wir uns im Hinblick auf Wachstum so in etwa gleichauf mit den anderen Ländern und auf EU-Ebene bewegen. Ich muss sagen: Das trifft nicht ganz so zu, denn wir befinden uns in den Prognosen immer unter dem EU-Durchschnitt, und zwar sowohl was die Herbstprognose der EU betrifft als auch die der OECD, und das schmerzt uns, meine geschätzten Damen und Herren.

In Wahrheit ist die Wirtschaftsbilanz keine sehr erfreuliche, denn auch andere Kom­mentatoren stellen fest, dass der Ausverkauf in Österreich weitergeht, eine hohe Abga­benquote, kaum Entbürokratisierung und die höchste Arbeitslosenquote in der Zweiten Republik festzustellen sind. Das ist keine echte Reformpolitik!

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Bauer, eine Sekunde! – Ich schaue geradeaus und sage: Bitte keine Handys! Ich schaue dabei gar nicht in eine bestimmte Rich­tung. – Setzen Sie fort!

 


Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (fortsetzend): Es ist doch so, dass diese schwache Entwicklung der Inlandskonjunktur vor allem darauf zurückzuführen ist, dass die Masseneinkommen zurückgegangen sind. Daher ist ja die Forderung der SPÖ nach Vorziehung der Steuererleichterung doch eine berechtigte. Ich zähle hier nur auf: 2001 sind die Masseneinkommen um 2,4 Prozent zurückgegangen, 2002 um 2,7 Pro­zent, und heuer werden die Masseneinkommen um 2,8 Prozent zurückgehen, und für das Jahr 2004 wird eine Verringerung der Masseneinkommen um 2,9 Prozent voraus­gesagt.

Das ist die Ursache, warum die Inlandskonjunktur nicht so anspringt, wie sie ansprin­gen sollte. Wenn ein Konjunkturpaket wirklich wirksam werden sollte, dann würden wir 1,35 Prozent brauchen. Tatsächlich macht aber dieses Paket nach den eigenen Anga­ben der Regierung nur 0,25 Prozent aus. Das heißt, in Wirklichkeit ist das ein zu ge­ring­fügiges Paket für eine Belebung. Das ist unsere Kritik, und sie ist, wie ich meine, vor allem im Hinblick auf die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt auch eine sehr be­rechtigte. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Satz möchte ich, geschätzte Damen und Herren, hier noch anfügen, weil immer die Schulden erwähnt werden – es ist eine Platte, die schon Sprünge hat –, und eine Klar­stellung treffen: Wir hatten im Jahre 2001 einen Schuldenstand von 142 Milliar­den €, im Jahre 2002 einen solchen von 146 Milliarden €. (Abg. Mag. Molterer: Wie viel Prozent sind das vom BIP?) Das sind 67,5 Prozent beziehungsweise 67,6 Prozent


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vom BIP, und das ist die Berechnung des Rechnungshofs. Ich meine: Bei einer Rest­laufzeit einer Finanzschuld von 5,5 Jahren kann man wahrlich nicht immer auf weit zurückliegende Jahre zurückgreifen, wo doch die Alleinregierung 1983 geendet hat. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Aber zumindest mitverant­wor­ten müssen Sie das schon!)

17.50

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


17.50

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben heute mit dem Beschluss der EU-Erweiterung eine wirklich historische Stunde erlebt. Es ist sicher großartig, in einem solchen Augenblick Parlamentarier sein zu dürfen. Mit der EU-Erweiterung sind für die österreichische Wirtschaft, für kleine und mittlere Unternehmen enorme Chancen, große Hoffnungen, aber natürlich auch gewisse Sorgen verbunden. So titelt etwa heu­te der „Kurier“: „Bangen vor der EU-Erweiterung. Kleine Betriebe oft noch skeptisch.“ – Es sind Betriebe unter 20 Mitarbeitern in den Grenzregionen, die da besonders besorgt sind.

Genau da setzt jetzt unter anderem das Wachstumspaket der Regierung an und fördert diese Unternehmensgruppe, indem sie massiv und sehr gezielt die Umsetzung von Mo­dernisierungs- und Erweiterungsinvestitionen ebenso wie Unternehmungsgründun­gen und Unternehmensausweitungen unterstützt. (Abg. Mag. Kogler: Ein Sorgenpa­ket!) Diese Maßnahmen eröffnen in diesen sensiblen Regionen auch die Möglichkeit, Arbeitsplätze zu sichern und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen.

Wie machen wir das? – In diesem Paket enthalten ist das Programm „Fit für die EU-Erweiterung“ mit einer Konzentration und Bündelung von Förderungsmaßnahmen, wie etwa 150 Millionen € zinsengünstige Kredite aus dem ERP-Fonds. Sehr konkret, sehr klar. Kollege Kogler meint immer, irgendetwas werde vernebelt, aber in diesem Fall ist das doch geradezu sonnenklar.

Es werden zudem die Haftungsrahmen der AWS zur Verfügung gestellt. Es werden zu­sätzlich 15 Millionen € als Zuschussvolumen für Kreditfinanzierungen mit einem ex­zellen­ten Hebel, wie man aus der Praxis weiß, wenn man beruflich damit zu tun hat, und zusätzlich noch 10 Millionen € aus EU-Mitteln reserviert. Dieses Bündel ist sehr klug geschnürt, es ist auch sehr wirksam, und es werden gemeinsam mit dem geplan­ten Gewinnwertpapierbasket, der Risikokapital für KMUs finanziert, und dem Double Equity Garantiefonds der AWS genau jene Impulse gegeben, die die Unternehmen ermutigen, ihre Chancen im erweiterten Europa zu nützen. Damit beweist die Regierung einmal mehr, dass sie entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen in der Lage ist – dies im Kontrast zu den vorangegangenen SPÖ-verantworteten Regie­rungen. Sie gibt damit unseren tüchtigen Unternehmen die erforderliche Ermutigung und Hilfestellung, damit diese die Chancen der Erweiterung genauso zu nützen ver­stehen, wie sie bisher die Möglichkeiten in ihren Regionen genützt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.54

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


17.54

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Mein Beitrag zu diesem, wie mein Kollege


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Kogler schon gesagt hat, „Kraut- und Rüben-Gesetz“ wird die Behandlung der Artikel 4 und 7 sein beziehungsweise von Teilen davon.

Bei Artikel 4, der Änderung des Bundesfinanzgesetzes, geht es unter anderem um die Ausgliederung der Entwicklungszusammenarbeit, der Durchführungsorganisation aus dem Außenamt in die Austrian Development Agency. Das wird formell mit 1. Jänner geschehen sein, wird uns gesagt. Darüber, wie die Vorbereitungen tatsächlich stehen, gibt es leider keine parlamentarische Debatte, weil die Frau Außenministerin leider keine Zeit hat, das mit uns zu debattieren.

Aber was die Finanzen betrifft, so bestätigt die Vorlage dieses Bundesfinanzgesetzes jetzt neuerlich, was von grüner Seite bei den Ausgliederungen bereits immer wieder ge­sagt wurde, dass nämlich die parlamentarische Kontrolle über das Budget ein­geschränkt wird. Dinge, die bisher im Gesetz enthalten waren – also welche Bereiche im Detail gefördert werden –, entziehen sich ab 2004 unserer Kontrolle. Das ist einer der Kritikpunkte auch bei dieser Ausgliederung. Ich habe zum Beispiel von meiner Kollegin Moser gehört, dass es bei der Lebensmittelagentur ähnlich war. Alle diese Agenturen werden der parlamentarischen Kontrolle, zum Beispiel was das Bud­get betrifft, entzogen. Wir haben keine Übersicht mehr. Das ist ein Kritikpunkt, den ich hier, weil das von Ihnen wohl so beschlossen werden wird, anbringen möchte.

Ein zweiter Punkt dazu: Gerade im Bereich Entwicklungszusammenarbeit war es nicht so, dass wir bisher zufrieden gewesen wären. Nicht nur von uns Grünen, sondern auch von diversen NGOs und im Außenministerium selbst gab es Stimmen, die gesagt haben, eigentlich müsste man dem Budget zusammengefasst entnehmen können, in wel­chem Ministerium was in der Entwicklungszusammenarbeit gemacht wird. Es ist nämlich nicht so, dass diese nur im Außenamt angesiedelt ist. Da gibt es die Nahrungsmittelhilfe im Lebensministerium, da gibt es die Katastrophenhilfe im Bun­deskanzleramt, da gibt es die internationalen Finanz-Institutionen im Finanzministe­rium. Das sind überall eigene Budgetposten. Nirgendwo – auch nicht gegenüber dem Parlament – gibt es eine Gesamtübersicht, wo man ersehen könnte: Was ist das Gesamtvolumen? Was sind die Gesamtausgaben?

Mit diesem Gesetz wird das, was wir sehen, noch weniger. Statt dass man her­ge­gangen wäre und gesagt hätte – auch im Zuge dieser Ausgliederung, wenn sie schon sein soll –: Wir fassen wenigstens einmal alle Bereiche aus all diesen Ministerien zu­sammen, wir machen das, was auch in der EU immer gefordert wird, nämlich eine ko­härente Entwicklungspolitik, nicht da ein bisschen und dort ein bisschen, sondern gemeinsam!, wird die Kontrolle über einen großen Teil des EZA-Budgets des Außen­ministeriums dem Parlament entzogen. Wir werden das dann nur mehr – hoffentlich! – über den Rechnungshof erfahren können und über die Berichte, die uns die Geschäfts­führung der ADA wohl auch vorlegen wird. Aber in dem Sinn, wie es eigentlich für solche Budgetposten notwendig wäre, dass nämlich das Parlament auch die Kontrolle hat, gibt es das nicht mehr. – Also das ist eine der Begründungen, warum wir diesem Ge­setzesblock, der hier zur Debatte und dann zur Abstimmung steht, nicht zustimmen werden.

Weiterer Punkt: Lassen Sie mich zum Artikel 7 kommen. Was das mit der Konjunk­turbelebung zu tun hat, frage ich mich auch, nämlich der Absatz und der Punkt des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, dass Ehegatten – Ehegattinnen wohl auch, nicht nur Ehegatten, wie es hier im Gesetz steht – und ausländische Bedienstete von so ge­nannten Schlüsselkräften auch die Möglichkeit haben werden, eben aus der Quote aus­genommen beschäftigt zu sein. (Abg. Bucher: Das ist schon so bei den Diplo­maten!)


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Ja, Herr Bucher, Sie meinen: Ja, ja, so soll es sein! Das Problem bei den aus­län­dischen Bediensteten ist, dass diese von der Schlüsselkraft, vom Arbeitgeber völlig abhängig sind. Es ist nämlich nicht so, dass sie, wenn sie zum Beispiel mit diesem Arbeitgeber nicht mehr einverstanden sind, kündigen und sich auf dem Arbeitsmarkt einen anderen Job suchen können. Das geht nicht! Die verlieren mit dem Verlust dieses Arbeitsplatzes auch ihre Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung in Österreich, und das führt – das sage ich jetzt mit diesem drastischen Ausdruck – zu sklaven­ähn­lichen, sklavinnenähnlichen Verhältnissen, denn viele dieser Hausangestellten sind ja Frauen.

Ich denke, dass das wohl nicht sein kann. Diese Personen zahlen noch dazu in die Arbeitslosenversicherung ein, können aber, wenn sie diesen Job verlassen wollen, wenn sie nicht mehr zufrieden sind, nicht weggehen und das Arbeitslosengeld be­zie­hen. Sie verlieren die Aufenthaltsgenehmigung, sie müssen Österreich verlassen.

Wir glauben, dass das sogar verfassungsrechtlich problematisch sein kann. Wir haben Bedenken in dieser Hinsicht und würden gerne von der Regierung wissen, ob das dies­bezüglich überprüft wurde. Vielleicht geben Sie uns Auskunft darüber. Ich befürchte aller­dings, dass Sie nicht überprüft haben, ob diese Regelung verfassungswidrig ist, nämlich die Regelung, dass Menschen, die in Österreich arbeiten und in die Arbeits­losenversicherung einzahlen, das Arbeitslosengeld dann nicht beziehen können, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren, weil sie sofort nach Verlust des Arbeitsplatzes das Land verlassen müssen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.59

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.00

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wachstum, Entwick­lung der Produktivität und das Pro-Kopf-Einkommen sind maßgeblich bestimmt durch Investitionen in Forschung und Technologie. Forschung und Entwicklung können sozu­sagen als Motor für die Wirtschaft angesehen werden. Gerade da hat Österreich in jüngster Vergangenheit massiv investiert und wird auch in Zukunft wirksame Maßnah­men setzen.

Zurzeit haben wir eine Forschungs- und Entwicklungsquote von ungefähr 2 Prozent, was im europäischen Durchschnitt liegt. Im Hinblick auf die Erweiterung der Euro­päischen Union und auch im Hinblick auf das Ziel, das wir im Jahre 2006 erreichen wollen, also eine F&E-Quote von 2,5 Prozent, sind große Anstrengungen und Verbes­serungen notwendig.

Ich begrüße daher ganz besonders die Maßnahmen der Regierung, nämlich, dass bis zum Jahr 2006 Sondermittel von über 600 Millionen € für Forschung und Entwicklung zur Verfügung gestellt werden, und die Einrichtung der Nationalstiftung, die eine nach­haltige – ich betone: nachhaltige! – Finanzierung von Forschungsinitiativen sichert. Das heißt, für die heimische Forschung stehen bis zum Jahr 2006 finanzielle Mittel von über einer Milliarde Euro zur Verfügung. Das ist ein Betrag für Forschung und Entwicklung, von dem man in der Forschungslandschaft unter einer SPÖ-Regierung wirklich nicht einmal zu träumen gewagt hätte.

In Österreich wird auch in Zukunft für Klein- und Mittelbetriebe im Bereich der For­schung und Entwicklung ein innovativer Standort zur Verfügung stehen. Gerade durch


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die steuerlichen Anreizsysteme werden die Forschungen sicher intensiviert und da­durch neue Impulse in diesem Bereich gesetzt werden.

Nicht nur die Förderungen und Anreizsysteme sind wichtig, sondern notwendig ist auch die Reform des Gesamtsystems der österreichischen Forschungsorganisation und der Forschungsförderung, die in allernächster Zeit in Angriff genommen wird, wodurch wiederum die Förderungen insbesondere auf die klein- und mittelständische Wirt­schafts­struktur in Österreich ausgerichtet sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die erhöhten Fördermittel, die steuerlichen Anreize und die Reformen im Bereich der Forschungsförderung zeugen von einer dynamischen Forschungspolitik dieser schwarz-blauen Regierung, durch die der Standort Österreich auch in Zukunft garantiert und abgesichert ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


18.03

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Vizekanzler! Sehr verehrter Herr Bundesminister! Frau Abgeordnete Lunacek, Sie haben die mangelnde Transparenz bei ausgeglie­der­ten Bereichen beklagt, insbesondere, dass man keine Abschlüsse sieht.

Alle Abschlüsse von ausgegliederten Bereichen sind ein Bestandteil des Bundes­rech­nungsabschlusses. (Abg. Mag. Lunacek: Aber nicht im Detail!) Also Sie sehen dort, wie die Bundesgebarung abgeschlossen hat, und auch für die ausgegliederten Be­reiche sehen Sie eine Vermögensbilanz und eine Gewinn- Verlust-Rechnung. Außer­dem werden über jeden ausgegliederten Bereich Geschäftsberichte geliefert. Es be­steht ein Finanz- und ein Fachcontrolling, sodass also diese Transparenz, deren Feh­len Sie heute beklagt haben, durchaus gegeben ist. Ich bin aber gerne bereit, Ihnen das auch einmal zu zeigen. – Danke schön.

18.04

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

 


18.04

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Es wurde heute schon mehrmals angesprochen: Kollege Kogler hat es „Kraut- und Rüben-Gesetz“ genannt, ich meine, es ist die Fort­setzung einer Unart dieser Bundesregierung, Sammelgesetze beziehungsweise Sam­melnovellen einzubringen, wo die Novellen eigentlich miteinander nichts zu tun haben, und daher ist das Ganze auch von der Behandlung her ein wenig schwierig. Deshalb wird es auch ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten in getrennten Abstimmun­gen dazu geben.

Vorrednerinnen und Vorredner der Regierungsfraktion waren voll des Lobes für die Vorgängergesetze, für das Konjunkturpaket I und das Konjunkturpaket II. Frau Abge­ord­neter Frieser hat beispielsweise die Lehrlingsprämien in höchsten Tönen gelobt. Allein, Kollege Bucher (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Gorbach), allein, Herr Vizekanzler, wenn Sie mir in den Rücken murmeln, wenn es wirklich so gut gelaufen wäre, wie Sie beziehungsweise ... (Vizekanzler Gorbach: Ich möchte Ihnen nur ein­sagen!) Einzusagen brauchen Sie mir nicht, ich bin noch in der Lage, selbst zu lesen und mir selbst ein Urteil zu bilden. – Wenn Sie beispielsweise oder der Herr Bundes­minister Bartenstein versuchen, das in den schönsten und schillerndsten Farben dar-


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zustellen, dann verstehe ich das ja, aber es geht weit ... (Bundesminister Dr. Barten­stein: Schillernd wie Ihre Krawatte!) – Meine Krawatte gefällt Ihnen? Das ist die Schüs­selsche Tierschutzkrawatte, Herr Bundesminister. (Heiterkeit. – Vizekanzler Gorbach: Mir gefällt vor allem Ihre Jacke! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich würde Ihnen empfehlen, Herr Bundesminister: Schauen Sie sich die Realität an! Wenn die Konjunkturpakete I und II wirklich so gut funktioniert haben, warum müssen wir dann jetzt 5 000 Lehrlinge, die noch immer keinen Lehrplatz haben, unterbringen? Wenn Sie als Wirtschaftsminister wirklich so wirtschaftsnahe unterwegs wären, dann hätten sie schon längst erkannt, dass es ein bisschen zu spät ist, im Dezember etwas zu beschließen, was eigentlich bereits im Frühjahr oder zumindest im Sommer dieses Jahres hätte beschlossen werden müssen, damit es wirken kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren, in Wirklichkeit natürlich ver­ständlich, dass Sie Ihre Arbeit loben, denn jeder Krämer lobt seine Ware, heißt das bei mir daheim – Kollege Scheuch gibt mir Recht –, nur für eine Bundesregierung, die für diesen Staat einzutreten hat, ist das ein bisschen wenig. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Genau! Wir sind ja keine Krämer!) Wenn man auf der einen Seite hergeht und sklaven­marktähnliche Zustände schafft, wie es im Artikel 7 vorgesehen ist, und auf der ande­ren Seite konjunkturbelebende Dinge herbeireden will, die in der Realität nicht statt­finden und nicht umgesetzt sind, dann ist das in Wirklichkeit ein Armutszeugnis. (Abg. Bucher: Das ist nachgewiesen!) Herr Kollege Bucher, es hilft dann auch gar nichts, wenn Sie es schönreden wollen, denn die Fakten werden sich dadurch nicht verän­dern, auch nicht mit Schalmeientönen und mit Weihrauchkesseln. (Abg. Bucher: Das sagt das Wifo! Das ist ja nicht von uns!)

Faktum ist: Diese Bundesregierung hat zwar zwei Konjunkturpakete beschlossen, die haben aber nicht gegriffen, jetzt schnürt sie ein drittes. Aber Sie haben noch immer zu wenig Mut, statt zu kleckern zu klotzen. Das wäre notwendig! (Beifall bei der SPÖ.)

18.07

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


18.07

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Erlauben Sie mir, dass ich zuerst einen Antrag der Abgeordneten Stummvoll, Prinzhorn und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird, in der Fassung des Berichtes und Antrages des Finanzausschusses, einbringe.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen, dass es Änderungen in der Berechnung der Mehrwertsteuer bei der Überführung von betrieblichen Aufwendungen in der Nutzung in die private Nutzung geben soll, und zwar geht es im Speziellen da­rum, den Berechnungszeitraum in der Überführung des Eigenverbrauches auf zehn Jahre umzustellen. Es geht auch um Aufbewahrungspflicht und Übergangsbestim­mun­gen.

Der Antrag ist damit ordnungsgemäß eingebracht, hoffe ich, und er wird auch verteilt, weil er relativ kompliziert ist.

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege, ich habe ihn noch nicht. Ich kann das noch nicht beurteilen. Aber wir werden sicher Ihrem Wunsch entsprechen. (Abg. Mag. Mol­terer: Er ist schon oben!)

 


Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (fortsetzend): Im Übrigen möchte ich auf fol­genden Punkt in meinen Ausführungen eingehen: Wir beschließen heute eine Position mit 5 Millionen €. Das ist kein besonders großvolumiger Posten, allerdings wird damit


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eine Wachstumsmaschine in Gang gesetzt. Wir wollen nämlich im Bereich der Ver­wendung von erneuerbaren Energieträgern, in der Verwendung von Biomasse aus dem Programm der ländlichen Entwicklung verstärkt die Errichtung von Spezialöfen fördern. Mit dieser Investition, mit dieser Summe von 5 Millionen € aus dem Bundes­budget setzen wir Mittel aus der EU in Bewegung, die in Summe ein Fördervolumen von 16 Millionen € bedeuten und ein Investitionsvolumen von 70 Millionen € bewirken werden.

Das ist aus mehreren Gründen sehr gescheit: Wir schaffen Nachfrage nach hochwer­tigen Leistungen in der Errichtung von Anlagen, wir schaffen nachhaltig Nachfrage nach Brennmaterial aus Biomasse, wir schaffen dauerhaft Arbeit in Österreich bei der Versorgung dieser Anlagen mit Biomasse, vor allem nähern wir uns damit den Kyoto-Zielen, weil wir den unnötigen Ausstoß von Treibhausgasen, speziell von CO2, ver­meiden.

Wir wissen, dass die fossilen Energieträger die Hauptschuld an der Erwärmung der Erde tragen und speziell an den zunehmenden Klimaextremen schuld sind. Wenn zum Beispiel in Südfrankreich in den letzten drei Tagen 300 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen sind, dann ist das eine Katastrophe. Wir hatten im Sommer eine Katastrophe, und wir hatten im letzten Jahr Katastrophen. Wir wissen, dass das Klima aus den Fugen geraten ist und dass wir handeln müssen.

Wir werden in Zukunft auch in der Frage des Verkehrs handeln müssen, und ich denke, dass es eine gute Strategie ist, die Sonne zu unserem Partner zu machen und Bioenergie einzusetzen, wo es möglich ist, bei der Raumwärme genauso wie im Verkehr, womit wir sicherlich auch viele Arbeitsplätze schaffen könnten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.11

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag, den Herr Abgeordneter Ing. Schultes vor­getragen hat, ist ausreichend unterstützt. Auf Grund seines Umfanges wird er ver­vielfältigt und steht dann mit zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher und Kollegen zum Antrag der Abgeordneten Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Kollegen gemäß § 27 des GOG betreffend ein Bundesgesetz, mit das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird, in der Fassung des Berichtes und Antrages des Finanzausschusses (325 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1) Die Ziffer 21 entfällt

2) Die Ziffer 23 lautet:

„23. § 12 Abs. 10 vierter Unterabsatz lautet:

‚Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zehntel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte.’“


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3) Die Ziffer 30 entfällt

4) Die Ziffer 45 lautet:

„Dem § 28 Abs. 22 wird folgender Abs. 23 angefügt:

‚(23) Die Änderungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten in Kraft:

1. Folgende Änderungen sind auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2003 ausgeführt werden bzw. sich ereignen:

§ 1 Abs. 1 Z 2, § 3 Abs. 2, § 3a Abs. 1a, § 4 Abs. 4, § 4 Abs. 8, § 6 Abs. 1 erster Satz, § 6 Abs. 1 Z 6 lit. d, § 6 Abs. 1 Z 8 lit. i, § 6 Abs. 1 Z 16, § 6 Abs. 1 Z 26, § 6 Abs. 2 erster Unterabsatz, § 10 Abs. 2 Z 1 lit. a und c, § 10 Abs. 2 Z 4 lit. e, § 10 Abs. 3, § 11 Abs. 1 erster Unterabsatz, § 11 Abs. 6 erster Satz, § 11 Abs. 9, § 12 Abs. 10 vierter Unterabsatz, § 12 Abs. 15, § 14 Abs. 1 Z 1 lit. a, § 17 Abs. 5, § 18 Abs. 2 Z 3 und 7, § 19 Abs. 2 Z 2, § 21 Abs. 8, § 22 Abs. 2 und Abs. 7 erster Satz, § 24 Abs. 1 erster Satz, § 24 Abs. 4 Z 2, Art. 11 Abs. 5, Art. 24 Abs. 1 lit. a.

2. Folgende Änderung ist auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach Ablauf des Tages, an dem das Gesetz im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, ausgeführt werden bzw. sich ereignen:

§ 6 Abs. 4 Z 7.

3. § 20 Abs. 2 Z 2 und § 26 Abs. 5 lit. a und e sind auf Einfuhren anzuwenden, für die die Einfuhrumsatzsteuerschuld nach dem 30. September 2003 entstanden ist.

4. § 11 Abs. 1a, § 12 Abs. 1 Z 3 erster Satz, § 18 Abs. 2 Z 4, § 19 Abs. 1b, § 19 Abs. 2 Z 1 lit. b, § 20 Abs. 1 zweiter Satz sind auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach Ablauf des der Veröffentlichung der Ermächtigung zu dieser Re­gelung gemäß Art. 27 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG im Amtsblatt der Euro­päischen Gemeinschaften folgenden Kalendermonates ausgeführt werden bzw. sich ereignen.

Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Wachstums- und Standortgesetzes 2003 können von dem der Kundmachung des genannten Bundes­gesetzes folgenden Tag an erlassen werden; sie treten frühestens zugleich mit den durchzuführenden Gesetzesbestimmungen in Kraft.’“

Begründung

Eine Ausweitung des Beobachtungszeitraumes des § 12 Abs. 10 UStG für Grund­stücke auf neunzehn Kalenderjahre und die Verlängerung der Aufbewahrungspflicht für Aufzeichnungen und Unterlagen, die Grundstücke betreffen, auf zweiundzwanzig Jahre erscheint nicht zweckmäßig.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein, nicht schon wieder!)

 


18.11

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Wirklich geschätzter Herr Präsident! Kolle­gen und Kolleginnen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Schätzen Sie die anderen nicht?) Die schaumgebremste Euphorie des Kollegen Schultes war berechtigt, und ich denke, Sie haben einen kritischen und realistischen Zugang zu dem, was diese Bundesregierung Konjunkturpaket III nennt. Dafür gab es heute schon viele Namen. Ich nenne es


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freundlicherweise ein Sammelsurium von punktuellen Maßnahmen, das nicht wirklich nachhaltig Wachstum bedeutet. Sie haben von einer Maschine gesprochen, Herr Kol­lege Schultes, ich denke, es würde ein funktionierender Motor mit entsprechender Ener­giezufuhr reichen, um in dieser Frage etwas weiterzubringen.

Zweiter Punkt: Es ist natürlich eine große Chance vertan worden. Erstens hat man seitens der Regierung keine Verhandlungsbereitschaft gezeigt und ist auf Vorschläge und Konzepte auch der Oppositionen und anderer kluger Menschen in Österreich nicht eingegangen. Das ist der erste Punkt. (Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Herr Kollege Bucher, okay, dann mache ich den Schlenker über Kärnten, wenn du mich dauernd ansprichst: Es ist auch eine große Chance für viele Bundesländer, insbe­sondere für das Bundesland, aus dem wir kommen, vertan worden. (Abg. Bucher: Arbeitsmarkt! Beschäftigung plus 2,6 Prozent!) Es ist eine Chance vertan worden, weil beispielsweise, Herr Kollege Bucher, im Kärntner Landtag ein Maßnahmenpaket des Landes Kärnten „Forderungen an den Bund“ einstimmig, mit den Stimmen aller drei Parteien, beschlossen wurde. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir halten halt zusammen in Kärnten!) Ja, wir halten zusammen und tun da heraußen nichts. Punkt! – Ganz kurz: Kein Euro für den Flughafen Klagenfurt, kein Euro für den Grenzlandförderungsfonds, kein Euro zur Sicherung des Nahverkehrs, kein Euro zur Kindergartenmilliarde, die Kärnten fordert, auch die FPÖ, kein Euro für die Aufstockung der Exekutive, kein Euro für die Lösung des Transitproblems in Kärntens. Ich kann das abkürzen: Kein Euro für das im Kärntner Landtag am 6. Februar 2002 einstimmig beschlossenen Forderungs­paket des Landes Kärnten an den Bund. (Abg. Wittauer: Fordern allein ist zuwenig!)

Wir bekommen allerdings – und deshalb rede ich von punktuellen, willkürlichen G’schich­terln – 1,6 Millionen € für die Seebühne. Ich werde die Kollegen der anderen Bundesländer nicht aufhalten. Sie wissen, das ist Loch Ness. Millionen sind an den Gestaden des Wörthersees versunken, weil der Herr Landeshauptmann das zu seinem Renommierprojekt machen wollte. Der Finanzminister hat gesagt: Ich kann nichts dafür, Morak hat es beantragt! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und der Ambrozy war bei der Eröffnungsfeier!)

Das ist nicht die Wirtschaftsförderung, das ist nicht die Nachhaltigkeit und auch nicht die Arbeitsplatzsicherung, die wir uns für Kärnten und auch für die Republik Österreich vorstellen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber der Ambrozy war bei der Eröffnungsfeier!)

Das Merkwürdigste ist: Dieser Konjunkturpaketmotor enthält eine halbe Seite Ausga­ben­einsparungen. Wissen Sie, was im Kunstbereich eingespart worden ist? –1,58 Mil­lionen € wurden eingespart, damit wir 1,6 Millionen € zur Loch-Ness-Millionen­steuer­mittel­versenkung an die Gestade des Wörthersees bringen. Kein Arbeitsplatz wurde dadurch geschaffen, kein Unternehmer kann davon leben. Das ist kein Motor, kein Input für die Wirtschaft. Das tut mir Leid.

Die SPÖ-Fraktion wird weiterhin eine Lobby für Kärnten sein und all diese Anträge in Form von Entschließungsanträgen hier einbringen. Ich baue auf Ihre Unterstützung! (Beifall bei der SPÖ.)

18.15

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gelangt Kollegin Edeltraud Lentsch. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen.)

 


18.15

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! (Weite-


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re anhaltende Rufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.) Sagt ihr, sie soll ruhig sein! – Das vorliegende Wachstums- und Standortgesetz ist der dritte große Aktions­plan dieser Bundesregierung.

Zuerst wurde das Budgetdefizit eingebremst, und das in einem äußerst schwierigen Umfeld, wie wir alle wissen – man braucht ja nur nach Deutschland zu schauen –, und dennoch gab es im Vorjahr in Österreich de facto ein Nulldefizit.

Danach haben wir die Finanzpolitik umgestellt. Die erste und die zweite Etappe der Steuerreform werden sowohl für Menschen mit kleinem Einkommen als auch für den Mittelstand viele Entlastungen bringen. Bis 2010 wollen wir unter die 40-Prozent-Marke bei der Abgabenquote kommen.

Nun liegt das dritte Konjunkturpaket für mehr Wachstum und für neue Arbeitsplätze vor. Es wird auf Grund dessen leichter sein, sich selbständig zu machen, und es gibt einen kräftigen Schub in Richtung Forschung. Zusätzlich werden wir auch die Steuern senken, und zwar so weit, dass es sich wieder lohnt, Risiko einzugehen, denn darum geht es ja schlussendlich, geschätzte Damen und Herren.

Unser Aktionsplan bedeutet aber auch einen Schub in Richtung Sozialpolitik, denn im Paket steckt auch eine Offensive für Pflegeberufe. Es wird ein Bildungsprogramm für Jugendliche und für ältere Menschen geben, und die Lehrlinge werden zusätzlich ge­fördert.

Geschätzte Damen und Herren! Die Voraussetzung für all das ist und war ein aus­geglichener Haushalt, ein ausgeglichenes Budget, denn sonst müssten wir den Bür­gern morgen mehr wegnehmen, als wir ihnen heute geben. Deswegen ist es gut, dass wir vorsichtig agieren, deswegen ist es gut, dass wir die Steuerreform in zwei Etappen eingeteilt haben, und deswegen ist es gut, dass wir die Steuern erst dann senken, wenn wir uns das leisten können, denn wenn wir das anders machen, dann geht das nicht gut aus. Denken Sie nur an die Finanzpolitik von Kreisky, denken Sie nur an die Lehrlingsoffensive von Klima, denken Sie nur an die ÖBB! – dort gab es ein Desaster nach dem anderen, und zwar immer dann, wenn man gemeint hat, dass die Regeln der Wirtschaft für die Politik nicht gelten.

Daher gibt es keine Alternative zum Weg unseres Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüs­sel. Geschätzte Damen und Herren von den Oppositionsparteien, sehen Sie das endlich ein, lassen Sie das Polemisieren und stellen Sie Ihre Parteipolitik hinter das Wohl und Interesse unseres Landes! Ihre Zwischenrufe sind notwendig wie Schnee im August. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

18.18

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Rednerliste hat sich jetzt durch einige Streichungen ein bisserl verändert. Nächste Rednerin ist Frau Mag. Lapp. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.18

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herren Minister! Wir be­handeln hier das Wachstums- und Standortgesetz. Als die Frau Kollegin Lentsch vor­hin davon gesprochen hat, dass der Weg des Bundeskanzlers Schüssel sehr wesent­lich und wichtig sei, dass diesen Weg alle Abgeordneten von Seiten der Regierungs­frak­tionen mitgehen wollen, ist mir das Bild eingefallen, dass die Lemminge auch immer ein und denselben Weg gehen, und der stürzt sie dann ins Verderben.

Ich muss sagen: Es kommt dieses Wachstums- und Standortpaket etwas spät, wir schreiben schon Dezember. Die Arbeitslosigkeit in unserem Land ist auf einem Höchst­stand, der sehr gefährlich ist für jene Menschen, die ihren Lebensstandard gar nicht mehr aufrechterhalten können.


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Da heute der 3. Dezember, der Tag der Menschen mit Behinderungen ist, möchte ich auch darauf verweisen, dass die Arbeitslosenzahl bei behinderten Menschen wieder über die 30 000 gekommen ist und dass von Seiten der Wirtschaft in Bezug auf den Kündigungsschutz wieder Vorstöße dahin gehend gemacht werden, dass der Kündi­gungsschutz für behinderte Menschen eingeschränkt werden sollte. Da wird immer wieder dieses stereotype Vorurteil weitergetragen, dass behinderte Menschen unkünd­bar seien. Genau das Gegenteil ist der Fall. Es gibt sehr viele Verhandlungen und Dis­kussionen bei einer Kommission, bei der dann eben auch Kündigungen gegenüber be­hinderten Menschen ausgesprochen werden.

Es gibt eine Vielzahl an Förderungen für ArbeitnehmerInnen, die behindert sind, aber auch für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen, damit sie behinderte Menschen einstellen. Diesbezüglich passiert von Seiten der Regierung sehr wenig. Ganz im Gegenteil: Es werden die altbackenen Hüte wieder umgestülpt, und es wird nicht darüber nach­gedacht, welche Politik dazu führen kann, dass behinderte Menschen viel stärker in die Er­werbstätigkeit kommen.

Es ist so, dass behinderte oder gesundheitlich beeinträchtigte Menschen zu 51 Prozent erwerbstätig sind, während die anderen, die nicht gesundheitlich beeinträchtigt sind, zu 72 Prozent erwerbstätig sind. Auch da wäre die Regierung gefordert, Initiativen zu ergreifen und wirksame Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.21

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


18.21

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Die derzeitige Situation im Bereich der Sicher­heit macht zusätzliche Maßnahmen und Mittel, auch zur Kriminalitätsbe­kämp­fung, notwendig. Deshalb darf ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen einbringen und dessen Eck­punkte kurz erläutern. Ich ersuche den Präsidenten, den Antrag im Sinne des § 53 Abs. 4 GOG zu vervielfältigen und zu verteilen.

Die Kernpunkte des Antrages sind: Eine Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2003 im Bereich der Strafverfolgungsmaßnahmen, eine redaktionelle Anpassung im Bundes­finanz­gesetz 2003. Weiters wird damit Vorsorge getroffen, der steigenden Kriminalität und dem derzeitigen Terrorismusbedrohungsbild wirksam begegnen zu können.

Ich ersuche, den Antrag in Verhandlung zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

18.22

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, wird wunschgemäß vervielfältigt und verteilt. Er steht mit zur Verhandlung, und danach wird darüber abgestimmt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Josef Bucher und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung (FTE-Nationalstiftungsgesetz) erlassen wird, das Einkommensteuergesetz 1988, das Bundesfinanzgesetz 2003 und das Bundes­finanzgesetz 2004 geändert werden, ein Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2003 bewilligt werden


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40. Sitzung / Seite 179

(Budgetüberschreitungsgesetz 200 – BÜG 2003), das ERP-Fonds-Gesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird, das Bundesgesetz über die vorüberge­hende sachliche Immunität von Leihgaben zu Ausstellungen der Bundesmuseen erlas­sen wird sowie das ASFINAG-Gesetz geändert wird (Wachstums- und Standortge­setz 2003) (313 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (324 der Bei­lagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1) Im Artikel 3 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2003) lautet in Ziffer 2 der Einlei­tungssatz:

„2. Im Artikel VI Abs. 1 wird der Punkt nach der Z 25 durch einen Strichpunkt ersetzt und werden als Z 26 bis 28 angefügt:“.

2) Im Artikel 3 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2003) wird in Ziffer 2 der Punkt am Ende der Z 26 durch einen Strichpunkt ersetzt und werden folgende Z 27 und 28 angefügt:

„27. beim Voranschlagsansatz 1/30208 bis zu einem Betrag von 3,6 Millionen Euro für steigende Kosten der Fernmeldeüberwachung, wenn die Bedeckung durch Ausgaben­einsparungen und/oder durch Mehreinnahmen sichergestellt werden kann;

28. beim Voranschlagsansatz 1/30308 bis zu einem Betrag von 5,9 Millionen Euro für die Versorgung der steigenden Zahl an Häftlingen in den Justizanstalten, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder durch Mehreinnahmen sicherge­stellt werden kann.“

3) Im Artikel 4 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004) wird vor der Ziffer 1 als Überschrift eingefügt:

„Artikel I“

4) Im Artikel 4 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004) lautet der Einleitungssatz in der Ziffer 5:

„5. Im Artikel VI Abs. 1 wird der Punkt nach der Z 23 durch einen Strichpunkt ersetzt und werden als Z 24 bis 42 angefügt:“

5) Im Artikel 4 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004) wird in Ziffer 5 der Punkt am Ende der Z 37 durch einen Strichpunkt ersetzt und werden folgende Z 38 bis 42 angefügt:

„38. bei den Voranschlagsansätzen des Ermessens der Unterteilungen 3 und 8 des Titels 110 und 117 bis zu einem Betrag von insgesamt 36 Millionen Euro für Maß­nahmen der verstärkten Kriminalität- und Terrorismusbekämpfung, wenn die Be­deckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder Mehreinnahmen sichergestellt wer­den kann;

39. beim Voranschlagsansatz 1/30208 bis zu einem Betrag von 5 Millionen Euro für stei­gende Kosten der Fernmeldeüberwachung, wenn die Bedeckung durch Ausgaben­einsparungen und/oder Mehreinnahmen sichergestellt werden kann;

40. beim Voranschlagsansatz 1/30303 bis zu einem Betrag von 5,6 Millionen Euro für die Errichtung von Haftraumkapazitäten, wenn die Bedeckung durch Ausgaben­ein­sparungen und/oder Mehreinnahmen sichergestellt werden kann;

41. beim Voranschlagsansatz 1/30308 bis zu einem Betrag von 7 Millionen Euro für die Versorgung der steigenden Zahl an Häftlingen in den Justizanstalten, wenn die Be­deckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder Mehreinnahmen sichergestellt wer­den kann;


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40. Sitzung / Seite 180

42. beim Voranschlagsansatz 1/40108 bis zu einem Betrag von 17 Millionen Euro für den Aufwand aus der Gemeinsamen Maßnahme der EU im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina sowie für den Aufwand aus der Verlängerung des Assistenzeinsatzes an der Grenze, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder Mehreinnahmen sichergestellt werden kann.“

6) Im Artikel 4 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004) erhalten in der Ziffer 10 die lit. h) und i) die Bezeichnungen „g)“ und „h)“.

7) Im Artikel 4 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004) entfällt in der Ziffer 11 bei den Ausgaben nach der Ausgabensumme 20 folgende Wortfolge samt Summen­be­trägen:

„Kapitel 60

 

Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

 

1/60003

43

Zentralleitung; Anlagen..................................................

              0,196

 

 

Summe 6000...

          83,844

 

 

Summe 600...

189,793“ 

sowie die Zeile „Summe 605 ... 71,154“.

8) Im Artikel 4 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004) erhält die in Ziffer 12 an­geführte Anlage die Bezeichnung „Anlage A“ sowie die aus der Beilage ersichtliche Fassung.

9) Im Artikel 4 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004) wird nach der Ziffer 12 fol­gende neue Ziffer 13 angefügt:

„13. Die Kapitel 11 und 30 im Teil II.A des Stellenplanes für das Jahr 2004 (Anlage II zum Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004) erhalten jeweils die aus der Anlage B er­sichtliche Fassung.“

10) Im Artikel 4 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004) wird nach der neuen Ziffer 13 folgender Artikel II samt Überschrift angefügt:

„Artikel Il

Dieses Bundesgesetz tritt am 1. Jänner 2004 in Kraft.“

Begründung:

Zu 1 und 2 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2003)

Durch die Fernmeldeüberwachung im Rahmen von Strafverfolgungsmaßnahmen sowie durch den stark gestiegenen Häftlingsstand in den Justizanstalten entstehen Mehr­ausgaben, die zusätzliche Mittel in Höhe von 3,6 Millionen Euro bzw. 5,9 Millio­nen Euro erfordern.

Weiters werden beim Ansatz 1/30307 Mehrausgaben von 0,2 Millionen Euro für die Arbeitslosenversicherungsbeiträge der Insassen erwartet, die gemäß § 41 Absatz 3 des Bundeshaushaltsgesetzes genehmigt werden können.

Zu Z 3, 6, 7, 8 und 10 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004):

Redaktionelle Anpassungen bzw. Berichtigungen.

Zu Z 4 und 5:

Die steigende Kriminalität und das derzeitige Terrorismus-Bedrohungsbild erfordern zusätzliche Maßnahmen im Bereich der Sachausgaben der Sicherheitsexekutive, um


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40. Sitzung / Seite 181

diesen Herausforderungen wirksam begegnen zu können. Dafür ist budgetär ent­spre­chend Vorsorge zu treffen.

Durch die Fernmeldeüberwachung im Rahmen von Strafverfolgungsmaßnahmen, durch die Errichtung von 160 zusätzlichen Haftplätzen in bestehenden Justizanstalten sowie durch den stark gestiegenen Häftlingsstand in den Justizanstalten entstehen Mehrausgaben, die zusätzliche Mittel in Höhe von 5 Millionen Euro, 5,6 Millionen Euro bzw. 7 Millionen Euro erfordern.

Im Zusammenhang mit der Errichtung zusätzlicher Haftraumkapazitäten ist eine Auf­stockung des Justizwachepersonals im Ausmaß von 50 Vollbeschäftigtenäquivalenten erforderlich. Daraus werden für 2004 Mehrausgaben in Höhe von 1 Million Euro erwartet, die gemäß § 41 Absatz 3 des Bundeshaushaltsgesetzes genehmigt werden können.

Zu Z 9:

Steigende Kriminalitätsentwicklung, massive zusätzliche Aufgabenerfüllungen der Exe­kutive (neue Erscheinungsformen im Bereich der organisierten Kriminalität, Verkehrs­überwachung, Schengen-Fahndung, Geldwäsche, u.dgl.) bzw. Maßnahmen im Gefolge des Anschlages auf das WTC vom 11.9.2001 in New York (Flughafenüberwachung, Staatsschutz, Terrorismusbekämpfung, etc.) machen eine Aufstockung im Planstellen­bereich 1170 „Sicherheitsexekutive“ um 150 E2b-Planstellen für die Gendarmerie erforderlich.

Der extreme Anstieg der Haftzahlen, der dadurch verursachte Überbelag, der höhere Aus­­länderanteil, der steigende Anteil psychisch schwieriger und kranker Insassen, die steigende Alkohol- und Drogenproblematik sowie steigende Aggressionsbereitschaft in den Haftanstalten erfordern eine Aufstockung des Exekutivpersonals im Planstellen­bereich „3030 Justizanstalten“ um 50 E2b-Planstellen.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

 


18.22

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Sehr geschätzte Damen und Herren! Jetzt ist mir leider Herr Kollege Auer entfleucht, auf eine seiner Bemerkungen muss ich nämlich replizieren: Er hat gemeint, eben weil die Voest verscherbelt worden sei, sei sie jetzt in der Lage, 2 Mil­liar­den zu investieren. – Falsch, Herr Kollege Auer! Dieses Investitionsprogramm ist 1998 beschlossen worden, bis hin zu einer zeitlichen Abfolge. Ich hoffe, es geht der Voest immer so gut, dass das geschehen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Punkten, die jetzt zur Debatte stehen, zu Wirtschaftswachstum, Konjunk­tur­belebung oder wie immer Sie das nennen wollen:

Erste Bemerkung: Der größte Investor in Österreich sind die Gemeinden. Statten Sie, sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank beziehungsweise der Regierung – auch Damen der Regierung –, die Gemeinden mit dem notwendigen Budget aus, dann werden diese all jene Investitionen durchführen können, die sie schon lange auf­schie­ben! Dann werden Sie eine echte Konjunkturbelebung haben, dann werden Sie auch eine wirtschaftliche Belebung der kleinen und mittleren Unternehmungen haben, weil Investitionen der Gemeinden meist direkt zu derartigen Unternehmungen gehen. Damit wird dieser Standort gesichert sein, damit werden die Arbeitsplätze gesichert sein, und die Menschen in unseren Gemeinden werden sich wohl fühlen! (Beifall bei der SPÖ.)


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Punkt zwei: Im Budgetüberschreitungsgesetz 2003 habe ich einen sehr bedenklichen Posten gefunden, nämlich Einsparungen bei den Aufwendungen für die KZ-Gedenk­stätte Mauthausen in der Höhe von 652 000 €. Der Herr Finanzminister hat mir erklärt, es handle sich hierbei um Umschichtungen. Schichten Sie deswegen um, damit man dann unter einem weniger auffälligen Titel leichter einsparen kann? – Ich habe leider diesen Verdacht, weil in der Abrechnung des Budgets 2002 bei diesem Posten gleich 1 250 000 € eingespart wurden.

Da heute die Geschichte beschworen wurde: Ich bin der Meinung, dass dazu auch gehört, dass Gedenkstätten dieser Art würdig und ordentlich erhalten werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Punkt drei: Ich habe eine epochale Entdeckung gemacht, was die Konjunkturbelebung betrifft, nämlich die Entdeckung, dass Sie unter Wachstums- und Standortsicherung auch ein „Bundesgesetz über die vorübergehende sachliche Immunität von Leihgaben zu Ausstellungen der Bundesmuseen“ verstehen. Abgesehen davon, dass ich nicht glaube, dass die Konjunktur dadurch besonders massiv belebt wird, frage ich mich, was dieses Gesetz wirklich bewirken soll.

Wir haben im Ausschuss gesagt, dass wir dem zustimmen, wenn wir einige Fragen beantwortet bekommen. Die erste Frage lautete: Wie schaut denn das innerhalb der Europäischen Union aus? – Es wurde uns gesagt: Na ja, Deutschland hat wahr­scheinlich auch so etwas! – Als Auskunft ist das sehr mickrig!

Wir haben weiter darüber nachgedacht und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass sich zu diesem Punkt eigentlich auch die Kultur melden müsste und dass zu diesem Punkt auch die Justiz befragt werden müsste, denn was machen wir dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir Kunstgegenstände angeboten bekommen – das verlangen Sie, zu immunisieren – und dann draufkommen, dass das Kunstgegen­stände sind, die durch kriminelle Handlungen in ein paar Stationen, durch Hehlerei et cetera, in den Besitz der Verleiher gekommen sind?

Denken Sie an die Ikonen, die in Russland kriminellerweise entwendet werden und dann plötzlich wieder auftauchen! Denken Sie an die Kunstschätze, die in Bagdad feh­len – das haben wir alle in der Zeitung gelesen –, oder denken Sie einmal daran, was wir machen, wenn uns die Saliera für eine Ausstellung angeboten werde würde! Wür­den wir sie auch immunisieren, um sie dann wieder zurückzugeben?

Ich glaube, dass es da noch einige Notwendigkeit gibt, darüber nachzudenken, wie das wirklich gehandhabt werden soll. Daher wären wir für eine Rückverweisung hin zur Finanz, zur Kultur und auch zur Justiz. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.27

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier. – Bitte.

 


18.27

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Die vorliegenden Gesetzestexte im Wachstums- und Standortgesetz 2003 führen eine Reihe von Förderungen aus, meine Vorredner haben ja schon vieles angesprochen. Lassen Sie mich einige Worte zu der in diesem Paket an Tagesord­nungspunkten auch vorgesehenen Änderung im Betrieblichen Mitarbeitervorsorge­ge­setz und im Pensionskassengesetz sagen.

Wie Sie wissen, ist es ja so, dass das Bankwesengesetz eine Identifizierung der Kun­den vorsieht, und zwar durchaus in Übereinstimmung mit den zuständigen EU-Richt­linien, um den Missbrauch des Finanzsystems zur Geldwäsche zu verhindern, was in der Praxis natürlich zu einigen Problemen geführt hat. Durch dieses Gesetz soll de


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facto eine praxisnähere Regelung getroffen werden. Die Identifizierung soll in Hinkunft durch die vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger zur Verfügung gestellten Datensätze erfolgen. Außerdem sollen bei der Gewinnzuteilung auch unterjährige Zah­lungseingänge berücksichtigt werden.

Es hat eine entsprechende Diskussion auch im Ausschuss gegeben. Was für mich inter­essant war, war natürlich der Hinweis seitens des Kollegen Matznetter, dass man fürchten müsse, dass bei diesen Datensätzen unter Umständen Fehler passieren könnten. Dann kam er auf die „tolle“ Idee, dass die Identifizierung durch den Arbeit­geber vorgenommen werden solle, was wieder ein Mehr an Bürokratie, ein Mehr an Aufwand zur Folge hätte. Das scheint aber alles egal zu sein, Hauptsache, man hat wieder mehr Kontrolle und Bürokratie.

Wir sprechen uns dagegen aus! Wir glauben, es gibt durch den vorliegenden Vor­schlag eine praxisnähere, einfachere, billigere und auch effizientere Vorgangsweise. Daher wollen wir dieses Gesetz unterstützen. Wir glauben nicht, dass wir mehr Büro­kratie brauchen und die Unternehmer noch mehr belasten sollten, sondern meinen, dass man eher einen effizienten und leichteren Weg gehen sollte. Daher bin ich froh darüber, dass dieser Vorschlag gekommen ist, und wir unterstützen ihn gerne. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

 


18.30

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Gleich vier Regie­rungs­vorlagen stehen bei diesem Tagesordnungspunkt zur Diskussion. Lassen Sie mich bitte in aller Kürze ein paar wichtige Argumente vorbringen.

Endlich wird eine Institution neu eingerichtet, wo Forschung und Entwicklung neu or­gani­siert werden sollen. Ich meine, es ist eine sehr wichtige Sache, dass eine Nationalstiftung geschaffen wird, und ich möchte dazu sagen: Es ist höchste Zeit!

Worum geht es dabei? – Einerseits wird der Forschungsfreibetrag erhöht und ande­rerseits die Investitionszuwachsprämie verlängert, alles Maßnahmen, meine sehr ge­schätzten Damen und Herren, die in die richtige Richtung gehen, alles Maßnahmen, die gescheit sind, aber diese reichen, wie wir ja heute sehen, zu wenig weit; das muss man hier ganz offen und ehrlich sagen.

Österreich bleibt mit seiner Forschungsquote weiterhin im letzten Drittel der Euro­päischen Union – und das trotz dieser Maßnahmen! Das ist eben unser Kritikpunkt, bei dem wir ansetzen: Es stehen auch weiterhin zu wenig neue Mittel für Forschung und Entwicklung zur Verfügung, auch wenn eine Kollegin vorhin betont hat, dass in diesem Nationalfonds rund 125 Millionen € zur Verfügung stehen werden. – Tatsächlich sind es 50 Millionen €, die neu hinzukommen. Und das reicht eben nicht aus, diesbezüglich im europäischen Vergleich aufzuschließen.

Schauen wir uns doch einmal an, wie es denn die anderen europäischen Staaten mit ihrem Innovationspotential halten. Wie hoch ist die Forschungsquote etwa in Finn­land? – In Finnland liegt diese über 3 Prozent! Und wie hoch ist diese Quote in Schweden? – Gleichfalls über 3 Prozent! In Deutschland liegt sie bei zirka 3 Prozent; in Frankreich ebenfalls bei 3 Prozent. – In Österreich hingegen liegt diese Quote bei unter 2 Prozent, und das ist eindeutig zu wenig, obwohl ich sagen muss, dass es ein erster richtiger Schritt in die richtige Richtung ist, und darum werden wir diesen Teil der Regierungsvorlage auch mittragen.


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Eine Zustimmung von uns von der SPÖ zur Änderung des Ausländerbeschäfti­gungs­geset­zes wird es hingegen nicht geben. Dabei geht es ja um eine Änderung bei den Schlüsselarbeitskräften. Wir, meine Damen und Herren, lehnen diese so genannte Haus­mädchen- und Privatsekretärinnen-Bestimmung ab. Das ist nicht der Weg, den man gehen soll, denn dieser Weg ist nicht zeitgemäß, diese Regelung ist ungerecht – und diese Regelung widerspricht auch jedem Gerechtigkeitsgefühl. Wir von der SPÖ werden daher diesen Teil der Vorlage ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


18.33

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Mit dem Wachstums- und Standortgesetz ergreift diese Bundesregierung eine weitere Initiative zur Förderung des Wirtschaftswachstums und der Standortsicherung. Im Jahre 2001 konnte erstmals seit Jahrzehnten ein Budgetüberschuss von 0,3 Prozent des Brutto­in­landsproduktes erzielt werden; im Jahre 2002 – trotz anhaltend schwieriger Konjunktur­situation – ein Budgetdefizit von fast null.

In den nächsten Jahren wird es immer mehr an Bedeutung gewinnen, das Eigenkapital der Unternehmen zu stärken. Gerade auch im Hinblick auf Basel II, das ja erst mit 2007 in Kraft treten wird, jedoch von den Banken in der Praxis bereits in gemilderter Form in Anwendung ist, wird das sehr wichtig sein.

Durch die bereits beschlossene erste Etappe der Steuerreform ist mit der begünstigten Besteuerung nicht entnommener Gewinne für Einzelunternehmer und Personenge­sell­schaften ein wichtiger Schritt in diese Richtung gelungen.

Das allein wird aber einen Unternehmer natürlich nicht zum Investieren anregen bezie­hungsweise bewegen können, jedoch: Mit der Einführung der Investitions­zu­wachs­prämie ab dem Veranlagungsjahr 2002 ist das sehr wohl sichergestellt. Auch jenen Unternehmen, die vorher von einem Investitionsfreibetrag ausgeschlossen wa­ren, weil sie eben im Veranlagungsjahr einen Verlust erlitten hatten, wird jetzt mit der Investitionszuwachsprämie ein steuerlicher Anreiz gegeben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Man muss nämlich bedenken, meine Damen und Herren, dass gerade Neugründer die vollen 10 Prozent von den begünstigten Investitionen mangels Vergleich der Vor­perioden lukrieren können; diese Verlängerung um ein weiteres Jahr ist auch und gerade deshalb zu begrüßen. Immerhin waren im ersten Halbjahr dieses Jahres zirka 15 000 Neugründungen zu verzeichnen.

Der von der Opposition immer so hoch gelobte Investitionsfreibetrag ist deshalb aus verschiedenen Gründen nicht für Investitionen gerade im Verlustfall geeignet – und manchmal auch für gewisse Branchen, wie etwa in der EDV-Branche, nicht nutz­bringend gewesen, da eben Nutzungsdauer und Behaltefrist weit auseinander geklafft sind.

Im Übrigen ist für die Liquidationsverbesserung der Unternehmen in Verlustjahren in den vorangegangenen Konjunkturpaketen I und II viel erreicht worden: Allein die Aus­wahl zwischen einem Freibetrag und einer Prämie im Bereich Bildung, Lehrlings­aus­bildung oder Forschung ist ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.36

 



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40. Sitzung / Seite 185

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wunschgemäß gebe ich bekannt, dass zum Abände­rungsantrag der Abgeordneten Stummvoll/Bucher, der von Frau Abgeordneter Marek vorhin eingebracht und in seinen Grundzügen erläutert wurde, noch zwei umfangreiche Beilagen A und B vorliegen, die Bestandteile dieses Antrages sind, auch vervielfältigt wurden und so mit in Verhandlung stehen. – Wir hoffen, dass das bis zur Abstimmung rechtzeitig fertig ist.

Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


18.37

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum vorliegenden Wachstums- und Standortgesetz sind heute von Abgeordneten der Regierungsparteien folgende Aus­sagen gemacht worden: Das sei eine Erfolgsstory sondergleichen, ein Schub in Richtung Sozialpolitik, sowie: Das Budgetdefizit sei fast null.

Dazu möchte ich aus einer OECD-Statistik zitieren, in der es heißt, dass in Bezug auf das Wirtschaftswachstum Österreich im EU-Durchschnitt zurückbleibt. (Abg. Lentsch: Na, na, na! ... den Kramer fragen!) Und weiters ist in dieser Studie zu lesen: Immer mehr Arbeitslose in Österreich; Höchststand seit 1945. Und zu den öffentlichen In­vestitionen: Österreich ist Schlusslicht in der Europäischen Union! Ebenso kann man in dieser Studie nachlesen, dass die Reallöhne in Österreich sinken. (Abg. Lentsch: Das sind Wunschträume!) – Das sind keine Träume, sondern die EU-Kommission sagt das, Frau Kollegin; das sollten Sie nachlesen! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Lentsch.)

Und noch etwas aus dieser Studie: Österreich zahlt EU-Strukturgelder nicht aus. Wir schöpfen die Strukturmittel nicht aus: Alleine im Jahre 2002 ist Österreich mit nur 60,31 Prozent der bereitgestellten Mittel sozusagen in die Offensive gegangen – und knapp 40 Prozent wären noch abholbereit; das heißt, sie werden mit Jahresende verfallen.

Wir SozialdemokratInnen stimmen dem jedoch deshalb zu, weil wir eben der Über­zeugung sind, dass Forschung und Entwicklung notwendig ist – und vor allem auch deshalb, weil in diesem Zusammenhang finanzielle Mittel zur Verminderung der Ju­gendarbeitslosigkeit vorgesehen sind.

Es ist jedoch bedenklich, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wenn Sie sagen, das sei ein Schub in Richtung Sozialpolitik, jedoch die Arbeitslosenzahlen bei den über 50-Jährigen insgesamt steigen. Da kann man doch nicht von einem po­sitiven Schub in Richtung Sozialpolitik sprechen! Wissen Sie, was das ist? – Das ist Zynismus, wenn nach dem Dafürhalten dieser Regierung 4 000 Menschen im öffent­lichen Dienst sozusagen locker in Pension gehen können, beim Geburtsjahrgang 1944 bei den Männern das Pensionsalter hingegen überfallsartig auf 62 Jahre und drei Mo­nate angehoben wird und der Arbeitsmarkt für diese Personen fast gleich null ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Lentsch.)

Frau Kollegin, das ist kein Schub in Richtung Sozialpolitik, sondern das ist blanker Zynismus! Dass da etwas geändert werden muss, steht fest, aber bitte nicht derart überfallsartig! Wo sind denn die Unternehmen, die über 50-Jährige liebend gerne einstellen? Warum steigen denn die Arbeitslosenzahlen gerade in dieser Alters­gruppe?! – Weil diese Menschen eben keinen Arbeitsplatz finden können!

Dass endlich einmal mit dem Kampf gegen illegale und Schwarzarbeiter begonnen wird, steht jedoch nirgends drinnen. Ebenso mangelt es an einer deutlichen Entlastung für kleine und mittlere Einkommen. Eine solche würde sofort notwendig sein – und nicht erst, wie Sie uns zu erzählen versuchen, in den Jahren 2005/2006. Das brauchen wir sofort! (Abg. Lentsch: Das ist für 1.1.2004 ...! ... nachlesen!)


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40. Sitzung / Seite 186

Außerdem brauchen wir geänderte Pensions-Zugangsbedingungen für die älteren Ar­beits­kräfte, denn es versteht keiner, wenn der Nachbar mit 55 Jahren in Pension gehen und der Bauarbeiter bis 62 Jahre und 3 Monate arbeiten muss. (Beifall bei der SPÖ.)

18.40

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann. – Bitte.

 


18.41

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Österreich ist ein Land der klugen und kreativen Köpfe. Wir haben das in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart immer wieder bewiesen. (Abg. Dr. Jarolim: Nur für die Regierung gilt das nicht!) Die Österreicher und Österreicherinnen schwärmen sozusagen aus und bekleiden weltweit Spitzen­positionen in der Wirtschaft und vor allem in der Forschung und Entwicklung.

Natürlich müssen wir jetzt auch im erweiterten Europa darauf schauen, wie wir uns für unser Österreich auch in Zukunft einen USP bewahren können. Wir müssen uns über­legen, wo wir als Land, das nicht über umfangreiche Bodenschätze und über keine Groß­industrie verfügt und kein Billiglohnland ist, unseren USP setzen können. Wie ich bereits erwähnte, haben wir hier kluge, kreative und hervorragend ausgebildete Menschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bin überzeugt, dass wir mit der Entscheidung, auf die Forschung und Entwicklung zu setzen – und der Betrag, der investiert wird, dieses „fresh money“ in Höhe von 1,3 Milliarden €, ist wahrlich keine kleine Summe! –, etwas mehr als nur einen Akzent setzen. Durch diese Strategie gibt es jetzt für die KMUs völlig neue Möglichkeiten, zu Krediten zu kommen, weil die Kreditsummen heruntergesetzt wurden und damit auch für die KMUs interessant werden.

Natürlich wäre ich auch schon lieber heute als morgen bei unseren viel zitierten 2,5 Pro­zent des BIP, gleichzeitig wissen wir aber, dass wir noch einige Schulden tilgen müssen, bevor wir uns wirklich in weitere Großinvestitionen begeben können. Wir wissen, dass wir mit dieser Vorgangsweise wirklich eine neue Flagge ausstecken. Diese Regierung hat sich laufend große Ziele gesetzt, und wir erreichen diese auch sukzessive. Ich bin überzeugt davon, dass wir im Rahmen der kommenden Steuerreform auch mit dieser Strategie „Stärken stärken“ punkten werden.

Ich gehe davon aus, dass wir neben der Forschung auch jene Kreativen unterstützen können, deren Schöpfungsakt sich im Design, in der Architektur, in Filmen, Multimedia und in der Kunst widerspiegeln. Den Beweis für deren großen Anteil an deren Beitrag zur Wertschöpfung haben wir mit dem ersten österreichischen Kreativwirtschaftsbericht bestätigt bekommen. Dadurch wird einigen Aussagen der Wind aus den Segeln genommen! In diesen Branchen bewegt sich nämlich wirklich vieles. Wir sind sicher, dass der Wettbewerb von morgen auf dem Feld der Kreativität gewonnen werden wird, und sagen, dass nur jene, die richtig säen, dementsprechend umfangreich ernten wer­den. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.44

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartleh­ner. – Bitte.

 


18.44

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Wir haben heute am Vormittag zum Thema EU-Erweiterung wirklich eine historische Debatte erlebt.


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Wir erleben allerdings jetzt wieder eine Debatte im alten Fahrwasser dieser Bundes­regierung. In diesem Zusammenhang ist „Kraut und Rüben“ eine gute Formulierung, und das Ganze wird noch durch zusätzliche Abänderungsanträge einzelner Kollegen von den Regierungsfraktionen verstärkt: Jeder darf sich heute etwas wünschen und noch ein paar Millionen Euro durch Abänderungsanträge lukrieren.

Meine Damen und Herren! Ich möchte ein bisschen auf die großartige Performance dieser Bundesregierung im Forschungs- und Entwicklungsbereich eingehen. – Ich glaube, dass man, wenn man auf einem Stagnationsniveau Wachstumspotentiale im Forschungs- und Entwicklungsbereich darstellen will, mit geringfügigen Erhöhungen relativ leicht kleine Wachstumsraten vorweisen kann. Ich glaube nur, dass diese 1,4 Pro­zent BIP-Wachstum im kommenden Jahr ein wirkliches Problem darstellen werden. Die Arbeitslosenrate wird weiter steigen, sie wird über 300 000, wahrscheinlich gegen 350 000 anwachsen, weil es einfach nicht genügt, sozusagen 1,4 Prozent Wachstum in dieser Volkswirtschaft zuzulassen.

Es ist wirklich immer wieder fast peinlich und ambitionslos, wenn diese Bun­des­regierung den Vergleich mit der Bundesrepublik Deutschland anstellt und sagt, dass die Situation dort noch viel schlechter sei. Wir alle wissen doch, dass die Steuerquote in der Bundesrepublik niedriger ist und dass, wenn diese Bundesregierung mit der Steuer­quote der Deutschen arbeiten müsste, die Verschuldung in Österreich an die 5 Prozent betragen würde. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei rede ich noch gar nicht davon, dass Österreich-Ungarn nicht einverleibt werden musste und die Ungarn ihren Weg allein in die EU gehen können, im Gegensatz zu der deutschen Situation mit der ehemaligen DDR.

Grundsätzlich läuft hier aber auch wieder ein Speed-kills-Projekt. Wir wissen, dass es offiziell noch keine rechtliche Grundlage gibt, die ERP-Mittel für F&E-Zwecke einzu­setzen. Trotzdem wird heute dieses Gesetz so beschlossen und ist somit ein Gesetz, das möglicherweise – wie so viele andere Gesetze, die Sie in den letzten Jahren hier im Hudriwudri-Tempo realisiert haben – auch bald einer Reparatur bedürfen wird.

Meine Damen und Herren! Es wird keine Qualitätssteigerung durch dieses Gesetz geben, und ich stelle in der Regierungspolitik in diesem Zusammenhang etwas sek­tenhafte Züge fest. Ich glaube, die Österreicherinnen und Österreicher haben langsam wirklich genug! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist Herr Abgeordneter Glaser gemeldet. – Bitte.

 


18.47

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte am Schluss dieser Debatte zum Wachstums‑ und Standortgesetz noch einmal versuchen, den Bogen zum ersten Beschluss des heutigen Tages zu spannen, nämlich zum Be­schluss, dem Beitritt von zehn weiteren Ländern zur Europäischen Union zuzu­stim­men. Ich glaube nämlich, dass der Beitritt dieser zehn Staaten zumindest gleich viel oder wahrscheinlich mehr Anteil an der Verbesserung des Standorts und am Wachs­tum der Volkswirtschaft Österreichs hat als viele andere Hilfen, die seitens der Regie­rung und auch von anderen Stellen gewährt wurden. Ich glaube, dass das im Prinzip der zentrale Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes in den vergan­genen Jahren war und auch in den kommenden Jahren sein wird.

Es wurde heute auch gesagt, dass der Beschluss zur Erweiterung im Prinzip eine Ge­burtsstunde für eine zukunftsträchtige Entwicklung darstellt. Persönlich glaube ich, dass man auch sagen könnte, dass es das vorläufige Ende einer positiven Entwicklung


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ist, die mit der Ostöffnung vor 14 Jahren begonnen hat. Ich glaube, dass der Abbau von Grenzen und Schranken das Wesentliche für die wirtschaftliche Entwicklung ist. Notwendig ist aber auch, dass wir die Bevölkerung im Bereich des Grenzraumes auf diese Erweiterung entsprechend vorbereiten.

Ich glaube, dass gerade in diesem Wachstumspaket viele einzelne Faktoren enthalten sind, dass wir die Bevölkerung entsprechend auf die Erweiterung vorbereiten können. Wenn wir zum Beispiel mit diesem Wachstumspaket auch festschreiben, dass es mas­sive Investitionen in die Infrastruktur, in den Ausbau von Straße und Schiene ebenso wie den Ausbau des Breitbandes Internet geben wird, wenn wir festschreiben, dass es Hilfen für kleinere und mittlere Betriebe gerade im Grenzraum geben wird, dann wer­den, wie ich meine, jene Voraussetzungen geschaffen, die wir für die Bevölkerung die­ses Raumes brauchen, damit von der Bevölkerung, von jedem Einzelnen und von den Betrieben die Chancen, die sich aus dieser Erweiterung ergeben, auch entsprechend genützt werden können.

Ich bin froh, dass es dieses weitere Wachstumspaket der Bundesregierung gibt, und ich glaube, dass es entsprechend genützt werden und dazu beitragen wird, dass gerade in den eher bis jetzt schwächeren Grenzgebieten wirtschaftliche Dynamik ent­stehen wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

18.50

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm.

 


18.50

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht genug damit, dass uns heute schon statt eines Konjunkturpakets ein Grasser-Gröstl serviert wurde, also ein Potpourri aus verschiedenen, kaum verwertbaren oder übrig gebliebenen Zutaten. Jetzt wird aus dem Grasser-Gröstl auch noch ein Grasser-, Strasser- und Böhmdorfer-Gröstl gemacht!

Werter Herr Kollege Stummvoll! Werter Herr Kollege Bucher! Dass das, was Sie sich unter dem Titel „Abänderungsantrag“ haben einfallen lassen, noch irgendetwas mit dem Konjunkturpaket zu tun haben soll, das glauben Sie wohl selbst nicht! Dass Sie es wagen, uns in letzter Minute einen derartigen Abänderungsantrag zu präsentieren, ist schon von der Vorgangsweise her unglaublich ungustiös! (Beifall bei den Grünen.) Es ist wirklich untragbar, dass Sie uns im Hinblick auf dieses Konjunkturpaket – sprich: Grasser-Gröstl – dann auch noch Ihre Versäumnisse in Form eines Abände­rungs­antrages präsentieren! (Zwischenruf des Abg. Gaál.)

Wenn Sie nämlich schreiben, dass die steigende Kriminalitätsentwicklung das erforder­lich macht, dann widersprechen Sie sich selbst permanent beziehungsweise wider­spre­chen Sie in diesem Fall dem, was Sie anlässlich der Sicherheitsdebatte gesagt haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber nicht genug damit! Ungustiös ist auch der Inhalt: Sie fordern mehr Mittel für Lausch­angriff und Rasterfahndung und mehr Mittel für die überfüllten Justizwache­anstalten. – Lassen Sie sich bitte etwas Besseres und zu einem anderen Tagesord­nungspunkt einfallen, aber bitte nicht so etwas unter dem Thema Grasser-Gröstl oder Konjunkturpaket! Dieser Antrag ist wirklich das Letzte! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

18.52

 



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Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es liegen mir vorläufig keine Wortmeldungen außer einer vom Kollegen Van der Bellen zur Geschäftsbehandlung vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.53

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Die Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5, Wachstums‑ und Stand­ortgesetz, ist nicht unkompliziert, und ein Croquis liegt noch nicht vor.

Ich bitte, der Direktion die Zeit zu geben, dieses fertig zu stellen, und die Sitzung bis dahin zu unterbrechen.

18.53

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Klubobmann! Ich würde Folgendes vorschlagen: Es ist richtig, dass ein Abänderungsantrag von Frau Abgeordneter Christine Marek eingebracht wurde, der umfangreiche Beilagen enthält.

Es ist der Wunsch geäußert worden, diese Beilagen nach § 53 Abs. 4 der Ge­schäfts­ordnung zu vervielfältigen. Diesem Wunsch bin ich nachgekommen. Diese Vervielfälti­gung müsste demnächst beendet sein.

Es ist auch richtig, dass das Croquis noch nicht vorhanden ist oder dass es jetzt ge­rade verteilt wird, dass aber die Klubs noch nicht Gelegenheit hatten, es zu studieren.

Ich bitte die Klubobmänner, einen Augenblick zu mir zu kommen, weil ich mir vorstellen kann, dass wir die Abstimmung einvernehmlich auf morgen Früh oder jedenfalls auf einen anderen Zeitpunkt verlegen, zu dem dann ohne Debatte einfach die Abstimmung erfolgt, damit jedenfalls jedem Klubobmann und jedem Abgeordneten ermöglicht wird, das Croquis und diesen Abänderungsantrag von 20 Seiten vorher zu studieren.

In diesem Sinne unterbreche ich kurz die Sitzung und bitte die Klubobmänner und Herrn Präsidenten Khol, zu mir zu kommen.

(Die Sitzung wird um 18.54 Uhr unterbrochen und um 18.57 Uhr wieder aufge­nom­men.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich stelle jetzt fest, dass keine weiteren Wortmeldungen vorliegen.

Daher schließe ich die Debatte.

Im Sinne des vorhin Gesagten werden wir aber jetzt einvernehmlich nicht abstimmen, sondern allen Sprechern und Klubvorsitzenden die Gelegenheit geben, diesen um­fangreichen Abänderungsantrag noch zu studieren. Auch das Croquis kann noch studiert werden, und es wird von der Möglichkeit, die in § 65 der Geschäftsordnung enthalten ist, Gebrauch gemacht, diese Abstimmung an den Schluss der heutigen Sitzung zu verlegen.

Das ermöglicht uns, wie es in § 65 Abs. 1 letzter Satz heißt, „einstweilen in der Erledi­gung der Tagesordnung“ fortzufahren.

Ich möchte gerne von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. – Ich sehe keine Einwen­dungen dagegen.

Dann ist die Debatte geschlossen.

Abstimmung findet jetzt keine statt. Diese wird an den Schluss der Sitzung verlegt. (s. S. 257)

Wir setzen in der Erledigung der Tagesordnung fort.


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9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (256 d.B.): Zusatz­abkommen zu dem Abkommen vom 4. Oktober 1954 zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppel­besteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern (328 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (257 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Mongolei auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (329 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (259 d.B.): Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Kuba zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (330 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (258 d.B.): Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der De­mokratischen Volksrepublik Algerien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (331 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zu den Punkten 9 bis 12 der Tages­ord­nung.

Ein Wunsch des Berichterstatters, zu diesen Vorlagen zu referieren, liegt nicht vor.

Wortmeldungen liegen auch keine vor. Daher findet auch keine Debatte statt.

Wir gelangen daher zu den Abstimmungen. Diese werden wie immer in solchen Fällen über die einzelnen Anträge getrennt durchgeführt.

Als Erstes kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Ab­schluss des Staatsvertrages: Zusatzabkommen zu dem Abkommen vom 4. Okto­ber 1954 zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern (256 d.B.) die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, ein Zeichen der Zu­stim­mung zu geben. – Die Genehmigung dieses Staatsvertrages ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit der Mongolei auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (257 d.B.) die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Staatsvertrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, die Genehmigung ist einstimmig angenommen.


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Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung der Republik Kuba zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (259 d.B.) die Ge­nehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Staatsvertrag zustimmen, um ein Zeichen. – Die Genehmigung ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung der Demokratischen Volksrepublik Algerien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (258 d.B.) die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Staatsvertrag zustimmen, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Damit haben wir diesen Teil der heutigen Tagesordnung erledigt.

13. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (283 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Lan­des­leh­rer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes­the­ater­pensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienst­rechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Ausschreibungsge­setz 1989, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Väter-Karenzgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Einsatzzulagengesetz, das Unterrichtspraktikum­gesetz, das Universitäts-Abgeltungsgesetz und das Akademie der Wissenschaf­ten-Gesetz geändert werden sowie das Militärberufsförderungsgesetz 2004 ge­schaffen wird (2. Dienstrechts-Novelle 2003) (320 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (284 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz geändert wird (Bedienstetenschutz-Reformgesetz – BS-RG) (321 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wird verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.03

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Die 2. Dienstrechts-Novelle 2003 ist ein sehr umfangreiches Paket mit sehr heterogenen Materien, die auch von uns unterschiedlich bewertet werden. Dieses Paket enthält beispielsweise den Abschluss bei der Gehaltsrunde im öffentlichen Dienst – einen Abschluss, dem wir natürlich auch unsere Zustimmung geben wollen. Daher liegt ein


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Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf getrennte Abstimmung vor, um eben unserer Zustimmung zu diesem Punkt Ausdruck geben zu können.

Diese Materie enthält einige unproblematische Punkte und auch einige Punkte, die durchaus begrüßenswert sind, wie zum Beispiel eine erweiterte Regelung zum Recht auf Teilzeit. Obwohl wir das grundsätzlich begrüßen, ist auch anzumerken, dass man die Wirkung der derzeitigen Regelung überprüfen muss, insbesondere die Wirkung auf die Frauenbeschäftigung. Zum einen muss man schauen, ob dann auch im Pen­sionsrecht eine entsprechende Regelung vorhanden ist, damit diese Zeiten ent­sprechend bewertet werden, damit keine Pensionssenkungsfalle für die Frauen ent­steht, und zum anderen denke ich, ist es auch notwendig, wenn man im öffentlichen Dienst eine solche Regelung schafft, Männer zu motivieren, Väter zu motivieren, der­artige Regelungen auch in Anspruch zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Hinzugefügt sei natürlich auch noch, dass es notwendig ist, dass auch andere Be­rufsgruppen ein ähnlich gutes Recht bekommen, Teilzeitmöglichkeit in Anspruch neh­men zu können.

Positiv hervorzuheben ist auch noch das Verwaltungspraktikum, mit dem zumindest der Versuch unternommen wird, die Eignungsausbildung zu verbessern. Man wird se­hen, ob und inwieweit das auch tatsächlich gelingt.

Nun aber zu den Punkten, die uns die Zustimmung verunmöglichen: Das ist vor allem der Bereich, bei dem es darum geht, das Dienstrecht an die Universitätsreform 2002 anzupassen. Zum einen können wir nicht zustimmen, weil wir aus guten Gründen ge­gen dieses Universitätsgesetz waren und daher in Konsequenz auch jetzt die Anpas­sung des Dienstrechtes nicht unterstützen können. Wenn man sich die verzweifelte Situation an den Universitäten ansieht, muss man sagen, es bestätigen sich leider die Befürchtungen, die wir geäußert haben. Die verzweifelte Situation ist unter anderem dadurch entstanden, dass es große finanzielle Schwierigkeiten gibt, die nicht zuletzt durch die Implementierungskosten, die wieder durch das neue Dienstrecht verursacht werden, entstanden sind. Daher werden Sie verstehen, dass wir in diesem Fall unsere Zustimmung nicht geben können.

Hinzu kommt noch, dass niemand von uns heute sagen kann, ob das Univer­sitäts­gesetz auch wirklich verfassungsrechtlich halten wird. Diese Woche gab es eine Ver­handlung im Verfassungsgerichtshof, bei der von den Verfassungsrichtern das Uni­versitätsgesetz in mehreren Punkten sehr kritisch hinterfragt wurde. Aus heutiger Sicht kann daher gar nicht gesagt werden, ob dieses Gesetz nicht wegen Verfassungs­widrigkeit aufgehoben werden wird. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Als letzten Punkt möchte ich noch anführen, dass sogar die Rektorenkonferenz ge­meint hat, dass die Anpassung an sich höchst überfällig wäre, und viele Punkte kriti­siert hat. Diesen Kritikpunkten kommen Sie nur in einem sehr marginalen Bereich na­he. Die Rektorenkonferenz spricht in diesem Fall von erheblichen Mängeln, und ich denke, dass man diese Punkte ernst zu nehmen hätte und einarbeiten müsste. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auch noch auf eine Debatte, die wir heute schon geführt haben, verweisen. Beim Abänderungsantrag, den Kollege Niederwieser einbringen wird, geht es darum, dass Sie den Rettungsanker ergreifen könnten, indem Sie dem Antrag, den wir einbrin­gen, zustimmen. Bei dieser Frühpensionierungswelle, die jetzt mitten im Schuljahr in Gang gesetzt ist, könnte es zu einer Korrektur kommen, indem man den Lehrern ermöglicht, zu gleichen Bedingungen zumindest bis zum Ende dieses Schuljahres den Schulen freiwillig zur Verfügung zu stehen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Zur zweiten Materie, zum Bedienstetenschutz-Reformgesetz: Dabei geht es eigentlich nur um Anpassungen. Es geht um Anpassungen an den Arbeitnehmerschutz, die aus unserer Sicht unproblematisch sind, und daher werden wir dem auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neugebauer. – Bitte.

 


19.08

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe gemeinsam mit Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé zum Gesetzentwurf im Bericht des Verfassungs­ausschusses (320 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (283 der Beilagen) einen Abänderungsantrag ein. Ich ersuche den Herrn Präsidenten unter Hinweis auf § 53 Abs. 4 GOG um Vervielfältigung und Verteilung.

Kern dieses Abänderungsantrages ist eine Zuständigkeitsrichtlinie für Entscheidungen in der Personalentwicklung der Universitäten. Diese Entscheidung wird den Univer­sitäten in erster Instanz übertragen. Die Berufung geht an den zuständigen Bundes­minister. Ein weiterer Punkt betrifft gefährliche Auslandseinsätze unserer Militärper­sonen, welche mit einem Zuschlag Niederschlag finden sollen. Weiters finden sich in diesem Antrag redaktionelle Berichtigungen. – Ich bitte den Herrn Präsidenten, diesen Abänderungsantrag in Verhandlung zu nehmen.

Zur 2. Dienstrechts-Novelle wurde schon einiges ausgeführt. Das sind im Wesentlichen Ergebnisse der Sozialpartnerverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Bundesregierung. Die Einführung des Verwaltungspraktikums etwa wird die bisherige Eignungsausbildung ablösen. Wir haben ein neues Militärbe­rufsförde­rungs­gesetz geschaffen, mit dem der Wiedereinstieg von Militärpersonen auf Zeit in das zivile Leben besser ermöglicht werden soll. Wir haben auf Grund des Konzeptes für Kräfte für internationale Operationen, KIOP,  doch sehr deutliche Anreizsysteme geschaffen, um die entsprechenden Personalressourcen für Auslandseinsätze zur Ver­fügung zu haben. Wir haben – das möge hoffentlich nicht eintreten – für allfällig Hin­terbliebene von Soldaten, die im Auslandsdienst tödlich verunglücken, auch eine einmalige Geldleistung vorgesehen, so wie es das bereits im Exekutivbereich gibt. Und es folgen Anpassungen an das Universitätsgesetz 2002.

Der Abänderungsantrag, der schon Gegenstand der Debatte im Ausschuss gewesen ist, hat sich mit Änderungen der Zuständigkeit von Personalvertretungsorganen und auch damit beschäftigt, dass vorgesehen ist, im nächsten Jahr einen Teil der Zoll­wache in den Exekutivbereich einzugliedern beziehungsweise im Bundesministerium für Finanzen für zivile Aufgaben zu verwenden.

Kern dieses Abänderungsantrages, den ich zuletzt zitiert habe, ist ohne Zweifel der Gehaltsabschluss zwischen den Gewerkschaften öffentlicher Dienste und der Bun­desregierung. Wie inzwischen bekannt ist, beträgt die lineare Erhöhung der Gehäl­ter und Dienstzulagen 1,85 Prozent. Die Laufzeit beträgt zwölf Monate und impliziert im Wesentlichen die vom Wifo prognostizierte Inflationsrate des Jahres 2004 und die vom Wifo derzeit festgestellte Wirtschaftswachstumsrate 2003.

Ich bedanke mich beim Herrn Staatssekretär für die unbürokratische, sehr kompetente und ergebnisorientierte Verhandlung, die letztendlich auch ein gutes Echo von den Wirtschaftsforschungsinstituten in der Replik in den Medien gebracht hat. (Beifall bei der ÖVP.)


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Es ist auch von den Kolleginnen und Kollegen das Ergebnis außerordentlich gut ange­nommen worden.

Ich möchte abschließend hinzufügen, dass diesmal wieder – das halten wir für sehr sinnvoll – im Sinne der gleichwertigen Entwicklung des Dienstrechtes auf Arbeitgeber­seite nicht nur Bund, sondern auch Länder und Gemeinden vertreten gewesen sind und dass wir auch auf Arbeitnehmerseite die entsprechenden Gewerkschaften am Tisch gehabt haben.

Wenn ich Sie nun einlade, dieser Vorlage zuzustimmen, dann tue ich dies auch in der Gewissheit, dass ich auf Grund der einstimmigen Entscheidung der Landeshauptleute­konferenz hoffe, dass auch die Länder und Gemeinden diesen Verhandlungserfolg nachvollziehen werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.12

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Neugebauer in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag ist verteilt und wird im Steno­graphischen Protokoll gedruckt; er steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Neugebauer, Dr. Helene Partik-Pablé und Kollegen zum Gesetz­entwurf im Bericht des Verfassungsausschusses (320 der Beilagen) über die Regie­rungsvorlage (283 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetenge­setz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Teil­pen­sions­gesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Land- und Forstarbei­ter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Ausschreibungs­ge­setz 1989, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Väter-Karenzgesetz, die Reisege­bührenvorschrift, das Einsatzzulagengesetz, das Unterrichtspraktikumsgesetz, das Uni­versitäts-Abgeltungsgesetz und das Akademie der Wissenschaften-Gesetz geän­dert werden sowie das Militärberufsförderungsgesetz 2004 geschaffen wird (2. Dienst­rechts-Novelle 2003)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. Art. 1 Z 62 lautet:

„62. Im § 165 Abs. 1 Z 1 wird die Wortfolge „des Instituts oder einer allfälligen Abtei­lung“ durch die Wortfolge „der Organisationseinheit, der der Professor zugeordnet ist,“ ersetzt.“

2. Art. 1 Z 75 lautet:

„75. Im § 172 Abs. 1 Z 1 wird die Wortfolge „des Instituts oder einer allfälligen Ab­teilung“ durch die Wortfolge „der Organisationseinheit, der der Universitätsdozent zugeordnet ist,“ ersetzt.“

3. Art 1 Z 83 lautet:

„83. § 178 Abs. 2a lautet:


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„(2a) Das in Abs. 2 genannte Kollegialorgan hat unter Bedachtnahme auf die ihm vor­liegenden Gutachten und die Stellungnahme(n) des (der) Dienstvorgesetzten und nach Anhörung des Antragstellers hiezu eine ausführlich begründete Stellungnahme zur Erfüllung der Definitivstellungserfordernisse auszuarbeiten. Diese Stellungnahme hat jedenfalls Aussagen über

1. die Erfüllung der dem Universitätsassistenten gemäß § 180a übertragenen Auf­gaben unter besonderer Berücksichtigung seiner Qualifikation in Forschung (Ent­wick­lung und Erschließung der Künste) und Lehre und

2. allenfalls für den Erwerb dieser Qualifikation zusätzlich erbrachte Leistungen sowie allfällige Einbindung des Universitätsassistenten in die internationale Forschung (Entwick­lung und Erschließung der Künste)

zu enthalten. Liegen die Gutachten und Stellungnahmen bis spätestens sechs Monate nach der Antragstellung nicht oder nicht vollständig vor, kann über den Antrag ent­schieden werden, ohne die fehlenden Unterlagen abzuwarten. Der Bescheid ist in allen Fällen zu begründen.““

4. In Art. 1 wird nach Z 83 folgende Z 83a eingefügt:

„83a. Dem § 178 wird folgender Abs. 2c angefügt:

„(2c) Die zum Zeitpunkt der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 anhängigen oder zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer Entscheidung des Verwaltungs­gerichtshofes fortzusetzenden Verfahren gemäß § 178 sind durch Bescheid des Bun­desministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu entscheiden und nach den bisherigen Bestimmungen durchzuführen.““

5. Art. 1 Z 136 lautet:

„ 136. In der Anlage 1 wird vor der Z 12.20 und nach der Überschrift „Definitivstellungs­er­for­dernisse“ folgende Z 12.19 eingefügt:

12.19.

a) Die Teilnahme an Auslandseinsätzen nach § 1 Z 1 lit. a bis c KSE-BVG in der Dauer von mindestens sechs Monaten, wobei sich dieser Zeitraum auf drei Monate verkürzt, wenn für die Dauer ein Krisenzuschlag gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AZHG bezogen wurde oder der Einsatz unter vergleichbaren Umständen stattfindet, oder

b) die Teilnahme an Übungen und Ausbildungsmaßnahmen nach § 1 Z 1 lit d oder Z 2 KSE-BVG in der Gesamtdauer von mindestens 60 Tagen oder

c) die Teilnahme an sonstigen militärischen Auslandsverwendungen in der Gesamt­dauer von mindestens sechs Monaten oder

d) ein mindestens dreijähriges Verbleiben in der Auslandseinsatzbereitschaft nach § 25 AZHG.

Die Zeiten nach lit a, b oder c sind für die Erreichung der 6-monatigen Frist nach lit a oder c zusammenzurechnen. Sind die Gründe für das Fehlen der Voraussetzungen nach lit. a bis d nicht vom Bediensteten zu vertreten, so steht dieses Fehlen einer Definitivstellung nicht entgegen.““

6. Art. 2 Z 52 lautet:

„52. Im § 58 Abs. 2 Z 2 wird der Betrag „510,9 €“ durch den Betrag „520,4 €“ ersetzt.“

7. Art. 2 Z 68 lautet:

„68. Im § 60 Abs. 3 wird der Betrag „40,5 €“ durch den Betrag „41,2 €“ und der Betrag „33,8 €“ durch den Betrag „34,4 €“ ersetzt.“


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8. Art. 2 Z 72 lit. b lautet:

„b) in Z 2 der Betrag „130,9 €“ durch den Betrag „133,3 €“ ersetzt.“

9. Art. 2 Z 86 lautet:

„86. Im § 74a Abs. 1 wird der Betrag „6 664,5 €“ durch den Betrag „6 787,8 €“ und der Betrag „7 063,8 €“ durch den Betrag „7 194,5 €“ ersetzt.“

10. Art. 3 Z 30b lautet:

„30b. Im § 44a Abs. 2 werden ersetzt:

a) der Betrag „48,8 €“ durch den Betrag „49,7 €“,

b) der Betrag „14,7 €“ durch den Betrag „15,0 €“,

c) der Betrag „17,8 €“ durch den Betrag „18,1 €“ und

d) der Betrag „5,3 €“ durch den Betrag „5,4 €“.“

11. Art 3 Z 71 lautet:

„71. § 49t Abs. 2 zweiter Satz lautet:

„Der Rektor hat eine ausführlich begründete Stellungnahme des Leiters der Organi­sationseinheit, der der Staff Scientist zugeordnet ist, und des unmittelbaren Dienstvor­gesetzten einzuholen.““

12. Art. 3 Z 82 lautet:

„82. Im § 52b Abs. 1 Z 2 entfallen der Klammerausdruck „(Hochschul)“ und die Wort­folgen „oder Universität der Künste)“ sowie „des Bundesministers für Bildung, Wis­senschaft und Kultur“.“

13. Art. 3 Z 90a lautet:

„90a. Im § 56e Abs. 1 wird der Betrag „303,6 €“ durch den Betrag „309,2 €“ und der Betrag „414,9 €“ durch den Betrag „422,6 €“ ersetzt.“

Begründung

Zu Z 1 und 2 (§ 165 Abs. 1 Z 1 und § 172 Abs. 1 Z 1):

Der Hinweis auf allfällige Untereinheiten soll entfallen, um die Regelung nicht mit einer verfassungsrechtlich bedenklichen Unbestimmtheit zu belasten.

Zu Z 3 und 4 (§ 178 Abs. 2a und 2c):

Mit der vorgeschlagenen Änderung wird die Zuständigkeit für Entscheidungen in der Per­sonalentwicklung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals entspre­chend der Generalkompetenz des § 125 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 den Ämtern der Universitäten in I. Instanz übertragen. Die Berufung geht an den zuständigen Bun­desminister. Die zum Zeitpunkt der Kundmachung dieses Bundesgesetzes noch an­hängigen Verfahren sollen nach den bisherigen Bestimmungen fortgeführt und abge­schlossen werden.

Zu Z 5 (Art. 1 Z 136):

Die besonders gefährlichen Verhältnisse bei einem Auslandseinsatz, welche in einem entsprechenden Zuschlag nach dem AZHG ihren Niederschlag finden, sollen eine bevorzugte Berücksichtigung finden. Vergleichbare Umstände liegen dann vor, wenn es sich um Einsätze von Spezialkräften im Rahmen von Evakuierungs- und Be­freiungsoperationen, spezialisierte Aufklärungseinsätze oder Einsätze in nachhaltig


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verstrahltem, verseuchtem oder verminten Gebiet handelt. Die Frist von 6 Monaten soll dabei auf 3 Monate herabgesetzt werden. Die Kumulierung der verschiedenen Zeiten der lit a, b und c soll verhindern, dass Bedienstete zwar in allen drei genannten An­wendungsfällen Zeiten im Auslandseinsatz oder in einer Auslandseinsatzverwendung verbringen, aufgrund der Fristgebundenheit der einzelnen Anwendungsfälle jedoch die erforderlichen Fristen trotz weit über 6 Monaten liegenden Gesamtauslandsver­wen­dun­gen nicht erreichen.

Die Teilnahme an Auslandseinsätzen nach § 1 Z 1 lit. a bis c KSE-BVG, deren Dauer auf weniger als sechs Monate angesetzt sind, stellt einen Grund dar, der vom Be­diensteten nicht zu vertreten ist und steht somit einer Definitivstellung nicht entgegen.

Zu Z 6 bis 10 und 13:

Redaktionelle Berichtigungen.

Zu Z 11 (§ 49t Abs. 2):

Der Hinweis auf allfällige Untereinheiten soll durch den unmittelbaren Dienstvor­gesetz­ten ersetzt werden, um die Regelung nicht mit einer verfassungsrechtlich bedenklichen Unbestimmtheit zu belasten.

Zu Z 12 (§ 52 Abs. 1 Z 2):

Die Änderung dient der dienstrechtlichen Klarstellung der Anordnung im § 126 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002, wonach an die Stelle des Bundesministers das Rektorat tritt.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


19.12

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Her­ren Staatssekretäre! Herr Präsident! Zuerst die guten Nachrichten, nämlich für welche Punkte sich die Grünen in dieser Dienstrechts-Novelle aussprechen und welche Punk­te durchaus positiv zu bewerten ist. Ich möchte das sehr knapp halten, weil Kollegin Kuntzl von der sozialdemokratische Fraktion das schon ausgeführt hat.

Das Recht auf Teilbeschäftigung und die Möglichkeit, im öffentlichen Dienst jetzt auch auf unter 50 Prozent zu kommen, ist im Sinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber auch im Sinne dessen, dass man den Anschluss an den Beruf nicht verliert, wenn man Familienbetreuungspflichten hat, durchaus positiv zu bewerten.

Die einzige Frage, die sich mir neben diesen positiven Änderungen stellt, ist, warum die Möglichkeit der Reduzierung der Beschäftigung auf unter 50 Prozent mit dem drit­ten Lebensjahr des Kindes enden soll, weil es kann durchaus sein, dass man für Kinder, die älter als drei Jahre sind, diese Regelung in Anspruch nehmen möchte. Ich habe bisher keine Erklärung dafür gefunden, wiewohl das, was heute beschlossen werden soll, positiv zu bewerten ist. – Das ist die erste Bemerkung.

Die zweite Bemerkung, bei der ich schon ein bisschen ambivalenter bin, betrifft die Frage der Einführung des Verwaltungspraktikums. Ich sage deshalb ambivalent, weil ich sozusagen diese Eignungsausbildung, diese nicht unbedingt als Erfolgsmodell zu be­zeichnende Möglichkeit selbst erlebt habe. Das wird auch im Vorblatt bei den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Dienstrechts-Novelle lapidar mit einem Satz kommentiert: Die derzeit im Vertragsbedienstetengesetz vorgesehene Eignungsaus-


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bildung wird tatsächlich nicht mehr in Anspruch genommen und steht Akademikern nicht offen; deshalb wird sie durch das Verwaltungspraktikum ersetzt.

Das ist eine wertvolle Information, aber eine wertvolle substanzlose Information, denn ich frage mich: Warum wird die Eignungsausbildung tatsächlich nicht mehr in Anspruch genommen? Lag es an den gesetzlichen Rahmenbedingungen oder lag es vielleicht etwa an den Rahmenbedingungen, die es in den Ressorts gegeben hat? Die Eig­nungsausbildung stand FachschulabsolventInnen und HochschulabsolventInnen nicht offen, sondern nur – nur! – AbsolventInnen einer mittleren Ausbildung, aber es muss irgendeinen Grund geben, warum sie nicht in Anspruch genommen wurde und warum das schief gelaufen ist.

Ich glaube, der Herr Staatssekretär war damals im Ausschuss nicht anwesend, es war nur der Staatssekretär für Sport da. Waren Sie im Ausschuss? Ich habe Sie schon im Ausschuss gefragt: Es muss, wenn Gesetze geändert werden oder wenn eine ge­setzliche Bestimmung stillschweigend ausläuft, eine Begründung dafür geben. Gibt es irgendeine Art von Evaluierung, die Sie dazu bringt, diese Regelung durch eine neue gesetzliche Bestimmung zu ersetzen? – Ich bin da prinzipiell völlig offen und meine, dass das eine Maßnahme ist, die Sinn macht, aber es muss eine Begründung dafür geben, warum sich etwas nicht bewährt hat und warum man es deshalb durch etwas anderes ersetzt, denn sonst hege ich den Verdacht, dass sich auch die neue Bestim­mung – so wie die alte – nicht bewähren wird. – Das ist die zweite Bemerkung.

Die dritte Bemerkung positiver Art betrifft die Frage der Erhöhung der Gehälter im öffent­lichen Dienst. Selbstverständlich begrüßen wir diesen Gehaltabschluss, der da getätigt wurde. Grundsätzlich begrüßen wir, dass er überhaupt in dieser Höhe zu Stan­de gekommen ist. Er ist auch – das wurde von der Gewerkschaft, von den Per­sonal­vertretungen durchaus honoriert – von der Geschwindigkeit des Zustandekommens und von der Dimension her zu begrüßen. Ich habe es schon einmal gesagt, die öster­reichischen PensionistInnen würden sich über eine Pensionserhöhung in diesem Aus­maß sehr freuen, wiewohl es trotzdem nicht so sein sollte, dass der Eindruck entsteht, dass alle völlig und ausschließlich zufrieden wären. Ich glaube, nicht alles ist damit auch in Erfüllung gegangen.

Zu meinen letzten beiden Bemerkungen: Jetzt möchte ich auch an die Ausführungen von Frau Kollegin Kuntzl anschließen, die meinte, da man der Umsetzung des Uni­versitätsgesetzes 2002 nicht zustimmen konnte, sei es umso mehr konsequent, dass sich die Opposition sträubt und sich diesen – wenn auch logisch oder konsequent an­schließenden – gesetzlichen Regelungen auch verweigert. Nicht nur die möglichen verfassungsrechtlichen Bedenken, die geäußert wurden und die sich möglicherweise auch bewahrheiten – ich kann das nicht vorwegnehmen –, sondern auch die Praxis, die sich daraus entwickelt hat, zeigen, dass das Universitätsgesetz 2002 nicht nur ein lücken-, sondern auch pannenbehaftetes Gesetz ist. Und angesichts dessen können Sie nicht erwarten, dass man sich dem anschließt.

Eine letzte Bemerkung, Herr Staatssekretär: Wir haben am Nachmittag ohne Anwesen­heit von Regierungsmitgliedern schon einmal über die Problematik der Frühpensionie­rungen von Lehrerinnen und Lehrern und über die Auswirkungen dieser Frühpen­sionie­rungen in den Schulen gesprochen. Jetzt bin ich ganz mild und sage, vielleicht hat sich niemand den Kopf darüber zerbrochen. Wenn dem so wäre, wäre es höchst tadelhaft, und in der Schule wäre das bei der Bewertung sozusagen mit minus vier zensuriert worden. Man hat sich, so glaube ich, sehr wohl den Kopf zerbrochen, man hat die Aus­wirkungen, die es jetzt gibt, gewollt und wissentlich in Kauf genommen.

Ich möchte mich jetzt diesbezüglich nicht verbreitern, weil Kollege Brosz dazu noch Stellung nehmen wird, aber es ist mir ein Anliegen, Herr Staatssekretär, Ihnen zu


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sagen, dass das sozusagen nicht nur ein Hieb, sondern sogar ein Stoß in Richtung Qualität des österreichischen Bildungssystems war, wie ich ihn auf der Ebene der Pflichtschulen und auch der höheren Schulen in den letzten Jahren nicht kennen gelernt habe. Es hat immer eine zwar langsame, aber doch Entwicklung gegeben, aber das, was jetzt passiert und das sich daraus ergebende Missmanagement, das sich gar nicht anders lösen lässt, wird auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. Das, was sich in den letzten Tagen ereignet hat, straft wirklich alle Lügen, die behaupten, es mit dem Wohl der österreichischen Jugend, der Kinder und mit der Bildung gut zu meinen. Das sollten Sie wissen, meine Herren! Vielleicht haben Sie auch schulpflichtige Kinder – wenn ja, dann erkundigen Sie sich einmal! (Beifall bei den Grünen. – Zwischen­bemer­kung von Vizekanzler Gorbach.)

19.20

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

 


19.20

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! In dieser No­velle zum Dienstrechtsgesetz sind auch wesentliche Schritte enthalten, die die Auf­stellung der KIOP-Einheiten für Österreich ermöglichen. KIOP sind Kräfte für inter­nationale Operationen, deren Einsatz auf EU-Ebene beschlossen worden ist. Diese Einheiten werden nunmehr in der Stärke von 50 000 bis 60 000 Personen aufgestellt, und Österreich wird sich mit zirka 1 500 Personen daran beteiligen.

Die Aufstellung von Organisationseinheiten des Bundesheeres mit hohem Bereit­schafts­grad für die Entsendung zu Auslandseinsätzen unter Beachtung des verfas­sungs­rechtlich verankerten Freiwilligkeitsprinzips ist deshalb auch Inhalt dieses Geset­zes. Es handelt sich dabei um ein Freiwilligensystem, bei dem mit einer Prämie an den Soldaten herangetreten wird, sich bereit zu halten für diese Kräfte für internationale Operationen.

Die Gesetzestexte, die das möglich machen, sind nach unserem Dafürhalten gut ge­lun­gen und werden auch sicherstellen, dass es dem Bundesheer gelingt, diese 1 500 Per­sonen aufzustellen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Finz. – Bitte.

 


19.22

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte auf die Fragen von Frau Abgeordneter Stoisits, die jetzt leider nicht im Saal ist, eingehen.

Die Eignungsausbildung wurde deshalb abgeschafft, weil sie sich nicht bewährt hat. Sie war vor allem nicht offen für Akademiker, und gerade für diese ergibt sich im öffent­lichen Dienst ein großer Bedarf. 50 Prozent der Bediensteten vor allem in Ministerien sind Akademiker, und wir wollten hier nach dem Vorbild der Richteramts-Ausbildung vorgehen, also das Gerichtsjahr nachbilden. Das zum einen deshalb, weil in der Privatwirtschaft zunehmend nach beruflicher Vorpraxis gefragt wird und junge Leute, wenn sie sich in der Privatwirtschaft bewerben, somit auf eine Vorpraxis hinweisen können, und zum anderen deshalb, weil trotz restriktiver Personalaufnahmen – es gibt noch immer Personalaufnahmen, soweit sie im Stellenplan gedeckt sind – auch wir die


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Möglichkeit haben, Leute zu beobachten und uns, wenn Interesse besteht, die Besten auszusuchen. – Das ist der Grund für die Neuregelung.

Akademiker waren, wie gesagt, bisher von der Eignungsausbildung ausgeschlossen, und jene, die sie bisher in Anspruch genommen haben, haben trotz dieser Eignungs­ausbildung keinen Beruf in der Privatwirtschaft bekommen, wenn kein einschlägiger Bedarf gegeben war. – Ich hoffe, dass wir mit dieser neuen Ausbildungsform den Na­gel auf den Kopf treffen.

Zum Thema Lehrer. – Diese Regelung für Lehrer besteht bereits seit dem Jahr 1998, ist also nicht von dieser Regierung beschlossen worden, sondern von der großen Koalition (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist falsch! Das stimmt nicht! Das war eine ganz andere Regelung! Die habt ihr geändert!), und diese Regelung sollte jungen Lehrer-Anwärtern die Möglichkeit bieten, nachzurücken. (Abg. Öllinger: Na! Na!)

Der Betreffende nimmt einen hohen Pensionsverlust in Kauf, wenn er dieses Modell annimmt, und – und das muss man auch beachten – es ist nicht so, dass jemand einen Antrag stellt und somit automatisch in Pension geschickt wird. Man muss abwägen, ob das dienstlich überhaupt möglich ist. Man muss das dienstliche Interesse abwägen, wenn ein Antrag auf vorzeitige Pensionierung vorliegt, und das ist bei den Lan­desschulbehörden beziehungsweise beim Stadtschulrat in Wien höchst unterschiedlich erfolgt. (Abg. Öllinger: Es darf auch nicht nachbesetzt werden, steht drin im Gesetz!) – Das stimmt so nicht. Es darf nachbesetzt werden! Im Rahmen der Stellenpläne darf sehr wohl nachbesetzt werden! Was Sie meinen, das bezieht sich nur auf die 50- bis 55-Jährigen; hier darf nicht nachbesetzt werden. (Abg. Öllinger: Das haben aber Sie möglich gemacht! Das haben Sie möglich gemacht!)

Es hat unterschiedliche Praktiken gegeben. Einzelne Landesschulbehörden, ausge­nom­men der Stadtschulrat Wien, haben sehr wohl untersucht, inwieweit beim Statt­geben eines derartigen Antrages der Schulbetrieb gefährdet ist. Das zu untersuchen war auch vorgegeben. In Wien hat man aus welchen Gründen auch immer – wahr­scheinlich, weil die Gewerkschaft so stark ist – allen Anträgen stattgegeben und hat jetzt Schwierigkeiten, einen geordneten Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten. Hier liegt das Versagen beim Schulmanagement.

Die Bestimmung ist gut, hat sich bewährt und wird in veränderter Form jetzt weiter­geführt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


19.26

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungs­bank! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir verhandeln jetzt die 2. Dienst­rechts-Novelle 2003, und ich möchte mich zu Beginn meiner Ausführungen namens meiner Fraktion, aber auch persönlich bei allen öffentlich Bediensteten für deren Dienst­leistungen sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Wir alle nehmen rund um die Uhr die Leistungen des öffentlichen Dienstes in An­spruch – auch wir hier in diesem Hause! Ich möchte mich in dieser Sitzung im Rahmen dieses Verhandlungspunktes speziell auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Parlamentsdirektion für die Unterstützung bei unserer Tätigkeit sehr herzlich bedanken, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich meine, dass wir stolz sein können auf den öffentlichen Dienst, auf unsere Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter!


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die nun vorliegende Novelle ist in Insi­der­kreisen eigentlich eine technische Novelle, lieber Fritz Neugebauer, angereichert natür­lich um den Gehaltsabschluss. Ich unterstreiche das, was du gemeint hast, nämlich dass es gut und richtig und sinnvoll ist, dass auch die Gebietskörperschaften der Län­der und der Gemeinden am Verhandlungstisch sitzen. Ich meine, es ist ein erfolg­reicher Gehaltsabschluss zustande gekommen, den wir heute auch beschließen wer­den.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren vor allem von den Regierungs­frak­tionen – und ich werde das auch bei jeder Gelegenheit ansprechen –, wir dürfen die Menschen im öffentlichen Dienst nicht ausschließlich als Kostenfaktor darstellen! Wir dürfen nicht vergessen: Das sind Menschen, das sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das sind Kolleginnen und Kollegen mit Sorgen, mit Nöten und mit Ängsten! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Als Dienstgeber, meine Herren von der Regierung, haben Sie auch darüber Obsorge walten zu lassen, dass die Menschen im öffentlichen Dienst jene Rahmenbedingungen vorfinden, die sie brauchen, um den an und für sich ohnehin schon schweren Dienst im Interesse der Republik und der Bevölkerung auch ausüben zu können.

Es nützt nichts, wenn wir auch bei jeder Sitzung hier im Hause vom Herrn Innen­minister hören, er habe genug Personal, noch nie seien so viele Exekutivbeamte auf der Straße im Einsatz gewesen, wenn dann, so geschehen im Rahmen des zuvor ver­handelten Tagesordnungspunktes, in einen Abänderungsantrag quasi hineingeschwin­delt wird, dass im Innenministerium 150 Planstellen notwendig sind. (Abg. Scheibner: Aber das ist doch positiv, wenn er sie kriegt!)

Wir wissen das ohnehin! Wir sagen das schon seit Jahren, aber das wird immer bei­seite geschoben! Ich habe auch bei jeder Sitzung des Justizausschusses immer wieder gesagt: Unsere Justizanstalten sind nicht nur überfüllt, sondern es ist auch dringend Personal notwendig.

Aber darüber, meine sehr geehrten Damen und Herren, könnten wir in den zustän­digen Ausschüssen ohne Probleme reden. Wir hätten Zeit dazu. Ich glaube, niemand in diesem Haus muss den Weg gehen, uns Derartiges in Form eines Abänderungs­antrages, noch dazu kurz vor der Abstimmung – unter Anführungszeichen –, „unterzu­ju­beln“.

Ich meine, wir brauchen und wollen einen guten öffentlichen Dienst. Wir alle sind stolz, und international gesehen schaut alles auf Österreich. Auch die Wirtschaftskammer – und dafür bin ich immer dankbar gewesen – hat klar gesagt: Der österreichische öffent­liche Dienst ist auch ein Garant für unseren Wirtschaftsstandort!

Noch einmal: Vergessen wir nicht, dass dahinter Menschen stehen und dass jene Mit­ar­beiterinnen und Mitarbeiter unsere gemeinsame Unterstützung, unsere gemeinsame Solidarität brauchen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Meine Vorrednerin hat bereits darauf hingewiesen: Einige Punkte sind positiv, und – wir werden ja eine getrennte Abstimmung vornehmen – diesen werden wir selbst­verständlich zustimmen, weil sie richtig, weil sie notwendig sind. Nicht mitstimmen kön­nen werden wir – Kollege Niederwieser wird sich noch damit auseinander setzen – im Zusammenhang mit dem Schulbereich. (Beifall bei der SPÖ.)

19.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Winkler. – Bitte.

 



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19.30

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Herren Staats­sekretäre! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Eine der sicherlich wichtigsten Änderungen der vorliegenden 2. Dienstrechts-Novelle 2003 betrifft die Einführung des Verwaltungspraktikums. Herr Staatssekretär Finz hat dessen Bedeutung und Wichtig­keit bereits ausgeführt, und ich kann das nur unterstreichen.

Ich möchte daher in meinen Ausführungen nur auf diese wichtige Änderung des Ver­tragsbedienstetengesetzes eingehen. Wir alle wissen, dass es für junge Menschen besonders wichtig ist, rasch zu erkennen, welcher Beruf der richtige ist. Ebenso wichtig ist es auch für Dienstgeber, die fachlichen Fähigkeiten eines Dienstnehmers richtig und objektiv einschätzen zu können. Mit der Einführung des Verwaltungspraktikums wird beiden Seiten, nämlich Dienstnehmern und Dienstgebern, eine äußerst wertvolle Ent­scheidungshilfe gegeben.

Ich bin sogar davon überzeugt, dass dieses neue Verwaltungspraktikum ein ganz we­sentlicher Schritt zu einer noch leistungsfähigeren und moderneren öffentlichen Ver­waltung in Österreich werden wird. Deshalb betrachte ich es als wichtigen Meilenstein unserer Berufsausbildung, dass für die Tätigkeit im öffentlichen Dienst zukünftig die Möglichkeit einer Praxis besteht.

Durch das neue Verwaltungspraktikum haben Maturanten, Absolventen einer mittleren Schule, Personen mit abgeschlossener Lehre, Fachschulabsolventen und auch Uni­ver­sitätsabsolventen die Möglichkeit, für die Dauer von maximal einem Jahr ein Ausbil­dungsverhältnis beim Bund einzugehen.

Das Verwaltungspraktikum ersetzt, wie schon erwähnt, die bisherige Eignungs­aus­bildung, und es ist natürlich auch von besonderer Bedeutung, dass das Verwaltungs­praktikum auch für Akademiker offen ist.

Betonen möchte ich, dass es durch dieses neue Verwaltungspraktikum zu einer Stei­ge­rung der Qualität der Fachkräfte kommen wird. Die höhere Qualität wird sich da­durch ergeben, dass im Verwaltungspraktikum im Gegensatz zur bisherigen Eig­nungs­ausbildung eine Art Jobrotation vorgesehen ist, das heißt, der Praktikant wird nicht nur an einer einzigen Stelle im Verwaltungsdienst eingesetzt, sondern wird an mehreren Dienststellen seine Erfahrungen sammeln können. Ergänzt wird das Praktikum noch durch geeignete Kurse.

Durch diese abwechslungsreiche Tätigkeit erhält der Praktikant einen umfassenden Einblick in die Organisation des öffentlichen Dienstes, und der Dienstgeber, also der Bund, profitiert von diesem Verwaltungspraktikum insofern, als er engagiertes und hoch qualifiziertes Personal erhält.

Wenn sich junge Menschen dann auf Grund der Erfahrung im Praktikum und im Falle einer entsprechenden Bewerbungsmöglichkeit dafür entscheiden, in den Bundesdienst einzutreten, ist die Gewährleistung auf Fachpersonal entsprechend sichergestellt. Dies ist neben Verwaltungsvereinfachungen, E-Government et cetera ebenfalls ein be­deutender und wichtiger Faktor für eine neue moderne österreichische Verwaltung.

Für das Verwaltungspraktikum sind ab 1.1.2004 insgesamt 250 Ausbildungsplätze für alle Ressorts vorgesehen. Das Bundeskanzleramt wird mit den einzelnen Ministerien die Aufteilung koordinieren. Das Verwaltungspraktikum ist übrigens ein Ausbildungs­verhältnis, kein Dienstverhältnis.

Auch für die soziale Absicherung – und das darf ich besonders betonen – wurde ge­sorgt. Die Verwaltungspraktikanten sind gesetzlich kranken-, unfall- und pensions- be­ziehungsweise auch arbeitslosenversichert, und ebenso gelten die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes.


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Geschätzte Damen und Herren! Ich darf aus diesem Grund und in diesem Sinne auch um die Zustimmung zu dieser 2. Dienstrechts-Novelle ersuchen; wie ich von meinem Vor­redner erfahren durfte, wird das auch geschehen. In Bezug auf dessen Aus­füh­run­gen darf ich vielleicht noch erwähnen: Für uns ist es selbstverständlich, dass die Dienst­nehmer nicht Kostenfaktoren, sondern wertvolle Mitarbeiter im öffentlichen Dienst sind! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

 


19.35

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staats­sekretäre! Hohes Haus! Um es der Parlamentsdirektion leicht zu machen, bringe ich zunächst gleich einmal einen Abänderungsantrag ein, den wir zu 283 der Beilagen vorbereitet haben, und ersuche den Herrn Präsidenten wegen dessen Umfanges um Vervielfältigung und Verteilung an die Abgeordneten. Ich werde ihn jetzt in den Kernpunkten erläutern.

Ich komme zurück zu der Diskussion, die hier um etwa 16 Uhr stattgefunden hat. Im Rahmen einer Fristsetzungsdebatte wurde dieses Thema, dass jetzt über 1 500 Leh­rerinnen- und Lehrerposten nicht mehr nachbesetzt werden, wodurch große Probleme an den Schulen entstehen, schon diskutiert. Es war wirklich erschütternd, dass, als Kollegin Stoisits ein Fallbeispiel geschildert hat, darauf mit Gelächter reagiert worden ist. (Abg. Murauer: Nein, nein, Herr Kollege!)

Das stimmt! Du warst einer jener, die am meisten gelacht haben, Kollege Murauer. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist unerhört, Kollege Murauer!) Einer, der am meisten darüber gelacht hat, warst du, wenn du es genau wissen möchtest. Hättest du jetzt nicht da­zwischen gerufen, dann hätte ich das nicht gesagt. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Ich habe mir gedacht, es kann doch nicht sein, dass die Kinder, die Schülerinnen und Schüler den Abgeordneten dieses Hauses so völlig egal sind. (Abg. Dr. Jarolim: Richtig! – Abg. Murauer: Nicht richtig!) Das darf nicht sein, und daher, lieber Kollege Murauer, bekommen Sie alle die Möglichkeit, diesen Fehler noch einmal gutzumachen, indem Sie unserem Abänderungsantrag die Zustimmung erteilen, den ich im Fol­genden erläutern werde.

Viele Lehrer sind im Dezember nicht deshalb in Pension gegangen, weil sie sich das so ausgesucht haben und weil sie darauf Lust gehabt haben, sondern deshalb, weil die nächste Möglichkeit für eine Pensionierung nicht mit Ende des Schuljahres gegeben gewesen wäre, sondern, je nach Alter, erst wieder in vier, fünf, sechs oder sieben Jahren.

Es ist falsch, Herr Staatssekretär, wenn Sie sagen, das sei eine Regelung, die es schon seit Jahren gibt. Die Regelung, dass man für Junglehrer eine Möglichkeit schafft, eher Arbeitsplätze zu bekommen, indem ältere in Gleitpension gehen, Teilkaren­zie­rungen in Anspruch nehmen, ist sehr wohl schon alt, das stimmt, aber Sie haben mit der Pensionsreform vor dem Sommer das Datum 1. Dezember in diese Regelung hinein­geschoben und somit aus einer an sich sehr guten Regelung einen völligen Pfusch gemacht. – Vielleicht unbewusst, denn ich will gar nicht sagen, dass alle hier so genau gewusst haben, was da beschlossen wird. Aber mit 1. Dezember in Pension gehen zu müssen – Frau Professor Spiel, Mitglied der Zukunftskommission, hat erst vor kurzem im Radio eindringlich geschildert, was das für die Kinder bedeuten würde.


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In der „Presse“ vom 29. November ist über ein Interview mit Bundesministerin Gehrer Folgendes zu lesen:

„Aber auch Gehrer muss zugeben, dass 2001“ – das stimmt nicht, es ist 2003 – „beim Beschluss des Sozialplangesetzes, auf Beamtenebene im Parlamentsausschuss etwas passiert ist‘, ... Sie habe erst im Vormonat von dieser Gesetzeslücke erfahren und sei ,schockiert‘ gewesen.“

Was tut man, wenn man eine Gesetzeslücke entdeckt und wenn man sich einig ist, dass es anders eigentlich besser wäre? – Zumindest jenen Lehrerinnen und Lehrern, die noch bis zum Ende des Schuljahres unterrichten wollen, die Möglichkeit geben, mit Ende des Schuljahres zu jenen Konditionen in Pension zu gehen, zu denen sie jetzt gehen würden. Das wären nicht alle, das wären sicherlich nicht alle 4 000, sondern es wären einige hundert, die aus Überzeugung sagen würden: Ich würde das gerne tun, wenn der Gesetzgeber es mir erlaubt.

Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir in erster Linie auf die Kinder schauen und wenn wir uns darin einig sind, dass es immer um die Kinder gehen muss, wenn wir von Schule reden, dann lässt sich diese Situation in vielen Fällen – nicht in allen –pragmatisch lösen, indem wir diese Frist erstrecken. Kollege Amon hat gemeint, das sei gesetzestechnisch falsch. – Das ist nicht richtig, das Dienstrecht ist extrem kompli­ziert: Wir müssen die Bestimmung im Bundessozialplangesetz stehen lassen und rund-herum, im BDG, im LDG, im landwirtschaftlichen Schulrecht die Termine ändern. Nicht im Sozialplangesetz muss die Bestimmung geändert werden, dort brauchen wir sie, aber die Termine müssen geändert werden.

Die Dinge sind an und für sich korrekt dargestellt, und ich bin gespannt, ob vom Kollegen Brader, der selbst Lehrer ist, noch eine positive Botschaft kommt. Sie müss­ten am besten wissen, was das bedeuten könnte und wie vielen Kindern und wie vielen Eltern wir in dieser Situation helfen können. Ich appelliere an Sie alle: Stimmen Sie unserem Abänderungsantrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

19.40

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen ist gemäß § 53 Abs. 4 an die Abgeord­neten verteilt worden, wird im Stenographischen Protokoll gedruckt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ver­fassungsausschusses über die Regierungsvorlage (283 d.B.): 2. Dienstrechts-Novel­le 2003 (320 d.B.) betreffend Aufrechterhaltung der Unterrichtsqualität für das Schul­jahr 2003/04

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

1. Nach Art. 1 Z 119 wird folgende Ziffer 119a eingefügt:

„119a. In § 236c wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Die nach Abs. 2 in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung erlassenen Ruhestandsversetzungsbescheide, die als Stichtag der Ruhestandsversetzung den 30. November 2003 vorsehen, sind auf Antrag des Lehrers von der Dienstbehörde insoweit abzuändern, als an die Stelle dieses Stichtages der 31. August 2004 zu treten hat. Der Antrag ist spätestens am 31. Jänner 2004 abzugeben.““


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2. Nach Art. 1 Z 130 wird folgende Ziffer 130a eingefügt:

„130a. Dem § 284 wird nach Abs. 52 folgender Abs. 53 angefügt:

„(53) § 236c Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I, Nr. xxxxx/2003, tritt mit 1. Dezember 2003 in Kraft.““

3. Nach Art. 5 Z 6 wird folgende Ziffer 6a eingefügt:

„6a. In § 115e wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Die nach Abs. 2 in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung erlassenen Ruhestandsversetzungsbescheide, die als Stichtag der Ruhestandsversetzung den 30. November 2003 vorsehen, sind auf Antrag des Lehrers von der Dienstbehörde insoweit abzuändern, als an die Stelle dieses Stichtages der 31. August 2004 zu treten hat. Der Antrag ist spätestens am 31. Jänner 2004 abzugeben.““

4. Nach Art. 5 Z 9 wird folgende Ziffer 9a eingefügt:

„9a. Dem § 123 wird nach Abs. 45 folgender Abs. 46 angefügt:

„(46) § 115e Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I, Nr. XXXX/2003, tritt mit 1. Dezember 2003 in Kraft.““

5. Nach Art. 6 Z 7 wird folgende Ziffer 7a eingefügt:

„7a. In § 124e wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Die nach Abs. 2 in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung erlassenen Ruhestandsversetzungsbescheide, die als Stichtag der Ruhestandsversetzung den 30. November 2003 vorsehen, sind auf Antrag des Lehrers von der Dienstbehörde insoweit abzuändern, als an die Stelle dieses Stichtages der 31. August 2004 zu treten hat. Der Antrag ist spätestens am 31. Jänner 2004 abzugeben.““

6. Nach Art. 6 Z 11 wird folgende Ziffer 11a eingefügt:

„11a. Dem § 127 wird nach Abs. 34 folgender Abs. 35 angefügt:

„(35) § 124e Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I, Nr. XXXX/2003, tritt mit 1. Dezember 2003 in Kraft.““

7. Nach Art. 7 Z 38 wird folgende Ziffer 38a eingefügt:

„38a. In § 97a wird nach Abs. 3 folgender Abs. 4 eingefügt:

„(4) Für Lehrer, deren Bescheid gemäß § 236c Abs. 3a BDG 1979, für Landeslehrer, deren Bescheid gemäß § 115e Abs. 3a LDG 1984 sowie für Land- und forst­wirt­schaftliche Landeslehrer, deren Bescheid gemäß § 124e Abs. 3 LLDG 1985 abgeän­dert wurde, sind § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 9 sowie § 13a in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.““

8. Die bisherige „Z 38a“ in Art. 7 lautet „Z 38b“.

9. Nach Art. 7 Z 42 wird folgende Ziffer 42a eingefügt:

„42a. Dem § 102 wird nach Abs. 46 folgender Abs. 47 angefügt:

„(47) § 97a Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I, Nr. XXXX/2003, tritt mit 1. Dezember 2003 in Kraft.““

Begründung:

Mit 1. Dezember 2003 haben rund 3 000 LehrerInnen den vorzeitigen Ruhestand angetreten. Allein in Wien sind 1 075 LehrerInnen in Pension gegangen, davon 750 an


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Pflichtschulen. Dadurch werden die SchülerInnen mitten im laufenden Schuljahr von ihren vertrauten LehrerInnen getrennt, was schwerwiegende pädagogische Nachteile für sie bringt; die Qualität des Unterrichts ist damit massiv bedroht. Um diese Folgen, die aus der LehrerInnen-Abbaupolitik der VP-/FP-Bundesregierung entstanden und durch die einschneidende Maßnahme des Budgetbegleitgesetzes 2003 noch zusätzlich verschärft worden sind, ist eine kompensatorische Initiative erforderlich. Insbesondere deshalb, da Bildungsministerin Elisabeth Gehrer zwar zunächst angekündigt hat, die freiwerdenden LehrerInnen-Dienstposten mit JunglehrerInnen zu besetzen, aber diese Ankündigung nicht realisiert hat.

Die kompensatorische Maßnahme soll dadurch erfolgen, dass die betreffenden Leh­rerInnen, die per 1. Dezember 2003 in vorzeitigen Ruhestand versetzt wurden, auf frei­williger Basis das Schuljahr in ihren Klassen vollenden können. Somit hätte die Dienst­behörde den geltenden Stichtag der Ruhestandsversetzung 30. November 2003 auf Antrag des Lehrers/der Lehrerin auf den 31. August 2004 abzuändern.

Diesen LehrerInnen sind jedenfalls die pensionsrechtlichen Bestimmungen zu erhalten, die für sie mit dem Stichtag der Ruhestandsversetzung 30. November 2003 gelten würden.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


19.40

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Herren Staatssekretäre! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dieser Dienst­rechts-Novelle wird eine ganze Reihe besoldungsrechtlicher, monetärer, aber auch sachbezogener Neuregelungen geschaffen, insbesondere auch das  KIOP-Dienstrecht, das Dienstrecht für die Kräfte, die an internationaler Operationen teilnehmen. Es bedarf natürlich eines Anreizsystems, um Personen auch für Auslandseinsätze zu lukrieren und in diesem Zusammenhang eine hohe Bereitschaft zu erzielen.

Meine Damen und Herren! Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Be­drohungslage geändert hat. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es die klassische Raumverteilung nicht mehr gibt. Und wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass die Auslandseinsätze natürlich im Steigen begriffen sind und daher auch unsere Streit­kräfte, unser Bundesheer entsprechend für Einsätze im Ausland ausgebildet werden müssen.

Zurzeit befinden sich zirka 370 Personen auf den Golanhöhen, 525 im Kosovo, und auch andere Gebiete werden künftig noch ins Kalkül gezogen.

Weil die rechtliche Grundlage auch im Verfassungsausschuss ein Thema war, habe ich mir die Mühe gemacht, diesbezüglich ein wenig zu recherchieren. Die Rechtsgrundlage fußt natürlich auf den Grundzügen der so genannten Petersberger Erklärung. Und damit wir auch das hier im Hohen Haus wissen: Es war anlässlich der Tagung des Ministerrates der Westeuropäischen Union Ende 1992, als sich die Mitgliedstaaten bereit erklärten, der Union Verbände, Streitkräfte zur Verfügung zu stellen, vor allem für humanitäre Aktionen oder Evakuierungsmaßnahmen, friedenserhaltende Maßnah­men, Einsätze für das Krisenmanagement – natürlich einschließlich der Maßnahmen für die Wiederherstellung des Friedens. Ich glaube, das ist auch künftig Teil der Aufgaben unseres Bundesheeres.


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Wenn man sich zum Beispiel als Militärperson auf Zeit oder für einen entsprechenden Auslandseinsatz meldet, ist es recht und billig, dass der Staat für Aufgaben, die auch im Dienste der Allgemeinheit verrichtet werden, während dieses Dienstes und nach Beendigung des Dienstverhältnisses auch für die entsprechende Ausbildung Sorge trägt. Das neu geschaffene Militärberufsförderungsgesetz ermöglicht alle diese Maßnah­men, und das ist auch recht und billig.

Dieses neue Militärberufsförderungsgesetz ist durchaus eine Verbesserung gegenüber dem alten Gesetz, weil letztendlich auch die Ausbildung im Ausland ermöglicht wird, weil auch während des Dienstverhältnisses eine entsprechende Berufsförderung erfol­gen kann und weil auch die Dauer der Berufsförderung nach Beendigung des Dienst­verhältnisses entsprechend erhöht wird. Letztendlich trägt der Bund die Kosten. und damit wird auch dem Prinzip des lebenslangen Lernens und natürlich auch der Weiter­bildung entsprechend Rechnung getragen und werden auch arbeitsmarktpolitische Akzente gesetzt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heit­lichen.)

19.44

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz.

 


19.44

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staats­sekre­täre! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich werden wir den Abänderungs­antrag des Kollegen Niederwieser unterstützen. Die Problematik ist ja, glaube ich, im Rahmen der Fristsetzungsdebatte schon eindrücklich geschildert worden.

Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Insbesondere in den Fällen, in denen es nachweislich eine Beeinträchtigung in der Schulqualität gibt, in denen es Angebots­einschränkungen gibt, halten wir es für notwendig, diese Akutmaßnahme rückgängig zu machen, um zumindest einen geordneten Betrieb bis Ende des Schuljahres auf­recht­erhalten zu können und gerade im Bereich Fördermaßnahmen, im Bereich muttersprachlicher Zusatzunterricht, im Bereich Integration dafür zu sorgen, dass es diese Einschränkungen nur wenige Tage gegeben hat und nicht auf Dauer.

Aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, um noch einmal etwas näher darauf einzugehen, was Herr Staatssekretär Finz hinsichtlich der Nicht-Nachbesetzung gesagt hat. Sie waren ja früher einmal beim Rechnungshof, und ich hoffe, dass sich der Rech­nungshof auch mit der Frage der Frühpensionierung auseinander setzen wird. Sie sagen, die Nicht-Nachbesetzung betrifft nur alle Unter-55-Jährigen, die da in Früh­pension gehen. Ich kenne aber andere Fälle – ich habe das vorher zitiert, aber da waren Sie nicht hier –, die ich Ihnen noch einmal aufzeigen möchte.

Im Bezirk Neunkirchen in Niederösterreich werden von 40 Lehrern 26 nachbesetzt, und bei diesen 40 Frühpensionisten handelt es sich um 40 Direktorinnen und Direktoren im Bezirk Neunkirchen. Davon sind einige noch nicht 55 Jahre alt. Ich frage Sie an­gesichts dieser Situation: Wie kann denn das funktionieren? Der Posten eines Direk­tors oder einer Direktorin kann ja wohl nicht eingespart werden! Es kann doch nicht so sein, dass man in Schulen einfach die Direktoren einspart. – Ich meine, es könnte schon so sein, aber ich nehme nicht an, dass das Ihr Modell ist.

Das heißt, diese Posten werden explizit nachbesetzt, obwohl sie von Personen ver­lassen worden sind, die in Frühpension gehen und noch nicht 55 Jahre alt sind. Vielleicht können Sie mir noch einmal beantworten, wie das gehen kann. Ich denke nämlich, dass diese Erklärung ausständig ist. Vielleicht gibt es hier noch weitere Rechtslücken, die aufzuklären sind – ansonsten hoffe ich, dass sich der Rechnungshof


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möglichst bald damit auseinander setzen und klären wird, ob hier eine Gesetzes­verfehlung vorliegt oder nicht. (Beifall bei den Grünen.)

19.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer.

 


19.46

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staats­sekretäre! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Dienstrechts-Novelle gibt uns zu einem großen Teil die Möglichkeit, unserer Verpflichtung nachzukommen, Kräfte für inter­nationale Einsätze entsenden zu können. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir diesbezüglich entsprechende Verträge unterzeichnet haben, Verpflichtungen eingegan­gen sind und in den nächsten Jahren 1 500 Soldaten bereitstellen müssen, die rasch ausgebildet und entsprechend mit Gerät ausgestattet und gesichert in den Einsatz gehen können. Mit diesem Gesetz haben wir ein entsprechendes Anreizsystem geschaf­fen.

Meine Damen und Herren! Die Petersberg-Aufgaben sind wesentlich für die KIOP-Einsätze, und ich erinnere Sie daran, dass diese Petersberg-Aufgaben und Peters­berg-plus in erster Linie natürlich friedenserhaltend, aber auch friedensstiftend sind beziehungsweise der Terrorabwehr und der Katastrophenhilfe dienen.

Es wird in diesem Anreizsystem für zeitlich befristete Soldaten – nämlich drei bis sechs Jahre – einen Sondervertrag geben, so wie für Vertragsbedienstete, der auch ein Leistungsvertrag sein wird, sodass man bei der Lohnanpassung entsprechend flexibler sein kann. Die Vorteile der betrieblichen Mitarbeitervorsorge, also Abfertigung-Neu und Pensionskassenregelung, sind selbstverständlich inkludiert, und somit haben diese neuen Vertragsbediensteten und Soldaten auch eine Sonderstellung. Es ist auch eine ent­sprechende Zulage, eine Bereitstellungsprämie von monatlich 336 € und für Berufs­soldaten zusätzlich 100 € vorgesehen – es wird aber noch verhandelt, ob man hier noch Zulagen erhöhen kann –, und 200 € sind für befristete Dienstverträge vorge­sehen.

Diese Auslandsverwendung wird natürlich für Definitivstellungen herangezogen werden und auch für Aufstiegsmöglichkeiten von entsprechender Bedeutung sein. Wenn man innerhalb des Bundesheeres eine höhere Position einnehmen möchte, wird diese Aus­landsverwendung sicherlich von Bedeutung sein.

Abschließend möchte ich noch die Schaffung von Hilfeleistungsbestimmungen für Sol­daten erwähnen, weil diese doch für die Hinterbliebenen einen schönen Betrag von 109 000 € sichern.

Und als letzter Punkt ist auch noch die Gleichstellung von Sanitätsoffizieren und Kran­kenpflegern in den zivilen Krankenanstalten, damit sie die gleiche Entlohnung erhalten, zu erwähnen.

Es ist dies ein Gesetz, meine Damen und Herren, das es uns ermöglicht, KIOP-Sol­da­ten in friedenssichernde Einsätze zu entsenden. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

19.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Brader.

 


19.50

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Staatssekretäre! Ich möchte zum Bundesgesetz, mit dem das


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40. Sitzung / Seite 209

Bundes-Bedienstetenschutzgesetz geändert wird, sprechen. Sicherheit und Gesund­heits­schutz sind wichtige Anliegen, denn Arbeit darf und soll nicht krank machen. Entsprechende gesetzliche Regelungen sind aber immer wieder auf ihre tatsächliche Effizienz hin zu überprüfen, und Überflüssiges, das nicht den tatsächlichen Intentionen entspricht, ist zu streichen.

Mit diesem Ziel wurde vor zwei Jahren das Arbeitnehmerschutzgesetz reformiert. Diese Regelungen für den Bereich der Privatwirtschaft sollen nun auch für den Bun­des­dienst Geltung erlangen, um auch hier unnötigen Verwaltungsaufwand hintan­zustellen und Einsparungspotentiale zu nutzen.

Die Rechtsvorschriften für den Dienstnehmerschutz verfolgen insgesamt die gleichen Ziele, die auch dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu Grunde liegen, nämlich durch vor­beugenden Bedienstetenschutz Dienstunfälle, Berufskrankheiten und sonstige arbeits­bedingte Erkrankungen zu vermeiden und allen Bediensteten ein Arbeitsleben und einen Ruhestand ohne arbeitsbedingte Beeinträchtigung zu ermöglichen.

Ich lege Wert darauf festzustellen, dass die in Österreich geltenden Bestimmungen sehr gut sind und auch so erhalten bleiben sollen. Trotzdem, glaube ich, muss man im Sinne einer schlankeren Verwaltung immer wieder reformieren und neu überdenken.

Was verändert sich nun konkret? – Die Meldepflichten, die Unterweisung der Bediens­teten, die Einsatzzeiten von Arbeitspsychologen, Toxikologen, Chemikern, Ergonomen und anderen Experten können zukünftig in jene Zeiten eingerechnet werden, die bisher ausschließlich für den Präventionseinsatz von Arbeitsmedizinern vorgesehen waren. Dasselbe gilt auch für Folgeevaluierungen.

Für Dienststellen mit mehr als 50 Bediensteten sieht das neue Gesetz künftig die Möglichkeit vor, auch Personalvertreter zu Sicherheitsvertrauenspersonen zu bestim­men. In Dienststellen mit geringem Gefährdungspotential braucht künftig erst ab einer Schwellenzahl von 250 statt bisher 100 ein Arbeitsschutzausschuss gegründet werden. Zwingende Aushangpflichten sollen wegfallen.

Die zu erwartenden Einsparungen für den Bund betragen rund 890 000 € pro Jahr. Meiner Meinung nach ist dieses Reformgesetz ganz im Sinne eines sorgsamen Um­ganges mit Steuermitteln. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schöls. – Bitte.

 


19.53

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit den nun zur Diskussion und in weiterer Folge zur Abstimmung vorliegenden Gesetzeswerken versuchen wir heute, eine Reihe von offenen Fragen zu klären. Ich bin froh darüber, dass es gelun­gen ist, in einer funktionierenden Sozialpartnerschaft die gehaltspolitische Frage zu klären, und dies in einer Art und Weise, wie man es auf Grund des Verhaltens mancher Gewerkschafter in den letzten Wochen ja nicht mehr angenommen hätte. Vielleicht hätten sich manche sogar darüber gefreut, wenn auch die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes einem gewissen Herdentrieb gefolgt wären.

Es wurde hier in einer vorbildlichen Art und Weise, in einer zivilisierten Verhand­lungskultur ein Gehaltsabschluss erzielt, der die Rechte der öffentlich Bediensteten, die sozialpolitischen, die gehaltspolitischen Rechte der öffentlich Bediensteten, regelt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)


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40. Sitzung / Seite 210

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich bitte alle hier, dass wir als Politiker uns entsprechend dagegen verwahren, wenn in den Medien geschrieben steht: Die öffentlich Bediensteten kosten den Steuerzahler ...! Dieser Gehaltsabschluss mit 1,85 Prozent ist etwas, was sich die im öffentlichen Dienst Tätigen, so wie alle anderen Arbeitnehmer auch, verdienen. Und alle die, die schreien, dass es zu wenig Gen­darmen, zu wenig Polizisten und zu wenig Krankenschwestern gibt, sind aufgerufen, hier auch zu sagen, dass diese mediale Darstellung, dass die öffentlich Bediensteten den Steuerzahler etwas kosten, einfach ungerechtfertigt ist. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen öffentlich Bediensteten für ihre Leistung für die Gesellschaft auch ent­sprechend bedanken! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Wir regeln mit den heutigen Dienstrechtsgesetzen aber auch eine Reihe von anderen Dingen; das wurde bereits angesprochen. Eines dieser Dinge ist die internationale Solidarität in Form der KIOP-Bereitstellungsprämie. Meine sehr geschätzten Damen und Herren der Sozialdemokratie! „Solidarität“ ist nicht nur der Titel einer Gewerk­schafts­zeitung, sondern Solidarität muss auch in Europa in vielen Fragen geweckt werden. Daher sind wir auch verpflichtet, den betreffenden Soldaten eine ent­spre­chende materielle Absicherung zu geben, ebenso wie den Hinterbliebenen derjenigen, die bei Assistenzeinsätzen im Inland als auch im Ausland ums Leben kommen.

Es wurden auch die Privilegien der öffentlich Bediensteten angesprochen. Es wurde eine Regelung getroffen, wonach der Bezug von Kinderbetreuungsgeld jetzt auch für die im öffentlichen Dienst Tätigen möglich sein wird.

Ich darf daran erinnern, dass mit dem Bedienstetenschutz-Reformgesetz für den öffent­lichen Dienst nachvollzogen wurde, was seit 2001 für die Arbeitnehmer im Bereich der Privatwirtschaft Gültigkeit hat. Daher bitte ich alle, zu überlegen, wie „gerechtfertigt“ der Vorwurf ist, dass die öffentlich Bediensteten nur die Privilegienritter sind.

Alles in allem sind dies gute Vorlagen. Daher: Ein Glückauf den Verhandlern in der Ge­werkschaft, ein Danke dem Herrn Staatssekretär und allen, die dazu beigetragen haben, dass wir dieses gute Ergebnis heimbringen konnten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme. Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend die 2. Dienstrechts-Novelle 2003 in 320 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kolle­gen, einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen einen Zu­satzantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung sowie von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile – der Sys­tematik des Gesetzentwurfes folgend – und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 1 Ziffer 9a und Ziffer 52 in der Fas­sung des Ausschussberichtes.


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Ich ersuche jene Abgeordneten, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé haben einen Abänderungsantrag be­treffend Artikel 1 Ziffer 62 und Ziffer 75 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffer 80a in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 83 eingebracht.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies ein­stimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 83a in Artikel 1 einge­bracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffern 113, 115 und 118a in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 119a in Artikel 1 eingebracht.

Ich bitte jene Abgeordneten, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies die Min­derheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffer 127 und Ziffer 130 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 130a in Artikel 1 eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit ab­gelehnt.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffern 134a und 134b in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies ein­stimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben ei­nen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 136 eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.


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40. Sitzung / Seite 212

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffer 153a, Artikel 2 Zif­fern 10 bis 17, Ziffer 18, Ziffer 19, Ziffer 24, Ziffer 25, Ziffer 26, Ziffer 45, Ziffer 48 und Ziffern 50 bis 51 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben ei­nen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 Ziffer 52 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 Ziffern 53 bis 67 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies ein­stimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 Ziffer 68 eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 Ziffern 69 bis 71 sowie Ziffer 72 litera a in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 Ziffer 72 litera b eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über den Artikel 2 Ziffern 73 bis 85 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 Ziffer 86 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 Ziffern 87 bis 89, Ziffern 91 bis 95, Ziffer 97, Ziffer 98, Ziffern 99 bis 101, Ziffern 107 bis 121, Ziffern 124 bis 132, Ziffern 134 bis 140, Ziffer 142, Ziffer 143, Artikel 3 Ziffer 7a, Ziffer 9a, Ziffer 9b, Ziffer 12a, Ziffer 17, Ziffer 23, Ziffer 29a sowie Ziffer 30a in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Abgeordneten, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen weiteren Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 Ziffer 30b eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 Ziffern 30c bis 30j, Ziffer 65a, Ziffer 67a und Ziffer 67b in der Fassung des Ausschussberichtes.


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40. Sitzung / Seite 213

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 Ziffer 71 eingebracht.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 Ziffer 74a und Ziffer 77 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 Ziffer 82 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 Ziffer 83a, Ziffer 85a, Ziffer 85b und Ziffer 88a in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Abgeordneten, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen weiteren Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 Ziffer 90a eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 Ziffern 98a bis 98k, Ziffer 105, Ziffer 105a, Ziffer 107a, Ziffer 111, Artikel 4 Ziffern 2a bis 2c, Ziffer 14a, Ziffer 15, Ziffern 15a bis 15d, Ziffer 18, Artikel 5 Ziffer 3, Ziffer 5a und Ziffer 5b in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Es ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 6a in Artikel 5 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 5 Ziffer 9 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Abgeordneten, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer ... – Es ist besonders interessant, wenn während der Abstimmung auch noch telefoniert wird! Das ist eindeutig zuviel.

Die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 9a in Artikel 5 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Es ist das die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 6 Ziffer 3 und Ziffer 6a in der Fassung des Ausschussberichtes.


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40. Sitzung / Seite 214

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 7a in Artikel 6 eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist das die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 6 Ziffer 11 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen haben einen weiteren Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 11a in Artikel 6 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist das die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 Ziffer 21a, Ziffer 27, Ziffer 28a, Ziffer 30a, Ziffer 33a und Ziffer 34a in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 38a in Artikel 7 samt entspre­chender Änderung der nachfolgenden Ziffernbezeichnung eingebracht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 Ziffer 38a und Ziffern 39 bis 42 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend die Einfügung einer Ziffer 42a in Artikel 7 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 8 Ziffer 7a, Ziffer 12 sowie Artikel 13 Ziffer 11a und Ziffer 14 betreffend § 45 Absatz 23 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein be­jahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend ein Be­dienstetenschutz-Reformgesetz samt Titel und Eingang in 284 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Er ist hiermit mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das Gesetz ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

15. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (312 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird (322 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tages­ordnung.

Erster Debattenredner ist Abgeordneter Parnigoni. Ihre Uhr ist wunschgemäß auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


20.12

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Nach diesem Abstimmungsmarathon beschäftigen wir uns nun mit der Novellierung des Informationssicherheitsgesetzes. Ich möchte festhalten, die Regierung hat es verabsäumt, die Mängel und die bedenklichen Passagen, auf die in der letzten Debatte dieses Gesetzes im Dezember 2001 hingewiesen wurde, zu beheben und zu über­arbeiten.

Sie erinnern sich, damals hat die SPÖ sehr nachdrücklich auf den restriktiven Cha­rakter dieses Gesetzes hingewiesen. So sind zum Beispiel Haftstrafen von bis zu einem halben Jahr vorgesehen, wenn etwa vertrauliche Informationen aus den Dienst­stellen des Bundes unberechtigt veröffentlicht werden, also die drei Geheim­haltungs­stufen vertraulich, geheim oder streng geheim nicht eingehalten werden. Bei der Höhe der angedrohten Haftstrafe ist natürlich die Verhältnismäßigkeit dieser Strafe durchaus zu hinterfragen, und darauf muss hingewiesen werden.

Weiters war damals die Debatte darüber, wie die Publikation heikler Regierungs­doku­mente durch die Medien erschwert wird und unserer Meinung nach auch das Recht der freien Meinungsäußerung, der Informationsfreiheit eingeschränkt wird. Bedauerlicher­weise können wir über Veränderungen dieser Punkte nicht debattieren. Sie sind nicht vorgesehen. Es sind keine Änderungen seitens der Regierung erfolgt.

Mit der heutigen Novelle ist eine Erweiterung dieses Gesetzes vorgesehen, nämlich auf Unternehmer und deren Mitarbeiter, die sich um die Erteilung internationaler Aufträge bei Projekten bemühen, wo besonders hohe Sicherheitsstandards verlangt werden, etwa bei ESA-Aufträgen. Hier geht es darum, dass auch Personen, die im Zuge ihrer beruflichen Tätigkeit ganz einfach Informationen erhalten, die als vertraulich, geheim oder streng geheim eingestuft sind, einer Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitspolizeigesetz unterzogen werden, damit das Unternehmen für diese Arbei­ten auch die Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigung bekommen kann.

Uns ist die Wichtigkeit durchaus bewusst, nämlich für jene Unternehmen, die in zwi­schenstaatlichen Kooperationen eine Teilnahme an Forschungsprogrammen wie jenen der ESA suchen, um auch die entsprechende Arbeit, die entsprechenden Aufträge zu


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40. Sitzung / Seite 216

erhalten. Uns ist auch klar, dass eine Voraussetzung für solche Kooperationen durch­aus die Einhaltung strenger Sicherheitsstandards innerhalb des Unternehmens ist.

Allerdings, Hohes Haus, können wir nicht nachvollziehen, warum es eine derartige Eile hat, dass dieser Passus beschlossen werden soll. Bei einer derart heiklen Materie, die ja wieder auch die Fragen des Datenschutzes releviert, welche die Beibehaltung der Intimsphäre der ArbeitnehmerInnen berührt, ist es eigentlich unverständlich, warum es überhaupt kein Begutachtungsverfahren gegeben hat und warum diese Novelle im Eilzugsverfahren hier durch das Parlament gepeitscht werden soll.

Diese Vorgangsweise ist typisch für den Umgang der Regierung mit dem Parlament. Es wären wichtige Fragen zu klären, etwa dass bei der Geheimhaltungsstufe streng geheim sogar Familienmitglieder im Haushalt des zu überprüfenden Mitarbeiters einer solchen Überprüfung unterzogen werden sollen. Da stellt sich für uns schon die Frage: Wie soll das vor sich gehen? Wie ist das geregelt, dass Personen, die nicht zum Un­ternehmen gehören, etwa von einer solchen Überprüfung informiert werden? Erhalten sie überhaupt Kenntnis davon? Bedarf es deren Zustimmung? Das ist alles nicht ge­regelt. Es sind auch diese Problemfelder seitens der Regierung nicht breiter etwa im Begutachtungsverfahren diskutiert worden. Das ist nicht geschehen.

Die grundsätzlichen Mängel, die wir schon im Dezember 2001 kritisiert haben, sind nicht behoben worden. Daher können wir dieser Vorlage nicht zustimmen.

FPÖ und ÖVP werden natürlich jetzt behaupten, die Sozialdemokraten verhindern das Erlangen von Aufträgen durch die Unternehmen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass diese Vorgangsweise mehr als unredlich ist. Redlich hingegen ist es natürlich, dass man die Rechte der Menschen, die für den geschäftlichen Erfolg der Unternehmungen verant­wortlich sind, beachtet. Dazu fühlen wir uns im Gegensatz zur Regierung verpflichtet.

Der Satz von Peter Schieder von damals hat heute genauso Gültigkeit: Es wird der Tag kommen, an dem nicht jene bestraft werden, die Geheimnisse verletzen, sondern die, die sie vor den Bürgern haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte.

 


20.18

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die vorgesehene Änderung des Informationssicherheits­gesetzes ist eine notwendige Maßnahme, die es österreichischen Unternehmen und Institutionen ermöglichen soll, an Forschungsprogrammen wie zum Beispiel jenen der ESA ungehindert teilzunehmen.

Vor zwei Monaten wurde mit der Europäischen Weltraumorganisation ein diesbe­zügliches Sicherheitsübereinkommen unterzeichnet. Das Vorliegen einer staatlichen Bescheinigung über die Einhaltung gewisser Geheimhaltungsstandards in den betref­fenden Unternehmen und Forschungsinstitutionen wird darin als Bedingung für die Teilnahme genannt. Für die Umsetzung des Sicherheitsübereinkommens fehlte aller­dings noch eine wesentliche Grundlage, nämlich die gesetzliche Möglichkeit, auf An­trag den entsprechenden Firmen und Forschungseinrichtungen eine solche Sicher­heits­unbedenklichkeitsbescheinigung zu gewähren.

Um aber auch jenen speziellen völkerrechtlichen Verpflichtungen gerecht zu werden, die zum Schutze militärischer Informationen bestehen, stellen die Abgeordneten Dr. Baum­gartner-Gabitzer, Scheibner und Kollegen folgenden Antrag:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Scheibner und Kollegen zur Re­gierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheits­gesetz geändert wird (312 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (322 d.B.)

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Ziffer 4 wird in § 12 folgender Absatz 6 angefügt:

„(6) Ist der Antrag im Sinne des Abs. 1 beim Bundesminister für Landesverteidigung zu stellen, so obliegt diesem die Feststellung, ob eine Einrichtung den in der Infor­mations­sicherheitsverordnung (§ 6) vorgesehenen Schutz für klassifizierte Informationen der im Antrag bezeichneten Klassifizierungsstufe gewährleisten kann. Abs. 3 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass an Stelle der Sicherheitsüberprüfung eine Verlässlich­keits­prüfung gemäß § 23 und 24 Militärbefugnisgesetz, BGBl I Nr. 86/2000, durchzu­führen ist. Der Bundesminister für Landesverteidigung ist ermächtigt, durch Verord­nung eine dem Bundesministerium für Landesverteidigung nachgeordnete Dienststelle an seiner Stelle mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben zu betrauen.“

Begründung

Im Bereich der militärischen Landesverteidigung bestehen spezielle völkerrechtliche Verpflichtungen zum Schutz militärisch klassifizierter Informationen, welche von Part­nerstaaten zur Verfügung gestellt werden. Bei Projekten der Industrie und Forschung im Bereich der militärischen Landesverteidigung sollen daher die Verlässlichkeits­prü­fun­gen nicht vom Bundesminister für Inneres nach dem Sicherheitspolizeigesetz, sondern vom Bundesminister für Landesverteidigung nach dem Militärbefugnisgesetz durchgeführt werden.

*****

Geschätzte Damen und Herren! Kommen wir zu den Perspektiven, die uns dieses Gesetz eröffnet. Österreich ist schon jetzt ein Lieferant von Know-how und wichtigen Hightech-Produkten für die europäische Raumfahrt. Damit sich dieser Prozess auch weiterhin erfolgreich entwickeln kann, ist dieses Gesetz notwendig.

Indem wir die Teilnahme österreichischer Unternehmungen und Forschungsein­richtun­gen zum Beispiel am Satelliten-Navigationsprogramm GALILEO ermöglichen, ist die Her­stellung am Produktionsort Hightech gesichert. Ich glaube, das ist in unserer aller Sinne. Ich bitte daher, dieser Vorlage die Zustimmung zu geben. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Scheibner und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


20.22

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Eigentlich reicht es, wenn ich Ihnen sage, dass ich schon allein deshalb diese Vorlage ablehnen würde, weil ich es als eine Zumutung empfinde, dass man in der


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40. Sitzung / Seite 218

zweiten Lesung einen Abänderungsantrag zu einem Gesetz einbringt. Und darüber hat noch niemand ein Wort verloren – auch nicht der Erstredner der Regierungskoalition –, warum das so sein soll, dass man kein Begutachtungsverfahren macht, jedoch in der zweiten Lesung einen Abänderungsantrag von dieser Länge einbringt.

Was denken Sie sich von ÖVP und FPÖ bei einer Regierungsarbeit, die so gestaltet ist, dass es keinen einzigen Sitzungstag und keinen Gesetzesbeschluss gibt, zu dem nicht seitens der Regierungsparteien Abänderungsanträge in zweiter Lesung einge­bracht wurden?! Keine Regierung dieser Welt könnte es sich erlauben, irgendein Par­lament mit einer solchen Vorgangsweise zu konfrontieren! Das erlaubt sich wirklich nur eine schwarz-blaue Bundesregierung! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Nein, auch eine rot-schwarze!)

Wir haben schon einmal eine Änderung des Sicherheitsinformationsgesetzes abge­lehnt – und das aus guten Gründen. Und nichts hat es gegeben, warum wir unsere Meinung dazu hätten ändern sollen! Ganz im Gegenteil: Jetzt wird es nur noch schlimmer! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. (Abg. Brosz – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Scheibner –: Bitte einen Abänderungsantrag!)

 


20.23

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Terezija Stoisits, du bist ähnlich lange hier im Hohen Haus wie ich: Wir haben noch ganz andere Zeiten erlebt, als sogar noch der vorletzte Redner der großen Koalition dicke Abänderungsanträge eingebracht hat (Widerspruch bei der SPÖ), wiewohl ich sage, dass auch ich nicht glücklich darüber bin, dass wir von manchen Ministerien – allerdings notwendige – Abänderungsvorschläge sehr kurzfristig bekom­men. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Kollege Parnigoni, diese Ablehnung verstehe ich nicht, denn wir brauchen dieses Gesetz, wir brauchen auch diese Änderung, damit Österreich die Möglichkeit hat, an inter­nationalen Forschungs- und Entwicklungsprogrammen im Bereich der Hoch­technologie mitzuarbeiten. Und da sind Verschwiegenheit und Geheimhaltung not­wendig, sonst ist man bei diesen Projekten nicht dabei.

Im Sinne der Schaffung und Erhaltung von hochwertigen Arbeitsplätzen in Österreich und der Teilnahme österreichischer Firmen an diesen Projekten ist diese Geset­zes­änderung notwendig, und deshalb sollten wir alle diese Gesetzesänderung und auch diese Abänderung beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 312 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 4 des Gesetzentwurfes einge­bracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 312 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantra-


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ges der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 292/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung der Presse erlassen (Presseförderungsgesetz 2004) sowie das KommAustria-Gesetz und das Publizistikförderungsgesetz geändert werden (323 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap mit einer freiwilligen Redezeit­beschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

 


20.26

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Vorausschicken möchte ich Fol­gendes, bevor ich auf den eigentlichen Tagesordnungspunkt eingehe: Es sollte sich die Regierung ein bisschen bemühen, bessere Gesetze auszuarbeiten, denn diese Orgie an Abänderungsanträgen zeigt ja nur, dass in Ihrer Koalition ziemlich schludrig und schleißig gearbeitet wird, sodass das nicht unbedingt ein Ausweis für eine sehr kon­zentrierte Tätigkeit ist.

Wahrscheinlich stecken dahinter auch sehr viele Unebenheiten, sehr viele Auseinan­dersetzungen und Meinungsverschiedenheiten. Das hat sich ja auch gezeigt am Zustandekommen dieses Presseförderungsprojektes, wo es sehr, sehr lange gedauert hat, bis man da überhaupt mit Vorschlägen, mit einer Vorlage konfrontiert wurde. (Abg. Mag. Molterer: Ein gutes Gesetz!) Und als man diese Vorlage dann sah (Abg. Mag. Molterer: Wer ist „man“?), war man eigentlich sehr enttäuscht.

Was war denn das Ergebnis von dieser Vorlage? – Ich meine, einige Zeitungen werden gar nicht enttäuscht gewesen sein, aber die Wahrheit ist: Als die „Presse“ immer weniger von der alten Förderung bekommen hat und der „Standard“ hinausgefallen ist, ist schön langsam das Bundeskanzleramt munter geworden, Herr Staatssekretär Morak, und dann hat man sich endlich bemüht, Schritte zu setzen.

Um mich richtig zu verstehen: Ich halte den „Standard“ und die „Presse“ für zwei Qua­litätszeitungen. Selbstverständlich! Und natürlich muss man alles dafür tun, damit auch weiterhin diese Produkte hergestellt werden können. Was jedoch eine Ausgewogenheit mit anderen Zeitungstiteln anlangt, so kann ich eine solche in Wirklichkeit nicht er­kennen: Das neue System, den neuen Schlüssel, den Sie gefunden haben, befindet sich auf einem weit niedrigeren Niveau als die frühere Allgemeine beziehungsweise Be­sondere Presseförderung. Jetzt gibt es die so genannte Vertriebsförderung anstelle der Allgemeinen Presseförderung mit 4,91 Millionen €, wenn ich das richtig sehe. Dann gibt es die Besondere Presseförderung mit 7,21 Millionen € und die Qualitäts- oder


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Journalistenförderung mit 1,81 Millionen €. Das ist schon ein ganz schön niedriger Level, ein weit, weit niedrigerer Level. Und dazu kommt noch, dass der Entfall durch die Streichung über den Postversand, der eigentlich eine Subvention war – in alter Währung: fast 700 Millionen Schilling –, nur zu einem Bruchteil aufgewogen wird und eigentlich die gesamte Presseförderung eine radikale Kürzung erfahren hat, sodass daher für sehr viele Zeitungen – außer „Presse“, „Standard“, „WirtschaftsBlatt“ und ver­schiedene Kirchenzeitungen, um das einmal auf den Punkt zu bringen – nur marginale kleine Zuwächse beziehungsweise eher Verluste zu verzeichnen sind. Das führt natürlich zu einer eklatanten Wettbewerbsverzerrung.

Daher ist der Unmut, der von so manchen Zeitungsherausgebern geäußert wurde, völlig berechtigt. Es sind doch bitte auch die „Salzburger Nachrichten“ eine Qua­litätszeitung; vielleicht auch noch die eine oder andere Bundesländer-Zeitung. Viel­leicht hat der „Kurier“ ein bisschen zu oft den Pröll und zu wenig den Schlüssel ge­bracht, sodass er halt jetzt ein bisschen „abgestraft“ wird. Und vielleicht ist das bei den Magazinen wie „NEWS“ und anderen Wochenzeitungen ähnlich, sodass diese sich eben beschwert haben, dass das zu einer – man hat das ein bisschen korrigiert im Nachhinein – Benachteiligung der Wochenzeitungen gegenüber Tageszeitungen geführt hat.

Es ist da also kein neues System gefunden, sondern ein willkürliches System gewählt worden. (Abg. Dr. Fasslabend: So habt ihr es gemacht!) Sie haben sich offensichtlich einfach hingesetzt und gesagt: Jetzt schauen wir uns einmal an, wen wir mögen und wen nicht – aus welchen Gründen auch immer. Da hat es natürlich einige gegeben, wo Sie Gott sei Dank gezwungen waren, Schritte zu setzen, und es wäre wirklich schade ge­wesen, wenn die „Presse“ oder der „Standard“ andernfalls echte Probleme bekom­men hätten; keine Frage! Aber das Volumen, das diese beiden jetzt dazubekommen und das die anderen sozusagen jetzt als Wettbewerbsverzerrung spüren, möchte ich schon kritisch anmerken.

Daher ja zu den Erhöhungen für diese Zeitungen, aber nein dazu, dass die anderen nichts bekommen, und nein zu diesen niedrigen Volumen oder diesen gigantischen Kürzungen, die in diesem Förderungsbereich insgesamt zu beobachten sind.

Und zu guter Letzt möchte ich noch hinzufügen: Unser Vorschlag zielt auf eine allge­meine Medienförderung ab. Uns wäre es auch darum gegangen, dass man auch Non-profit-Radios, Internetplattformen mit einbezieht, dass man sich wirklich eine umfas­sendere Medienförderung überlegt und dies nicht wieder auf diesen Printmedien­bereich beschränkt.

Das heißt, das Ziel muss sein, es muss möglichst viele Zeitungstitel, also eine Vielfalt geben, es muss aber auch Qualität geben. Und da, glaube ich, gehören natürlich die Journalistenförderung, die Journalistenausbildung, die Lehrredaktionen dazu, das ist eine wichtige Sache. Es wäre gut, wenn alle Zeitungen die Möglichkeiten hätten, in diesem Bereich tätig zu sein, damit junge Journalistinnen und Journalisten die ersten Schritte in einer Redaktion setzen können.

Resümee ist: Es ist unbefriedigend, es ist kein neues System. Es schafft in Wirklichkeit Wettbewerbsverzerrung, es ist ungerecht, und es ist generell natürlich viel zu wenig. Das ist das Motiv, warum die sozialdemokratische Fraktion dieser Vorlage selbstver­ständlich nicht zustimmen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

20.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.

 



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40. Sitzung / Seite 221

20.32

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekre­tär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß nicht, woher Kollege Cap die Inhalte für seine Ausführungen nimmt. Er kann sich nicht mit dem vorliegenden Gesetz befasst haben, denn all das, was er vorgeworfen hat, kann ich eigentlich nicht in die­sem Gesetzentwurf erkennen. Tut mir Leid! (Abg. Dr. Niederwieser: Weil Sie es nicht gelesen haben!)

Erstens haben Sie uns vorgeworfen, es werde um so viel weniger, Herr Kollege Cap. Es ist vielleicht insgesamt zu wenig. Das ist eine Kritik, die man fast überall anbringen kann, das ist keine Frage, wenn Geld ausgeschüttet wird. Tatsache ist aber, es ist ge­nauso viel wie vorher, das wissen Sie auch ganz genau: Es waren 13,9 Millionen €, und auch jetzt werden 13,9 Millionen € ausgeschüttet.

Es ist richtig, es ist lange verhandelt worden, zwei Jahre lang, und es ist natürlich, wie jedes Gesetz, ein Kompromiss. Ich denke aber, dass diese neue Presseförderung, ganz im Gegensatz zu der von Ihnen geäußerten Meinung, die Medienvielfalt in Öster­reich durchaus weiter fördert oder sie zu erhalten hilft und auch eine Qualitäts­sicherung darstellt.

Recht gebe ich Ihnen in einem Punkt, immerhin: Was ich auch besonders bemer­kenswert finde und auch besonders hervorheben möchte, ist, dass es diesmal unter dem Titel „Qualitätsförderung und Zukunftssicherung“ mehr Geld für die Journalisten­ausbildung gibt. Für die Auslandskorrespondenten gibt es Zuschüsse, für die Journalis­tenakademien und für Presseklubs. Das ist eine gute Sache und ist ausdrücklich her­vorzuheben.

Es gibt objektive Kriterien. Sie haben von Unausgewogenheit gesprochen. Woher Sie das nehmen, weiß ich nicht. Es ist das erste Mal wirklich objektiv, denn es richtet sich nach der verkauften Auflage und nach sonst nichts. Die verkaufte Auflage wird festge­stellt, die Daten kommen von der unabhängigen ÖAK. Die Förderung ist transparent, die Förderung wird auf der Homepage der KommAustria veröffentlicht. Es werden die Förderrichtlinien veröffentlicht, und es werden auch die Entscheidungen der Kom­mission veröffentlicht. Das System ist einfach, geht es doch im Gegensatz zu früher, wo es um komplizierte Bedingungen gegangen ist, letztlich nur mehr um die verkauften Auflagen.

Ich verstehe auch nicht Ihre Meldungen heute in den „Salzburger Nachrichten“, was die Förderung mit Politmotiven betrifft, denn man kann ja wirklich nicht unterstellen, dass der „Standard“ der Regierung besonders nahe steht oder die Regierung in gewisser Weise fördert. Das ist nicht eine Feststellung von mir, sondern eine Feststellung von den „Oberösterreichischen Nachrichten“.

Insgesamt kann ich für meine Fraktion sagen, wir glauben, dass es ein guter Kom­promiss ist, ein gutes Gesetz. Es stellt die Presseförderung auf neue Beine. Wir freuen uns darauf und werden diesem Gesetz gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


20.35

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospode! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Herr Staatssekretär, wir hatten ja schon die Freude, mit Ihnen über diesen vermeintlich großen Wurf in Bezug auf Presseförderung im Aus­schuss zu diskutieren. Ich sage „vermeintlich“ schon deshalb so süffisant, weil ich den


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Damen und Herren, die nicht im Ausschuss waren, nicht verhehlen kann, dass nicht diese Bundesregierung, sondern schon die vorherige Bundesregierung am 4. Februar 2000 angetreten ist, den großen Wurf im Zusammenhang mit der Medienförderung in Österreich vorzulegen.

Gut Ding braucht Weile, würde man sagen. Aber dieses Ding, das da auf Grund der ganz langen Weile entstanden ist, hat grobe Mängel, würde ich sagen.

Ich stehe nicht an, die Dinge hervorzustreichen, welche die Grünen für positiv an die­sem Gesetz halten. Dass die Journalistenausbildung verankert wurde, ist positiv, ist eine langjährige Forderung der Grünen. Ich kann mich noch Jahre zurück erinnern, der Herr Klubobmann auch. Das ist durchaus positiv. Die Frage der besonderen Pres­seförderung ist durchaus auch positiv zu bewerten. Es ist immer die Frage – ich habe es schon gesagt –, ist das Glas halb voll oder halb leer. Ich werde noch sagen, warum es halb leer ist.

Die Novellierung der Presseförderung mit dem Argument „Erhaltung der Vielfalt“ stellt durchaus eine Verbesserung des Status quo dar. Allerdings ist das Gesetz weit davon entfernt, ein großer Wurf zu sein, weil sozusagen nichts anderes gemacht wird, als anzuknüpfen an dem, was schon einmal gewesen ist. Also was da die großen Neuerungen sind, ist mir insgesamt schleierhaft.

Die Damen und Herren, die sich mit Medienangelegenheiten, der Herr Staatssekretär insbesondere, beschäftigen, wissen, dass den Grünen sehr an einer Medienförderung in diesem Land gelegen ist. Ich habe den Beginn der Rede des Kollegen Cap nicht gehört (Abg. Mag. Molterer: Nichts versäumt!), aber ich nehme an, er hat es auch betont. Wir verstehen unter Medien nicht nur Printprodukte (Abg. Dr. Cap: Habe ich auch gesagt!) und diese Art von Veränderungen, die jetzt vorgenommen wurden, son­dern der Medienbegriff ist für uns ein darüber hinaus gehender. Aber selbst wenn man ihn in der reduzierten Form sieht, ist es unzureichend, wie das Gesetz jetzt geändert wurde, denn – und das sage ich als Grüne – solange immer noch Parteizeitungen ge­fördert werden, etwas anderes sind das „Neue Volksblatt Salzburg“, das „Neue Volks­blatt Oberösterreich“ oder die „KTZ“ ... (Abg. Dr. Mitterlehner: Das sind Qua­litätszeitungen!) – Das sind Parteizeitungen, und es ist nicht ausgeschlossen, dass ei­ne Parteizeitung auch Qualität hat, aber es geht doch um die Frage der Mei­nungsvielfalt. Solange das der Fall ist, kann ich nicht von einem großen Wurf spre­chen.

Deshalb ist das Glas nicht halb voll, sondern das Glas ist ganz eindeutig halb leer.

Nichtsdestotrotz sind wir immer noch optimistisch, dass es bei der Frage der För­derung lokaler, nicht kommerzieller, freier Radios, dass es bei der Frage der Förderung neuer Medien, vor allem in Bezug auf Online-Medien, auch zu einem Wurf dieser Re­gierung kommt. Ich sage Ihnen, Herr Staatssekretär, mir ist hier auch ein kleiner Wurf recht. Ich warte nur auf einen Wurf, darauf, dass er kommt und dass Sie ihn endlich wagen. Denn solange dieses Werk nicht besteht, kann man in Österreich nicht davon spre­chen, dass die Maßnahmen, die gesetzt wurden, ausreichend dafür sind, um eine Verbreiterung der Medienvielfalt insgesamt konstatieren zu können.

Das alte Problem KommAustria, wo es um die Unabhängigkeit, die wirkliche Unab­hängigkeit der KommAustria geht, harrt ja auch noch einer Lösung.

Darum, Herr Staatssekretär, arbeiten Sie bitte weiter an der Medienförderung! Wir werden Ihnen keine Prügel vor die Füße werfen. Ganz im Gegenteil: Von uns können Sie jede Unterstützung erwarten, und Sie werden sie bekommen, wenn ein erfolg-


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reiches Produkt am Ende herausschaut. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Das ist ja jetzt schon da!)

20.40

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. – Bitte.

 


20.40

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es muss ja nicht immer gleich ein großer Wurf sein. Es reicht ja auch, wenn man ein besseres, ein verbessertes Gesetz zustande bringt. Das könnte man ja auch einmal positiv darstellen und nicht immer nur die schlech­ten Dinge sehen. Für uns ist es auch ein Kompromiss, der hier zustande gekommen ist, aber: Besser ein verbessertes Gesetz als überhaupt keine Verän­derung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Punkt ist: Die Mittel bleiben nun einmal unverändert, denn so viel Gelder stehen auch für andere Bereiche nicht zur Verfügung. Es ist halt nicht alles vermehrbar und vergrößerbar, wie Sie von der SPÖ sich das immer gerne vorstellen.

Wichtig ist, dass weitergearbeitet wird – Kollegin Stoisits hat das bereits gesagt – und dass es zu einer Evaluierung kommt. In relativ kurzer Zeit wird dieses Gesetz noch einmal evaluiert, und dann werden wir uns wahrscheinlich wieder hier an dieser Stelle treffen und darüber diskutieren, was man noch verbessern könnte. Das heißt also, man soll einen Schritt nach dem anderen machen.

Ein Punkt, der mir besonders wichtig ist, ist, dass es unter dem Titel „Qualitäts­förde­rung und Zukunftssicherung“ zu einer verbesserten Journalistenausbildung kommt, dass es Fördermittel gibt und eben auch da mehr Objektivität, Transparenz und Ge­rech­tigkeit in diesen Bereich hineingebracht werden.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich geradezu schon auf eine Fortsetzung dieser Diskussion, wenn es dann bei der Evaluierung zu einer weiteren Verbesserung kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

 


20.41

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich erst einen Dank formulieren an die beiden Ver­ant­wort­lichen in den Klubs, an Herrn Mag. Molterer und Frau Dr. Bleckmann, für diesen Initiativ­antrag. Man kann jetzt darüber reden, meine Damen und Herren, ob das ein großer oder eher ein kleiner oder vielleicht auch gar kein Wurf ist (Abg. Dr. Cap: Ein Würfchen!), ich meine jedenfalls: Wir haben die Möglichkeiten der Presseförderung an die Zeit angepasst, an die politische und an die mediale Realität in unserem Lande.

Ich meine weiters, dass etwas gelungen ist, meine Damen und Herren, und dass das eine echte Verbesserung im medialen Bereich darstellt. Es stellt das – wie der eine oder andere Redner hier ja schon bemerkt hat – eine Anerkennung für publizistische Leistungen dar, und es ist das auch eine Bestätigung für Vielfalt. Jedenfalls sind wir auch auf verschiedene Problematiken eingegangen. Der Werbemarkt einerseits sei hier angeführt, weiters die gestiegenen Papierpreise und selbstverständlich auch die Vertriebskosten.

Was die Höhe der Förderung anlangt – das ist hier auch schon angeklungen –, so ist diese gleich geblieben, nämlich 13,9 Millionen €. Das Ganze ist, wie ich meine, ein


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sinnvolles Instrumentarium, auch wenn man sieht, dass der Schwerpunkt Qualitäts­förderung im journalistischen Bereich um das beinahe Vierfache ausgebaut wurde. In diesem Zusammenhang verweise ich auf Lehrredaktionen, Journalistenausbildung, Auslandskorrespondenten und Leseförderung in der Schule.

Lassen Sie mich trotz meines klaren Bekenntnisses zur Presseförderung auch noch Folgendes ausführen: Die Presseförderung kann, wird und soll auch nicht unterneh­merisches Geschick ersetzen; der Markt kann und soll dabei nicht ausgeschaltet werden. Wir haben ja alle noch die negativen Beispiele vor uns: „AZ“ oder auch „Neue Zeit“. Denken Sie an die Förderbeträge, die in diese beiden Zeitungen hineingeflossen sind, und daran, wie es ihnen trotzdem ergangen ist. Daher nochmals: Unterneh­me­risches Geschick darf nicht ausgeschaltet werden.

Nicht ganz nachvollziehbar ist, warum gerade Blätter, die in ihrem Hauptverbreitungs­gebiet als Marktbeherrscher zu qualifizieren sind, ein solches Bedrohungsszenario mit Ihnen zusammen, Herr Klubobmann Cap, kreieren. Es ist ja geradezu etwas amüsant, wenn Sie verlangen: mehr Geld!, andererseits aber von „eklatanter Wettbewerbsver­zerrung“ sprechen. – Ich meine, im Zusammenhang mit der Presseförderung ist das eine etwas schüttere Dialektik.

Frau Abgeordnete Stoisits formulierte, der große Wurf wäre ausgeblieben. – Frau Ab­geordnete, denken Sie doch daran, dass wir nicht nur im Printmedienbereich eine Veränderung hervorgerufen haben, sondern auch im elektronischen Medienbereich, im Privatradiogesetz et cetera. Denken Sie an die Liberalisierung des Medienmarktes oder an die Filmförderung, die verdoppelt wurde! Denken Sie an den Digitalisierungs­fonds in Höhe von 7,5 Millionen €! Denken Sie an den Fernsehfilmfonds von 7,5 Mil­lionen €!

Ich bitte Sie, Frau Abgeordnete Stoisits, das etwas differenzierter zu sehen. Ich meine, die Bemühungen unserer Bundesregierung in diesem Bereich stellen für die Republik essentielle Verbesserungen im Zusammenhang mit Medien dar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Da hier auch von Polit-Motiven gesprochen wurde: Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, der Medienmarkt ist ein schwieriger und sensibler. Ich weiß ganz genau Be­scheid über die schwierigen Verhältnisse zwischen Politik und Medien. Und glauben Sie mir: Wenn wir auf der einen Seite die „Presse“ und auf der anderen Seite den „Stan­dard“ fördern, so stehen da keine politischen Motive dahinter. Gerade was den „Standard“ mit dessen regierungskritischem Kurs anlangt, kann uns wohl niemand vorwerfen, dass wir da irgendwelche parteipolitische Motivation hätten.

In diesem Sinne glaube ich, dass dieser Entwurf, der Ihnen hier zur Abstimmung vor­liegt, als ausgewogen bezeichnet werden kann. Auf die Realität der Szene wird dabei Rücksicht genommen, und ich würde mir wünschen, dass auch Sie von den Oppositionsparteien diesem Antrag – trotz Ihrer vorgebrachten Einwände – zustimmen könnten. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Witt­mann. – Bitte.

 


20.46

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Man kann nicht nur bei diesem Gesetz von keinem großen Wurf reden. Es ist bei ziemlich allem so, was diese Regierung angepackt hat: kein großer Wurf! (Abg. Großruck: Bei Ihnen als Staatssekretär haben wir überhaupt keinen Wurf gehabt!) Daher sind Sie offensichtlich auch bei diesem Gesetz Ihrem


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Motto treu geblieben – und es ist ein „Würfchen“ geworden. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kurz zusammengefasst, was an dieser Presseförderung nicht in Ordnung ist: Es werden eindeutig die Wochenzeitungen gegenüber den Tageszeitungen benachteiligt. Wenn man insbesondere bei der Vertriebsförderung für 15 Tageszeitungen mehr als die Hälfte aufwendet, während man für 48 Wochenzeitungen weniger als die Hälfte der Vertriebsförderung aufwendet, kann man nicht von einem gerechten Aufteilungs­schlüs­sel in diesem Bereich sprechen!

Ein besonderes „Zuckerl“ für Juristen ist jedoch die Formulierung des § 8 Abs. 3, um dann letztendlich die „Salzburger Nachrichten“ und den „Kurier“ zu benachteiligen. Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen, wie da vorgegangen wurde.

Absatz 3 normiert, dass die national marktführende Tageszeitung von der Förderung zur Gänze ausgeschlossen wird; überdies wird normiert, dass auch regional markt­führende Tageszeitungen davon ausgeschlossen sind. In jenen Bundesländern, in de­nen die national marktführende Tageszeitung auch regional marktführend ist, ist, ge­messen an der Verkaufsauflage, auch die zweitgrößte Tageszeitung von einer För­derung ausgeschlossen. Das betrifft ausschließlich die „Salzburger Nachrichten“ – und da kommt natürlich schon der Verdacht auf, dass man auf Grund deren Bericht­erstattung in den letzten Monaten nur wirklich diese Zeitung treffen wollte. Da hat man sich schon einige Mühe gegeben, diese Zeitung unbedingt von einer Förderung aus­zuschließen!

Das, meine Damen und Herren, ist nicht nur ungerecht, sondern für eine Zeitung, die den Anspruch hat, als Regionalzeitung eine relativ objektive Berichterstattung über das gesamte Bundesgebiet zu versuchen, ein echter Wettbewerbsnachteil. Eine For­mulierung zu erfinden, um gerade diese bestimmte Zeitung davon ausschließen zu kön­nen, dazu muss man schon einige Zeit überlegen, bis einem das „Passende“ einfällt.

Nochmals: Es ist einfach kein gutes Gesetz geworden. Und inhaltlich wäre noch anzumerken, dass Medien mehr sind als Printmedien. Auch in Bezug auf das Internet müsste man entsprechend zu fördern beginnen; ebenso müsste man auch die Freien Radios in eine Förderung aufnehmen. Man müsste die Medien in ihrer Gesamtheit betrachten – und nicht nur als Printmedien. Dieses Gesetz ist kein gutes Gesetz; es benachteiligt die Wochenzeitungen, beinhaltet nicht die angeführten Medien, eben solche, die keine Printmedien sind, und benachteiligt ganz eklatant eine Zeitung, noch dazu eine, die sich das nicht verdient hat! (Beifall bei der SPÖ.)

20.49

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


20.49

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Krokodilstränen der SPÖ fehlt mir wirklich jedes Verständnis. Dieses Gesetz bringt – und ich werde dann diese Punkte nennen – in drei Bereichen eindeutige Verbesserungen, die Sie von der SPÖ in der Zeit, in der Sie es in Ihrer Hand gehabt haben, die Presseförderung federführend zu gestalten, vermissen haben lassen.

Erstens: Mit diesem Gesetz kommen wir zu einer Transparenz. Ich erinnere nur daran, als Sie von der SPÖ versucht haben, die „Arbeiter-Zeitung“ zu retten. Damals gab es das Weißbuch zur Presseförderung. In diesem Weißbuch zur Presseförderung konnte man beim Jahresabschluss lesen: 1,7 Milliarden Schilling an Presseförderung. Wenn


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man dem aber genauer nachgegangen ist, hat man gemerkt, dass in Wirklichkeit mehr als 2 Milliarden Schilling an Presseförderung ausgeschüttet wurden: im wahrsten Sinn des Wortes ausgeschüttet, denn Sie von der SPÖ haben damals einfach 164 Millionen Schilling – ohne das irgendwie zu begründen – der „AZ“ hingeschoben. Das ist der eine Punkt!

Da Sie hier mit erhobenem Zeigefinger stehen: Sie waren da schon sehr kühn unter­wegs. Ich erinnere Sie von der SPÖ nur daran, dass zu Ihrer Zeit der Vorsitzende der damaligen Presseförderungskommission, Josef Riedler, gleichzeitig der Chef­redakteur der „Neuen Zeit“ in der Steiermark war – das war bekanntlich das Zentral­organ der steiri­schen SPÖ. Dieser Josef Riedler hat sich in den neunziger Jahren – und Sie hören richtig – selbst insgesamt 405 Millionen Schilling zugeschoben. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Kopf: Nein! Das gibt’s ja nicht! Das war ein Sozialdemokrat? Geh, nein!) Diese Summe des Sozialdemokraten Josef Riedler war in einzelnen Jahren höher als der Umsatz der Zeitung! – Wollen Sie diese Form von Presseförderung?

Da bedauere ich es, dass hier Millionen – Millionen! – an Förderungen ausgegeben worden sind! – Ich bin froh, dass diese Form der Presseförderung nunmehr ein Ende gefunden hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Das „Volksblatt“ hat das Doppelte gekriegt! – Rufe bei der SPÖ: „Volksblatt“! „Volksblatt“!)

Die „Südost Tagespost“ hat nie diese Förderungen bekommen, daher musste sie auch viel früher eingestellt werden. (Weitere Rufe bei der SPÖ: „Volksblatt“!) Ich bedauere es, dass Tageszeitungen in Österreich in der letzten Zeit mehrfach eingestellt werden mussten; aber es kommt ein Punkt, wo Förderungen nicht mehr vertretbar sind. (Neu­er­licher Ruf bei der SPÖ: „Volksblatt“!) – Das „Volksblatt“ ist im Vergleich zu dem, was bei der „Neuen Zeit“ und bei der „Arbeiter-Zeitung“ möglich war, eine Micky-Maus, sage ich Ihnen. Das ist alles andere als etwas, was man vergleichen kann. (Abg. Gaál: Man muss nur zusammenzählen! Zusammenzählen!)

Der dritte Punkt, den ich für ganz wesentlich halte: Es gelingt uns mit diesem Gesetz, im Qualitätsförderungsbereich und in der Zukunftssicherung schon ein Plus zu erreichen, wenn auch insgesamt die Mittel gleich bleiben. Wir haben hier immerhin eine Verdreifachung der Mittel, die in Hinkunft zur Verfügung stehen, nämlich für junge Journalisten und auch für Auslandskorrespondenten, womit es hier auch zu einer Neuerung, zu einer Verbesserung kommt.

Daher ist das Gesetz ein zukunftsweisendes und nimmt Gott sei Dank Abschied von parteipolitisch motivierter Presseförderung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: „Eurolim“! – Abg. Dr. Jarolim – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich bin immer froh über „originelle“ Zwischenrufe!)

 


20.52

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich weiß nicht, Herr Kollege Lopatka, woher Sie das beziehen, dass es sich bei dem, was da stattfindet, um eine Objektivierung handelt. Ich glaube, man kann, wenn man sich das anschaut, auch nicht sagen, dass das ein „Entwürfchen“ ist, sondern ich wäre, wenn man von der richtigen Richtung spricht, fast geneigt zu sagen, es ist der falsche Schritt in die falsche Richtung (Abg. Kopf: Welche ist die richtige Richtung? Die der SPÖ?) – aber das wäre eine Aufhebung; insofern glaube ich, es ist der falsche Schritt in die richtige Richtung. Es ist letztlich absurd, zu sagen, dass es sich hierbei um eine Verbesserung handelt.


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Wenn ich mir anschaue, wer hier wirklich zu Verbesserungen kommt, so sind das die „Eisenstädter Kirchenzeitung“ mit einer Versechsfachung, die „Furche“ mit einer Ver­fünffachung, die „Kirchenzeitung“ in Linz mit einer Vervierfachung, die „Kirche IBK“ – von 18 auf 85, das ist ebenfalls eine Verfünffachung –, das „Rupertusblatt“ – kenne ich nicht, hat aber jedenfalls eine Vervierfachung, und das „Vorarlberger Kirchenblatt“ hat eine Versechsfachung.

Damit zeigen Sie wenigstens Ihre Prioritätensetzung. Ich glaube halt, dass man insgesamt auch auf die gesamte Mediensituation Rücksicht nehmen muss. Wenn man diesen großartigen Schachzug, den Sie hier gesetzt haben – ich sehe da fast die Feder des Herrn Khol, den wir auch in der Vergangenheit stets erlebt haben als jemanden, der nahezu mit dem Schwert der Rache in den einzelnen Sondierungsgesprächen För­derungen herausgestrichen hat –, in Kombination mit anderen Ihrer Maßnahmen sieht, so denke ich mir, es ist wirklich eine bedauerliche Situation. Und es passt auch dazu, dass der ORF – den wir heute bei dieser Gelegenheit nicht diskutieren, aber den wir auch anschauen müssen – in seiner Qualität genauso versumpert. Und wenn wir heute miterleben, dass Sie bei den Gehirnen unserer Jugend sparen, indem Sie die Lehrer aus den Schulen herausnehmen, dann müssen wir sagen: „Vertölpelung“ ist vielleicht ein etwas hartes Wort, aber es ist in letzter Konsequenz nichts anderes, was Ihnen hier mehr oder weniger vor Augen schwebt.

Es ist eine beklemmende Situation in Europa – das möchte ich Ihnen schon sagen –, wenn wir sehen, dass wir uns hier von einer internationalen Qualität, einem inter­nationalen Standard in der gesamten Berichterstattung eigentlich in einer sehr, sehr peinlichen Form abheben.

Daher begrüße ich es auch, dass nächste Woche im ORF eine Veranstaltung statt­findet, die die Qualität der Nachrichtensendungen unter einem Herrn Mück, der die Wirklichkeit in einer Art und Weise nahezu verzerrt, muss man sagen, sodass man eigentlich schon nahezu glaubt, das Gegenteil von dem annehmen zu müssen, was wirklich dargeboten wird, auf einen Prüfstand stellt. Das ist das, was mich an dieser Diskussion freut, und ich danke all jenen, die veranlasst haben, dass diese Über­prüfung stattfindet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaál: Sehr nobel!)

20.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


20.55

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das zuerst hier abgeführte Zwischenruf- und Diskus­sionsduell hat ja gezeigt, worum es hier bei manchen anscheinend in erster Linie geht: darum, dass die Partei- oder die parteinahen Zeitungen (Abg. Eder: Es gibt ja keine mehr!) möglichst viel aus diesen Fördertöpfen bekommen können. Im Ausschuss stand ja auch die Frage zur Diskussion, ob eine dieser Zeitungen nichts bekommt – das war die Kritik der Opposition. Dann hat man nachgewiesen, dass dieses „Nichts“ weit über eine Million € im Jahr ausmacht.

Meine Damen und Herren! Da sehen wir nicht in erster Linie den Ansatz für eine öffentliche Förderung! Deshalb war unser Ansatz, der Ansatz der Freiheitlichen, Parteizeitungen gänzlich aus dieser öffentlichen Förderung auszuschließen. Das hätte auch unsere Parteizeitung betroffen, aber ich glaube, da sollte man nicht aus Eigen­nutz argumentieren, sondern das gänzlich abschaffen. Es ist zumindest zu einer Reduzierung gekommen – das ist ein Vorteil –, aber während dieser zweijährigen Evaluierungszeit sollte auch das ein Thema sein.


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Ein zweiter Punkt – und diesen halte ich für positiv – ist, dass die Qualitätskriterien selbst­verständlich weiterhin im Vordergrund stehen, dass auch die Vielfalt im Vordergrund steht und dass auch in Zukunft nicht jene Zeitungen bestraft werden, die innerhalb eines gewissen Rahmens auch versuchen, wirtschaftlich zu arbeiten und ein entsprechendes Inseratenaufkommen zu erhalten.

Deshalb geben wir dem Gesetz selbstverständlich die Zustimmung. Allerdings halten wir es nur für einen wichtigen Schritt in die Richtung einer weiteren Verbesserung und Weiterentwicklung einer sinnvollen Presseförderung in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Gaál: ... ist sicher ein Fehler!)

20.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abge­ordnete Machne zu Wort. – Bitte.

 


20.57

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach dem, was wir gerade über höchste Förderungen der SPÖ-nahen Presse gehört haben, freut es mich umso mehr, dass wir heute eine Änderung der Presseförderung beschließen. Dieses neue Presse­förde­rungs­gesetz nimmt auf die nicht leichte wirtschaftliche Situation der regionalen Print­medien Rücksicht. Es ist meines Erachtens ein gutes Gesetz. Vor allem die Regional­medien werden dadurch gestärkt, und gerade für die nicht so auflagenstarken Bezirks­wochenzeitungen und auch für die Tageszeitungen ist dieses Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung. Da Sie von Vertölpelung gesprochen haben, Herr Kollege Jarolim, möch­te ich Sie darauf hinweisen, dass auch die „KTZ“, die „Kärntner Tageszeitung“, ein SPÖ-Medium, unter diese Regelung fällt. (Abg. Gaál: Schauen Sie nur das „Volks­blatt“ an!) – Das kenne ich nicht. (Abg. Gaál: ... ÖVP-Zeitung! – Ruf bei der ÖVP: Das ist eine gute Zeitung!)

Nachdem sich in den letzten Jahren die Postgebühr für die Abonnentensendungen ganz wesentlich erhöht hat, wird mit dieser Änderung der Presseförderung auch ein Teil dieser Mehrkosten aufgefangen, und das halte ich für sehr wichtig. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Für die Maßnahmen der Qualitätsförderung und der Zukunftssicherung sowie der För­derung des Einsatzes von Auslandskorrespondenten, für die Förderung des Lesens von Zeitungen, insbesondere in den Schulen, für die Unterstützung von Forschungs­pro­jekten auf dem Gebiet des Pressewesens – und das ist neu, meine Damen und Herren – werden im Jahr 2004 immerhin 1,18 Millionen € veranschlagt, also wesentlich mehr als bisher, beziehungsweise das hat es bisher überhaupt nicht gegeben.

Ich danke daher der Regierung, auch im Namen der Regionen in Österreich, für die Vorlage dieser Gesetzesänderung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser zu Wort ge­meldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.59

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es von den Kollegen der Oppositions­parteien für wirklich billig, sich hier herzustellen und das neue Presseförderungsgesetz in der Form zu diskreditieren, dass noch mehr Förderungsmittel für noch mehr Förde­rungsempfänger gefordert werden. – Meine Damen und Herren! Auch wir würden gerne alle mit noch mehr Förderungsmitteln beglücken, aber in Anbetracht der be­grenz­ten Ressourcen mussten verschiedene Kriterien eingeführt werden. (Abg. Eder:


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... „Salzburger Nachrichten“! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sie kennen die neuen Bestimmungen sehr wohl!

Sie stellen sich hierher und verlangen, es mögen nicht nur die Printmedien gefördert wer­den, sondern auch der ORF – und Herr Dr. Wittmann will auch noch das Internet beglücken! – Bitte erklären Sie mir, wie und wo Sie die Mittel aufbringen wollen!

Mein Kollege Lopatka hat bereits ausgeführt: Ihr Modell der Presseförderung war das der Förderung von Parteizeitungen. Und selbst diese überhöhten Förderungen, die die „Arbeiter-Zeitung“ – bei der Sie, Herr Broukal, ja auch einmal als Redakteur begonnen haben – und die „NZ“ bekommen haben, selbst diese hohen – ja höchsten – För­derungen konnten diese Zeitungen nicht vor der Pleite retten. – Das ist Ihr Modell der Presseförderung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Schluss möchte ich noch auf eines hinweisen: Das neue Presseförderungsgesetz sieht vor, dass in Zukunft die Fördermittel nicht mehr von politisch abhängigen Per­sonen vergeben werden, sondern dass die Presseförderung der KommAustria zuge­ordnet wird und dass dort eine objektive Vergabe der Förderungen garantiert wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steibl: Super! Bravo!)

21.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Herr Abge­ordneter Broukal zu Wort. – 2 Minuten, Sie kennen die Geschäftsordnung.

 


21.01

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abge­ordnete Frieser hat gerade gemeint, ich hätte meine journalistische Karriere bei der „Arbeiter-Zeitung“ begonnen. – Das ist unrichtig! Ich habe keinen Tag meines Lebens bei der „Arbeiter-Zeitung“ gearbeitet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schieder: Das ist die Wahrheit! – Abg. Mag. Molterer: Ist er stolz darauf?)

21.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht. (Der Geräuschpegel im Saal ist hoch.)

Meine Damen und Herren! Wir gelangen jetzt zum wichtigsten Akt einer Debatte, nämlich zur Abstimmung, und ich würde bitten, die Gespräche etwas einzuschränken, die Zeitungen auf die Seite zu legen und sich daran zu erinnern, dass jeder, den ich beim Telefonieren sehe, von mir einen Ordnungsruf bekommt – eine Warnung an Han­nes Missethon und andere.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 323 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über die Regierungsvorlage (207 d.B.): Zusatzprotokoll zur Anti-Doping Konvention (315 d.B.)

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 17. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Haubner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.03

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsanwalt – Staatssekretär, Entschuldigung! (Heiterkeit. – Abg. Gaál: Das ist ein Einstieg!) Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Heute ist ein guter Tag für den Sport, denn nicht nur, dass wir heute (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen) das Zusatzprotokoll zur Anti-Doping Konvention ratifizieren, wir werden auch einen Vier-Parteien-Antrag zum Anti-Doping-Gesetz einbringen. Ich denke, wir sind da auf einem guten Weg.

Die Bedeutung des Sports nimmt Gott sei Dank immer zu, und das Interesse der Bevölkerung, aktiv am Sport teilzunehmen, ebenfalls. Damit verbunden wachsen aber auch zunehmend die Probleme im Bereich der künstlichen Beschleunigung der Leis­tungssteigerung, denn immer mehr Personen streben nach sportlichen Höchstleis­tun­gen, die ihren Veranlagungen und Trainingsleistungen nicht ganz entsprechen. Daraus resultiert auch ein steigendes Interesse an jenen Hilfsmitteln, die in der Sportwelt nicht gefragt sind. Doping ist nämlich nicht nur gesundheitsschädlich, Doping untergräbt auch den sportlichen Leistungsvergleich.

Wie weit Nicht-Kontrollen und die verschiedensten Standards führen, kann man ja am besten immer wieder am Beispiel der USA erleben. Das gravierendste Beispiel sind die Profi-Baseballspieler, bei denen von 300 Sportlern 100 gedopt waren. Auch die Dauer der Sperren und die Anzahl, wie oft man erwischt wird, ist in Amerika nicht einheitlich geregelt. Wenn man bedenkt, dass 10 Prozent der auf dem Markt befindlichen 6 000 Prä­parate schon unter das zweifelhafte Prädikat „Doping“ fallen, dann ist die Umsetzung der aktuellen Anti-Doping Konvention sicher ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Die internationalen und auch die nationalen Sportverbände sind sich der Brisanz dieses Themas bewusst, und aus diesem Grunde war die seinerzeitige Anti-Doping Konvention mehr als notwendig und ein wesentlicher Schritt. Und ein weiterer Schritt folgt nun heute in Form dieses Zusatzprotokolls zur Anti-Doping Konvention.

Gerade für ein Sportland wie Österreich, welches Austragungsort vieler Sportwett­kämpfe ist, ist die Umsetzung dieses Zusatzprotokolls unerlässlich. Um auch weiterhin Austragungsort sportlicher Wettkämpfe großen Stils zu sein, brauchen wir nämlich dieses Mehr an Doping-Kontrollen.

Zurückkommend auf das Sportland Österreich bedeutet dies, dass wir auch in Zukunft gesichert Austragungsort von Sport-Großveranstaltungen sein können, zum Beispiel einer Vier-Schanzen-Tournee, einer Eishockey-WM 2005 und – für uns Salzburger ganz besonders wichtig – einer Rad-WM 2006. Diese Wettbewerbe wären natürlich ohne Beschluss dieses Zusatzprotokolls heute nicht möglich. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Gerade diese Sportereignisse, die auch von der Bundesregierung massiv unterstützt werden, bringen unserem Land nicht nur die Möglichkeit, in den Ausbau von Sport­infrastruktur zu investieren, sondern geben auch wertvolle wirtschaftliche Impulse.


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In diesem Sinne freut es mich, dass für die Zukunft des Sports und für unsere Sportler heute dieses Zusatzprotokoll beschlossen wird. – Es lebe der Sport! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. 4 Minuten Redezeit. (Abg. Neudeck: Der Samy Molcho kommt jetzt!)

 


21.07

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Der Beschluss, den wir heute hier fassen werden, ist natürlich ein Beschluss, der zu befürworten ist, weil er eine wesentliche Erweiterung der Verfolgungsmöglichkeiten im Doping-Bereich bein­haltet. Es besteht für alle Unterzeichnerstaaten der Anti-Doping Konvention die Mög­lichkeit, auch bei anderen Staaten Kontrollen vorzunehmen und letztendlich auch der World Anti-Doping Agency die Möglichkeit zu geben, unangekündigte Kontrollen in allen ihren Unterzeichnerstaaten durchzuführen. Der Beschluss ist daher ausschließ­lich zu befürworten.

Schade ist natürlich, dass es in Österreich bisher kein Anti-Doping-Gesetz gegeben hat. Ich bin froh darüber, dass wir jetzt einen Weg zu einem Vier-Parteien-Antrag ge­fun­den haben, weil es natürlich vor allem die ausübenden Sportler massiv benach­teiligt, dass die derzeitige Lage ihnen keine Rechtssicherheit gibt. Es fehlen derzeit die Appellationsmöglichkeiten bei einem positiven Dopingtest; das heißt für den Sportler, er hat zwar den Fachverband als erste Instanz und die Anti-Doping-Kommission als zweite Instanz, aber er hat letztendlich diese Anti-Doping-Kommission, die die einzige öffentliche Stelle ist, die ein objektives Urteil fällt, als einzige Instanz, während in einem Anti-Doping-Code, der in den Kopenhagener Kriterien verankert ist, auch eine Appel­lations­instanz für den Sportler eingeräumt wird. – Derzeit müsste er zu den Gerichten gehen, bekommt nach zehn bis 15 Jahren Recht, aber seine sportliche Karriere ist in dieser Zeit beendet. Daher hat er von einer derartigen Vorgangsweise nichts, und es ist schade, dass Österreich da mehr als ein Jahr säumig ist.

Zu den Vorhaben der World Anti-Doping Agency kann man nur sagen: Auch das ist zu befürworten. – Es ist eine Kopenhagener Erklärung herausgekommen, bei der im Wesentlichen ein Code von Anti-Doping-Bestimmungen zu unterzeichnen ist. Alle an den Olympischen Spielen im Jahre 2004 in Athen teilnehmenden Länder haben diese Kopenhagener Erklärung zu unterschreiben, da sie sonst nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen dürfen – nicht die Länder, sondern die Fachverbände der Länder und die nationalen Olympischen Komitees. Das heißt, es ist auch gewährleistet, dass die großen Staaten wie China oder Amerika, die derzeit eine sehr lasche Handhabung der Anti-Doping-Bestimmungen haben, letztendlich gezwungen werden, diese Bestim­mungen einzuhalten und Sportler auch zu überprüfen, bevor sie zu den Olympischen Spielen fahren.

Detto ist es auch für unsere Fachverbände für die Wintersportarten notwendig, bis zu den nächsten Olympischen Spielen in Turin im Jahr 2006 diese Bestimmungen zu unter­schreiben, damit unsere Fachverbände die Sportler dort hinschicken können.

Es gibt grundsätzlich eine positive Entwicklung mit diesem Zusatzprotokoll, es ist grundsätzlich eine positive Entwicklung auch weltweit festzustellen. Und es ist grund­sätzlich auch positiv, dass wir jetzt zu einem Entschließungsantrag gekommen sind, was aber die Säumigkeit der Bundesregierung in Bezug auf die Einführung eines Anti-Doping-Gesetzes nicht mildert. Man hätte dieses Gesetz schon vor zwei Jahren machen müssen, man hätte den Sportlern einen großen Dienst erwiesen und man hät­te sie in eine Möglichkeit ... (Abg. Donabauer: Vor vier Jahren ...!) – Vor vier Jahren


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40. Sitzung / Seite 232

war es noch nicht möglich, weil die WADA noch nicht gegründet war. (Abg. Dona­bauer: Sie waren Staatssekretär!) – Aber die WADA war noch nicht gegründet.

Lieber Kollege! Das Problem ist, Sie kennen sich nicht aus. Die WADA wurde erst im Jahr 2002 gegründet und daher ist die Säumigkeit ausschließlich bei dieser Regierung zu suchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Man sollte sich auch bei Zwischenrufen ein Minimum an Information holen, das not­wendig ist, um gescheite Zwischenrufe zu machen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Lichtenegger 3 Mi­nu­ten zu uns. – Bitte.

 


21.11

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Fakt ist, dass wir ein Anti-Doping-Gesetz in Auftrag gegeben haben. Das ist natürlich nicht so einfach, wir sind damit in Österreich in einer Vorreiterrolle, weil es eine schwierige Materie ist. Wir sind eigentlich Mitglieder eines privaten Vereins, dieser kann über einen Sportler ein Berufsverbot verhängen. Und dann gibt es nur wenige Instanzen, die einem Sportler dabei helfen können. Wir geben das jetzt einmal sozu­sagen in Auftrag, wir werden uns bemühen, dass wir da wirklich ein gutes Anti-Doping-Gesetz für den österreichischen Sport machen können.

Ganz kurz zur Ratifizierung beziehungsweise zum Zusatzprotokoll. Die wesentlichsten Dinge sind schon gesagt worden. Was ist die WADA? – Das ist die World Anti-Doping Agency, die quasi das ganze Anti-Doping-System weltweit harmonisiert. Da gibt es einheitliche Richtlinien, da gibt es auch einheitliche Sanktionen, denn es kann einfach nicht sein, dass Sportler in Amerika, die missbräuchlich mit Drogen im Sport umgehen, dafür nicht sanktioniert werden, wir in Österreich beziehungsweise in Europa jedoch teilweise sehr hart bestraft werden. Somit wird erstmals Gerechtigkeit eingeführt.

Weiters ist wichtig, dass es Qualitätsstandards bei Dopingkontrollen gibt bezie­hungsweise dass diese auch gegenseitig international anerkannt werden. Eine Doping­kontrolle – ganz kurz zur Erläuterung – ist ja ein massiver Eingriff in die Privatsphäre, denn diese Herrschaften kommen am Sonntag um acht Uhr früh, läuten an und sehen einem dabei zu, wie man die Dopingkontrolle abgibt. Man muss auch – nur zur Infor­mation; ich auch, so wie jeder andere – drei Monate im Voraus jeden Tag, jede Stunde genau voraussagen, wo man sein wird. Man muss auch immer erreichbar sein. Man ist da als Sportler wirklich an die Richtlinien gebunden. Es ist oft nicht so einfach, wenn man drei Monate vorausschauend sagen muss, wo man sich an welchem Tag zu wel­cher Uhrzeit befinden wird.

Aber nichtsdestotrotz: Die Sportler nehmen das in Kauf. Deswegen ist es wichtig, dass hier Qualitätsstandards eingeführt werden. Das ist ein erster Schritt in die richtige Rich­tung und ich hoffe, die WADA wird auch mit diesem Code jenen Erfolg bringen, den wir uns alle wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Brosz 3 Minuten. – Bitte.

 


21.13

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Auch die Grünen werden diesem Zusatzprotokoll die Zustimmung geben. Auch wir werden den Antrag mittragen, ein Anti-Doping-Gesetz in Österreich zu entwickeln und dieses im


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40. Sitzung / Seite 233

Nationalrat zu beschließen. Aber lassen Sie mich trotzdem ein paar Worte zum Thema Doping an sich sagen!

Im Ausschuss und jetzt in der Diskussion tut man meiner Meinung nach immer so, als gäbe es diese klare Trennlinie zwischen dem sauberen Sport und dem Bereich, wo Do­pingmittel verwendet werden und der Sportler eindeutig die Grenze überschreitet. Ich glaube, wenn man sich den Spitzensport anschaut und wenn man sieht, wie eng die Leistungen beieinander liegen, dann wird klar, dass all das, was noch erlaubt ist, von den Sportlern bis an die Grenze ausgenützt wird. Das ist oft teilweise eine Frage der Interpretation, das ist teilweise eine Frage auch von Veränderungen der Regeln. Das, was vor ein paar Jahren noch erlaubt war, wird auf einmal als Doping definiert. Somit ist auch klar, dass die Grenzen relativ fließend sind.

Man muss einfach zur Kenntnis nehmen, dass in der Form, wie Spitzensport ausgeübt wird, wie darüber die Medienberichterstattung erfolgt, auch klar ist, dass hier bis an die Grenzen vorgegangen wird. Und man muss wahrscheinlich auch etwas in Frage stel­len, wenn man gerade die Fälle der amerikanischen Leichtathleten gesehen hat, wo auf einmal zehn Jahre später de facto ein Großteil der amerikanischen Weltklasse, der Olympiasieger, als gedopt aufgeschienen und klar geworden ist, dass es positive Dopingproben gegeben hat, dass das ganze Kontrollsystem bei weitem nicht so klar und eindeutig ist, wie wir das gerne hätten.

Der Punkt ist: Es ist notwendig, etwas zu machen. Wenn man Doping freigibt, artet es völlig aus. Allerdings würde ich den Glauben, da wirklich eindeutige Grenzziehungen zu haben und sozusagen dieses Bild zwischen dem sauberen und dem nicht sauberen Sport trennen zu können, in Frage stellen. Wahrscheinlich ist es notwendig, zumindest in der Beurteilung von Sportlern, die mit Doping in Berührung kommen, einfach zu sehen, dass das das Ausloten von Grenzen – sagen wir es einmal so – ist.

Ich denke nur an den Kollegen Lichtenegger und an das, was herauskommt, auch wenn es in seinem Fall nur Nahrungsergänzungsmittel waren, die verunreinigt waren. Aber allein das Phänomen, dass Spitzensportler in hohem Ausmaß Nahrungs­ergän­zungs­mittel zu sich nehmen, zeigt schon, dass es um das Ausreizen von Grenzen geht. Dass diese Mittel so gesund sind, dass man diese in hohem Ausmaß zu sich nimmt, wird doch niemand glauben.

Die Frage ist immer: Was wird zugelassen? Was ist erlaubt? Wo ist die Grenzziehung? Und das ist natürlich eine Grenze, die bis zu einem gewissen Grad immer willkürlich gezogen wird.

Also: Insbesondere der Vorwurf an die Sportler muss einfach reduziert werden. Das Ausloten von Grenzen ist systemimmanent. Das sollte man als Sportpolitiker zumin­dest auch wahrnehmen. (Beifall bei den Grünen.)

21.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Staatssekretär Mag. Schweitzer zu Wort. – Bitte.

 


21.16

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss Kollegem Wittmann noch einiges an Er­gän­zungen übermitteln, was den Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes und die ver­suchte Beschlussfassung auch hier im Haus betrifft.

Sie wissen, dass die Bundesregierung erstens selbstverständlich nicht säumig war und auch einen entsprechenden Entwurf vorgelegt hat, der im Sportausschuss behandelt wurde. Allerdings hat dieser Entwurf, den Sie so dringend einfordern und hier wieder


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gefordert haben, damals keine Mehrheit bekommen. Das wissen Sie, und auch Sie haben damals nicht zugestimmt. (Oh-Rufe bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Zweiten hat sich das Bundeskanzleramt beziehungsweise das Sportstaats­sekretariat sehr bemüht, einen detaillierten Vorschlag für die Regelungen der Doping­materie auszuarbeiten, aber dieser detaillierte Entwurf mit all seinen Regelungen wur­de von der Bundessportorganisation abgelehnt. Auch da hat sich die Regierung sehr bemüht, dieses Manko zu beheben, aber es hat eben bis jetzt noch nicht gereicht. Wir werden einen weiteren Versuch unternehmen, diesmal ist sogar eine Zweidrittel­mehr­heit in Aussicht, wenn nicht sogar eine Einstimmigkeit. Und dann wird dieses Manko endgültig unter Mithilfe – hoffentlich – aller Parteien behoben werden.

Der momentan zu verhandelnde Gegenstand Anti-Doping Konvention ist sehr wichtig, wie auch alle Redner betont haben. Es gibt damit eine eindeutige Verbesserung der Durchsetzung von Doping-Kontrollmaßnahmen auch über die Grenzen hinweg. Es ist sehr wichtig, dass auch Kontrolleure aus anderen Ländern in Österreich kontrollieren dürfen und die Ergebnisse dann auch über die Grenzen hinweg zur Kenntnis genom­men werden.

Die Kontrollergebnisse werden den nationalen Sportverbänden des Herkunftslandes der Sportler und Sportlerinnen zur Verfügung gestellt. Somit ist auch eine umfassende Information und eine umfassende Transparenz gegeben. Damit, so glaube ich, ist ein wesentlicher Schritt in Richtung Dopingbekämpfung getan. Ich bedanke mich für die heutige Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mikesch. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


21.19

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Doping ist kein nationales Problem, sondern es ist ein internationales. Deshalb bedarf es auch dieses internationalen Übereinkommens, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Lösen werden wir es ohnehin nie ganz.

Die Anti-Doping Konvention ist ein solches Mittel. Das Zusatzprotokoll, über dessen innerstaatliche Wirksamkeit wir heute abstimmen, erweitert nur den Handlungsbedarf und stellt die WADA, die Internationale Anti-Doping Agentur, auf ein zwischen­staat­liches Fundament. Sie darf in Hinkunft in den Unterzeichnerstaaten selbständig tätig werden.

Das Zusatzprotokoll setzt sich zum Ziel, die vorgesehenen Dopingkontrollen hin­sichtlich ihrer Wirksamkeiten zu erhöhen. Kontrollen sollen in Hinkunft ohne die Not­wendigkeit bilateraler Abkommen auch von anderen Unterzeichnerstaaten durchge­führt werden können.

Die Liste von verbotenen Substanzen ist lang und man muss schon Chemiker, Medi­ziner und Sportphysiker in einem sein, um da durchzublicken. Ich habe mir die Mühe gemacht, einmal auf der Homepage der WADA nachzusehen. Das Ergebnis waren zehn lange Seiten von unterschiedlichen verbotenen Substanzen.

Lassen Sie mich als ehemalige Spitzensportlerin allgemein etwas über den Sport sagen! Der Sport ist ein wichtiges Thema, wir reden auch viel über Doping. Doping­skandale werden aufgebauscht, lösen internationales Medienecho aus. Geben Sie einmal das englische Wort „doping scandal“ in die Suchmaschine ein und Sie erhalten knapp über 14 000 Treffer. Beim Wort „gold medal“ erhalten Sie hingegen 1,8 Millionen Treffer. Wenn wir über Doping reden, so sind das 7,7 Promille. Doping ist zwar ein Problem, aber keines, das überhand nimmt.


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Aber wenn wir schon bei der Berichterstattung über Sport sind: Es hat sich einiges in den letzten Jahren geändert. Auch der Sport ist schnelllebiger geworden. Seien wir ein­mal ehrlich! Wer kann alle Bronzemedaillengewinner der letzten Alpinen Ski-WM auf­zählen? – Kaum einer. Eine Bronzemedaille in Sarajevo war aber Gold wert. Wir waren dankbar, dass es damals Jimmy Steiner gegeben hat.

Der Leistungsdruck wird immer größer. Es wird in jenen Sportarten, in denen es wenig Technik gibt, die über Sieg und Niederlage entscheidet, die meisten Dopingfälle geben wie zum Beispiel in der Leichtathletik. Irgendwann hat jede Rekordjagd ein Ende. Jedem Körper, auch dem besttrainierten Sportler sind Grenzen gesetzt. Wenn es keine technischen Hilfsmittel gibt, hilft eben nur noch das chemische.

Ich will hier aber keine Dopingsünder verteidigen. Als ehemalige Sportlerin, die ich in einer Zeit tätig war, als der Sieg noch nicht alles war, lassen Sie mich an Sie ap­pellieren: Nehmen wir uns selbst bei der Nase, ob wir als Publikum, Sponsoren und Trai­ner nicht wieder mehr den Sportsgeist im Auge haben sollten als nur den Sieg! Haben nicht auch wir ein wenig Mitschuld, wenn Sportler zu verbotenen Mitteln greifen?

Und eines zum Schluss: Glauben Sie mir, ein erschummelter Sieg ist nie das wert, was ein ehrlicher vierter Platz wert ist! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.23

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


21.23

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Anti-Doping-Gesetz wurde schon vieles ge­sagt. Mit diesem Gesetz soll die Harmonisierung, die Transparenz und Effizienz der be­stehenden und künftig in diesem Bereich geschlossenen Vereinbarungen eingehal­ten werden. Oberste Priorität muss aber dabei sein, unsere Sportlerinnen und Sportler zu schützen und ihnen beizustehen.

Daher werden die Ergebnisse der Kontrollen gleichzeitig den nationalen Sportver­bän­den und den internationalen Anti-Dopingagenturen übermittelt werden. Auch die Ver­tragspartner, also die Länder erkennen die Zuständigkeit der WADA und anderer ihr unterstellten Doping-Kontrollorganisationen für die Durchführung von Kontrollen außer­halb von Wettkämpfen an.

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass es seit dem Jahr 2002 eine Info-Mappe, die Anti-Doping-Broschüre, herausgegeben vom österreichischen Anti-Doping-Komitee, gibt. Für den Inhalt verantwortlich ist Dr. Karl-Heinz Demel, dem unser herzlichster Dank für diese Unterstützung gilt. Diese Broschüre soll Medizinern, Pharmazeuten, Aktiven und Betreuern helfen, mit dem Dopingproblem umzugehen. Mit dieser Anti-Doping-Broschüre wurde auch ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Bewusstsein dessen, dass der Sport eine wichtige Rolle im Bereich der Erhaltung der Gesundheit, der moralischen und der kör­perlichen Erziehung sowie der Förderung der internationalen Verständigung spielen sollte, wird meine Fraktion diesem Antrag zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lichtenegger.)

21.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. 3 Minuten Redezeit.


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40. Sitzung / Seite 236

Die Rednerin ist nicht im Saal. Ihre Wortmeldung verfällt.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.25

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Zusatzprotokoll werden wir zu­stimmen.

Ich bin auch erfreut darüber, dass es auf Grund einer Initiative der SPÖ zu einem Vier-Parteien-Entschließungsantrag gekommen ist, um ein Anti-Doping-Gesetz beschließen zu können. Wir halten das für absolut notwendig – notwendig deswegen, weil es recht­liche Probleme in der Frage der Kontrollen gibt. Es gibt auch Probleme in der Frage der Auswirkung von positiven Dopingbefunden verbunden mit Sperren von Sportlern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das soll in einem Anti-Doping-Gesetz gere­gelt werden, aber – und ich möchte das hier sehr deutlich betonen – wir müssen auch über das Doping im Freizeitbereich reden. Es ist schockierend, welche Mittel und wie viele Mittel in Fitnessstudios, auch in Sportverbänden verkauft werden. Ich lade Sie ein, die parlamentarische Anfragebeantwortung, die ich von Herrn Finanzminister Gras­ser betreffend „Betrugsbekämpfungsbericht 2002 – Drogen und Arzneimittel“ be­kommen habe, zu lesen. Erschütternd ist sie deswegen, weil zum ersten Mal deutlich wird, in welcher Form und in welchem Ausmaß illegale Arzneimittel, Anabolika und ver­unreinigte Nahrungsergänzungsmittel bestellt werden. Diese werden auf elektroni­schem Wege bestellt. Da gibt es das Problem der Kontrolle. Das Bundesministerium für Finanzen ist das einzige Ministerium in Österreich, das eine Beobachtung der Web­sites durchführt. Es wird genau kontrolliert beziehungsweise beobachtet, welche Pro­dukte am Markt angeboten werden, welche Produkte zulässig sind und welche nicht.

Ich vermisse – und das sage ich hier mit aller Deutlichkeit – eine derartige Beob­achtung des Internets durch das Gesundheitsministerium, was Lebensmittel, Arznei­mittel und Medizinprodukte betrifft. Verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel, die immer wieder zu positiven Dopingbefunden geführt haben, zuletzt in diesem Jahr, schädigen einerseits Sportler, aber sie schädigen auch die Menschen, die im guten Glauben Nahrungsergänzungsmittel in Fitnessstudios oder bei Sportverbänden einkau­fen. Die gesundheitlichen Risken sind enorm: Bei Frauen führt dies zu weit reichenden Schäden, zu einer Virilisierung, bei Männern zu Hodenschrumpfungen und derglei­chen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lade Sie ein, da der Antrag, der von unserer Fraktion in dieser Frage gestellt worden ist, wieder vertagt worden ist, dass dem Problem der verunreinigten Nahrungsergänzungsmittel erhöhtes Augenmerk geschenkt und hier in Österreich endlich einmal eine effektive Kontrolle eingeführt wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lichtenegger.)

21.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr ist Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl neuer­lich gemeldet. Sie spricht 3 Minuten zu uns.

 


21.29

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Ich glaube, gerade im Zusammenhang mit dem Sport ist eines heute wirklich fällig. Das ist die Erwähnung des seit 25 Jahren belieb­testen Österreichers. Er feiert heute seinen 50. Geburtstag. Es ist Franz Klammer! (All­gemeiner Beifall.)


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Jetzt können wir uns fragen: Was hat denn der Franz, dass er sich quasi als Dauer­brenner in die Herzen der Österreicher eingenistet hat? Sicher stehen seine sportlichen Leistungen ganz besonders im Vordergrund. (Abg. Dr. Cap: Der Franz, der kann’s!) Seine 25 Weltcupsiege in der Abfahrt waren bisher uneinholbar. Es ist sicher auch seine Art gewesen, wie er mit Kollegen, mit der Presse umgegangen ist, und überhaupt seither seine natürliche Art, seine Offenheit.

Am Franz, da ist eben alles echt! Auch wenn bei ihm in der Zeit seines Muskel­auf­baues ein Oberschenkelumfang von 78 cm gemessen wurde, hat der damals so stren­ge „Dopingpapst“, mittlerweile vierfacher Doktor, Ludwig Prokop, nie wirklich Argwohn gehegt, und er konnte auch nie etwas sagen, denn der Franz war echt.

Die Freude über unsere Sporthelden und die Emotion über ihre Leistungen sind natür­lich geblieben. Wenn heute ein Eberharter oder ein Maier einen Weltcupsieg landet oder eine Steffi Graf Triumphe über die 800 Meter-Distanz feiert oder wenn ein Elmar Lichtenegger seine Superleistung zeigt (spontaner Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und bei den Freiheitlichen), dann sind wir es, die gewonnen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ganz Österreich ist stolz, und wir haben, auch wenn manchmal sehr passiv im Sport, ein euphorisches Gefühl und fühlen uns gut platziert und gut vertreten in der Welt.

Das heißt: Es muss schneller werden, es muss höher werden, es muss weiter werden. Alle Sportler, die heute so unter Druck kommen – denn sie verlieren, wenn sie die Leis­tung nicht erbringen, ihre Sponsoren, ihren Startplatz und überhaupt ihre Berechtigung in der Sportwelt –, müssen schauen, dass sie diese Leistung irgendwie zustande brin­gen, denn sonst sind ja wir nicht zufrieden. Daher: Was macht man? – Derjenige, der die Mittel hat, dass alles schneller geht, das Regenerieren und der Leistungsaufbau, hat gewonnen.

Meine Damen und Herren! Es ist die Zeit für Supersportler eine harte geworden. Ich weiß, dass wir diese Missstände nicht wirklich in den Griff bekommen können, aber wir müssen alles unternehmen, was helfen kann, dass heute die Auswüchse nicht ärger, sondern dezimiert werden. Daher freue ich mich, dass dieses Zusatzprotokoll zur Anti-Doping Konvention heute hier besprochen und „gestartet“ wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Scha­sching. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.32

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie alle meine Vorrednerinnen und Vorredner freue ich mich natürlich auch, dass wir hier heute zu einem gemeinsamen Schritt kommen und das Zusatzprotokoll zur Anti-Doping Konvention einstimmig beschließen.

Selbstverständlich ist es auch für mich ein Meilenstein, dass wir uns endlich darüber verständigen konnten, ein Anti-Doping-Gesetz gemeinsam in Angriff zu nehmen. Das ist immerhin eine von mehreren Materien, die jetzt zu einer einstimmigen Beschluss­fassung gelangen. Aber es wäre schon eine tolle Geschichte, wenn wir nicht alle an­deren Anträge immer wieder nur vertagen und vertagen und vertagen würden, sondern bei dem einen oder anderen Antrag in Zukunft auch eine gemeinsame Lösung finden würden. Ich erinnere da nur an die Vereinsrichtlinien, an die Nahrungser­gänzungs­mit­tel, an Schule und Sport. All die Anträge, die diese Materien betreffen, liegen noch vor und warten auf eine einstimmige Beschlussfassung. Ich lade Sie dazu ein, auch das in Zukunft gemeinsam anzugehen, um sozusagen im Sportausschuss das zu beweisen,


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was in anderen Ausschüssen nicht geht, nämlich dass wir doch immer wieder auf einen gemeinsamen Nenner für den Sport kommen.

Ich möchte aber bei diesem Anti-Doping-Gesetz und dessen Text auch darauf hin­weisen, dass wir auf die Einbeziehung der österreichischen Sportorganisationen ein be­sonders großes Augenmerk richten sollten. Die Einbeziehung des österreichischen Sports haben wir im Antrag festgeschrieben, und ich glaube, Herr Staatssekretär, dass es – wenn wir zum Beispiel an Materien, wie etwa das Berufssportgesetz denken – ein sehr guter Weg ist, ein positiver Weg, von vornherein diejenigen in die Gesetzwerdung mit einzubeziehen, die davon unmittelbar betroffen sind. Auch diesen Weg sollten wir erfolgreich weitergehen und gerade deshalb diese Strukturen stärken.

Ich fordere Sie daher auf, Herr Staatssekretär, das auch in Zukunft anzugehen, näm­lich dort die Strukturen zu stärken, wo die Sportlerinnen und Sportler den allergrößten Nutzen daraus ziehen, nämlich in den Verbänden und Vereinen, die dringend die ent­sprechenden Mittel brauchen.

Sie berufen sich immer wieder darauf, Herr Staatssekretär, dass vor allem für die Ge­sundheit, für die Sozialisierung der Jugend der Breitensport so notwendig ist, dass wir mehr Aktive als Inaktive in Österreich brauchen. All das fordern Sie zu Recht ein. Nur: Wer leistet diese Arbeit? – Es ist der Breitensport, es sind die Verbände. Daher brau­chen sie die Stärkung, daher brauchen sie die Mittel. Aber auch wir brauchen sie, um zum Beispiel die sehr positive Bewegungskampagne, die eingeleitet wurde, zur Um­setzung zu bringen.

Es nützt uns nichts, auch nicht der allerschönste Fernsehspot, wenn dann diejenigen, die es umsetzen sollen, nicht in die ganze Kampagne mit einbezogen sind. Daher: Stärken wir den Sport, stärken wir aber auch das Bewusstsein, dass der Sport die ent­sprechenden Mittel braucht! Ich fordere Sie auf, sich möglichst bald mit den dafür Ver­antwortlichen an einen Tisch zu setzen, um für die nächsten Budgetplanungen recht­zeitig Vorsorge zu treffen.

Letzter Punkt: Frauen im Sport. – Wir sind stolz darauf, in der European Women and Sport jetzt den Vorsitz zu haben. Wir haben ihn in Österreich. Wir brauchen auch dafür die Dotierung, und wir wollen, dass das in Österreich eine entsprechende Umsetzung findet, damit die Frauen im Sport auch gestärkt werden. Auch dazu meine herzliche Einladung! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrags in 207 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­spre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungs­vorlage (195 d.B.): Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzen­züchtungen vom 2. Dezember 1961, revidiert in Genf am 10. November 1972, am 23. Oktober 1978 und am 19. März 1991 (266 d.B.)

 



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40. Sitzung / Seite 239

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 18. Punkt der Tagesordnung. (Un­ruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Geräuschpegel niedriger zu halten! Ich höre mich selber beim Lesen nicht mehr. (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Scheibner: Aber wir hören Sie, Herr Präsident!)

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Faul. Er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


21.37

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, wir lehnen diese Regierungsvorlage zum Sortenschutzgesetz, wie wir es im Ausschuss schon ausführlich begründet haben, grundsätzlich ab und begründen dies damit, dass wir im Hinblick auf die EU-Sortenschutzverordnung, die ja schon getroffen worden ist, eigent­lich keine weiteren Anpassungserfordernisse sehen, denn unserer Meinung nach sind diese EU-Verordnungen in dieser Causa hinreichend bestimmt und letztlich auch gut geregelt.

Herr Minister! Wir stehen damit nicht allein da, denn so sehen es auch viele andere EU-Länder, die diese UPOV-Akte bis jetzt noch nicht ratifiziert haben, Länder wie Frankreich, Spanien, Finnland, und sieben weitere kleine Länder, die von ihrer land­wirtschaftlichen Struktur her ähnlich situiert sind wie Österreich und mit uns ver­gleichbar sind. Vorwiegend Interesse an dieser UPOV-Vereinbarung haben nur diejeni­gen Länder – wie zum Beispiel Großbritannien, Deutschland, Dänemark und Schwe­den –, in welchen eine sehr starke und multinational agierende Saatgutindustrie veran­kert ist und die auch über eine großflächige Landwirtschaftsstruktur verfügen.

Ihren Wunsch, Herr Minister, diesen ganz anders strukturierten Staaten nachzueifern, verstehen wir eigentlich nicht. Aber es ist wieder einmal bezeichnend für Sie und vor allem für die Agrarpolitik der ÖVP, dass Sie durch diesen Gesetzesantrag auch noch die letzten Reste des so genannten Landwirteprivilegs aufheben, das den kleineren und weniger ertragreichen Landwirtschaftsbetrieben in Österreich ermöglicht hat, ihr Saatgut selbst und unentgeltlich zu vermehren. Sie stellen sich wieder einmal gegen die kleineren und mittleren Bauern in Österreich, indem Sie ihre Rechte beschneiden, die für sie selbstverständlich und eigentlich wohlerworben waren, und bürden ihnen ver­pflichtend höhere Kosten auf. Das wollen wir ganz sicherlich nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ein schwacher Applaus!)

Herr Minister! Gerade aus meiner Gegend, der klein- und mittelbäuerlich strukturierten Oststeiermark, gibt es sehr viele Stimmen von Bauern, die gegen dieses Gesetz sind. Sie kritisieren es zu Recht und befürchten, dass durch diese Zusammenführung von Sortenschutz und Patentrecht den Landwirten verboten wird, ihr Erntegut unentgeltlich zur Nachzucht zu verwenden.

Ein weiterer Grund, Herr Minister, dieses Gesetz abzulehnen, besteht auch darin, dass das Ziel des neuen Sortenschutzgesetzes die Herstellung der Kompatibilität mit dem Pa­tentrecht ist und damit die Grundlage dafür geschaffen wird, die Patentierung von biotechnologischen Erfindungen auf Pflanzen und Gene vorzubereiten.

Herr Minister! Wir wollen nicht Ihre Erfüllungsgehilfen sein, wenn Sie darangehen, durch diese Gesetzgebung der endgültigen Umsetzung von Patenten auf Pflanzen und Tiere Tür und Tor zu öffnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.40

 



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40. Sitzung / Seite 240

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Keuschnigg 4 Minu­ten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.40

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Der Schutz des geistigen Eigentums an Pflanzenzüchtungen ist für die Land- und Forstwirtschaft von größter Bedeutung. Ich darf kurz auch auf meinen Vorredner eingehen und ihm sagen: Das Landwirteprivileg ist national regelbar und scheint daher nicht gefährdet zu sein.

Warum ist der Schutz dieses geistigen Eigentums für uns so wichtig ist? – Die Zucht von neuen Pflanzen ist zeitaufwendig und teuer, während die Vermehrung nach der Freisetzung häufig relativ unkompliziert ist. Die Bedeutung der Pflanzenzucht selbst steht außer Diskussion. Neue Pflanzensorten sind eines der wirksamsten Mittel zur För­derung der Nahrungsmittelproduktion insgesamt. Die Pflanzenzucht ist für die Ausrichtung der Produktion auf noch mehr Unweltverträglichkeit wichtig, und sie ist für die Anpassung der Produktion auf regionale, geographische und klimatische Gege­benheiten von Bedeutung.

Auch für die Entwicklungszusammenarbeit ist die Zucht neuer und angepasster Sorten von enormer Bedeutung. Sie ist ein elementarer Faktor für die Bekämpfung des Hun­gers auf dieser Erde.

Der internationale Schutz dieses geistigen Eigentums ist eine sehr junge Rechts­ma­terie. Das erste internationale Übereinkommen wurde 1961 unterzeichnet und wurde dann in relativ rascher Abfolge revidiert. Daraus ersieht man schon, wie rasch sich Wis­senschaft, Forschung und Technik entwickelt haben. Stichworte dafür sind Gentechnik und In-vitro-Vermehrung.

Österreich hatte von Beginn an Beobachterstatus und ist 1994 offiziell beigetreten. In der Zwischenzeit hat sich der Schutz der Pflanzenzüchtungen weltweit stabil verankert, und zwar über den TRIPs-Vertrag. Über das WTO-Abkommen zum Schutz des geistigen Eigentums ist dieser Schutz auf alle Industriestaaten anwendbar, die der WTO beigetreten sind. In der Zwischenzeit sind auch sehr viele Entwicklungsstaaten beigetreten.

Weil wir gerade auch im Hinblick auf das Dienstleistungsabkommen GATS in unserem Land sehr viele kritische Stimmen hören und auch heftige Diskussionen haben, sollte man auch die positiven Aspekte solcher Staatsverträge erwähnen. Der Schutz des in diesem Falle geistigen Eigentums ist gerade im internationalen Wirtschaftsleben die Voraussetzung für jedes Engagement. Ich darf für die Volkspartei daher sagen, dass wir dieses Gesetz selbstverständlich befürworten und ihm zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Dr. Pirklhuber. 4 Minuten Re­dezeit. Restredezeit seiner Fraktion: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Her­ren! Herr Bundesminister! Kollege Keuschnigg, offensichtlich haben Sie sich nie mit Saatgutproblemen und bäuerlichen Rechten auseinander gesetzt. Das ist leider eine Feststellung, die ich treffen muss. Ich kann mir vorstellen, dass er als Tiroler Bauer nicht so viel mit Saatgutfragen zu tun hat. Die spielen sich ja offensichtlich eher im Ackerbaugebiet ab. Insofern muss man hier einige Sachen richtig stellen.


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40. Sitzung / Seite 241

Punkt eins: Kollege Keuschnigg, das Landwirteprivileg hatten wir früher im Sorten­schutz­gesetz, doch das hat Ihre Fraktion bereits mit der Agrarrechtsnovelle 2001/2002 eliminiert. Das ist die Realität! Sie haben den Landwirten ihr Privileg weggenommen, dass sie mit dem Saatgut, das sie in ihrem eigenen Betrieb erzeugen, nämlich der eige­nen Ernte, weiterarbeiten, wie es bäuerliches Recht war und in den Entwicklungs­ländern eine Selbstverständlichkeit ist.

Herr Bundesminister! Es geht mit dieser UPOV-Regelung nicht darum, bei den indi­genen Völkern die traditionellen Rechte der bäuerlichen Bevölkerung, und zwar weder in Österreich noch international, zu sichern, sondern es geht darum, Macht und Ein­fluss und Interessen der Saatgutkonzerne abzusichern.

Ich bin wirklich schwer enttäuscht von Ihnen, Herr Bundesminister. Bisher war ich über­zeugt davon, dass Sie auch in dieser Sache eine neue Linie verfolgen werden, eine Linie, die wirklich im Interesse einer gentechnikfreien Produktion in Österreich steht, die eben nicht dazu tendiert, vorschnell Patente für Nicht-Erfindungen auszusprechen, für Produkte, die in der Natur vorgefunden werden, nämlich für Saatgut, wie es sich in bäuerlicher Arbeit, in traditioneller landwirtschaftlicher Arbeit, natürlich auch in mo­derner pflanzenzüchterischer Arbeit produzieren lässt.

Das ist eines der zentralen Probleme dieser UPOV-Akte, und ich möchte in diesem Zusammenhang auch darauf Bezug nehmen, dass es bisher erst 24 Staaten sind, die diese Akte ratifiziert haben. Derzeit sind gerade 52 Mitglieder in diesem internationalen Übereinkommen organisiert. UPOV – L’Union Internationale pour la Protection des Obtentions Végétales – ist eine Vereinigung der Pflanzenzüchter, gegründet 1961. Dies entspricht einer Sui-generis-Regelung gemäß dem TRIPs-Abkommen und ist damit natürlich legitim. Wir sind dem UPOV-Abkommen im Jahr 1978 beigetreten. Es besteht jetzt überhaupt kein Handlungsbedarf, und daher ist es, Herr Bundesminister, auch nicht notwendig, diese UPOV-Akte zu ratifizieren, genau so wie es Frankreich auch noch nicht getan hat, obwohl Frankreich eine starke Saatgutindustrie hat.

Dieser Schritt ist daher völlig unverständlich. Dieser massive Eingriff in die traditionel­len bäuerlichen Recht wird von uns entschieden abgelehnt!

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die aktuelle Thematik gentechnisch ver­änderter Pflanzen und der möglichen Zulassung eines neuen Mais-Konstruktes nächste Woche eingehen.

Herr Bundesminister! Was haben Sie persönlich bereits unternommen, wie haben Sie mit der EU-Kommission kommuniziert, damit die Zulassung dieses Mais-Konstruktes Bt 11, die ansteht, verhindert wird? Da würde ich Sie sehr ersuchen, in dieser Causa unsere Interessen, nämlich die Interessen der bäuerlichen Landwirtschaft in Europa, auch in Brüssel zu vertreten, weil derzeit alle wissenschaftlichen Fakten – und die kom­men aus neuen Untersuchungen, auch aus englischen Langzeitstudien – und auch die gestern in Wien vorgestellten Ergebnisse von ungarischen Studien an gentechnisch verändertem Mais deutlich aufzeigen, dass es sowohl negative ökologische Auswir­kungen durch diese Konstrukte gibt und dass damit sowohl ökologische Risiken als auch umweltrelevante Gefahren verbunden sind.

Es wäre daher nur zweckmäßig und richtig, sie nicht zuzulassen, sondern sicherzu­stellen, dass eine gentechnikfreie Produktion und damit auch die österreichische Land­wirtschaft Zukunft haben. Daher können wir dieser UPOV-Akte auf keinem Fall unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Grünen.)

21.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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40. Sitzung / Seite 242

21.48

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Minister! Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Pirklhuber, du weißt ganz genau, auch ich bin nicht immer begeistert vom Herrn Minister, aber dass die Enttäuschung wegen dieses Gesetzes so groß ist, das verstehe ich nicht ganz, denn es wird so schlecht nicht werden. Du wirst es sehen!

In Anbetracht dessen, dass heute noch ein Tagesordnungspunkt des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft auf der Tagesordnung steht, der sehr wichtig ist, nämlich die Gleichstellung von Frauen und Männern im ländlichen Raum, werde ich auf ein nä­heres Eingehen auf diesen Punkt jetzt verzichten. Wir Agrarvertreter von der frei­heit­lichen Fraktion werden diesem Antrag zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.49

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Schönpass an das Rednerpult. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.49

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätz­te Herren Minister! Hohes Haus! Im vorliegenden Abkommen geht es um den Schutz geistigen Eigentums, in diesem Fall speziell um Patentrechte. Man verspricht sich Erleichterungen für die österreichische Pflanzenzüchtung, und zwar vor allem, was den internationalen Handel betrifft. Diese Vorlage ist die logische Fortsetzung des Sortenschutzabkommens, in dem landwirtschaftliche Goliaths begünstigt, die dagegen ankämpfenden Davids, sprich die einzelnen Landwirte, jedoch benachteiligt werden.

Wenn in Österreich Gesetze zugunsten des internationalen Handels geändert werden und die schwarz-blaue Regierungsmehrheit dahinter steht, geht es häufig um Privi­legien für große Konzerne und Benachteiligungen für kleine Unternehmen. (Abg. Scheibner: Na geh!) So ist es auch in diesem Fall. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Diese Vorlage schränkt das so genannte Landwirteprivileg weiter ein. Das heißt, die Interessen der großen Saatgutkonzerne sind stärker geschützt als jene der kleinen Bauern. Die Großen werden in Zukunft weniger Probleme haben, ihr Saatgut un­entgeltlich zu vermehren, die Kleinen aber werden draufzahlen. (Abg. Wittauer: Von was redet sie denn?) Kleine bäuerliche Betriebe, die traditionell eigene Züchtungen entwickeln und weiterentwickeln, sind von einem Gesetz betroffen, das sie bei dieser Entwicklung einschränkt. Das wird für viele von ihnen einen Einkommensverlust bedeuten. Auch wenn Sie lachen, Sie werden es sehen.

Man kann daher nicht generell von einem Gewinn für die österreichische Pflanzen­züch­tung sprechen. Aus diesen Gründen lehnen wir von der SPÖ die Regierungs­vorlage ab. (Beifall bei der SPÖ.)

21.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte, Herr Minister.

 


21.51

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die neuerliche Revision der UPOV-Akte wurde notwendig, um eine An­passung an das WTO/TRIPs-Abkommen und den Beitritt supranationaler Organi­sa­tionen überhaupt erst zu ermöglichen. Durch diese Revision wird daher den neuen tech­nischen und wirtschaftliche Gegebenheiten Rechnung getragen. Der Sortenschutz wird durch diese Maßnahmen gestärkt und klarer strukturiert. Wir haben in Österreich


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40. Sitzung / Seite 243

diese inhaltlichen Anpassungen unter anderem bereits mit dem Sortenschutzgesetz 2001 hier im Nationalrat beschlossen, und sie sind seit 1. September 2001 in Kraft.

Es bestehen in der Europäischen Union – das wissen Sie – zwei Sortenschutzsysteme nebeneinander, einerseits das gemeinschaftliche Sortenschutzsystem – Richtlinie 2100/94 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz –, andererseits unser nationales Sortenschutzsystem auf Grund des Sortenschutzgesetzes 2001. Beide Systeme basieren auf der UPOV-Akte 1991 und sind mit dieser entsprechend konform.

Jetzt zum Züchterprivileg, weil hier ein paar Ausführungen darüber getätigt wurden, denen ich so nicht zustimmen kann. Im Sortenschutzrecht ist übrigens das Züchter­pri­vileg explizit verankert, welches die Verwendung einer geschützten Sorte als Aus­gangs­produkt für die Züchtung einer neuen Sorte vom Sortenschutz ausnimmt. Das heißt, für die Züchtung einer neuen Sorte kann als Ausgangsmaterial jede geschützte Sorte ohne Zustimmung des Sortenschutzinhabers oder Ursprungszüchters verwendet werden. Damit wurde und wird der Züchtungsfortschritt auch und vor allem im Sinne der österreichischen Bäuerinnen und Bauern entsprechend abgesichert.

Wie wichtig diese Harmonisierung im Bereich des Sortenschutzes ist, hat auch die parlamentarische Enquete zur Biopatentrichtlinie gezeigt. Auf der einen Seite gibt es das Patentrecht, auf der anderen Seite gibt es mit dem Sortenschutzrecht für Pflanzen ein sehr gut funktionierendes System für Lizenzen. Aus Sicht der Landwirtschaft spielt der Schutz geistigen Eigentums in der Züchtung von Pflanzensorten in Form von Sor­tenschutzrechten eine bedeutende Rolle, und das auch mit und nach der Beschluss­fassung, die wir heute hier durchführen sollen. Gerade die Diskussion um die Um­setzung der Biopatentrichtlinie zeigt, wie wichtig es ist, ein starkes Sortenschutzrecht zu haben. Die UPOV-Umsetzung wird uns auf diesem Weg entsprechend unterstützen und stärken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was den Vorwurf betrifft, dass wir hier Vor­reiter seien und andere Länder in Europa und international dies nicht nachvollziehen würden: Dänemark, Deutschland, Finnland, die Niederlande, Schweden und Groß­britannien sind der UPOV-Akte bereits beigetreten; Belgien, Frankreich, Irland, Italien, Portugal und Spanien bereiten, so wie Österreich, derzeit den Beitritt zur UPOV-Akte vor. Es kann keine Rede davon sein, dass wir allein sind und dass die anderen nicht auch schon auf diesem Weg unterwegs sind. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was die Frage der Zulassung von Gentechnik betrifft, ist meine Positionierung hinläng­lich bekannt: Ich halte weiter daran fest, dass das Moratorium aufrecht bleiben muss, weil wir die Frage der Koexistenz auf europäischer Ebene aus meiner, aus unserer Sicht nicht ausreichend gelöst haben. Ich warte natürlich auch gespannt auf die Ent­scheidungen, bei denen wir nicht mehr aktiv eingreifen können, aber unsere politische Haltung habe ich im Agrarministerrat mehrere Male klar und deutlich aufgezeigt. Das Moratorium soll aus unserer Sicht bestehen bleiben, solange die Frage der Koexistenz nicht geregelt ist. (Beifall bei der ÖVP.)

21.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sieber. Freiwil­lige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.55

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Auch wenn Sie, Herr Pirklhuber, glauben, dass wir aus Tirol oder Vorarlberg mit Saatgut nichts am Hut haben, möchte ich mir trotzdem erlauben, zu diesem Thema etwas zu sagen.


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Das Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen muss ange­passt werden, denn das Übereinkommen über die Rechte des geistigen Eigentums verlangt von den Mitgliedern der WTO, Pflanzensorten im Rahmen des Patentsystems oder durch ein wirksames Sortenschutzsystem zu schützen. Das UPOV-Überein­kom­men stellt das einzige international anerkannte System für den Sortenschutz bereit.

Hauptziel des UPOV-Übereinkommens ist es, dem Züchter einer neuen Pflanzensorte ein geistiges Eigentumsrecht zuzuerkennen, zu sichern und den Pflanzenzüchter vor dem Verkauf der Pflanzensorten durch Dritte zu schützen. Der bisherige Grundsatz der freien Benutzung einer geschützten Sorte als Ausgangsmaterial für die Schaffung weiterer Sorten bleibt jedoch unberührt. Dieses Abkommen legt somit die interna­tiona­len Regeln fest, nach denen die Länder Einzelpersonen oder Organisationen, die neue Pflan­zensorten züchten, Rechte des geistigen Eigentums gewähren. Ist kein angemes­sener Schutz des geistigen Eigentums vorhanden, können neue Pflanzensorten nach ihrer Freisetzung ohne weiteres vermehrt werden. Der Züchter wird dadurch enorm be­nach­teiligt, trägt er doch alle Kosten des Züchtungsvorganges. Aus diesem Grund wird von den Verbandstaaten verlangt, dass sie dem Züchter ein Recht an der gesamten Er­zeugung von Saat- oder Pflanzgut gewähren.

Ein wichtiger Punkt ist, dass das UPOV es jedem Staat selbst überlässt, die Ver­wendung des in einem landwirtschaftlichen Betrieb gewonnenen und verwerteten Saat­guts vom Züchterrecht auszuschließen. Dieses so genannte Landwirteprivileg be­deu­tet, ein Bauer kann auf der Grundlage des einmal erworbenen Saatgutes unein­ge­schränkt und unentgeltlich selbst Saatgut züchten, solange er es nicht in Verkehr bringt, sondern es nur für den eigenen Betrieb nutzt oder zum Tausch verwendet. Die­se Regelung ist deshalb so wichtig, da andernfalls die Erzeugung und Vermehrung der geschützten Sorten ohne die Zustimmung des Züchters nicht mehr erlaubt ist (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Pirklhuber) und der Bauer für den Nachbau von Erntegut für Saatzwecke Nachbaugebühren an den Züchter bezahlen muss. (Abg. Gradwohl: Diese Aussage ...!)

Biologische Vielfalt in der Landwirtschaft wurde und wird aber zu einem guten Teil gerade durch die Arbeit der Landwirte geschaffen. Die UPOV-Umsetzung unterstützt uns dabei, ein starkes Sortenschutzrecht zu haben, und begünstigt die Entwicklung neuer Pflanzensorten zum Nutzen der gesamten Gesellschaft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rest-Hinter­seer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.58

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Nur zur Abklärung: Herr Präsident, Sie haben zuerst gesagt, wir Grüne haben noch eine Restredezeit von 7 Minuten.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das stimmt nicht. Es sind 15 Minuten.

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (fortsetzend): Das stimmt also nicht. Ich habe nämlich sehr viel zur Gleichstellung von Frauen und Männern zu sagen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Sie haben 15 Minuten Zeit. Es lag zunächst eine Verwechslung mit den Freiheitlichen vor. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (fortsetzend): Danke schön. – Sehr kurz gefasst, hoffentlich kurz und bündig: Ich habe den Eindruck, dass es hier eine ziem­liche Verwirrung und Unklarheit gibt – vor allem in der ÖVP-Fraktion, die sich ja ge­wöhnlich als Ort gut informierter Kreise herausstellt (Abg. Großruck: Wir sind nicht


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ver­wirrt!) –, weil hier Äpfel mit Birnen verglichen werden. Diese UPOV-Richtlinie bezieht sich auf die  WIPO, also jene Organisation in der UNO, die die Rechte geistigen Eigentums regelt, während die Veränderung – das ist uns auch nachhaltig gesagt worden – mit TRIPs und WTO zu tun hat. Das heißt, hier geht es um ganz andere, sehr weit reichende Regelungen, die wir nicht mehr nationalstaatlich lösen können.

Ich sage Ihnen nur als Hinweis oder als Warnung, es gibt beim EuGH bereits Nach­bauprozesse, dort werden Bauern jetzt schon angeklagt. Es gibt in Kanada den Pro­zess von Percy Schmeiser, der sehr bekannt ist; Percy Schmeiser zieht jetzt sogar vor den Obersten Gerichtshof, weil er eine Anklage von Monsanto bekommen hat, in der darauf hingewiesen wird, dass er Saatgut verwendet, das gentechnisch modifiziert ist. Er bestreitet dies und hat jetzt einen Riesenprozess am Hals.

Ich glaube, da gibt es auf Seiten der ÖVP-Mandatare eine Illusion darüber, dass diesbezüglich in Österreich anders vorgegangen wird. Wir sehen eigentlich keinen Grund, etwas anzunehmen, was hier in der Erklärung steht:

„Durch eine vermehrte Erteilung von Sortenschutzrechten sind Erleichterungen für die österreichische Pflanzenzüchtung insbesondere im internationalen Handelsverkehr zu erwarten.“

Warum? – Es ist überhaupt nicht schlüssig ausgeführt worden, warum das eine Erleichterung sein soll. Wir sind bereits jetzt bei UPOV, wir sind bereits bei der 78er Regelung, und das ist vollkommen ausreichend.

Deswegen werden wir Grüne uns gegen diesen Abschluss aussprechen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner zu diesem Punkt ist Herr Abgeordneter Freund. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.01

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir stimmen heute über die Annah­me­er­klärung betreffend die Internationale Pflanzenschutzkonvention sowie das Inter­na­tionale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen ab.

Beide Revisionen wurden zur Anpassung an internationale Abkommen notwendig. Das Sortenschutzrecht wird gestärkt und klarer gestaltet, und die EU kann ein gemeines Schutzrechtsystem einrichten. Im Zeitalter von Internationalisierung und Globalisierung besteht eine besonders hohe Gefahr der Einschleppung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse durch den internationalen Handel. Unser gemein­sames Ziel muss es daher sein, die Verbreitung und Einschleppung von Schad­organis­men einzudämmen, und das geht nur, wenn wir alle in Europa an einem Strang ziehen. Das ist mir als Landwirt ganz besonders wichtig! Ich verstehe daher überhaupt nicht, warum die SPÖ und die Grünen dagegen sind. (Abg. Mag. Mainoni: Wir auch nicht!)

Die österreichischen Pflanzenzüchter sind mit ihren Produkten und Sorten national und international sehr erfolgreich. Ich möchte mich von dieser Stelle aus ganz besonders bei den österreichischen Saatzüchtern herzlichst bedanken, weil sie wirklich erfolg­rei­che Züchtungen hervorbringt, die international anerkannt sind!

Dieses Abkommen dient zur Förderung von geeigneten Bekämpfungsmaßnahmen auch gegen Schadorganismen, und ich kann das nur befürworten. (Abg. Dr. Pirkl­huber: Nein, das ist ein Unterschied!) Ich habe schon ausgeführt und es wurde hier schon erklärt, dass es um Anpassungen geht, die notwendig sind, um der Entwicklung


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im Rahmen des internationalen Handels Rechnung zu tragen und um neue technische und wirtschaftliche Gegebenheiten im Rahmen der Pflanzenzüchtung einzubeziehen.

Ziel der Revision ist es auch, dass vermehrt Sortenschutzrechte erteilt werden können und dass es insbesondere im internationalen Handelsverkehr Erleichterungen für die heimischen Erzeuger gibt. (Beifall des Abg. Mag. Molterer.) Es ist ein vorrangiges Ziel der österreichischen Bundesregierung, den internationalen Handel zu erleichtern und somit die österreichische Wirtschaft zu stärken. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird vom Herrn Berichterstatter nicht gewünscht.

Daher gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 195 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Ausschusses, wonach der vorliegende Staats­vertrag im Sinne von Artikel 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Ent­schließungs­antrag 51/A (E) der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im ländlichen Raum (267 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 19. Punkt der Tages­ord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mikesch. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 4 Minuten. Restliche Gesamtredezeit der Fraktion: 18 Minuten. – Bitte.

 


22.04

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Leben auf dem Land heißt Arbeiten auf dem Land. In diesem Sinne bedanke ich mich sehr herzlich bei allen Fraktionen dafür, dass es uns gelungen ist, einen gemeinsamen Entschließungsantrag betreffend Chancengleichheit für Män­ner und Frauen im ländlichen Raum zu erarbeiten und heute zur Beschlussfassung ein­zubringen. Das Thema Chancengleichheit ist ein vielfältiges – so wie das des ländlichen Raumes. Heute werde ich diese beiden Themen verknüpfen und ge­meinsam beleuchten.

Der ländliche Raum hat sich in den letzten Jahren massiv gewandelt. Von einer vielfach rein durch Landwirtschaft geprägten Umgebung wurde er in manchen Re­gionen zu einem Wirtschaftsfaktor, der in unmittelbarer Konkurrenz zu den Ballungs-


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zentren steht. Dazu kommt der Wunsch vieler Menschen nach Wohnen im Grünen. Wir sehen das anhand der Entwicklung unserer Landeshauptstadt St. Pölten: ein Minus an Bevölkerung, kaum Wirtschaftswachstum. Dagegen das Umland: Betriebsgebiete wie Böheimkirchen und Loosdorf boomen, in Hürm entsteht ein sehr kreatives, inter­essantes, gemeindeübergreifendes Betriebsgebiet. Folge für die Bevölkerungsentwick­lung im Umland von St. Pölten: ein Plus von 7 Prozent. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Trotzdem oder gerade deswegen bringt diese neue Situation vor allem für die Frauen ein neues Spannungsfeld mit sich. Was sind die Probleme, mit denen die Frauen im ländlichen Raum zu kämpfen haben?

Mobilität: Gerade auf dem Land ist die Struktur des öffentlichen Verkehrs nicht sehr ausgeprägt. Im Forschungsbericht „Hemmnisse der Frauenerwerbstätigkeit“ ist das von den befragten Frauen aus den Regionen als enormer Faktor bewertet worden. Dazu kommt, dass die oftmals beworbene Teilzeit als Chance zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Pendlerinnen keine Alternative darstellt. Wenn Sie täglich vier Stunden arbeiten und drei Stunden pendeln: Können Sie sich vorstellen, wie „attraktiv“ das ist? – Jede fünfte Frau ist teilzeitbeschäftigt. Daher ist meiner Überzeugung nach der wichtigste Ansatzpunkt der Arbeitsplatz vor Ort, denn Nähe ist Lebensqualität! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oftmals – und das belegen Studien – sind es gerade die Mädchen, die in der Um­gebung ihre Ausbildung wahrnehmen. Ein erweitertes Bildungsangebot ist aber vor allem in den Ballungszentren vorhanden, und so sehen wir, dass in den ländlichen Re­gionen über 80 Prozent der Mädchen in traditionelle Frauenberufe einsteigen. Das Ver­hältnis ist auf dem Land schlechter als in der Stadt. Die Stärkung des Selbst­bewusstseins muss ein zentrales Anliegen sein. Damit muss schon in der Volksschule begonnen werden, und es muss so weit gehen, dass Mädchen auch für Frauen „untypische“ Berufe ausüben.

Wir brauchen verstärkte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen vor Ort. Die Ent­wicklung zeigt uns: Je größer die Entfernung von den Ballungszentren ist, desto niedriger ist das Durchschnittseinkommen der Frau. Mit höherer Bildung wird diese Situation verbessert.

Gerade im ländlichen Raum ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schwieriger. Kinderbetreuungseinrichtungen gehören ausgebaut und verstärkt, die Öffnungszeiten flexibler gestaltet (demonstrativer Beifall bei den Grünen), insbesondere wenn man bedenkt, dass in der Landwirtschaft zirka 41 Prozent der Betriebe und im Gewerbe zirka 30 Prozent der Betriebe von Frauen geführt werden.

Aber die neue Struktur des ländlichen Raums, wie ich sie soeben erwähnt habe, bietet auch enorme Chancen. Durch die Stärkung der Regionen, durch das Schaffen von Be­triebsgebieten auf dem Land entstehen neue Arbeitsplätze für Frauen, ein neuer Markt für Betriebe vor Ort und damit mehr Lebensqualität für uns alle.

Ein Motto, das in unseren Köpfen Platz greifen muss, lautet: Arbeiten auf dem Land be­deutet Leben auf dem Land. Wo Arbeitsplätze in der Nähe sind, steigt die Lebens­qualität und sinkt die Belastung für die Umwelt durch den Verkehr. Wenn wir das Bewusstsein für die örtliche Wirtschaft stärken, kaufen die Menschen wieder im Ort ein, stärken damit den Ort und sichern die Arbeitsplätze. Diese Menschen bringen sich in die Gemeinschaft und in die Vereine ein; die Gemeinde lebt.

Der ländliche Raum wird uns noch lange beschäftigen. Ich sehe den heutigen Antrag als sichtbares Zeichen der Bereitschaft aller Parteien, an einem neuen Bild des Land-


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lebens, des ländlichen Raumes und an einem neuen, selbstbewussten Frauenbild mit vollständiger Chancengleichheit zu arbeiten. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Walther. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. Restredezeit der Fraktion: 10 Minuten. – Bitte.

 


22.10

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kollegen! Werte Gäste! Ich freue mich sehr, dass der heutige Entschließungsantrag als Vier-Parteien-Einigung im Landwirtschaftsausschuss zustande gekommen ist. Chan­cen­gleichheit im ländlichen Raum bedeutet zweierlei: Verbesserte Arbeits- und Le­bensbedingungen speziell für Frauen, die am Land noch stärker als im urbanen Be­reich gegen frauenspezifische Benachteiligungen zu kämpfen haben, und zweitens Chan­cengleichheit für alle Menschen: sowohl für Männer als auch für Frauen im ländlichen Raum im Vergleich zu den Verhältnissen in der Stadt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Werfen wir einen Blick auf die Situation der Menschen im ländlichen Raum. 58 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher leben in den Städten, 42 Prozent im ländlichen Raum. Aber ungefähr 70 Prozent aller armutsgefährdeten Menschen leben auf dem Land. Armut betrifft Bäuerinnen und Bauern sowie andere Landbewohner und Land­bewohnerinnen. Armut betrifft viele ältere Menschen, aber vor allem die Frauen: schlecht ausgebildete Frauen, Alleinerzieherinnen, Pensionistinnen.

Die Probleme der Frauen im ländlichen Raum umfassen zu viele Aspekte, um sie alle aufzuzählen. Es ist vor allem der Mangel an flexiblen und gut bezahlten Arbeitsplätzen, die fehlende Möglichkeit, Arbeitsplätze schnell zu erreichen, um so Arbeit, Familie und Nebenerwerb in einer kleinen Nebenerwerbslandwirtschaft verbinden zu können.

Frauen sind stärker vom öffentlichen Verkehr abhängig. Erst die Mobilität verschafft Frauen und Kindern Zugang zu Gesundheit, zu Ämtern, Bildung und zum Arbeitsplatz. Erhalten wir deshalb und auch aus Umweltgründen einen leistbaren und möglichst dichten, öffentlichen Verkehr. Schaffen wir auch Kinderbetreuungseinrichtungen, Kin­der­gärten, Ganztagsschulen oder zumindest Schulen mit Nachmittagsbetreuung!

Bemühen wir uns um neue Arbeitsplätze in allen Bereichen: im Handel, im Gast­gewer­be, aber auch im bäuerlichen Nebengewerbe: Urlaub am Bauernhof, Hofläden oder Buschenschenken.

Nicht nur die Länder, auch die Bundesregierung wird dafür Geld in die Hand nehmen, Geld locker machen müssen. Sie wird dafür aber auch auf EU-Zuschüsse zurück­greifen können, so zum Beispiel auf die zur Förderung des ländlichen Raumes. – Also, packen wir es an! (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Ach­leitner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Sie sind am Wort.

 


22.13

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Chancengleichheit ist ein Grundpfeiler freiheitlicher Politik. Dass bei uns Chancengleichheit gelebt wird, hat sich auch darin gezeigt, wie jetzt die restliche Redezeit ganz gerecht unter uns aufgeteilt wurde, sodass auch noch Zeit war, zum Frauenbereich zu reden.


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Die Maßnahmen für Chancengleichheit müssen wirklich spezifisch betrachtet werden, wenn wir den ländlichen und städtischen Bereich genau unter die Lupe nehmen. Dass die regionalen Schwerpunkte für uns Freiheitlichen schon immer ein Thema waren, zeigt sich ganz deutlich in der Möglichkeit, dass es jetzt auch für Bäuerinnen Kinder­betreuungsgeld gibt.

Ausreichende Bildung stellt eine Grundlage für eine gute Chance dar, und der Anteil der Frauen, die mehr als Pflichtschulausbildung haben, ist Gott sei Dank grundsätzlich gestiegen. Kritisch muss das Bildungsniveau jedoch betrachtet werden, wenn man wiederum zwischen städtischen und ländlichen Regionen unterscheidet. Gerade in ländlichen Bereichen mit einer Agrarquote von mehr als 15 Prozent haben sechs von zehn Frauen nur Pflichtschulausbildung. Das Bildungsniveau ist also sehr stark von der Erreichbarkeit von Ausbildungsinstitutionen abhängig, und daher ist es wichtig und notwendig, dass spezielle Förderungs- und Ausbildungsprogramme für Frauen in länd­lichen Bereichen unterstützt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Besonders wichtig ist der Ausbau neuer Informationstechnologien, damit Informationen wirklich vor Ort vorhanden sind und auch Tele-Working möglich wird. Hier wurden von der Regierung bereits positive Maßnahmen gesetzt. Ich erinnere da beispielsweise an die Ermöglichung eines breitbandigen Internetzugangs durch die Breitband-Offensive des Vizekanzlers Gorbach.

Das Leader-Plus-Programm ist für den ländlichen Raum ein wesentliches Element der Politik, und dabei wird besonders Bedacht auf Chancengleichheit genommen. Bei eventueller Benachteiligung werden die Förderungen sogar zurückgezogen oder keine Förderungen genehmigt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Finanzielle Mittel und Maßnahmen nützen aber gar nichts, wenn die Bewusstseinsbildung nicht gut genug gemacht wird. Die traditionelle Rollenverteilung herrscht gerade in den ländlichen Bereichen immer noch sehr stark vor. Bürgermeister und Gemeinderäte im ländlichen Bereich können häufig mit ge­schlech­terspezifischer Politik nicht sehr viel anfangen. Ich erzähle Ihnen nur ein Beispiel aus der konstituierenden Gemeinderatssitzung in meiner Heimatgemeinde, in der der Bürgermeister den Frauenausschuss, der neu konstituiert werden sollte, in Frage gestellt hat, weil er gemeint hat: Gender-Mainstreaming ist nur eine Aufgabe von Land und Bund, und das brauchen wir nicht in unserer Stadt!

Ich appelliere daher an alle Kollegen, die auch in der Kommunalpolitik tätig sind, dass sie in den eigenen Gemeinden mehr Bewusstseinsbildung für Chancengleichheit ma­chen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer 4 Minuten zu uns. Restredezeit der Grünen: 12 Minuten. – Bitte.

 


22.17

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Lassen Sie mich zuerst ein bisschen ausführen, wie es zu diesem Entschließungs­antrag gekommen ist – dies zum Teil auch deswegen, weil jetzt dann die Abstimmung etwas kompliziert wird.

Wir haben schon vor einiger Zeit eine ganze Latte von Anfragen an den Herrn Bun­desminister zum Thema „Chancen von Frauen im ländlichen Raum“ eingebracht. Unter anderem ist in einer Anfragebeantwortung auch auf eine sehr interessante Studie hin­gewiesen worden:


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„Die gleichstellungsorientierte Regionalentwicklung“, die vom Geographie-Institut und von der Bundesanstalt für Bergbauernfragen gemeinsam erstellt und sozusagen ofen­warm im Juli präsentiert wurde, also gerade richtig für unser Vorhaben. Ich spreche deshalb von unserem Vorhaben, weil wir uns in der Zwischenzeit schon fraktionen­übergreifend mit den Frauen des Landwirtschaftsausschusses abgesprochen hatten. Frau Dipl.-Ing. Achleitner hat Ihren Kollegen Dipl.-Ing. Uwe Scheuch beauftragt, hier als Frau hinzugehen. Er hat das ziemlich tadellos erledigt. – Eigentlich muss man sagen, dass es dann letztlich Herr Wittauer gemacht hat.

Wir haben bei dieser Debatte im Landwirtschaftausschuss doch einige wichtige Dinge klären können. Einigen Mitgliedern war nicht ganz klar, was Gender-Mainstreaming denn nun wirklich bedeutet. Einer hat sogar sein Abstimmungsverhalten davon abhän­gig gemacht, dass ich es ihm schlüssig erkläre.

Nachdem ich es zuerst vorgelesen habe, so wie es in den EU-Richtlinien steht, was zumindest bei diesem Kollegen wieder sehr unverständlich angekommen ist, habe ich es mit einer Geschichte von einer großen Veranstaltung in Indien versucht, der ersten BäuerInnenkonferenz der Welt, bei der auch ein alter Bauer im Gender-Mainstreaming-Workshop war. Wir haben uns gedacht, dass es schwierig werden wird, diesem alten Mann den Begriff „Gender-Mainstreaming“ zu erklären. Er hat uns aber sehr beschämt, und er hat nämlich sofort angefangen, uns die Sache zu erklären. (Abg. Neudeck: Das ist auch nicht schwer!) Er ist mit seiner Frau schon sehr früh übereingekommen, sehr geehrter Herr Kollege, dass Gender-Mainstreaming betont, dass es sich zwischen Männern und Frauen so verhält wie zwischen den Augen im Gesicht. Es ist unmöglich, dass die beiden Augen ungleich sind, dass sie sich auf ungleicher Höhe befinden, weil man dann die Welt nur sehr unscharf wahrnehmen könnte. (Abg. Neudeck: Medi­zinisch stimmt das nicht!) Deswegen ist es sehr sinnvoll, dass Frauen und Männer auf gleicher Ebene agieren und gleiche Rechte haben.

Lassen Sie mich noch ein bisschen etwas zu den verschiedenen Interpretationen aus­führen. Im etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache steht unter Geschlecht, was ja die Übersetzung von Gender ist, noch „Generation, Art und Ursprung“. Erst sehr viel später ist der Begriff „Geschlecht“ im Sinne von Zuordnung zu einem Geschlecht mit sexueller Bedeutung aufgetaucht. Im Englischen ist die Erklärung sehr viel leichter, weil Gender das soziale Geschlecht meint. Das bedeutet auch, dass man durch sein soziales Geschlecht mehr determiniert wird, als man fürs Erste annehmen würde.

In der Studie, die ich bereits zitiert habe, kommt sehr schön zum Ausdruck, dass es verschiedene Positionen beziehungsweise Erklärungsansätze gibt. So gibt es das Erklärungsmuster der Geschlechtergleichheit, das dahin gelangt, zu behaupten, dass die Geschlechterdifferenz nur künstlich erzeugt ist. Viele Anhänger dieser Theorie gehen davon aus, dass Frauen unterstützt werden müssen, damit sie sozusagen Gleichheit mit den Männern erreichen können. – Es gibt aber auch die Position der Ge­schlechterdifferenz, auf der sich interessanterweise die meisten Bürgermeister auf den Dörfern und die Feministinnen treffen. Die sagen nämlich, Frauen und Männer seien tatsächlich unterschiedlich und man könne das nicht hinwegdiskutieren. Sie haben unterschiedliche Eigenschaften, Fähigkeiten und Potentiale, und es ist deswegen auch sinnvoll, sie unterschiedlich zu fördern.

Mir am sympathischsten ist eigentlich die Position der Geschlechtervielfalt, die davon ausgeht, dass dieses binäre Entweder-oder-Denken etwas überholt ist. Ich denke da immer an diesen berühmten Spruch bei uns am Land: „Entweder-oder, Eunuch oder Vota.“ Da gibt es aber noch viele andere Möglichkeiten dazwischen. Diese Vielfalt ernst zu nehmen, würde auch bedeuten, dass sich die Menschen nicht nach ihrem Geschlecht, sondern wirklich nach ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Talenten ent-


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wickeln können und sollen. All jene, die selbst Eltern sind oder mit Kindern leben, wissen, dass sich die Kinder ja nicht immer so typisch männlich oder weiblich ver­halten, was insbesondere am Land dann auch regelrechten Stress auslöst, wenn etwa die Jungs lauthals weinen oder die Mädchen kräftig zuhauen im Kindergarten.

Es soll also die Möglichkeiten eröffnet werden, dass sich Menschen danach entwickeln können, wo sie wirklich ihre Schwerpunkte haben. Das ist bei Gender-Mainstreaming ein Schwerpunkt.

Kollege Wattaul hat mich darauf aufmerksam gemacht: Warum Gleichstellung nur auf dem Lande? Das ist doch überall notwendig! – Herr Kollege Wattaul, meine Vermutung ist, dass die Frauenfrage auf dem Land gelöst werden muss, und dann ist sie überall lösbar. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schiefermair. 3 Minuten Redezeit. Restredezeit der Fraktion: 14 Minuten. – Bitte.

 


22.23

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Einer der interessantesten So­zialtheoretiker, Esping-Andersen, entwirft eine Art Modernisierungspolitik der dyna­mischen Lebenswelten. Er prägte den einfachen Satz: Gesellschaftssicherung beginnt mit Babies. – Klar ist, dass diese Verantwortung der Gesellschaftserhaltung aus biologischen Gründen den Frauen zukommt. Diese Verantwortung nehmen wir Frauen auch gerne wahr. Wir fordern aber dafür Anerkennung und Gleichbehandlung. Als Mitglied einer regierungsverantwortlichen Partei bekenne ich mich zur Familie und dazu, die dringend nötigen Maßnahmen und Rahmenbedingungen zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es geht darum, jeder Frau in unserem Land die Mehrfachbelastung zu vereinfachen und sie bei ihren Aufgaben zu unterstützen. Zahlreiche Förderungsprogramme wurden be­reits erfolgreich initiiert. Doch wir sollten einen Schritt weiter gehen. Ich möchte heute besonders auf die Chancengleichheit im ländlichen Raum, im Speziellen auf die der Bäuerinnen eingehen. Auf Grund meiner Tätigkeit als Trainerin werde ich mit zahlreichen guten Beispielen konfrontiert und möchte hier nur eines davon bringen.

Renate – sie ist verheiratet, betreibt mit ihrem Mann eine Landwirtschaft, sie haben drei Kinder. Renate hat ihr künstlerisches Talent entdeckt und ist heute als Malerin und Kalligraphin sehr erfolgreich. Sie hat ihr maßgeschneidertes Erfolgskonzept umgesetzt. Mir ist bewusst, dass es sich hiebei um einen Sonder- oder Glücksfall handelt, aber ich möchte mich weiter dafür einsetzen, dass es für alle, für Frauen wie für Männer maßgeschneiderte Möglichkeiten gibt, Familie und Beruf erfolgreich zu managen. Daher stehe ich für die Einbeziehung der besonderen familiären Anforderungen bei der Planung aller gesetzlichen Maßnahmen ein, wie zum Beispiel im Steuerrecht, bei der Bildung, bei sozialen und arbeitsmarktpolitischen Aktivitäten, aber auch familien­situations­gerechte Kinderbetreuung, Förderung von Weiterbildung sowie die Unterstützung von Frauen als Meinungsbildnerinnen und vor allem auch als Entschei­dungsträgerinnen sind die Eckpfeiler einer erfolgreichen Familienpolitik, wie wir von der ÖVP sie verstehen.

Wir Bäuerinnen haben uns gerade im ländlichen Raum schon lange für die Chancen­gleichheit eingesetzt und viel erreicht. Bereits 30 Prozent der landwirtschaftlichen Be­triebe werden von Frauen geführt.


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Jetzt vor Weihnachten für alle Männer ein Buch-Tipp: „Die Klügere gibt nicht mehr nach“. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Königs­ber­ger-Ludwig. 3 Minuten Redezeit. Restredezeit der Fraktion: 7 Minuten. – Bitte.

 


22.26

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates! Auch ich freue mich über diesen Vier-Parteien-Antrag. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.) Dieser Antrag ist sehr wichtig, und er ist dringend erforderlich, speziell wenn man sich die Situation der Frauen anschaut. Frauen sind noch immer in vielen Be­reichen des täglichen Lebens sehr stark benachteiligt, und speziell im ländlichen Raum haben es Frauen sehr, sehr schwer, aus den traditionellen Rollenbildern auszusteigen und diese zu verlassen. Frauen sind oft in Beschlussfassungsgremien kaum ver­tre­ten – das aber nicht, weil Frauen gerne in der zweiten Reihe stünden, denn Frauen übernehmen gerne Verantwortung und sie sind auch interessiert daran, mitzuent­scheiden. Es müssen jedoch dafür auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es den Frauen ermöglichen, mitzuentscheiden und mitzubestimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frauen haben auf dem Arbeitsmarkt speziell im ländlichen Raum schlechtere Chancen, und sie sind in eklatanter Weise bei den Einkommen benachteiligt. Ich habe mir das in meinem Bundesland Niederösterreich angeschaut. Niederösterreich ist ohnehin nur am sechstschlechtesten Platz im Bundesländer-Ranking, und die Frauen sind noch einmal benachteiligt. Weibliche Angestellte verdienen 45 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, und weibliche Arbeiterinnen verdienen 40 Prozent weniger. Und ich denke, wenn es uns wirklich so wichtig und ernst ist mit der Eigenständigkeit der Frauen und wenn wir auch vor allem der drohenden Armutsgefährdung von Frauen entgegen­wir­ken wollen, dann müssen wir diese Situation ändern. Lippenbekenntnisse sind da einfach zu wenig! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Selbstbestimmtes Leben, meine sehr verehrten Damen und Herren, hängt unter ande­rem auch von finanzieller Unabhängigkeit ab. Mit Schuld an dieser Situation sind meiner Meinung nach vor allem die vielen geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse und auch die Teilzeitjobs, in denen sich Frauen befinden. Es werden immerhin 72 Pro­zent aller geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse von Frauen ausgeübt, und das kann für uns nicht zufriedenstellend sein. Ich bin überzeugt davon, dass sehr viele Frau­en diese Jobs nicht freiwillig annehmen, sondern sie nehmen diese Jobs nur, damit sie überhaupt Arbeit haben.

Derartige Dienstverhältnisse haben aber enorme Auswirkungen auf das gesamte Frauenleben. Es ist eine wichtige Aufgabe einer engagierten Frauenpolitik, diese Punk­te aufzuzeigen. Viele Frauen sind bereits während ihres Berufslebens trotz Arbeit von Armut betroffen, und am Ende eines Frauenlebens steht oft die Altersarmut. Die Politik dieser Bundesregierung bewirkt da nichts Gutes, sondern sie verschärft diese Situation sogar: so zum Beispiel mit der Pensionskürzungsreform und mit der Liberalisierung der Ladungsöffnungszeiten. Deshalb hoffe ich, Herr Minister, dass dieser Antrag wirklich Früchte trägt und nicht nur auf dem Papier stehen bleibt – Papier ist ja bekanntlich geduldig –, sondern dass die Gleichstellung von Frauen und Männern auch tatsächlich gelebt werden kann.


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Ich möchte mit einem Zitat von Alice Schwarzer schließen, die heute Geburtstag hat: Frauen begnügen sich nicht mit der Hälfte des Himmels, sie wollen die Hälfte der Welt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

22.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nun ist Herr Abgeordneter Gahr an der Reihe. 3 Minu­ten. – Bitte.

 


22.30

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist natürlich für mich als Mann eine Ehre, hier heute zum Thema Chancengleichheit für Frauen und Männer im ländlichen Raum am Podium zu stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Bei diesem Thema geht es darum, dass wir den Auftrag annehmen, dass wir dieses Thema in Erinnerung rufen und ankurbeln und dann über Projekte und Initiativen diesen Ausgleich schaffen. Was wir nicht anstreben sollten, ist ein Rollentausch zwi­schen Frau und Mann, wir sollten auch keine Zwangsbeglückung hervorrufen, und wir sollten unfaire Aufrechungen vermeiden. Es geht also insgesamt darum: Wo können wir Nachteile aufzeigen? Wo können wir bessere Rahmenbedingungen schaffen?

Es gibt derzeit Nachteile speziell für Frauen im ländlichen Raum: sei es bei der Kin­derbetreuung, wo wir einerseits zu wenig Nachfrage haben, aber andererseits die Kos­ten zu hoch sind, es gibt aber auch Nachteile in der Mobilität und Nachteile beim An­gebot an Teilzeitjobs.

Meine Vorredner (Abg. Mag. Stoisits: Und Vorrednerinnen!) haben jetzt schon einiges gesagt, und ich möchte hier an dieser Stelle an drei Beispielen kurz aufzeigen, dass es derzeit sehr wohl auch Initiativen seitens der EU gibt, speziell für die Frauen in der Entwicklung des ländlichen Raumes. Es geht dabei vor allem darum, Gleichstellung für die Frauen zu erreichen und sie in allen europäischen politischen Gremien zu veran­kern, es geht darum, die Chancengleichheit über die Strukturfonds zu fördern. Gerade da hat unser Kommissär Franz Fischler, welcher für die ländliche Entwicklung, wie ich meine, sehr viel tut, Initiativen gesetzt.

Gestern Abend wurde hier in Wien eine Initiative für den ländlichen Raum mit dem Titel „Kinderbetreuung am Bauernhof“ vorgestellt. Verschiedene Organisationen haben querdurch, insgesamt zwölf Organisationen, das Projekt „Kinderbetreuung am Bauern­hof“ gestartet, bei dem es darum geht, dass Bäuerinnen als Tagesmütter ein Zusatz­ein­kommen erwirtschaften, aber auch Kinder in einem positiven Umfeld betreut wer­den.

Eine Initiative, welche in Tirol unsere Landesrätin Elisabeth Zanon gestartet hat, eine vielleicht auch lustige Initiative: „Mander s’isch Zeit!“ Das kann man als Tiroler da sagen. Das darf ich da so herstellen. (Der Redner lehnt ein Plakat an die Mikrophone am Rednerpult, auf dem Andreas Hofer mit einem Kleinkind am Arm abgebildet ist. – Beifall bei der ÖVP.)

Also wir in der Politik müssen Ziele vorgeben, die Politik muss aber auch Vorbild sein, und als Männer müssen wir da und dort vielleicht umdenken und Dinge aus der Sicht der Frauen sehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



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40. Sitzung / Seite 254

22.33

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Geschätzter Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Entschuldigen Sie meine müde und etwas matte Stimme, aber nach einem intensiven europäischen „Jahr behinderter Menschen“ kann das schon pas­sieren. Aber so oft passiert das ja nicht.

Gestatten Sie mir noch eine kurze persönliche Vorbemerkung. Ich bin jetzt ein Jahr hier im Hohen Hause tätig. Es war für mich eine sehr spannende, schwierige, aber auch sehr lehrreiche Zeit. Vor allem habe ich gelernt, dass noch kein Politiker vom Himmel gefallen ist – und schon gar nicht im Rollstuhl gelandet ist. Ich habe sehr viel dazugelernt, und ich möchte mich auch bedanken bei meinen Kolleginnen und Kollegen, bei den Regierungsmitgliedern, aber auch bei den Behindertensprechern, bei den Bildungssprechern der anderen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit auf sach­politischer Ebene. Das zeigt, dass Behindertenpolitik auch überparteilich gemacht werden kann. (Allgemeiner Beifall.)

Zum vorliegenden Antrag: Die Situation von Frauen im ländlichen Bereich ist wirklich sehr schwierig. Sie leiden unter Mehrfachbelastungen wie Beruf, Kinderbetreuung, aber auch die Pflege von Angehörigen ist eine große Herausforderung. Um das alles zusammenzubringen, braucht es Unterstützungsmaßnahmen. Es ist sehr begrüßens­wert, dass gerade im ländlichen Bereich Angehörige, die behindert sind, zu Hause gepflegt und nicht einfach in Pflegeheime abgeschoben werden.

Den ersten Schritt haben wir heuer gesetzt mit 10 Millionen €, die sicherstellen, dass ein pflegender Angehöriger auch einmal auf Urlaub gehen kann und das finanziert be­kommt, oder auch, dass er, wenn er krankheitsbedingt ausfällt, Unterstützung be­kommt. Aber das ist bei weitem nicht genug, es ist ein erster Tropfen auf den heißen Stein. Es braucht weitere unterstützende Maßnahmen: den Ausbau von Trägerorgani­sationen, Wohlfahrtsorganisationen, die Beratung über Hilfsmittel, das Erlernen von Pflege- und Hebetechniken und auch die stundenweise Betreuung zu Hause. Nur so können pflegende Angehörige wirklich auch nachhaltig unterstützt werden.

Ich glaube, dass dieser Antrag auch geeignet ist, die Probleme sichtbar zu machen und dazu beizutragen, dass diese Maßnahmen entwickelt werden. – Danke. (Allge­mei­ner Beifall.)

22.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt als letzte Rednerin dazu Frau Abge­ord­nete Binder zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


22.37

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine These ist, dass es ohne die Frauen keine Weiterentwick­lung im ländlichen Raum gibt, denn die Frauen im ländlichen Raum, jene Frauen, die am Land leben, spielen eine maßgebliche Rolle im gesellschaftlichen Leben, vor allen Dingen in den landwirtschaftlichen Betrieben und auch im sozialen Leben der Men­schen im ländlichen Raum.

Die Bedingungen aber, meine Damen und Herren, die Frauen vorfinden, sind sehr unterschiedlich und sehr vielfältig, und die Frauen im ländlichen Raum, die Frauen, die am Land leben und arbeiten, haben mit vielen Hindernissen, aber auch mit Grenzen zu tun, Grenzen, die manchmal unüberwindbar sind. Dies hängt sehr oft mit starren Rol­len­bildern oder Klischees zusammen, aber auch mit unterschiedlichen regionalen Bedingungen, so zum Beispiel fehlende Kinderbetreuung, die ja bereits erwähnt wurde.


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Mein Vorredner hat von einer Aktion gesprochen, die Frauen unterstützen könnte, wenn auch am Bauernhof Kinderbetreuung angeboten wird. Ich glaube, es könnte eine Maßnahme sein, nur muss man höllisch aufpassen, dass die Frauen nicht überbelastet werden durch die Vielfalt ihrer Tätigkeiten am Bauernhof. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Es fehlen vor allen Dingen auch öffentliche Nahver­kehrs­mittel. Ich denke an die morgige Sitzung, an die Beschlüsse, die morgen gefasst wer­den, Beschlüsse, die sicherlich nicht dazu beitragen, dass die Frauen im ländlichen Raum ein Mehr an Mobilität gewinnen. (Abg. Scheibner: Ja, weil dauernd gestreikt wird!) Und ich denke an das Nichtvorhandensein von tatsächlich qualifizierten Arbeits­plätzen, was dazu führt, dass vor allem Frauen im ländlichen Raum ein geringes Ein­kom­men haben.

Eine Studie der Bundesanstalt für Bergbauernfragen mit dem Titel „gleichstellungs­orien­tierte Regionalentwicklung“ bietet eine umfassende Analyse sowie auch ganz konkrete Vorschläge und Empfehlungen. Ziel ist und muss es sein, die Situation, das Leben der Frauen im ländlichen Bereich, am Land zu verbessern, Chancengleichheit und Perspektiven für ein Mehr an Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung zu bieten.

Die Aufforderung des Rates der EU, die Gleichstellungskomponente für beide Ge­schlechter zu berücksichtigen, muss auch in Österreich gefördert und umgesetzt werden, denn die Rolle der Frauen muss gestärkt werden und muss deshalb uns allen ein Anliegen sein.

Meine Damen und Herren! Die Frauen im ländlichen Raum brauchen Einfluss, brau­chen Macht und können dadurch, mit dem nötigen Werkzeug ausgerüstet, ihre Vor­stellungen umsetzen und somit einen unverzichtbaren Beitrag zur Weiterentwicklung des ländlichen Raumes leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

22.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht offensichtlich kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Be­richt 267 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­spre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 267 der Beilagen an­geschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 32.)

20. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (311 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992, das Schieneninfrastruktur­fi­nan­zierungsgesetz, das Hochleistungsstreckengesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz sowie das Gesetz zur Neuordnung des Dienstrechtes der Österreichischen Bundesbahnen und deren Rechts­nach-


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40. Sitzung / Seite 256

folge-Unternehmen erlassen wird, mit dem das Bahn-Betriebs­verfassungs­gesetz aufgehoben wird, und mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz und das Angestell­tengesetz geändert werden (Bundesbahnstrukturgesetz 2003) (340 d.B.)

21. Punkt

Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungsübernahme für von der Gesellschaft „Österreichische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ (Euro­päische Gesellschaft für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial) aufzuneh­mende Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird (341 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 20 und 21 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Antrag auf Vertagung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir ein Antrag der Abgeordneten Mag. Mol­terer, Schieder, Scheibner, Öllinger vor, die Verhandlungen über diese beiden Punkte gemäß § 73 Abs. 3 Z 1 der Geschäftsordnung zu vertagen.

Entsprechend dem Einvernehmen in der Präsidialkonferenz ist vorgesehen, dass diese Verhandlungsgegenstände morgen als Punkte 1 und 2 auf der Tagesordnung stehen. In der im Haus verteilten Tagesordnung für den morgigen Tag figurieren diese Punkte auch als Punkte 1 und 2.

Ich ersuche nun jene Damen und Herren, die diesem Vertagungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Die Ver­hand­lungen über die bezeichneten Gegenstände sind somit vertagt.

22. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (233 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße-TGSt) geändert wird (342 und Zu 342 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungsantrag 50/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Maßnahmen für den Schutz von Tieren beim Transport (343 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 22 und 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Antrag auf Vertagung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt auch in diesen beiden Punkten ein Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Peter Schieder, Herbert Scheibner und Karl Öllinger vor,


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40. Sitzung / Seite 257

die Verhandlungen über diese Punkte gemäß § 73 Abs. 3 Z 1 der Geschäftsordnung zu vertagen.

Diese Punkte sollen ebenfalls morgen als Punkte 3 und 4 verhandelt werden, und sie befinden sich auch als Punkte 3 und 4 auf der soeben ausgegebenen Tagesordnung des Nationalrates für den morgigen Donnerstag.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Vertagungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Die Verhandlungen über die bezeichneten Gegenstände sind somit vertagt.

Abstimmungen zu den Tagesordnungspunkten 5 bis 8

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr, meine Damen und Herren, gelangen wir zu einem sehr komplizierten Abstimmungsvorgang. Wir stimmen nämlich jetzt über die vertagten Tagesordnungspunkte 5 bis 8 ab, wo wir das Croquis für die Abstimmung und den Abänderungsantrag nicht so rechtzeitig hatten, dass die Fraktionen diese An­träge studieren konnten. Das ist nunmehr der Fall.

Das heißt, wir stimmen jetzt über die Tagesordnungspunkte 5 bis 8 ab.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Wachstums- und Standortgesetz 2003 in 324 der Beilagen.

Zu diesem Antrag haben die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Josef Cap vor.

Ich werde daher zunächst über die von dem erwähnten Verlangen beziehungsweise dem Abänderungsantrag betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes ent­sprechend – und anschließend über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 § 6 Abs. 1 und Artikel 3 Z 1 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll und Bucher haben einen Abänderungsantrag betref­fend Artikel 3 Z 2 eingebracht.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 Ziffern 3 und 4 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nom­men.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen, haben einen Zusatzantrag betreffend die Überschrift des Artikels 4 eingebracht.

Ich bitte jene Abgeordneten, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


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40. Sitzung / Seite 258

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 4 Ziffern 1 bis 4 in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen, haben einen Abänderungsantrag betreffend den Einleitungssatz von Artikel 4 Z 5 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 4 Z 5 betreffend Artikel VI, Ziffern 24 bis 34, Artikel 4, Ziffern 6 bis 9 und Z 10 literae a bis f sowie Ziffern 11 und 12 in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungs­antrages der Abgeordneten Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen, haben einen Zusatzantrag eingebracht, der Artikel 4 Z 5 sowie die Einfügung einer neuen Z 13 und eines Artikels II in Artikel 4 zum Inhalt hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und ist daher angenommen.

Nun kommen wir zur gleichfalls getrennten Abstimmung von Artikel 5, 7, 8 und 9 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum mit Mehr­heit angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend der unzureichenden Bereitstel­lung von Geldern für Forschung und Entwicklung.

Wer hiefür eintritt, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Auswirkungen der steuerlichen Begünstigungen für Forschung und Entwicklung in zwei bis spätestens drei Jahren.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


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40. Sitzung / Seite 259

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Umsatzsteuer-Gesetz geändert wird, in 325 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen, wie­derum einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Ti­tel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Ab­änderungsantrages der Abgeordneten Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen, abstimmen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzesentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig ange­nommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ich lasse jetzt über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 276 der Beilagen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Herr Abgeordneter Maier, Sehen Sie, wenn man telefoniert, ist es schwierig, die Abstimmungen richtig zu machen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrages, Änderung von Anhang II des Überein­kommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen in 295 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses im Sinne von Artikel 49 Abs. 2 B-VG, dass die Kundmachung dieses Staatsvertrages in der französischen Sprachfassung dadurch zu erfolgen hat, dass diese zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für Finanzen aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das wiederum ist einstimmig angenommen.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 294/A bis 302/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1164/J bis 1195/J eingelangt.


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40. Sitzung / Seite 260

Schließlich ist eine Anfrage, 16/JPR, der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kol­legen an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 4. Dezember 2003, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.53 Uhr

 

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Parlamentsdirektion

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