Stenographisches Protokoll

45. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 28. Jänner 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

45. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode               Mittwoch, 28. Jänner 2004

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 28. Jänner 2004: 9.03 – 21.35 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Ab­satz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Die Steuerentlastung bringt Aufschwung für Wirtschaft und Arbeit“

2. Punkt: Bericht über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungs­hofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Prüfung der Gebarung des Bun­desministeriums für Finanzen hinsichtlich Privatisierungs- und Ausgliederungsmaßnah­men seit 1.1.2002, insbesondere Verkaufsvorbereitungen für Unternehmen der ÖIAG sowie Vergaben an externe Berater im Zusammenhang mit legistischen Vorhaben (Verwaltungsreform, Organisationsstruktur des Ressorts, Bundesstaatsreform, Privati­sierungsgesetzgebung) und Öffentlichkeitsarbeit

3. Punkt: Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (EUROPOL-Übereinkommen) und des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL, die Mitglieder der Organe, die stellvertre­tenden Direktoren und die Bediensteten von EUROPOL

4. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 287/A (E) der Abgeordneten Dr. Ale­xander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagung des Ver­trauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres wegen tagtäglichen Rechtsbruchs durch Verweigerung der Unterbringung und Versorgung von AsylwerberInnen

5. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Tei­len des Grenzabschnitts „Innwinkel“

6. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik, mit dem der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 geändert und ergänzt wird samt Anlagen

7. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze samt Anlagen

8. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn in den Unterabschnitten C II und C IV (regulierte Pinka und regulierte Strem)

10. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Sichtbarerhaltung der gemeinsamen Staatsgrenze und Regelung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen vom 31. Oktober 1964 in der Fassung des Vertrages über Änderungen und Ergänzungen vom 29. April 1987 samt Anlagen

11. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schusswaffen und Munition durch Angehörige traditioneller Schützenvereinigun­gen und Sportschützen

12. Punkt: Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, vertreten durch das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF), Taubenstrasse 16, CH-3003 Bern, und der Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Inneres, Sektion III, Herrengasse 7, A-1010 Wien, betreffend die Gründung und den Betrieb des „Internatio­nal Center for Migration Policy Development (ICMPD)“ in Wien

13. Punkt: Vertrag über die Dritte Änderung des Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development (ICMPD)

14. Punkt: Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung und Verlängerung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development in Wien

15. Punkt: Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des „International Centre for Migration Policy Development“ in Wien

16. Punkt: Bericht über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2002

17. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 und die Europawahlordnung geändert werden (288/A)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 18

Ordnungsruf ................................................................................................................. 120

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 1006/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 39

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         120


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 3

Redner:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 121

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 124

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 127

Doris Bures ................................................................................................................. 128

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 130

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 131

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 39

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 120

Aktuelle Stunde (11.)

Thema: „Kommt die Umwelt unter die Räder?“ ...................................................... 18

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger ............................................................................................. 18

Vizekanzler Hubert Gorbach ................................................................................  21, 31

Werner Miedl ................................................................................................................. 23

Stefan Prähauser .......................................................................................................... 25

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................... 26

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 28

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 30

Mag. Ulrike Sima .......................................................................................................... 32

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 34

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 36

Rechnungshof

Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung betreffend Prüfung der Förderungsvergaben im Agrarwesen hinsichtlich ihrer sozialen, ökonomischen und ökologischen Wirkung seit 1.1.2000, insbesondere unter Berücksichtigung der Nichtinanspruchnahme der Möglichkeit der Einführung der Modulation durch den österreichischen Landwirtschaftsminister sowie der Entscheidung hinsichtlich der Verteilung der Milchkontingente im Jahr 2003 durch den Ständigen Unteraus­schuss des Rechnungshofausschusses              ............................................................................................................................... 39

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  38, 229

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Die Steuerentlas­tung bringt Aufschwung für Wirtschaft und Arbeit“ ............................................................................................................................. 40

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 40

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 44

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsord­nung                   18

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 48

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 51


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 4

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 54

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 57

Dr. Josef Cap .......................................................................................................  60, 107

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 63

Mag. Werner Kogler ............................................................................................  65, 106

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 68

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 70

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 72

Doris Bures ................................................................................................................... 73

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 75

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 76

Josef Bucher ................................................................................................................. 77

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 78

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 80

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 81

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 82

Ing. Kurt Gartlehner ..................................................................................................... 83

Carina Felzmann .......................................................................................................... 85

Michaela Sburny ........................................................................................................... 92

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 93

Mag. Melitta Trunk ....................................................................................................... 94

Franz Eßl ....................................................................................................................... 96

Mag. Dietmar Hoscher ................................................................................................. 97

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 99

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 100

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 101

Herta Mikesch ............................................................................................................. 102

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 103

August Wöginger ....................................................................................................... 105

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 106

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 109

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 111

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 112

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 112

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Alfred Gu­senbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens ge­genüber dem Bundesminister für Finanzen gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung ......................................  61, 113

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die größte Steuerentlastung der Zweiten Republik – Annahme (E 35)              86, 113

2. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständi­gen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen hinsichtlich Privatisierungs- und Ausgliederungsmaßnahmen seit 1.1.2002, insbe­sondere Verkaufsvorbereitungen für Unternehmen der ÖIAG sowie Vergaben an externe Berater im Zusammenhang mit legistischen Vorhaben (Verwaltungsre­form, Organisationsstruktur des Ressorts, Bundesstaatsreform, Privatisierungs­gesetzgebung) und Öffentlichkeitsarbeit (356 d.B.)                             113

Redner:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 113

Erwin Hornek .............................................................................................................. 115

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 117


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 5

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 133

Doris Bures ................................................................................................................. 134

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 136

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 137

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 139

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 141

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 143

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 143

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 146

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 147

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 148

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 150

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 150

Dietmar Keck .............................................................................................................. 152

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 153

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 154

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 156

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 156

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 157

Mag. Hans Moser ....................................................................................................... 159

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 160

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 161

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 162

Karl Öllinger ................................................................................................................ 163

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 165

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 165

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (194 d.B.): Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (EUROPOL-Übereinkommen) und des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von EUROPOL (354 d.B.)             ............................................................................................................................. 165

Redner:

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 165

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 166

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 167

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 168

Werner Miedl ............................................................................................................... 169

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 170

Alfred Schöls .............................................................................................................. 171

Walter Murauer ........................................................................................................... 171

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 172

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG ........................................... 172

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Ent­schließungsantrag 287/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres wegen tagtäglichen Rechtsbruchs durch Verweige­rung der Unterbringung und Versorgung von AsylwerberInnen (357 d.B.) ................................. 172

Redner:

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 172

Günter Kößl ................................................................................................................ 173


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 6

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 175

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 180

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 182

Mag. Dr. Josef Trinkl .................................................................................................. 183

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 184

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................. 187

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 188

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 189

Anton Gaál .................................................................................................................. 190

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 191

Erika Scharer .............................................................................................................. 191

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 192

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 193

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 194

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend unverzügliche Wiederherstellung des Rechts auf Schutz vor Verfolgung und die Sicherstellung der umfassenden Betreuung von AsylwerberInnen – Ablehnung .............................  177, 195

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen
und Kollegen betreffend Sicherung der Unterbringung von Asylwerbern – Ableh­nung  192, 195

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 195

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (5 d.B.): Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staats­grenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“ (358 d.B.)                   195

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (91 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tsche­chischen Republik, mit dem der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 geändert und ergänzt wird samt Anlagen (359 d.B.)                     195

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (118 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze samt Anlagen (360 d.B.) ......................................... 195

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (6 d.B.): Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Re­publik (361 d.B.) ............................................. 196

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (7 d.B.): Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn in den Unterabschnitten C II und C IV (regulierte Pinka und regulierte Strem) (362 d.B.) .......................................................................................................... 196


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 7

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (44 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Re­publik Ungarn über Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Sichtbarerhaltung der gemeinsamen Staatsgrenze und Regelung der damit im Zusammenhang stehen­den Fragen vom 31. Oktober 1964 in der Fassung des Vertrages über Änderun­gen und Ergänzungen vom 29. April 1987 samt Anlagen (363 d.B.) ...................................................................................................................... 196

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (9 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung von Dokumen­ten für die Mitnahme von Schusswaffen und Munition durch Angehörige traditio­neller Schützenvereinigungen und Sportschützen (364 d.B.) ..................................... 196

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (219 d.B.): Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossen­schaft, vertreten durch das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF), Taubenstrasse 16, CH-3003 Bern, und der Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministe­rium für Inneres, Sektion III, Herrengasse 7, A-1010 Wien, betreffend die Grün­dung und den Betrieb des „International Center for Migration Policy Development (ICMPD)“ in Wien (365 d.B.)                        196

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (220 d.B.): Vertrag über die Dritte Änderung des Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Develop­ment (ICMPD) (366 d.B.) ...................................................... 196

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (221 d.B.): Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossen­schaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung und Verlängerung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Develop­ment in Wien (367 d.B.)           ............................................................................................................................. 197

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (222 d.B.): Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossen­schaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des „International Centre for Migration Policy Development“ in Wien (368 d.B.) ......... 197

Redner:

Karl Freund ................................................................................................................. 197

Katharina Pfeffer ........................................................................................................ 198

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 199

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 200

Jochen Pack ................................................................................................................ 201

Otto Pendl ................................................................................................................... 201

Hermann Gahr ............................................................................................................ 202

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 203

Astrid Stadler .............................................................................................................. 203

Anna Franz .................................................................................................................. 204

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 358, 361 und 362 d.B. ...................................... 205

Genehmigung der acht Staatsverträge in 359, 360, 363, 364, 365, 366, 367 und 368 d.B.                            205


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 8

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 360 und 363 d.B.                206

16. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsab­schluss (III-44 d.B.) für das Jahr 2002 (332 d.B.) ..................................................................................................... 208

Redner:

Mag. Hans Moser ....................................................................................................... 208

Jakob Auer .................................................................................................................. 209

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 210

Josef Bucher ............................................................................................................... 212

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 213

Johann Kurzbauer ...................................................................................................... 214

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 215

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 216

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 217

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 218

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 220

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 221

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler .............................................................. 222

Astrid Stadler .............................................................................................................. 225

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 225

Michaela Sburny ......................................................................................................... 226

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 227

17. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidenten­wahlgesetz 1971 und die Europawahlordnung geändert werden (288/A)             ............................................................................................................................. 227

Redner:

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 227

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 228

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 228

Sabine Mandak ........................................................................................................... 229

Zuweisung des Antrages 288/A an den Verfassungsausschuss ................................ 229

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 38

352: Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Ara­bischen Emiraten auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll

369: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzie­rung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird, geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2004)

370: Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG)

371: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 9

381: Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Errichtung der Buchhaltungs­agentur des Bundes (Buchhaltungsagenturgesetz – BHAG-G) erlassen sowie das Bundeshaushaltsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2004 (BFG 2004) ge­ändert werden

384: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ geändert werden

385: Bundesgesetz über die Universität für Weiterbildung Krems (DUK-Ge­setz 2004)

386: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über den Ausbau des Universitätszentrums für Weiterbildung (Donau-Universität Krems) samt Anlage

Bericht ........................................................................................................................... 38

III-69: Bericht betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der Österrei­chischen Entwicklungspolitik 2004 bis 2006; BM f. auswärtige Angelegenheiten

Anträge der Abgeordneten

Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Maßnahmenpaket zur Rettung tausender Tourismusbetriebe in Wintersportzentren (318/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sanierung alter Bleiwasser­rohre in Wohnhäusern (319/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strahlungskennzeichnung von Mobiltelefonen (320/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pfandsystem für Handys (321/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abwendung der ab 2005 vorgesehenen Kürzung der Nahverkehrsförderung des Bundes (322/A) (E)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kinderbetreuungsgeldes (323/A) (E)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kin­derbetreuungsgeldes (324/A) (E)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz der frei werden­den GrenztierärztInnen für die Kontrolle von Tiertransporten (325/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „grünes Licht“ für das Kärntner Gentechnik-Vorsorgegesetz durch die EU-Kommission und fehlende österreichweite Koexistenz-Regelungen (1317/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 10

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Reak­torUNsicherheit deutscher Atomkraftwerke und Reaktion der österreichischen Bundes­regierung auf das enorme Bedrohungspotential für die österreichische Bevölkerung (1318/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aus­fallshaftung für EURATOM-Kredite und den Anteil der österreichischen SteuerzahlerIn­nen daran (1319/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „grünes Licht“ für das Kärnt­ner Gentechnik-Vorsorgegesetz durch die EU-Kommission und fehlende österreich­weite Koexistenz-Regelungen (1320/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Eurofighter-Probleme und endende Einsatzbereitschaft der Draken-Flug­zeuge (1321/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend den Nicht-Einsatz der Herkules-Transportflugzeuge des österreichischen Bundesheeres beim Erdbebeneinsatz im Iran (1322/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verschwendung von Steuergeldern für eine „Eurofighter-Werbeveranstal­tung“ (1323/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Das neue Jahr beginnt mit hohen Kosten für Regierungswerbung“ (1324/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend finanzielle Krise der Privatbahnen durch fehlende Kontinuität bei der Privat­bahnförderung des Bundes (1325/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend finanzielle Krise der Privatbahnen durch fehlende Kontinuität bei der Privatbahnförderung des Bundes (1326/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Tschirganttunnel im Zuge der alpen­querenden Transitstrecke Ulm–Mailand (1327/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend zweckentfremdete Verwendung von Schieneninfrastrukturgeldern für Straßenbau in Kärnten (1328/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Ange­legenheiten betreffend (zufällige) außenministerliche Auftritte bei Weltcupschirennen (1329/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Rück­zahlung des Kinderbetreuungsgeldes (1330/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Vizekanzler betreffend Rückzah­lung des Kinderbetreuungsgeldes (1331/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Rückzahlung des Kinderbetreuungsgeldes (1332/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Rückzahlung des Kinderbe­treuungsgeldes (1333/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 11

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Gefängnisbau in Rumänien“ (1334/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend öffentliche Sicherheit in Kärnten und Villacher Exekutive (1335/J)

Mag. Hans Langreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Missstände in der Arbeiterkammer Salzburg (1336/J)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei (1337/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend heikle Vergaben öffentlicher Aufträge (1338/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (1339/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leis­tungen des Ressorts für das Bundesland Salzburg (1340/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verkehrslärm (1341/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Verkehrslärm (1342/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Auftritte der Militärmusik des Militärkommandos NÖ für „private – par­teipolitische Zwecke“ (1343/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Galerienförderung in Oberösterreich“ (1344/J)

Anton Wattaul, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „Führerscheinausstellungen und Führerscheinentzüge 2003“ (1345/J)

Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Ost-West-Schienenverbindung (1346/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Konkurs des Safariparks Gänserndorf (1347/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Konkurs des Safariparks Gänserndorf (1348/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Konkurs des Safariparks Gänserndorf (1349/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Konkurs des Safariparks Gänserndorf (1350/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 12

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einführung der LKW Maut (1351/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Behinder­teneinstellungspflicht 2003 (1352/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung des Behinder­teneinstellungsgesetzes 2003 (1353/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung des Behinder­teneinstellungsgesetzes 2003 (1354/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Behinder­teneinstellungspflicht 2003 (1355/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Behinder­teneinstellungspflicht 2003 (1356/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Behinder­teneinstellungspflicht 2003 (1357/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Behinder­teneinstellungspflicht 2003 (1358/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Streichung der erhöhten Familienbeihilfe (1359/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Bausicherheit in öffentlichen Gebäuden (1360/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Trainerverträge an der Verwaltungsakademie des Bundes (1361/J)

Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Aufschlüsselung der Mittelzuteilung an diverse Pro­gramme und Initiativen im Rahmen des Offensivprogramms II im Jahr 2004 (1362/J)

Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Aufschlüsselung der Mittelzuteilung an diverse Pro­gramme und Initiativen im Rahmen des Offensivprogramms II im Jahr 2004 (1363/J)

Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Aufschlüsselung der Mittelzuteilung an diverse Programme und Initia­tiven im Rahmen des Offensivprogramms II im Jahre 2004 (1364/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Strafrechtliches Entschädigungsgesetz (StEG)“ (1365/J)

Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend finanzielle Auswirkungen der Steuerreform auf die Gemeinden (1366/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 13

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die BPD-Wiener Neustadt, Wachzimmer Flugfeld (1367/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend Albertina-Archiv (1368/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend geplante Standortänderungen der Kaserne Freistadt (1369/J)

Dr. Christian Puswald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den Staatsbesuch von Bundespräsident Dr. Thomas Klestil im Iran (1370/J)

Dr. Christian Puswald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Staatsbesuch von Bundespräsident Dr. Thomas Klestil im Iran (1371/J)

Dr. Christian Puswald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend den Staatsbesuch von Bundespräsident Dr. Thomas Klestil im Iran (1372/J)

Dr. Gertrude Brinek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Eskalation der Gewalt und der Sprache im Zuge von Studentenprotesten der Linken (1373/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Arbeitgeberschulden bei den Gebietskrankenkassen (1374/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen (1088/AB zu 1093/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen (1089/AB zu 1104/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen (1090/AB zu 1106/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Wein­zinger, Kolleginnen und Kollegen (1091/AB zu 1148/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1092/AB zu 1121/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1093/AB zu 1119/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1094/AB zu 1098/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (1095/AB zu 1127/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1096/AB zu 1115/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 14

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1097/AB zu 1099/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr, Kolleginnen und Kollegen (1098/AB zu 1100/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lich­tenberger, Kolleginnen und Kollegen (1099/AB zu 1126/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (1100/AB zu 1194/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1101/AB zu 1116/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kolle­gen (1102/AB zu 1075/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1103/AB zu 1096/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1104/AB zu 1110/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen (1105/AB zu 1144/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1106/AB zu 1146/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (1107/AB zu 1202/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (1108/AB zu 1101/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1109/AB zu 1113/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1110/AB zu 1114/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1111/AB zu 1097/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1112/AB zu 1120/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (1113/AB zu 1107/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (1114/AB zu 1108/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1115/AB zu 1111/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 15

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (1116/AB zu 1143/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1117/AB zu 1112/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen (1118/AB zu 1105/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen (1119/AB zu 1109/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen (1120/AB zu 1151/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1121/AB zu 1118/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1122/AB zu 1117/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (1123/AB zu 1200/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (1124/AB zu 1157/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (1125/AB zu 1188/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1126/AB zu 1122/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1127/AB zu 1125/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lich­tenberger, Kolleginnen und Kollegen (1128/AB zu 1123/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (1129/AB zu 1130/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (1130/AB zu 1187/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (1131/AB zu 1224/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (1132/AB zu 1284/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1133/AB zu 1134/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 16

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (1134/AB zu 1180/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (1135/AB zu 1276/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1136/AB zu 1136/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1137/AB zu 1124/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1138/AB zu 1133/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (1139/AB zu 1129/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1140/AB zu 1128/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1141/AB zu 1141/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräu­ter, Kolleginnen und Kollegen (1142/AB zu 1138/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolle­ginnen und Kollegen (1143/AB zu 1183/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolle­ginnen und Kollegen (1144/AB zu 1207/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen (1145/AB zu 1221/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1146/AB zu 1229/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1147/AB zu 1235/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Luna­cek, Kolleginnen und Kollegen (1148/AB zu 1241/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kollegin­nen und Kollegen (1149/AB zu 1132/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1150/AB zu 1139/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (1151/AB zu 1150/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (1152/AB zu 1159/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Pe­ter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen (1153/AB zu 1215/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1154/AB zu 1140/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1155/AB zu 1131/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1156/AB zu 1135/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1157/AB zu 1137/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr, Kolleginnen und Kollegen (1158/AB zu 1239/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1159/AB zu 1260/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1160/AB zu 1142/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (1161/AB zu 1154/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen (1162/AB zu 1228/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (1163/AB zu 1185/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (1164/AB zu 1223/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (1165/AB zu 1267/J)



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 18

Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße die Damen und Herren und bitte, die Plätze einzunehmen.

Die Amtlichen Protokolle der 43. und 44. Sitzung vom 13. Jänner 2004 sind in der Par­lamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Fuhrmann, Dr. Spindelegger, Schieder und Oberhaidinger.

Der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler haben ihre Absicht bekannt gege­ben, zum Thema „Die Steuerentlastung bringt Aufschwung für Wirtschaft und Arbeit“ Erklärungen abzugeben. Diese stehen als Punkt 1 auf der Tagesordnung.

Weiters liegt ein Verlangen von fünf Abgeordneten vor, über diese Erklärungen gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung sogleich eine gemeinsame Debatte durchzuführen.

Die Erklärungen sowie die anschließende Debatte werden nach der Aktuellen Stunde stattfinden.

Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Kommt die Umwelt unter die Räder?“

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich hiezu Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Sie ist am Wort und hat geschäftsordnungsgemäß eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

 


9.04

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Im Tiroler Inntal sind die Gesundheits- und die Umweltsituation dramatisch. Über tausend Ärzte weisen darauf hin. Entlang der Tauern Autobahn besteht der Verdacht, dass die höhere Rate von Krebserkrankungen mit der steigenden Verkehrsbelastung zusam­menhängt. Gleichzeitig finde ich einen Artikel der „Gesellschaft zur Pflege der Straßen­bautechnik mit Asphalt“, in dem strahlend und triumphierend verkündet wird, dass es nun endlich gelungen ist, dass über eine Tonne Asphalt pro Kopf und Jahr in Öster­reich verbaut wurde. Das heißt, man arbeitet kräftig daran, dass diese Belastungen auch noch zunehmen.

Dazu ein paar Daten, meine Damen und Herren, die diesen Titel „Kommt die Umwelt unter die Räder?“ noch einmal verdeutlichen sollen: Seit 1990 – auch wenn viele von Ihnen viel mehr Freude mit der Straßenbautechnik haben ... (Unruhe im Saal.) – Ich werde jetzt einmal schauen, ob sich vielleicht doch irgendjemand für dieses Thema interessiert. (Abg. Mag. Molterer: Alle!) Ich werde Sie nämlich mit diesem Thema nicht in Ruhe lassen (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ) und im Interes­se der Bevölkerung die Maßnahmen einfordern, die die Umwelt sichern und die Ge­sundheit der Menschen entlang unseren Straßen schützen (Zwischenruf des Abg.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 19

Wittauer), auch wenn Sie, Herr Kollege Wittauer, damit nicht einverstanden sind. (Bei­fall bei den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Geräusch­pegel etwas zu senken und der Rednerin zuzuhören!

 


Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Vielleicht bringen Sie einige Daten, die ich Ihnen nun nenne, zum Nachdenken. Seit 1990, wie gesagt, ist der Ver­kehr in Österreich um 54 Prozent gestiegen. Der Schwerverkehr hat sich in dieser Zeit nahezu verdoppelt.

Das hochrangige Straßennetz ist um 14 Prozent gewachsen, und gleichzeitig, meine Damen und Herren, schrumpft das Schienennetz. Diese Regierung legt eine Neben­bahn nach der anderen still, die Verlagerung auf die Schiene ist zwar gut für Sonntags­reden, aber in der Praxis besitzt das für Sie leider keinen echten Stellenwert. (Beifall bei den Grünen.)

Weiters – darüber muss ich nicht mehr lange referieren – gab es das Transitdesaster, mit dem die allerletzte Beschränkung, die es für den Schwerverkehr durch Österreich noch gab, gefallen ist, und zudem fehlen völlig innerstaatliche Maßnahmen zur Be­schränkung des Verkehrs.

Das bundesweite Kontrollstellennetz, zu dem sich alle Parteien hier im Haus be­kennen, wird erst in vielen Jahren kommen und nur 1 Prozent der LKW kontrollmäßig erfassen, meine Damen und Herren! Das ist viel zu wenig. Dafür ist eine Offensive notwendig – und nicht für das Ausbreiten neuer Asphaltteppiche. (Beifall bei den Grü­nen.) Wir müssen nicht nur dem Ausland drohen, dass wir jetzt die LKW kontrollieren, sondern wir müssen auch im Interesse der Sicherheit inländische und ausländische Schwerfahrzeuge auf ihre Fahrtüchtigkeit hin kontrollieren. Aber das muss auch ge­schehen und darf nicht nur angekündigt werden!

Meine Damen und Herren! Da braucht es eine Offensive in Investitionen, da braucht es auch eine Offensive hinsichtlich des politischen Willens. 1 Prozent Kontrolle in einigen Jahren – das ist angesichts der dramatischen Situation, vor der wir stehen, viel zu wenig! (Beifall bei den Grünen.)

Es fehlt nach wie vor ein Nachtfahrverbot. Wir haben keine Pflicht zum Einbau von Par­tikelfiltern, meine Damen und Herren, obwohl die Anzahl der Studien, die die Schäd­lichkeit der Partikel belegen, die die Gesundheitsbedrohung, die von diesen Partikeln ausgeht, dokumentieren, zunimmt.

Stattdessen, meine Damen und Herren, ist diese Regierung angetreten, bis 2011 – und diese Daten sind dem Generalverkehrsplan entnommen – sieben Mal so viel Geld in den Straßenbau zu stecken als in den Ausbau der Schiene. Das Geld, von dem der Herr Minister immer wieder spricht, nämlich dass zwei Drittel in die Schiene und ein Drittel in die Straße investiert werden sollen, ist weit jenseits der Jahre 2010, 2020 angesiedelt. Dafür gibt es keine Finanzierung. Das sind leere Versprechungen, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen.)

Diese Politik hat Folgen, und zwar schwere Folgen an den Transitrouten. Diese Tran­sitrouten werden aber schonungslos ausgebaut. Und das betrifft nicht nur die hochran­gigen Straßen, sondern auch solche Strecken wie etwa die B 100 in Kärnten, wo man die Umweltverträglichkeitsprüfung dadurch umgeht, dass jedes Projekt ganz zufällig gerade so lang ist, dass es nicht der UVP-Pflicht unterliegt. Diese Stückelung ist verbo­ten, aber sie findet in Kärnten statt. Das ist eine Vorgangsweise, die man nur mehr mit dem Satz: „Die Umwelt kommt unter die Räder!“ beschreiben kann. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 20

Recht und Gesetz, geltendes UVP-Recht, meine Damen und Herren, sind Ihnen in dieser Sache offensichtlich gleichgültig.

An der Tauern Autobahn gibt es das gleiche Problem. Es werden Lärmschutzmaßnah­men für die Bevölkerung versprochen, aber nur dann, wenn der Landeshauptmann darauf verzichtet, dass die Gesetze eingehalten werden, nämlich dass die UVP ord­nungsgemäß durchgeführt wird. Man setzt Millionen gegen die Umwelt, man ignoriert die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung, um schneller bauen zu können. (Zwi­schenruf des Abg. Wittauer.) Hauptsache Asphalt – alles, was später kommt, ist Ihnen gleichgültig.

Die Tatsache, dass Sie zum Beispiel mit einem zweiröhrigen Ausbau der Tauern­strecke die Kapazitäten noch erhöhen werden, die Belastung für die Anrainerinnen und Anrainer also verdoppeln werden, müssen Sie verantworten. Ich werde nicht ruhen, Sie darauf aufmerksam zu machen, welche Folgen für Gesundheit und Umwelt Sie billigend in Kauf nehmen, nur um dem internationalen und nationalen Schwerverkehr den roten Teppich auszurollen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Das ist eine veraltete Politik, veraltet auch deswegen, weil wir wissen, dass die gesamte Klimaschutzoffensive der Regierung, dass die Verpflich­tung zum Schutz des Weltklimas, die auch Österreich eingegangen ist, durch den Verkehr in Frage gestellt wird. Industrie, Hausbrand und Private haben ihre Emissionen reduziert, und Sie, meine Damen und Herren, machen mit Ihrer Verkehrspolitik diese Reduktion zunichte, weil das Wachstum der Emissionen im Verkehr jede positive Veränderung „wegfrisst“. Das heißt, Private, Industrie können sparen, soviel sie wollen. Wir leisten unseren Beitrag zur Verbesserung des Weltklimas nicht, weil Sie gleich­zeitig Ihre Freunde des Asphalts begünstigen wollen. – Meine Damen und Herren! Das ist eine Uraltpolitik (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl), die nicht auf die Herausforde­rungen der Zukunft, gerade zum Beispiel in Sachen Klimaschutz, reagiert. (Beifall bei den Grünen.)

Sie bauen ohne Rücksicht auf Verluste, Sie planen mitten durch einen Nationalpark eine Lobau-Autobahn, die den Naturschutz schwer in Frage stellt, ihn gefährdet, ja sogar vernichtet. Sie nehmen beim Straßenbau auf die Folgen für Natur und Umwelt keinerlei Rücksicht mehr. Meine Damen und Herren! Es stellt sich heraus, dass überall Gesetze gelten, aber dann, wenn es darum geht, Straßen zu bauen, sollen diese Gesetze keine Gültigkeit mehr haben.

Herr Minister, Herr Umweltminister, der leider bei diesem Thema offensichtlich nicht zuhört! Es ist Ihre Verantwortung, auf diese Frage einzugehen und auf den Schutz der Natur auch beim Straßenbau und beim Bahnbau zu achten und zu schauen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) Es ist die Verantwortung dieser Regierung, darauf Rücksicht zu nehmen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin, den Schlusssatz bitte!

 


Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Auch wenn der Herr Minister nicht verpflichtend anwesend sein muss, so hätte ich mir doch erwartet, dass ihn die­ses Thema, nämlich der Klimaschutz, so interessiert, dass er trotzdem anwesend ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für eine einleitende Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Vizekanzler. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 21

9.15

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ge­schätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Wenn Frau Abgeordnete Dr. Lichten­berger gemeint hat, sie bedauere, dass der Herr Umweltminister bei diesem zweifels­ohne spektakulären Thema „Kommt die Umwelt unter die Räder?“ nicht anwesend ist, dann darf ich Ihnen sagen – Sie können sich in Brüssel dazu erkundigen, Frau Abge­ordnete –, dass ich eine würdige Vertretung des Herrn Umweltministers bin, auch wenn ich Verkehrsminister bin. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

So wie ich mich in den letzten Monaten in Brüssel verhalten und für die Interessen der österreichischen Bürgerinnen und Bürger, für mehr Lebensqualität und für die Umwelt eingesetzt habe, hatte man dort schon das Gefühl, dass ich nicht der Verkehrs-, son­dern der Umweltminister bin. (Bravo-Rufe bei den Freiheitlichen. – Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie wissen, dass ich es mir nicht nehmen habe lassen, bei der letzten Sitzung der Um­weltminister der EU am 22. Dezember, bei der es um die bekannte Nachfolgeregelung des Ökopunktesystems gegangen ist, persönlich dabei zu sein. Ich war sozusagen ein Exote unter den Umweltministern und habe dort klargemacht, dass das, was jetzt gerade im Umweltministerrat beschlossen wird, ein ökologischer Mumpitz ist, außer Kosten überhaupt nichts bringt und deshalb abzulehnen ist. Sie haben es leider ange­nommen. Ich bin also offensichtlich ein besserer Umweltminister als viele andere auf europäischer Ebene. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Rest-Hinterseer: Offen­sichtlich nicht, sonst wären Sie nicht gescheitert!)

Frau Dr. Lichtenberger, Sie haben reklamiert, dass der Kontrollmasterplan zu wenig greife, zu wenig wirkungsvoll sei und zu wenig restriktiv angewendet werde. Ich darf Ihnen sagen, der Masterplan liegt erweiterungsfähig auf dem Tisch des Ministers und seiner Beamten, aber wir müssen auch bedenken, dass Verkehr – das sage ich offen, weil ich die Augen nicht vor der Realität verschließe – Wohlstand bedeutet, dass Ver­kehr Wirtschaft bedeutet und dass Verkehr auch Arbeitsplätze bedeutet. Nehmen Sie das bitte einmal zur Kenntnis, und hören Sie auf, den LKW zu verteufeln und den hauseigenen mit dem internationalen, also dem Transitverkehr, zu vermischen! Hören Sie auf, so zu tun, als wäre jeder LKW ein zu verteufelnder böser Bube auf Österreichs Straßen, der uns unter die Räder bringt. So ist das nicht!

Man muss bei diesen Kontrollen auch auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit Rücksicht nehmen. Wir haben auch in den internen Besprechungen immer gesagt, dass wir aufpassen müssen, dass wir gegenüber der heimischen Wirtschaft nicht nega­tiv wettbewerbsverzerrend eingreifen, weil das Auswirkungen hat, die Sie dann in der nächsten oder übernächsten Sitzung wieder reklamieren. Dann haben wir wieder Transparente, weil die Arbeitslosigkeit so hoch ist und wir zu wenig Arbeitsplätze in Österreich haben. Das hängt zusammen, nehmen Sie das bitte auch zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt auch den hausgemachten LKW-Verkehr. Sie werden jetzt überrascht sein – Sie zielen ja immer ein bisschen auf den Transit ab, natürlich sind in Ihrer Region Tirol, am Brenner 90 Prozent Transitverkehr und 10 Prozent hausgemachter oder kleiner Grenz­verkehr –, wenn ich Ihnen sage, dass insgesamt die Verkehrsbewegungen in Öster­reich 1 Prozent Transit und der Rest hausgemacht sind. Da haben wir also Nachholbe­darf, insbesondere was den Ausbau der Schiene betrifft – aber machen Sie mich nicht dafür verantwortlich! Es wird nicht dem LKW-Verkehr der rote Teppich ausgerollt – der blaue übrigens auch nicht –, sondern man hat in den letzten Jahrzehnten den roten Teppich eingerollt, was eine Verkehrspolitik im Sinne einer Verlagerung des Verkehrs


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 22

auf die Schiene betrifft. Da wurde in den letzten Jahrzehnten einiges versäumt, da gebe ich Ihnen Recht.

Stichwort: Generalverkehrsplan – keine Finanzierung. Wissen Sie, ich bin ein Mensch, der insbesondere in der Verkehrspolitik nicht nur an die nächsten fünf, sechs Jahre denkt, sondern den Horizont ein bisschen weiter ansetzt. Da ist die Zeit bis zum Jahr 2020, 2021 – das sind 15 Jahre in der Verkehrspolitik – ein nicht allzu großer Zeitraum. Und ich sage Ihnen einmal, wie das Verhältnis tatsächlich ist. Setzen wir uns einmal zusammen und rechnen wir das ganz langsam durch! (Abg. Rest-Hinterseer: Für Sie langsam!) 45 Milliarden sind für Investitionen vorgesehen, davon fließen unge­fähr 30 Milliarden in die Schiene, zirka 15 Milliarden in die Straße und 0,5 Milliarden in die Wasserstraße. Das ist ein Verhältnis von zwei Anteilen zu Gunsten der Schiene zu einem Anteil zu Gunsten der Straße – zum besseren Verständnis: zwei Drittel Schiene, ein Drittel Straßenausbau –, und das ist gut so! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Abgeordnete! Seien Sie versichert: Ich möchte nicht haben, dass die Umwelt unter die Räder kommt, aber ich möchte haben, dass die Wirtschaft, die Güter und die Personen ihre Mobilität beibehalten können, dass die Wirtschaft floriert, und dafür brauchen wir Räder, denn das spielt sich auch auf Rädern ab.

Es ist mir schon am liebsten, wenn unter diesen Rädern eine Schiene ist. Und deshalb habe ich auch so gekämpft und sichergestellt, dass bis 2010 jedenfalls 1 Milliarde bis 1,2 Milliarden € in den Schienenausbau, -neubau investiert werden können, und zwar im Zuge der ÖBB-Reform – die Sie kritisiert haben, aber das ist Ihr gutes Recht –, weil ich die Schiene endlich forcieren möchte (Abg. Rest-Hinterseer: Woran merkt man das?), insbesondere die grenzüberschreitenden Schienennetze, denn das wurde ver­absäumt.

Noch ein Thema – Sie nehmen das alles als so selbstverständlich –: Transeuropäische Netze. Sie wissen, dass es hinsichtlich der wichtigsten Projekte gelungen ist, 5 Pro­jekte und 6 Vorhaben von den nächsten 19 auf europäischer Ebene in die Transeuro­päischen Netze als wichtige Bauvorhaben hineinzubringen. Vier davon sind Schienen­projekte. – Früher war nur ein Projekt drinnen, nämlich der Brenner-Basistunnel. Unter – ich sage das nicht gerne, weil Verkehrspolitik in Österreich eigentlich rot-weiß-rot sein sollte – sozialdemokratischer Verantwortung ein Projekt, durch gutes Verhan­deln und Verhandlungsgeschick ist es jedoch gelungen, ein Volumen von 12,27 Milliar­den €, fünf Projekte in nächster Zeit zu realisieren mit einem Kofinanzierungsbeitrag von 20 Prozent durch die EU. Das ist ein Erfolg, das ist offensive Politik im Verkehrs­bereich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was kann man noch tun? Ich könnte jetzt von Nachtfahrverboten, sektoralen Fahrver­boten und all dem, was Sie gerne hören, reden; ich spreche aber von etwas anderem, das wichtig ist, denn der unvermeidbare Verkehr ist vorhanden, er nimmt auch zu. Wir sollten alles tun, um ihn auf die Schiene zu verlagern, aber wir sollten auch alles tun, um die Bevölkerung vor den negativen Auswirkungen wie Emissionen oder Lärm zu schützen.

In diesem Zusammenhang nenne ich Ihnen jetzt auch Zahlen: Ich habe das Jahr 2004 zum Jahr des aktiven Lärmschutzes ausgerufen, sowohl was die Straße als auch was die Schiene betrifft. Und da haben wir bei den Ausgaben eine Steigerung von rund 34 Millionen € im Jahre 2003 auf immerhin etwa 42 Millionen € im Jahr 2004, und im Jahr 2005 – weil ich ein bisschen weiter denke und hoffe, dass der Finanzminister bei den Budgetverhandlungen Einsehen hat – auf 52 Millionen €.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 23

Im Bahnbereich ist es ähnlich: Wir haben wesentlich mehr in den Lärmschutz investiert als je zuvor. Nehmen Sie bitte diese Aussage: „mehr in den Lärmschutz investiert als je zuvor“, ernst. Ich gehe sie mit Ihnen gerne einmal durch.

Ich darf Ihnen noch etwas sagen, das in diesem Bereich interessant ist: dass wir 25 bis 50 Prozent der Gesamtinvestitionskosten im Ausbau, sowohl was die Bahn als auch was die Straße betrifft, bereits in Lärmschutzmaßnahmen beziehungsweise umweltent­lastende Maßnahmen investieren.

Ich kann Ihnen gerne auch konkrete Beispiele dafür nennen, wo enorme finanzielle Mittel beim Ausbau einer Strecke in den Lärmschutz beziehungsweise in umweltent­lastende Maßnahmen fließen: etwa bei der A 8 in Wels, Voralpenkreuz, 146 Millionen € Investitionssumme, 73 Millionen € davon für Lärm- und Umweltschutzmaßnahmen; A 1 Liefering, 31,9 Millionen € Investition, 20 Millionen € davon Lärmschutzmaßnahmen – diese Aufzählung ließe sich fortsetzen. Das werde ich auch im Bahnbereich tun.

Abschließend aber Folgendes: Wir müssen aufhören, das zu ideologisieren. (Abg. Rest-Hinterseer: Genau! Super!) Wir müssen wissen, dass eine der vier Grundfreihei­ten in der EU der freie Personen- und Warenverkehr ist. Wir sind in einem Binnen­markt, nehmen Sie das zur Kenntnis! Wir müssen uns national helfen – wir haben gesehen, die EU tut es nicht; in der EU habe ich nicht immer die optimale Unter­stützung, auch nicht von den Grünen, das ist schade, aber ich werde weiterkämpfen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Wir müssen nationale Maßnahmen setzen, wir müssen in den Ausbau des Schienen­netzes investieren – das tun wir, wir geben so viel aus wie noch nie in diesem Be­reich –, wir müssen den Lärmschutz forcieren, wir müssen die Bevölkerung einbinden, wir müssen aber auch die Akzeptanz für den nicht verhinderbaren oder nicht vermeid­baren und nicht reduzierbaren Verkehr steigern. Wir sind in einem wachsenden Europa, das sollte Sie auch erfreuen.

Abschließend darf ich Ihnen sagen: Man wird die gesamtheitliche Verkehrspolitik an den Taten messen können. Und da scheue ich keinen Vergleich mit den letzten dreißig Jahren, sage ich sogar. Schauen Sie sich das in den nächsten zehn Jahren an (Abg. Rest-Hinterseer: Bitte nicht!): Wir werden die Schiene forcieren, wir werden den Lärm­schutz forcieren, wir werden investieren wie nie zuvor, und wir werden die ganze Situa­tion für die österreichische Bevölkerung erträglich machen – glauben Sie mir das! (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir treten nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde 5 Minuten nicht überschreiten darf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Miedl. Ich erteile ihm das Wort.

 


9.26

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Lichtenberger, es ist wirklich abenteuerlich (Abg. Mag. Mainoni: Nicht ernst zu nehmen!): Sie schrei­ben dem Präsidenten einen Brief, worin Sie die Abhaltung einer Aktuellen Stunde ver­langen, gehen davon aus, dass der zuständige Minister Gorbach anwesend ist, und reklamieren dann, dass der Umweltminister nicht hier ist. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja!) Jetzt sind der Staatssekretär und der Minister hier, der Minister steht Rede und Ant­wort, erklärt die Position Österreichs – ich frage Sie, was Sie wollen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 24

Das war die erste Frage, Frau Kollegin. Die zweite Frage: Wir wissen ganz genau – der Herr Minister hat es zum Schluss sehr deutlich gesagt –, der Transit, die Mobilität der Menschen in Europa ist ein grenzüberschreitendes Problem. Sie definieren ein Pro­blem, tun so, als hätten Sie Lösungsansätze, und mokieren sich darüber, dass Öster­reich, die österreichische Regierung, das österreichische Parlament, nichts weiter­brächte.

Wenn es so wäre, Frau Kollegin, müsste ich fragen: Wie ist die Situation in Deutsch­land mit einem grünen Umweltminister, mit einem grünen Außenminister? Jeder vor dem Fernsehgerät zu Hause, jeder, meine Damen und Herren, hier im Saal kennt die Verkehrssituation auf Autobahnen in Deutschland und in Österreich – und das ist kein Vergleich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn die Lösung so einfach wäre, dann hätten es die Grünen in Deutschland schon längst geschafft – sie schaffen es nicht.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen, Bundeskanzler Schüssel hat gemeinsam mit Gorbach und Kukacka Österreichs Position mit Zähnen und Klauen verteidigt.

Sie wissen ganz genau, Frau Kollegin, dass wir uns eine neue Wegekostenrichtlinie erwarten, die Österreich etwas Flexibilität ermöglicht. Wir wollen genau diese Wege­kostenrichtlinie als Lenkungsinstrument einsetzen.

Sie wissen, dass es uns zurzeit auf Grund der Wegekostenrichtlinie – in Wirklichkeit beginnt es ja immer mit dem Geld – nur erlaubt ist, Baukosten und Erhaltungskosten mit einzurechnen, dass wir die von Ihnen zu Recht angeführten Umweltkosten zurzeit jedoch nicht einrechnen können und dürfen.

Jetzt geht es um sensible Gebiete in Österreich – Tirol, Frau Kollegin Hakl wird dazu sprechen; ja, meine Damen und Herren, wir haben in Österreich sensible Gebiete; es sind die Städte, was die Belastung durch den Verkehr anlangt, auch als sehr sensibel zu betrachten. Da geht es um die Schadstoffe in der Luft, da haben wir eine Feinstaub­problematik – na selbstverständlich haben wir die! –, da gibt es eine Verkehrsunfall­entwicklung, die uns europaweit Sorge bereiten müsste. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wir stehen sehr weit vorn!)

Und jetzt sagen wir – das ist die Position der Regierung –: Liebes Europa, wir möchten 25 Prozent Zuschläge zu diesen Gebühren einheben dürfen, um sie zweckgebunden genau für diese Problematik einzusetzen! – Das wollen wir, meine Damen und Herren, und da brauchen wir Lobbyismus. Wir sollten uns in Österreich diesbezüglich einig sein, wir sollten diese Position gemeinsam vertreten, Frau Kollegin Lichtenberger! Tun Sie nicht jeden Augenblick und bei jeder passenden Gelegenheit so, als hätten Sie die Weisheit mit dem Löffel gefressen, Frau Kollegin! Das ist nicht okay! Wir brauchen eine einheitliche Position, die wir innerhalb Europas vertreten – dann sind wir erfolgreicher. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin! Konkret: Brenner. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie bei der Reform der Österreichischen Bundesbahnen mittun. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Erstmals setzen wir uns dafür ein, dass 1,2 Milliarden € jährlich für den Ausbau der Schiene ver­wendet werden.

Ich erinnere mich noch daran: Verkehrsminister Einem – hier sitzt er als Abgeord­neter –: „Schiene statt Verkehrslawine“. Das war ein Slogan, ein Schlagwort. Was ist dem gefolgt? Nichts! – Wir stellen 1,2 Milliarden € jährlich zur Verfügung, um genau den Ausbau der Schiene zu forcieren, meine Damen und Herren! Das ist ernsthafte Politik im Sinne der Umwelt, die ich bei Ihnen längst vermisse. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 25

Frau Kollegin! Ich habe mir Ihre Presseaussendungen sehr genau angesehen. Sie mokieren unter anderem, dass wir, die ÖVP, und der Herr Bundeskanzler angeblich zu wenig Lobby-Arbeit gemacht hätten. (Abg. Dr. Lichtenberger: Monieren!) – Wir waren unterwegs in Sachen Lobbying.

Wenn Sie erkennen, dass die Deutschen nicht unserem Weg folgen – die Deutschen folgen unserem Weg nicht, die wollen etwas anderes –, wieso reden Sie dann nicht mit ihrem Außenminister Fischer, mit ihrem Umweltminister Trittin? Wieso tun Sie das nicht und setzen sich nicht für eine österreichische Lösung ein? Warum erzählen Sie uns hier nicht, was Sie als Antwort bekommen? Und warum sagen Sie nicht dazu, Frau Kollegin Lichtenberger, dass Wahlkampf ist, dass Sie sich mitten im Wahlkampf befin­den und die doch eher erfolglose Kollegin Mercedes Echerer beerben wollen (Abg. Dr. Glawischnig: Bleiben Sie ein bisschen beim Thema! Das ist eine Frechheit! Was soll das? – weitere Zwischenrufe bei den Grünen – Präsident Dr. Khol gibt das Glo­ckenzeichen), dass das einer der Gründe dafür ist, dass Sie heute hier auftreten und so tun, als gingen Sie allein den Weg eines umweltgerechten Verkehrs in Europa?

Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass der österreichische Weg ein klarer ist. (Abg. Öllinger: Wir sind auch froh, dass jetzt Schluss ist! Das ist ja peinlich!) Ich würde mir wünschen, dass uns die Grünen und die SPÖ dabei unterstützen, denn es geht immerhin um die Gesundheit der Menschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Freiheitlichen.)

9.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Prähauser für 5 Minuten ans Rednerpult. – Herr Kollege, bitte.

 


9.31

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich attestiere Einvernehmen: Verkehr und Umwelt sind nicht zu trennen.

Bei der Belastung durch den Verkehr muss man natürlich zwei Komponenten sehen: auf der einen Seite die Emissionen, den Schadstoffausstoß, auf der anderen Seite die Lärmbelastung. Die Lärmbelastung – das besagen Studien – betrifft 14 Prozent der Gesamtbevölkerung in unerträglichem Maße.

Beim Schadstoffausstoß muss man sich die Dinge noch genauer anschauen. Eine Studie, bei der auf der Tauern Autobahn, Messstelle Zederhaus, gemessen wurde, be­sagt zum Beispiel, dass dort 20 Prozent des Verkehrs LKW, 80 Prozent andere Fahr­zeuge sind; beim Schadstoffausstoß allerdings haben die 20 Prozent LKW 80 Prozent Anteil an den schädlichen Emissionen. Das ist natürlich ein Satz, der uns zum Nach­denken anregen muss.

Diese Zahlen stammen aus einer Studie, die der Salzburger Umweltlandesrat Othmar Raus erstellt hat – für alle, die ihn nicht kennen: Das ist jener sozialdemokratische Um­weltlandesrat, der es zu Wege gebracht hat, dass die Salzburger Seen wieder Trink­wasserqualität haben (Beifall bei der SPÖ – Abg. Mag. Molterer: Sind Landtagswahlen in Salzburg?), der gemeinsam mit der Wirtschaft erreicht hat – er ist in der Lage, mit der Wirtschaft zu sprechen –, Hallein Papier so weit zu beeinflussen, dass die Salzach wieder grün ist, der es geschafft hat, die Spanplattenfabrik Kaindl mit gemeinsamer Arbeit dazu zu bewegen, Filteranlagen einzubauen, sodass es erträglich ist, im Umfeld zu wohnen; angenehm ist es natürlich keineswegs.

Sie sehen, meine Damen und Herren, Salzburg hat Regierungsmitglieder wie Othmar Raus und Gabi Burgstaller, die mit Sachpolitik arbeiten. (Zwischenrufe bei ÖVP und


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 26

SPÖ.) Die ÖVP hat ein Zweigestirn anzubieten: Wähle mich heute, kriegst du morgen einen anderen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Da kann ich der Koalition ja nur empfehlen, mit Schüssel in den nächsten Wahlkampf zu gehen und zu sagen: Wählt mich, dann bekommt ihr Haider! – Möglicherweise haben Sie damit Erfolg, ich bezweifle es.

Wie kommt der Bund in diesem Bereich der Umweltpolitik voran? – Kurt Steyrer hat ein Markenzeichen gesetzt, Kurt Steyrer war jener, der den Katalysator ins Leben gerufen hat, damals sehr zur Unfreude mancher Lobbyisten des LKW-Verkehrs, die ja gefürch­tet hatten, dass auch gleich etwas für die Dieselkraftfahrzeuge kommt, was aber bis heute nicht eingetreten ist. Ich frage: Warum? Warum denken wir nicht darüber nach, Partikelfilter zu entwerfen? Warum sind wir nicht ähnlich richtungweisend, wie es vor nahezu 20 Jahren Kurt Steyrer war?

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen auch sagen, warum wir nicht dazu in der Lage sind: weil diese Regierung andere Sorgen hat. Diese Regierung hat in erster Linie dafür zu sorgen, einem Finanzminister die Mauer zu machen, der eine eigen­willige Vorstellung hinsichtlich der Versteuerung der eigenen Einnahmen hat. Natürlich hat man da keine Zeit, für Österreich nachzudenken. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist ja nicht so, dass die Regierung total untätig gewesen wäre – es gab immerhin vier Minister im Transitbereich. Der erste, das wissen wir, hatte leere Batterien, war ehrlich und ist gegangen. Die zweite, Ministerin Forstinger, hat zeit ihres Amtes Lobby­isten in Unternehmungen gehievt, die ihr jetzt mit Notgroschen zur Seite stehen. Der dritte, Minister Reichhold – jeder weiß, seine harte Verhandlungstaktik in Brüssel hat dazu geführt, dass wir nicht einmal das bekommen haben, was möglich gewesen wäre. Was war der Erfolg? Weinerliches Jammern, um es doch im Nachhinein bewerkstelli­gen zu können. – Geblieben ist die Blamage, die Blamage vor Europa. (Abg. Scheib­ner: Die Zustimmung ist nicht sehr groß!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass gute Umwelt- und Verkehrspolitik nur von einer Regierung gemacht werden können, die sich ihrer Verantwortung bewusst und auch bereit ist, diese im Interesse der Bevölkerung zu tragen. Das wären die Sozial­demokraten auf jeden Fall – diese Koalition jedoch nicht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Mainoni –: Bitte ein paar lobende Worte zum Schnell! – Abg. Mag. Mainoni: Ja, genau, Herr Öllinger, zu Ihnen komme ich auch noch!)

 


9.36

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Grünen starten heute diesen Plenartag mit einem für sie wahrlich exoti­schen Thema. Das Thema Umwelt ist ja wirklich ein reines Orchideenthema für die Grünen. Sie haben sich doch längst abgemeldet vom Thema Umwelt. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Wo sind denn Ihre Exponenten, die früher für Umwelt, für Umwelt­schutz gestanden sind, eine Freda Meissner-Blau, ein Herbert Fux? – Die haben Sie längst aus Ihrer Partei eliminiert! Das ist die Realität. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der linke Flügel der Grünen – Herr Pilz, Herr Öllinger, Herr Kogler – hatte ja mit Um­weltschutz noch nie etwas am Hut, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kern-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 27

kompetenz der Grünen – das ist demoskopisch erhoben (Abg. Dr. Glawischnig: Was ist die Kernkompetenz?) – liegt in der Unterstützung von Scheinasylanten. Das ist Ihre Arbeit, Ihre Tätigkeit, da profilieren Sie sich!

Frau Glawischnig, da habe ich gleich etwas Aktuelles für Sie. Sie kandidieren doch in Kärnten, habe ich gehört. In der heutigen Zeitung ist zu lesen – da gibt es für Sie wieder etwas zu tun –, dass ein Tschetschenen-Clan, 19 Mann hoch, so genannte Asylwerber, randaliert hat – in Kärnten geschehen. Wissen Sie, was der Grund dafür war? – Weil sie in einem Quartier untergebracht werden sollten, wo es keinen Fern­seher und keine Satellitenanlage gibt. Da gibt es für Sie wieder etwas zu tun. (Zwi­schenruf des Abg. Öllinger.) Ich höre schon Ihre Forderung: Für jeden Asylwerber einen Fernseher! – Das sind Ihre Kompetenzen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen. Das ist die Wirklichkeit!

Aber nun zum Thema der Aktuellen Stunde, das ein wirklich wichtiges Thema für Österreich ist: die Transitfrage. Da haben uns die Herrschaften in Brüssel – darüber müssen wir uns schon im Klaren sein – kläglich im Stich gelassen. Was diesbezüglich in Brüssel gegen Österreich beschlossen wurde, ist zynisch, ist überheblich, ist vor allem aber für die österreichische Bevölkerung gesundheitsschädigend. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Lichtenberger, es ist doch einfach unsinnig, eine derartige Rege­lung, die bürokratisch und teuer ist, die uns Österreicherinnen und Österreicher schä­digt, zu vollziehen. Ich verstehe nicht, dass Sie eine derart ungeschickte, für Österreich schädliche und teure Lösung unbedingt vollziehen wollen.

Wir Freiheitlichen und unser Koalitionspartner sagen: Das kommt überhaupt nicht in Frage. Das, was uns von Brüssel hier diktiert, vorgegeben wird, das umweltschädi­gend, bürokratisch und teuer ist, das werden wir sicher so nicht vollziehen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es stimmt einfach nicht, wie Sie hier mit Zahlen jonglieren und spielen. Faktum ist: 1,1 Milliarden € für die Schiene 2003, derselbe Betrag für die Schiene im Jahr 2004. Natürlich investieren wir in die Straße, wir bekennen uns dazu – ja, das ist ja wohl not­wendig, meine Damen und Herren –, und wir bekennen uns auch zum Lärmschutz.

Weil ich ein Abgeordneter aus Salzburg bin, bringe ich ein Beispiel aus Salzburg: die Umweltschutzmaßnahmen entlang der Tauern Autobahn. Wir sind in Verhandlung, dass – eine langjährige Forderung von uns Freiheitlichen in Salzburg (Abg. Öllinger: Sehr gut! Ja! Schnell – FPÖ!) – entsprechende Schutzmaßnahmen für Zederhaus, aber natürlich auch für Flachau und die ganze Strecke dort gesetzt werden. Wir sind sehr froh, dass wir einen freiheitlichen Verkehrsminister haben. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Wir sind in diesem Zusammenhang natürlich auch sehr zuversichtlich, dass, wenn schon die zweite Röhre kommt, auch die entsprechenden Umweltmaßnahmen, die bereits zwei Drittel der Gesamtkosten ausmachen, verwirklicht werden.

Und, Frau Lichtenberger, diese Straßeninvestitionsgelder werden doch nicht dafür aus­gegeben, dass hier ein Betonband in die grüne Wiese gesetzt wird. Da sind Sanie­rungsmaßnahmen genauso dabei: Salzburg: Ofenauer-, Hiefler-Tunnel, in diesem Jahr. 25 Millionen € kostet es, die ältesten Autobahnstraßentunnels zu sanieren. Das sind notwendige Maßnahmen, die wir hier setzen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ein Aspekt, den Sie natürlich auch, weil Sie da keine Kompetenz besitzen, nicht ins Treffen führen: Arbeitsplätze und Konjunkturbelebung. Tausende Menschen bekom­men durch diese Investitionsmaßnahmen für Schiene und Straße Arbeitsplätze! Das ist


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 28

unsere Verantwortung, die wir auch wahrnehmen! Und das Bruttoinlandsprodukt steigt um zirka ein halbes Prozent, und das ist erwiesen. Meine Damen und Herren, wir tragen Verantwortung. Darum sind uns diese Investitionsmaßnahmen auch so wichtig.

Last but not least, meine sehr geehrten Damen und Herren – der Herr Verkehrsminis­ter hat es ohnehin gesagt –: das Jahr des Lärmschutzes. Es ist wichtig, diese Investi­tionsmaßnahmen mit dem Lärmschutz zu verknüpfen: heuer 35 Millionen, nächstes Jahr 50 Millionen.

Sehr geehrte Damen und Herren, vor allem von den Grünen: Sie haben sich vom Thema Umweltschutz längst verabschiedet – wir betreiben den Umweltschutz. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig für 5 Minuten ans Rednerpult. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


9.42

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Herren Vorredner! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es waren ja Vorrednerinnen auch, oder?) Die meine ich jetzt nicht! Ich wende mich jetzt aus­schließlich an die Redner, an die Männer, die jetzt geredet haben.

Ich sage Ihnen ehrlich, wenn ich mir vorstelle, ich sitze jetzt zu Hause vor dem Fern­seher und schaue mir diese Debatte an, dieses gegenseitige Herumhacken, dann frage ich mich wirklich, was das bringen soll. Was soll dieser Stil bringen, dass Sie auf uns herumhacken, auf Mercedes Echerer herumhacken? Was soll das? – Ich finde das eigentlich nur peinlich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Warum können wir nicht einmal wirklich ernsthaft über dieses Thema reden, ohne dass diese Mechanismen zum Einsatz kommen, dass alles, was wir sagen, automatisch schlecht ist und alles, was Sie machen, automatisch gut ist? Kann man da nicht einmal einen Schritt zurücktreten und sich einmal anschauen, ob wir da ein Problem haben oder ob wir da kein Problem haben? Und wir haben wirklich ein Problem für die nächs­ten zehn Jahre im Transitbereich, und es wird nicht besser, wenn Sie, Herr Minister, sich hinstellen und sagen: Es ist eh alles ursuper. Wir haben eben die Grundfreiheiten im europäischen Raum! Machen wir halt ein bisschen Lärmschutz, alles andere dient der Wirtschaftsstandortsicherung! – So kommen wir keinen Schritt weiter!

Schauen Sie sich die Situation für die nächsten zehn Jahre an: Wir haben Wachstums­raten. Wir werden mit den mittel- und osteuropäischen Beitrittswerbern wahrscheinlich ein Plus von 200, 300 Prozent in den nächsten zehn Jahren haben. Wir brauchen dar­auf eine andere Antwort, als einfach zu sagen: Es gibt halt die Grundfreiheiten in der EU. Wir können das Joghurt von Palermo nach Helsinki transportieren, und das muss man akzeptieren. – Das muss man nicht akzeptieren! Es muss etwas anderes möglich sein!

Irgendwann einmal werden Sie draufkommen – und das ist ein altes Indianersprich­wort –, dass man Wirtschaftswachstum nicht essen kann! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was haben die Indianer mit dem Wirtschaftswachstum zu tun?) Und das sind die Lebensgrundlagen, um die es hier geht! Vielleicht können wir über das einmal ganz ernsthaft diskutieren, ohne dieses blöde Hickhack. (Beifall bei den Grünen.)

Apropos Wirtschaftswachstum: Wir haben heute dieses Thema „Kommt die Umwelt unter die Räder?“ auch unter einem anderen Aspekt gewählt, bei dem es genau um diese Verknüpfung von moderner Wirtschaftspolitik, von Standortsicherung, von Arbeitsplätzen mit Umweltschutz und Klimaschutz geht, und da haben wir ein aktuelles


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 29

Problem. (Heiterkeit des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) – Sie brauchen jetzt gar nicht so zu lachen, Sie können gleich etwas dazu sagen. Es betrifft nämlich Ihren Landeshaupt­mann. (Beifall bei den Grünen.)

Im Moment sind im Bereich Ökostrom Arbeitsplätze gefährdet. Ein Investitionsvolumen von über 500 Millionen € ist im Moment nicht gesichert, sondern alles hängt in der Luft. Das ist wegen einer einzigen Person so, die sich erdreistet hat, den Ausbau von Ökostrom, der für Klimaschutz wichtig ist, der in Österreich über 8 000 Arbeitsplätze sichert, einfach zu blockieren, und zwar mit einem ganz ausgesucht dummen Argu­ment, indem gesagt wird: 2 € zusätzliche Belastung für einen Haushalt über ein Jahr gerechnet sind zu viel! Ich als Strompreisheld – ich spreche jetzt von Landeshaupt­mann Jörg Haider – werde das verhindern und blockiere auf der anderen Seite den gesamten Ökostromausbau Österreichs durch ein Nein bei einer Verordnung! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ein kompletter Blödsinn, was Sie da sagen!)

Ich finde das wirklich unglaublich, dass man mit so einer billigen Propaganda ein ganz wichtiges Projekt, nämlich diesen Anlagenausbau in Österreich, verhindert. Hunderte Investoren haben bereits in diese Richtung geplant, ihre Anlagen darauf vorbereitet. Das sind Bauern in Oberösterreich mit ihren Biogasanlagen, das sind Windkraft­anlagenbetreiber im Burgenland, das sind Anlagenbetreiber in Salzburg, in Vorarlberg, das sind Photovoltaikfirmen, die da dranhängen. Alle diese werden jetzt mit einem einzigen Nein an ihrer Zukunft im nächsten Jahr gehindert. Ich finde das unglaublich! (Beifall bei den Grünen.)

Ich würde Sie bitten, wenn Sie von Umweltschutz, Wirtschaftsstandort, Arbeitsplätzen reden, einmal einen moderneren Ansatz zu wählen und zu überlegen, ob nicht das der Schlüsselbereich für moderne zukunftssichere Arbeitsplätze ist, ob nicht das der Bereich ist, wo Österreich investieren sollte, ob nicht das der Bereich ist, wo man eine feine Industrie aufbauen kann, mit guten Exportchancen, mit extrem großem Know-how, wo man tatsächlich schon eine gute Basis in Österreich hat.

Man muss sich einmal vor Augen führen, was Sie für die Unternehmen sonst machen. Rechnen Sie sich einmal durch, wie viel an Steuerentlastung die Senkung der Körper­schaftsteuer für einzelne Unternehmen bringt! – Und dann argumentieren Sie, dass Klimaschutz eine Gefährdung des Wirtschaftsstandortes sei?! Ich nenne Ihnen nur eine einzige Zahl: Der gesamte Klimaschutzbereich für die Industrie kostet bis zum Jahr 2010 50 Millionen €. Allein was die OMV an Steuerentlastung durch die Senkung der Körperschaftsteuer jährlich bekommt, sind 20 Millionen € – ein einziges Unterneh­men!

50 Millionen € für Klimaschutz bis zum Jahr 2010 sind Ihnen zu viel. Ich würde Sie bitten: Reden wir einmal über das ernsthaft! Ich glaube, das ist ein falscher Weg. Diese Blockade ist reine Wahlpropaganda, und das ist sehr schade, denn viele Anlagenbe­treiber haben für die nächsten Wochen keine Sicherheit. Ich hätte mir gewünscht, dass man das nicht so vom Tisch wischt, sondern dass man das zumindest in der Problem­analyse eingesteht, dass das ein Problem ist.

Herr Verkehrsminister, was ich Ihnen noch mitgeben wollte: Sie müssen sich schon den Vorwurf gefallen lassen, dass wir mit Schönreden, das heißt, alles immer blendend darzustellen, diese Probleme nicht lösen werden. In zehn Jahren werden wir in Österreich wieder vor diesen ungelösten Problemen stehen, und wir werden sagen: Wir haben davor gewarnt, wir haben eingefordert, wir haben gebeten, dass ihr darüber nachdenkt, aber ihr habt es nicht getan und tut es nicht! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

 


9.47


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 30

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Hakl 5 Minu­ten zu uns. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


9.47

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es macht mich schon betroffen zu sehen, dass bei einem solchen Thema sowohl die Grünen als auch die SPÖ Parteipolitik machen, in einer Frage, wo es um die Menschen geht, um die Zu­kunft unserer Kinder. Und wenn dann auch noch Kollegin Glawischnig wegen des Kärntner Wahlkampfes gar nicht zum Thema spricht, das heute „Transit“lautet, wofür ich sehr dankbar bin, dann verblüfft mich das. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Wir haben in Österreich eine große Herausforderung, die eng mit dem Klimaschutz zu­sammenhängt, und das ist die Lösung unserer Transitfrage. Da geht es im Speziellen allerdings nicht um Ökostrom. Diese Frage, die die Menschen, die die Mütter, die die Kinder in diesem Land – als Tirolerin kann ich das sagen – unmittelbar betrifft, bedarf ganz dringend einer Lösung, und wir müssen uns langsam bewusst werden, dass wir in diesem Hohen Haus die verdammte Pflicht haben, uns endlich zu einigen und auch geschlossen im Europäischen Parlament aufzutreten und unsere Positionen gemein­sam zu vertreten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich hoffe, dass bei derart wichtigen Fragen ein Konsens, der auf der Hand liegt, endlich gefunden wird.

Worum geht es? – Es bringt uns überhaupt nichts, zum tausendsten Mal aufzuzählen, wie schlimm und wie schwierig die Dinge sind. Es nützt uns auch nichts, zu bejam­mern, dass uns die EU in einer Frage, die in Teilen dieses Landes eine Überlebens­frage ist, im Stich gelassen hat, sondern wir müssen versuchen, unsere Partner in der Europäischen Union von einem Weg zu überzeugen, der aufzeigt, wie es jetzt weiter­geht. Darauf wollen und werden wir uns konzentrieren.

Wie kann es denn weitergehen? – Eine neue Wegekostenrichtlinie ist in Ausarbeitung, und ich glaube, dass wir die Verlagerung von der Straße auf die Schiene letztlich nur über das Geld werden schaffen können. Die Kostenwahrheit im Verkehr steht im Zent­rum dieser Problematik, und wir sind in Österreich diesbezüglich Vorreiter. In Öster­reich – nicht in Deutschland unter grünen Verkehrs- und Umweltministern! – ist die LKW-Maut ohne irgendwelche Probleme rasch umgesetzt worden. Ein erster Schritt für die Kostenwahrheit im Verkehr! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Dabei können wir nicht stehen bleiben. Wir müssen auch Unfallfolgekosten und Um­weltschäden in die Mautpreise einrechnen können, und das vor allem in sensiblen Korridoren. Dazu sind zwei Dinge notwendig: zum einen die Definition der sensiblen Korridore. Hier bietet die Alpenkonvention eine Grundlage – diese ist aber noch nicht ausreichend. Deswegen fordere ich die Stadt Wien dazu auf, auch einmal „Hausübun­gen“ zu machen. Tirol, Salzburg, Vorarlberg, diese Länder haben ihre „Hausübungen“ gemacht und dargelegt, warum sie auf Grund ihrer Landschaft, auf Grund von Umwelt­gegebenheiten ein sensiblerer Raum sind als andere Räume in Europa.

Für die Stadt Wien, die ja auch vom Transitverkehr entlastet werden müsste, wäre es höchst an der Zeit, darzulegen, warum auch Wien eine sensible Zone darstellen soll oder darstellen kann. Dazu rufe ich die SPÖ in ihrem Verantwortungsbereich dringend auf. Das ist wichtig, das brauchen wir.

Es genügt nicht, nur die Unfallfolgekosten einzurechnen, wir müssen auch diese Mehr­mauten für Umweltschutzprojekte – und dazu rechne ich auch Investitionen in die Bahn – ausgeben und investieren können. Hiefür brauchen wir Partner in der Europäi-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 31

schen Union, und da darf es uns nie wieder passieren, dass irgendeine Partei aus Ös­terreich wie beispielsweise die Grünen mit der eigenen europäischen Fraktion stimmt. Hier müssen wir zusammenarbeiten, mit einer einheitlichen österreichischen Position im Europäischen Parlament auftreten. Darum bitte ich! Und ich hoffe, dass wir hier mit dem Herrn Bundesminister, mit unserem Bundeskanzler und unserer Außenministerin, die sich in der Vergangenheit auch in dieser Frage eingesetzt hat wie keine Außen­ministerin vor ihr, auch Erfolge verzeichnen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizekanzler Gorbach. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.52

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Geschätzte Damen und Herren zu Hause! Weil ich vorher das langfristige Programm bis 2021 in Schiene und Straße aufgesplittet habe – zwei Drittel Schiene, ein Drittel Straße –, habe ich mir jetzt auch noch das mittel- und kurzfristige Investitionspaket im Generalver­kehrsplan angeschaut, und da schaut es so aus, dass vom Gesamtausmaß von etwa 17 Milliarden € 72,5 Prozent für Investitionen in die Schiene vorgesehen sind. Frau Dr. Lichtenberger, ich rechne das dann, wie schon vorher angeboten, gerne mit Ihnen durch.

Da relativ abfällig von den Lärmschutzmaßnahmen gesprochen wurde, möchte ich schon noch einmal betonen, dass davon sehr viele Menschen betroffen sind und ich es für sehr gut und sehr richtig halte, wenn man Rücksicht auf die Lebensqualität der An­rainer von Schiene und von Straße nimmt. Ich halte es für sehr positiv, dass sich der­zeit im ASFINAG-Netz mit einer Länge von 800 Kilometern Lärmschutzeinrichtungen mit einer Gesamtfläche von 2 Millionen Quadratmetern – das ist eine Fläche so groß wie die Innere Stadt von Wien oder etwa 350 Fußballfelder – befinden.

Ich sollte Ihnen vielleicht auch sagen, geschätzte Damen und Herren, dass in Öster­reich 312 000 Einwohner in 493 Gemeinden von Schienenverkehrslärm betroffen sind. Ich halte es für sehr wichtig, dass ich einen Aktionsplan eingesetzt habe, der Investi­tionen zwischen 700 und 1,1 Milliarden € diesbezüglich zum Schutz der Bevölkerung vorsieht. Ich halte es für gut, dass bereits 139 400 betroffene Einwohner in 122 Ge­meinden berücksichtigt wurden, und möchte diese Zahl natürlich noch erhöhen.

Aber was ich Ihnen auch noch sagen möchte, weil man sagt, es passiere zu wenig: Auch dem kombinierten Verkehr wird natürlich großes Augenmerk geschenkt. Das ist hoffentlich auch etwas, was Ihre Zustimmung findet. In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen sagen, dass es den Aktionsplan „Brenner 2005“ gibt, demzufolge vier Ver­kehrsminister, nämlich neben mir auch jene aus Deutschland, Italien und Griechen­land, vereinbart haben, das Ziel zu unterstützen, bis zum Jahr 2005 den kombinierten Verkehr um 50 Prozent gegenüber 2003 zu erhöhen.

All das sind Maßnahmen, die Sie doch positiv anerkennen sollten. Ich glaube, es ist schlecht, wenn wir die Bevölkerung nur mit kritischen Bemerkungen zum Verkehr bedienen und nicht auch aufzeigen, dass wir bemüht sind, sie zu schützen und das zu tun, was möglich ist. Aber man kann eben die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, auch Wirtschaftswachstum, wenn Sie so wollen, Wohlstand, Tourismus, Fremdenver­kehr in Tirol, Salzburg und Verkehr auf der Schiene und auf der Straße nicht einfach wegdiskutieren. Nicht schön reden, sondern vielmehr schön bauen ist gefragt, so glaube ich, und zwar Schienennetz ausbauen, und genau das tue ich. Ich hätte mir Ihre Unterstützung gewünscht, denn das Schienennetz auszubauen ist eine Sache, aber


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 32

eine attraktive Betreiberfirma, nämlich ÖBB, zu haben, die so attraktiv ist, dass diese ausgebaute Schiene auch verwendet wird, das ist ein ganz, ganz großes Ziel der Ver­kehrspolitik in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von den Grünen, die Sie heute diese Aktuelle Stunde ver­langt haben! Seien Sie versichert – und ich meine das sehr ernst –: Der derzeitige Ver­kehrsminister von Österreich ist ein sehr umweltfreundlicher Mensch. Frau Dr. Lichten­berger, wir waren ja einmal gemeinsam im Umweltbereich tätig: Sie als Abfallwirt­schaftsreferentin in Tirol, ich als Abfallwirtschaftsreferent und auch als Gewässer­schutzreferent in Vorarlberg, und das sehr gerne. Nicht nur deshalb, sondern auch von Grund auf bin ich ein sehr umweltfreundlicher Mensch und genieße die Umwelt auch sehr gerne, und zwar nicht nur die grünen Wälder, auch die blauen Seen, keine Frage. Und ich sage Ihnen, dass ich diese Einstellung auch als Verkehrsminister beibehalten werde.

Wir werden mit Augenmaß versuchen, den guten Mittelweg zwischen Bedürfnis der Wirtschaft einerseits, Mobilitätsbedürfnis andererseits und Bedürfnis der Umwelt und der in ihr lebenden Menschen, aber auch Tiere und Pflanzen zu finden. Dieser Mittel­weg ist entscheidend. Ich darf am Schluss noch Goethe zitieren, der gemeint hat: „Der Ausgang gibt den Taten ihre Titel.“ – Der Titel wird dann heißen: Integrierte nachhaltige und ökologisch verträgliche Verkehrspolitik im Sinne aller Betroffenen. Das war die Arbeit der Verkehrspolitik dieser schwarz-blauen Regierung. Sie können uns dann dar­an messen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Sima. 5 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


9.57

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Bundesminister, wenn wir Sie wirklich an Ihren Taten beziehungsweise den Taten der schwarz-blauen Regierung messen sollen, dann schaut das Ergebnis nicht besonders gut aus für Sie, das muss ich Ihnen schon sagen, denn in den letzten vier Jahren ist im Verkehrsbereich leider überhaupt nichts weiter­gegangen. Ganz im Gegenteil: In Brüssel haben wir eine Schlappe nach der anderen erlitten, beziehungsweise haben Sie eine Schlappe nach der anderen erlitten. Von Erfolgen kann ich da weit und breit nichts sehen, und das ist wirklich bitter. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Da Sie den Bereich Lärmschutz angesprochen haben: Wenn Sie es ernst meinen mit dem Lärmschutz – und wir haben es auch im letzten Umweltausschuss besprochen –, warum wird dann nicht die EU-Lärmschutzrichtlinie umgesetzt, warum gibt es keine verpflichtenden abgesenkten Grenzwerte, wo die Leute dann einen Grenzwert haben, den sie auch einklagen können? Ich meine jetzt nicht nur Richtwerte, sondern ver­pflichtende Grenzwerte, wo es Messstellen gibt, die die Einhaltung überprüfen, wo man wirklich eine rechtliche Grundlage hat, vor Lärm geschützt zu werden, wo Lärmschutz nicht mehr oder weniger eine Großzügigkeit ist, sondern Lärmschutz wirklich eine rechtliche Basis hat. Das wäre wichtig, das brauchen die Menschen in Österreich!

Frau Kollegin Hakl, das Thema der heutigen Aktuellen Stunde lautet nicht „Transit“, sondern „Kommt die Umwelt unter die Räder?“, und deswegen ist es auch sehr legitim, zu einem Umweltproblem zu sprechen. Auch ich möchte zum Thema „Ökostrom“ etwas sagen, und zwar aus dem Grund, dass ich täglich Briefe, Mails, Anrufe von ver­zweifelten Unternehmern bekomme, die Millionen in Ökostrom investiert haben und jetzt auf Grund einer politischen Laune des Kärntner Landeshauptmannes Haider


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 33

wahrscheinlich den Konkurs anmelden müssen, die in den Ruin getrieben werden, und das halte ich für absolut fahrlässig. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: An den Haaren herbeigezogen ist das!) – Das ist leider nicht an den Haaren herbeigezogen, leider nicht!

Hier geht es um Arbeitsplätze, hier geht es um viele Investitionen. Ich kann das nicht ganz verstehen, warum der Landeshauptmann von Kärnten Jörg Haider sagt, er will diese Ökostromverträge nicht mehr verlängern, er will diese Verordnung verhindern. Er sagt, eine angebliche Belastungswelle rolle auf die Stromkunden zu. – Das ist bitte lächerlich, es geht um 2 € pro Haushalt im Jahr! Und ich frage die FPÖ und speziell die Kärntner FPÖ-Abgeordneten: Wo waren Sie denn, als die wirkliche Belastungswelle der schwarz-blauen Bundesregierung über die Menschen hinweggerollt ist? – Da waren Sie auf Tauchstation! Da waren Sie nicht vorhanden! Das haben Sie nicht ver­hindert! Aber was Sie jetzt verhindern, ist die Schaffung von innovativen, zukunftsträch­tigen Arbeitsplätzen in diesem Land, und das halte ich für wirklich fahrlässig. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ärgert mich auch deshalb maßlos, weil das Beispiel Ökostrom – also die Investitio­nen in Windenergie-, in Biomasse-, in Biogas-Anlagen – eines der guten Beispiele ist, an denen man sehen kann, dass Umweltschutz und Arbeitsplätze sich nicht ausschlie­ßen, sondern dass das eine eigentlich das andere bedingt. Und ich finde es schade, wenn hier Investoren um ihr Geld gebracht werden. Ich kann es absolut nicht nachvoll­ziehen, warum man diejenigen, die da in eine Zukunftstechnologie investiert haben, einfach im Regen stehen lassen will.

Abschließend möchte ich, weil mir das auch ein Anliegen ist, noch ein Wort zum letzten EU-Fortschrittsbericht zum Bereich Klimaschutz sagen. Das Zeugnis für Österreich ist da ja absolut vernichtend ausgefallen. Die EU hat gesagt, das sei eine schwache Leistung. Die Emissionen in diesem Bereich steigen und steigen – nicht zuletzt auch wegen solcher Aktionen. Wer nämlich weniger Ökostrom ins Land lässt, der bewirkt damit automatisch mehr Atomstrom. Also Jörg Haider hat sich da in Kärnten zu einem wahren Atomlobbyisten gemacht! (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Mainoni. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie sind selber eine gebürtige Kärntnerin!)

Herr Kollege Scheuch, ja, ich bin eine gebürtige Kärntnerin (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Dann reden Sie bitte nicht so einen Blödsinn!), und deswegen ärgert es mich, ehrlich gesagt, doppelt, dass der Kärntner Landeshauptmann mit dieser politischen Aktion den Ausbau von Ökostrom verhindern kann. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Herr Stadtrat Rieder von Wien hat es auch nicht unterschrieben – seines Zeichens SPÖ!)

Sie wissen ganz genau (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das weiß ich ganz genau!), es geht einfach darum: Wer Ökostrom nicht ausbaut, ermöglicht automatisch, dass mehr Atom­strom ins Land kommt. Das ist ärgerlich, und das halte ich auch nicht für eine beson­ders zukunftsweisende Strategie. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: So ein Unsinn!)

Nun aber noch kurz zurück zum Thema Klimaschutz: Österreich ist hier eines der Schlusslichter in der Europäischen Union. Wenn wir in diesem Bereich nicht bald tätig werden – wir haben noch bis zum Jahr 2008 Zeit, um endlich Maßnahmen zu setzen –, dann werden wir auch finanzielle Konsequenzen zu spüren bekommen. Ich glaube nicht, dass das wirklich gut ist.

Außerdem: Klimaschutz ist wichtig! Wir spüren die Auswirkungen der Klimaentwicklung jedes Jahr: Wir haben Hochwasserkatastrophen, wir haben Dürreperioden – also wir spüren es ja schon am eigenen Leib. Deswegen ist es umso wichtiger, in diesem Bereich endlich aktiv zu werden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 34

An den Kärntner Landeshauptmann kann ich nur von diesem Pult aus den Appell richten (Abg. Mag. Mainoni: Es ist ja schön, dass er so präsent ist! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Dr. Haider ist allgegenwärtig, habe ich das Gefühl!): Hören Sie auf mit dieser Blockadepolitik in Bezug auf die wichtigen Ökostrom-Investitionen! Jagen Sie da nicht mutige Investoren in den Ruin! Hören Sie endlich auf, wegen billiger Wahl­kampfpropaganda diese wichtigen Projekte zu verhindern! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Klaus Wittauer. Redezeit: 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


10.02

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Frau Abgeordnete Sima! Die Wahrheit ist, dass die Ökostrom-Rege­lung 2003 am 30. Dezember mit den Unterschriften der Landeshauptleute für 2004 fortgeschrieben wurde. Es geht um eine Erhöhung. Diesbezüglich ist eine Diskussion im Gange, und das wird sicher positiv geregelt werden.

Gerade der Kärntner Landeshauptmann – das sei hier angemerkt, weil Sie hier gerade Wahlkampf betrieben haben – hat eine Initiative gestartet, die sehr erfolgreich ist. Jeder kleine Häuselbauer ist froh über die Solaranlage auf seinem Dach! Ich glaube, das sollte man einmal hier ansprechen: dass er wirklich einer ist, der die Umwelt nicht nur im Kopf hat, sondern die im Zusammenhang damit erforderlichen Maßnahmen auch umsetzt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete Lichtenberger, ich hoffe, dass Sie, wenn Sie zur Abgeordneten des Europäischen Parlaments gewählt werden, sich dann auch für uns einsetzen. Wir werden Sie daran messen, wir werden ganz genau schauen, was Sie dort machen und was Sie in Brüssel für die Tiroler und Tirolerinnen, für ganz Österreich erreichen. Bis­her nämlich – und ich spreche da auch Frau Glawischnig an – haben Sie nur ge­schimpft, Sie haben nie etwas Gutes am Verkehrsminister gelassen. – Er ist derjenige, der die Verantwortung trägt und der diese Verantwortung positiv umgesetzt hat! Wir werden schauen, welche Verantwortung Sie in Brüssel tragen werden und was Sie dort umsetzen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir kennen die Vergangenheit – und diese war nicht rosig: 30 Jahre unsinnige Ver­kehrspolitik, bei der nichts Positives herausgekommen ist, die uns einen Transitvertrag eingebracht hat, den Hubert Gorbach zu erneuern, zu verbessern versucht hat. – Es ist nicht gelungen. Brüssel hat uns da mit einem Diktat in die Knie gezwungen.

Wenn Abgeordnete Sima hier aufzählt, was diese Regierung alles schlecht gemacht habe, dann muss ich sagen: Was hat die sozialdemokratische Regierung gerade im Zusammenhang mit der Verkehrsproblematik alles schlecht gemacht!

Wenn ich mir die Daten vor Augen halte und überlege, welche Maßnahmen diese Regierung allein im Infrastrukturbereich – man denke an die Schienenoffensive – setzt, dann muss ich sagen: Die Österreicher werden sich bei uns bedanken – und nicht bei den Sozialdemokraten für die von ihnen in der Vergangenheit betriebene Politik! (Bei­fall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Fehler der Vergangenheit sind innerhalb kurzer Zeit nicht zu reparieren – das wissen wir. Wir bemühen uns und haben es auf die Schiene gebracht, dass in Zukunft ein Infrastrukturpaket mit großem Inhalt – wobei zwei zu eins für die Schiene votiert wurde – umgesetzt wird.

Wir sollten nicht nur auf Österreich schauen, sondern müssen auch immer bedenken, dass die europäische Verkehrspolitik einen negativen Weg geht – wir wissen es. Mit


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 35

der Zustimmung zur Osterweiterung – und diesbezüglich muss ich Sie auch beim Wort nehmen; die Tiroler und Tirolerinnen werden sich bei Ihnen bedanken! –, mit der Ost­erweiterung kommt es für uns zu diesem Zuwachs. Dieser ist nicht allein dadurch zu bekämpfen, dass man schimpft und kritisiert, sondern er ist nur durch einen nationalen Konsens, durch einen nationalen Kraftakt gegenüber Brüssel zu bekämpfen. Das muss man den Österreicherinnen und Österreichern einmal sagen.

Und nicht immer nur alles schlecht machen und nicht immer nur auf Österreich schauen! Wir sind ja ein Land, in dem der Tourismus gepflegt wird und wo wir daraus eine Wertschöpfung erzielen, und ich weiß nicht, was ein Deutscher oder ein Italiener denkt, wenn immer gesagt wird, bei uns in Österreich sei alles schlecht und die Ge­sundheit werde gefährdet. Ob er da noch zu uns auf Urlaub fahren wird? – Auch da ist also eine entsprechende Haltung Ihrerseits gefragt, nämlich dahin gehend, dass nicht immer alles nur negativ beurteilt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Etwas, was diese Regierung auch geschafft hat, ist die Novellierung des IG-Luft. Zu­sammen mit Hubert Gorbach und mit dem Umweltminister haben wir da eine Novellie­rung umgesetzt, durch die die Landeshauptleute nicht nur in die Pflicht genommen, sondern auch mit Kompetenz ausgestattet werden. Man schaue sich nur an, was sie alleine mit dem IG-Luft, das für den dauerhaften Schutz der Menschen, der Gesund­heit, der Pflanzen, der Umwelt gemacht worden ist, alles machen können! Es ist so, dass es sehr wohl möglich ist, im Verkehr Maßnahmen zu setzen, seien es zeitliche oder räumliche Beschränkungen oder Geschwindigkeitsbeschränkungen; auch Fahr­verbote oder Verwendungsverbote für bestimmte Brennstoffe könnten verordnet wer­den. – Da sind die Landeshauptleute gefragt, ihre Hausaufgaben zu machen und das auch in ihrem Bundesland zu vertreten.

Die Rahmenbedingungen für den Schutz unserer Menschen hat der Bund geschaffen. Jetzt sind die Länder gefragt, auch dort helfend zu wirken. Verkehrsminister Hubert Gorbach hat seine Hausaufgaben gemacht. Nun liegt es wirklich in der Verantwortung aller, das umzusetzen. Ich glaube, da sind wir auf dem besten Weg. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Prinz.)

Natürlich ist es so, dass die Kosten des Verkehrs beziehungsweise die Kostenwahrheit Fragen sind, die in der Zukunft einen hohen Stellenwert haben werden. An dieser Stelle möchte ich gerade den für das Road-Pricing, das wir umgesetzt haben, Verant­wortlichen ein besonderes Lob aussprechen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Herr Kollege!

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (fortsetzend): Die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb zum Problem der Maut in Österreich – und das sollten sich die Österreicher und all jene, die hier zuhören, anhören –: 

„Beschämt und neidisch blickt Deutschland auf Österreich. Hätte doch nur auch dies­mal Franz Grillparzers Sinnspruch zugetroffen, Österreich sei ,eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält’ ...“ – Das ist die Antwort dieser Regierung auf die Verkehrs­problematik.

Andere Länder schauen auf uns, auf das, was wir machen! Wir brauchen daher nicht nach Deutschland zu schauen, wo eine rot-grüne Regierung dabei ist, einen Fehler nach dem anderen zu begehen – sei es in steuerlicher Hinsicht, sei es in der Verkehrs­politik oder sei es betreffend die Position, die sie in Brüssel für die Menschen einnimmt.

10.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist schon lange abgelaufen. Sie sind nicht mehr am Wort.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 36

(Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP für den das Rednerpult verlassenden Abg. Wittauer.)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.09

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Geschätzte Mitglieder des Hohen Hauses! Herr Kollege Wittauer, mit Sprüchen aus dem Poesiealbum werden wir leider die Zukunft nicht meistern können – aber Sie werden vermutlich ohnedies nicht dabei sein. (Beifall bei den Grünen.)

„Kommt die Umwelt unter die Räder?“, so heißt unser Thema, weil diese Regierung Umwelt und Gesundheit nicht besonders fördert. Die Verkehrspolitik ist dafür ein be­sonders krasses Beispiel.

Nehmen wir das Beispiel der Tauern Autobahn, die Vorgangsweise im Zusammenhang mit der Errichtung der zweiten Röhren von Katschberg- und Tauern-Tunnel (Abg. Wattaul: Die Sozialdemokratie hat versagt!): Schon vor zehn Jahren sollten sie gebaut werden, aber die Anrainer haben massive Verkehrsbelastungen befürchtet und haben sich dagegen zur Wehr gesetzt. Sie haben dann einen Arbeitskreis in Zederhaus ge­gründet, damit sie auch in die Verhandlungen mit der ÖSAG eingebunden werden. Es stimmt nämlich nicht, dass die ÖSAG von sich aus den Kontakt zur Bevölkerung gesucht hat.

Später ist es dann sogar zur Gründung eines Transitforums von ÖVP-Bürgermeistern der Anrainergemeinden gekommen, weil auch diese gemerkt haben, dass sie offen­sichtlich nicht vertreten werden. (Abg. Wattaul: Sagen Sie das eh dem Herrn Einem, denn der war da verantwortlich!)

Die ÖVP hat gemeinsam mit den anderen Fraktionen in Salzburg eine verbindliche UVP-Prüfung gefordert, und die ÖSAG hat sich interessanterweise auch schon darauf vorbereitet, da sie selbst nach ihren Prognosen nach der vollzogenen EU-Erweiterung davon ausgegangen ist, dass sich die Verkehrsbelastung von 15 000 auf 40 000 Fahr­zeuge, PKW pro 24 Stunden erhöhen wird, bei Urlauber-Wochenendverkehr sogar von 40 000 auf 80 000 Fahrzeuge. Das ist das, was die Menschen im Zederhaustal zu er­warten haben, und deswegen sind sie auch so zornig. Das kann man verstehen. (Bei­fall bei den Grünen.)

Im Mai 2003 hat sich der Arbeitskreis in Zederhaus aufgelöst, weil die Ergebnisse so unbefriedigend waren. Es gibt noch ein Forderungspapier des Zederhauser Arbeits­kreises, das bis heute nicht erfüllt ist. Schausberger sagte dazu am 26. März letzten Jahres im Salzburger Landtag: 

„... wir bemühen uns weiter am Verhandlungstisch ... Das kann nur der Generationen­vertrag sein, von dem wir reden, wo ganz klar festgelegt wird, in welcher Zeit welche Maßnahmen wie finanziert werden. Das ist ein Vertrag, der zwischen“ allen Beteiligten „unterschrieben werden muss ...“

Allein: Es gibt ihn nicht, diesen Vertrag, von dem schon viele Bürgermeister und An­rainerInnen annehmen, er sei unterschrieben!

Herr Minister Gorbach – Sie sind zwar nicht mehr da, aber vielleicht lesen Sie dann im Protokoll nach –, Sie streuen den Leuten Sand in die Augen – oder soll ich lieber sagen: Frostkoffer? –, wenn Sie behaupten, dass das Jahr des Schienenausbaues ge­kommen ist! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Frostkoffer ... sieben Zentimeter groß!) – Ja, eben, das ist ganz schlimm für die Augen, Herr Kollege Scheuch. Das glaube ich auch!

Im Zusammenhang mit dem Wachstumspaket, das vor kurzem von der Bundesregie­rung verkündet worden ist, wurde nämlich das Jahr 2004 zum „Jahr des Straßenbaues“


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 37

erkoren. Das Jahr 2004 soll das Jahr des Straßenbaues werden, also: weniger Mittel für Schienenausbau (ironische Heiterkeit des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch), mehr Mittel für Straßenbau! (Abg. Miedl: Das stimmt ganz einfach nicht, Frau Kollegin! Mehr als je zuvor ...!) Wie werden Sie das den leidgeprüften Anrainern im Zederhaustal erklären, Herr Kollege Miedl? Wie werden Sie das denen erklären? (Abg. Miedl: Das ist doch falsch! – 1,2 Milliarden jährlich für ...!)

Nach Berechnungen ist zu befürchten, dass sich der Neubau der zweiten Tunnelröhren auch wirtschaftlich nicht rechnet. Da gibt es Berechnungen, die die Wirtschaftspartei ÖVP aber nicht berücksichtigt – sie weiß es offensichtlich besser –, wonach die Mehr­kosten für die zweiten Tunnelröhren erst in 100 Jahren getilgt werden, es sei denn, man will mehr LKWs in die Täler bringen und damit höhere Erlöse einfahren. (Abg. Miedl: Wer hat da Interesse daran? Das stimmt doch nicht!)

Es ist ein unwürdiges Schauspiel, meine Damen und Herren, das wir hier erleben. Der Ausbau der Tauern Autobahn mit neuen Tunnels sei, so die Meinung des Ministers Gorbach, nach dem neuen UVP-Gesetz nicht UVP-pflichtig. Der ÖVP-Landeshaupt­mann will sich seine Beschwerde gegen diese Rechtsansicht allerdings gegen eine Handvoll Silberlinge abkaufen lassen. (Abg. Wattaul: „Silberlinge“?) – Ja, was ist jetzt? Ist das jetzt UVP-pflichtig oder nicht? Millionen gegen geltende Gesetze? Unverbind­liche Zusagen gegen verbrieftes Recht?

Österreich verfügt bereits jetzt über das zweitdichteste Autobahnnetz in der EU. (Abg. Wattaul: Geh, hör auf!) Gleichzeitig geht der Schienenausbau zurück. – Das wird für Sie ganz neu sein, Herr Wattaul, aber es ist so! (Abg. Wattaul: Nur weil man ein paar Lastwagen gesehen hat, hat man noch keine Ahnung von der Verkehrspolitik!) – Be­reits ausverhandelte Trassenführungen der Bahn, für die es einen begleitenden Media­tionsprozess gegeben hat, wie im Gasteinertal, sind mit Ihrem FPÖ-Minister in der Ver­senkung verschwunden, und so ist das jetzt schon öfter gegangen. Die Leute haben einfach das Vertrauen in die Zusagen von Landeshauptleuten und Ministern verloren.

Der Bürgermeister von St. Michael weiß zum Beispiel nichts von ausverhandelten Lärmschutzmaßnahmen, ist in den „Salzburger Nachrichten“ zu lesen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Wir fahren in eine Sackgasse (ironische Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Wattaul), und die derzeitige Regierung gibt ordentlich Gas. Sie bewegt sich dabei außerhalb bestehender Vorschriften.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Frau Kollegin!

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (fortsetzend): Was ich jetzt Herrn Mainoni noch gerne mit auf den Weg geben möchte, weil er sich so „qualifiziert“ über Probleme von Asylwerbern äußert, ist ein weiteres indianisches Sprichwort für den heutigen Tag, welches lautet:

Drei Monde in den Mokassins von jemand anderem gewandert zu sein ermöglicht erst, über die Situation von Asylwerbern zu sprechen.

Also wandeln Sie einmal in den Mokassins eines Asylwerbers! – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wattaul: Ich glaube, ihr tut zu viel ...!)

10.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 38

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1317/J bis 1338/J.

2. Anfragebeantwortungen: 1088/AB bis 1165/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird, geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2004) (369 d.B.),

Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaa­ten der Europäischen Union (EU-JZG) (370 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Errichtung der Buchhaltungsagentur des Bundes (Buchhaltungsagenturgesetz – BHAG-G) erlassen sowie das Bundeshaus­haltsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2004 (BFG 2004) geändert werden (381 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Bundesgesetz über Krankenan­stalten und Kuranstalten, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheits­wesen“ geändert werden (384 d.B.),

Bundesgesetz über die Universität für Weiterbildung Krems (DUK-Gesetz 2004) (385 d.B.).

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emira­ten auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (352 d.B.);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik (371 d.B.),

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederöster­reich über den Ausbau des Universitätszentrums für Weiterbildung (Donau-Universität Krems) samt Anlage (386 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Außenpolitischer Ausschuss:

Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Fortschrei­bung des Dreijahresprogramms der Österreichischen Entwicklungspolitik 2004 bis 2006 (III-69 d.B.).


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 39

C. Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 GOG:

Verlangen der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen auf Prü­fung der Förderungsvergaben im Agrarwesen hinsichtlich ihrer sozialen, ökonomischen und ökologischen Wirkung seit 01.01.2000, insbesonders unter Berücksichtigung der Nichtinanspruchnahme der Möglichkeit der Einführung der Modulation durch den öster­reichischen Landwirtschaftsminister sowie der Entscheidung hinsichtlich der Verteilung der Milchkontingente im Jahr 2003 (Eingelangt am 14. Jänner 2004).

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1006/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 1006/AB der Anfrage 971/J der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aspekte des Ausschreibungsverfahrens und der Verwertungsentscheidung über die bundeseigenen Wohnbaugesellschaften durch den Herrn Bundesminister für Finanzen abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 5 bis 15 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Dies ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer und Gestaltung der Debatten der Tagesordnung erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 158 Minuten, Freiheitliche 108 Minuten, Grüne 117 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatte bis 13 Uhr, die vom Ös­terreichischen Rundfunk übertragen wird, getroffen: Es erfolgt zunächst die Erklärung des Bundeskanzlers mit 20 Minuten, gefolgt von der Erklärung des Vizekanzlers mit 15 Minuten. Anschließend in der gemeinsamen Debatte kommen die ersten beiden Redner jeder Fraktion gemeinsam mit nicht mehr als 20 Minuten, jedoch einzeln mit nicht mehr als 15 Minuten zu Wort. Es folgen allfällige Repliken des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers zu je 5 Minuten, sodann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten und schließlich wiederum je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten.

Die restliche Redezeit bis 13 Uhr wird vom vorsitzführenden Präsidenten vor Beginn der letzten Runde auf die vier Fraktionen in der Weise verteilt, dass alle Fraktionen gleichmäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen darüber, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach 13 Uhr aufgerufen werden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 40

Über diese Vereinbarung entscheidet das Hohe Haus. Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig beschlossen. Wir gehen daher so vor.

1. Punkt

Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Die Steuerentlastung bringt Aufschwung für Wirtschaft und Arbeit“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ich erteile dem Herrn Bundeskanzler zur Abgabe seiner Erklärung das Wort.

 


10.18

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Ich danke sehr, dass Sie mir zum Thema „Die Steuerentlastung bringt Aufschwung für Wirtschaft und Arbeit“ das Wort erteilt haben.

Meine Damen und Herren! Als wir im Jahr 2000 die Regierungsverantwortung über­nommen haben, haben wir den Österreicherinnen und Österreichern versprochen, das Budget zu sanieren und in Österreich die Reformen durchzuführen, die notwendig sind, um Österreich zukunftssicher zu machen. Und wir haben im Regierungspro­gramm 2003 versprochen, dass wir die Steuer- und Abgabenlast senken und die Steuerzahler entlasten werden. – Beides haben wir versprochen und beides haben wir gehalten. Unsere Politik hat uns sprichwörtlich nach vorne gebracht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir liegen heute, im Jahr 2004, bereits ein Prozent unter der Abgabenbelastung des Jahres 1999, und wir werden mit der Steuerreform 2005, mit der zweiten Etappe, zwei Prozent unter der Belastung des Jahres 1999 liegen, also jener Zeit, in der ein sozial­demokratischer Bundeskanzler und ein sozialdemokratischer Finanzminister das Sagen hatten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lagen wir im Jahr 2000 beim Budgetdefizit auf Platz 14 von 15 EU-Mitgliedsländern – vor Portugal waren wir das zweitschlechteste Land –, so haben wir heute mehr als die Hälfte der EU-Mitglieder überholt, acht Plätze gutgemacht und liegen heute auf Platz 6. – Wir haben in kurzer Zeit viel erreicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Ich möchte daher heute an dieser Stelle – weil es sich gehört und weil es auch wirklich sein Erfolg ist – Karl-Heinz Grasser und seinem Staatssekretär Alfred Finz ein herz­liches Dankeschön für diese großartige Leistung, Budgetdefizit und Abgabenlast zu senken, aussprechen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abgeordnete der Grünen halten eine Tafel in die Höhe, auf der untereinander die Wörter „Korruption“, „Hinterziehung“ und „Geschenkannahme“ – mit einem gemeinsamen Fragezeichen versehen – zu lesen sind.)

Meine Damen und Herren! Lieber Abgeordneter Pilz, hören Sie sich ruhig die Erfolgs­bilanz von Karl-Heinz Grasser an; sie ist besser als Ihr Transparent, das Sie hier hoch gehalten haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit einem gesunden und stabilen Budget haben wir die Grundlage dafür geschaffen, dass wir investieren können, dass das Wachstum angekurbelt wird. Das war sehr wich­tig. Drei Jahre lang gab es eine weltweit schlechte Konjunkturlage, wir haben diese eigentlich ganz gut überstanden. Wir haben den Spielraum, den ein kleines, internatio-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 41

nal sehr verwobenes und verflochtenes Land wie Österreich hat, ausgenützt, und wir haben rechtzeitig und vorausschauend gehandelt.

Ende 2000 haben die Wirtschaftsforscher die Prognosen für die kommenden Jahre deutlich nach unten revidiert, und wir haben sofort reagiert. Nach dem 11. September 2001 kam das erste Wachstumspaket. Zu einem Zeitpunkt, als in jenem Quartal das Wirtschaftswachstum zum ersten Mal auf null gesunken ist, kam das erste Wachstums­paket dieser Bundesregierung. Immerhin beachtlich war folgender Umstand: In den nächsten zwei Quartalen ist das Wachstum auf 0,7 und 0,9 Prozent angestiegen. Die Prognose der Notenbank für 2002 war 0,9 Prozent, tatsächlich haben wir durch das erste Wachstumspaket ein halbes Prozent mehr Wirtschaftswachstum erreicht. Ich glaube, das war eine ganz beeindruckende Leistung in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dann kam im Jahr 2002, in dem wir eigentlich vorgehabt hätten, eine Steuerentlastung vorzunehmen, die Hochwasserkatastrophe – sie ist heute schon vergessen, aber ich möchte sie in Erinnerung rufen –, die uns enorme Schäden in Milliardenhöhe gebracht hat. Wir haben damals die Steuersenkung für alle zurückgestellt zu Gunsten einer wirk­lichen Hilfe für jene Hunderttausenden Österreicher, die von dieser Hochwasserkata­strophe betroffen waren. Und es hat gewirkt! Das Wachstumspaket II wurde im Sep­tember 2002 dem Ministerrat vorgelegt. Es hat nachhaltig geholfen, das Wirtschafts­wachstum zu stabilisieren und uns für das Jahr 2003 immerhin ein halbes bis ein dreiviertel Prozent an zusätzlichem Wachstum zu bringen. Das wurde immerhin vom unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstitut bestätigt.

Wir haben daher rechtzeitig, vorausschauend und richtig gehandelt, meine Damen und Herren! Unsere Wirtschaftspolitik hat sich bewährt. Sie hat Österreich in schwierigen Zeiten Wachstum gebracht, was in anderen Ländern wie Deutschland, Frankreich und der Schweiz nicht gelungen ist.

Mit den Ergebnissen des Wachstumspakets III wird sich insbesondere der Herr Vize­kanzler auseinander setzen, weil es vor allem seine Handschrift hinsichtlich Forschung und Infrastruktur trägt. Mein Thema ist ein anderes.

Wir sind mit den jetzt vorliegenden Ergebnissen in einer guten Situation. Österreich hat ein doppelt so hohes Wachstum wie alle anderen Länder in der Europäischen Union zusammen. Die österreichische Arbeitslosenrate ist halb so hoch wie jene der EU, und unser Budgetdefizit beträgt in etwa ein Drittel des Europadurchschnittes. Ich glaube, mit dieser Bilanz kann sich Österreich weltweit sehen lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das, was mir wichtig ist, ist Folgendes: Wir haben gezeigt, dass man gute Wirtschafts­politik auch mit einer guten Sozialpolitik kombinieren kann. Denken Sie nur an die spektakulären Beschlüsse rund um die neue Mitarbeitervorsorge, wobei die alte unge­rechte Abfertigung so umgebaut wurde, dass nun alle Arbeitnehmer davon profitieren! Heute können wir den Erfolg sehen: 850 000 Arbeitnehmer sind in diesem neuen System. Ich sage auch ganz offen und ausdrücklich meinen Dank an die Sozialpartner, dass sie bei diesem wichtigen Schritt mit uns mitgegangen sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Genauso wichtig war aber der zweite sozialpolitische Schritt, nämlich die Zukunftsvor­sorge für jeden. In diesem Fall sind die SPÖ und die Sozialpartner leider nicht mitge­gangen. Aber auch dieses Modell war und ist ein ganz großer Erfolg. Immerhin haben bisher 250 000 Österreicherinnen und Österreicher dieses Angebot angenommen. Diese Vorsorgemodelle und natürlich auch die erfolgreiche Privatisierungspolitik haben den Kapitalmarkt in Österreich und den Börsenplatz in Wien deutlich gestärkt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 42

Nehmen Sie die Fakten, ein weltweiter Vergleich: Seit dem Jahr 2000, als ich die Regierungsverantwortung übernommen habe, ist der österreichische Börsenindex, der ATX, um 62 Prozent gestiegen. Vier Jahre: 62 Prozent plus! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Vergleich: Der deutsche Aktienindex ist im gleichen Zeitraum um 45 Prozent ge­sunken (Abg. Mag. Mainoni: Rot-Grün!), der Dow Jones hat sich seit dem Jahr 2000 nur um 2,4 Prozent erholt.

Meine Damen und Herren! Diese Fakten machen uns sicher! (Abg. Heinzl: Die Arbeits­losen sind ...!) Die Politik der Budgetsanierung, die finanzielle Stabilität, die Absiche­rung der Finanzen für unser Sozial- und Gesundheitssystem, die Pensionssicherung, die Arbeitslosenversicherung, die Stärkung der privaten Vorsorge und die Wachstums­politik mit unseren Konjunkturprogrammen haben den Spielraum dafür geschaffen, dass wir Ihnen heute eine Steuersenkung vorstellen können, für die Vizekanzler Gorbach, Finanzminister Grasser und ich verantwortlich sind – eine Steuerreform, die finanzierbar und nachhaltig ist.

Es ist dies die größte Entlastung für die Steuerzahler in der Geschichte der Zweiten Republik, und sie wird nicht durch Belastungen auf der anderen Seite gegenfinanziert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Unsere Steuerreform hilft den Familien, besonders den Alleinverdienern und den Alleinerziehern. Wir unterstützen damit 2,3 Millionen Familien, 900 000 Allein­verdiener – darunter sind immerhin 100 000 Alleinerzieherinnen, die besonders davon profitieren werden. Unsere Steuerreform führt zu einem modernen, maßvollen Einkom­mensteuertarif, sie sichert den Wirtschaftsstandort Österreich und damit Tausende Arbeitsplätze. Sie unterstützt 690 000 Pendler, hilft vor allem den Beziehern kleiner Einkommen und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit unserer Bauern.

Machen wir es gleich konkret, denn die Zuschauer vor den Fernsehschirmen wollen wissen, was das für sie bedeutet!

Erstes Beispiel: Eine allein erziehende Mutter mit zwei Kindern verdient brutto 800 € im Monat. Sie hat bisher schon keine Lohnsteuer bezahlt und 474 € Negativsteuer als Zuschuss erhalten. Mit unserer Reform wird diese Alleinerzieherin durch den Kinderzu­schlag konkret 779 € zusätzlich ausbezahlt bekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Trunk: 800 € sind existenzsichernd?!)

Zweites Beispiel: Ein Pensionist mit einer durchschnittlichen Alterspension von etwa 900 € im Monat bezahlt jetzt 40 € Einkommensteuer im Jahr, in Zukunft beträgt die Ersparnis 481,76 €. Das ist im Jahr ganz konkret ein Vorteil für diesen Pensionisten mit einer durchschnittlichen Pension. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Drittes Beispiel – weil immer behauptet wird, die kleinen, die mittelständischen Unter­nehmer profitierten nicht –, ich nehme ganz bewusst ein mittelständisches Beispiel: Ein typischer kleiner Unternehmer hat seinen Betrieb in Form einer Kapitalgesellschaft, einer GesmbH, organisiert, zum Beispiel ein Elektrohändler mit sieben Arbeitnehmern und einem Lehrling. Er hat einen Gewinn von rund 20 000 € im Jahr. Er wird im Jahr 2005 (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter) – Herr Steuerberater – eine KöSt-Senkung von 1 800 € erfahren. Das ist eine wirkliche Hilfe für diesen Mittelständler. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Viertes Beispiel – weil gesagt wird, es gebe einen Unterschied von Kapitalgesellschaft zu Personengesellschaft –: Ein Unternehmer, ein Installateur mit acht Arbeitnehmern, also kein großer, sondern ein typischer Mittelständler an der Ecke, mit einem Meister, einem Lehrling und einem Techniker, hat einen Gewinn von 45 000 € im Jahr. Kluger­weise lässt er ein Drittel seines Gewinnes im Betrieb und stärkt damit das Eigenkapital


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 43

und den Betrieb. Seine Entlastung wird im Jahr 5 773 € ausmachen. Das ist eine wirk­liche Hilfe für die Stärkung dieses Betriebes und die Arbeitsplätze! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lieber Fritz Grillitsch! Wir wollen die Bauern nicht vergessen. Ein Landwirt mit einer Ackerfläche von 20 Hektar, mit fünf Hektar Wiese und 18 Hektar Wald hat einen Dieselverbrauch – er muss viel unterwegs sein – von 2 500 Litern im Jahr; das ist nicht so wahnsinnig viel. Er wird durch die Einführung des Agrardiesels um immerhin 500 € im Jahr entlastet. Das ist nicht schlecht, das ist eine wirkliche Hilfe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Mit einem Volumen von 3 Milliarden € ist das für die Jahre 2004 und 2005 die größte Steuerreform der Geschichte, auch wenn Sie von der Opposition das nicht so gerne hören!

Die Fakten – darüber braucht man nicht zu streiten – sind Folgende: Die berühmte und gute Lacina/Ditz-Reform hat im Jahr 1994 pro Kopf der Steuerzahler eine Tarifent­lastung von 250 € gebracht. (Abg. Brosz: Ein Supervergleich in absoluten Zahlen! „Großartig“!) Die Edlinger-Reform im Jahr 1999, fünf Jahre später, hat 350 € pro Kopf gebracht. Die Grasser/Finz-Reform 2004 und 2005 bringt 500 € pro Kopf. Der Ver­gleich macht uns sicher, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Lassen Sie mich hier auch ganz offen sagen: Diese Steuerreform hat nicht nur einen Entlastungseffekt, denn klarerweise bezahlt jeder lieber weniger Steuern als mehr, sondern es geht letztlich wirtschafts- und standortpolitisch immer um die Arbeitsplätze. Jetzt sage ich Ihnen etwas, was mir sehr wichtig ist: Wir wollen mit dieser Steuerreform den Aufschwung und die Arbeitsplätze sichern! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Ich war gestern in der Steiermark, in Schladming bei diesem gigantischen Nachtslalom, den noch dazu Benni Raich, ein Österreicher, gewonnen hat. Ich habe dort den Chef von Magna, Sigi Wolf, getroffen. Und Sigi Wolf hat mir gestern etwas sehr Wichtiges gesagt: Durch diese Steuerreform, durch diese Steuersenkung wird allein Magna in der Steiermark noch heuer 1 000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Nähe von Gleisdorf schaffen. Das ist die Wirkung dieser Reform! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.) – Herr Abgeordneter Einem! Entschuldigen Sie, das sind doch die Botschaften, die benötigt werden: Hoff­nung für die Menschen!

Ich habe heute in der Früh mit einem nicht ganz unbekannten Wirtschaftsführer telefo­niert, nämlich mit Wolfgang Eder, dem Generaldirektor der Voest. Ich habe ihn gefragt, wie sich diese Reform etwa auf den Standort Linz auswirken wird. (Ruf bei der SPÖ: Gar nicht!) Seine konkrete Antwort – ich darf das hier mit seiner Erlaubnis sagen – war: Die voestalpine, ein Schlüssel-, ein Leitbetrieb für Österreich, wird in der nächsten Zeit am Standort Linz 550 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. – Danke, Wolfgang Eder! Danke, Voest! (Lebhafter Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Das zeigt natürlich, dass diese Steuersenkung nicht nur jedem Einzelnen etwas bringt, sie bringt auch volkswirtschaftlich etwas. Und das unabhängige Wirtschaftsforschungs­institut hat gestern eine Studie über die Auswirkungen dieser Steuersenkung vorgelegt. Dabei ist herausgekommen ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Sie hören das nicht gerne, ich weiß, aber die Zuseher hören es und damit die Öffentlichkeit, und das ist wichtig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 44

Durch diese Steuersenkung wird im nächsten Jahr ein zusätzliches Wirtschaftswachs­tum von 0,4 Prozent (Abg. Dr. Matznetter: Warum erst nächstes Jahr?) und 2006 ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von einem halben Prozent erwartet. Das heißt ganz konkret 4 000 bis 5 000 zusätzliche Jobs, langfristig sogar 12 000 Jobs! Das ist wichtig! Das ist die Botschaft für Sie zu Hause an den TV-Schirmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Arbeit für Österreich, die von dieser Bundesregierung geleistet wurde, war ganz konkret Folgende: Wir haben Österreich hinsichtlich des Budgetdefizits vom vorletzten Platz weggebracht und sind weit nach vorne gekommen. Wir liegen in der Abgaben­belastung unter jener zur Zeit, als die Sozialdemokraten das Sagen hatten. Wir machen die Steuerbelastung für jeden Österreicher konkret niedriger. Und auch bei der bürgernahen und modernen Verwaltung, beim E-Government hat sich Österreich deutlich nach vorne katapultiert. Wir haben innerhalb eines Jahres sieben Plätze gut gemacht. Wir sind bereits auf Platz 4 vorgerückt. Bei den Wettbewerbsdaten lagen wir im Vergleich mit den anderen EU-Ländern im Jahr 2000 auf Platz 9. Heute liegen wir nach dem Bericht der Kommission auf Platz 3, haben also einen Stockerlplatz. Ich freue mich sehr, dass Österreich diesen Sprung gemacht hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Diesen Erfolgsweg gehen wir mit der Steuerreform weiter. (Abg. Mag. Kogler: Das ist unwahr!) Meine Damen und Herren! Österreich ist ein guter Platz zum Investieren. Ös­terreich ist ein guter Platz zum Arbeiten. Österreich ist ein guter Platz zum Leben. Wir arbeiten dafür, dass es so bleibt. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

10.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Ausfüh­rungen und erteile nunmehr dem Herrn Vizekanzler das Wort. 15 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.36

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Geschätzte Zuse­herinnen und Zuseher zu Hause! Das Jahr 2004 hat mit dem 1. Jänner gut begonnen, weil damit die erste Etappe der Steuerreform 2004/2005 in Kraft gesetzt wurde. Das Jahr 2004 hat auch deshalb gut begonnen und ist gut weitergegangen, weil sich schon wenige Tage danach diese dynamische Bundesregierung geeinigt hat, was die zweite große Etappe dieser Steuerreform betrifft, nämlich zum Wohle der Bevölkerung, vor allem zum Wohle der Familien und, wie wir schon gehört haben, auch zum Wohle der Standortsicherung und damit zum Wohle der Arbeitsplatzschaffung und Arbeitsplatzsi­cherung. Das war uns ganz, ganz wichtig! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn auch ein Zitat bringen, aber nicht eines berühmten Mannes, sondern eines guten, erfolgreichen österreichischen Unternehmers! Es stammt vom Vorsitzenden des ÖIAG-Aufsichtsrates und bekannten Unternehmer Alfred Heinzel, der mir kurz nach dieser Einigung, was die Eckpunkte der Steuerreform 2005 betrifft, einen Brief geschrieben hat. Ich habe seine Erlaubnis, daraus einen Satz zu zitieren, der sehr viel über die Treffsicherheit dieser Steuerreform aussagt: Als Unternehmer und Bürger darf ich zur Steuerreform gratulieren. Sie können davon ausgehen, dass ich motiviert bin, weiterhin in Österreich zu investie­ren. – Zitatende. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Was mich gefreut hat, als ich ihn heute gefragt habe – weil sich das gehört –, ob ich das auch zitieren darf (Abg. Heinzl: Haben Sie von Arbeitnehmern auch schon etwas gehört?), war, dass er mir noch zusätzlich ge­sagt hat, in der Auswirkung heiße das, dass er auf Grund dieser Reform der Bundes-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 45

regierung bereits den Beschluss gefasst hat, im Werk in Pöls in der Steiermark die Kapazität zu verdoppeln. 150 bis 200 Millionen € an Investitionen sind damit beschlos­sen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Scheibner: Bravo!)

Meine Damen und Herren! Mit der heuer zu beschließenden Steuerreform setzen wir die zweite Etappe der größten Steuerreform der Zweiten Republik und gestalten somit den österreichischen Wirtschaftsstandort attraktiver denn je zuvor. Lassen Sie mich die Ziele, die hinter dieser Reform stehen, wie folgt zusammenfassen: Das sind die Stär­kung des Wachstumspotentials, die Verbesserung der Standortattraktivität und die Ent­lastung des Faktors Arbeit. Auch das lässt sich mit den Maßnahmen von zuvor 650 Mil­lionen € erzielen. Dann kommen die Verbesserung der Eigenkapitalbasis insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen, die Erhöhung der Kaufkraft, die Erhöhung der Steuergerechtigkeit und die Vereinfachung des Steuersystems. Das ist kein leichtes Unterfangen. Das ist eine schwierige Aufgabe, aber sie ist uns gelungen, und zwar ohne Gegenfinanzierung. Und das ist auch etwas Besonderes, das einmal erwähnt gehört! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Lassen Sie mich auch erwähnen, dass uns die Einkommensstärkung für Familien ein besonderes Anliegen war! Eine Vielzahl an Studien beweist und hat es ans Tageslicht gebracht, dass die armutsgefährdete Gruppe in Österreich besonders die 900 000 Al­leinverdiener und Alleinverdienerinnen sind, wovon wiederum 100 000 Alleinerzieher und -erzieherinnen sind. Wir haben deshalb auf diese Gruppe, um sie eben zu entlas­ten, besonderes Augenmerk gelegt.

In diesem Sinne haben wir die Kinderzuschläge zum Alleinverdiener- und Alleinerzie­herabsetzbetrag eingeführt. Da der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zu einer Negativsteuer führen kann, erhöht sich für diese Zielgruppe auch die Negativ­steuer. Mit der Kinderzuschlagsstaffel – 130 € für das erste Kind, 175 € für das zweite Kind, 220 € für das dritte oder für jedes weitere Kind – und der Anhebung der Zuver­dienstgrenze von 4 400 € auf immerhin 6 000 € hat diese Regierung bewiesen, dass sie nicht nur eine Reformregierung ist, sondern auch eine Familienregierung, und das ist wichtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich brauche wohl kaum besonders zu betonen, dass gerade diese Maßnahme, nämlich die Anhebung der Zuverdienstgrenze, vor allem den Frauen zugute kommt, die be­kanntlich im Durchschnitt weniger verdienen und die insbesondere in die Gruppe der Alleinerzieher und Alleinerzieherinnen fallen.

Was das Tolle an dem Ganzen ist – es ist noch nicht genug –: Diese familienpoli­tischen Maßnahmen, die besonders den Frauen und den Familien zugute kommen, gelten bereits für das gesamte Jahr 2004. Ein gutes Jahr! (Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen sowie Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler, dem ich bei dieser Gelegenheit auch einmal danken möchte für die wirklich zügige, jederzeit konstruktive und zielorien­tierte Verhandlungsweise in den letzten Wochen, hat schon darauf hingewiesen, dass unser Weg der richtige ist. Auch ich glaube, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen und gut daran getan haben, nicht via Medien zu diskutieren und uns gegenseitig auszurichten, was man will und was man vielleicht erreichen kann oder vielleicht auch nicht, sondern zielorientiert darauf zugesteuert zu haben, dass der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt wird, dass die Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen werden und dass vor allem auch eine Entlastung der unteren und mittleren Einkommens­schichten in etwa gleicher Größenordnung stattfindet – all das, wie gesagt, ohne Ge­genfinanzierung. Wir haben das rasch und zügig abgewickelt und am Beginn des neuen Jahres beschlossen, und ich bin eigentlich stolz darauf. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 46

Welche Auswirkungen das auf das Wirtschaftswachstum bezogen auf das BIP hat, das haben wir schon gehört; das wird auch vom Wifo bestätigt. Aber es ist trotzdem gut, wenn man sich diese Zahlen noch einmal vergegenwärtigt, weil sie zeigen, dass diese Regierung auch Weitblick hat, dass sie auch in schwierigen Lagen imstande ist, ohne Gegenfinanzierung und ohne Überschreitung bestimmter Defizitgrenzen solche Maß­nahmen zu setzen, dass sie handelt.

Österreich hatte im Jahre 2002 ein Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent aufzuweisen, die Euro-Zone eines von 0,9 Prozent, Frankreich eines von 1,2 Prozent, Italien eines von 0,4 Prozent, Deutschland eines von 0,2 Prozent. (Abg. Mag. Hans Moser: ... OECD!) Im Jahr 2003 waren es, wie wir gehört haben, in Österreich 0,9 Prozent, in der Euro-Zone 0,4 Prozent, in Frankreich 0,1 Prozent, in Italien 0,3 Prozent, in Deutschland 0,0 Prozent. (Abg. Mag. Hans Moser: ... in Dänemark und in Schweden!) Für das Jahr 2004 lautet die Prognose für Österreich 1,9 Prozent, für Frankreich 1,7 Prozent, für Italien 1,3 Prozent, für Deutschland 1,6 Prozent, für die Euro-Zone 1,9 Prozent. (Abg. Mag. Hans Moser: ... OECD!) Wir liegen also überall darüber, meine Damen und Herren, und auch ich sage angesichts dessen sehr gerne: Der Ver­gleich macht uns sicher! Wir machen so weiter!

Weil man die Details der zweiten, aber auch der ersten Etappe der Steuerreform schon diskutiert hat und kennt, darf ich auch darüber hinausschauen und die begleitenden Maßnahmen, die vorausschauend schon beschlossen und gesetzt wurden, erwähnen.

Es macht mich als Forschungsminister stolz, dass es uns in Österreich gerade jetzt, bei meinem Antreten, gelungen ist, den Forschungs- und Entwicklungsbeitrag, was die Forschungsquote zum BIP betrifft, so zu steigern, dass wir in Europa nun unter die Top 5 aller Innovationsländer kommen. Wir sind auf dem besten Wege dazu, indem wir folgende zwei Schwerpunkte setzen:

Erstens führen wir einen Strukturwandel durch, indem wir der Forschungs- und Förde­rungslandschaft in Österreich eine neue Struktur geben, das heißt, örtlich alles unter ein Dach bringen und damit Bürokratie und Verwaltung abbauen, mehr Transparenz schaffen und noch enger mit der Wirtschaft, die im Forschungsbereich tätig ist, und mit der Industrie, aber auch mit den Bundesländern zusammenarbeiten; das ist etwas, was mir sehr wichtig erscheint.

Der zweite Schwerpunkt ist vielleicht noch wichtiger, noch gravierender, nämlich der, auch die finanziellen Mittel in entsprechender Weise zur Verfügung zu stellen, und da kann ich meinem Regierungskollegen, Finanzminister Grasser, nur danken, der dafür großes Verständnis hatte. Er lässt sich gerne von Zahlen überzeugen, und er hat da auch zugestimmt beziehungsweise mitgemacht und zeichnet damit auch mitverant­wortlich. Damit hat er aber auch mit dazu beigetragen, dass Österreich – meine Damen und Herren, hören Sie zu! – in der mitteleuropäischen Zone mit Spanien und Portugal hinsichtlich der Rahmenbedingungen der Forschungsförderung an der Spitze liegt, also mit Nummer eins ist. Auch das macht mich stolz! (Beifall und Bravorufe bei den Frei­heitlichen sowie Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat insbesondere durch die Aktion 25/8, nämlich 25 Prozent Investitionsfrei­betrag – das ist eine enorme Erhöhung – und 8 Prozent Investitionsprämie, ein wirklich attraktives Anreizsystem für Forscher geschaffen. Es tat gut zu hören, und zwar aus dem Munde eines der bekannten Forscher, die aus der großen Welt, aus den USA, zurückgekommen sind, dass Österreich ein gutes Forschungsland ist, wie es gestern Dr. Penninger in einem Interview im Fernsehen gesagt hat. Er meinte aber, dass man dafür allerdings auch die entsprechende Infrastruktur – auch die Straße hat er er­wähnt – schaffen müsse. Amerika hat schon viel früher erkannt, dass für ein gutes For­schungsland auch eine gute Infrastruktur vonnöten ist, und die Straße gehört mit dazu.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 47

Ich habe mich gefreut, dass das eine Forschungskapazität wie Dr. Penninger gesagt hat.

Aber zurück zur Forschungslandschaft und zu den Rahmenbedingungen in Österreich: Wir haben dem attraktiven Anreizsystem noch eines draufgesetzt, indem wir die Aus­gaben für Forschung in den Jahren bis 2006 um nicht weniger als 1,2 Milliarden € zusätzlich erhöhen werden, und zwar im Rahmen der F&E-Offensive 600 Millionen €, dreimal 125 Millionen € im Rahmen der Nationalstiftung, davon 100 Millionen € fresh money, also neues Geld. Das sind 300 Millionen €. Dazu kommen dreimal 100 Millio­nen € für den Forschungsfreibetrag, 300 Millionen im Rahmen der Aktion 25/8.

Das sind 1,2 Milliarden €, und wenn man dieses Geld im wirtschaftsnahen Bereich rich­tig einsetzt und damit die Hebelwirkung erzielt, dann werden wir das von mir gesteckte beziehungsweise von uns mit betriebene Ziel hoffentlich erreichen, im Jahr 2006 eine Forschungsquote von 2,5 Prozent des BIP zu haben. Im Jahr 2010 sollen dies 3,0 Pro­zent sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

So ganz nebenbei gehört zu diesem Förderungsprogramm und zur Steuerreform natür­lich auch die Tatsache, dass wir neben dem angebotsseitigen Anreiz bezüglich Breit­bandzugänge auch eine nachfrageseitige Förderung schon beschlossen haben. Jetzt wird angebotsseitig auch noch eine Investition in der Höhe von 10 Millionen € getätigt, die durch die 10 Millionen € aus dem EU-Strukturförderungsprogramm und die 10 Mil­lionen € von Seiten der Länder 30 Millionen € ausmachen soll. Diese soll insbesondere in ländlichen Gebieten das schnelle Internet, die Breitbandinitiative unterstützen. Damit beweisen wir, dass wir nicht nur die Ballungsräume, sondern auch die ländlichen Ge­biete, wo viele Kleinunternehmer das brauchen – Ein-Mann-, Zwei-Mann-Betriebe –, im Auge haben, diese ebenfalls fördern wollen, also nicht vergessen.

Meine Damen und Herren! Die Bauinvestitionen haben wir im Zuge der interessanten Debatte in der Aktuellen Stunde heute schon behandelt. Es bleibt mir daher nur noch zu sagen, dass im Jahre 2003 in den Ausbau der Schiene 850 Millionen € investiert wurden – das ist so viel wie nie zuvor! –, in den Ausbau der Straße 1 Milliarde € – auch das ist so viel wie nie zuvor! –, und das Schönste an dem Ganzen ist, dass wir heuer, im Jahre 2004, mit insgesamt 2,1 Milliarden € eine Steigerung von 23 Prozent errei­chen werden, und zwar neben der Steuerreform und all den Maßnahmen wie der Sanierung des Budgets. – Das soll uns zuerst einmal jemand in Europa nachmachen! Österreich braucht den Vergleich nicht zu scheuen, sondern vielmehr macht er uns wirklich stolz, auch was den Investitionsbereich betrifft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich habe in der Debatte im Rahmen der Aktuellen Stunde, die heute in der Früh stattgefunden hat, schon erwähnt, dass wir auch bemüht sind, internationale Zuschüsse zu bekommen, Kofinanzierungen für wichtige Infrastruk­turprojekte zu erreichen. Ich habe in diesem Zusammenhang die 12,27 Milliarden € er­wähnt, die für fünf Programme im Rahmen der so genannten Transeuropäischen Netze bewilligt worden sind. Das sind Investitionen, die sich auch auf den Wirtschaftsstandort Österreich und auf die Arbeitsplatzsituation in Österreich positiv auswirken werden.

Wir haben in letzter Zeit auch hier im Hohen Haus über die internationale Problematik, die natürlich auch an uns nicht vorbeigeht, diskutiert. Lassen Sie mich heute sagen, dass es Studien gibt, laut welchen jede Milliarde, die in einem Land in die Infrastruktur investiert wird, etwa 14 000 bis 18 000 neue Arbeitsplätze bringt. (Abg. Gradwohl: Warum investiert ihr dann nicht mehr?) Auch das ist zu berücksichtigen! So gesehen ist das eine weit blickende, gute Maßnahme, wenn man diese Investitionen erhöht und damit auch den Wirtschaftsstandort Österreich stärkt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 48

Ich bin überzeugt davon, dass wir auf dem richtigen Weg sind, und wenn Ihnen das der Verkehrsminister sagt, dann hat das besondere Bedeutung. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Seien Sie mir nicht böse, wenn ich abschließend wieder zitiere, und zwar einen amerikanischen Politiker, der zum Thema „Steuern“ einmal sehr trefflich sagte: Wir können die Besteuerung niemals populär, aber wir können sie fair machen! – Diese Bundesregierung ist dabei! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Vizekanzler für seine Ausführun­gen.

Wir gehen nun in die Debatte über beide Erklärungen ein. Die Redezeit ist beschlossen und bekannt.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Wunschredezeit: 12 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


10.51

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die lang versprochene Steuerre­form, zweimal verschoben, soll nun im Jahr 2005 Wirklichkeit werden, und man kann nach all dem, was hier präsentiert wurde, resümierend feststellen: Diese Steuerreform kommt zu spät (Abg. Steibl: Die SPÖ kommt zu spät! – weitere Zwischenrufe sowie ironische Heiterkeit bei der ÖVP), bringt zu wenig und ist eine vertane Chance für die österreichische Bevölkerung! (Beifall bei der SPÖ.)

In Zeiten des größten Wirtschaftseinbruches, wo es dringend notwendig gewesen wäre, die Einkommen zu stärken, wo es dringend notwendig gewesen wäre, die Inves­titionen zu erhöhen, hat die Bundesregierung immer gesagt: Wir können die Steuer­reform nicht machen, weil wir sie uns nicht leisten können! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Jetzt legt diese Bundesregierung eine Steuerreform vor und sagt: Der Vorteil dabei ist, dass es keine Gegenfinanzierung gibt!

Dazu möchte ich sagen: Dieser Vorteil wird nur von sehr kurzer Dauer sein, denn der Effekt einer Steuerreform ohne Gegenfinanzierung liegt auf der Hand, nämlich: Sie werden das Budgetdefizit ganz bewusst erhöhen! Daher gibt es keine wirtschaftliche Begründung für diese Steuerreform, sondern nur eine wahlpolitische Begründung. Doch das ist der falsche Weg, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Nach den „wunderbaren“ Lobeshymnen, die wir uns vorhin von Ihnen haben anhören dürfen, sollten wir nun zu den Fakten kommen.

Der Herr Bundeskanzler hat uns erzählt, welche Unternehmungen jetzt großartig inves­tieren werden. (Bravoruf bei der ÖVP.) Nur ein Beispiel, damit man den Wahr­heitsgehalt seiner Aussage überprüfen kann: Die voestalpine hat vor vier Jahren ihr Investitionsprogramm „Voest 2010“ gestartet und hat Millionen und Abermillionen Euro investiert. Sie ist bereits bei der dritten Ausbaustufe ihrer Investitionen angelangt, und sie setzt die Investitionen, die sie vor vier Jahren begonnen hat, ganz konsequent fort. Auf Grund Ihrer Körperschaftsteuersenkung wird in Linz kein einziger Euro mehr inves­tiert werden. – Lügen Sie die Leute nicht dauernd an, Herr Bundeskanzler! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Gusenbauer, der Vorwurf der Lüge wäre ein Grund für die Erteilung eines Ordnungsrufes. Ich nehme an, Sie wollen diesen Vorwurf zurücknehmen.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 49

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (fortsetzend): Herr Präsident! Ich bin des­wegen über solch falsche Tatsachen so empört, weil der Vergleich sicher macht: Wenn all diese großartigen Investitionen stattfinden, wenn diese segensreiche Auswirkung auf den Arbeitsmarkt vorhanden ist, wie gibt es denn dann, dass wir im heurigen Jahr in Österreich den Höchststand an Arbeitslosen mit 330 000 Personen haben!? (Rufe bei der ÖVP: In Wien!) – Das ist der Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Andauernd über das Schicksal der Menschen hinwegzureden, andauernd die Fakten zu leugnen, mit falschen Zahlen die Realität zu verheimlichen, das ist keine ehrliche Auseinandersetzung und keine ehrliche Politik!

Weil Sie sich angesichts der Erfolge der vergangenen Jahre so preisen, muss ich Ihnen schon sagen: Die Wahrheit ist die, dass Österreich, was die Wirtschaftsleistung pro Kopf betrifft, in der Europäischen Union von Platz vier auf Platz acht zurückgefallen ist. (Abg. Dr. Stummvoll: Machen Sie Österreich nicht schlecht!) Da gibt es keinen Grund für Selbstlob, sondern das wäre Anlass genug, endlich eine Trendumkehr in der Politik einzuleiten! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Wahrheit ist die, dass die Pensionserhöhungen zu Jahresbeginn dazu geführt haben, dass heute die Pensionisten weniger in der Tasche haben als im vergangenen Jahr, weil die 10 € von Ihnen nicht einmal ausgereicht haben, die erhöhten Kranken­versicherungsbeiträge abzudecken – ganz zu schweigen von einer Abgeltung der Infla­tionsrate. Doch Sie preisen das als eine großartige sozialpolitische Leistung!

Sie stellen sich heute her und sagen: Die Pensionskürzungen, die wir im vergangenen Jahr beschlossen haben, waren eine großartige sozialpolitische Leistung! Ich sage Ihnen: Sie stellen Millionen Österreicherinnen und Österreicher vor viele materielle und für viele Menschen unlösbare Probleme! Das ist das Ergebnis Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine Steuerreform in dieser Zeit hätte den Faktor Arbeit entlasten müssen. (Abg. Murauer: Jetzt kommt das Programm!) Das wäre eine Steuerreform gewesen, die wirklich dazu geführt hätte, dass Beschäftigung gestärkt wird. (Abg. Dr. Rasinger: Leere Worte!) Aber bei dieser Ihrer Steuerreform wird der Faktor Arbeit mit keinem einzigen Euro entlastet, meine Damen und Herren, und 80 Prozent aller österreichi­schen Unternehmungen werden von dieser Steuerreform nichts haben!

Die Gewinner dieser Steuerreform wie der Herr Bartenstein oder wie der Herr Prinz­horn werden viel bei dieser Steuerreform gewinnen, aber den von Ihnen zitierten Instal­lateuren, Schneidern, Schustern und Handwerkern wird wenig bleiben. Daher ist diese Steuerreform ein Schritt in die falsche Richtung, sie ist zu teuer und bringt vielen viel zu wenig! (Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Auch was die Familienförderung betrifft, rühmen Sie sich, weil jetzt der Alleinverdienerabsetzbetrag erhöht wird. Ich frage Sie: Gibt Ihnen der Umstand, dass trotz eines der großzügigsten Familienförderungssysteme der Welt die Geburtenrate in Österreich leider nicht nach oben geht, nicht einmal Anlass zur Über­legung? (Abg. Dr. Trinkl: Wie viel Kinder haben Sie?) Gibt Ihnen nicht zu denken, dass es trotz zusätzlicher finanzieller Anreize so ist? Weil es an einem ganz zentral fehlt: an genügend Kinderbetreuungseinrichtungen, damit Beruf und Familie miteinander zu ver­einbaren sind?

Sie hätten bei dieser Steuerreform, statt 250 Millionen € für den Alleinverdienerabsetz­betrag zu verwenden, 60 000 Kinderbetreuungsplätze in Österreich schaffen und nach­haltig finanzieren können. Das wäre ein bedeutend besserer Weg gewesen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 50

Aber der schönste Satz des Herrn Vizekanzlers war, als er gesagt hat, der Herr Finanzminister Grasser ließe sich von Zahlen beeindrucken. Ich habe den Eindruck, dass er sich nur ganz leicht in seiner Formulierung geirrt hat, denn dieser Finanzminis­ter lässt sich nämlich wenig von Zahlen, sondern vielmehr von Zahlungen, und zwar von solchen an ihn selbst, beeindrucken. Auch das spiegelt sich in dieser Steuerreform wider! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Fasslabend: Das war unter der Gürtellinie!)

Dass diejenigen, die die Sponsoren und Financiers seiner privaten Homepage sind, gleichzeitig die Hauptprofiteure dieser Steuerreform sind und dass der Herr General­sekretär der Industriellenvereinigung in der Öffentlichkeit sogar sagt: Na die Investition in die Homepage des Herrn Grasser hat sich wirklich rentiert!, zeigt deutlich, welche Gesinnung da dahinter steht. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Diese Steuer­reform bringt vielen nichts, manchen wenig und wenigen sehr viel! – Das ist der falsche Weg einer Steuerreform! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen. – Abg. Dr. Trinkl: Sie haben das falsche Papier gelesen!)

Herr Abgeordneter Stummvoll hat in einem Interview auf einen wichtigen Punkt hinge­wiesen, als er gemeint hat, diese Steuerreform bringe den Leistungsträgern zu wenig. Ich habe mich gefragt: Was meint er damit? – Man braucht sich die Steuerreform nur anzusehen und wird feststellen, dass Herr Stummvoll gar nicht so Unrecht gehabt hat. Wenn nämlich durch diese Steuerreform die Progression in Österreich erhöht wird und daher jeder Arbeitnehmer, der eine zusätzliche Überstunde macht, in Zukunft bereits mehr als 50 Prozent an den Finanzminister abliefern muss, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss man sagen, es ist nicht sehr motivierend für die Menschen, wenn sie für zusätzliches Einkommen immer mehr an den Finanzminister abliefern müssen. Es wäre besser gewesen, diese Progression zu mildern und nicht zu ver­schärfen. Das wäre der bessere Weg gewesen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Man stellt sich überhaupt die Frage: Werden die Österreicherinnen und Österreicher in Zukunft die Rechnung für diese Steuerreform bezahlen – oder haben sie sie bereits bezahlt? Die Wahrheit ist, dass zumindest die Arbeitnehmer und Pensionisten in den letzten Jahren bedeutend mehr belastet wurden, als sie nun durch diese Steuerreform entlastet werden. Ich vermute, dass, nachdem die Rechnung offen bleibt und das Bud­getdefizit ansteigen wird, die Belastungen erst noch kommen werden. Wahrscheinlich wird diese Bundesregierung nach dem 13. Juni als Ausgleich für die Steuerreform Selbstbehalte im Gesundheitssystem verlangen, wird diese Bundesregierung weitere Einschnitte im Bildungsbereich vornehmen, wird diese Bundesregierung nach den Wahlen der Bevölkerung die Rechnung für diese Steuerreform präsentieren. (Abg. Rossmann: Sie verwechseln Österreich mit Deutschland, glaube ich!)

Meine Damen und Herren! Sie haben eine ganz große Chance versäumt, denn wenn man für eine Steuerreform so viel Geld in die Hand nimmt, dann sollten mehr Men­schen in unserem Land etwas davon haben (Abg. Dr. Fasslabend: Alle profitieren!), dann sollte der Faktor Arbeit entlastet werden, dann sollten wirklich wirtschaftliche Investitionen angereizt werden. Das, was Sie hier vorgelegt haben, ist nicht mehr und nicht weniger als eine plumpe Propagandaaktion vor den Landtagswahlen am 7. März. Die Bevölkerung merkt das und ist daher verstimmt. Eine Reihe von Untersuchungen hat gezeigt, dass der Bürger, die Bürgerin meint: Ich werde von dieser Steuerreform nichts haben, und höchstwahrscheinlich werden die Belastungen, die nachkommen, bedeutend höher sein als das, was die Steuerreform bringt. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Der Wahltag wird der Zahltag sein, und die österreichische Bevölkerung wird Ihnen für diesen falschen Weg die Rechnung präsentieren. – Und


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 51

das ist richtig so. (Lang anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

11.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten; die ersten beiden Redner einer Fraktion haben zusammen bekanntlich 20 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Molterer begibt sich zum Rednerpult und platziert dort eine Tafel mit der Auf­schrift: „Weniger Steuern – Mehr Geld zum Leben – ÖVP“.)

 


11.04

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe relativ häufig – ich sage das ganz offen – Probleme mit dem, was ich in einer Wochenzeitschrift, in einem Wochenmagazin lese. Diese Woche hatte ich kein Problem, als ich in diesem Wochenmagazin als Überschrift zur Person von Dr. Alfred Gusenbauer gelesen habe: „Genosse Zick-Zack“.

Jawohl: Genosse Zick-Zack, Dr. Alfred Gusenbauer! – Die heutige Rede ist der Be­weis dafür – mit einer einzigen offenen Frage: ob Genosse Gusenbauer heute bei Zick oder bei Zack gewesen ist. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es ist jedenfalls ein Beweis dafür, Herr Gusenbauer, dass Sie Ihrem Ruf als Zick-Zack-Politiker der SPÖ tatsächlich gerecht werden.

Meine Damen und Herren! Diese Fakten, die die österreichische Wirtschaftspolitik be­stimmen, sind nicht wegzureden. (Abg. Silhavy: ... peinlich!) Faktum ist, dass diese Steuerentlastung mit einem Volumen von 3 Milliarden € die größte Steuerentlastung in der Zweiten Republik ist, eine Entlastung, die Arbeit und Wirtschaftsstandort Österreich sichert, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, eine angesehene deutsche Zeitung mit hohem Renommee vor allem in der Wirtschaftskompetenz (Abg. Gradwohl: ... des Kapitalis­mus!), schreibt am 12. Jänner: „Österreichs konservativer Regierung ist mit ihrem Ent­wurf zur Steuerreform ein großer Wurf gelungen.“ ÖVP und FPÖ setzen „mit ihren Ent­lastungsplänen die größte Entlastung seit“ 1945 „durch.“ – Zitat aus der „FAZ“; Aner­kennung von einer großen, renommierten deutschen Zeitung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Mit dem Wachstumspaket und dem Konjunkturpaket – das ist ebenfalls Faktum; die Zahlen sprechen für sich – werden insgesamt 4 Milliarden € bewegt: 3 Milliarden in der Steuerentlastung und 1 Milliarde für die Ankurbelung der Wirtschaft, für konjunktur- und forschungspolitische Maßnahmen.

Herr Dr. Gusenbauer, Sie haben hier heraußen behauptet, es geschehe nichts für die Entlastung des Faktors Arbeit. Das ist falsch! Am 1. Jänner dieses Jahres werden die Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmer um 140 Millionen € gesenkt, meine Damen und Herren. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Und das wird selbstverständlich den Arbeitsmarkt gerade im Hinblick auf eine schwierige Gruppe, die älteren Arbeitnehmer, positiv beeinflussen.

Apropos Arbeitsmarkt. – Herr Kollege Gusenbauer, Sie haben die Arbeitsmarktsituation angesprochen. Jawohl, hier kann nicht zur Tagesordnung übergegangen werden, aber ich habe Ihnen letztes Mal schon gesagt: Kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür! Im Monat Dezember wurden über 70 Prozent des Anstiegs der Arbeitslosenrate in Österreich in Wien verursacht, meine Damen und Herren. (Rufe bei der ÖVP: Unglaublich!) Aber jetzt hören und staunen Sie: Diese Zahl, die mir bekannt ist, dieser Zuwachs von


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 52

70 Prozent, von Wien zu verantworten, ist noch nicht die Spitze. Ich höre, dass der Zuwachs des Monats Jänner zu fast 100 Prozent in Wien und von Wien verursacht ist, einem sozialdemokratisch regierten Land! (Rufe bei der SPÖ: Was ist mit der Bundes­regierung?) Auch dies ist ein Faktum, meine Damen und Herren! (Weitere Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Es wird auch heute von der Opposition der Zeitpunkt kritisiert, zu dem wir die Steuer­entlastung umsetzen. Ich frage Sie: Wie hätten Sie es denn gerne? – Wir machen die Entlastung zum absolut richtigen Zeitpunkt, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), und wir alle tragen die Verantwortung dafür, dass der sich abzeichnende Aufschwung der Wirtschaft gestärkt wird. – Das richtige Signal zum richtigen Zeitpunkt!

Meine Damen und Herren! Es sind auch die Folgen und die entsprechenden Frage­stellungen aus der Erweiterung der Europäischen Union für den Wirtschaftsstandort Österreich diskutiert worden. Am 1. Mai wird die Europäische Union erweitert. Gerade jetzt ist es richtig, solch ein Signal zu setzen, Standort- und Arbeitsplatzsicherung auch durch eine Steuerreform zum Zeitpunkt der EU-Erweiterung zu betreiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das heißt: Wann, wenn nicht jetzt?, ist das Motto dieser Steuerreform.

Meine Damen und Herren! Es wird gesagt, es würden nicht alle von dieser Steuerre­form profitieren. Das Gegenteil ist wahr: Alle, die Steuer zahlen, werden entlastet. Das ist das Ergebnis unserer fairen und sozial gerechten Steuerreform!

Warum? – Erstens werden noch mehr Menschen aus der Lohn- und Einkommen­steuerpflicht entlastet. Zusätzlich 350 000 Österreicherinnen und Österreicher werden mit der ersten und zweiten Etappe keine Lohn- und Einkommensteuer mehr bezahlen. (Abg. Mag. Wurm: Weil sie zu wenig verdienen!) Das sind dann in Summe 2,55 Millio­nen oder 45 Prozent aller Steuerpflichtigen, die keine Lohn- und Einkommensteuer mehr bezahlen werden. – Das ist Faktum, meine Damen und Herren!

Zweitens: Selbstverständlich wird dieser faire und sozial gerechte Tarif dazu führen, dass die gesamte Bandbreite der Steuerpflichtigen im Lohn- und Einkommensteuerbe­reich auch entlastet wird, mit dem Schwerpunkt bei den kleinen und mittleren Einkom­men und selbstverständlich auch bei den Leistungsträgern.

Und drittens, meine Damen und Herren – und das irritiert mich, sage ich Ihnen sehr offen, weil Sie hier Ihre ideologischen Scheuklappen einfach nicht ablegen können; das ist die Wahrheit! –: Wir helfen bei den Familien dort, wo wir mit AlleinerzieherInnen oder AlleinverdienerInnen in Familien mit mehreren Kindern immer mit einer besonde­ren Armutssituation konfrontiert waren. Dort helfen wir, weil dort Hilfe notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Legen Sie Ihre linke Ideologie ab! Helfen Sie, wo Hilfe notwendig ist! – Wir tun es.

Meine Damen und Herren! Das ist also eine faire Steuerreform, die sozial ausgewogen und gerecht ist. Einige Beispiele dazu.

Ich habe mir das Beispiel einer Alleinerzieherin mit zwei Kindern angeschaut, die ein monatliches Bruttoeinkommen von 1 300 € hat. Die Effekte der Steuerreform würden für diese Alleinerzieherin bedeuten, dass sie – mit den erhöhten Kinderzuschlägen bei Alleinerziehern und Alleinverdienern – im Jahr 2005 in Summe mit 876 € entlastet ist. Also: 876 € Entlastung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Damit Sie sich vorstellen können, was das auch praktisch bedeutet, haben wir von der Österreichischen Volkspartei heute diese 876 € in zwölf volle Einkaufswagen umge­setzt, damit die Menschen auch sehen können, was man für 876 € monatlich zum täg-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 53

lichen Leben mehr hat. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben das gemacht und wer­den den Inhalt dieser Einkaufswagen einem Kinderdorf der SOS zur Verfügung stellen, damit auch dieser praktische Beweis erbracht wird. Wir helfen, wo Hilfe tatsächlich notwendig ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder, nächstes Beispiel: eine allein stehende Pensionistin mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1 000 €. Sie hat bisher pro Jahr 788 € an Steuer gezahlt. In Zu­kunft wird sie 144 € bezahlen. – Eine Entlastung von 644 € durch unsere Steuerreform, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein weiteres Beispiel: ein Arbeiter-Ehepaar ohne Kinder; monatliches Einkommen des Mannes 2 300 €, der Frau 1 200 €. Bisher haben beide gemeinsam 5 481 € Steuer bezahlt. In Zukunft werden sie um 807 € entlastet. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Das ist die Realität, und das ist sozial, fair und gerecht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie sagen, es würden die kleinen und mittleren Unternehmen nicht entlastet. Die Wahrheit sieht anders aus: Durch die erste Etappe profitieren gerade die kleinen und mittleren Unternehmen, die Personengesellschaften sind, und durch die zweite Etappe selbstverständlich auch die Kapitalgesellschaften.

Meine Damen und Herren! Die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt diese Woche – und das ist hochinteressant –, ausgehend vom Kursanstieg von 34 Prozent im Leitindex ATX, der den Wiener Markt ganz massiv hervorhebt, einerseits, dass die Vollprivatisie­rung von Böhler-Uddeholm und Voest richtig war, trotz der Gegenschüsse der Oppo­sitionspolitiker – zwischen Klammern steht: Sozialdemokraten und Grüne –, und ande­rerseits, dass die über Erwarten stark gestiegene Performance an der Börse durch diese Steuerreform der Bundesregierung begründet ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist offensive Wirtschaftspolitik, wie sie auch das Wifo in der Studie zur Steuerreform bestätigt: Das Wachstum wird durch die Steuerreform positiv beeinflusst, und die Arbeitsplätze werden in Österreich durch die Steuerreform mehr. – Das ist die Realität, das sind die Fakten, meine Damen und Herren. Keine Ge­genfinanzierung – im Gegensatz zur SPÖ, die die Grundsteuer, die Erbschaftssteuer, die Schenkungssteuer und alles Mögliche anheben wollte. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Diese Steuerreform bedeutet eine Vereinfachung und selbstverständlich auch einen massiven Kampf gegen den Steuerbetrug. Diese Steuerreform trägt die Handschrift einer erfolgreichen Bundesregierung, unter Führung von Bundeskanzler Schüssel und Vizekanzler Gorbach. Diese Steuerreform trägt die Handschrift eines erfolgreichen Finanzministers, Karl-Heinz Grasser, und seines Staatssekretärs Alfred Finz. Diese Steuerreform wird die offensive Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung massiv stärken. Das Budget wird weiterhin in Ordnung bleiben. Diese Bundesregierung setzt die entsprechenden Wachstumsimpulse, und die BürgerInnen und die Wirtschaft wer­den im Interesse von Wirtschaft und Arbeit entlastet. – Das ist eine erfolgreiche und gute Politik für die Menschen in diesem Lande, und ich bin stolz darauf, meine Damen und Herren! (Lang anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.16

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Restredezeit der ÖVP auf 20 Minuten beträgt 7,5 Minuten.

 


Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen mit einer freiwilligen Redezeit­beschränkung von 12 Minuten. – Bitte.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 54

11.17

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Molterer, kommen wir wieder ein bisschen herunter! Wissen Sie, was mir an dem schönen Schild, das Sie hier hatten (Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie es wieder haben?), wo es, wenn ich mich richtig erinnere, hieß: weniger Steuern (Ruf bei der ÖVP: Mehr Geld zum Leben!) – danke für die Gedächtnishilfe: weniger Steuern, mehr Geld zum Leben –, nicht gefällt? – Sie suggerieren, dass Steuern etwas Lebensfeindliches sind. Natürlich: Ich zahle auch nicht gern Steuern, Sie zahlen nicht gern Steuern, niemand zahlt gern Steuern, aber ich bekenne mich dazu: Steuern sind notwendig, um bestimmte wichtige, essentielle, zukunftsträchtige öffentliche Aufgaben zu finanzieren. Das muss auch sein. (Beifall bei den Grünen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen ganz offen: Im Bereich der Universitäten, im Bereich von Forschung und Entwicklung, im Bereich des Umbaus des gesamten Bildungswesens, von den Kindergärten bis zur Erwachsenenbildung, haben wir enormen Aufholbedarf – und das wird auch den Staat etwas kosten, nicht nur die Privaten. Und ich finde, Herr Kollege Molterer, es gehört schon auch ein bisschen zur „political leadership“, auch das den Leuten hin und wieder zu sagen (Beifall bei den Grünen): Diese Steuern verschwinden nicht alle in einem schwarzen Loch, sondern werden für Folgendes verwendet.

Und deswegen sind wir, die Grünen, der Meinung, Ihre 2,5 Milliarden sind zu viel. Wir hätten uns ungefähr auf die Hälfte verständigen können bei der Lohn- und Einkommen­steuer und dort die Priorität gesetzt für die unteren und untersten Einkommen, bis etwa zum Medianeinkommen. (Abg. Wittauer: Da werden sich aber die Frauen, die Alleiner­zieherinnen sind, freuen ...!) Das wollen Sie jetzt nicht hören, aber das ist ein ehrliches Programm, das kein Loch im Budget aufreißt, ein Programm, das es möglich macht, dass wir dann, spätestens nach den nächsten Wahlen, nicht wieder die Probleme haben: im Bildungswesen, bei den Kindergärten, bei den Voraussetzungen der Frauen­erwerbstätigkeit. Wenn Sie die Frauenerwerbstätigkeit ernst nehmen, wie Sie heute behauptet haben, dann erhöhen Sie doch bitte nicht den Alleinverdienerabsetzbetrag für Männer. Das ist doch absurd! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Der ist für beide gleich! Der ist geschlechtsneutral!)

Noch etwas geht mir auf den „Keks“, Herr Kollege Molterer: dieser Begriff von den „Leistungsträgern“. Mit diesen „Leistungsträgern“ meinen Sie immer nur Leute jenseits von 50 000-€-Jahreseinkommen, mit dem höchsten Grenzsteuersatz. Na, wen denn sonst?

Ich kenne genug einfache Leute, ohne akademische Ausbildung, ohne Matura, die sich echt schwer tun, trotzdem aber im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihre Leistung er­bringen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie Prioritäten setzen – klare Prioritäten und nicht ein­fach ein Steuersenkungsprogramm quer über die Wiese.

Wenn Sie eine beschäftigungspolitische Priorität gesetzt hätten, dann hätten Sie sich dem Preis der Arbeit widmen müssen, dann hätten Sie bei den Lohnsummenabgaben absenken müssen, dann hätten Sie sich um die Frauenerwerbsquote kümmern müssen beziehungsweise um die Voraussetzungen dafür, dass Frauen Beruf und Familie, insbesondere Kindererziehung, vereinbaren können, und nicht allein beim Alleinverdienerabsetzbetrag ansetzen dürfen.

Wenn Sie wachstumspolitische Prioritäten gesetzt hätten – nachhaltige, nicht kurz­fristige –, dann hätten Sie nicht übersehen dürfen, dass wir im Bereich der Forschungs- und Entwicklungsausgaben der Wirtschaft, der Industrie nach wie vor großen Nach­holbedarf haben. (Abg. Mag. Molterer: Wachstumspaket!) – Wachstumspaket. (Abg.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 55

Mag. Molterer: Das haben Sie sehr gelobt! Das haben Sie begrüßt!) Wenn das alles ist, was Sie bisher paketiert haben, wenn Sie davon erwarten, dass das auf dem Post­weg höheres Wachstum bringt, dann gute Nacht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Im Bereich Forschung und Entwicklung – das wissen Sie ebenso gut wie ich – ist ge­meinsames Ziel aller vier Parlamentsparteien: 2,5 Prozent bis zum Jahr 2006. Das sind noch zwei Jahre, und es fehlt ein halber Prozentpunkt des BIP. Das hört sich so wenig an, aber – nur für die Zuhörer – das ist 1 Milliarde € pro Jahr! Und Sie schenken den Kapitalgesellschaften einfach so 1 Milliarde durch Senkung der KöSt!? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wissen Sie, was ich gemacht hätte? Ich hätte gesagt: Okay, Leute, reden wir über die Senkung der Körperschaftssteuer. Aber was ist mit eurem Beitrag für die Forschungs- und Entwicklungsausgaben? Was ist zweitens mit dieser Kampagne der Industriellen­vereinigung gegen die Kyoto-Ziele? Stellt ihr das endlich ein oder nicht? – Darüber hätte ich eine Vereinbarung mit der Industriellenvereinigung getroffen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Verwirklichung der Kyoto-Ziele, das heißt das Klimaschutzabkommen, kostet die Industrie vielleicht 10 Millionen € im Jahr, und sie bekommt 1 Milliarde € im Jahr durch die Senkung der Körperschaftssteuer. Gibt es da irgendeine Vereinbarung, dass das eine vielleicht auch berücksichtigt werden wird? – Nein, die gibt es nicht. (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt ja nicht!)

Man fragt sich schon, wie die Industriellenvereinigung jetzt mit einem gewissen Recht sagen kann, diese 280 000 € – soweit wir heute wissen, vielleicht wird es ja noch mehr – für die Homepage des Finanzministers waren die best rentierende Investition in der Geschichte der Industriellenvereinigung. Das steht fest, das kann ich nicht einmal bestreiten. Solche Renditen gibt es sonst nirgends. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie, Herr Kollege Molterer, haben heute so nebenbei angedeutet – gestern stand es auch in der APA –, dass die Steuerbetrugsbekämpfung auch Teil dieses Steuerreform­programms sein wird. – Gut, schön, ich bin gespannt darauf und unterstütze das natür­lich zunächst einmal a priori. In Deutschland wird der Steuerausfall allein bei der Um­satzsteuer durch systematischen Steuerbetrug auf 20 Milliarden € geschätzt. Bei der üblichen Umrechnung bedeutet das 2 Milliarden € in Österreich. Selbst nur die Hälfte davon ist immer noch 1 Milliarde €.

Hinter mir sitzt aber auch jemand, der seit sieben Monaten jede Aufklärung darüber schuldig bleibt, wie er es mit seinen steuerpolitischen Erklärungen hält, mit seinen eigenen Steuererklärungen und mit den Steuererklärungen des „Vereins der Freunde des Weihrauchs für Karl-Heinz Grasser“. (Beifall bei den Grünen.) Seit sieben Monaten warten wir auf eine Aufklärung dieser Affäre. Herr Kollege Scheibner von der FPÖ! Karl-Heinz Grasser war einmal einer von Ihnen, aber das kümmert Sie null.

Karl-Heinz Grasser steht im Verdacht, persönlich Abgaben verkürzt zu haben, im Wege der Vorträge bei Banken und anderen Institutionen, und dieser Verein, dessen Chef bekanntlich sein Kabinettschef ist und dessen Rechnungsprüfer der höchste Steuerbeamte des Finanzministeriums ist, ist schenkungssteuerpflichtig. (Abg. Watt­aul: Sind Sie Richter?) Das sagt die Mehrheit der Richter des Verwaltungsgerichtshofs, der Steuerrechtler und so weiter, nur Herr Finz sagt, alles sei in Ordnung; Herr Finz, der uns neuerdings als Kandidat für das Amt des Rechnungshofpräsidenten serviert wird. (Abg. Dr. Puswald: Um Gottes willen!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 56

Ich will Ihnen aber sagen, was ich fast noch schlimmer finde als diese Steuergeschich­te, Herr Kollege Molterer und Herr Kollege Scheibner! (Abg. Scheibner: Ich habe noch gar nichts gesagt!) Dass hier der dringende Verdacht der Steuerhinterziehung vorliegt, ist sonnenklar, aber was fast noch schlimmer ist: Stellen wir uns einmal vor, dieses Verhalten reißt ein!

Nehmen wir zum Beispiel – wer ist gerade anwesend? – den Herrn Verteidigungs­minister, der unter anderem Rüstungsgüter zu beschaffen hat. Es könnte zum Beispiel Daimler-Benz einen „Verein der Freunde der Förderung des Rüstungswesens“ grün­den und der Herr Verteidigungsminister auf die Idee kommen, eine Homepage einzu­richten. Käme Herr Verteidigungsminister Platter auf diese Idee? – Ich hoffe nicht! Und warum nicht? – Weil ihn das einem offensichtlichen Korruptionsverdacht aussetzen würde. Er ist so gescheit und macht das nicht.

Oder Herr Bartenstein – vorhin noch anwesend –, der Herr Wirtschaftsminister. Käme er auf die Idee, sich eine Homepage vielleicht von der OMV oder von der Gaswirtschaft oder von wem auch immer sponsern zu lassen? Ich hoffe nicht. Und warum nicht? – Weil er dann in jeder einzelnen Handlung als befangen gelten muss. Würde er dann eine Maßnahme etwa im Bereich der Liberalisierung der Gaswirtschaft treffen, setzte er sich einem direkten oder indirekten Korruptionsverdacht aus.

Oder in der Landwirtschaft. Herr Kollege Molterer, wären Sie als Landwirtschaftsminis­ter auf die Idee gekommen, sich von Raiffeisen direkt sponsern zu lassen? Angenom­men es gibt beim Agrar-Diesel eine Senkung der Mineralölsteuer, so müssten Sie sich dem Verdacht der Korruption aussetzen. – Natürlich haben Sie das nicht gemacht.

Und, und, und, man könnte jetzt jedes einzelne Ministerium als Beispiel anführen.

Die Bestimmung über die verbotene Geschenkannahme hat ja ihren Grund. Sie soll gemeinsam mit den ja nicht niedrigen Einkommen der Minister – ich finde das in Ord­nung; ich finde, die Bundesminister sollen ordentlich bezahlt werden – gewährleisten, dass diese gegen Bestechungsversuche nicht immun, aber unbeeinflussbarer werden. Das Verbot der Geschenkannahme hat außerdem natürlich den Sinn und Zweck, Minister dem Korruptionsverdacht erst gar nicht auszusetzen.

Aber ausgerechnet beim Herrn Finanzminister ist das in Ordnung. Es ist in Ordnung, wenn er direkt oder indirekt Vortragshonorare nimmt. Mir ist es egal, auf welchem Konto diese landen, aber Banken – das sind die vom Finanzministerium Beaufsichtig­ten und nicht irgendjemand; Banken unterliegen ja der Aufsichtspflicht durch das Finanzministerium – zahlen etwas an irgendjemanden, wenn der Finanzminister einen Vortrag hält?!

Zu ebensolchen Vorfällen beim Verteidigungsminister, beim Wirtschaftsminister, beim Landwirtschaftsminister würden Sie sagen: Bitte, Kollege, das ist unmöglich, lass das sein! Und ausgerechnet beim Herrn Finanzminister dulden Sie das?

Ich sage Ihnen: Dieser Korruptionsverdacht, in den er sich begibt durch diese Hand­lungsweise und durch die Nichtaufklärung seit nun mehr als sieben Monaten, das ist für mich ein Standortrisiko. Das kann sich Österreich nicht bieten lassen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.28

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die restliche Redezeit für den nächsten Redner der Grünen ist demnach 9 Minuten.

 


Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 57

11.28

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Es war durchaus ehrlich, was wir von den beiden Vertretern der Oppositionsparteien hier gehört haben. Kollege Van der Bellen, der sich leider nicht in seiner gesamten Rede mit dem Wachstumspaket und der Steu­erreform beschäftigt hat, hat gemeint, diese Steuerentlastung sei zu hoch, und Kollege Gusenbauer hat gemeint, ihm fehlten die Gegenfinanzierungen.

Ja, meine Damen und Herren von der Opposition, wir haben bewusst eine höhere Steuerentlastung ausgearbeitet, als Ihnen von den Grünen vielleicht lieb ist. Ja, meine Damen und Herren von der Opposition, wir haben bewusst auf Gegenfinanzierungen, auf Steuererhöhungen verzichtet. Das Programm der österreichischen Bundesregie­rung der letzten vier Jahre war es: zuerst den Rekordschuldenberg, den uns die SPÖ-geführte Regierung hinterlassen hat, zu sanieren und dann darauf zu achten, dass bei sinkender Konjunktur auch entsprechende wirtschaftsbelebende Maßnahmen gesetzt werden. Und jetzt, wo wir diese Aufgaben erfüllt haben, wo wir uns auch den Spielraum im Budget dafür geschaffen haben, können wir die zugegebenermaßen hohe Steuer- und Abgabenquote massiv absenken. – Das ist die Politik der Bundesregierung der letzten vier Jahre, und dem haben Sie halt wenig entgegenzusetzen, meine Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Gusenbauer! Wir wollen eben nicht – wie Sie das vorgeschlagen haben – die Erbschaftssteuer erhöhen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Ich habe das nicht vorgeschla­gen!) Aber Ihre Partei! Was heißt, nicht Sie? Muss man jetzt schon unterscheiden zwi­schen dem, was der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei sagt, und dem, was die Partei meint? Ist die Kluft zwischen Ihnen und der Partei schon so groß geworden, dass man diese Unterscheidung treffen muss, Herr Kollege Gusenbauer?

Ich weiß, dass Sie die Gegenfinanzierung wollten: Steuererhöhungen bei der Erb­schaftssteuer, bei der Vermögensteuer und bei der Grundsteuer. Aber, meine Damen und Herren, was bedeutet denn eine Erhöhung der Grundsteuer? Das heißt ja nicht – so wie Sie es in Ihrem ideologischen Weltbild vielleicht vorgeben wollen –, dass irgend­welche Großgrundbesitzer mehr für ihre Besitzungen zahlen müssen. Nein! Sie wissen ganz genau, dass eine Erhöhung der Grundsteuer auch jeden Mieter, jeden Woh­nungsmieter trifft, weil das über die Betriebskosten übergewälzt wird. Und das wollen wir nicht, meine Damen und Herren! Das will die Sozialdemokratie – vielleicht nicht der Vorsitzende, aber die Sozialdemokratische Partei mit ihren Steuerkonzepten. (Abg. Mag. Hans Moser: Schwachsinn!) Wir haben gesagt, nein. Jetzt ist die Zeit für die größte Steuerentlastung der letzten Jahre und Jahrzehnte. Mehr als 3 Milliarden € für die Steuerzahler!

Meine Damen und Herren! Herr Gusenbauer, Sie haben gesagt: vielen nichts, man­chen wenig und wenigen sehr viel. (Abg. Mag. Hans Moser: Genau so ist es!) Fast zweieinhalb Millionen Österreicher, die in Zukunft keine Steuern zahlen werden (Abg. Dr. Gusenbauer: Die zahlen ja schon bisher nichts!), 350 000 mehr als früher, sind das wenige, ist das nichts, meine Damen und Herren? Ist das nichts oder ist das wenig, wenn durch diese Steuerreform alle Steuerzahler entlastet werden, ausnahms­los alle Steuerzahler, Herr Kollege Gusenbauer? (Abg. Mag. Kogler: Das ist falsch!) Und ist das nichts, wenn wir wieder einen besonderen Schwerpunkt auf die Familien setzen? (Abg. Dr. Gusenbauer: Falscher Weg!) Sie sagen: falscher Weg. Genau darin unterscheiden wir uns – Gott sei Dank! – von Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wir wollen den Frauen und den Familien die Wahlfreiheit geben, ob sie möglichst rasch ins Berufsleben zurückkehren oder ob sie sich mit Hilfe staatlicher Beihilfen stärker der Erziehung ihrer Kinder widmen wollen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 58

Kinderbetreuungseinrichtungen – das ist richtig und wichtig, keine Frage (Abg. Dr. Gu­senbauer: Wieso machen Sie dann nichts?), aber Sie wollen die Frauen in den Arbeitsprozess zwingen, weil die es sich nach Ihren Modellen nämlich nicht leisten können, bei den Kindern zu Hause zu bleiben.

Wir haben mit dem Kinderbetreuungsgeld den Familien mehr als 1 Milliarde € pro Jahr gegeben. Wir setzen jetzt mit der Erhöhung der Alleinverdienerabsetzbeträge wieder 200 Millionen € pro Jahr für die Familien frei. Das gibt den Familien die Wahlfreiheit, meine Damen und Herren! Das ist freiheitliches Konzept, das ist Konzept dieser Bun­desregierung – das ist nicht sozialdemokratisches Konzept in der Familienpolitik –, und darauf sind wir stolz. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gu­senbauer: Stolz auf den falschen Weg!)

Herr Abgeordneter Gusenbauer, Sie sagen, das, was der Bundeskanzler und der Vize­kanzler hier in Bezug auf die Wirtschaftsförderung vorgebracht haben, sei alles nicht richtig und die Voest arbeite schon seit vier Jahren an einem großen Investitionspro­gramm. Ja, natürlich tut sie das, und damit bestätigen Sie auch den Kurs dieser Bun­desregierung, denn – vielleicht haben Sie es schon vergessen, aber dieser Tag jährt sich jetzt schon bald das vierte Mal – vor vier Jahren hat diese schwarz-blaue Bun­desregierung ihre Arbeit begonnen und hat auch wieder Hoffnung geschaffen für den Wirtschaftsstandort Österreich, auch für so große und gute Betriebe wie die Voest. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das merkt aber niemand!)

Sie ziehen diese guten Betriebe immer wieder für Ihre Wahlpropaganda heran und ver­unsichern die Menschen, das ist Ihre Politik. – Wir schaffen Ruhe, wir schaffen Kon­sequenz, wir schaffen Vertrauen, auch in der Wirtschaft, und deshalb ist auch die von Ihnen abgelehnte Senkung der Körperschaftssteuer wichtig, um wieder Vertrauen für den Wirtschaftsstandort Österreich aufzubauen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das war wichtig, gerade jetzt – Sie wissen es, meine Damen und Herren –, kurz vor der Umsetzung der Erweiterung der Europäischen Union, wo in den Konzern-Zentralen die strategischen Entscheidungen getroffen werden: Bleibt man in Österreich oder geht man in umliegende Länder, wo der Körperschaftssteuersatz bisher wesentlich niedriger war als in Österreich? – Die Senkung der Körperschaftssteuer ist neben all den ande­ren wirtschaftsbelebenden Maßnahmen wichtig und geschieht zum richtigen Zeitpunkt.

Herr Kollege Van der Bellen, Sie glauben anscheinend, dass die Öffentlichkeit ein kur­zes Gedächtnis hat. Sie verlangen jetzt Investitionsmaßnahmen, Sie verlangen jetzt Konjunktur belebende Maßnahmen. Sie selbst haben das Wachstumspaket, das wir hier vor wenigen Wochen diskutiert haben, in weiten Teilen begrüßt. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist ja kein Schlusspunkt!) Man sollte nicht vergessen, dass das ein Paket ist, das Steuerentlastung, Wirtschaftsförderung und Investitionsförderung beinhaltet. Milliardeninvestitionen in Forschung und Entwicklung (Abg. Dr. Van der Bellen: Sagen Sie das den jungen Wissenschaftlern!), Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur! All das wollen Sie nicht wahrhaben, meine Damen und Herren!

Wir schaffen damit die Rahmenbedingungen, dass die Betriebe in Österreich wieder gut wirtschaften können und damit auch stabile Arbeitsplätze schaffen. Das ist Politik dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ihre Konzepte kennen wir ja, die Konzepte der neunziger Jahre, wir wissen, wohin sie geführt haben. Wenn Sie jetzt sagen: Diese Steuerreform ist zu hoch, sie erhöht das Defizit!, dann ist das wirklich in­teressant, denn: ein derart hohes Defizit, wie Sie in den neunziger Jahren ohne Steuer­entlastung geschafft haben, 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, werden wir auch


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 59

mit fünf Steuerreformen wahrscheinlich nicht erreichen. Das war Ihre Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das sagen nicht nur wir. Man braucht sich ja nur die Rechnungshofberichte der damali­gen Zeit anzusehen, in denen auch Ihre Strukturanpassungsgesetze 1996 beurteilt wurden, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Hans Moser: Lesen Sie die heutigen!) Das hören Sie nicht gerne, aber das muss man Ihnen immer wieder vorhalten und der Bevölkerung auch sagen, wohin derartige Konzepte führen, denn das kennen wir ja alles. (Abg. Mag. Hans Moser: Schnee von gestern!) – Schnee von gestern, aber wir mussten diesen Schnee, den Sie, meine Damen und Herren, auf die Straßen Öster­reichs gestreut haben, wegräumen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Der Rechnungshof meint zu Ihren Maßnahmen in den neunziger Jahren, dass diese das Wachstum in Österreich gedämpft haben, dass sie die verfügbaren persönlichen Einkommen geschmälert haben und die Arbeitslosenquote haben ansteigen lassen, dass auch sozial Schwächere betroffen gewesen sind. – Das war Ihre Politik, meine Damen und Herren! Wir vertreten eine Politik, dass alle entlastet werden, dass alle Vorteile haben und dass auch die Wirtschaft die notwendigen Rahmenbedingungen für eine entsprechende Entfaltung verdient. (Abg. Dr. Gusenbauer: Völlig falsch! – Abg. Mag. Hans Moser: 330 000 Arbeitslose!)

Völliger Unsinn war Ihre Politik damals: Schulden machen, Wahlzuckerl vergeben, die überhaupt nichts bewirkt haben, auch keine Wahlerfolge Ihrerseits, die aber wir dann, wie etwa die Steuerreform 2000, finanzieren mussten. Das war Ihre Politik – Gott sei Dank ist das jetzt anders! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich verstehe eines auch nicht ... (Abg. Dr. Jarolim: Sie sollten bei der Wahrheit bleiben, glaube ich!) Ja, für die Wahrheit in diesen Fragen sind Sie ja der beste Anwalt.

Sie sagen: Wahltag ist Zahltag. Ich muss sagen, bei Ihrer Politik erfolgte der Zahltag immer erst nach den Wahlen, denn erst dann hat sich die bittere Wahrheit, Herr Kol­lege Jarolim, herausgestellt, nämlich: Die Wahlversprechungen vor den Wahlen haben nur dazu geführt, dass nach den Wahlen die Steuern, die Abgaben erhöht worden sind. So machen Sie das ja auch in jenen Bundesländern, in denen Sie das Sagen haben.

Diese Steuerreform, von Haider und Grasser ausgearbeitet, meine Damen und Herren, ist ein wirklich epochales Paket, und dem haben Sie leider nichts hinzuzufügen und nichts entgegenzusetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist Ihr Pro­blem. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) – Endlich, Herr Kollege Puswald, ich habe schon auf Ihre Zwischenrufe gewartet. Sie sind nur leider nicht verständlicher gewor­den, weil Sie noch immer in der letzten Reihe sitzen. Vielleicht ändert sich das ja in der Zukunft irgendwann einmal.

Etwas verstehe ich ebenfalls nicht, meine Damen und Herren von der Opposition: Weshalb muss man in Österreich alles mies machen? Weshalb ist alles schlecht, was hier passiert? Weshalb ist alles so furchtbar? – Den internationalen Vergleich wollen Sie nicht hören.

Österreich ist ein herrliches Land, meine Damen und Herren, ein herrliches Land mit tollen Bürgern, mit tollen Menschen, die etwas leisten, ein herrliches Land mit einer tollen Wirtschaft, die jetzt auch die Rahmenbedingungen findet, ein herrliches Land mit einer aktiven und handlungsfähigen Regierung, von ÖVP und FPÖ gebildet, und so soll es auch bleiben. Wir brauchen keinen Vergleich zu scheuen. Ihr Vorbildland Deutsch­land zeigt das ganz genau: Alle Experten sagen, dass die Maßnahmen, die vom Staat dort gesetzt werden, nur dazu führen werden, dass das Wirtschaftswachstum noch ge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 60

ringer werden wird, dass man möglicherweise sogar in eine Rezession hineingeht. Man diskutiert nicht mehr, ob Steuerentlastungen vorgezogen werden oder nicht, wobei die Entlastung, die Deutschland gegeben hat, relativ mickrig ausfällt im Vergleich zu dem, was hier in Österreich gelungen ist.

Deshalb, meine Damen und Herren: Kommen Sie endlich zur Einsicht, dass wir in Ös­terreich handlungsfähige Politiker brauchen, die konstruktive Vorschläge machen und nicht epochale Entlastungspakete, Wirtschaftsförderungspakete mies machen! Sie sind eingeladen, die Anträge – darunter auch ein Entschließungsantrag, den wir heute ein­bringen werden – zu unterstützen und damit eindeutig ein Signal in Richtung Entlas­tung der Bürger zu geben. Seien Sie nicht dagegen, meine Damen und Herren, dass gerade Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen Hunderte an Euro mehr in der Geldbörse behalten können, denn das müssen Sie dann ihnen und Ihren Wählern ge­genüber verantworten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, danke zu sagen!)

11.40

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerrunde: Restredezeit auf 20 Minuten, wie vereinbart: Kollege Cap: 8.30 Minuten, Kollege Stummvoll: 7.30 Minuten, Kollege Kog­ler: 9 Minuten, Kollegin Bleckmann: 8.30 Minuten.

Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Cap.

 


11.41

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Klubobmann Scheibner! Weder ist das Steuerpaket, die Steuerreform epochal, noch war Ihre Rede jetzt epochal. (Abg. Watt­aul: Eine tolle Rede war das!) Sie wissen ganz genau, dass der Vorwurf, wir würden für Steuererhöhungen eintreten, Unsinn ist. Diejenigen, die für Steuererhöhungen und Abgabenerhöhungen verantwortlich sind und dafür eintreten, sitzen allesamt auf der Regierungsbank. Und Sie machen ihnen die Mauer – das ist das Problem dabei. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt, den man dann noch im Vorhinein klären muss, ist das ewige Hin­hacken auf Wien. Herr Klubobmann Molterer! Diese Regierung sitzt nicht in Gigritz­potschen, sondern in der Bundeshauptstadt Wien. Wien ist Teil von Österreich. Und Sie wissen ganz genau, dass man daher Wien nicht loskoppeln kann. (Abg. Scheib­ner: Und Österreich ist nicht Teil von Europa?)

Wenn Sie die öffentlichen Investitionen halbieren und der Personalabbau vor allem Wien trifft, dann sind Sie für die Arbeitsmarktentwicklung im Raum Wien verantwortlich! Und Sie wissen, dass außerdem noch 200 000 Menschen aus den umliegenden Bun­desländern auf dem Wiener Arbeitsmarkt Arbeit suchen und Arbeit finden. Hören Sie auf, Wien schlecht zu machen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber die eigentliche Frage ist: Warum haben der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler überhaupt die Notwendigkeit gesehen, heute eine Erklärung abzugeben? Was ist der Grund dafür? – Der Grund ist ein ganz einfacher: Nachdem Sie das Steu­erreform-Paket präsentiert haben, hat es einen Sturm der Kritik und Entrüstung in den Medien und in der Öffentlichkeit gegeben, weil davon faktisch – außer ganz wenigen – niemand wirklich etwas hat. Daher gibt es Erklärungsbedarf. Daher hat man sich heute herstellen und diese Erklärung abgeben müssen. Denn es profitieren die kleinen und mittleren Unternehmen nicht, die kleinen und mittleren Einkommen nicht, es wird die Wirtschaft davon nichts haben, und es wird der Wirtschaftsstandort damit auch nicht gesichert.

Aber als ich mir die Rede des Herrn Bundeskanzlers angehört habe, bin ich dann draufgekommen, ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen, warum dieser


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 61

heutige Auftritt: Lob für den wackelnden Finanzminister! Das war der Sinn der heutigen Erklärung. Das ist die wirkliche Zielsetzung, die Sie hier gehabt haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Dürftiger Applaus bei der SPÖ!)

Der Herr Bundeskanzler sagt: Jeder zahlt gerne weniger Steuer. Da gibt es in seiner Regierung einen, der zahlt am liebsten gar keine Steuer! Nur ist er derjenige, der die Steuern in diesem Land eintreibt. Also diese Vorbildwirkung ist ja verheerend. Er sagt: Komm her, lieber Österreicher, gib mir schön die Steuer, aber ich bin ein Tricksler, ich weiß, wie man am besten keine Steuer zahlt. Du weißt das nicht? – So ein Pech! Dann bemüh dich eben ein bisschen! Vielleicht schaffst du es das nächste Mal, wenn ich wieder komme und deine Steuerschilling haben will. – Das ist eine Moral, die wir nicht akzeptieren und daher verurteilen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das ist eben eine Extrawurst-Gesinnung, die da zum Tragen kommt und die wir wirk­lich nicht unterstützen können. Den Misstrauensantrag, den wir heute stellen werden, bringen wir aus folgendem Grund ein: Wir haben mehrere Fragen in der Öffentlichkeit gestellt, unter anderem, warum die Mehrleistung von 174 000 € auf 283 000 € ver­schwiegen wurde. Ich möchte noch hinzufügen: Gibt es noch etwas? Ist es noch mehr? Gibt es noch etwas einzugestehen? Dann machen Sie es lieber gleich jetzt. – Das haben Sie nicht beantwortet.

Was geschah überhaupt mit dem Geld? – Das haben Sie nicht beantwortet. Warum sind die Vereinsunterlagen hier im Haus nicht veröffentlicht und auch allgemein nicht veröffentlicht worden? Einnahmen-Ausgaben-Rechnung? – Das haben Sie nicht ge­macht.

Was ist die Gegenleistung, Herr Finanzminister? Denn wie hat Herr Lorenz Fritz von der Industriellenvereinigung so schön am 18. Juni im „Kurier“ gesagt: Natürlich geben wir Geld nicht für nichts aus. Es geht nicht um den unmittelbaren Nutzen. – Was ist dann der Nutzen? Was ist der mittelbare Nutzen? Er wird ja wohl nicht Windeln ein­gefordert haben, nachdem für seine Fördergelder Ihre Baby- und Teeny-Fotos auf der Homepage waren. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist der unmittelbare Nutzen, den er gehabt hat? – Es muss ja doch die Senkung der KöSt gewesen sein, die die Industriellenvereinigung haben wollte. Also muss es eine Gegenleistung gegeben haben. Sie haben das nicht gesagt.

Was ist mit den 9 900 €, die auf ein Konto geflossen sind, über das Sie verfügungs­berechtigt waren und sind? – Keine Antwort!

Dagegen nur Kriminalisierungsvorwürfe gegen Abgeordnete, die ihre Aufgabe ernst genommen haben, und Druck auf die Staatsanwaltschaft, damit diese quasi möglichst rasch das Verfahren einstellt. Dabei bräuchten Sie doch eigentlich – würde ich fast keck hier im Rahmen des Parlamentes sagen – ohnedies keine Angst zu haben nach Ihrer Versöhnung mit Jörg Haider, wenn sein Freund, Justizminister Böhmdorfer, hier sitzt und Herr Matousek der FPÖ ohnehin nicht fern steht. Was ist das für ein Druck, den Sie hier ausüben, Herr Finanzminister? Was wollen Sie damit bezwecken?

Daher werden wir heute – und das tue ich hiermit – folgenden Antrag einbringen (Abg. Mag. Mainoni: Ganz etwas Neues!):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­sagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Finanzen, Mag. Karl-Heinz Grasser, eingebracht im Zuge der Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanz-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 62

lers gem. § 19 Abs. 2 der GO des Nationalrates zum Thema „Die Steuerentlastung bringt Aufschwung für Wirtschaft und Arbeit“ samt Debatte

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Dem Bundesminister für Finanzen wird durch ausdrückliche Entschließung gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie haben die Möglichkeit, endlich einmal Ihr freies Mandat zu nutzen und mitzustim­men! Aber anscheinend sind Sie dazu ohnedies nicht bereit. Sie bekommen heute außerdem noch einen Vergatterungs-Entschließungsantrag, damit Sie sich zu 100 Pro­zent hinter jede Maßnahme dieser Regierung zu stellen haben. Das werden Sie am Ende der Debatte ohnehin noch abstimmen können. Und Sie sind gezwungen, so wie ich das sehe, auf Grund des Klubzwangs bei diesem Misstrauensantrag, den wir hier eingebracht haben, nicht mitzustimmen. Dabei wären Sie gut beraten, das zu tun, denn das stinkt nach Steuerhinterziehung, was Sie hier sehen. Zumindest ist hier eine Schenkungssteuerpflicht gegeben, die Sie im Endeffekt hier leugnen.

Das hat Herr Professor Van der Bellen sehr richtig dargestellt: Wenn das Mode wird, dass sich jedes einzelne Regierungsmitglied eine Homepage einrichtet und sich diese dann jeweils aus dem Fachbereich, den es als Regierungsmitglied zu bedienen hat, auch noch finanzieren lässt, dann entsteht dadurch natürlich ein Korruptionsgeruch, den man nicht einfach ignorieren kann, schon gar nicht, wenn man nicht bereit ist, hier im Parlament auch wirklich alles offen zu legen, was offen zu legen ist, damit hier endlich einmal Licht ins Dunkel kommt.

Wenn das nicht gemacht wird, dann bettelt man förmlich um einen Misstrauensantrag. Ich glaube, dass es einfach eine politische Notwendigkeit ist, auch gegenüber der Be­völkerung zu signalisieren: Es kann hier nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Der Bürger ist ernst zu nehmen. Es ist nicht so, dass man von ihm Steuern einzufor­dern hat und zugleich einige wenige es sich richten können oder sich im Endeffekt mit irgendwelchen Tricks der Pflicht entziehen können.

Ich habe die heutige Rede des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers sehr genau ver­folgt. (Abg. Mag. Molterer: Ausgezeichnet!) Wissen Sie, was mir aufgefallen ist? – Mir ist aufgefallen, dass Sie bei dem Ganzen leicht sektenähnliche Elemente eingebaut haben. Der Bundes- und der Vize-Guru erklären hier so quasi gerade mal die Welt, und Sie applaudieren sich dann mit glücklich strahlenden Gesichtern die Hände wund. Sie haben ein Bild abgegeben, muss ich Ihnen sagen, das der Ausübung des freien Man­dates wahrlich nicht würdig ist. Sie sitzen hier, nur damit man im Fernsehen sieht, wie begeistert Sie von dieser Nichtsteuerreform und von diesem Lob für den Finanzminis­ter sind, wie solidarisch Sie hinter diesen Maßnahmen der Regierung stehen. Sie sitzen hier glücklich strahlend wie bei einer Sektenversammlung und zeigen, dass Sie froh darüber sind, dass Sie hier sitzen, jubeln und den Weihrauch austeilen dürfen.

Das ist das, was Sie hier – den Klubobleuten kann man ja fast gratulieren – erreicht haben. Wahrscheinlich haben Sie vorher in einem Turnsaal trainiert, ein Applaus-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 63

training gehabt – eine neue Sportdisziplin, die Sie hier eingeführt haben. Das ist das, was Ihnen hier gelungen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Das zeigt aber Ihre Schwäche! Das zeigt Ihr schlechtes Gewissen! Das zeigt, dass Sie in Wahrheit in den letzten Wochen erkannt haben, dass Ihre Steuerreform daneben­gegangen ist. Die Wirtschaft hat das kritisiert. (Widerspruch bei der ÖVP.) Die Medien haben das kritisiert, und in der Bevölkerung sind alle der Meinung, dass sie von dieser Steuerreform nichts haben. Und der Wirtschaftsstandort ist ebenfalls nicht gesichert. Das haben Sie heute mit dieser Übertreibung sehr sichtbar dargestellt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.50

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben eingebrachte und verlesene Entschlie­ßungsantrag betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Finanzen nach Artikel 74 der Bundesverfassung ist ordnungsgemäß unterstützt, steht zur Verhandlung und in weiterer Folge zur Abstimmung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


11.50

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Cap, eines unterscheidet uns: Wir können stolz sein auf unsere Regierungsspitze! Bei Ihnen ist es ein bisschen etwas anderes, wenn ich mir Ihre Spitze anschaue. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Bundeskanzler und Vizekanzler haben heute gesagt, der Vergleich macht uns sicher. Wie wahr ist das! Seit der politischen Wende im Früh­jahr 2000 hat die Bundesregierung einen erfolgreichen Kurs im Hinblick auf Arbeits­plätze, Einkommenschancen und soziale Sicherheit gefahren. Wir sehen das an den Daten und Fakten. Und wir leben auf keiner Insel. Wir haben es gehört: Doppelt so hohes Wirtschaftswachstum wie in der Eurozone, halb so hohe Arbeitslosigkeit wie in der Eurozone, halb so hohe Preissteigerung wie in der Eurozone und beim Budget­defizit ein Drittel dessen, was der Durchschnitt der EU ist, ganz zu schweigen von Rot-Grün in Deutschland oder vom Defizit in Frankreich. Das ist erfolgreiche Wirtschafts­politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das, lieber Kollege Cap, ist auch der wahre Grund für Ihren Misstrauensantrag. Sie wollen damit ablenken von einer unglaublich erfolgreichen Politik, Sie wollen ablenken von einem sehr erfolgreichen Finanzminister. Sie hoffen, mit einer Schmutzkübel-Kam­pagne, mit Kriminalisierung und Skandalisierung diese Leistungsbilanz zu beeinträchti­gen. Unterschätzen Sie nicht die Intelligenz der Bürgerinnen und Bürger, die solch ein Manöver sehr leicht durchschauen, Herr Kollege Cap! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Steuerreform, diese größte Steuersenkung in der Geschichte der Zweiten Republik steht nicht eratisch allein in der Landschaft. Sie ist die konsequente Fortsetzung einer Politik, die sich mit Stichworten umschreiben lässt: Konjunkturpaket I, Konjunkturpaket II, Wachstums- und Standortpaket, Steuerreform Etappe I und Etappe II. Das ist eine konsequente Politik für die Zukunft des Landes, für Arbeit, Wirtschaft und Familie. Herr Kollege Cap! Nehmen Sie sich ein Beispiel daran.

Ich sage jetzt noch etwas, es gibt nämlich einen zweiten Vergleich – ich habe es früher auch meinem Klubobmann gesagt –: Ich bin dankbar für jede Plenarsitzung, die vom Fernsehen live übertragen wird. (Abg. Scheibner: Ich auch!) Denn auch ein anderer Vergleich macht uns sicher, Herr Kollege Cap: Die TV-Konsumenten sehen, da gibt es zwei Parteien, die für das Land, für die Zukunft des Landes arbeiten, und da gibt es


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 64

zwei andere Parteien, die eine Schmutzkübelkampagne machen und Skandalisierung betreiben. Auch dieser Vergleich macht uns sicher, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mich freut auch eine andere Wende, ich würde fast sagen eine europäische Wende. Sie haben heute die Zitate gehört: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Neue Zürcher Zeitung“, andere angesehene Zeitungen des Auslandes. Was ist das für eine Wen­de? – Jene europäischen Länder, die noch vor knapp vier Jahren Sanktionen gegen Österreich verhängt haben, bewundern heute die Leistung dieser Bundesregierung. Das ist auch eine europäische Wende, auf die wir stolz sein können, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sehen auch hier wieder: Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg. Und diese Bundes­regierung ist erfolgreich im Bereich Arbeit, Wirtschaft und Familie. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Frau Kollegin, lassen Sie mich noch etwas sagen: Diese Leistungskennzahlen bestäti­gen auch die Richtigkeit jenes Weges, den diese Bundesregierung von Haus aus mit drei wichtigen strategischen Zielen umschrieben hat. Erstens: Stabilität im Staatshaus­halt – daran führt kein Weg vorbei. Zweitens: Investitionen in die Zukunft – es ist noch nie so viel in die Zukunft des Landes, in Forschung, Entwicklung und Infrastruktur in­vestiert worden wie unter dieser Bundesregierung. Und drittens: Entlastung der Bürger und der Betriebe, größte Steuerentlastung in der Geschichte der Zweiten Republik. Das ist konzertierte Wirtschaftspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich eines auch sagen: Ich bin der Vertreter einer Grenzregion, wo ich viele auch kleine und mittlere Betriebe kenne, die ständig rechnen und sich fragen: Soll ich meine Produktion vielleicht nach Tschechien verlagern? Ist es nicht billiger, dort zu produzieren?

Ich war vorgestern bei einem großen Empfang der Gmünder Wirtschaft, also an der Grenze Österreich–Tschechien. Dort waren vielleicht 3 Prozent Industrielle, aber 97 Prozent Vertreter von Klein- und Mittelbetrieben. Ich darf Ihnen von dort berichten: Das Vertrauen in diese Bundesregierung, diese Aufbruchsstimmung, ist ein Ergebnis dieser Politik der Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kollege Gusenbauer hat am Beispiel der Voest gemeint, die Erklärung des Bundes­kanzlers herabspielend, ja die Voest hätte doch sowieso investiert, da gibt es ein Pro­gramm 2010. – Das ist völlig richtig. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Die Frage ist nur, wo investiert wird, Frau Kollegin. Generaldirektor Eder hat sehr richtig vor dieser Steuer­reform gesagt, es werde ernsthaft überlegt, ob diese 1 Milliarde € im Ausland oder in Österreich investiert werden soll. Und der gleiche Generaldirektor Eder hat nach der Steuerreform gesagt: Jetzt ist alles klar, wir investieren diese 1 Milliarde € in Öster­reich. – Das ist der Unterschied! Auch dieser Vergleich macht uns sicher, Herr Kollege Gusenbauer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich weiß nicht, wer es von der Opposition war, der gemeint hat, die Senkung der KöSt sei ein Geschenk an die großen Kapitalgesellschaften. (Abg. Mag. Molterer: Der Herr Wirtschaftsprofessor!) Welch Unsinn! – Zwei Zahlen: 83 Prozent aller GesmbHs in Österreich beschäftigen weniger als 20 Mitarbeiter. 70 Prozent jener Steuerentlastung, die durch die Senkung der KöSt, also der Körperschaftssteuer, erfolgt, geht in Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten. Ein klassisches Arbeitssicherungsprogramm für Klein- und Mittelbetriebe, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.) Da geht es um Arbeitsplätze, Einkommenschancen und soziale Sicherheit


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 65

in Österreich. Wir sind stolz auf diese Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.56

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


11.57

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir wurde gerade auf den Weg mit­gegeben: Immer schön bei der Wahrheit bleiben! Das möchte ich übernehmen.

Es ist tatsächlich so, dass allen voran der Herr Bundeskanzler immer genau in anderen Grenzregionen, als Sie meinen, unterwegs ist, nämlich immer dabei ist, haarscharf an der Wahrheit vorbeizuschrammen. Und so ist es auch mit dieser so genannten Erklä­rung zur Steuerreform. Darauf möchte ich einfach kurz eingehen.

Es tut mir Leid, Herr Kollege Stummvoll, so gut wir uns auch in manch anderen Fragen verstehen mögen, das war jetzt keine Leistungsträgerrede (Abg. Dr. Stummvoll: War­ten wir Ihre einmal ab!), das war eigentlich die Verstärkung einer Kampagne, für die Sie noch die Verantwortung übernehmen werden. Ich komme gleich darauf zu spre­chen.

Dieses Taferl der ÖVP (der Redner zeigt es) wird auch auf Kosten der Steuerzahler – das ist nämlich das Interessante – in ganz Österreich durchgeschaltet: „Weniger Steuern. Mehr fürs Leben.“ Ich sage Ihnen, das wird uns noch beschäftigen, weil schon wieder, so wie der Herr Finanzminister das immer gemacht hat, bei Kampagnen und Vergabeverträgen mit den Mitteln des Steuerzahlers Schindluder getrieben wird. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Information an die Bevölkerung!) – Ja, eine Information der Bundesregierung steht hier drauf: Mehr fürs Leben. – Passen Sie auf!

Es ist eine Verhöhnung der Bevölkerung, wenn sie sich mit ihrem eigenen Geld noch so beschwindeln lassen muss, nämlich jener 2,3 Millionen, die seit dem segensreichen Wirken von Schwarz-Blau selbstverständlich benachteiligt sind. (Abg. Mag. Molterer hält eine Tafel in die Höhe, auf der sich der Satz findet: „Weniger Steuern. Mehr Geld zum Leben“.) Selbstverständlich müssen wir Steuern und Abgaben gemeinsam be­trachten, selbstverständlich macht es für den Betreffenden keinen Unterschied, ob er mehr Abgaben zahlt oder mehr Steuern oder jeweils weniger. Und es ist nun einmal die Wahrheit, die Sie immer ausblenden, dass die meisten von jenen, die es wirklich brauchen würden, bei Ihnen nicht nur völlig leer ausgehen, sondern seit Jahr und Tag mehr belastet werden, sodass am Schluss das Problem entsteht, dass Sie sehr wohl eine gigantische Steuersenkung veranstalten, aber für jene, die es nicht brauchen. Jene, die es brauchen würden, gehen aber leer aus. Schämen Sie sich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Fasslabend: Das war nicht gut!)

Es ist auch völlig falsch, zu sagen, diejenigen würden keine Steuer zahlen, nur weil ihr Einkommen unter der Grenze für die Lohnbesteuerung liegt. Natürlich zahlen die Um­satzsteuer, natürlich zahlen die Sozialabgaben, gemessen an ihrem Einkommen mehr als alle anderen. Das können sogar Sie nachrechnen. Das ist die Verteilungsfrage, die hier immer wieder zugedeckt wird.

Es gibt aber auch noch etwas anderes, das uns mindestens so wichtig ist, nämlich die beschäftigungspolitische Frage. Es geht genau darum, dass im unteren Einkommens­bereich die Anreize für Beschäftigung relativ gering sind. Das hat verschiedene Ur­sachen, unbestritten ist jedoch, dass mit diesem ... (Zwischenbemerkung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundeskanzlers Dr. Schüssel.) – Herr Bundeskanzler,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 66

nuscheln Sie nicht ständig dazwischen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Ungeheuerlich, was Sie da ...!) – Es ist richtig, dass es da eine Kluft gibt. Im Übrigen kann die Bundesregierung nichts dafür, sondern das ist auch ein europa- und USA-weites Problem, nur: In anderen Ländern ist man so schlau und nimmt sich der Lösung dieses Problems mit einem Mix an Instrumenten an.

Eine Möglichkeit in diesem Zusammenhang wäre, dass die Lohn- und Einkommen­steuer im unteren Einkommensbereich so gestaltet wird, dass Absetzbeträge, die Sie von den Koalitionsparteien so loben, auch für jene zur Auszahlung kommen, die eben so eine geringe Steuer zahlen, dass sie sonst nichts mehr davon hätten. Ein weiterer Effekt wäre dann: mehr Verteilungsaspekte berücksichtigt und auch beschäftigungs­politische Anreize in diesem Segment.

Ihr Beispiel, Herr Bundeskanzler, und Ihres, Herr Kollege Molterer, führt doch dazu, dass jene Haushalte, von denen es sehr viele gibt, wo eben beide arbeiten gehen müssen und beide ein relativ geringes Einkommen haben, von Ihrer Steuersenkung exakt nichts haben. Und das kritisieren wir! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Sie von den Regierungsparteien haben eine Klientelpolitik veranstaltet, die Sie sogar noch, und zwar in geradezu herzlich rührender Weise, offen zur Schau tragen. In die­sem Zusammenhang verweise ich nur auf Folgendes: Agrardiesel, Kirchenbeitrag und so weiter. Es geht also um die mittelmäßig Verdienenden beziehungsweise die Besser­verdienenden, einen Bereich, in der Sie eben Ihre Klientel – und das wahrscheinlich zu Recht – vermuten, für die Sie von ÖVP und FPÖ etwas tun. Aber das ist doch bitte als Wirtschaftsprogramm zu wenig – und das ist nicht nur zu wenig, sondern sogar falsch.

Falsch ist auch, was Sie beispielsweise im Rahmen der Unternehmensentlastung machen. Nicht, dass dort nichts geschehen sollte, aber: Es gibt dort enorme Struktur­probleme. Was Sie mit Ihrer Reform machen, ist jedoch, diese Strukturprobleme sogar noch zu verstärken.

Ich fasse nur kurz zusammen: Die lohnsummenabhängigen Abgaben sind in Öster­reich an tragischer „weltmeisterlicher“ Spitze. – Und da geschieht nichts, kein Cent weniger!

Die unternehmensbezogenen Steuern im Gewinnsektor sind ganz unten – und das trotz des hohen Satzes von 34 Prozent! Realiter wird in Österreich ganz wenig KöSt bezahlt. (Abg. Dr. Stummvoll schüttelt verneinend den Kopf.) – Das sagen alle inter­nationalen Vergleichsstudien! Natürlich ist das so! Und deshalb haben Sie ja auch eine weitere Studie in Auftrag gegeben, weil Sie das nicht glauben wollten. Rücken Sie endlich mit den Ergebnissen heraus – und reden nicht Sie (in Richtung des Abg. Dr. Stummvoll) auch noch dazwischen! Klären Sie das endlich auf! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen.)

Dieses Problem, wie gesagt, lösen Sie nicht, sondern verstärken es noch! Deshalb auch hier: ein glattes Nicht genügend! (Abg. Dr. Stummvoll: Oberlehrer!) Würden Sie nämlich die lohnsummenbezogenen Abgaben senken, würden alle Betriebe gewinn­entlastet werden – und es gäbe beschäftigungspolitische Anreize. Jene Unternehmen zeigen Sie mir, die allesamt so viel Gewinne machen, dass sie jetzt entlastet werden! Das ist doch bitte die Minderheit der Betriebe in Österreich. Die große Mehrheit der Betriebe würde davon profitieren, wenn wir endlich im Abgabenbereich in Bezug auf die Lohnsummen etwas machen würden – und dazu bekennen wir uns auch. – Das war zwar einmal Ihr Programm, davon haben Sie sich jedoch verabschiedet. Erklären Sie von den Regierungsparteien das jedenfalls woanders, anstatt sündteure Inserate, in denen etwas Falsches behauptet wird, zu schalten!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 67

Das wirkliche Problem – das ist ja hier auch schon angesprochen worden – ver­längert sich auch dadurch, dass dieses, und zwar sowohl was die Standortfrage als auch die Steuerfrage betrifft, der Herr Finanzminister selbst ist. Ganz offensichtlich ist ja, dass die „Kleinklientel KHG“ nicht in die Reform eingearbeitet wurde, denn KHG braucht sich, so scheint es, sowieso nicht an die Gesetze zu halten.

Wenn Sie ein Nachziehverfahren gemacht hätten, hätte diese Reform so ausgeschaut: Alle bezahlen Steuern, nur KHG nicht! Und das ist die Wahrheit! (Abg. Dr. Fekter: KHG zahlt 50 Prozent! Herr Kollege, bleiben Sie bei der Wahrheit!) Um jetzt auf seinen Verein zurückzukommen: Der Vereinszweck ist ja mit Karl-Heinz Grasser definiert, und dort finden wir eigentlich klipp und klar eine Schenkungssteuerpflicht. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Mir ist niemand in Österreich bekannt – niemand! –, der diese Schenkungssteuerpflicht leugnen würde – außer einer (Rufe bei den Grünen: Finz), und das ist „zufällig“ Herr Staatssekretär Finz, der ja dem Finanzminister wei­sungsgebunden ist. So schaut das aus! Und das, meine Damen und Herren, kann und darf nicht länger durchgehen! (Beifall bei den Grünern sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich darf Sie davon informieren, meine Damen und Herren, dass der Herr Finanz­minister im Zusammenhang mit dem „kleinen Untersuchungsausschuss“ immer wieder wahrheitswidrige Angaben gemacht hat. (Die Abgeordneten Mag. Molterer und Dr. Stummvoll: Das stimmt doch nicht!) Oft falsche und immer unvollständige An­gaben!

Holen Sie, Herr Finanzminister, Antworten auf unsere Fragen endlich nach! Was sind die Zahlungsströme? Was sind die Spenden auf Ihrem Vereinskonto, und was sind die Zahlungsströme zu Ihrem so genannten Sozialverein? Alle, die einen Sozialverein gegründet haben, müssen Steuern zahlen – nur Sie, Herr Finanzminister, womöglich wieder nicht! Klären Sie das auf, bevor „NEWS“ morgen wieder die nächste Enthüllung veröffentlicht! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da das Kürzel KHG mit Korruption, mit Hinterziehung und so weiter beschrieben wurde ... (Rufe bei der ÖVP: Ordnungsruf, Herr Präsident! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist nicht zu hart. Ich darf zitieren aus einer Broschüre zur Korruptionsbekämpfung, in der es heißt: Schon kleine Geschenke, mit einem Hintergedanken gemacht, sind eine entsprechende Gegenleistung in Erwartung.

Das schreiben Sie selber in Ihre Broschüre zur Korruptionsbekämpfung, Herr Finanz­minister! „Schon kleine Geschenke“ schreiben Sie! (Ruf bei der SPÖ: ... gilt offensicht­lich nur für kleine Beamte!)

Und weiters steht hier: Auch wegschauen kann strafbar sein. – Das ist für Sie, Herr Finz; Sie sind nämlich der Zweite, der das unterzeichnet hat! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Also was ist das jetzt: Gilt das für alle Beamten (Ruf bei der SPÖ: .. offensichtlich nur für die kleinen Beamten!) – oder ist das nur etwas von den lustigen beiden aus der Himmelpfortgasse? Ist das Ihre persönliche Muppet-Show – oder wird das ernst ge­nommen?! (Abg. Steibl: Was ist denn das für eine Wortwahl?! Ordnungsruf, Herr Präsident!) Zwei Unterzeichner: Grasser und Finz. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Herr Bundeskanzler, Sie haben selbst Handlungsbedarf! Wir müssen uns hier ja nur deshalb ständig mit Misstrauensanträgen auseinander setzen, weil Sie Ihren Laden ganz offensichtlich nicht mehr im Griff haben. Der Finanzminister ist ...

12.06

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ihre Redezeit ist zu Ende, Herr Abgeordneter!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 68

(Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ für den das Rednerpult ver­lassenden Abg. Mag. Kogler.)

Außerdem würde ich empfehlen, nicht gegenüber der Regierungsbank „persönliche Muppet-Show“ zu sagen, denn wir müssen ja umgekehrt auch den Nationalrat gegen Kritik von der Regierungsbank verteidigen können. (Abg. Großruck: Der „Gutmensch“ Kogler war das! – Ruf bei der ÖVP: Die unterste Schublade war seine Rede!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bleckmann. – Bitte.

 


12.07

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Werte Minister! Geschätzte Damen und Herren! Herr Klubobmann Gusenbauer hat gesagt, diese Reform komme zu spät. – Das Gegenteil ist der Fall: Diese Reform kommt zum richtigen Zeitpunkt – jene aber, die zu spät kommen, sind die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, denn Sie hätten wirklich lange genug Zeit gehabt, zu zeigen, wie Ihrer Ansicht nach eine gute Steuerreform, eine Steuerentlastung gemacht werden kann. Das haben Sie jedoch während Ihrer Regierungszeit verabsäumt – und haben es eben nicht geschafft, rechtzeitig eine gute Reform zu machen. Die jetzige Regierung zeigt Ihnen da den richtigen Weg. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn ich mir die Ausführungen des Kollegen Cap hier anhöre, muss ich sagen, dass diese Steuerreform eine wirklich gute ist, hat doch Kollege Cap – außer seinen drei Stehsätzen zur Steuerreform – kein Wort darüber verloren, sondern hier nur über den Herrn Finanzminister gesprochen, noch dazu zu einem Tagesordnungspunkt, den wir anschließend haben werden, wo wir dann über den Bericht des Rechnungshofes dis­kutieren werden. Zur Steuerreform habe ich von Ihnen, Herr Kollege Cap, nichts ge­hört. Diese dürfte wirklich so gut sein, dass Sie von der SPÖ ihr nichts entgegenhalten können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Mainoni: Da kommt auch nichts mehr von der SPÖ!)

Bezüglich Steuerentlastung haben wir uns drei Prämissen gegeben: dass es zu einer Entlastung kommt, dass es keine Gegenfinanzierung gibt und dass ein Familienpaket gemacht wird. Wir haben es geschafft, eine Entlastung in der Höhe von 3 Milliarden € zustande zu bringen. Wenn ich mir die Steuerreformen der letzten Jahre, auch die unter einer SPÖ/ÖVP-Regierung anschaue, muss ich feststellen: Sie haben da nicht sehr viel zustande gebracht: lediglich eine Entlastung von 1,2 Milliarden € bei den beiden letzten Steuerreformen vor dieser unserer Regierung. – Jetzt also gibt es eine Entlastung in Höhe von 3 Milliarden €. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Es gibt keine Gegenfinanzierung. Wenn dann der SPÖ-Schelm denkt, das Geld muss doch irgendwo herkommen, so ist der Schelm eben so, wie er denkt, wenn er nämlich meint, da würden zusätzliche Gelder den Bürgern aus der Tasche gezogen werden. – Genau das ist aber nicht der Fall! Wir haben uns zuerst bemüht, den Schuldenberg, den die SPÖ aufgebaut hat, zu beseitigen, um jetzt Raum und Platz zu haben für die Steuerentlastung, die wir umsetzen werden.

Der dritte Bereich ist das Familienpaket, ein echtes Signal an die österreichischen Familien. Uns Freiheitliche freut ganz besonders, dass es gelungen ist – obwohl es im vergangenen Jahr immer Aussagen, auch solche des Finanzministers, gegeben hat, dass es nicht zu einer Vorziehung dieser Maßnahmen kommen werde –, diese Maß­nahmen für die Familien vorzuziehen auf das Jahr 2004, damit wir in diesem Jahr 250 Millionen € zusätzlich für die Familien zur Verfügung stellen können, so beispiels­weise mit dem Kinderzuschlag zum Alleinverdienerabsetzbetrag. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 69

Für das erste Kind gibt es zusätzlich 130 €, für das zweite Kind 175 € und für das dritte Kind 220 €. Ich meine, das ist ein deutliches Signal, dass uns die Kinder in Österreich sehr viel wert sind.

Die Pendlerpauschale wurde um 15 Prozent angehoben, sodass wir also insgesamt ein Paket von 250 Millionen € zusätzlich für die Familien schnüren konnten.

Da jetzt von SPÖ-Seite, so auch von Kollegin Prammer, gesagt wurde, dass das alles nicht für die berufstätigen Frauen sei, dass diesen das nicht zugute kommen würde, dass berufstätige Frauen nichts davon hätten, muss ich Ihnen entgegenhalten: Offen­sichtlich dürfte Ihnen entgangen sein, dass eine Steuerreform für die gilt, die Steuern zahlen, also auch für berufstätige, Steuern zahlende Frauen, sodass hier ganz klar von einer echten Entlastung für berufstätige Frauen und vor allem auch für Alleinerziehe­rinnen gesprochen werden kann. Gerade Alleinerzieherinnen bewegen sich in Öster­reich ja oft an der Armutsgrenze.

Daher: Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern mit einem jährlichen Jahresbruttoeinkom­men von 18 300 € wird im Jahre 2004 356 € mehr erhalten, und im Jahre 2005 be­kommt sie eben mit der Steuerentlastung und dem Zuschlag für die Kinder 794 € mehr als bisher. Das ist doch wirklich viel, was wir für berufstätige Frauen machen, Kollegin Prammer! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Mainoni: Das ist doch wirklich etwas! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das heißt, dass wir für zwei Kinder bereits eine Verdoppelung beim Alleinverdiener­absetzbetrag herbeigeführt haben – und das ist wirklich gut und wichtig für die Familien und somit auch für die Frauen.

Wenn Kollege Van der Bellen sagt, dass ihm hier einiges „auf den Keks“ gehe, so ist das seine Sprachregelung, die er verwendet. Es ist schon klar, dass es Ihnen nicht passt, wenn die Regierung gute Maßnahmen setzt. Aber Sie, Herr Kollege, verwech­seln das eine oder andere Mal die Steuerreform offensichtlich mit Sozialtransfermaß­nahmen. Eine Steuerreform ist dazu da, jene zu entlasten, die Steuern zahlen – und soziale Maßnahmen, ebenso Sozialtransfermaßnahmen, werden über die Sozialpolitik gemacht. Wir aber sprechen heute über Steuerentlastungen und über eine Steuer­reform, also von jenen, die Steuern zahlen.

Von 5,9 Millionen Österreicherinnen und Österreichern, die steuerpflichtig sind, haben wir inzwischen 2,4 Millionen steuerfrei gestellt. Nochmals: Von 5,9 Millionen Steuer­pflichtigen zahlen 2,4 Millionen keine Steuern mehr (Abg. Reheis: Weil sie so wenig Einkommen haben!), und ich glaube, das ist schon eine ganz erkleckliche Zahl, für die wir eine echte Verbesserung herbeiführen konnten, indem eben immer mehr Men­schen in Österreich keine Steuern bezahlen müssen. Das ist ja das Wichtige, dass Menschen, die es brauchen, steuerfrei gestellt werden. Und dafür setzen wir uns ein! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)

Da Sie hier dazwischen rufen, muss ich schon das Verhalten der SPÖ hinterfragen. Am 20. Oktober 2003, als Sie noch nicht wussten, wie die Steuerreform der Regierung aussehen wird, gab es eine großartige Aussendung, wie das SPÖ-Programm dazu aussieht. Und ich lese Ihnen von der SPÖ Ihre Originaltexte hiezu vor. „Die große Steuerreform soll 2005 kommen“, steht hier. – Vorhin haben Sie noch gesagt, es sei zu spät, aber Sie selbst von der SPÖ haben gesagt, diese solle 2005 kommen. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten von Freiheitlichen und ÖVP.)

Weiter heißt es in einer Ihrer Aussendungen: Dabei sollen auch die Wettbewerbsnach­teile bei der Körperschaftssteuer beseitigt werden. So spricht sich die SPÖ für die Ab­senkung des Steuersatzes auf 25 Prozent aus. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten von Freiheitlichen und ÖVP. – Rufe bei der ÖVP, in Richtung SPÖ: Zickzack-Kurs!) Am


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 70

20. Oktober des Jahres 2003 haben Sie sich für eine Absenkung des Steuersatzes auf 25 Prozent ausgesprochen. – Wir tun es. Und was lesen wir jetzt in Ihren Aussendun­gen? – Das sei ein „Steuergeschenk“. – Der Kurs der SPÖ: zickzack und hühott! Sie wissen nicht, was Sie wollen, und versuchen nur, alles schlecht zu machen, was die Regierung in die Wege leitet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass die KöSt-Senkung eine Maßnahme ist, die vor allem einen Wettbewerbsvorteil für Österreich zur Folge hat und zur Standortsicherung beiträgt, wissen doch inzwischen alle! 61 Prozent der unselbstständig Beschäftigten sind bei solchen Unternehmen an­gestellt, die jetzt um vieles weniger an KöSt zahlen werden. Dabei handelt es sich also um eine wichtige Maßnahme, die wir hier treffen – und um wahrlich keinen kleinen Teil der Wirtschaft, sondern um einen wichtigen, großen Teil, der maßgeblich zu einer Wettbewerbssicherung und zu einem Standortvorteil für Österreich beitragen wird.

Wie die SPÖ-Steuerideen aussehen, wissen wir ja: Grunderwerbssteuer anheben, Ver­mögenssteuer anheben, das sind die Dinge, die Sie vorgeschlagen und wozu Sie von der SPÖ Presseaussendungen gemacht haben. – So etwas wird es unter einer freiheit­lichen Regierungsbeteiligung nicht geben!

Damit Sie in Zukunft etwas besser rechnen können, vielleicht auch einmal spielerisch lernen, wie man ordentlich wirtschaftet, werde ich dem Kollegen Gusenbauer und auch dem Kollegen Van der Bellen für ihre Fraktion ein „DKT“-Spiel schenken, damit Sie lernen, wie man in Österreich besser wirtschaften kann, ein „DKT“ für Österreich, damit wir eine bessere Zukunft haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Bleckmann überreicht den Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Dr. Van der Bellen das genannte Spiel.)

12.15

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundeskanzler. Vereinbarte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


12.15

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wenn Sie die Debatte verfolgt haben, war eigentlich recht interessant, Folgendes zu sehen: Die SPÖ hat gesagt, die Steuersenkung komme zu spät, sei zu gering; die Grünen hingegen haben gesagt, eigentlich sei sie zu üppig ausgefallen. – Ich glaube daher, wir liegen da in etwa in der Mitte, wir haben es richtig gemacht. Das können, glaube ich, alle auf Grund dieser Debatte sehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Herr Professor Van der Bellen, Sie sind ja jemand, der Fakten liebt – und ich schätze auch Ihre an sich stets unpolemische Argumentationsweise. Ich glaube, dass man schon auch einige Punkte korrigieren kann. Sie haben gemeint, die Frauenbeschäfti­gungsquote sei nicht ausreichend von uns beachtet worden. – Ich darf Ihnen eine Zahl nachreichen. (Der Redner hält eine Graphik in die Höhe.) Im „magischen“ Jahr 1999, mit dem ich uns gerne vergleiche (Ruf bei der SPÖ: Waren Sie da nicht auch Minis­ter?), lag die Frauenbeschäftigungsquote bei 59,6 Prozent – und sie ist im Jahre 2002, das ist das letzte Jahr, das uns statistisch vorliegt, auf 63,1 Prozent gestiegen, also plus 3,5 Prozent. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Österreich liegt hinsichtlich der Beschäftigungsquote, was die EU betrifft, sehr gut. Blau (auf die Graphik weisend) ist Österreich, rot ist die Eurozone. Wir legen da zu; der Abstand im EU-Vergleich ist enorm. Wir sind da also wirklich gut unterwegs.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 71

Magda Bleckmann bin ich sehr dankbar, hat sie nämlich auf eine interessante Pressekonferenz hingewiesen, die am 20. Oktober 2003 stattgefunden hat. Damals hat Dr. Gusenbauer – heute hat er ja jede konkrete Aussage vermieden – sehr konkret gesagt, was sich die SPÖ vorstellt. Und das waren einige spannende Themen. Erstens: Dr. Gusenbauer hat vorgeschlagen, es sollen Einkommen bis 15 000 € pro Jahr steuerfrei gestellt werden. – Was machen wir? Steuerfrei bis 15 770 €! Das ist doch, meine ich, nicht schlecht; sogar besser als das SPÖ-Konzept! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Dr. Gusenbauer, haben damals vorgeschlagen, die Negativsteuer zu verdop­peln; ein Volumen von etwa 60 Millionen €. – Wir machen das, allerdings zweckge­bunden für die Kinder, denn damit treffen wir nämlich genau jene 100 000 Alleinerzie­herinnen, die die größten Probleme gehabt haben. – Gefordert, und wir machen es, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ein weiterer SP-Vorschlag war, 1 Milliarde € soll in die investierende Wirtschaft fließen. Und Sie haben gesagt, einer Absenkung des nominellen Körperschaftssteuersatzes auf 25 Prozent könnte die SPÖ durchaus zustimmen. (Heiterkeit bei der ÖVP und Zwi­schenrufe in Richtung SPÖ.) Meine Damen und Herren, das ist unser Vorschlag – und wir werden sehr darauf achten, ob Sie zustimmen werden, Herr Abgeordneter Gusen­bauer! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Weiters haben Sie, Herr Abgeordneter Gusenbauer, gesagt, in dem Jahr, in dem das beschlossen wird, dürfen ein paar Zehntelprozent auf oder ab beim Defizit keine Rolle spielen. – Das meinen wir auch: ohne dabei allerdings die langfristige Finanzierbarkeit in irgendeiner Weise zu gefährden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter.) – Ich bin sehr gespannt, wie die konkrete Diskussion dann hier im Parlament laufen wird.

Noch ein Punkt. Viele Redner, auch der Opposition, haben gesagt, eigentlich wäre jetzt der richtige Zeitpunkt und viel wichtiger eine Senkung der Lohnnebenkosten. – Ja, dieser Meinung sind wir auch. Und seit ich im Amt bin – Herbert Haupt hat das mit mir durchgefochten –, haben wir die Lohnnebenkosten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Höhe von 650 Millionen €, das sind 9 Milliarden Schilling, entlastet! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Interessante allerdings – und jetzt kommt die Pointe; Applaus kostet mich Rede­zeit (Heiterkeit bei der ÖVP) –: Im Zusammenhang mit Lohnnebenkostensenkung, Dienstgeberbeitragssenkung für die Krankenversicherung hat die Opposition am 7. Juni 2000 wie gestimmt? – Sie war dagegen, Rot und Grün haben gegen diese Senkung gestimmt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wie haben Sie von SPÖ und Grünen am 11. Juni 2003 in Bezug auf die Lohnneben­kostensenkung der älteren Arbeitnehmer gestimmt? – Sie waren dagegen, meine Damen und Herren!

Daher: Die wirklichen Lohnnebenkostensenker sind wir von ÖVP/FPÖ, ist diese Regie­rung – und darauf sind wir stolz! Und dieser Vergleich soll auch überall bekannt wer­den, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Enthüllen wir doch auch das Geheimnis, was hinter den Gegenfinanzierungen der Opposition steht! Sprechen Sie es hier offen aus, kommen Sie ans Rednerpult, und sagen Sie es! SPÖ und Grüne haben immer die Anpassung der Vermögenssteuern an das Niveau anderer EU-Staaten gefordert: das heißt eine Vervierfachung der Grund­steuer und eine Verdreifachung der Erbschafts- und Schenkungssteuer. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Sagen Sie diese Wahrheit den Menschen!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 72

Wir machen das nicht. Wir sind hier ehrlicher und stehen zu dem Programm, das wir uns gesetzt haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Letzter Punkt: Herr Abgeordneter Kogler, was mich sehr betroffen gemacht hat, ist Ihre Polemik gegen den Kirchenbeitrag. (Abg. Mag. Kogler: Die steuerliche Behandlung!) Jetzt sage ich Ihnen etwas sehr offen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzei­chen.) Der absetzbare Kirchenbeitrag ist seit 15 Jahren nicht mehr verändert worden, er wird jetzt von 70 € auf 100 € pro Jahr angehoben (Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter), und dieses Geld geht in die Betreuung der Ärmsten der Armen, wird für Sozialprojekte, für Bildungsprojekte, für Flüchtlingsbetreuung und für Denkmalschutz verwendet. Schämen Sie sich dafür, dass Sie das in einer so kritischen Art und Weise thematisieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.21

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Vizekanzler. Ich erteile es ihm. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.21

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Regierungs­kolleginnen und -kollegen! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wenn Sie sich be­ruhigt haben, würde ich gerne auch auf eine Meldung der Opposition eingehen. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Herr Dr. Cap hat gemeint, dass wir, der Herr Bun­deskanzler und ich, „sektenähnliche Elemente“ in unseren Vorträgen gehabt hätten, und hat uns als „Bundes-Guru“ und „Vize-Guru“ bezeichnet.

Ich möchte mich heute „outen“: Ich bin nicht Mitglied einer Sekte, sondern Mitglied einer Bundesregierung, die fähig ist, trotz Übernahme von 150 Milliarden € an Schul­den im Jahr 2000 in relativ kurzer Zeit das Budget zu konsolidieren und in dieser Zeit eine Steuerentlastung von 4 Milliarden € – 1 Milliarde ist nämlich schon vorher in Pake­ten abgewickelt worden – durchzuführen ohne wesentliche Gegenfinanzierung durch Belastung anderer Bevölkerungsgruppen. Darauf bin ich stolz, Mitglied dieser Regie­rung zu sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin übrigens auch geneigt, Herrn Dr. Gusenbauer zu sagen: Nein, nicht diese Steu­erreform ist es, die zu spät kommt. Es ist ein Wunder, dass es durch konsequentes ausgabenseitiges Sparen und restriktive Budgetpolitik möglich ist, eine Steuerreform insbesondere zugunsten von 2 550 000 Österreichern, die steuerfrei gestellt sind, aber auch der übrigen Österreicherinnen und Österreicher abwickeln zu können, ohne dass wir in ein größeres Budgetloch hineinrutschen, wie unsere Freunde in Deutschland Ge­fahr laufen, es zu tun. Ich meine, Herr Dr. Gusenbauer: Nicht die Steuerreform kommt zu spät, sondern der Regierungswechsel im Jahr 2000 ist zu spät gekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Man müsste natürlich auf viele Argumente – die angeblichen Argumente – eingehen, aber das würde den Zeitrahmen sprengen. Der Herr Bundeskanzler ist schon auf einige Punkte eingegangen, ebenso wie Frau Dr. Bleckmann in ihrer Aussendung vom 20. Oktober 2003. Sie scheinen damals gut drauf gewesen zu sein, Herr Oppositions­chef, Sie haben da nämlich noch zwei Dinge zusätzlich gefordert, bei denen mich wie­derum interessiert, wie Sie in dieser Diskussion dazu stehen werden. (Abg. Dr. Gusen­bauer: Aber richtig zitieren!) Sie haben nämlich gesagt: Zur Konjunkturbelebung sollten Infrastrukturinvestitionen im Ausmaß von 1,5 Milliarden € erfolgen. – Wir haben jetzt 2,1 Milliarden € im Budget 2004 stehen. Sorry, dass wir ein bisschen besser sind, als Sie angenommen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 73

Sie haben übrigens auch gesagt: Für Alleinverdiener und Alleinerzieher mit Kind soll es zusätzliche Entlastungen geben. – Es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass wir auch diesen Punkt exakt erfüllt haben.

Meine Damen und Herren! Nachdem ich heute diese Debatte mitverfolgt habe und bei allem zumindest teilweisen Verständnis für das Schlechtmacher- und Krankjammerer-Syndrom, das Sie offensichtlich befallen hat, frage ich Sie: Können Sie sich nicht einmal freuen, dass dieser Regierung hier offensichtlich wirklich das gelungen ist, was andere im Ausland auch bejubeln? – Die „Frankfurter Zeitung“ schreibt ja nicht zu Un­recht: Der österreichischen konservativen Regierung ist mit ihrem Entwurf zur Steuer­reform ein großer Wurf gelungen. Die vorgelegten Eckpunkte bringen dem Mittelstand eine deutliche Entlastung.

Meine Damen und Herren! Helmut Kramer vom WIFO sagt: Beachtlicher Erfolg; die Reform ist den Anliegen der Bevölkerung nachgekommen, in überraschend klarem Ausmaß. Er sieht keine Verlierer bei der Reform. – „Mittagsjournal“, 10. Jänner.

Und Bernhard Felderer sagt: Die Deutschen haben gemessen am BIP gerade die Hälfte des Volumens zustande gebracht und klopfen einander begeistert auf die Schul­tern.

Jetzt müssen Sie uns ja nicht auf die Schultern klopfen. Aber wenn sich im Inland und im Ausland Experten freuen, freuen Sie sich doch ein bisschen mit, dass uns das wirklich gelungen ist in diesem Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe mich ein bisschen darüber gewundert und auch geärgert, Herr Professor Van der Bellen, dass Sie gesagt haben: Diese österreichische Regierung macht Geschenke an Unternehmen. – Es wurde heute schon gesagt, ich möchte nur noch eine Zahl da­zusagen ... (Abg. Dr. Cap: Kapitalgesellschaften, hat er gesagt!) Ja, natürlich: Mit der KöSt-Senkung – das müssten Sie eben wissen – bedienen wir auch 80 bis 90 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, weil sie in genau diesen Unternehmen tätig sind, die davon profitieren!

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte, die Redezeit zu be­achten, Herr Vizekanzler!

 


Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach (fortsetzend): Sie werden auch wissen, dass 61 Prozent der unselbständig Beschäftigten bei Kapitalgesellschaften zu finden sind. Daher ist dies Arbeitsplatz­sicherung! Aber wir werden noch Gelegenheit haben, darüber intensiver zu diskutie­ren. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.26

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Wir haben noch acht Redner vereinbart und haben 34 Minuten, das kann nicht anders sein als acht mal vier. Das funktioniert aber nur, wenn es genau eingehalten wird und der Applaus nicht zu viel Zeit kostet. Sonst müssten wir die letzte Runde auf 3,5 Minuten kürzen. Ein anderer Vorschlag liegt nicht vor.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.27

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissen Sie, Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler, ich bin sehr froh darüber, dass Ihren wilden Propagandareden hier eigentlich die Mehrheit der Bevölkerung keinen Glauben schenkt. Die Menschen sind klüger, als Sie glauben, und das ist gut so. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 74

Es zeigen dies alle Umfragen: Alle wissen, dass es nur wenige gibt, die davon profitie­ren, und dass die Mehrheit der Bevölkerung leider leer ausgeht. (Abg. Steibl: Sie lesen die falsche Zeitung!) Diese Ankündigungen für 2005, die Sie jetzt gestartet haben, sind eine große Enttäuschung. 80 Prozent der Klein- und Mittelbetriebe gehen leer aus und bekommen keinen Cent. (Abg. Dr. Stummvoll: Falsch!) 2,3 Millionen Menschen, Arbeiterinnen und Arbeiter und Pensionisten, gehen leer aus, die bekommen keinen Cent. (Ruf bei der ÖVP: Falsch!)

Wissen Sie, was das Enttäuschendste an Ihren Steuerreform-Ankündigungen ist? – Das Enttäuschendste ist, dass wir eine Situation haben, in der 340 000 Menschen ohne Arbeit dastehen, und Sie eine Steuerreform machen, die überhaupt nicht greift, die nicht gegensteuert und die keine Impulse für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt darstellt. (Abg. Großruck: ... und das glauben Sie selber nicht, was Sie da verzapfen!) Diese 340 000 arbeitslosen Menschen hat diese Regierung zu verantworten. Dafür sind Sie verantwortlich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie von ÖVP und FPÖ reagieren auf 340 000 arbeitslose Menschen mit einer Steuer­reform, die einigen wenigen zugute kommt, und Sie reagieren auch damit, dass es wei­tere Vorschläge gibt, wie Sie das Geld für diese Geschenke wieder hereinbekommen, nämlich mit einer Streichung der Wohnbauförderung. Da haben Sie kein Problem, dass das bedeuten wird, dass die Arbeitslosigkeit in der Bauwirtschaft massiv steigt und dass die Mieten steigen. Daher ist Ihre Politik schuld an der Arbeitslosigkeit in Öster­reich! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Stummvoll, es gibt Menschen, die nicht wie Sie vier Pensionen haben, wenn sie alt sind, sondern die Sorge um Armut im Alter haben. Das haben Sie nicht, Sie haben sich abgesichert, Sie werden in Zukunft vier Pensionen beziehen. (Abg. Großruck: ... auch die Regierung verantwortlich!)

Ich kenne einen Pensionisten – Herr Bundeskanzler, das wären einmal Beispiele für Sie –, der mich angerufen und mir gesagt hat: Ich habe im Jahre 2000 1 498 € Pension gehabt, und ich habe im Jahre 2004 1 474 € Pension, Monat für Monat um 24 € weni­ger. – Sie haben gesagt, es wird zu keinen Pensionskürzungen kommen. Dieser Pen­sionist sagt mir: Es wurde immer gesagt, es wird in die Pensionen nicht eingegriffen, das ist alles eine Lüge, er sieht es bei der Überweisung seiner Pension – Monat für Monat weniger! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Dieser Pensionist hat von einer Lüge gesprochen, nehme ich an, nicht Sie, denn wir verwenden dieses Wort nicht.

 


Abgeordnete Doris Bures (fortsetzend): Herr Präsident! Ich habe den besorgten Pensionisten zitiert, der sich an mich gewandt hat. (Abg. Mag. Molterer: Haben Sie ein Glück, dass der Präsident hilft mit der objektiven Amtsführung!)

Um zu einigen wenigen Gewinnern zu kommen: Die wenigen Gewinner sitzen auf der Regierungsbank. Es ist Herr Bartenstein, er bekommt in Zukunft Jahr für Jahr um 17,2 Millionen Schilling mehr durch diese Reform. Herr Prinzhorn bekommt in Zukunft Jahr für Jahr um 33 Millionen Schilling mehr. (Bundesminister Mag. Grasser: Woher haben Sie dies, Frau Abgeordnete?) Daher hat die Bevölkerung natürlich zu Recht den Eindruck, Sie richten es sich, und die Menschen gehen leer aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Finanzminister! Es gibt ein Sprichwort, und jetzt zitiere ich auch ein Sprichwort: Lügen haben kurze Beine. Es gibt eine „NEWS“-Vorausmeldung, ganz aktuell: Sie haben immer davon gesprochen, dass Sie 175 000 € von der Industriellenvereinigung bekommen haben. Es wurde aufgedeckt, dass es 283 000 € sind, und seit heute, seit wenigen Minuten, wissen wir: es sind 352 000 €, die Sie sich offensichtlich haben finanzieren lassen. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fasslabend: Das ist nicht fair,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 75

was da geschieht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Herr Finanzminister, Sie verwechseln dieses Land und dieses schöne Österreich offensicht­lich mit einem Selbstbedienungsladen! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

 


Abgeordnete Doris Bures (fortsetzend): Ich komme zum Schlusssatz: Herr Bundes­kanzler, ich denke, dass Ihr Ziehsohn, Ihr Finanzminister Nimmersatt, längst rücktritts­reif ist. (Beifall bei der SPÖ.)

12.31

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grillitsch.

Wir haben viele Tage Sitzung gehabt, ohne das Wort „Lüge“ zu verwenden. Ich bitte dringend, dass wir bei dieser Praxis bleiben, selbst wenn es in Sprichworte gekleidet ist. Mir gefällt das nicht!

Bitte, Herr Abgeordneter Grillitsch.

 


12.31

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Keine Sorge, diese Gefahr be­steht bei mir nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Meine Herren Regierungsmitglieder! Da unterscheiden wir uns, auch im Stil, miteinander umzugehen, den Menschen zu helfen und ihnen einen Rah­men zu geben, dass sich die Menschen orientieren können. Das beweist diese Regie­rung mit Kompetenz, mit Verantwortungsbewusstsein und mit Stabilität, und dafür danke ich. Denn nur so können wir die Zukunft sichern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Steuerreform ist ein großer Wurf, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht! Die Überraschung ist Ihnen sichtlich ins Gesicht geschrieben. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Denn Sie wirken konzeptlos und orientierungslos, meine Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin aus Kärnten, ausgestattet mit Uralt-Konzepten, die Sie heute hier auf den Tisch gelegt haben und ständig auf den Tisch legen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Diese Regierung kennt die Bedürfnisse der Menschen. Diese Regierung weiß, was die Wirtschaft braucht. Diese Regierung weiß, wie man Arbeitsplätze sichern kann. Diese Regierung weiß, wie man die Wettbewerbsfähigkeit der Österreicherinnen und Öster­reicher stärkt. Dafür bedanke ich mich recht herzlich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Denn das ist eine Entlastung und in Wirklichkeit, wenn Sie so wollen, ein Sicherungs­programm, meine Damen und Herren! Es ist ein Sicherungsprogramm für sichere Arbeitsplätze in Österreich, eine Entlastung für die Familien in Österreich und eine Sicherung für den Wirtschaftsstandort Österreich. Wenn Sie sagen, das sei eine Steu­erentlastung oder eine Steuerreform für Industrielle und für Traktorfahrer, dann haben Sie nicht erkannt, wie man den Wirtschaftsstandort Österreich sichern kann. (Abg. Öllinger: Ja, ja! – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Denn Faktum ist – und das sage ich 90 Tage vor der Erweiterung –, in 90 Tagen ste­hen zehn neue Länder in Europa mit uns im Wettbewerb, meine Damen und Herren! Die Senkung der KöSt – und Sie werden sich wundern, wenn ich das als Bauernver­treter jetzt sage – sichert den Wirtschaftsstandort Österreich! Das Beispiel Pöls zeigt die Auswirkungen davon: 300 Arbeitsplätze in meiner Heimatregion, wenn Heinzel die Kapazität, die Produktion verdoppelt; Absatz für die Forstwirtschaft in dieser Region; dies sichert Einkommen der Menschen in dieser Region (Abg. Dr. Matznetter: Aber nur für die Kapitalgesellschaften!), damit die Menschen dort Investitionen tätigen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 76

können und damit die Wertschöpfung in der Region bleibt, meine Damen und Herren! Und dafür bedanke ich mich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Entlastung für Pendler ist gerade im ländlichen Raum eine wesentliche Frage. Die Entlastung für die Familien ist, wie schon mehrfach angesprochen, ein wesentlicher Faktor, auch für meine bäuerlichen Familien. Wenn Sie sagen: für ein paar Traktor­fahrer – wollen Sie haben, dass die Bauern in Österreich ewig einen um 40 Prozent höheren Dieselpreis als im EU-Schnitt bezahlen? Wenn Sie das wollen, dann sagen Sie es laut! Das sichert nämlich – ebenso das Aussetzen der Schaumweinsteuer – den Wirtschaftsstandort Landwirtschaft. Das sichert Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, das sichert den bäuerlichen Familien Einkommen. Das ermöglicht es den bäuerlichen Familien auch, dass wir weiterhin das Anforderungsprofil, das Sie, nämlich die Gesell­schaft, an uns stellen, erfüllen können, nämlich sichere Lebensmittel zu produzieren, die Landschaft offen zu halten und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Das ist wiederum nur möglich, weil es zum richtigen Zeitpunkt die entsprechenden Steuerent­lastungen gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich komme schon zum Schluss. Ihr Konzept hätte gelautet: Verdreifachung der Grundsteuer, Verdreifachung der Erbschaftssteuer, Verdreifachung der Schenkungssteuer. Das wäre ein Arbeitsplatzvernichtungsprogramm gewesen!

Heute haben wir ein Programm vor uns (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzei­chen), das alle entlastet, das in Wirklichkeit ein Sicherungsprogramm ist und das auch in Zukunft den Wirtschaftsstandort Österreich entsprechend absichert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Er hat das Wort.

 


12.36

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die österreichischen Kirchen sind wichtige Bündnispartner, gerade für uns Grüne, um die sozialen und menschlichen Folgen der Regierungspolitik nach Möglichkeit zu lindern. Sie sind da sehr verlässlich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Weiß das auch Herr Kogler? Herr Kogler weiß das nicht!)

Der Kirchenbeitrag ist eine private Vereinbarung zwischen den Mitgliedern der Kirche und der Kirche selbst. Das geht uns als Politiker nichts an – vielleicht Sie, Herr Bun­deskanzler, aber das ist ein etwas anderes Kirchenverständnis als das der Zweiten Republik. (Abg. Großruck: Konkordat gibt es auch keines! – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Was uns interessiert, ist die steuerliche Behandlung des Kirchenbeitrages und der Einkommen der Kirche, und da sagen wir: Bevor die Kirche, die nicht zu den Allerärmsten dieser Republik gehört, steuerlich entlastet wird, wäre es doch etwas fairer (Abg. Dr. Fekter: Nicht die Kirche, die Bürger werden entlastet!), die wirklich sozial Schwachen und Benachteiligten zu entlasten und nicht darauf hinzuweisen, dass sie sich bei einer sozial und steuerlich entlasteten Kirche ja wieder einmal um eine Klostersuppe anstellen können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist nicht das Ziel einer fairen Steuerpolitik! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Die Kirche zahlt keine Kirchensteuer ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Deshalb, Herr Bundeskanzler, bleibt es bei unserer Feststellung: Es ist bedauerlich, dass wir konfrontiert sind mit einer Steuerreform für Reiche, für Fromme und für Trak­torfahrer. Andere hätten sich mehr verdient. Wir wünschen uns: gescheite Energiepoli­tik steuerlich unterstützen, Arbeit entlasten und steuerlich unterstützen, Forschung und Entwicklung, Bildung und Ausbildung unterstützen. Da kann man Steuerpolitik machen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 77

Das haben Sie verabsäumt, und das ist auch der Kern unserer Kritik. (Abg. Mag. Mol­terer: Herr Pilz! Wie funktioniert ein Absetzbetrag?)

Jetzt ist klar, warum das so kam, wenn man sich die Statuten einer der wichtigsten steuerpolitischen Einrichtungen, eines Think Tanks dieser Republik, vor Augen führt, nämlich die Statuten des Vereins zur Förderung der New Economy. (Abg. Dr. Fekter: Lernen Sie Steuerrecht!) Denn dort wird wirklich Steuerpolitik gemacht, und im § 2 der Statuten dieses Vereins heißt es: „Mag. Karl-Heinz Grasser“ – der bekanntlich mit dem Verein nichts zu tun hat, aber Vereinszweck ist – „hat dem Gedanken der New Eco­nomy entscheidende Impulse versetzt. Der Verein bezweckt ... f) die Zusammenarbeit mit Interessensvertretungen und anderen Institutionen zur Unterstützung der Zweck­verwirklichung.“ (Abg. Dr. Fekter: Das ist nichts Unanständiges!)

Genau das ist mit dieser Steuerreform passiert: Spenden privat nehmen, um aus öffentlichen Geldern hundertfach zurückzahlen zu können! Das ist das, was im Verein unter „Mag. Karl-Heinz Grasser“ als Zweckverwirklichung angegeben wird.

Wenn – und da ist in den letzten Tagen einiges an Verwirrung entstanden – die Indust­riellenvereinigung spendet, dann braucht man sich nur – wenn Herr Mag. Winkler und Herr Mag. Grasser das noch immer nicht wissen – die Erlagscheine, die Überwei­sungsscheine der Industriellenvereinigung anzuschauen. Da haben Sie schwarz auf weiß die Überweisungen, da haben Sie die erste Überweisung vom 20. April 2001 auf das Konto der Creditanstalt „Verein zur Förderung der New Economy“, da haben Sie die zweite Überweisung am 7. November 2001, und da haben Sie nach wie vor die offene Frage an den Finanzminister: Warum? Wofür? Welches Interesse wurde mit diesem Aufwand, mit den Geldern der Mitglieder der Industriellenvereinigung vertre­ten?

Herr Finanzminister, dann wird es noch spannender. „NEWS“ veröffentlicht neue Zahlen. Ich kann hier vom Pult aus nicht überprüfen, ob sie stimmen oder nicht, aber bis jetzt – und das möchte ich festhalten – hat leider alles gestimmt. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Aber da gibt es einen Fonds ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Gern, Herr Präsident. – Da gibt es einen Fonds, der Ihnen persönlich gehört, und auf den sind zweimal Gelder geflossen. Des­halb fordere ich Sie auf, Herr Finanzminister: Legen Sie Ihren Fonds offen! Legen Sie die Gelder, die Sie genommen haben, offen! Und legen Sie vor diesem Parlament ein erstes Mal in Ihrer politischen Karriere eine offene und faire Rechnung! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.40

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. 4 Minu­ten. – Bitte.

 


12.40

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident! Verehrte Regierungsmit­glieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon abenteuerlich. Wir dis­kutieren heute über die Steuerreform, die größte Steuerreform in der Zweiten Republik, und Ihnen fällt nichts anderes ein, als ständig auf dem Finanzminister herumzuhacken und eine Homepage auseinander zu klauben.

Es gibt eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, ein Verfahren ist im Laufen. Dabei wird doch wohl etwas herauskommen oder eben auch nicht. Aber Sie sollten an diesem bedeutenden Tag diesen sehr wichtigen Diskussionspunkt, wo es um einen Meilenstein in der Steuergeschichte Österreichs geht, nicht dazu benutzen, dem Herrn


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 78

Finanzminister ständig seine Homepage anzukreiden. Das ist sicherlich kein geeigne­ter Weg! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Von Ihnen, Herr Wirtschaftsprofessor Van der Bellen, hätte ich mir ehrlich gesagt schon erwartet, dass Sie auch einmal zur Steuerreform und zu ihren einzelnen wirklich epochalen Maßnahmen ganz klar Position beziehen, dass Sie Stellung nehmen zu dem, was diese Bundesregierung, diese Reformregierung hier auf den Weg gebracht hat. Doch auch Sie haben wieder nur auf dem Finanzminister herumgehackt. Ich glaube, dass die Österreicherinnen und Österreicher dringendere Bedürfnisse und drin­gendere Interessen haben als die ständige Herumhackerei wegen einer Homepage, nämlich beispielsweise an einer Steuersenkung. (Abg. Dr. Fekter: Sie finden eben sonst nichts zu kritisieren!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie von Seiten der Opposition haben auch kritisiert, dass die Steuerermittlung zu kompliziert ist. Das ist jetzt eine klare, trans­parente und einfache Steuerberechnung, die hier vom Finanzminister auf die Reise geschickt wurde, die es jedem Österreicher ermöglicht, seine Steuer selbst und einfach zu berechnen.

Sie von der SPÖ kritisieren, dass die Steuerersparnis zu gering ausgefallen ist: Sie hätten in den letzten 30 Jahren genug Zeit gehabt, eine Steuerreform zu machen, die der vorliegenden in diesem Ausmaß entspricht. Sie haben es nicht geschafft! Nicht ein­mal drei Steuerreformen unter sozialdemokratischen Finanzministern haben es ge­schafft, auch nur die halbe Entlastung, die wir jetzt auf die Reise schicken – 4 Milliar­den € –-, in die Wege zu leiten. Meine Damen und Herren! Das ist zu wenig, das ist nicht genug, um hier Kritik zu üben!

Sie haben gesagt, dass diese Steuerreform auf Pump gemacht wird. (Abg. Dr. Matz­netter: Das war doch immer Ihr Argument!) Wenn Ihnen als Alternative dazu nur einfällt, Steuererhöhungen vorzunehmen, um diese Steuerentlastung zu finanzieren, indem Sie etwa die Vermögenssteuer wieder einführen wollen, dann frage ich Sie: Ist Ihnen eigentlich bewusst, welche Auswirkungen das auf die Börse, die Börsenentwick­lung hätte, Herr Matznetter? Gerade jetzt, wo wir doch alle glücklich sein können, dass es mit der Börse, mit dem Kapitalmarkt wieder aufwärts geht in Österreich, just genau dann wollen Sie die Vermögenssteuer wieder einführen! (Abg. Öllinger: Ja, da können wirklich alle glücklich sein!)

Oder die Erbschafts- und Schenkungssteuer, die nur 120 Millionen einbringt, aber einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursacht. 80 Prozent der Überprüfungsfälle führen zu keinem Ergebnis. Nehmen Sie das auch einmal mit in Ihre Überlegungen auf!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie von den Grünen kritisieren, dass die KöSt-Senkung zu großzügig ausgefallen ist, dann darf ich Ihnen sagen, dass die österreichische Wirtschaft in Anbetracht der Vorbereitung auf die Osterweiterung dringend eine Entlastung braucht. Das bedeutet nämlich auch eine Entlastung für die Arbeitnehmer, weil die Wirtschaft letztendlich Arbeitsplätze und Einkommen schafft und das daher richtig und wichtig für den Wirtschaftsstandort Österreich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.44

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Matznetter. Er hat das Wort.

 


12.44

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Meine


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 79

Damen und Herren an den Fernsehern! (Abg. Scheibner: Das geht sich nicht mehr aus!) Wenn Meinungsumfragen ergeben, dass die Mehrheit von Ihnen annimmt, dass Sie wenig oder fast nichts bekommen werden: Sie haben Recht! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf das Wort mit dem „L“ vorne für das Nichtsagen von Wahrheiten hier nicht ver­wenden, und ich halte mich an die Empfehlung des Präsidenten. Ich bleibe daher bei der Rentnerin mit den 1 000 €. Wenn sie heute – Jänner 2004 – auf ihre Pensions­abrechnung schaut und erwartet, dass stimmt, was der Herr Bundeskanzler sagt, nämlich im Jahr 2005 um mehr als 600 € mehr, so wird sie sich getäuscht fühlen. Es sind nämlich nur 109,60 €! Das ist die nackte Wahrheit, die traurige Wahrheit.

Nun gleich auch zu den anderen Unsinnigkeiten, die gesprochen worden sind: Die Kör­perschaftssteuersenkung komme 80 Prozent der Unternehmen zugute. Bitte, alleine nach der letzten Körperschaftssteuerstatistik zahlen von 88 418 Körperschaften fast 60 000 – 59 073 – nur die Mindest-KöSt. Wenn man dann noch die 14 000 Fälle ein­bezieht, die ein Einkommen von unter 14 000 € haben, gibt es nur eine ganz kleine Gruppe von Unternehmern, die absahnt. Das hat keine Beschäftigungswirkung!

Auch der Herr Bundeskanzler hat uns diesbezüglich falsch informiert: In der Wifo-Studie, die die Regierung selbst ausgeteilt hat, wird die Wirkung bei 2,5 Milliarden € Entlastung für 2005 mit nur 0,3 Prozent und für 2006 mit 0,4 Prozent – also in der statistischen Fehlerbandbreite – angegeben. (Abg. Scheibner: Das ist falsch!) – Das ist Ihre Studie, das ist ganz einfach! – Und statt einer Wirkung auf die Beschäftigung im Ausmaß von 12 000 werden nur 4 000 angegeben. Also 8 000 Arbeitslose haben von dem Herrn ein Versprechen bekommen, das nicht eingehalten wurde.

Aber was uns viel mehr stört, ist: Es wurde nicht eingespart. Es wurde letztes Jahr in diesem Haus den ASVG- und GSVG-Pensionisten jährlich über 1 Milliarde € an Pen­sionsansprüchen weggenommen, und jetzt wird diese Milliarde als Beute an ganz wenige verteilt, die davon profitieren. (Abg. Scheibner: Wie reden Sie denn?)

Nur ein paar Beispiele, um gleich bei Personen hier im Haus zu bleiben: Die Gruppe Bartenstein – allein Gerot Pharmazeutika und Lannacher – spart sich in Summe 17 Mil­lionen Schilling, umgerechnet in Euro sind das 2,4 Millionen €. (Der Redner stellt eine Tafel mit den unter den Abbildungen von Bundesminister Dr. Bartenstein und Präsi­dent Dipl.-Ing. Prinzhorn angegebenen Steuerersparnisbeträgen auf das Rednerpult.)

Und im Bereich der Hamburger, im Bereich der Gruppe Prinzhorn: 33 Millionen Schil­ling. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das kann nicht stimmen!) Diese Zahlen resultie­ren aus den im Firmenbuch veröffentlichten Daten. 18 600 Lohnsteuerpflichtige bekom­men dieselbe Entlastung wie diese zwei Firmengruppen. Die haben sich die Beute geholt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Sie wollen wissen, warum ich auch von einer nominellen Senkung gesprochen habe, Herr Scheibner? Ich sage es Ihnen: Weil Sie eine Korrektur technisch richtig vorneh­men hätten können, Sie haben das jedoch verabsäumt.

Und nun zum Herrn Finanzminister. Herr Finanzminister, Sie haben nicht nur 352 000 € an den Verein New Economy zahlen lassen. Es wurde heute bestätigt – so schreibt „NEWS“ –, dass es 9 900 € und 5 500 € waren, die auf Ihr privates Konto geflossen sind; „privates Konto“ deshalb, da es bis zur Errichtung des Fonds nur ein Treuhandkonto, nämlich jenes von Karl-Heinz Grasser, gegeben hat. Und das heißt nichts anderes, Herr Minister, als dass Sie die politische Verantwortung wahrzuneh­men haben. In diesem Land sind Minister wegen geringfügigerer Dinge zurückgetreten. Die Zahlung der 9 900 €, die Ihr Pressesprecher und mittlerweile Kabinettschef Winkler bestritten hat, wurde nach dem Bericht der Zeitschrift „NEWS“ von heute von der Justiz bestätigt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 80

Herr Finanzminister! Nehmen Sie den Hut, bevor das Restliche hier im Hause in Form einer Untersuchung übernommen werden muss! – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.48

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. (Abg. Steibl begibt sich zum Rednerpult und platziert dort eine Tafel mit der Aufschrift „Weniger Steuern – Mehr Geld zum Leben“.)

 


12.48

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Eingangs erst einmal zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Matznetter. Sehr geehrter Herr Kollege Matznetter! Ich gebe Ihnen etwas mit auf den Weg: Unternehmer und Unternehmerinnen schaffen Arbeitsplätze! – Punkt eins. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nun zur Rede des Herrn Kollegen Pilz: Herr Kollege Pilz! Ich bin enttäuscht, ich hätte mir mehr erwartet. Dass Sie nicht einmal das Steuersystem kennen, dass Sie nicht ein­mal wissen, was ein Absetzbetrag ist, das hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Ein Absetz­betrag ist eine Entlastung für die Bürger und Bürgerinnen. Da wundert es mich nicht, dass Sie auch die Maßnahmen für unser Familienpaket nicht verstehen. Und das möchte ich Ihnen daher nun erläutern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Alleinverdiener – und das möchte ich auch der Opposition mit auf den Weg geben – gehören meist kinderreichen Familien an, in denen ein Elternteil sich überwiegend um die Familienarbeit kümmert. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Alleinerziehe­rInnen sind diejenigen, die keinen Partner haben, der zum Einkommen beiträgt. Und gerade diese Gruppe zählt besonders zu den armutsgefährdeten Gruppen. Und derzeit gibt es in Österreich (weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) – gibt es eine Aufregung? (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – über 1 Million Alleinverdiener, und davon sind an die 100 000 Alleinerzieher. Das ist die Gruppe, auf die sich anscheinend die SPÖ und die Grünen immer stürzen. Und weil wir jetzt tatsächlich etwas für sie tun, sind Sie dagegen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das erklärte Ziel dieser Bundesregierung mit Bun­deskanzler Schüssel an der Spitze ist, österreichische Familienpolitik an die Weltspitze zu bringen. Und sie ist dabei, mit Kraft, Kompetenz und klugen Schritten dieses Ziel zu erreichen.

Da noch heuer der Anspruch, das Recht auf Elternteilzeit in Kraft tritt, kommt es nun zu einer Einkommensstärkung für Familien mit einem wirksamen Volumen von 250 Millio­nen €. „Weniger Steuern – Mehr Geld zum Leben“ heißt es ab sofort für Familien. Ich möchte das noch einmal wiederholen, weil ich glaube, dass es sehr, sehr wichtig ist, dass man das den Österreicherinnen und Österreichern mit auf den Weg gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es geht um die Anhebung der Zuverdienstgrenze beim Alleinverdienerabsetzbetrag von derzeit 4 400 € auf 6 000 €. Das ist ein wichtiger Punkt im Hinblick auf die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und auch auf Wahlfreiheit bei der eigenen Lebensgestaltung.

Es geht weiters um die Einführung eines Kinderzuschlages: für das erste Kind 130 €, für das zweite Kind 175 € und für jedes weitere 220 €. Ich möchte auch nicht auf die Erhöhung des Pendlerpauschales um 15 Prozent vergessen, sondern dies besonders erwähnen, weil gerade das eine wichtige Maßnahme für die Bevölkerung, für die Fami­lien im ländlichen Raum ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 81

Das bedeutet mehr Gerechtigkeit für Familien und Kinder. Allein durch die Entlastung unserer Familien in Höhe von 250 Millionen € stärken wir das wichtigste soziale Funda­ment unserer Gesellschaft. Denken Sie daran, und stimmen Sie mit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.52

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzin­ger. – Bitte.

 


12.52

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Auf diesem schönen Taferl, das da heute so herumkursiert, findet sich ein wesentlicher Fehler. Da steht: „Weniger Steuern – Mehr Geld zum Leben“. Sie haben nämlich vergessen, draufzuschreiben: Mehr Geld zum Leben für Männer, denn das ist es, was Ihre Steuerreform macht. (Die Rednerin hält die von der Vorrednerin am Rednerpult zurückgelassene Tafel in die Höhe.) Also un­vollständig aus dem Verkehr gezogen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Steibl holt sich diese.) – Jetzt nimmt man mir sogar schon Unterlagen vom Rednerpult. Das ist neu in diesem Haus.

Wir haben eine Steuerreform, die im Groben aus drei Bereichen besteht, und alle drei Bereiche sind so strukturiert, dass in Summe gesehen insbesondere die Männer davon profitieren. Stehen Sie von der Regierung doch einfach dazu! Sie haben in der Steuer­politik natürlich Ihre Prioritäten, die ganz eindeutig und klar zum Ausdruck kommen. Sie haben die Priorität Wirtschaftsstandort – darauf werde ich dann noch ganz kurz eingehen, wenn es die Zeit erlaubt –, Sie haben die Priorität – ich würde es einmal so nennen – Klientelpolitik. Da haben wir den Agrardiesel ja schon genannt. Ich glaube, dass das in Wirklichkeit eine verfehlte Klientelpolitik ist. Diese Klientel hätte von ande­ren Maßnahmen sehr viel mehr, aber vielleicht lernen Sie das ja noch.

Eine weitere Priorität ist schließlich ein ganz klar orientiertes konservatives Familien­modell, das Sie begünstigen, denn der große Brocken dessen, was Sie als Familien­paket darstellen, ist der Alleinverdienerabsetzbetrag. Das heißt überspitzt formuliert: Sie geben den Männern in der Familie mehr Geld, damit die Frauen zu Hause bleiben und Haushalt und Kinder versorgen. Das ist Ihr Modell! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Man muss ganz klar sagen, dass auch die anderen Maßnahmen nicht geschlechts­neutral sind. Das Pendlerpauschale wird in überwältigend höherem Maße von Männern in Anspruch genommen als von Frauen. Eine Tarifabsenkung, wie Sie sie im Lohn- und Einkommensteuerbereich machen – da gibt es Berechnungen, übrigens nicht von mir, sondern vom Finanzministerium höchstselbst –, wirkt sich wie folgt aus: Ein Prozent Tarifabsenkung auf die Lohnsummensteuer bringt in Summe in etwa zweieinhalbmal so viel den männlichen Steuerzahlern als den weiblichen Steuerzahlerinnen. – Sie machen ganz genau das.

Wenn wir sagen, eine Steuerreform für alle, dann stelle ich mir vor, dass erstens tatsächlich alle, nämlich auch jene, die jetzt schon keine Steuer zahlen, weil sie derart wenig verdienen, davon profitieren können müssen. Und das heißt: Negativsteuer bitte dringend ausweiten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens erwarte ich mir von einer Steuerreform für alle, dass Frauen mindestens in gleichem Maße davon profitieren wie Männer. Das schaffen Sie mit Ihrer Steuerreform nicht einmal im Ansatz. Ganz im Gegenteil: Sie bauen zusätzlich geschlechterpolitisch verzerrende Maßnahmen ein. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 82

Drittens: Wenn Sie Standortpolitik betreiben wollen, dann sollte auch dort sichergestellt werden, dass nicht geschlechterverzerrend gearbeitet und ein Standort devaluiert wird. Denn was Sie in Summe mit Ihren Maßnahmen machen – aber auch da gibt es keine Gegensteuerung –, ist eine sukzessive Potentialvernichtung. Sie vernichten nämlich das ungenutzte Potential der weiblichen Erwerbsfähigen, die nicht erwerbstätig sein können, weil ihnen die Jobs und vor allem die Rahmenbedingungen für Erwerbstätig­keit fehlen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Und ein Letztes an den Herrn Bundeskanzler gerichtet: Wenn Sie ein derart ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (fortsetzend): Mein Schlusssatz: Wenn der Herr Bundeskanzler ein derart großes Engagement für Absetzbeträge hat, die seit 15 Jahren oder länger nicht abgeändert worden sind, dann bitte auch für den Behinder­tenfreibetrag. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.56

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


12.56

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Diese Steuerreform bringt für alle mehr Geld im Geldbörsel, höhere Absetzbeträge, die Familien werden entlastet, die Arbeitsplätze werden ge­sichert, und die Unternehmen werden gestärkt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: Das ist hier nicht der Villacher Fasching!)

Liebe Kollegen von der SPÖ! Ich habe ja großes Verständnis dafür, dass Sie diese Art der Steuerreform nicht verstehen, denn jeder Steuerreform, die Sie eingeführt haben, folgten Belastungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Die Belastung sind Sie!)

Während sich die österreichische Bevölkerung über diese massive Steuerentlastung freut, werden Rot und Grün in Österreich nicht müde, diese Steuerreform schlechtzu­reden. So betreibt die SPÖ Rosstäuschung. Denn bei den Berechnungen, die Sie jetzt dem Finanzminister unterstellen, Herr Kollege Matznetter, vermischen Sie zwei ver­schiedene Paar Schuhe, nämlich die Steuerreform, die mit 1. Jänner 2004 wirksam wird, jene, die mit 1. Jänner 2005 wirksam wird, und jene Teile, die vorgezogen wer­den. Ja, das verwechseln Sie, geschätzte Damen und Herren. Sie vergessen aber eines: dass Sie die Erbschaftssteuer, die Vermögenssteuer und die Grundsteuer an­heben würden, was jede Miete in die Höhe treiben würde. Das vergessen Sie den Leuten ebenfalls zu sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Außerdem schauen Sie doch über die Grenze nach Deutschland: Jeder Arztbesuch kostet 10 € für jeden, jedes Medikament zwischen 5 und 10 €. Bei uns beträgt die Rezeptgebühr 4,35 €. Das nur als Vergleich dazu.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich hier an dieser Stelle für diesen großen Wurf der Steuerreform besonders bei jenen Personen bedanken, die diese Steuerreform ausverhandelt haben, in erster Linie beim Kärntner Landeshauptmann Dr. Jörg Haider, der der Chefverhandler der Freiheitlichen war und der mit dem Herrn Finanzminister und dem Herrn Staatssekretär das ganze Paket in dieser Form für die Österreicherinnen und Österreicher ausverhandelt hat (Beifall bei den Freiheitlichen – Rufe bei der SPÖ: Lei, lei!), für die österreichische Wirtschaft genauso wie für die österreichischen Arbeitnehmer und für die Familien. Das betrifft vor allem jene Teile, die für die Familien vorgezogen worden sind. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. –


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 83

Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) 250 Millionen € sind nämlich zusätz­lich rückwirkend für die österreichischen Familien vorgezogen worden.

900 000 österreichische Alleinverdiener, Kollege Matznetter, davon 100 000 Allein­erzieher, profitieren davon! Sie profitieren von dieser Steuerreform! Denn zum Absetz­betrag von 364 € kommen jetzt zusätzlich mit der Kinderstaffel pro ersten Kind noch einmal 130 € dazu, für das zweite noch einmal 175 € und für das dritte und jedes weitere noch einmal 220 €. Herr Kollege Matznetter, lesen Sie sich das einmal durch, dann werden Sie sehen, dass für die Familien Wesentliches geleistet wurde!

Die Zuverdienstgrenze wurde für diese Personen von 4 400 auf 6 000 € angehoben. Auch das Pendlerpauschale ist angehoben worden – eine Forderung auch von den Arbeiterkammern. Um 15 Prozent ist das Pendlerpauschale angehoben worden. Und das Tarifsystem, Herr Kollege Matznetter, ist jetzt endlich einmal transparent.

Jeder Arbeitnehmer in Österreich hat sich maßlos darüber geärgert, wenn er eine Lohnerhöhung erhalten hat und in die nächste Steuerstufe gefallen ist.

Jetzt sind einmal die niedrigen Einkommen steuerfrei, und dann gibt es ein lineares Anwachsen des Steuersystems und keine Grenzsteuersätze mehr, sondern Durch­schnittssteuersätze. – Das ist ein wesentlicher Vorteil, Herr Kollege Matznetter! Diese Entlastung bringt jedem einzelnen Lohnsteuerzahler Steuerersparnisse zwischen 165 € und 670 € im Jahr.

Frau Weinzinger hat gesagt, die Frauen seien dabei schlechter dran. – Frau Weinzin­ger! Besonders die Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen – und das sind vor allem Frauen – profitieren davon, bei diesen wird es zusätzlich zu einer Entlastung von 440 € pro Jahr kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Sicherung des österreichischen Wirtschafts­standortes ist es aber auch wichtig, dass die Körperschaftssteuer abgesenkt wird, denn immerhin arbeiten 1,4 Millionen Arbeitnehmer in Kapitalgesellschaften. – Das sind über 60 Prozent der österreichischen Betriebe. Für den Wirtschaftsstandort Österreich und für die Sicherung der Arbeitsplätze in Österreich ist das immens wichtig, und darauf bin ich besonders stolz. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Lei, lei!)

13.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Dolinschek! Für „Rosstäuscherei“ ist in der XIX. GP ein Ordnungsruf erteilt worden, aber ich nehme an, Sie haben es nicht so ge­meint, oder? – Sagen wir es einmal so.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gartlehner. Redezeit: 5 Minuten. Kollege Prinzhorn übernimmt dann den Vorsitz. – Bitte.

 


13.01

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ge­schätzte Herren auf der Regierungsbank! Dem Sigi Dolinschek sei ins Stammbuch geschrieben: Ich kenne dich als redlichen Makler, aber der Kärntner Wahlkampf hat auch hier deine Emotionen zu sehr nach oben getrieben. Die Unterstellung, dass Jörg Haider diese Steuerreform gemacht hätte, hat sogar dem Herrn Bundeskanzler ein Lachen abgezwungen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Lieber Kollege Dolinschek! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde heute angesprochen, die Börse Wien entwickle sich auf Grund der wirtschaftlichen Aktivitäten dieser Bundesregierung so toll. Ich glaube, die Börse Wien profitiert in erster Linie davon, dass in den letzten Jahren staatliches Eigentum, staatliche Top-Betriebe ver­schleudert und unter ihrem Wert verkauft wurden. Diese Performance nimmt momen-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 84

tan die Börse Wien mit. Das ist ja nicht nur mein Standpunkt, sondern viele Experten sind ebenfalls dieser Meinung.

Abgesehen davon, dass natürlich an der Börse Wien ein „Lüfterl“ ganz positiv ist, bleibt doch zu befürchten, dass durch überhitzte Aktivitäten wieder große Mitnahmeeffekte entstehen werden. Auch der Abverkauf von Aktien wird oft angereizt, wenn die Ge­winne zu schnell eingefahren werden, und genau das passiert momentan an der Börse Wien. Ich glaube also, auch hier wären mehr Sorgfalt und mehr Sensibilität nutzbrin­gender und insgesamt besser.

Zur „größten Steuerreform“: Wenn man die absoluten Beträge hernimmt – wie der Bun­deskanzler sie erwähnt hat: 550 € Grasser-Finz und 350 € Edlinger vor sieben Jah­ren –, dann stimmt das natürlich nur ohne Gegenrechnungen, ohne Abgabenerhöhun­gen. Meine Damen und Herren! In Summe ist aus dieser „größten Steuerreform“ netto gerechnet natürlich nur eine bescheidene und von der Verteilung her – wie ich meine – sehr problematische Steuerreform übrig geblieben.

Die Freude darüber, dass zwei Millionen österreichische Arbeitnehmer keine Steuern mehr bezahlen, stellt sich letztendlich als sehr problematische Position heraus (Abg. Heinisch-Hosek: Bedauerlich!), denn diese Steuerfreiheit wird im Endeffekt dadurch erzielt, dass die Einkommen von sehr vielen Leuten sehr gering sind, dass die Einkom­men von immer mehr Menschen in Österreich immer geringer werden und daher eben immer mehr Leute keine Steuern zahlen. Ich glaube, es ist der falsche Anreiz, das hier so zu bewerben.

Man muss, gesamt gesehen, wirklich danach trachten, dass die Steuerpolitik ähnlich wie die Förderpolitik auf europäischer Ebene harmonisiert wird, um dadurch diesem Druck auf die Steuersätze und auf die Steuerquoten zu entkommen und so einem gerade jetzt in Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union eigentlich sehr unfairen Wettbewerb entgegenwirken zu können. Eine Harmonisierung der Steu­ersysteme in der Europäischen Union wäre tatsächlich angebracht, damit Produktivität und Performance, die absoluten und echten Leistungsdaten von Volkswirtschaften, wieder wirklich den Standortvorteil bestimmen können und nicht irgendwelche staats­politischen Eingriffe durch der Flat-Tax ähnliche Steuerquoten in der Slowakei oder in anderen Ländern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist auch festzuhalten, dass die Staats­schulden des Bundes nach wie vor weiter ansteigen und dass die Einsparungen aus­schließlich von den Ländern und Gemeinden kommen. Das ist natürlich auch eine sehr problematische Entwicklung, weil man jetzt schon sieht, dass die finanzielle Gebarung der meisten Gemeinden instabil wird und diese Einnahmenentfälle für die Gemeinden natürlich sehr negative Entwicklungen im ländlichen Raum nach sich ziehen.

Wenn man schon hier groß von Infrastruktur spricht, dann soll man auch schauen, dass der ländliche Raum stärker mit besserer Infrastruktur versorgt wird. Infrastruktur in Ballungsräumen zu entwickeln ist kein Problem. – Dort finanziert sie sich selbst. Wir brauchen jedoch Infrastrukturentwicklungen im ländlichen Raum – dort, wo es wirklich etwas kostet. Das muss finanziert werden – ob von den Gemeinden, von den Ländern oder vom Bund, ist letztlich egal –, sonst wird es in den nächsten Jahren zu großen Abwanderungen kommen.

Zum Thema Jobs und Infrastruktur kann ich nur sagen: Die Sockelarbeitslosigkeit ist in den letzten Jahren unter dieser Bundesregierung um 70 000 Menschen angestiegen. – Das ist keine kleine Zahl, sondern eine sehr problematische Entwicklung. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten hat sich dramatisch erhöht, und der positive Beschäftigtenzu­wachs generiert sich im Wesentlichen aus diesen Entwicklungen im Niedrigeinkom­mensbereich.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 85

In Summe ist Österreich sehr wohl noch ein guter Platz zum Leben und auch zum Arbeiten, aber die Bundesregierung wird gut daran tun, die Politik zu ändern, damit es auch so bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.07

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.07

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Diese Steuerreform ist ein Paukenschlag. Sie haben die definitiven Zahlen gehört. Mit diesen drei Bereichen – Familie, Tarifentlastung und Wirtschaft – ergibt sich das genannte Volumen von 3 Mil­liarden €. Das hatten wir noch nie in Österreich!

Wenn ich Ihrer Erinnerung ein bisschen nachhelfen darf: 1989 hat Herr Finanzminister Lacina eine Steuerreform in der Höhe von 0,8 Milliarden € zustande gebracht. Es folgte Finanzminister Edlinger mit einem Steuerreformvolumen von 1,2 Milliarden €. Jetzt haben wir durch Finanzminister Grasser und unseren Herrn Staatssekretär Finz für die Jahre 2004 und 2005 ein Volumen von 3 Milliarden €.

Sehr geehrte Damen und auch Herren von der Opposition! Vielleicht ist ja das Einzige, was Ihnen nicht gefällt, dass Sie diese Reform nicht selber umsetzen können. Gerade als Unternehmerin freue ich mich sehr, dass es uns gelungen ist, die Körperschafts­steuer von 34 auf 25 Prozent zu senken. – Das ist wirklich ein großer Wurf! Das hilft uns, international wettbewerbsfähiger zu sein, es dient zur Standort- und Arbeitsplatz­sicherung und stärkt natürlich auch die Finanzkraft unserer Wirtschaft. Denken Sie an Basel II, denken Sie daran, wie notwendig es ist, dass die Eigenkapitaldeckung unserer Unternehmen gestärkt wird! (Beifall bei der ÖVP.)

Als Unternehmerin gratuliere ich auch unserer Kollegin Frau Dr. Bleckmann, die die Wirtschaftsspiele „DKT“ verteilt hat. Die einzige Bitte: Vielleicht nehmen Sie das nächste Mal ein paar mehr von dieser Sorte mit!

Ich bitte Sie von der Opposition in diesem Zusammenhang auch, sich von jenen ver­zerrten alten Bildern zu lösen, in denen die Unternehmer und Unternehmerinnen primär Geld scheffeln und sich bei der nächsten Gelegenheit womöglich von den Mit­arbeitern und Mitarbeiterinnen verabschieden. Das ist einfach nicht mehr Realität! Wir – der Großteil der KMUs, die zehn Mitarbeiter haben – investieren, wenn wir Ge­winne machen. (Abg. Sburny: Schauen Sie sich einmal die Statistiken von Vermögen und Einnahmen an! Vielleicht lesen Sie einmal die Statistiken!) Wir schaffen neue EDV-Systeme und Maschinen an, und selbstverständlich schaffen wir neue Arbeits­plätze, um unsere eigenen Ressourcen zu verbreitern.

Lösen Sie sich bitte von diesen alten Diktionen und Bildern, die überhaupt nichts mit der Realität zu tun haben!

In diesem Zusammenhang möchte ich jetzt den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Molterer, Scheibner, Felzmann, Buchner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die größte Steuerentlastung der Zweiten Republik einbringen.

Gemäß § 55 Abs. 3 GOG in Verbindung mit § 53 Abs. 4 GOG möchte ich die Kern­punkte kurz erläutern. Diese sind:

Große Reform des Einkommensteuer- und Lohnsteuertarifs;

Einkommensstärkung für die Familien;

Anhebung der Pendlerpauschale;


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 86

die Senkung des Körperschaftssteuersatzes auf 25 Prozent;

anstelle der bestehenden Organschaftsregelung tritt eine moderne, internationale, attraktive Gruppenbesteuerung;

die steuerliche Abzugsfähigkeit bestimmter versicherungstechnischer Rückstellungen wird verbessert;

die Schaumweinsteuer wird abgeschafft, die Biersteuer wird gesenkt;

für die Landwirtschaft benötigter Treibstoff – der Diesel – wird steuerlich entlastet;

Anhebung der Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages, Einführung einer allgemeinen Pau­schalierung für Kleinunternehmer;

Setzung von Schwerpunkten in der Bekämpfung des Steuerbetrugs.

Schließlich noch einige Zahlen: Sie wissen wahrscheinlich, dass es in Österreich 300 000 Unternehmer gibt. 100 000 sind Kapitalgesellschaften, 200 000 sind Einzelge­sellschaften, Personengesellschaften. Die Kapitalgesellschaften erreichen wir mit der Senkung der Körperschaftssteuer auf 25 Prozent. Die andere Gruppe haben wir bereits mit der Definition des halben Steuersatzes auf nicht entnommene Gewinne erreicht. (Abg. Öllinger: Nein! Das stimmt doch nicht! – Abg. Sburny: Aber nur, wenn sie Ge­winne haben! Sie werden doch nicht behaupten, dass alle Gewinne haben! 47 Prozent haben keinen!) Unterm Strich sind es 90 Prozent der Unternehmer.

Ob es Ihnen gefällt oder nicht: Wir erreichen das! Und ich würde gerne mit Ihnen auf diese Steuerreform anstoßen – passenderweise mit einem Gläschen Sekt, weil auch dieses wird uns ja in Zukunft durch die Abschaffung der Schaumweinsteuer noch besser schmecken. (Beifall bei der ÖVP.)

13.12

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Felzmann in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Felzmann, Bucher, Kolleginnen und Kollegen ist gemäß der Geschäftsord­nung verteilt worden, wird dem Stenographischen Protokoll beigedruckt und ist somit eingebracht.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Felzmann, Bucher, Kolleginnen und Kol­legen betreffend die größte Steuerentlastung der Zweiten Republik

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1, Erklärungen des Bundes- u. des Vizekanz­lers zum Thema „Die Steuerentlastung bringt Aufschwung für Wirtschaft und Arbeit“

Die zentralen Anliegen dieser Regierungskoalition im Bereich der Budget- und Finanz­politik sind ein ausgeglichener Haushalt über einen Konjunkturzyklus hinweg sowie die Senkung der Steuern- und Abgabenquote auf unter 40% bis zum Jahre 2010.

Im Regierungsübereinkommen wurde daher die größte Steuerentlastung der Zweiten Republik mit einem Volumen von 3 Mrd. Euro vereinbart, wodurch die Steuern- und Abgabenquote bis zum Jahre 2005 auf unter 42,5% gesenkt werden soll.

Für diese Steuerreform hat sich die Regierungskoalition folgende Ziele gesetzt:

Stärkung des Wachstumspotentials

Verbesserung der Standortattraktivität


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 87

Entlastung des Faktors Arbeit

Setzung umweltschonender Maßnahmen

Verbesserung der Eigenkapitalbasis insb. bei KMU

Erhöhung der Kaufkraft

Erhöhung der Steuergerechtigkeit

Vereinfachung des Steuersystems (u.a. Abschaffung Bagatellsteuern, einfacherer Steuertarif, Pauschalierung von Abgaben)

Wenige Monate nach Antritt der neuen der neuen Regierung im Februar 2003 – wurde bereits die erste Etappe der Steuerreform mit einem Nettoentlastungsvolumen von 500 Mio. Euro vom Parlament beschlossen. Die wesentlichen Schwerpunkte dieser Etappe, welche mit 1.1.2004 in Kraft getreten ist, sind:

Entlastung unterer und mittlerer Einkommen durch Erhöhung der Steuerfreigrenze im Bereich der Einkommensteuer und Lohnsteuer (Bruttojahreseinkommen bei Arbeitneh­mern von 14.500 €, bei Pensionisten von 12.500 € und bei Selbständigen 8.888 € steuerfrei); damit sind von ca. 5,9 Mio. Steuerpflichtigen insgesamt 2,4 Mio. steuerfrei gestellt.

Förderung der Eigenkapitalbildung im Unternehmen durch Einführung einer Begünsti­gung nicht entnommener Gewinne für Einzelunternehmer und Personengesellschaften

Verstärkung der ökologischen Komponenten im österreichischen Steuersystem im europäischen Gleichklang (Energiesteuern und Mineralölsteuern)

Entlastung im Bereich der Lohnnebenkostensenkung für ältere Arbeitnehmer, wodurch gemeinsam mit früheren Maßnahmen eine deutliche Kostensenkung des Faktors Arbeit erreicht wurde (Summe seit 2000 648 Mio. €)

Abschaffung der 13. Umsatzsteuer – Sondervorauszahlung ab 2003

Für die im Regierungsprogramm vorgesehene zweite Etappe der Steuerreform hat die Bundesregierung nunmehr folgende konkrete Steuerentlastungsmaßnahmen verein­bart, durch die sichergestellt werden soll, dass das eingangs erwähnte Entlastungs­volumen erreicht wird. Einige dieser Maßnahmen sollen bereits für das Jahr 2004 wirk­sam werden. Darüber hinaus sollen wichtige Schritte zur Vereinfachung des Steuer­systems gesetzt werden.

1. Große Reform des Einkommensteuer-/Lohnsteuertarifes

Der Einkommensteuertarif soll ab dem 1. Jänner 2005 einer grundlegenden Struktur­reform unterzogen werden. Es sollen an Stelle von Grenzsteuersätzen Durchschnitts­steuersätze eingeführt werden, was eine enorme Vereinfachung und Transparenz des Tarifs nach sich ziehen würde. Dadurch soll es dem Durchschnittsbürger ermöglicht werden, die Lohn- oder Einkommensteuer selbst zu berechnen. Da vor allem das Ein­schleifen des allgemeinen Absetzbetrages bisher ein beachtliches Hindernis darstellte, soll dieser in den neuen Tarif 2005 integriert werden, damit über eine sehr einfache Formelberechnung die zutreffende Steuer sehr rasch ermittelt werden kann.

Aus dem neuen Tarif 2005 wird sich ein mit der Einkommenshöhe stetig steigender Grenzsteuersatzverlauf ergeben. Bislang haben hingegen die Grenzsteuersätze stark nach oben und nach unten geschwankt. Das heißt, dass sie teilweise bei niedrigeren Einkommen höher waren, als in darüber liegenden Einkommensstufen. Durch den neuen Tarif ergibt sich der Effekt, dass die neuen Grenzsteuersätze über weite Be­reiche geringer sind als die alten. Neben einer Steuerentlastung für alle wird der Tarif 2005 eine dauerhaft leistungsfreundliche und leistungssteigernde Wirkung garantieren.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 88

Die in zwei Etappen angelegte große Tarifreform soll garantieren, dass alle Steuer­pflichtigen im Verhältnis 2003 zu 2005 zwischen 679 Euro und 144 Euro pro Jahr entlastet werden. Der Schwerpunkt der Entlastung soll bei kleineren und mittleren Ein­kommen gesetzt werden.

Mit der ersten Etappe 2004 wurden bereits 200.000 Personen zusätzlich steuerfrei gestellt, durch die zweite Etappe werden weitere 150.000 Personen steuerfrei gestellt werden, sodass von 5,9 Millionen Steuerpflichtigen daher ab 1.1.2005 2,550.000 Per­sonen keine Steuer zahlen werden.

Durch diese Maßnahme wird sich eine Steuerentlastung von 1.100 Mio. € ergeben.

2. Einkommensstärkung für Familien

Kinderzuschlag zum Alleinverdiener(erzieher)absetzbetrag

Alleinverdienerhaushalte zählen nach einer Vielzahl von Studien zu den besonders ar­mutsgefährdeten Gruppierungen. In Österreich gibt es derzeit 900.000 Alleinverdiene­rInnen, davon 100.000 AlleinerzieherInnen. Es ist dieser Koalition ein großes Anliegen, diese Gruppierung zu entlasten. Dazu kommt ein Weiteres: Doppelverdienerhaushalte profitieren zweimal von der Tarifentlastung, während dies bei einem vergleichbaren Alleinverdienerhaushalt nur einmal der Fall ist. Verbesserungen im Bereich der Allein­verdienerInnen würden diesen Nachteil teilweise ausgleichen.

In diesem Sinne sollen Kinderzuschläge zum Alleinverdiener- und Alleinerzieher­absetzbetrag eingeführt werden. Da der Alleinverdiener(erzieher)absetzbetrag zu einer Negativsteuer – nunmehr einschließlich der Kinderzuschläge – führen kann, würde sich für diese Zielgruppe auch die Negativsteuer erhöhen. Die Kinderzuschläge sollen für das erste Kind 130 €, für das zweite Kind 175 € und für das dritte und jedes weitere Kind 220 € betragen.

Anhebung der Zuverdienstgrenze beim Alleinverdienerabsetzbetrag

Um das Familienpaket abzurunden, soll die Zuverdienstgrenze beim Alleinverdiener­absetzbetrag mit Kind, und zwar von 4.400 € auf 6.000 €, deutlich angehoben werden. Sowohl die neuen Kinderzuschläge beim Alleinverdiener(erzieher)absetzbetrag als auch die Anhebung der Zuverdienstgrenze würden vor allem den Frauen zu Gute kommen , da sie im Durchschnitt weniger verdienen und insbesondere Frauen unter die Gruppe der AlleinerzieherInnen fallen.

Alle diese Maßnahmen im Familienbereich sollen bereits für das gesamte Jahr 2004 gelten. Die Berücksichtigung soll zum Teil über die laufende Lohnverrechnung durch den Arbeitgeber (ab Gesetzesbeschluss), zum anderen Teil (vor Gesetzesbeschluss) durch eine Aufrollung noch im Jahr 2004 erfolgen.

Durch die beiden Maßnahmen wird sich eine Steuerentlastung von 230 Mio. € erge­ben.

3. Anhebung Pendlerpauschale

Das Pendlerpauschale soll generell um etwa 15% angehoben werden, womit die Kostenerhöhungen für die Wegstrecke Wohnung – Arbeitsstätte pauschal abgegolten werden.

Die Anhebung des Pendlerpauschales wird zu einer Entlastung von 20. Mio. € führen und soll bereits für das gesamte Jahr 2004 gelten.

4. Körperschaftsteuersatz

Um auch den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Österreich weiter abzusichern und zu stärken, soll der Körperschaftsteuertarif ab 2005 von derzeit 34% auf 25% gesenkt


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 89

werden. Die Bemessungsgrundlage soll durch die Abschaffung der Eigenkapitalzu­wachsverzinsung sowie der Abschaffung der steuerfreien Übertragung stiller Reserven verbreitert werden.

Nach Berechnungen des WIFO und des IHS liegt die effektive Körperschaftsteuer­belastung in Österreich derzeit zwischen 27% und 29%, währenddessen eine Reihe von europäischen Staaten Nominalsätze von 20% oder darunter aufweisen. Auf Grund des neuen Tarifes 2005 soll die effektive Körperschaftsteuerbelastung in etwa bei 21% liegen.

Zur Sicherung und Attraktivierung des Arbeits- und Wirtschaftsstandortes Österreich ist es wirtschaftspolitisch erforderlich, den Körperschaftsteuersatz abzusenken. Diese Maßnahme kommt selbstverständlich in einem beachtlichen Umfang den Arbeitneh­mern zu Gute. Sie verhindert Betriebsabwanderungen und dient damit der Sicherung österreichischer Arbeitsplätze.

Bereits in der ersten Steuerreformetappe kam den Einzelunternehmern und Personen­gesellschaften durch die Steuersatzbegünstigung für nicht entnommene Gewinne eine Steuerentlastung von 400 Mio. Euro zu Gute.

Ziel ist es, mit den Maßnahmen der ersten und zweiten Steuerreformetappe die breite Masse der Klein- und Mittelbetriebe – die ein Steuervolumen von 7 Mrd. € aufbringt – zu entlasten. Gerade die Wirtschaftskraft der Klein- und Mittelunternehmen Österreichs ist eine wesentliche Stütze für den Arbeitsmarkt und die Beschäftigungssicherheit. Überdies „produzieren“ sie einen Großteil der Wertschöpfung.

Gesamtwirtschaftlich betrachtet, soll durch die geplante Körperschaftsteuersenkung einerseits und die Steuerentlastung über die Begünstigung nicht entnommener Ge­winne bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften eine gewichtige Stärkung der österreichischen Wirtschaft und damit die Sicherung von Arbeitsplätzen erfolgen.

Die Senkung des Körperschaftssteuertarifes wird eine Entlastung von 975 Mio. € nach sich ziehen.

5. Gruppenbesteuerung

An Stelle der bestehenden Organschaftsregelung soll eine moderne und international attraktive Gruppenbesteuerung treten. Dies aus folgenden Gründen:

Die heutige Organschaft ist antiquiert und entspricht nicht den heutigen Unternehmens­strukturen.

Andere Länder bieten deutlich attraktivere Systeme.

Es bestehen EU-rechtliche Bedenken.

Ziele einer neuen Gruppenbesteuerung sind:

Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreichs

Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft

Verlagerung von Headquarters sowie von Forschungs- und Entwicklungszentren nach Österreich

Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen

Mit folgenden Eckwerten der Neukonzeption einer Gruppenbesteuerung sollen diese Zielsetzungen erreicht werden:

Ab 51% Kapitalbeteiligung können die Ergebnisse von Mutter- und Tochterunterneh­mung wahlweise zusammengefasst besteuert werden (damit insbesondere Verlustaus­gleich möglich).


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 90

Gruppenbildung über die Grenze zulässig

Mehrmütterorganschaft möglich mit Erfordernis eines Kerngesellschafters (40%) – Joint Ventures

Dies wird zu einer Entlastung von 100 Mio. € führen.

6. Versicherungstechnische Rückstellungen

Die steuerliche Abzugsfähigkeit bestimmter versicherungstechnischer Rückstellungen soll ab 2005 verbessert werden. Bisher waren 14% der Rückstellungsdotierungen zur Schadensreserve nicht abzugsfähig. In Hinkunft sollen es nur noch 8% sein.

Die Entlastung wird 25 Mio. € betragen.

7. Abschaffung von Bagatellsteuern bzw. Senkung von Steuern

Die Schaumweinsteuer soll "abgeschafft" (Nullsatz) und die Biersteuer abgesenkt werden (von 2,08 € auf 2 € pro Liter). Einem nominellen Minderaufkommen stehen die fiskalischen Erträge aus einer höheren Wertschöpfung gegenüber.

8. Agrardiesel

Für die Landwirtschaft benötigter Treibstoff (Diesel) soll ab 2005 von der Mineralöl­steuer teilweise entlastet werden. Dies ist ein wichtiger Schritt für die Landwirtschaft, um die Wettbewerbsfähigkeit auf Grund ständig steigender Produktionskosten zu ge­währleisten.

Die Nettoentlastung wird 50 Mio. € betragen

9. Pauschalierung

Es gibt derzeit sechs Pauschalierungsverordnungen, die wegen ihrer Unübersichtlich­keit nur in geringem Umfang in Anspruch genommen. Diese sollen in einer Verordnung gestrafft, zusammengeführt und damit eine allgemeine Vereinfachung der Pauschalie­rungsregelungen erreicht werden.

Gebrauch machen können nur Unternehmer, die

keine Handelsbilanz erstellen müssen,

steuerlich nicht bilanzierungspflichtig sind,

steuerlich nicht freiwillig bilanzieren.

Die Pauschalierung wird damit für 200.000 bis 300.000 Unternehmer bzw. Freiberufler möglich werden.

Pauschaliert wird der Gewinn als solcher. Die Einnahmen müssen aber in tatsäch­lichem Ausmaß erfasst werden (wegen der Umsatzsteuer).

Die Pauschalierung leitet sich von steuerlichen Vergangenheitsergebnissen – also den vergangenen Gewinnen – ab. Der Pauschalierungsgewinn ergibt sich aus dem Durch­schnitt der Gewinne der letzten Jahre. Als Referenzjahre (Beobachtungszeitraum) wer­den die Jahre 2001, 2002 und 2003 festgelegt.

Die Pauschalierung soll für die Jahre 2005, 2006, 2007 und 2008 gelten. Der sich nach der Durchschnittsermittlung ergebende Gewinn soll jeweils pro Jahr um 5% angehoben werden. Für 2005 ist jedenfalls ein Mindestgewinn von 15.000 € anzusetzen.

10. Betrugsbekämpfung

Die substantielle Unternehmenssteuerreform soll mit einer verstärkten Bekämpfung des Steuerbetrugs verknüpft werden, um der steuerlichen Illegalität entgegenzuwirken. Dazu wird ein Bündel von Maßnahmen in Aussicht genommen, u.a.:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 91

Verschärfung des Finanzstrafrechts

Aktion scharf bei den Prüfungshandlungen

Ausweitung des "normalen" Prüfungszeitraumes von 3 auf 5 Jahre

Verstärkung der personellen Ressourcen im Prüfungsbereich

Strafbefreiende pauschale Steuernachzahlungsmöglichkeit für das Jahr 2001 und die Vorjahre

Diese größte Steuerentlastung der Zweiten Republik ist dazu geeignet, den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig abzusichern und eine positive Entwick­lung unseres Landes auch in den nächsten Jahren sicherzustellen. Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass sich das BIP durch ein Ansteigen der Binnennachfrage um bis zu 0,4% im Jahr 2005 und um bis zu 0,5% im Jahr 2006 erhöhen wird. Dadurch wer­den tausende neue Arbeitsplätze geschaffen bzw. erhalten. Aus diesen Gründen treten die Abgeordneten dafür ein, dass eine für die Umsetzung der zweiten Etappe der Steu­erreform notwendige Regierungsvorlage möglichst rasch dem Nationalrat zugeleitet wird, damit dieser jedenfalls noch im Mai 2004 den entsprechenden Gesetzesbe­schluss fassen kann.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat begrüßt daher die von der Bundesregierung in Aussicht genommene Steuerreform und ersucht den Bundesminister für Finanzen , eine für die Umsetzung der zweiten Etappe der Steuerreform notwendige Regierungsvorlage mit folgenden Schwerpunkten bis spätestens Ende April 2004 dem Nationalrat zuzuleiten:

Große Reform des Einkommensteuer-/Lohnsteuertarifes (Bruttojahreseinkommen bei Arbeitnehmern von 15.770 €, bei Selbständigen von 10.000 € und bei Pensionisten von 13 500 € steuerfrei; Durchschnittssatztarif bei gleichzeitiger Senkung der Steuerlast)

Einkommensstärkung für Familien: Neue Kinderzuschlagsstaffel zum Alleinverdie­ner(erzieher)absetzbetrag, Anhebung Zuverdienstgrenze beim Alleinverdienerabsetz­betrag

Anhebung Pendlerpauschale generell um ca. 15%

Körperschaftsteuersatz wird auf 25% abgesenkt. Die Bemessungsgrundlage wird durch Abschaffung der Eigenkapitalzuwachsverzinsung sowie der Abschaffung der steuerfreien Übertragung stiller Reserven verbreitert.

An Stelle der bestehenden Organschaftsregelung tritt eine moderne, international attraktive Gruppenbesteuerung.

Die steuerliche Abzugsfähigkeit bestimmter versicherungstechnischer Rückstellungen wird verbessert.

Die Schaumweinsteuer wird "abgeschafft" (Nullsatz) und die Biersteuer wird abgesenkt (auf einen runden Satz).

Für die Landwirtschaft benötigter Treibstoff (Diesel) wird entlastet.

Einführung einer allgemeinen Pauschalierung für Kleinunternehmer (ersetzt sechs nebeneinander bestehende Regelungen)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 92

Setzung von Schwerpunkten in der Bekämpfung des Steuerbetrugs

Anhebung der Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages (von derzeit 75 € auf 100 €)

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Steibl – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Sburny –: Sie sind vorher verdrängt worden, vom Kollegen Pilz! So ist das bei den Grünen! Da verdrängen die Männer die Frauen!)

 


13.13

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Nein, nein! Bei uns gibt es ein anderes System als bei Ihnen! – Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich finde es bemerkenswert, mit welcher Unverfrorenheit der Sonderklasse die Mitglieder der Regierungsfraktionen hier behaupten, dass alle von dieser Steuerreform profitieren. (Staatssekretär Dr. Finz: Alle Steuerzahler!) – Alle Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, das behaupten Sie ja auch immer.

Sie können uns da wirklich viel erzählen. Es ist immer schwierig, wenn das Fernseh­publikum solche Zahlen hört, denn man kann das ja so schnell nicht überprüfen. Manche können das jedoch: Was, glauben Sie, denken sich diejenigen, die jetzt gerade ihre Pension oder ihr Gehalt bekommen haben und sehen, dass sie im Jän­ner 2004 definitiv weniger haben als im Dezember 2003? Was, glauben Sie, denken sich die, wenn Sie hier behaupten, alle bekommen mehr? (Staatssekretär Dr. Finz: 2005! – Zwischenruf des Abg. Mag. Tancsits.) – Ja, nur Sie reden die ganze Zeit davon, dass alle davon profitieren. Die Leute glauben das ja! (Staatssekretär Dr. Finz: 2005!) – Ja, irgendwann. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich rede noch überhaupt nicht davon, dass die Leute über die Abgaben sowieso schon viel mehr zahlen, als sie bekommen, selbst jene, die vielleicht definitiv von der Reform profitieren werden, sondern ich rede davon, dass es wirklich dazu kommt, dass Leute definitiv weniger bekommen als vorher.

Dasselbe passiert mit den Unternehmen – sei es nun mit den kleinen Unternehmen, mit Personengesellschaften oder zum Beispiel auch mit Freiberuflern und Freiberufle­rinnen, denn von denen redet zum Beispiel überhaupt niemand mehr.

Bei der KöSt – bei der Körperschaftssteuer – erfassen Sie die großen Kapitalgesell­schaften und einen Teil der Personengesellschaften. Mit den nicht entnommenen Ge­winnen erfassen Sie – so behaupten Sie – alle Personengesellschaften, Einzelunter­nehmen, was nicht wahr ist, weil 47 Prozent keinen Gewinn machen, also von dieser steuerlichen Begünstigung nicht entnommener Gewinne überhaupt nicht profitieren können. Wovon Sie überhaupt nicht reden, sind die Freiberufler und Freiberuflerinnen, die nämlich weder von der Senkung der KöSt profitieren, noch von den nicht entnom­menen Gewinnen, weil sie dort ausgenommen sind. (Beifall bei den Grünen. – Staats­sekretär Dr. Finz: ... Einkommensteuer ...!)

Das heißt, Sie stellen halt einfach einmal Zahlen in den Raum. – Ob die richtig sind oder nicht, werden die Leute daran ermessen können, was sie herausbekommen. (Abg. Dr. Sonnberger: Gott sei Dank!) – Ja, Gott sei Dank – für wen, wird sich noch zeigen.

Ich möchte noch einmal auf die Gegenfinanzierung zurückkommen, weil Sie so stolz sind, dass Sie keine Gegenfinanzierung für Ihre Steuerreform vorgelegt haben. – Das ist ja der größte Schwindel! Es wird ja wohl wirklich niemand glauben, dass Sie keine Gegenfinanzierung brauchen, sondern die Frage ist nur, wo Sie das Geld hernehmen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 93

Das haben wir in der letzten Regierungsperiode schon gesehen: Sie nehmen es von den Universitäten, wo es auf einmal Gebühren gibt, Sie nehmen es vom Gesundheits­system, wo Sie Selbstbehalte planen, Sie nehmen es von den Pensionen, wo Sie die Leute zur privaten Vorsorge zwingen.

Es ist also nicht so, dass Sie keine Gegenfinanzierung planen. Sie sagen es nur ein­fach nicht, und die Leute werden es beim nächsten Sparpaket dann wieder zu spüren bekommen. Ich finde es ehrlicher, jetzt zu sagen, wie so eine Steuerreform gegen­finanziert werden könnte – wenn man sie schon macht –, als zu sagen, wir brauchen keine Gegenfinanzierung. Verwaltungsreform, sagt der Herr Staatssekretär: Ich bin neugierig darauf, wie Sie mit einer Verwaltungsreform diese Summen einsparen wer­den.

Uns können Sie, wie gesagt, viel erzählen. Wir können hier eine Diskussion führen. Die Leute werden sich jedoch selbst ein Bild darüber machen, was für sie herauskommt. (Beifall bei den Grünen.)

13.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit dieser Steuerreform ist der große Wurf gelungen. Es wurden seitens der Regierungs­parteien Fakten genannt, die zwar seitens der Opposition versuchsweise widerlegt worden sind, aber ich denke, der Zuhörer kann sich trotzdem ein Bild darüber machen, was tatsächlich zum Wohle Österreichs und seiner Bürger passiert ist.

Es geht um eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, um die Sicherung des Wirt­schaftsstandortes, um die Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze, und es geht vor allen Dingen auch darum, Investitionsentscheidungen zugunsten des Standortes Österreich zu treffen, was, wie wir sowohl vom Bundeskanzler als auch vom Vize­kanzler vernommen haben, ja mittlerweile mehrfach geschehen ist.

Wie äußert sich die Opposition – Sozialdemokratie und Grüne – dazu? – Durch Krank­jammern! Der Vorsitzende der Sozialdemokraten Gusenbauer bezeichnet diese Steu­erreform als eine zu spät kommende, eine, die zu wenig bringt, als vertane Chance. Richtig ist vielmehr: Die Steuerreform kommt nicht zu spät, sondern zum richtigen Zeitpunkt. Der Staatshaushalt mit dem Schuldenberg, den Sie als Regierungspartei hinterlassen haben – ich richte mich da an die Sozialdemokratie –, musste erst kon­solidiert werden. – Das war der erste Schritt.

Dann gab es den ersten Schritt der Steuerreform, der bereits vollzogen ist und seit 1 Jänner 2004 gilt. Geschätzte Damen und Herren! Der zweite Schritt der Steuerre­form – Sie sollten das alles im Paket sehen – wird mit 1. Jänner 2005 wirksam werden. Es ist eine richtige Signalwirkung zum richtigen Zeitpunkt, um ein Anziehen der Kon­junktur – und das sagen uns die Wirtschaftswissenschafter voraus – zu verstärken.

Es erfolgt eine Entlastung der Familien, es wird dadurch zur Arbeitsplatzsicherung bei­getragen und es werden vor allen Dingen auch durch Investitionsentscheidungen neue Arbeitsplätze in Österreich geschaffen.

Geflissentlich verschweigen Sie immer das, was bereits vorher stattgefunden hat, welche Maßnahmen seitens der Bundesregierung erfolgt sind. Ich meine damit die Konjunkturpakete I und II und das Wachstumspaket. Hier wurde in Forschung und Ent­wicklung investiert, hier wurde ein Schwerpunkt auf Bildung, auf Ausbildung gelegt, hier wurde die Infrastruktur entsprechend gefördert und berücksichtig – also Dinge, die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 94

sich durchaus auch positiv auf ein Wirtschaftswachstum in dieser schwierigen weltwirt­schaftlichen Situation auswirken.

Zur Aussage, diese Steuerreform bringt zu wenig: Wenn ich an die letzte Steuerreform in der sozialistischen Ära unter Finanzminister Edlinger denke, so war dies eine Steu­erreform, die vom Volumen her nur ein Teil dessen war, was dieses Paket im Umfang von drei Milliarden € ausmacht.

Und wie wurde diese Steuerreform umgesetzt? – Es war dies ein Wahlzuckerl noch schnell vor der Wahl, ein Steuergeschenk, ohne vorher eine Konsolidierung des Staatshaushaltes einzuleiten. Nach der Wahl wurde dann die Rechnung bezahlt, aller­dings nicht von jenem, der diese Steuerreform eingeleitet hat, nämlich von Finanz­minister Edlinger – vulgo „Rudi Ratlos“, wie manche sagen –, diese Rechnung wurde von der nachfolgenden Regierung und von den Steuerzahlern bezahlt, und zwar ohne Vorbereitung auf diese Steuerreform. Ich vergleiche das mit einer Runde im Wirtshaus, die jemand ausgibt, der sich dann aber mehr oder weniger durch das Toilettenfenster verkrümelt. Genau das ist passiert. (Abg. Dr. Puswald: Ein geschmackloser Ver­gleich!) Aber zutreffend, wie ich meine. Das ist sozusagen die Steuerreformtaktik der SPÖ.

Nun zur vertanen Chance: Die SPÖ hat im Jänner dieses Jahres eine Sondersitzung verlangt. Dem Vernehmen nach sind bei der Klubsitzung vor dieser Sondersitzung ein Drittel der Abgeordneten anwesend gewesen (Abg. Neudeck: So viele?); also noch weniger als die möglicherweise sonst übliche Hälfte der Abgeordneten. Jetzt frage ich mich natürlich: Wie ernst nehmen die sozialdemokratischen Abgeordneten die angeb­lichen Anliegen der SPÖ selbst? (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Und wem ist dieses eine Drittel zuzuordnen? Da gibt es ja eine Gusenbauersche Klas­sifikation, die Sie kennen. Er hat am 30. Mai des Jahres 2000 vor einem Unternehmen behauptet, er hätte eine Dritteleinteilung seiner Abgeordneten: Ein Drittel der Abgeord­neten könnte dem Leistungsprinzip gerecht werden, ein Drittel der Abgeordneten würde dies nicht schaffen, ein Drittel sei resozialisierbar. Ich frage mich: Welches Drittel war bei dieser Klubsitzung? (Abg. Neudeck: Das vierte!) Ich weiß es nicht. So wie ich überhaupt nicht weiß, wer von Ihnen für Ihre Aussagen zur Steuerreform zu­ständig ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Die Zeit der Belastungen hat ein Ende. Es ist ein großer Wurf gelungen, der international Beachtung findet. Auch dies wurde bereits erwähnt. Ich bin froh darüber, dass es eine Politik gibt, die verantwortungsvoll ist, die zukunftsorientiert ist, die arbeitsmarktfördernd ist und die den Wirtschaftsstandort sichert, eine, wie ich meine, starke Politik für Österreich und seine Bürger. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.24

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Kollegen und Kolleginnen! Kollege Hofmann, wer so schlecht beim Zählen von einzelnen Abgeordnetenköpfen ist, sollte nicht mit Milliarden und Budgets jonglieren und schon gar nicht dafür verant­wortlich sein. Es tut mir Leid, Herr Kollege Hofmann! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neu­deck: Sie haben nicht zugehört!)

Aber nun ein paar Impressionen zur heutigen Debatte: Der Bundeskanzler, der Vize­kanzler – beide melden sich gleich zwei Mal während der Fernsehzeit zu Wort, aber das ist ja logisch – reden eine knappe Stunde zu ihrer angekündigten angeblichen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 95

Steuerreform und beide verschweigen sich sträflich zur Frage der Steuermoral, des Finanzskandals, des Steuerhinterziehungsskandals, der Spendenaffäre des Finanz­ministers. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Das ist ein sträfliches Verschweigen. Ich halte mich da an den Spruch: Wer nichts zu verbergen hat, braucht auch nichts zu verschweigen. Mittlerweile haben sich beide vertschüsst.

Interessanterweise hat sich der Herr Finanzminister – wahrscheinlich aus Sicherheits­gründen – zur Steuerreform heute ganz verschwiegen; so nach dem Motto: Sicher ist sicher, denn es könnte ihm ja etwas herausrutschen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Sburny.)

Nur ein kleines Faktum, warum es wirklich verwerflich, sträflich, ignorant und arrogant ist, dass beide sich hier der Debatte zu ihrer Erklärung entziehen: Nehmen Sie allein die Tatsache, dass zwischen den spät zugegebenen Millionen €, die geflossen sind, und den letztlich durch die Industriellenvereinigung selbst geouteten Millionen, die ge­flossen sind (Abg. Neudeck: Was heißt Millionen? Jetzt sollen es schon Millionen sein!), ein Differenzbetrag von 108 000 €, das sind 1,5 Millionen Schilling, liegt! (Staatssekretär Dr. Finz: Reden wir von Schilling oder von Euro?) Wissen Sie, wie hoch der Differenzbetrag ist? Das ist ein Betrag, für den ein durchschnittlicher Arbeit­nehmer oder eine Arbeitnehmerin mit einem Nettobezug von 1 000 € neun Jahre arbeiten muss. Und Sie reden von Kleinigkeit? Sie reden von Beschmutzung? Das ist die Tatsache! Neun Jahre muss ein Arbeitnehmer für diesen Differenzbetrag arbeiten. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) – Herr Kollege Finz, Sie waren ja der einzige Aktive. Sie haben sich hin und wieder den Schweiß von der Stirne ge­wischt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Aber Sie wissen mittler­weile, dass es sich in Wirklichkeit um 352 000 handelt. Das ist die Wahrheit.

Und dann sind Sie so mutig und bringen einen Entschließungsantrag ein – die neue Kollegin hat ihn verlesen (Abg. Neudeck: Neue Kollegin?) –, in dem es eine Passage zur Betrugsbekämpfung gibt. Sehr spannend! Nicht ich behaupte das – aber ich be­haupte es auch und sage es –, sondern eigenartigerweise ist mein Kronzeuge der Herr Justizminister mit seiner gestrigen Aussage. Sie schreiben da von einer Verbesserung der Betrugsbekämpfung, doch in Wirklichkeit ziehen Sie die Beamten ab, Sie behin­dern Verfahren und Erhebungen und machen den Vollzug dieser Betrugsbekämpfung unmöglich. Das ist Fahrlässigkeit, das ist Vorsätzlichkeit! Das sagen nicht Trunk und die Opposition, sondern selbst Justizminister Böhmdorfer in der Causa des Finanz­ministers. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Da der Herr Bundeskanzler von erfolgreichem Privatisieren parliert: Was ist die Wahr­heit? – Die Wahrheit ist, dass heute in Klagenfurt als Konsequenz der Voest-Privatisie­rung die voestalpine Stahl GmbH mit 25 Beschäftigten geschlossen wurde, zugemacht wurde. Das sind ja nur 25 betroffene Menschen, die arbeitslos geworden sind mit dem heutigen Tag. Die interessieren Sie nicht, uns aber sehr wohl!

Zweiter Punkt: Worüber haben wir denn heute eigentlich debattiert? – Über eine Punk­tation, jetzt über einen Entschließungsantrag, über eine Presseunterlage – die Werbe­kampagne mit Infotelefon ist schon fertig; mir tun die Menschen Leid, die an diesem Infotelefon sitzen werden, denn ich weiß nicht genau, was sie dort ankündigen werden außer dem, was der Herr Bundeskanzler vermeint hat –, aber es gibt keinen Gesetz­entwurf! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Sie selbst erklären in Ihrer Presseaus­sendung von gestern, dass dieser Mitte Februar oder so vorliegen wird.

Wissen Sie, was das ist? – Das ist wiederum ein vorsätzlicher untauglicher Versuch des Bundeskanzlers und seiner Mannschaft und Frauschaft, abzulenken und verges­sen zu machen, was sie versprochen haben, nämlich bis Ende 2003 eine Harmonisie­rung der Pensionssysteme vorzulegen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 96

Herr Bundeskanzlers! Mannschaft und Frauschaft! Nichts wird vergessen! Nichts wird in Vergessenheit geraten. Dieses Versprechen haben Sie gegeben und gebrochen.

Letzter Punkt ist die Frage: Warum hat sich eigentlich dieser Robin Hood aus Kärnten vor den Karren dieser Steuerreform spannen lassen? (Abg. Neudeck: Weil sie gut ist!) Warum? War es jetzt nur der Schüssel-Haider-Pakt – da geht es, wie wir wissen, um den Landeshauptmann-Sessel – oder war es doch ein bisschen mehr mit Abfangjäger und anderem? In Wirklichkeit muss sich dieser Herr Haider nämlich der Tatsache stel­len, dass er Kärnten drei Mal verraten hat: einmal, weil dem Budget des Landes Kärn­ten 20,5 Millionen € fehlen werden, zweitens, weil den Kärntner Gemeinden 20,8 Millio­nen € fehlen werden und drittens, weil jene Menschen, von denen er ununterbrochen spricht – ich nenne sie nicht so, er schon –, nämlich der kleine Mann, die kleine Frau, null € bekommen, wohl aber maximale Belastung.

Dagegen haben sich alle Bürgermeister in Kärnten ausgesprochen, allen voran der Vertreter des Bürgermeisters der Stadt Klagenfurt – Kollegin Scheucher ist auch nicht da –, Finanzstadtrat Zwick. Alle haben sich gegen diese Belastungs-, Steuer- und Bud­getpolitik der Bundesregierung ausgesprochen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich zitiere kurz – die Zeit ist knapp – Karl Klein, kein SPÖler, kein Gewerkschafter, nicht uns zuzurechnen. Er meint: Die, die die Zeche zahlen, werden nicht entlastet.

Auch Dirnberger von der ÖVP Niederösterreich sagt treffend, und dem ist wenig hinzu­zufügen: „Diese angekündigte Steuerreform ist eine weitere Ungerechtigkeit zu Lasten der ArbeitnehmerInnen und bringt weitere Privilegien für die Freunderl dieser Regie­rung.“

Das ist die Wahrheit, eine brutale Wahrheit zum Schaden Österreichs und seiner Men­schen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordnete Eßl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.30

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses! Das Thema heißt Steuer­entlastung und Standortsicherung, und ich darf mich beim Kollegen Prähauser recht herzlich bedanken, dass er die positiven Daten des Bundeslandes Salzburg entspre­chend herausgestrichen hat. Es ist in der Tat so, dass die Wirtschaftsregion Salzburg, was Kaufkraft und Regionalprodukt pro Einwohner betrifft und auch was die niedrige Arbeitslosenrate betrifft, jeweils auf dem zweiten Platz im Ranking der Bundesländer in Österreich liegt. Was Kollege Prähauser natürlich nicht dazugesagt hat, ist, dass die Wirtschaftspolitik in Salzburg von der ÖVP gemacht wird und dass – offensichtlich auch mangels Wirtschaftskompetenz in den Reihen der sozialistischen Regierungsmit­glieder – heute jener Umweltlandesrat gelobt wurde, der eigentlich schon gesagt hat, er wird nicht mehr kandidieren für die Zukunft. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abge­ordneten von SPÖ und ÖVP.)

Aber es ist so, dass man in Salzburg durchaus auch von den Erfolgen der ÖVP leben kann. (Abg. Öllinger: Ja, ja! Das glaubst du ja selber nicht!) Salzburg ist auch, was die Anzahl der unselbständig Erwerbstätigen betrifft, ein Musterland, das im Jahre 2003 gegenüber 1999 ein Plus von 9 280 Beschäftigten aufweist; im Gegensatz zu Wien mit minus 13 800 Beschäftigten.

Kollege Cap hat erwähnt, man sollte Wien nicht schlecht machen: Ich betone: Die Wie­ner sind nicht schlecht, und Wien ist auch nicht schlecht (Ruf bei der SPÖ: Schlecht ist


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 97

die Bundesregierung!), schlecht ist die rote Regierung in Wien: Und hier sollte man Änderungen vornehmen. (Beifall bei der ÖVP)

Wenn nun diese SPÖ hier im Hohen Haus, im Parlament gegen die Steuerreform und damit gegen die vielen positiv betroffenen Menschen in Österreich auftritt, dann zeigt das wieder einmal, dass man einfach nicht gewillt ist, Reformen umzusetzen und Reformen zu tragen.

Schauen wir vielleicht auch in unser Nachbarland, nach Deutschland, wo Rot-Grün regiert. Da bastelt man immer noch an einer Steuerreform (Abg. Mag. Kogler: Sie haben keine Ahnung!), und vermutlich wird man sich dann in einiger Zeit abschauen, was in Österreich gemacht worden ist, um das vielleicht, eventuell nachzuvollziehen.

Die ÖVP mit Bundeskanzler Schüssel an der Spitze, diese unsere Bundesregierung sorgt zum richtigen Zeitpunkt für eine umfassende Reform, die jedem Steuerzahler und indirekt jedem Bürger in unserem Land Vorteile verschafft. (Ang. Mag. Kogler: Erst rechnen, dann sprechen!) Und sie schafft es – im Gegensatz zu den Vorschlägen der Sozialisten – ohne Gegenfinanzierung. Wir kennen die Vorschläge der Sozialisten, die da gelautet hätten: Erhöhung der Grundsteuer um etwa 1,3 Milliarden €, was jeden Grundbesitzer, jeden Häuselbauer und jeden Mieter treffen würde.

Abgesehen davon, dass mit dem Agrardiesel natürlich ein Wettbewerbsnachteil, den die Bauern bis jetzt gehabt haben, ausgeglichen wird – sie haben nämlich bis jetzt 40 Prozent höhere Kosten als die Mitbewerber zu tragen gehabt –, sind auch noch andere wesentliche Dinge in diesem Paket enthalten, die den Bürgern zugute kommen.

Ich darf noch darauf hinweisen, dass das kein Geschenk an die Bauern ist, sondern dass das eben den Wettbewerbsnachteil ausgleicht, und die Bauern werden es dan­ken, indem sie investieren. Die Bauern investieren insgesamt 6,82 Milliarden € pro Jahr.

Die Pendlerpauschaleerhöhung um 15 Prozent ist eine wichtige Angelegenheit, die noch zu berichten ist.

Zum Abschluss darf ich noch einmal darauf hinweisen und unseren Bundeskanzler unterstützen, der richtig und treffend gesagt hat: Österreich ist ein guter Platz zum Arbeiten, Österreich ist ein guter Platz zum Leben. Und ich füge hinzu: Diese Steuer­reform trägt dazu bei, dass dies so bleiben wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. (Abg. Bucher: §1: Finanzminister! – Abg. Mag. Ho­scher – auf dem Weg zum Rednerpult –: § 2: Er hat immer Recht!)

 


13.35

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, was uns Frau Kollegin Felzmann, die den Entschließungsantrag eingebracht hat, der offensichtlich das dürftige Steuerreform­konzept darstellen soll, das vorgelegt wird, mit dem Sekt sagen wollte. Ich weiß nicht, Frau Kollegin Felzmann, was wollen Sie den 2,2 Millionen Einkommensbeziehern in diesem Land sagen, die jetzt schon keine Steuer zahlen, weil ihr Einkommen zu gering ist? Sagen Sie denen: Trinkt ein Glaserl Sekt, denn darauf gibt es jetzt keine Steuer mehr. (Abg. Wittauer: Das ist keine Sozialleistung, sondern eine Steuerreform!)

Aber zurück zur Wirtschaft, wiewohl zumindest die FPÖ offensichtlich die Wirtschaft mit „DKT“ verwechselt. Das haben sie offensichtlich im Klub liegen, denn das teilen sie aus. Ich glaube, die Wirtschaft ist etwas komplizierter als „DKT“, aber möglicherweise wird sich das bis zur FPÖ auch noch herumsprechen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 98

Schauen wir uns einmal an, wie die Wirtschaft tatsächlich entlastet wird, und gehen wir einmal von der Körperschaftssteuer weg. Es werden rund 2 000 bis maximal 3 000 Un­ternehmen sein, die davon profitieren. Davon haben wir schon gesprochen. (Abg. Wittauer: Das ist schon falsch!) Ja, das sagen Sie. Sprechen wir noch von der Halb­satzbesteuerung der nicht entnommenen Gewinne. – § 2: Der Finanzminister hat immer Recht. Genau.

Da Kollege Stummvoll meint, der Vergleich macht uns sicher, ziehen wir einmal Zahlen heran, die aus der Wirtschaftskammer kommen, also nicht von der bösen Opposition, sondern aus der Wirtschaftskammer. Die Wirtschaftskammer geht von rund 320 000 Betrieben aus. Davon sind rund 65 000 Betriebe Kapitalgesellschaften. Die fallen einmal weg. Bleiben also noch 255 000 Personengesellschaften und Einzelunter­nehmen. (Abg. Neudeck: Die Kapitalgesellschaften haben den KöSt-Vorteil!) Wir be­schäftigen uns jetzt mit der Halbsatzbesteuerung, die gilt für die Kapitalgesellschaften nicht, wie Sie wissen. 60 Prozent dieser Personengesellschaften haben keine Ge­winne. Bleiben 102 000 Betriebe übrig. 80 Prozent davon – Zahlen von der Wirtschafts­kammer, nicht von uns – können zur Existenzerhaltung, weil sie das Geld nämlich brauchen, damit sie leben können, keine Gewinne stehen lassen. Es bleiben also sage und schreibe 20 400 Betriebe übrig, von denen wiederum 80 Prozent – wieder entspre­chend den Zahlen der Wirtschaftskammer – die Gewinne nicht sieben Jahre stehen lassen können, damit sie in den Genuss der Halbsatzbesteuerung kommen. Somit bleiben 4 080 KMU, die in den Genuss der Halbsatzbesteuerung kommen werden. Das sind 1,6 Prozent der 255 000 in der Kammer organisierten Personengesellschaften und Einzelunternehmen.

Wenn Sie also sagen, das ist eine breite Entlastung der Wirtschaft, dann sollten wir uns semantisch unterhalten, wie Sie „breit“ definieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Reden Sie einmal von den zusätzlichen Arbeitskräften, die dadurch be­schäftigt werden können!)

Betrachten wir einen der wichtigsten Wirtschaftszweige dieses Landes, nämlich – das wird Sie nicht verwundern – den Tourismus. Der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler haben es in rund 35 Minuten zusammengebracht, zwar angeblich viel über die Wirtschaft zu reden, den Tourismus aber mit keinem Wort zu erwähnen. Er trägt ja auch nur 18 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Er ist ein international anerkannter Wachstumsbereich und einer der wenigen Bereiche im Dienstleistungsbereich, der auch noch Beschäftigung schaffen kann. Gleichzeitig ist der Tourismus nach wie vor einer der Hochsteuerbereiche in diesem Land.

Jetzt schaut man sich das angebliche Reformkonzept an. Gibt es da wirklich eine Ent­lastung? – Nein, weit gefehlt. Kein Wort von einer Umsatzsteuersenkung und davon, dass beabsichtigt wäre, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, kein Wort zur not­wendigen Erhöhung des Abschreibungssatzes, obwohl das gerade für den Tourismus notwendig wäre und auch verfassungsrechtlich argumentierbar ist, kein Wort zu einer möglichen Vollpauschalierung und kein Wort – und vor allem kein Wort – zu einer Lohnnebenkostensenkung, die gerade in dem Bereich eklatant notwendig wäre. So haben wir beispielsweise eine Senkung des Beitragssatzes zum Familienlastenaus­gleich von 4,5 auf 3 Prozent vorgeschlagen. Das würde etwas bringen für den Touris­mus. Alles andere bringt in Wirklichkeit nicht viel. Was bleibt, ist dann – zugegebener­maßen – der Wegfall der Schaumweinsteuer und die Senkung der Biersteuer.

Es ist keine Rede mehr zum Beispiel von dem, was Minister Bartenstein bei den zwei­ten Schönbrunner Tourismusgesprächen noch im Oktober letzten Jahres vollmundig angekündigt hat, nämlich von einer Senkung – Abschaffung hat er sogar gesagt – der Gesellschaftssteuer und einer Abschaffung der Kreditvertragsgebühr. Wo steht das drinnen bei den Bagatellsteuern? Nichts! Kein Wort davon. Also offensichtlich kommu-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 99

nizieren der Finanzminister und der Staatssekretär auch nicht mit dem eigenen Wirt­schaftsminister.

Das heißt, in vielen Bereichen – um das abschließend zu bemerken – ist dieses „Steu­erreformkonzept“ – unter Anführungszeichen – ein reines Placebokonzept, aber im Tourismusbereich ist es eine völlige tourismuspolitische Bankrotterklärung. (Beifall bei der SPÖ.)

13.39

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Wittauer zu Wort. – Bitte.

 


13.39

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf wurde von der „Frankfurter Allge­meinen Zeitung“ – und man nicht kann sagen, dass die „Frankfurter Allgemeine Zei­tung“ ein freiheitliches Blatt ist – folgendermaßen beurteilt.

„Österreichs ... Regierung ist mit ihrem Entwurf zur Steuerreform ein großer Wurf ge­lungen.“ Ein großer Wurf gelungen!

Und weiters: Die vorgelegten Eckpunkte bringen dem Mittelstand deutliche Entlastung, die Senkung der Körperschaftsteuer macht Österreich auch für deutsche Unternehmen deutlich attraktiver. Diese Signale sind vier Monate vor der EU-Erweiterung enorm wichtig für die Unternehmen, die immer mehr den Wettbewerbsdruck durch die be­nachbarten Ostländer spüren. – Zitatende.

Der Wunsch der Opposition, diese Steuerreform mies zu machen, wird sicher nicht in Erfüllung gehen. Es ist zynisch, wenn die Opposition von uns eine Gegenfinanzierung verlangt. Hätten wir eine Gegenfinanzierung, dann würde die Opposition sagen, das ist Wählertäuschung.

Wenn Abgeordneter Kogler immer wieder diese Gegenfinanzierung in den Raum stellt, weil seiner Meinung nach sonst die Budgetdisziplin nicht zu halten sei, dann muss ich ihm eines sagen: Ausgabenseitig hat diese Regierung bewiesen, welche Einsparungen möglich sind. Dieses Jahr wird das Budgetdefizit wiederum unter einem Prozent liegen.

Machen Sie, meine Damen und Herren der Opposition, einmal Ihre Hausaufgaben, und verunsichern Sie nicht immer mit diesen Ihren Aussagen die Bevölkerung! (Abg. Sbur­ny: Wer wird es zahlen?) Die Steuerentlastung trägt freiheitliche Handschrift und wurde im Wesentlichen vom Landeshauptmann von Kärnten, Jörg Haider, verhandelt. Kärnten kann stolz sein, dass es solch einen Landeshauptmann hat.

Ziel war es, die Konjunktur zu stärken, den Standort Österreich attraktiv zu gestalten, Arbeit zu entlasten, umweltschonende Maßnahmen zu setzen, Klein- und Mittelbe­triebe an der Eigenkapitalbasis zu stärken, die Kaufkraft zu erhöhen, damit jeder mehr in seiner Geldtasche hat, die Steuergerechtigkeit zu erhöhen und zwecks Vereinfa­chung viele Bagatellsteuern abzuschaffen.

Das Wifo hat in einer Studie belegt, dass durch die Steuersenkung im Jahre 2005 7 000 neue Arbeitsplätze entstehen werden. Langfristig wird diese sich diese Zahl verdoppeln, das heißt fast 14 000 neue Arbeitsplätze. Der Standort Österreich wurde gegenüber den Ostländern gestärkt, und jeder weiß, wie die Slowakei mit ihrem Steuersatz die Autoindustrie zu Finanzierungen angeregt hat und dass dort Hunderte Millionen Euro investiert werden. Spanien hat es jetzt vor kurzem mit Seat erlebt, dort gibt es um 3 000 Arbeitsplätze weniger. Wir wollen das verhindern!

Das Wichtigste für uns Freiheitliche war und ist die Familie und die kleinen und mittleren Einkommen. Durch die erste Etappe der Steuerreform im Jahre 2004 wurden


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 100

bereits 200 000 Personen zusätzlich steuerfrei gestellt. Nach der zweiten Etappe, also 2005, werden weitere 150 000 Menschen dies in Anspruch nehmen können. Das heißt, von 5,9 Millionen Erwerbstätige werden 2 550 000 keine Steuern mehr zahlen.

Ich danke dieser Regierung dafür, und viele werden das Gleiche tun.

Zusätzlich wird der Kinderzuschlag zum Alleinerzieherabsetzbetrag erhöht, die Zuver­dienstgrenze beim Alleinverdienerabsetzbetrag wird von 4 000 € auf 6 000 € ange­hoben. 15 Prozent mehr macht die Pendlerpauschale aus. Das Ziel der freiheitlichen Politik war es immer, die Familien zu stärken und die mittleren und kleinen Einkommen zu entlasten. Wir können stolz darauf sein.

Auch die Landwirtschaft wird durch die Senkung der Mineralölsteuer endlich entlastet. Das wird die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft stärken, und die klein strukturier­ten Landwirtschaften wird es freuen, dass wir diese Maßnahme, die schon so lange gefordert wird, endlich umsetzen.

Die Opposition ist aufgefordert, einmal über ihren Schatten zu springen und die Regie­rung für diese außergewöhnlichen Leistungen zu loben. Wir sind die Garantie, dass es den Menschen in diesem Land weiterhin gut geht und sie eine gesicherte Zukunft haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


13.44

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die Bundesregie­rung unter Bundeskanzler Schüssel hat die größte Steuerentlastung der Zweiten Republik versprochen und dieses Versprechen auch gehalten (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn wir heute vom Kollegen Gusenbauer wieder gehört haben, diese Steuerreform bringe zu wenig und sei zu teuer, dann muss ich sagen, dass er sich jedes Mal erneut in einen Widerspruch verstrickt. Seit 1. Jänner 2004 werden bereits mit der gänzlichen Steuerfreistellung der kleinen Einkommen und der begünstigten Besteuerung der nicht entnommenen Gewinne für Einzelunternehmer und Personengesellschaften wesent­liche Schritte gesetzt.

Von der zweiten Etappe ab 2005, deren Volumen nicht weniger als 2,5 Milliarden € beträgt, profitiert jeder Steuerpflichtige in dieser Republik. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Neudeck.) Entweder kommt ihm unmittelbar die Tarifsenkung in der Lohn- und Einkommensteuer oder die Senkung des Körperschaftssteuersatzes zugute, was ein wesentlicher Standortfaktor zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen ist.

Für Kleinstunternehmer wird die Pauschalierung wesentlich vereinfacht, und zwar wird sie von derzeit sechs Pauschalierungsverordnungen auf eine einzige verständliche Pauschalierungsverordnung gestrafft. Was früher nicht möglich war, ist nun in Zukunft für 200 000 bis 300 000 Unternehmer beziehungsweise Freiberufler einfach durchführ­bar. Es gibt also ein für alle verständliches vereinfachtes und faires Steuersystem. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist in diesem Zusammenhang aber beson­ders wichtig, diese substanzielle Unternehmenssteuerreform mit einer verstärkten Bekämpfung des Steuerbetruges zu verknüpfen. Der Steuerhinterziehung muss der Kampf angesagt werden. Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass auch wesentlich niedrigere Steuern entrichtet werden müssen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 101

Bei der Mehrwertsteuer ist die Finanzbehörde gut unterwegs. Das für die Bauwirtschaft eingeführte Reverse-charge-System – Österreich nimmt damit in der EU die Pionier­rolle ein – führt zur Eindämmung des Vorsteuerbetruges durch Subunternehmer in der Höhe von zirka 200 Millionen €. Für den Ertragssteuerbetrug sind bereits Maßnahmen im Gange, die aber noch verstärkt werden müssen.

Diese Maßnahmen sind zum Beispiel: branchenbezogene Schwerpunktaktionen etwa gegen Schwarzarbeit, illegale Ausländerbeschäftigung und Schattenwirtschaft, eine Aktion scharf bei Prüfungen, der Einsatz von über tausend ehemaligen Zollwachebe­amten zur Verstärkung des Prüfbereiches und die Ausweitung des normalen Prüfungs­zeitraumes von drei auf fünf Jahre.

Eine vielleicht gute Maßnahme in diesem Zusammenhang ist die strafbefreiende pauschale Steuernachzahlung für 2001 und Vorjahre als Chance für jene, die zwar Steuern hinterzogen haben, aber wieder zu verantwortungsvollen und ordentlichen Steuerzahlern werden wollen.

Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen – das ist wohl im Interesse aller braven Steuer­zahler in Österreich – den Steuerhinterziehern den Kampf ansagen. Mit den bereits eingesetzten Mitteln und den geplanten Maßnahmen dieser Bundesregierung sind wir auf dem richtigen Weg! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen)

13.47

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte. (Abg. Dr. Lichtenberger: Aber die Frächter lässt man in Ruhe!)

 


13.47

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es war wieder einmal faszinierend zu sehen, wie die Opposition in den letzten Stunden mit großer Mühe und viel Aufwand versucht hat, ein Haar in dieser Steuerreform-Suppe zu finden. Aber dort, wo sauber gearbeitet wird (Abg. Dr. Lichtenberger:Suppe“ ist gut!) – es ist Mittagszeit, Frau Kollegin –, gibt es dieses Haar nicht und daher auch nicht in dieser Steuersenkungsreform.

Zu kritisieren gibt es im Grunde nur eines, nämlich dass sie zu spät, viel zu spät kommt. Sie hätte damals gemacht werden sollen, als noch SPÖ-Finanzminister das Sagen hatten, aber damals war so viel Phantasie und so viel Weitblick für die öster­reichische Wirtschaft nicht vorhanden. Ihr Motto war „heute ausgeben, morgen bezah­len, heute den Geldhahn öffnen und die Jugend von morgen belasten“.

Ich finde keine Kritikpunkte daran, dass von dieser Steuerreform alle Unternehmer in Österreich profitieren, dass Frauen und Familien entlastet werden und ihnen am Ende des Monats definitiv mehr Geld bleibt, dass dadurch Kaufkraft erhöht wird und der Wirt­schaftsstandort Österreich gestärkt wird.

Wie es in unserem Land mit einer roten Regierung war, das haben wir viel zu lang erleben müssen. Wie es mit Rot-Grün gehen würde, zeigt das deutsche Beispiel. Alles, was Rot-Grün zu Stande bringen, ist in Bezug darauf, was in Österreich auf den Weg gebracht wurde, ein Reförmchen. Deutschland hat zehn Mal so viele Einwohner wie Österreich. (Abg. Dr. Lichtenberger: Fragen Sie einmal die deutschen Steuerzahler, die sind da anderer Ansicht!) – Das ist für die deutschen Steuerzahler keine wirkliche Entlastung – verglichen mit dem, was sich bei uns tut.

Deutschland mit zehn Mal so viel Einwohnern bringt der Bevölkerung 7,5 Milliarden, und Österreich mit einem Zehntel der Einwohner erreicht 3 Milliarden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 102

Meine Damen und Herren! Als ich heute in das Parlament gefahren bin, habe ich einen Spot in „Ö3“ gehört, mit dem „Trend“ für die nächste Nummer wirbt: ÖVP-Funktionäre kritisieren diese Steuerreform. Die zweite Geschichte ist: Österreichs Manager gehen zu Schönheitschirurgen. Umgekehrt wäre es wesentlich schlechter bestellt um diese Steuerreform, denn wenn man die Kritik in diesem Artikel liest, dann kommt man drauf, dass einige Ansätze vom Kollegen Stummvoll enthalten sind, in denen er die Kritiker und nicht diese Steuerreform kritisiert.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Es ist noch Zeit genug, bis diese Steuerreform beschlossen wird. Bringen Sie sich positiv ein, hören Sie mit der Skandalisierung und mit dem Schlechtmachen des österreichischen Systems auf! (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

13.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mikesch. – Bitte.

 


13.50

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Meine Damen und Herren von der Opposition, vor allem von der SPÖ: Ihr poli­tisches Kredo scheint die Churchillsche Prämisse zu sein: Jede Niederlage beginnt da­mit, dass man den Standpunkt des Gegners anerkennt. Nach dieser Prämisse müssen Sie alles schlecht machen, sogar die größte Steuerreform der Zweiten Republik, die eine Entlastung für die österreichische Bevölkerung im Gesamtausmaß von 3 Milliar­den € bringt.

Frau Kollegin Bures, wenn Sie in den Medien behaupten, von der Steuerreform würden nur die Reichen profitieren, dann muss ich Ihnen sagen, ist das eine Beleidigung – eine Beleidigung für viele tausend Menschen, die sich tagtäglich mit großem persönlichen Engagement in ihren Betrieben oder an ihrem Arbeitsplatz einbringen, die jeden Euro dringend brauchen und die die großen Gewinner dieser Steuerreform sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wirtschaftswachstum, Lebensqualität und die Bereitschaft, Investoren nach Österreich zu bekommen, hängen nicht nur von den steuerlichen Rah­menbedingungen ab, sondern auch von einer Stimmungslage und haben sehr viel mit Vertrauen zu tun. Darum verstehe ich als Unternehmerin überhaupt nicht, warum diese Steuerentlastung, die für uns alle so wichtig ist, nicht von allen hier im Hause positiv gesehen wird. Sie ist die richtige Antwort zum richtigen Zeitpunkt auf die bevorste­hende Erweiterung der Europäischen Union. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich als Unternehmerin auf diese Steuerentlastung eingehen! Österreich ist ein Land der Klein- und Mittelbetriebe. Diese Betriebe sind es auch, die außerhalb der Ballungszentren die Regionen stärken, beleben und erhalten und hohe Lebens­qualität für uns alle bieten. Aber genau diese Betriebe kämpfen oft mit mangelnder Eigenkapitalausstattung und mit steuerlichen Hürden. Und genau für diese Betriebe haben diese Bundesregierung (Abg. Mag. Kogler: Wie viele Betriebe machen denn überhaupt so einen Gewinn? Wie viele Betriebe sind es denn?) und die Regierungs­parteien die steuerliche Entlastung der nicht entnommenen Gewinne und den Wegfall der 13. Umsatzsteuer-Vorauszahlung erreicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Hören Sie endlich auf zu behaupten, nur Großkonzerne profitieren von der KöSt-Senkung. Wir leben nicht mehr in den siebziger Jahren, wo man mit Aktiengesellschaften und GesmbHs nur multinationale Konzerne verbindet. 83 Prozent aller GesmbHs in Österreich haben weniger als 20 Mitarbeiter. Von den Aktiengesellschaften sind 50 Prozent Kleinbetriebe mit bis zu neun Mitarbei-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 103

tern, und 70 Prozent der Steuerentlastung auf Grund der KöSt-Senkung kommen Kapi­talgesellschaften mit weniger als zehn Mitarbeitern zugute. Sagen Sie den Menschen die Wahrheit! (Abg. Mag. Kogler: Sagen Sie die Wahrheit!) Die KöSt-Senkung sichert die Arbeits- und Ausbildungsplätze vor allem in Klein- und Mittelbetrieben. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade in Niederösterreich ist es sehr notwendig gewesen, zu diesem Zeitpunkt diese Maßnahmen zu setzen. Der 1. Mai wird heuer auf Grund der Erweiterung eine andere neue Bedeutung erhalten. Die Erweiterung bringt für uns sehr viele Vorteile, aber natürlich auch Risiken, für die Österreich gerüstet ist. Wir setzen mit dieser Steuerent­lastung Signale für Investoren, und im Land selbst sorgen wir für ein unternehmer­freundliches Klima. (Abg. Mag. Kogler: Sagen Sie die Gewinnstruktur der Unterneh­men!) Arbeitsplätze werden von Unternehmerinnen und Unternehmern geschaffen und nicht durch Worthülsen. Deshalb brauchen wir diese Senkung der Körperschaftssteuer als starkes Signal für unseren Wirtschaftsstandort Österreich wie einen Bissen Brot. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch etwas: Es gibt keinen Klassenkampf mehr. Wird die Wirtschaft in unserem Land entlastet, profitieren davon alle Österreicher, denn gesunde Betriebe mit einem gesunden Geist zur Selbständigkeit schaffen neue und dauerhafte Arbeitsplätze. (Abg. Mag. Kogler: Wie viele Betriebe zahlen denn? Sagen Sie das einmal!)

Bauen Sie also keine Neidgenossenschaften auf! Freuen wir uns, dass alle von dieser Steuerreform profitieren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Sagen Sie einmal die Wahrheit!) Machen Sie also von der Opposition diese Reform nicht schlecht. Sor­gen Sie wenigstens für eine gute Stimmung! Für die Daten sorgen wir und diese Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler: In der ÖVP haben sie jetzt sogar die falschen Zettel ausgeteilt! Die Gewinnstruktur gibt es überhaupt nicht!)

 


13.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist richtig, sämtliche Reformmaß­nahmen dieser ÖVP/FPÖ-Bundesregierung haben bisher positive Auswirkungen gezei­tigt – und das trotz schlechter Konjunkturdaten und obwohl die Weltwirtschaft eher eine Flaute erlebte. Unsere Daten, unsere Wirtschaftsdaten liegen im sehr guten Mittelfeld, wenn nicht sogar im Spitzenfeld Europas. Daher war und ist die ÖVP auch hauptver­antwortlich für die künftigen Reformmaßnahmen, für die künftigen Steuerentlastungs­maßnahmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Für mich als Abgeordneten aus dem ländlichen Raum ist es aber ganz wichtig, dass mit der Steuerentlastung neue Impulse gesetzt werden. Vieles ist heute schon erwähnt worden, ich darf das noch einmal kurz zusammenfassen.

Für die Arbeitnehmer erfolgt eine Entlastung der niedrigen und mittleren Einkommen. Gerade im ländlichen Raum haben wir diese leider zuhauf. Die Kaufkraft ist relativ ge­ring im ländlichen Raum, daher ist das besonders wichtig. Die 15-prozentige Anhebung der Pendlerpauschale ist wichtig für die Personen, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die täglich von ihrem Wohnort zum Arbeitsplatz und wieder zurück pendeln. Das ist eine ganz entscheidende Maßnahme für die Zukunft.

Unsere Unternehmer, unsere Klein- und Mittelunternehmer, unsere Industrie, schaffen und sichern Arbeitsplätze! Gott sei Dank haben wir auch im ländlichen Raum da und dort noch Industriebetriebe, denn nicht die SPÖ-Gewerkschafter, die auf die Straße


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 104

gehen, schaffen Arbeitsplätze, sondern unsere Unternehmer. Das sei einmal auch ganz definitiv festgehalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wichtig ist auch für mich, dass die Bauern über die Betriebsmittel endlich zu einer Ent­lastung kommen. Da gibt es nur eine Möglichkeit: Kostensenkung. Über die Preise können wir nicht agieren, denn die Preise sind im Großen und Ganzen einem starken Wettbewerb ausgesetzt, und Sie alle wollen nicht mehr für die gesunden Lebensmittel bezahlen. Daher ist meiner Meinung nach diese 20-, 25-, 30-prozentige Senkung, die zu erwarten ist, eine wunderbare Entlastung für unsere Bauern.

Diese Steuerreform ist gut für ganz Österreich, aber insbesondere für unser Bundes­land Kärnten. Wir haben wirtschaftlich aufzuholen. Wir liegen bestenfalls im Mittelfeld, das wissen wir. Die letzten Jahre waren nicht die einträglichsten für Kärnten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: 10 Jahre ÖVP-Landeshauptmann! So schnell können wir nicht auf­holen!) Mit unseren minus 10 Prozent Kaufkraft liegen wir unter dem Durchschnitt, Herr Kollege Scheuch, das ist leider so. Wir sind am Schluss, was die Kaufkraft anlangt. Das ist schade. Im ländlichen Raum liegen wir sogar um 40 Prozent unter dem Öster­reichdurchschnitt. Das ist leider so, und das gehört verbessert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Alle drei Parteien in der Regierung!) Natürlich habe ich auch immer das Ganze im Auge. Auf der einen Seite gibt es den privaten und unternehmerischen Haushalt und auf der anderen Seite den öffentlichen Haushalt. (Neuerlicher Zwischen­ruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Es ist richtig, dass das Land Einnahmeneinbussen hat, am stärksten natürlich der Bund. Kollegin Trunk hat es auch schon gesagt: in etwa minus 20 Millionen € für das Land Kärnten plus 20 Millionen € für die Gemeinden. Das ist sehr viel. Da hat dieser selbst ernannte Steuerverhandler sicherlich auf das Bundesland Kärnten und auf die Gemeinden vergessen. Das ist leider kein sehr gutes Ergebnis für ihn. Da haben wir sicher nachzubessern. Die Gemeinden sind zu Bittstellern geworden, und das muss sich zukünftig ändern. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Gemeindereferent ist aber von der ÖVP oder nicht!

Ich glaube, es ist auch wichtig, dass die Gemeinden ihre Aufgaben künftighin erfüllen und ihren Haushalt ausgleichen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Da fordere ich auch die Solidarität vor allem der SPÖ ein. Wir werden sehen, wie weit die Wiener bereit sind, einen solidarischen Ausgleich mit den schwachen Landgemein­den zu unterstützen. Ich glaube, wir sollten den Finanzausgleich jetzt durchaus mit in das Boot nehmen, denn es geht darum, dass die Gemeinden draußen überleben. Würde ein Kärntner Einwohner mit einem Wiener gleichgesetzt werden, dann wären das immerhin plus 200 Millionen € im Jahr für die Kärntner Gemeinden. Da ist es ein gewaltiger Betrag. (Beifall bei der ÖVP.)

Das werden auch wieder wir schaffen. Wer, wenn nicht die ÖVP, wird diesen fairen Ausgleich zwischen den schwachen und den stärkeren Gemeinden schaffen. Es geht dabei um einen größeren Sockelbetrag. Es geht um die Gleichbehandlung der Ge­meinden mit unter 20 000 Einwohnern, und es geht auch um einen erhöhten Kosten­beitrag zum Beispiel für das ländliche Wegenetz oder für die Wasser- und Abwasser­anlagen. All das muss mit ins Boot. Und das wäre dann wirklich ein Doppelschlag: Steuerreform und Finanzausgleich.

Ich glaube, wir von der ÖVP werden das sicherlich schaffen, und dann wird die Entlas­tung auch im entlegensten Bergdorf Kärntens und in ganz Österreich zu spüren sein. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 


14.00


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 105

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


14.00

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Wir diskutieren heute über die größte Steuerentlastung, die diese Republik je gesehen hat. Diese Steuerreform ist und bleibt der viel zitierte große Wurf, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, ob Ihnen das passt oder nicht.

Sie wollen wie immer alles schlecht reden, was überhaupt nicht zu verstehen ist. Die Daten und Fakten sind eindeutig und überzeugen. Es wird durch diese Reform eine nachhaltige Entlastung für die Österreicherinnen und Österreicher geben. Es ist nach­weisbar – und das freut mich als Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besonders –, dass alle Steuerzahler, vor allem die Bezieher kleiner und mittlerer Ein­kommen, entlastet werden. Insgesamt bleiben den Steuerzahlern 1,1 Milliarden € mehr, und das bedeutet: weniger Steuern, mehr Geld fürs Leben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Verzetnitsch: Das stimmt nicht!)

Dazu einige Beispiele – auch für Sie, Herr Präsident Verzetnitsch –: Einer Angestellten mit einem Bruttomonatslohn von 1 505 € bleiben durch diese Entlastung 444 € mehr. Ich rechne Ihnen das auch in Schilling um, weil viele Menschen noch in Schilling denken (Abg. Verzetnitsch: Durchschnittsverdiener!): Das sind umgerechnet 6 100 S. Einem Arbeiter mit einem Bruttomonatslohn von 1 755 € bleiben 364 € oder umge­rechnet 5 000 S mehr im Jahr. (Abg. Nürnberger: Wer hat Ihnen denn das aufge­schrieben?)

Da sich Herr Gusenbauer und Frau Bures um die Pensionisten sorgen, nämlich dass sie nichts bekommen, widerlege ich das mit einem Beispiel aus meiner Familie.

Die Mutter meiner Freundin hatte bis zum 1. Jänner dieses Jahres eine Nettopension von 777 €. Jetzt bekommt sie eine Nettopension von 803 €, das sind 26 € mehr im Mo­nat, 364 € mehr im Jahr. (Abg. Mag. Kogler: Über 1 Million von den Pensionisten be­kommt nichts dazu!) Umgerechnet, Kollege Kogler, 5 000 S mehr für eine Pensionistin mit einem kleinen Einkommen. Es gibt Tausende gleichartige Beispiele in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Und 1 Million, die nichts bekommen!)

Dies soll verdeutlichen, dass den Menschen mehr Geld zum Leben bleibt. Die Leute spüren diese Entlastung in ihren Geldtaschen, weil sie mehr bekommen (Abg. Mag. Kogler: Welche Leute?), und das ist uns wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Durch diese Entlastung profitieren im Speziellen auch die jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist dies neben den bereits beschlossenen Wachstums- und Kon­junkturbelebungspaketen eine Maßnahme gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Durch die Senkung der Körperschaftsteuer wird nicht nur der Wirtschaftsstandort Österreich ab­gesichert, sondern es werden vor allem die Arbeitsplätze gesichert und Tausende neu geschaffen. Und das ist die richtige Politik gegen die Arbeitslosigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiterer wichtiger Punkt bei dieser Steuerentlastung ist die Erhöhung des Pendler­pauschales. Diese Bundesregierung erhöht das Pendlerpauschale um 15 Prozent, das sind insgesamt 20 Millionen €. In meinem Heimatbezirk Schärding gibt es viele Pend­ler – es sind heute einige unter den Zuhörern –, und die freuen sich riesig über diese Erhöhung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 106

Zum Teil ist es ja verständlich, dass manche in diesem Haus mit diesem großen Wurf Probleme haben. (Abg. Mag. Kogler: Ein mittlerer Murks ist das!) Unter Ihrer Zustän­digkeit, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, gab es immer nur Steuer­reformen mit gleichzeitiger Einführung von Belastungen. Diese Steuerentlastung mit einem Gesamtvolumen von insgesamt 3 Milliarden € wird ohne Gegenfinanzierung gemacht.

Wir haben heute auch schon einiges über das Einsparen gehört (Abg. Mag. Kogler: Sparpakete!), und da hätte ich abschließend noch einen Vorschlag für die SPÖ, wie man einsparen beziehungsweise korrekter mit Abgaben und Beiträgen umgehen könnte. Es gäbe eine sinnvollere Verwendung der Arbeiterkammerbeiträge in Oberös­terreich, die ja bekanntlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen, als damit die pompösen Plakataktionen des oberösterreichischen Arbeiterkammer-Präsidenten im Zuge des Wahlkampfes zur Arbeiterkammerwahl zu finanzieren: Plakatieren Sie die Steuerentlastung dieser Bundesregierung. Dies ist die größte Entlastung für die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer in der Zweiten Republik. Das wäre sinnvoller und ge­rechter, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Der erfolgreiche Weg dieser Bundesregierung wird fortgesetzt: Steuerentlastung für alle! Die christlich-soziale Volkspartei ist der Garant dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

14.05

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Eine weitere Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordnetem Mag. Kogler. – Bitte.

 


14.05

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Unter 2 Minuten Rede­zeit. In Wirklichkeit wäre das eine Angelegenheit für eine serielle tatsächliche Berichti­gung. Da dieses Institut aber in der Geschäftsordnung nicht existiert, muss ich auf eine normale 2-Minuten-Wortmeldung zurückgreifen. Vieles von dem, was gesagt wurde, ist einfach falsch. Es ist so. Es ist hier kein großer Wurf gelungen, es ist ein mittlerer Murks passiert. Das wird nicht besser.

Der Punkt ist – das möchte ich Ihnen noch einmal erklären –, dass mich der Herr Bundeskanzler hier bezichtigt hat, ich hätte gegen den – wortwörtlich – Kirchenbeitrag polemisiert. Wahr ist vielmehr, dass ich zum Kirchenbeitrag überhaupt nicht Stellung genommen habe, sondern über die Privilegierung des Kirchensteuerbeitrags in steuer­licher Hinsicht gesprochen und mich ausdrücklich dagegen gewandt habe, dass ein Steuerprivileg ein noch größeres Steuerprivileg wird. Das war meine Aussage, und dazu bekenne ich mich auch.

Vorher habe ich § 1 des ungeschriebenen Steuergesetzes, das hier offensichtlich zur Anwendung gebracht wird, zitiert, der lautet: Der Finanzminister zahlt keine Steuern. – Dem muss noch § 2 hinzugefügt werden: Sollten daran Zweifel aufkommen, ist mit der Beseitigung und Vollziehung der Herr Finanzstaatssekretär beauftragt und mit der Wie­derherstellung des Zustandes, dass der Finanzminister wirklich auf ewig keine Steuern zahlt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhm. – Bitte.

 


14.07

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Danke für diese Steuerreform. Als Unternehmer dritter Genera­tion aus der Stadt Salzburg kann ich nur danke schön dafür sagen, dass es endlich gelungen ist, dass vor allem die klein- und mittelständische Unternehmerschaft in den


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 107

einzelnen Sparten und Gewerben wieder etwas Luft zum Atmen bekommt. Danke an die Bundesregierung, vor allem an den Bundeskanzler und auch an Bundesminister Karl-Heinz Grasser, der sich so sehr für die klein- und mittelständische Unternehmer­schaft eingesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade wir in Salzburg, die Salzburger Wirtschaft – Kollege Prähauser hat vorhin ent­sprechende Zahlen gebracht –, leben zu mehr als 85 Prozent von klein- und mittelstän­dischen Unternehmungen, die durchschnittlich zehn Mitarbeiter beschäftigen. Wir Salz­burger Unternehmer sind die Arbeitgeber der Region, wir besorgen die Aufträge. Und jetzt haben wir wieder die Möglichkeit zu investieren, verbunden mit den neuen Investi­tionsanreizen, die wir bekommen haben, bedingt durch den Freibetrag, bedingt da­durch, dass wir nur mehr 25 Prozent Steuer für nicht entnommene Gewinne zu bezah­len haben.

Die Menschen in unserem Land leisten gute Arbeit, meine sehr verehrten Damen und Herren. Größere wirtschaftliche Freiheit und verlässlichere finanzielle Sicherheit sind möglich. Unsere wichtigsten politischen Ziele sind Arbeit und Wohlstand für alle. Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts verlangen neue Antworten.

In unübersichtlichem Gelände findet nur der einen Weg, der sich zu orientieren weiß. Unsere Politik folgt einem bewährten Kompass: Die soziale Marktwirtschaft als ord­nungspolitische Leitidee weist auch im 21. Jahrhundert den humansten, effizientesten und besten Weg.

Die lähmende Wirkung übermäßiger Bürokratie, Steuer- und Abgabenlast müssen be­seitigt werden. Freiheit und Eigentum, Eigenverantwortung und Privatinitiative sollen die dominierenden Triebfedern der wirtschaftlichen Entwicklung werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich braucht eine Steuerpolitik, die Anreize für Leistung setzt. Wir wollen die Menschen motivieren, ihre Leistungskraft zu entfalten. Die Bürger sollen wieder das Gefühl haben, dass es bei der Steuer gerecht zugeht. Österreich braucht deshalb eine Steuerpolitik, die auf Einfachheit und Transparenz setzt – und dafür möchte ich mich sehr herzlich bedanken, und das lobe ich mir. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

14.09

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


14.10

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Der Herr Staatssekretär döst auf der Regie­rungsbank so beschaulich vor sich hin (Abg. Murauer: Der hat geschrieben!), als hätte er mit der ganzen Causa nichts zu tun. Immerhin, ein Tagesordnungspunkt lautete heute: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers. Es hat Fragen gege­ben, die ihn unmittelbar betreffen und betroffen haben, denn Staatssekretär Finz war doch derjenige, der sich hier im Parlament, aber auch in der Öffentlichkeit hingestellt und quasi seine Hand ins Feuer gelegt hat für seinen Chef, den Finanzminister, der – für ihn günstigerweise – einen Staatssekretär gefunden hat, der bereit ist, in Steuer­angelegenheiten für seinen Chef Persilscheine auszustellen.

Jetzt tippt der Herr Staatssekretär auf seinem Handy herum und vertreibt sich irgend­wie die Zeit, denn er muss da sitzen bleiben – so quasi: Den Letzten beißen die Hunde! Der Finanzminister ist nicht mehr da, alle anderen sind weg, und das ist der Schlusspunkt dieser so wichtigen Erklärung, die in der Öffentlichkeit so groß angekün­digt wurde mit den Worten „Wirtschaftsstandort“, „Steuerreform“ und „Beschäftigung“.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 108

Ich weiß nicht, womit sich der Finanzminister gerade auseinander setzt, der ja Herrn Winkler jetzt „in die Medien geschickt hat“, der wieder die „NEWS“-Meldung demen­tiert. Dazu muss man sagen: eine Konstruktion, dass jetzt quasi Matthias Winkler mit dem Verein hilft, aus Finanzminister Grasser einen völlig unbeteiligten Dritten zu machen. Es ist eine ganz üble Komödie, die hier veranstaltet wird. Daher kann man das, glaube ich, jetzt nicht einfach auf sich beruhen lassen und ist es notwendig, noch einmal kurz darauf einzugehen, denn zu Mittag hat „News“ diese neuen Geldflüsse aufgedeckt. Und das, was hier steht, steht im Raum. Und der Finanzminister wäre eigentlich dazu berufen, dazu Stellung zu nehmen – das macht er aber nicht. Er ist jetzt nicht einmal mehr anwesend, sondern lässt quasi den Persilschein-Aussteller allein hier sitzen.

Herr Staatssekretär, wenn Sie schon hier sitzen, dann können wir vielleicht einen Dialog führen. Haben Sie von der Differenz von 174 000 auf 283 000 gewusst? Haben Sie von der neuen Differenz der Überweisungen gewusst? – Angeblich haben Sie es gewusst. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Die Frage ist: Warum lassen Sie sich nicht vom so genannten Steuergeheimnis entbinden und nehmen endlich einmal offen hier Stellung, sonst erwecken Sie den Eindruck eines Mitwissenden, der loyal gegen­über dem Finanzminister ist, sich hinter dem Steuergeheimnis verschanzt und in die­sem ganzen Bereich alles macht, nur nicht die Voraussetzungen für die Kandidatur zum Rechnungshofpräsidenten schafft?! Das kann ich Ihnen schon sagen, Herr Staats­sekretär, denn Sie sind jetzt mit involviert in das Ganze. Und wenn der Finanzminister den Hut nehmen muss, dann sollten Sie in Wirklichkeit mitgehen, Herr Staatssekretär, das sei einmal in aller Deutlichkeit gesagt, denn Sie spielen hier mit. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite, das man in diesem Zusammenhang erwähnen sollte: Die berühmte Über­weisung der 9 900 € auf das Treuhandkonto des Karl-Heinz Grasser, eigentlich aufge­fettet um noch einmal 5 500 € auf mittlerweile 15 400 € (Abg. Dr. Matznetter: Mehr als 200 000 S!), wird auch von Herrn Winkler nicht dementiert. Er geht darauf nicht ein. Man muss das einmal in aller Deutlichkeit sehen. Hier gibt es offensichtlich einen Punkt, auf den hinzuweisen es sich lohnt, denn wir können bei öffentlichen Stellung­nahmen sehr genau unterscheiden, worauf man eingeht und worauf nicht.

Herr Staatssekretär, jetzt frage ich Sie – Sie sind jetzt der Einzige hier und sozusagen der Rest vom Schützenfest –: Was ist mit diesen 9 900 €? Was ist mit den 5 500 €? Was ist mit den 15 400 €? Wie stehen Sie zu diesen Vorwürfen und Kritikpunkten, die, glaube ich, sehr deutlich sind? Wenn sich der Leiter der Staatsanwaltschaft Matousek sogar in der Öffentlichkeit als Staatsanwalt dazu äußert ... (Staatssekretär Dr. Finz: Ja, das wundert mich!) Wollen Sie jetzt auch Druck ausüben auf den Herrn Staatsanwalt, weil Sie sagen, dass Sie das wundert. Entschuldigung, Herr Staatssekretär, immerhin: Der Leiter der Staatsanwaltschaft sagt, da scheint offensichtlich etwas dran zu sein. Da muss ich sagen: Sie als Staatssekretär sind jetzt gefordert, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Melden Sie sich bitte zu Wort, ein Mikrophon haben Sie, Sie brauchen es sich nur rüberschieben zu lassen. Sie bekommen sicher das Wort dazu. Schweigen Sie nicht! Sie können hier nicht schweigen, Sie sind der Einzige auf der Regierungs­bank und sollten dazu jetzt endlich Position beziehen.

Das heißt, es ist berechtigt, dass wir diesen Misstrauensantrag hier auch wirklich ein­gebracht haben. Und ich möchte an die einzelnen Abgeordneten der beiden Regie­rungsfraktionen wirklich appellieren, sich noch einmal gut zu überlegen, wie sie sich jetzt hinsichtlich des Stimmverhaltens entscheiden, denn ich glaube, dass die Fakten­lage erdrückend ist, sowohl was die politische Verantwortlichkeit als auch den Vorwurf zumindest der Schenkungssteuerpflicht betrifft, da sich ein Leiter einer Staatsanwalt-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 109

schaft ebenfalls öffentlich dazu geäußert hat. Herr Staatssekretär, Ihre Äußerung fehlt uns noch, Sie sollten diese jetzt endgültig nachholen.

Daher mein Appell, hier diesem Misstrauensantrag gegen den Finanzminister beizutre­ten, ihn zu unterstützen, auch im Sinne der politischen Hygiene und der politischen Sauberkeit.

Herr Staatssekretär, ich glaube, Sie haben die letzte Chance, sich aus diesem Verant­wortungszusammenhang auszukoppeln, sich sozusagen frei zu machen. Stellen Sie sich hier her und erzählen Sie endlich einmal, was Sie wissen!

Die nächste Frage ist ja: Ist da noch mehr? Sind die 356 000 € auch nur eine Zwi­schenstation? Wer ist es noch? Ist es Magna? Ist es die Industriellenvereinigung? Was ist da wieder die Gegenleistung gegenüber der Leistung, welche Magna zu erbringen hat – wäre das vielleicht Minerva gewesen? Wir haben ja in dieser Indizienkette lauter so Klassiker. Was ist das Nächste, welche Überweisungen von wem mit welcher Gegenleistung? Und da müssen wir uns langsam fragen: Welche Leistungen sind von dieser Regierung erbracht worden, und was waren die Gegenleistungen, damit diese Leistungen erbracht wurden? Da muss man ja schön langsam fast kriminalistische Strategien entwickeln.

Herr Staatssekretär, nützen Sie Ihre letzte Chance, melden Sie sich zu Wort! (Beifall bei der SPÖ.)

14.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. – Bitte.

 


14.17

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abge­ordneter Cap, der Vergleich macht uns sicher. Sie haben sich nämlich in Ihren letzten Ausführungen wieder mit keinem einzigen Wort inhaltlich zur Steuerreform geäußert, sondern nur nach außen Patzen abgegeben, schlecht gemacht und kriminalisiert. Das ist nicht der richtige Stil, und das spricht für uns. Ich glaube, dass diese Steuerreform eine gelungene ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Da dies meine erste Rede hier im Nationalrat ist, möchte ich mich Ihnen kurz vorstel­len. Mein Name ist Peter Sonnberger. Ich bin seit 25 Jahren mit Christa verheiratet, und wir beide freuen uns über eine Tochter und einen Sohn. Ich habe Rechtswissen­schaften studiert und bin seit dem 22. Lebensjahr Verwaltungsjurist. Als ehemaliger Student bin ich aber über die Vorgänge – das sei nur dazwischen bemerkt – entsetzt, die sich an der Universität Wien ereignet haben. Torten-Werfen, Ohrfeigen-Geben – das ist ungeheuerlich und einer international beachteten Universitätsreform keinesfalls würdig. Der VSStÖ hat sich von solchen Maßnahmen nicht einmal distanziert! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Aber zurück zu meiner Person. Seit 18 Jahren bin ich im Linzer Gemeinderat tätig, davon acht Jahre als Mitglied des Linzer Stadtsenates, die letzten beiden Jahre war ich zuständig und verantwortlich für Wirtschaft, Tourismus, Märkte, Wohnen und Fach­hochschulen. (Abg. Dr. Wittmann: Welche Schuhgröße haben Sie?)

Sie können mir glauben, ich kenne mich auch im Steuerrecht ein bisschen aus. Mehr Geld zum Leben, weniger Steuern – das ist eine der Kernbotschaften der großen Steu­erreform dieser Bundesregierung, der größten in der Zweiten Republik, mit einem Gesamtvolumen von über 3 Milliarden €. (Abg. Dr. Wittmann: Bitte, sagen Sie mir Ihre Schuhgröße!) Um 350 000 Steuerpflichtige mehr – dazu habe ich heute überhaupt nichts gehört von Ihnen –, also insgesamt 2 550 000 Menschen werden ab 1. Jänner


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 110

2005 keine Lohn- beziehungsweise Einkommensteuer mehr zahlen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Insgesamt werden im Rahmen der Vereinfachung des Tarifsystems – es wird nur mehr drei Tarifstufen geben – und der Entlastung den Menschen 1,1 Milliarden € zur Verfü­gung gestellt. Das sind satte 15 Milliarden Schilling – eine gewaltige Summe, die vor allem die Kaufkraft wesentlich stärkt. Vor allem kleinere und mittlere Verdiener werden die Gewinner dieser Steuerreform sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Als zweite Säule und familienpolitische Maßnahme wurde ein Kinderzuschlag zum Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag eingeführt. 900 000 Familien sind in Österreich betroffen! Für das erste Kind gibt es 130 €, für das zweite 175 und für jedes weitere 220 €. Insgesamt bedeutet das eine Entlastung von über 200 Millionen €! Eine Alleinverdiener-Familie mit drei Kindern wird mit 525 € entlastet. Geht man von einer durchschnittlichen Tarifentlastung von 300 bis 500 € aus, dann sieht man, dass diese Familien zirka 800 bis 1 000 € pro Jahr mehr zum Leben haben.

Da viele Familien von Alleinerziehern und Alleinverdienern armutsgefährdet sind und wir derzeit das System der Individualbesteuerung und nicht der Familienbesteuerung haben, ist diese familienpolitische Maßnahme sozial gerecht und treffsicher. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die dritte Säule der Steuerentlastung – aber genauso wichtig – ist die Reduzierung der KöSt von 34 auf 25 Prozent. Die Voest, die in Zukunft 2 Milliarden € investieren wird, hat erklärt, sie werde auch die zweite Milliarde Euro in Linz investieren, und es wurde die Reduzierung der KöSt als wesentliches Argument genannt.

Ich darf mit zwei Zitaten schließen. Beständig ist nur der Wandel, meinte einst Heraklit, und die Bundesregierung lebte diesen Satz. Im „Semesterzeugnis“ für die Bundes­regierung, für den Finanzminister und den Finanzstaatssekretär gibt es ein Sehr gut für die größte Steuerreform der Zweiten Republik, die sozial gerecht ist, die kleinere und mittlere Einkommen entlastet, die Familien entlastet, die das Tarifsystem vereinfacht, die die Kaufkraft stärkt, den Wirtschaftsstandort Österreich absichert und damit beste­hende Arbeitsplätze sichert und darüber hinaus zusätzliche Arbeitsplätze schaffen wird. – Nehmen Sie von der Opposition das einmal zur Kenntnis!

Sie von der Opposition haben inhaltlich nichts anzubieten, sondern patzen nur den Finanzminister an, der gemeinsam mit dem Staatssekretär die Finanzen der Republik wieder in Ordnung bringen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Für die Sozialdemokratie noch eine chinesische Weisheit zum Schluss: Man ist nicht nur verantwortlich für das, was man tut, sondern vor allem auch für das, was man nicht tut – oder in Ihrem Fall nicht getan hat. Sie hätten die Steuerreform durch Steuerbelas­tungen wie Grundsteuererhöhung gegenfinanziert. Sie haben keine Pensionsreform gemacht, und Sie haben vor allem nicht Ihre Verschuldungspolitik gestoppt. Und darum sitzen Sie auf der Oppositionsbank – und das wird noch viele Jahre so bleiben.

Der Vergleich macht uns sicher: Die SPÖ hat inhaltlich zur Steuerreform heute eigent­lich nichts beigetragen. Sie bekommt im „Semesterzeugnis“ nicht ein Nicht genügend, sondern mangels Beschäftigung mit dem Thema „keine Beurteilung“.

Ich darf schließen mit einem Zitat aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: Öster­reichs konservativer Regierung ist mit ihrem Entwurf zur Steuerreform ein großer Wurf gelungen. – Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


14.23


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 111

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


14.24

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heutige Vormittag hat es eigentlich eindrucksvoll gezeigt: Die Bundesregierung hat eine Steuerreform, und die Oppositionsparteien haben ein Problem. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Es ist Ihnen in der gesamten Debatte nicht gelungen – auch Ihnen nicht, Herr Kollege Jarolim, aber das sind wir von Ihnen ja gewohnt –, zu entkräften, dass sich tatsächlich gute und sozial ausgewogene Maßnahmen in den Vorschlägen der Bundesregierung befinden.

Meine Damen und Herren! Diese Steuerreform, die wir nun nach den Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Vizekanzlers debattieren, ist eine, die ein faireres und gerechteres Steuersystem garantiert. Sie stellt eine fairere und gerechtere Steuer­systematik dar, weil sie kleinere und mittlere Einkommen überproportional stark entlas­tet. Für eine Arbeiterin mit einem Durchschnittseinkommen von etwas mehr als 1 000 € brutto im Monat bedeutet diese Steuerreform eine Entlastung von 679 € im Jahr – 679 € im Jahr! Meine Damen und Herren, das ist nicht nichts, sondern das ist eine treffsichere, gute Unterstützung mit christlich-sozialer Handschrift. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir wissen, dass die größte Armutsgefährdung in Österreich bei den Mehrkinderfami­lien liegt. Daher bedeutet diese Steuerreform mehr Gerechtigkeit und mehr Chancen für Familien mit mehreren Kindern, deshalb entlastet diese Steuerreform insbesondere die Familien. Sie bedeutet eine Entlastung für den Mittelstand. Diese Steuerreform bedeutet eine Entlastung für die Pendlerinnen und Pendler: Die Pendlerpauschale wird um nicht weniger als 15 Prozent erhöht!

Aber Sie machen nichts anderes, als in destruktiver Art und Weise diese Steuerreform zu kritisieren.

Eines ist auch interessant, weil Sie das immer wieder hier ins Treffen führen: Wenn kritisiert wird, dass die höchste Arbeitslosenquote und mittlerweile vor allem der höchste Zuwachs bei den Arbeitslosen, nämlich fast 100 Prozent, in der Bundeshaupt­stadt Wien, in der die Sozialdemokraten mit absoluter Mehrheit regieren, zu verzeich­nen sind, kommen Sie oft mit dem Argument, dass viele Menschen aus den Bundes­ländern in Wien ihre Arbeit finden. Da stelle ich schon die Frage: Gibt es keine Wiener, die in den Bundesländern arbeiten? Und ist Ihnen eigentlich bewusst, dass die Anzahl der Arbeitsplätze, die Sie heute in Wien haben, auf dem gleichen Niveau liegt wie die Anzahl der Arbeitsplätze, die es in Wien in den sechziger Jahren gab, während wir in den anderen Bundesländern im Durchschnitt um 30 Prozent mehr Arbeitsplätze haben? – Das ist die Wahrheit! Nehmen Sie die Verantwortung wahr, und schaffen Sie Arbeitsplätze in der Bundeshauptstadt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Steuerreform entlastet AlleinverdienerInnen und AlleinerzieherInnen in einem überproportionalen Ausmaß. Dort, wo Armutsgefährdung besteht, treten wir ihr ent­gegen und schaffen die Kaufkraft, die es auch möglich macht, ein entsprechendes Wirtschaftswachstum fortzuschreiben.

Es ist nicht so – das möchte ich sehr deutlich sagen, und ich sage das auch als Vertre­ter einer großen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerorganisation –, dass, wenn es um Entlastung geht, Wirtschaft und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegeneinan­der auszuspielen sind, wenn etwa die Körperschaftsteuer gesenkt wird, denn das


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 112

sichert und schafft Arbeitsplätze und ist damit die beste Arbeitnehmerpolitik, die denk­bar ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Der heutige Vormittag hat es gezeigt: Wir bieten eine Steuerreform, und Sie haben ein Problem. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des sich zu seinem Platz begebenden Abg. Amon –: Die Rede war nicht gut! – Gegenrufe bei der ÖVP.)

 


14.29

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Sich so kurz vor Schluss dieser Debatte noch zu Wort zu melden, hat einen einfachen Grund: Es ist am heutigen Vormittag mehrmals über den Agrardiesel für die Landwirtschaft debattiert worden, und als freiheitlicher Agrarsprecher und als Bundesobmann der Bauernschaft möchte und muss ich mich hier zu Wort melden, weil ich es nicht für fair halte und es auch für sehr gefährlich halte, hier eine Ständediskussion zu führen.

Wenn hier in den Reihen geunkt wird, dass Bauern sich jetzt dadurch den dritten, vier­ten oder fünften Traktor leisten können, dann möchte ich Ihnen schon einmal sagen: Über 300 000 Arbeitsplätze sind nach wie vor im Bereich der österreichischen Land­wirtschaft – über 300 000! –, mehr als 200 000 Betriebe werden bewirtschaftet. Jeden Tag, meine geschätzten Damen und Herren – jeden Tag! –, sperren 22 Bauern zu! Jeden Tag werden 22 Stalltüren zugenagelt und nicht mehr aufgesperrt! Und ich glaube und bin davon überzeugt, dass der Agrardiesel ein wichtiger Bestandteil für eine funktionierende Landwirtschaft ist. Es ist wichtig, dass diese Wettbewerbsver­schlechterung aus der Welt geschafft wird.

Lieber Heinz Gradwohl, ich bin sehr gespannt darauf, ob du in Bezug auf den Agrar­diesel für oder gegen die österreichischen Bauern stimmen wirst. Ich werde schauen, ob du aufstehst oder sitzen bleibst. Du kannst versichert sein: Auch die SPÖ-Bauern und, Herr Kollege Pirklhuber, auch die grünen Bauern würden sich sehr freuen, wenn sie künftig den Agrardiesel billiger bekommen würden, denn das ist mitunter auch ein wichtiger Bestandteil dafür, dass wir die Landwirtschaft in Österreich flächendeckend in familiären Betriebsstrukturen absichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

 


14.31

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Scheuch hat hier zum Schluss noch einmal gemeint, dass die Landwirtschaft tatsächlich vom Agrardiesel profitieren würde und die Krise der Landwirtschaft damit behoben wäre. Das ist völlig unverständlich, was Sie hier sagen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein wichtiger Bestandteil!)

Genau das Gegenteil wird der Fall sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Gerade die Zukunftsstrategien für die Landwirtschaft, nämlich die erneuer­bare Energie, die Bio-Treibstoffe, die die Landwirte erzeugen und die wir erzeugen müssen, um die Klimaschutzziele zu erreichen, behindern Sie mit Ihrer Politik! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der wird ja auch billiger!) Also nicht einmal für die „Zukunfts-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 113

bauern“ tun Sie etwas, ganz im Gegenteil! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist an den Haaren herbeigezogen!)

14.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Ver­trauens gegenüber dem Bundesminister für Finanzen gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist das die Minderheit, und damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die größte Steuerentlastung der Zweiten Republik.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit, und der Antrag ist damit ange­nommen. (E 35.)

2. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unter­ausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betref­fend Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen hinsichtlich Privatisierungs- und Ausgliederungsmaßnahmen seit 1.1.2002, insbesondere Verkaufsvorbereitungen für Unternehmen der ÖIAG sowie Vergaben an externe Berater im Zusammenhang mit legistischen Vorhaben (Verwaltungsreform, Organisationsstruktur des Ressorts, Bundesstaatsreform, Privatisierungsgesetz­gebung) und Öffentlichkeitsarbeit (356 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Seine freiwillige Redezeitbe­schränkung beträgt 6 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


14.34

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Es hat ja schon einige Misstrauensanträge gegen den Herrn Finanzminister gegeben, und das zu Recht, aber eines hat es noch nicht gegeben: dass sich der Herr Finanzminister nicht einmal zu Wort meldet. Das ist ein­malig und erstmalig, meine Damen und Herren, und, Herr Minister, das ist erbärmlich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nach eigenen Angaben hat sich der Herr Minister auf diesen Tagesordnungspunkt ge­freut. Ich hoffe sehr, Herr Minister, diese Freude wird sich zur Auskunftsfreude entwi-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 114

ckeln und dass Sie sich nicht nur klammheimlich hier freuen, denn in einer ganzen Reihe von Fragen sind nämlich dringend Auskünfte notwendig.

Weniger für die Freude, mehr für den Spaß zuständig ist Herr Staatssekretär Finz. Wir alle, meine Damen und Herren, erinnern uns an das schallende Gelächter der innen­politischen Journalisten Österreichs bei der missglückten Weißwaschaktion des Herrn Staatssekretärs.

Aber, Herr Staatssekretär, Sie haben am 26. Jänner wieder gesagt, dass hier ein ord­nungsgemäßes Verfahren durchgeführt wurde, dass nur die Industriellenvereinigung gespendet hat. Daher, Herr Staatssekretär: Schluss mit lustig. Ich fordere Sie auf: Treten Sie zurück, und zwar sofort! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Jetzt, meine Damen und Herren von der FPÖ und der ÖVP, wird es für Sie ein biss­chen brenzlig, denn der Herr Staatssekretär hat klipp und klar festgestellt – ich zitiere Finz aus der APA –:

„Nach Ansicht der Finanzbeamten diente die Homepage Karl-Heinz Grasser aus­schließlich in seiner Funktion als Minister ,und nicht als Privatperson’.“ Also: „Funktion als Minister“.

Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt im Ständigen Unterausschuss des Rech­nungshofes die Gebarung des Finanzministers untersucht, und zwar auch Öffentlich­keitsarbeit. „Funktion als Minister“, hat der Herr Staatssekretär gesagt. Und was schrei­ben Sie in Ihrem Bericht, meine Damen und Herren von FPÖ und ÖVP? – Das war nicht Untersuchungsgegenstand. Alles ist bis ins letzte Detail offen gelegt. Keine Fragen sind unbeantwortet geblieben.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie sich nicht auslachen wie Finz!

Der Finanzminister – und das wird auch vergessen – behauptet immer, er wisse von nichts, habe überhaupt nichts zu tun mit dieser Homepage. Mitte des letzten Jahres war das ein bisschen anders. Damals sagte er „NEWS“ gegenüber:

„Ich will keine falsche Optik haben. Daher habe ich vom Verein auch eine Umstellung der Finanzierung verlangt.“

Herr Minister, sagen Sie dazu etwas! Sie haben Mitte letzten Jahres eine Umstellung der Finanzierung verlangt. Und auf die Frage von „NEWS“: „Wer zahlt künftig?“, ant­wortet Grasser:

„Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde ich dieses Projekt aus meinem Gehalt selber zahlen.“

Also, Herr Minister, zahlen Sie das jetzt selber?

Christoph Neumayer, der Sprecher der Industriellenvereinigung, sagt: „Der Finanz­minister ist an uns herangetreten und hat um Spenden ... ersucht.“

Grasser sagt der „Kronen Zeitung“ gegenüber: Ich stelle noch einmal klar, dass ich nie jemanden um Geld gefragt habe!, sagt im ORF aber unverdrossen: Ich habe mich um Spenden bemüht, für soziale Projekte in unserem Land.

Herr Minister! Klären Sie das alles auf, denn das ist doch wirklich unglaublich!

Sie liegen deswegen bei der Bevölkerung so schlecht ... (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Großruck: Traummännlein! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Witzbold!) Die Hälfte der Österreicher ist gegen ihn! „Vorwürfe gegen Grasser berechtigt“: 49 Prozent sagen „teilweise“, 20 Prozent „voll und ganz“. Und ganz aktuell im „profil“ nachzulesen, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, die Sympathiewerte, worauf der Herr


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 115

Minister immer besonders stolz war: von 75 Prozent „gute Meinung“ auf jetzt nur noch 47 Prozent gefallen. – Das spricht Bände, das spricht für sich. (Abg. Hornek: Sagen Sie Ihre auch dazu, Herr Kollege!)

Wissen Sie, Kollege Vorsitzender dieses Kontrollgremiums, was die Leute am meisten stört? – Wenn sie für dumm verkauft werden. Sie wollen wissen, wie viel Geld diese Homepage gekostet und wer gespendet hat. Eine Homepage kostet, wenn es eine Luxusausführung ist, maximal 25 000 €. An diesen Verein ist aber schon das Fünf­zehnfache gespendet worden. Also, Herr Minister, was ist mit dem Geld geschehen? Sie haben heute Gelegenheit, das hier zu beantworten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Bericht, den Sie offensichtlich – und ich habe keine anderen Signale – allen Ernstes heute beschließen wollen, sagen Sie, dass alles im Zusammenhang mit Grasser bis ins letzte Detail offen gelegt und geklärt wäre und somit auch keine Fragen unbeantwortet blieben.

Abgeordneter Scheuch hat einmal gemeint – und das ist nicht lange her, das war im letzten Oktober –: Im Endeffekt wird er, nämlich Grasser, gut daran tun, diese Sache zu bereinigen. Ansonsten muss womöglich der Staatssekretär Finz wieder Persil kaufen gehen, um die Weste des Herrn Ministers wieder reinzuwaschen.

Meine Damen und Herren von FPÖ und ÖVP! Sie sind heute drauf und dran und offen­bar bereit, hier einen Bericht zu beschließen, der diesen Nationalrat zu einer Wäsche­rei degradiert. Und ich muss Ihnen sagen, bei einem ehrenwerten Waschvorgang würden die Dinge sauberer. Sie aber machen mit Ihrem Weißwaschversuch heute die Sache noch schmutziger! (Beifall bei der SPÖ.)

14.39

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


14.39

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Ständige Unterausschuss des Rechnungs­hofausschusses hat auf Grund eines Verlangens der SPÖ eine umfassende Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen hinsichtlich Privatisierungs- und Ausgliederungsmaßnahmen seit 1. Jänner 2002, insbesondere Verkaufsvorbereitun­gen für Unternehmen der ÖIAG sowie Vergaben an externe Berater im Zusammen­hang mit legistischen Vorhaben, wie zum Beispiel Verwaltungsreform, Organisations­struktur des Ressorts, Bundesstaatsreform, und Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt.

Begründet wurde dieser Antrag unter anderem damit, dass der geplante Abverkauf von Volksvermögen zu einem schlechten Zeitpunkt erfolgt und dass dies dazu führen wird, dass die zur Disposition stehenden staatlichen Unternehmen zu Schleuderpreisen ver­kauft würden. Bemängelt wurden die Beiziehung von externen Beratern und die daraus resultierenden Kosten sowie der Ablauf der Vergabeverfahren. Weiters wurde kritisiert, dass der Herr Finanzminister angeblich Ausschreibungen für Werbeaufträge getätigt habe.

Geschätzte Damen und Herren! Ich habe vom Kollegen Kräuter zu seinem Antrag beinahe nichts gehört. Der Ständige Unterausschuss des Rechnungshofes hat sich im Zuge von insgesamt neun Ausschusssitzungen intensivst und umfassend mit den ver­schiedensten Thematiken auseinander gesetzt und dazu eine beachtliche Zahl an Aus­kunftspersonen geladen. Entgegen der üblichen Praxis, dass der zuständige Minister nur einmal im Ausschuss erscheint, war Herr Bundesminister Grasser am 11. Juli 2003 und am 10. Dezember 2003 jeweils mehrere Stunden anwesend (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler) und hat umfassend und kompetent die an ihn gerichteten Fragen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 116

beantwortet. (Abg. Öllinger: Wahnsinn!) Als weitere Auskunftspersonen standen zur Verfügung: der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Fiedler, Herr Dipl.-Bw. Heinzel, Dr. Michaelis und Dipl.-Ing. Wieltsch, Dr. Schramm, Dipl.-Ing. Ramprecht, Karl Plech, die Universitätsprofessoren Kletecka und Dr. Bogner. In Bezug auf die Beraterverträge muss festgestellt werden, dass es auf Grund der umfassenden Vorhaben sinnvoll und notwendig war, externe Berater mit internationaler Erfahrung für diese Großvorhaben ergänzend zu den Experten des Finanzministeriums beizuziehen.

Es ist weiters festzuhalten, dass kein einziger Auftrag und keine einzige Ausgabe des Bundesministeriums für Finanzen ohne rechtliche Grundlage vorgenommen wurde. Die Vergabeverfahren erfolgten nach internationalen Standards und wurden von einer Vergabekommission, die sich aus mehr als zehn Personen zusammensetzte, unter anderem zwei Universitätsprofessoren sowie hoch qualifizierten Spezialisten aus den jeweiligen Fachgebieten sowie auf dem Gebiet des Vertrags- und Vergaberechts, vor­genommen – ein aufwendiges Verfahren, um größtmögliche Objektivität und Transpa­renz gewährleisten zu können.

Die Beraterkosten orientieren sich am Transaktionswert und an der erbrachten Leis­tung und bewegen sich in einem international üblichen Rahmen zwischen einem und eineinhalb Prozent des Transaktionsvolumens.

Die Bundesbeschaffungs GmbH ist ein markantes Beispiel für effiziente Beraterleis­tung. Bei einem Beschaffungsvolumen von 290 Millionen € wurde ein Einsparpotential von 29 Millionen € im ersten Jahr erreicht. Die Beraterkosten beliefen sich auf 3,3 Mil­lionen €.

Als weiteres Beispiel sei die Restrukturierung der Finanzverwaltung erwähnt, wobei Beraterkosten von 452 000 € auf der einen Seite einem Einsparpotential von 250 Mil­lionen € auf der anderen Seite in den nächsten Jahren gegenüberstehen.

Im Zuge der Befragung des Vorsitzenden des Aufsichtsrates der ÖIAG, Dipl.-Bw. Heinzel, und des Vorstandes, Michaelis und Wieltsch, kamen die konträren Stand­punkte zur österreichischen Wirtschaftspolitik klar zum Ausdruck: Auf der einen Seite die Opposition, die weiterhin den Staatseinfluss bewahren möchte, und auf der ande­ren Seite die Regierung, die ein effizientes Privatisierungsprogramm vorsieht, um die Marktchancen der Unternehmen zu erhöhen und die Konkurrenzfähigkeit der Unter­nehmen zu verbessern.

Dies ist eine besondere Leistung, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass in der Ver­gangenheit verstaatlichte Unternehmen jahrelang mit Steuermitteln in Millionenhöhe bezuschusst und in der Folge um einen symbolischen Schilling verkauft wurden. Diese Tatsachen widerlegen markant die Behauptung, dass verschleudert und verscherbelt würde. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Finanzen ist festzu­halten, dass zielgruppenorientierte Übermittlung von Informationen aus dem Ressort ein wichtiges Anliegen ist. Die finanziellen Aufwendungen dafür liegen im Rahmen des­sen, was auch in der Vergangenheit üblich war. Im Gegenzug dazu darf ich Ihnen zur Kenntnis bringen, dass die Stadt Wien für derartige Vorgaben und Maßnahmen, näm­lich Öffentlichkeitsinformation, jährlich zig Millionen Schilling aufwendet. (Abg. Groß­ruck: 40 Millionen €!) – Zig Millionen €, ich danke für die Korrektur. (Abg. Großruck: 40 Millionen!) Im Vergleich dazu sind diese Aufwendungen geradezu bescheiden.

Unser Bundesminister für Finanzen steht für ein Nulldefizit 2001 und 2002, Senkung der Zinsaufwände für die entsprechenden Staatsschulden (Abg. Mag. Kogler: Das ... Untersuchungsgegenstand, Herr Kollege! Das hat mit dem Ausschuss exakt nichts zu tun!) und Einsparung durch Verwaltungsreform und hat maßgeblichen Anteil daran,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 117

dass sich Österreich im europäischen Ranking auf dem exzellenten dritten Platz befin­det.

Die „Krone“ titelte am 27. Januar 2004: 

„Weniger Budgetdefizit als erwartet. Grasser wird ,EU-Musterschüler’“.

Dem ist nichts hinzuzufügen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

14.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Ich erteile es ihm.

 


14.46

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen! Das war nicht irgendein Ausschuss, Herr Kollege Hornek, das war doch ein Ausschuss, der den bezeichnenden Namen „Ständi­ger Unterausschuss des Rechnungshofausschusses“ hat, und ich weiß überhaupt nicht, wie Sie hier dazu kommen, es als eine in diesem Ausschuss gängige Praxis zu verkünden, dass ein Minister nur genau einmal anwesend sein muss. Sie verwechseln das vielleicht mit anderen Ausschüssen! – Wir werden da jetzt nicht vor Ehrfurcht er­zittern, weil der Herr Bundesminister für Finanzen uns die Gnade erwiesen hat, dort zweimal zu erscheinen. (Ruf bei der ÖVP: Zur Sache!) Wir werden auch gleich dazu kommen, wie diese Befragung im Procedere angelegt war.

Ich möchte aber auf eines zurückkommen, wenn wir das jetzt chronologisch betrach­ten: Ein ständiger Unterausschuss wird ja in der Regel halbjährlich mit einem Prüfauf­trag versorgt. Diesfalls erfolgte das durch die SPÖ-Fraktion. Sie war es alleine, und ich stehe nicht an, zuzugeben, dass ich persönlich das Thema anfänglich, was seine Dramatik und Dynamik betrifft, anders eingeschätzt habe.

Ein starkes Gewicht lag auf den so genannten externen Beraterverträgen. Ich kann mich erinnern in den ersten Tagen gesagt zu haben, dass ich da nicht ein derartiges Aufdeckungsbedürfnis wie die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ habe, weil ich der Meinung war, externe Beraterverträge an sich sind nicht schlecht. Dies ist auch – und jetzt erst recht – eine Frage der Abwägung: Kann das im Haus geleistet werden? Kann es nicht im Haus geleistet werden? Bringt der Vorgang der externen Beratung entsprechende Benefits, sodass das insgesamt sogar gut wäre?

Ich sage das deshalb, weil ich damit uns zugute halten will, dass wir uns dieser Sache in dieser Art und Weise angenähert haben. Das ist ja auch Ihre Argumentation, Herr Bundesminister, bis zum Schluss gewesen, und Sie werden ja vermutlich auch heute wieder – wenn Sie sich endlich doch zu Wort melden – diese Vergleiche anstellen.

Ich muss nur sagen, um ein Resümee in der Sache vorwegzunehmen: Ich bin eines wesentlich Schlechteren belehrt worden! Es war für mich erschütternd, und die Ver­dachtsmomente, die diesem Prüfauftrag zugrunde gelegt waren, haben sich mehr als bestätigt. Ich komme nicht umhin, das auch als Vorsitzender des Vollausschusses, der diesen Bericht dann entgegengenommen hat, letztlich zu bestätigen. Es kam sogar noch schlimmer, als es sich wahrscheinlich die Antragsteller damals selbst erwartet hatten. – Das ist ein erstes Zwischenresümee in der Sache. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt streiten wir uns bei diesen Ausschüssen im Kontrollbereich ständig auch um das Procedere. Eine kurze Anmerkung dazu: Es ist tatsächlich so, dass diese Diskrepanz – Minderheitsrecht zur Einsetzung, aber Bedienung des Instrumentariums im Ausschuss durch Mehrheitsbeschlüsse – immer wieder zu den kuriosesten Erscheinungen führt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 118

Ich halte das deshalb für erwähnenswert, weil das einer der reparaturbedürftigen Punkte ist – im Hinblick auf die nächste Geschäftsordnungsreform, wer immer sich da­mit beschäftigt –, wenn man diese Untersuchungsausschüsse ernst nehmen will. Es braucht auch in der Abwicklung einer Untersuchung bestimmte Minderheitsrechte, sonst haben wir dort immer ein Patt, das zu nichts führt. Und seien wir uns doch ehr­lich: Machen wir lieber vielleicht ein paar Untersuchungen weniger, die aber anständig, sodass auch eine Minderheit damit etwas anfangen kann! Man könnte sich ja auch auf einen Kompromiss einigen, wenn die Angst besteht, dass dann alle paar Monate irgendein anderes Thema mit „Gewalt“ – unter Anführungszeichen – dahergezerrt wird.

Das Problem, das wir hier wieder vorgefunden haben, ist nur – ich komme nicht umhin, es festzustellen, Kollege Hornek, ich kann Ihnen überhaupt nicht beipflichten –: Wir haben es mit Obstruktion zu tun gehabt. Wir haben es damit zu tun gehabt! Die Mehr­heit im Ausschuss hat etwa verhindert, dass beispielsweise bestimmte Fragen vom Finanzminister zu Ende beantwortet wurden. (Abg. Hornek: Aber nicht von der Oppo­sition, Herr Kollege!)

Es ist sogar so weit gegangen, dass vorgefertigte Fragen an den Finanzminister verle­sen wurden, die ganz offensichtlich dem Finanzministerium vorher bekannt waren, weil der Herr Bundesminister für Finanzen dann elendslange Zeit dafür verwendet hat, um auf diese vorgefertigten Fragen etwas zu verlesen.

Damals ist es ihm in dieser politischen Auseinandersetzung nicht so gut gegangen wie heute. Da hat er sich – sonst tut er es ja selten – an ein ganz langes Kommuniqué gehalten und wortwörtlich vorgelesen. Wen es interessiert: Schauen Sie in den Proto­kollen Ihrer Kollegen nach! – Ich halte das für einen Tiefpunkt in einem Aufklärungs­ausschuss. So kann man nicht arbeiten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das tut letztlich auch Ihnen nicht gut.

Trotzdem ist es gelungen, ein paar Dinge ans Licht zu bringen. Ich werde gleich darauf eingehen, darf aber zuvor noch einen Aspekt, der gerade heute wieder so besonders relevant geworden ist, hervorheben: Viele Auskunftspersonen, die sich eigentlich prak­tisch von sich aus aufgedrängt haben befragt zu werden, haben Sie mit Ihrer Mehrheit daran gehindert, dort auszusagen – sagen wir es einmal zurückhaltend –, unter ande­rem – ich nenne jetzt nur einen von ihnen – den Kabinettchef des Herrn Finanzminis­ters, Herrn Matthias Winkler, und das, obwohl der Untersuchungsgegenstand dieses Ausschusses ja das Finanzministerium selbst war, mithin der Finanzminister, wie Sie sehen können, wenn Sie den Prüfauftrag lesen. Trotzdem wurde mit Mehrheit verhin­dert, dass dieser Kabinettchef dort aussagen musste – und das vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Herr Bundesminister bei wesentlichen Teilen des Prüfgegen­standes immer gesagt hat: Ja ich nicht!

Herr Bundesminister, Sie sind der unbeteiligte Dritte. Beteiligt ist Herr Matthias Winkler. Diesen dürfen wir aber nicht befragen, weil Sie das verhindert haben. – Einigen Sie sich einmal auf irgendetwas! Das nenne ich Obstruktion! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Damit gehe ich auf die Resümees zu den inhaltlichen Punkten ein. Eines passt genau dazu: Herr Bundesminister, Sie haben sich, was die Nichtbeantwortung – wiederum die Nichtbeantwortung – zur so genannten Homepage-Affäre im Ausschuss betrifft, damit verantwortet (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Geh Kogler! Du hast schon bei der Steuerre­form nichts Gescheites gesagt!), das gehe – ich kürze jetzt ab – den Ausschuss nichts an, und zwar mit der Begründung, dass das ja kein Akt der Vollziehung sei, dass das im Wesentlichen mit dem Öffentlichen nichts zu tun habe, dass das irgendwo in der privateren Sphäre angesiedelt sei und sich deshalb nicht nur nicht als Untersuchungs­gegenstand eigne, sondern sich geradezu der Befragung entziehe. – Wieder ist offen-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 119

sichtlich praktisch ein Beratervertrag in Auftrag gegeben worden, um das zu unter­mauern. Zumindest aber wurde das Bundeskanzleramt bemüht, um diese Meinung zu rechtfertigen. Dazu sage ich: Gut.

Am gleichen Tag hat aber Herr Staatssekretär Finz zur so genannten Weißwaschung, wie das hier immer genannt wird, ausgeholt. Am selben Tag und zur selben Stunde – auch ein Tiefpunkt von Kontrolldemokratie –, als der Herr Finanzminister befragt wurde – unter dem schallenden Gelächter der Anwesenden, wie gesagt –, wurde ver­kündet, es bestehe keine Steuerpflicht, und zwar mit der Begründung, dass das im öffentlichen Bereich des Finanzministers läge, nicht im privaten!

Ja haben Sie sich jetzt endlich geeinigt? Nehmen Sie doch beide dazu Stellung! Beides kann nicht richtig sein! – Das nenne ich Tiefpunkt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gaál: So ist es!)

Die Sphäre der Beraterverträge: Schauen Sie, Herr Bundesminister, wir sind jetzt bei dem Problem, dass Sie gesagt haben, dass durch derartige Beraterverträge Milliarden­beträge eingespart werden würden. Wissen Sie, was Sie gemacht haben? – Sie haben einfach die potentiellen Privatisierungserlöse in diesem Bereich, die ja auch Unter­suchungsgegenstand waren, zusammengezählt und das dem Beraterhonorar gegen­übergestellt. Ja bitte, das ist doch nicht die Rendite einer Beratung! Die Rendite einer Beratung ist doch das, um das man etwa sein Zeug – so muss man das ja nennen, wie Sie das angegangen sind – teurer verkaufen kann (Abg. Neudeck: Das hat er ja ge­macht! Früher hat es einen Schilling gekostet!), oder wenn man sich sonst etwas einspart. Von dieser Rendite haben Sie nie gesprochen!

Ich bringe ein Beispiel, wo das fürchterlich schief gegangen ist: Die KPMG, die uns auch sonst noch interessieren wird, hat für den Verkauf – nur die Beratungs- und Abwicklungsleistung – des Bundesverlages sage und schreibe beinahe 800 000 € be­kommen – beinahe 800 000 €, das muss man sich einmal vorstellen! –, und dies bei geplanten 24 Millionen an Privatisierungserlös. – Wissen Sie, da sind Sie um ein Viel­faches über dem ohnehin hohen Prozentsatz von einem Prozent für Beraterhonorare bei derartigen Privatisierungen. Ich halte das für einen Skandal! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und dann kommen Sie hierher und erklären, das Verhältnis der 24 Millionen € zu den 800 000 €, das sei die Rendite! – Das ist eine Milchmädchenrechnung! Die ist ja nicht einmal mehr der Himmelpfortgasse würdig, selbst seit Sie dort eingezogen sind. Das ist wirklich unter jeder Kritik! Und das wollten Sie der Öffentlichkeit weismachen. Damit sind Sie aber nicht durchgekommen.

Wir haben serienweise Beraterverträge gefunden, wo es auch im Zusammenhang mit der Ausschreibung nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. (Abg. Hornek: Wo? Herr Kollege, wo?) – Unter anderem bei den Beauftragungen des Bankhauses Leh­man & Brothers. Sie sind bis heute die Aufklärung darüber schuldig, welch nützliche Dienste etwa Herr Muhr in diesem Zusammenhang geleistet hat. Das haben Sie auch dort nicht gemacht. Vielleicht nutzen Sie die Gelegenheit hier und heute.

Eines noch zum Abschluss (Ruf bei den Freiheitlichen: Gott sei Dank!): Der Ausschuss hat auch – das soll man nicht unerwähnt lassen, vielleicht auch zur kleinen Versöh­nung – etwas bewegt – und da haben wir nicht einmal einen Disput mit Ihnen gehabt, Herr Finanzminister –: Die Privatisierung der Voest und anderer Unternehmen – die BUWOG werden wir gleich wieder als Diskussionsthema haben – war ein zentraler Ge­genstand. Die Sache mit dem Herrn Siegi Wolf war ein Thema, aber auch jene mit dem Herrn Veit Schalle, weil das gerade parallel gelaufen ist.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 120

Herr Heinzel, der Aufsichtsratsvorsitzende der ÖIAG, hat im Ausschuss zu dankens­wert offenen Worten gefunden. Diese haben sich irgendwie auch nach außen durchge­sprochen, und es hat von diesem Tag an einen enormen Druck auch auf Veit Schalle gegeben, sodass er in dieser unhaltbaren Situation – völlig unvereinbar: Kaufinteresse und Mitgliedschaft im Aufsichtsrat; das haben aber Sie schon zu verantworten, dass diese Leute sich dort selbst erneuern, wie sie sagen – am nächsten Tag um 14 Uhr – er hat jede Stellungnahme dazu verweigert – diese Funktion endlich zurücklegte. Ich glaube, das war gut für Veit Schalle, das war gut für die ÖIAG und im Sinne einer Rest­reputation des so genannten Wirtschaftsstandortes. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich füge noch hinzu, dass wir in diesem Punkt – das war aber der allereinzige – keinen Dissens gehabt haben, weil auch der Herr Bundesminister für Finanzen bei dieser Gelegenheit dort, aber auch bei anderen, betont hat, dass das auch nicht mehr seinem Geschmack entspricht, und nachweisen konnte, dass er immerhin einmal in der Öffentlichkeit gesagt hat: Ja, das ist unvereinbar!

Sehen Sie, Herr Bundesminister: Wenn man sich stundenlang befragen lässt, kann man doch noch auf ein Körnchen Gutes kommen! (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

14.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor wir um 15 Uhr zur kurzen Debatte über die An­fragebeantwortung des Bundesministers für Finanzen kommen, nütze ich diese Ge­legenheit, um Herrn Abgeordnetem Dr. Gusenbauer einen Ordnungsruf zu erteilen. Er hat in der letzten Debatte, in der ich gerade am Vorsitz war, und zwar um 10.51 Uhr gesagt:

„Auf Grund Ihrer Körperschaftsteuersenkung wird in Linz kein einziger Euro mehr in­vestiert werden. – Lügen Sie die Leute nicht dauernd an, Herr Bundeskanzler!“

Ich habe dann dem Herrn Abgeordneten Gusenbauer die Möglichkeit gegeben, den Vorwurf der Lüge zurückzunehmen. In der Hitze der Debatte hat er das aber offensicht­lich übersehen oder nicht tun wollen. Jedenfalls – sei dem wie auch immer –, Herr Abgeordneter: Ich muss Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. – Er ist hiemit erteilt. (Abg. Prinz: Hochmut kommt vor dem Fall, Herr Kollege Gusenbauer!)

*****

Wir gelangen nunmehr entweder zu Ausführungen von 2 Minuten des Abgeordneten Neudeck oder unterbrechen kurz die Sitzung. – Herr Kollege Neudeck, wollen Sie jetzt anfangen und dann weiterreden? (Abg. Neudeck: Warten wir!) – Dann unterbreche ich die Sitzung für eine Minute, um dann mit der Anfragebesprechung zu beginnen.

Die Sitzung wird unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenom­men.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1006/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur kurzen Debatte über die An­fragebeantwortung des Bundesministers für Finanzen mit der Ordnungszahl 1006/AB.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 121

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Gemäß § 57a der Geschäftsordnung spricht in dieser Debatte kein Redner länger als 5 Minuten. Die erste Rednerin hat eine Redezeit von 10 Minuten. Das Mitglied der Bun­desregierung – in diesem Fall der Herr Bundesminister für Finanzen – soll nicht länger als 10 Minuten Stellung nehmen.

Wir gehen jetzt so vor.

Ich bitte Frau Abgeordnete Moser, die Debatte zu eröffnen. Sie hat das Verlangen unterzeichnet. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


15.01

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Diese Anfragebesprechung bietet höchstwahrscheinlich die einzige Möglichkeit, unseren heute sehr schweigsamen Finanzminister doch zu einer Äußerung zu bewegen.

Heute Vormittag stand – nach seiner Diktion – sein Meisterwerk zur Diskussion: die so genannte Steuerreform. Wer nicht sprach, war der Herr Finanzminister. Jetzt soll er sprechen!

Heute Vormittag haben wir in der Debatte um die so genannte Steuerreform auch neue Informationen über die Steuermoral des Herrn Finanzministers erhalten. Es ging dar­um, inwieweit er nicht doch für Millionenbeträge – in Schilling gerechnet – schenkungs­steuerpflichtig ist. Wer geschwiegen hat, war der Herr Finanzminister. Jetzt soll er Ge­legenheit haben, vielleicht auch dazu Stellung zu nehmen! (Zwischenruf des Abg. Faul.)

Meine Damen und Herren! Wir haben heute Vormittag auch gehört, dass es immer ein Anliegen dieser Bundesregierung ist, die Privatisierung voranzutreiben und die Staats­schulden zu senken. Jetzt am Nachmittag diskutieren wir den Unterausschussbericht des Rechnungshofausschusses, in welchem es massiv und zentral um Privatisierungs­fragen ging und die Privatisierung der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften ein wesentlicher Punkt war.

Im Rahmen der Thematik betreffend staatliche Wohnbaugesellschaften – 62 000 Woh­nungen stehen im Besitz des Bundes! – hat sich herausgestellt, dass diese Privatisie­rungsaktion größtenteils nicht umsichtig beziehungsweise schlecht vorbereitet wurde und höchstwahrscheinlich nicht den Ertrag bringen wird, von dem man ausging und welcher der Grund dafür war, dass man die politische Entscheidung getroffen hat, diesen Schritt in Richtung Privatisierung zu unternehmen.

Herr Minister! Sie haben dankenswerterweise wieder eine Anfrage beantwortet, aber leider nicht ganz vollständig. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Ich möchte jetzt gleich in medias res gehen:

Punkt eins: Herr Minister, Sie haben hier wiederholt gesagt, die Veräußerung dieser 62 000 Wohnungen sei dringend notwendig, um die Staatsschulden zu senken. Des­wegen wurde ja auch die Gemeinnützigkeit dieser Gesellschaften aufgelöst, und zwar schon durch die Budgetbegleitgesetze im Jahr 2000.

Herr Minister! Was Sie nicht wissen und was Sie mir auch niemals beantworten hätten können, ist die Tatsache, dass seit der Auflösung der Gemeinnützigkeit bei diesen Wohnbaugesellschaften die Wohnungen, die zum Wiedervermieten frei werden, nicht mehr in der Sorgfältigkeit instand gehalten werden wie vorher, weil zum Beispiel Sie,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 122

Herr Finanzminister, und in Zukunft höchstwahrscheinlich auch die Investoren die Ge­winne laufend entnehmen. Sie bedienen ja mit Vorliebe Großinvestoren, sei es bei der Steuerreform, bei den Kapitalgesellschaften, sei es bei der Industriellenvereinigung, zu der Sie enge Kontakte pflegen, und sei es auch im Bereich der Großinvestoren beim Verkauf der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften. Sie bedienen diese Klientel ja sehr gerne!

Auf wessen Kosten geschieht das? – Auch auf Kosten zukünftiger MieterInnen, die dann in Wohnungen einziehen, die nicht mehr optimal renoviert worden sind! – Das weiß ich aus erster Hand von einem Mitarbeiter der WAG aus Linz, der gesagt hat, dass am Bindermichl laufend Wohnungen übergeben werden, die nicht mehr den Stan­dard haben, den sie früher hatten: Es wird nicht mehr alles ausgemalt, und die sanitä­ren Anlagen werden nicht mehr im vollen Umfang repariert, weil entweder Gewinne bereits entzogen wurden oder weil man bereits jetzt Vorsorge dafür treffen will, dass Investoren dann einen entsprechend großen Kapitalstock übernehmen können. Das ist die Tatsache! Das ist schon eine Frühfolge Ihrer Privatisierungspolitik im Wohnungsbe­reich!

Herr Minister Grasser, Sie waren im Unterausschuss zwei Mal zu diesem Thema anwesend und sind uns Rede und Antwort gestanden und mussten auch Stellung zur Kritik des Rechnungshofs nehmen. Es geht dabei um unser Grundproblem betreffend die mittelfristige Finanzplanung und die mittelfristige Einnahmensituation der Republik. Es wurde Ihnen dort vom Herrn Rechnungshofpräsidenten Dr. Fiedler mitgeteilt, dass sich ein Verkauf erst lohnt, wenn allein für die WAG und die BUWOG ein Verkaufserlös von 600 Millionen € erzielt wird, weil es erst ab dieser Summe günstiger ist, auf Ge­winne aus diesen Gesellschaften zu verzichten, um durch Reduzierung der Staats­schuld auch da auf Zinszahlungen verzichten zu können.

Problematisch dabei war für mich, dass ich auf Grund dieser Kalkulation von vorn­herein annehmen musste, dass diese Privatisierung nicht in die Richtung geht, die Sie erhoffen, sondern mittelfristig budgetpolitisch sogar ein Unsinn beziehungsweise kont­raproduktiv ist und sicherlich auch in weiteren Rechnungshofberichten kritisiert werden wird.

Ich will gar nicht weiter über die Konsequenzen sprechen, welche die MieterInnen zu erwarten haben, wenn zum Beispiel die Verbriefungsvariante eingegangen wird. Für mich ist somit jetzt der Zeitpunkt gekommen – und deswegen auch diese Anfragebe­sprechung –, zu dem Sie uns mitteilen könnten, wie weit Sie in Ihren Entscheidungen intern bereits fortgeschritten sind.

Sie haben die von mir gestellte Frage nicht beantwortet, Herr Minister, welcher Perso­nenkreis jetzt genau die Entscheidung trifft ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin, das Licht leuchtet nicht, aber die 10 Minu­ten sind um!

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Schauen Sie auf die Uhr! Es ist 15.06 Uhr! Entschuldigung, Herr Präsident!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin, Sie haben Recht! Meine Uhr hier hat einen Fehler. – Sie sind am Wort.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Danke schön. – Das ist ja wirklich die neueste Methode! Man darf sich immer wieder auf Einfälle des Herrn Präsidenten freuen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Entschuldigung, aber das war ja überhaupt noch nie da!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 123

Ich setze fort: Herr Minister, der Zeitpunkt für diese Anfragebesprechung ist für uns auch deshalb jetzt gekommen, weil Sie uns durch Ihre Mitarbeiter mitteilen ließen, dass Sie Mitte Jänner endgültig entscheiden werden, in welche Richtung gegangen wird, ob und an wen verkauft wird oder ob verbrieft wird.

Jetzt haben wir Ende Jänner. Mich würde interessieren, Herr Minister, wie jetzt diese interne Entscheidung gelaufen ist und welche Personen vor allem daran beteiligt waren. In Ihrer Anfragebeantwortung haben Sie mir diese Frage nicht beantwortet, da­her wäre es jetzt sehr wohl angebracht, dass Sie das nun nachholen!

Wenn man ein bisschen hinter die Kulissen horcht beziehungsweise sich in informier­ten Kreisen umtut, dann hört man, dass die Verbriefungsvariante bevorzugt wird, denn das sei jetzt international so üblich. Dabei haben natürlich, auch laut Ihrer Auskunft im Unterausschuss, Lehman Brothers gewisse Vorteile. Diese bestehen erstens in einem höheren Honorar und zweitens in laufenden Einnahmen über die Abwicklung der Verbriefung und der Anteile. Drittens – und das ist eigenartig, Herr Minister – hört man hinter den Kulissen auch, dass eine gewisse Bank namens Credit Suisse First Bos­ton von Lehman Brothers beauftragt werden soll, die Verbriefung jetzt konkret abzu­wickeln.

Ist da etwas dran oder nicht? Es heißt nämlich hinter den Kulissen auch, dass Ihr Freund Muhr engere Beziehungen mit dieser Credit Suisse First Boston Bank pflegt. Hier schließt sich jetzt irgendwie ein Freundschaftsnetz, und es gibt Grund zu der Ver­mutung, dass sich schon am Beginn der Überlegung, ob die Bundeswohnungen ver­kauft und welche großen internationalen Investmentbanker zur Abwicklung herange­zogen werden sollen, etwas auszuspinnen begonnen hat.

Jetzt kommt es praktisch zu einer Abrundung dieser ganzen freundschaftlichen Ge­spräche und Beratungen, die dann eben zu einem Ergebnis führen werden, das für die MieterInnen doppelt nachteilig ist. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Sie können ja das WAG-Beispiel auch in die Zukunft fortsetzen: Wenn laufend Mieteinnahmen verbrieft und dann an Investoren über Fondsanteile ausgeschüttet werden, dann bleibt unter dem Strich weniger oder nichts, um die Wohnungen zu erhalten, außer – entschuldigen Sie! – der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag.

Das schlägt sich dann wieder in der Qualität der Wohnungen nieder. ExpertInnen aus dem Bereich dieser bundeseigenen Wohnbaugesellschaften haben mir gegenüber im­mer wieder geäußert, dass die Verbriefung die schlechteste Variante ist, weil man sich mehr oder weniger ausrechnen kann, dass diese Gebäude nach 30 Jahren herunterge­wirtschaftet sind. Und es geht immerhin um den nicht kleinen Stock von 62 000 Woh­nungen. (Beifall bei den Grünen.)

Im Zusammenhang mit diesen Wohnbaugesellschaften gilt es auch noch, eine Klärung auch im Hinblick auf die Kärntner Landtagswahl vorzunehmen. Herr Minister! Wie schaut es denn jetzt aus mit dem Vorkaufsrecht des Landeshauptmannes von Kärnten für die „Villacher“? Schließlich ist ja die „Villacher“ mit über 12 000 Wohnungen ein relativ großes Paket, welches das Land Kärnten wieder erwerben will. – Das ist ja klar, denn im Land Kärnten gibt es Freiheitliche, die das soziale Herz immer sozusagen recht intensiv pochen lassen. Das Land Kärnten hat nach wie vor zumindest auf den Lippen eine sozialere Wohnungspolitik und deswegen das Vorkaufsrecht. – Wie schaut es damit jetzt konkret aus? Noch dazu unter dem Aspekt, dass es geschehen kann, dass die „Villacher“ wieder gemeinnützig wird, wenn die „Wiener Eisenbahner“ jetzt endgültig die Gemeinnützigkeit zurückerobert. Da läuft ja noch ein Verfahren. – Viel­leicht können Sie uns darüber etwas sagen, denn dann reduziert sich der Stock der Wohnungen, die Sie verkaufen wollen, von 62 000 um ungefähr 17 000, das sind die „Wiener“ und die „Villacher“ gemeinsam. In Anbetracht dessen frage ich mich wirklich:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 124

Welches Verkaufsergebnis können Sie einfahren, das über dem liegt, was Fiedler als Minimalerlös ansieht, nämlich 600 Millionen?

Vor diesem Hintergrund ist – ich kann dies nur wiederholen – die gesamte Vorgangs­weise und die gesamte Abwicklung der Privatisierung eines sozialen Wohnungsbestan­des in Österreich sowohl wohnungssozialpolitisch als auch budgetpolitisch kontrapro­duktiv. Es ist dies ein rein ideologischer Akt: Sie wollen privatisieren. Sie wollen das Kapital bedienen. Das wissen wir von Ihrer Steuerreform, und das wissen wir auch von Ihrer privaten Steuermoral. Hier schließt sich ein Kreis. Herr Minister! Bitte beantworten Sie die offenen Fragen! – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Es geht nicht nur um Ideologie, sondern auch um Provisionen.)

15.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Mag. Grasser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.12

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Frau Abge­ordnete Moser, ich freue mich sehr, dass ich Ihnen in der Debatte heute am Vormittag abgegangen bin! Offensichtlich haben Sie auf meine bahnbrechenden Ausführungen zur größten Steuerreform in der Geschichte der Zweiten Republik und zu den nach­haltigen Entlastungen gewartet.

Ich darf Ihnen aber versichern: Der Bundeskanzler, der Vizekanzler und die Damen und Herren von den Regierungsfraktionen haben diese Steuerreform so vortrefflich beschrieben, dass die Verhandler dieser Steuerreform hier nichts hinzuzufügen hatten. Sie steht für sich selbst. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zu den Wohnungen: Frau Abgeordnete Moser und ich sind ja spezialisiert auf diese Frage, denn es wurden mittlerweile, wenn ich das richtig sehe, mehr als 22 Anfragen in dieser Sache gestellt. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Es sind schon 24!) Es sind also schon 24. Danke vielmals, Frau Abgeordnete! Es liegt ein Rechnungshofbericht zu dieser Frage vor, außerdem gab es in diesem Zusammen­hang vier Ministerratsvorträge und zwei Gesetzesänderungen. Vier Rechnungshofaus­schüsse werden zu diesem Thema abgehalten, von denen ein guter Teil schon statt­gefunden hat, es gab das letzte Mal eine Kurzdebatte, und es gibt heute eine Kurz­debatte.

Frau Abgeordnete, Sie haben gesagt, dass das eine ideologische Frage ist. – Ich gebe Ihnen durchaus Recht, dass das auch eine ideologische Frage ist, denn diese Bundes­regierung ist aus tiefer Überzeugung angetreten und hat gesagt: Privat ist sicherlich besser als der Staat! – Und es wundert mich sehr, dass Sie immer wieder dagegen argumentieren, denn Österreich ist das Land, in welchem wirklich hinreichend bewie­sen wurde, dass der Privatbereich viel, viel besser funktioniert als der Staat. (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.)

Meine Damen und Herren! Denken Sie zurück an die Zeit sozialdemokratischer Verant­wortung in den siebziger und achtziger Jahren. Mit der verstaatlichten Industrie sind leider Gottes zig Milliarden € und Zigtausende Arbeitsplätze in den Betrieben verloren gegangen! Das war die Politik, die damals gemacht wurde. Und deswegen, meine Damen und Herren, ist es gut, wenn man sagt: Private können das besser. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sind Fans der Marktwirtschaft. Wir sind überzeugte Marktwirtschafter, Frau Abge­ordnete, überhaupt wenn wir damit auch noch sicherstellen können, dass wir mit Einnahmen aus dem Verkauf durch diese Privatisierung Staatsschulden zurückzahlen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 125

können! Ich bin bei Ihnen – das habe ich auch das letzte Mal schon gesagt –, dass natürlich ein Zusammenhang zwischen der Summe, die wir tatsächlich durch die Priva­tisierung hereinbekommen, und dem Prozentsatz, zu dem die Staatsschuld finanziert ist, besteht. Hiebei geht es heute um eine Größenordnung von 4,8 Prozent, oder nehmen wir der Einfachheit halber fünf Prozent. Wir wissen, dass wir 25 Millionen € nachhaltig Dividende aus den einzelnen Wohnbaugesellschaften zu erwarten haben. Daraus ergibt sich dann aber nicht der Betrag von 600 Millionen €, den der Rech­nungshofpräsident in nicht genauer Kenntnis der Dividendenzahlungen einmal genannt hat, sondern ein Betrag von 500 Millionen €, den wir bekommen müssen.

Das haben wir das letzte Mal festgestellt. Ich gehe daher davon aus, dass wir, wenn wir diesen Betrag überschreiten, gemeinsam sagen können, dass das eine erfolgreiche Privatisierung war, weil wir mehr Staatsschulden zurückzahlen können und uns daher etwas sparen im Vergleich zu einem permanenten Dividendenfluss, den wir für die Republik lukrieren können. Ich würde mich sehr freuen, wenn es uns beiden gelingt, einen Konsens in dieser Frage zustande zu bringen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte natürlich auch darauf hinweisen, dass ein ganz, ganz wichtiger Punkt bei dieser Privatisierung ist, dass wir den Mietern erstmals die Möglichkeit angeboten haben, diese Wohnungen zu kaufen. Das hat keine Bundes­regierung davor gemacht! Wir haben gesagt: Wir sind für das Eigentum, wir treten für Eigentumsschaffung ein, wenn es möglich ist. Wir haben keine Angst vor dem Eigen­tum, sondern wir sind für das Eigentum! Und wenn Sie sich die Entwicklung ... (Abg. Eder: Wie viele haben gekauft?) Wie viele gekauft haben? – Es haben bei der BUWOG mehr als 1 000 ihr Kaufinteresse angegeben, und es wurden bereits mehr als 430 Verträge abgeschlossen, und bei der WAG wurden bereits mehr als 180 Verträge abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Jeder Einzelne entscheidet, ob er diese Möglichkeit, zu kaufen, nutzt oder nicht. Wenn Sie sich ansehen, wie niedrig die Sozialmieten in diesem Zusammenhang sind, dann wissen Sie, warum diese Möglichkeit zu kaufen nur von einem gewissen Teil in Anspruch genommen wurde. (Zwischenruf des Abg. Eder.) Aber in Ihrer Zeit, Herr Abgeordneter, hat es nie die Möglichkeit für die Mieter gegeben, diese Wohnungen zu kaufen! Wir haben uns gefreut, diese Möglichkeit schaffen zu können. Wir haben gesagt: Wir eröffnen euch diese Chance, wir geben euch die Per­spektive: Kauft euch diese Wohnungen! Und wir haben gleichzeitig versichert – und das ist mir wichtig –, dass sich nichts im Verhältnis zwischen den heutigen Mietern und deren vertraglichen Rechten und nichts in den Mieterschutzbestimmungen ändert, wenn es einen neuen Eigentümer geben sollte.

Das heißt, ich darf Ihnen versichern: Auch nach dem Verkauf gelten selbstverständlich die strengen Vorschriften des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes für die Mieter. Das war uns immer wichtig. Es kann keine Schlechterstellung der Mieter durch diesen Ver­kauf der Gesellschaften geben. Daher gibt es nur Chancen, und zwar Chancen für die Mieter und Chancen für die Steuerzahler und damit Chancen für die Republik Öster­reich, meine Damen und Herren! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheit­lichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.)

Frau Abgeordnete, Sie haben gefragt: Wer entscheidet danach über die tatsächliche Privatisierung? – Ich glaube, Sie kennen die gesetzlichen Grundlagen. Wir haben mehrere Ministerratsvorträge gemacht, und Sie werden wissen, dass im Parlament ein Verwertungs-Ermächtigungsgesetz beschlossen wurde. Mit diesem Gesetz wurde der Finanzminister beauftragt, die Geschäftsanteile bestmöglich zu verwerten, und genau so werden wir vorgehen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 126

Wir haben danach natürlich dem Ministerrat diesen Vorschlag zu präsentieren. Es wird eine entsprechende Regierungsvorlage geben, und es wird eine Entscheidung des Ministerrates geben, und es wird dann, so wie es gesetzlich vorgesehen ist, selbst­verständlich einen Bericht geben, der im Hauptausschuss des Nationalrates auch zur Diskussion gestellt werden wird.

Sie haben gefragt, wie es mit Verkauf versus Verbriefung aussieht. Frau Abgeordnete! Ich sage Ihnen dazu: Wir wollen die Entscheidung, ob wir die Geschäftsanteile ver­kaufen oder das Sekurisationsverfahren, also die Verbriefung zukünftiger Einnahmen, wählen, nicht zu früh treffen, sondern wir bleiben in einer Parallelvorgangsweise, mit welcher wir uns beide Möglichkeiten offen halten, um möglichst kompetitiv zu bleiben, also einen möglichst starken Wettbewerb zu haben, um den bestmöglichen Preis zu erzielen, was die Angebote für den Verkauf der Geschäftsanteile betrifft.

Die ersten indikativen Angebote sind, wie Sie wissen, gemacht worden. Lehman Brothers wurde als Investmentbank beauftragt. Sie haben es angesprochen, und ich möchte nur in einem Nebensatz eine Bemerkung dazu machen, denn der Abgeordnete Kogler hat mir in der anderen Debatte vorgeworfen, dass ich hier eine Reihe von Din­gen vorgelesen habe. Frau Abgeordnete! Sie wissen, dass wir Ihnen kein Verfahren so ausführlich dargestellt haben wie dieses Vergabeverfahren an Lehman. Wir hatten eine Vergabekommission von elf Mitgliedern eingerichtet, von unabhängigen Experten, von Rechtsprofessoren, von Betriebswirtschaftsprofessoren, von Leuten des Finanzminis­teriums, Ministerialräten, welche die Verantwortung dafür übernommen haben. Eine Kommission von elf Mitgliedern hat diese Frage in einem sehr transparenten und objektiven Verfahren entschieden, und zwar nach Punkten, die bis ins Detail herunter­gebrochen waren. Ich habe Ihnen in der Anfragebeantwortung selbst noch einmal bestätigt, dass das Lehman-Angebot im Alternativangebot 1 83,26 Punkte, im Alterna­tivangebot 2 82,14 Punkte und im Hauptangebot 81,64 Punkte aufwies. Der Zweitge­reihte hatte 79,05 Punkte.

Ich betone nochmals: Es war dies ein sehr transparentes und objektives Verfahren, das wirklich über jeden Zweifel und über jede Kritik erhaben ist, weil wir es sehr gut und professionell vorbereitet haben. Frau Abgeordnete! Uns war wichtig, dass wir uns für eine Transaktion, die bei 500 bis 600 Millionen € aufwärts vom Privatisierungserlös her liegt, international anerkannter Berater bedienen.

Ich habe Ihnen den Track Record von Lehman Brothers geschildert. Ich habe Ihnen gesagt, dass sie Nummer eins oder Nummer zwei in der Verwertung von Immobilien­besitz in den letzten Jahren waren, also eine wirklich erfahrene Investmentbank in die­sem Bereich sind. Ich wiederhole nochmals: Karlheinz Muhr spielt in dieser gesamten Privatisierung überhaupt keine Rolle, genauso wenig wie Kommerzialrat Plech, der sonst oft von Ihnen erwähnt wird, eine Rolle in der Frage dieser Privatisierung spielt. Das heißt, wir fahren parallel: mit Securitization einerseits und mit Share Deal anderer­seits.

Sie haben noch die Frage betreffend das Vorkaufsrecht von Kärnten gestellt. Diesbe­züglich kann ich Ihnen nur sagen, dass ich vor nicht allzu langer Zeit ein Gespräch mit dem Landeshauptmann von Kärnten hatte. Er hat mir vermittelt: Dann, wenn die letzt­gültigen Angebote am Ende des Verfahrens auf dem Tisch liegen, wird sich das Land Kärnten entscheiden, ob man dieses Vorkaufsrecht wahrnimmt, es nutzt oder nicht nutzt.

Ich denke, das waren alle Fragen, die Sie gestellt haben, Frau Abgeordnete.

Die Instandhaltung haben Sie noch angesprochen. Ich möchte Ihnen versichern: Es waren letzte Woche Herr Geschäftsführer Schuster von der BUWOG und Herr Ge­schäftsführer Schön von der WAG bei mir. Beide haben mir versichert, dass die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 127

Instandhaltung, wie sie sie in den letzten Jahren vorbildlich gemacht haben, auch jetzt natürlich ganz genauso weiter passiert. Das heißt, wir tun das Bestmögliche im Sinne einer Kundschaftsbeziehung, einer Serviceorientierung für die Mieter und versuchen, ihnen das beste Produkt – selbstverständlich auch in Zukunft – zur Verfügung zu stellen.

Daher darf ich Ihnen in Summe auch diesmal Folgendes sagen: Erstens, meine Damen und Herren, wurde völlig korrekt, einwandfrei und vorbildlich vorgegangen, was die Vergabe betrifft. Zweitens haben wir den Mietern eine ganz wichtige Chance ge­geben, Eigentum zu erwerben. Und drittens haben wir penibel Wert darauf gelegt, dass es zu keiner Schlechterstellung der Mieter kommen kann.

Wir handeln im österreichischen Interesse, im Interesse der Steuerzahler. Wir versu­chen, möglichst viel Geld hereinzubekommen und Staatsschulden zurückzuzahlen, um damit das Erbe, das wir übernommen haben, schön langsam zu bewältigen. Ich darf Ihnen versichern: Wir sind auf einem guten und richtigen Weg für unser Land. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Es kommt jede Fraktion mit einem/einer Abge­ordneten zu Wort. Die Redezeit beträgt jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Großruck. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.22

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Die Opposition dreht seit einigen Monaten beziehungsweise seit fast einem Jahr einen Film mit dem Titel „Grasser-Jagd“. Heute haben wir die x-te Klappe – ich weiß nicht, die wie vielte es ist, jedenfalls: „Grasser-Jagd“, die x-te. Am Vormittag gab es einen Misstrauensantrag, jetzt haben wir die Besprechung einer Anfragebeantwortung, es gibt auch einen Unterausschuss dazu. Sie ändern permanent den Titel, aber nicht den Inhalt, weil Sie wissen, dass der Inhalt fad ist, dass er nichts hergibt, dass er niemanden interessiert. (Abg. Mandak: Gibt Ihnen das nicht zu den­ken?) Sie drehen einen schlechten Politkrimi. Wissen Sie, warum? – Weil Ihnen der Täter fehlt! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Jetzt erfinden Sie einen Täter, so nach dem Motto „Die linke Jagdgesellschaft denkt nach und sagt, wir müssen einen erfinden“, nämlich einen erfolgreichen – das ist das Täterprofil –, einen kompetenten, einen beliebten und einen weitblickenden. Und da fällt Ihnen Karl-Heinz Grasser ein. Er ist jetzt der Täter, den Sie für Ihren Politkrimi wollen, meine Damen und Herren. Grasser Karl-Heinz soll von Ihnen zum Täter ge­macht werden. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Dass die SPÖ das macht, weiß man. Das hat sie ja bereits vor ungefähr eineinhalb Jahren in Auftrag gegeben. Ich darf Ihnen das noch einmal zur Kenntnis bringen. Vor zirka eineinhalb Jahren hat die SPÖ eine Studie mit dem Titel „Netzwerk Rot:Weiß:Rot“ um 2 Millionen Schilling in Auftrag gegeben. Darin ist es darum gegangen zu analysie­ren, wer gefährlich werden könnte. Die Ergebnisse dieser Studie waren – ich lese wört­lich vor – folgende:

Besonders Karl-Heinz Grasser gelingt es, unter den zentralen WählerInnengruppen der SPÖ eine sehr positive Rolle zu spielen. Daher empfehlen die Autoren, Finanzminister Karl-Heinz Grasser nachhaltig zu desavouieren. – So der Originaltext in dieser Studie.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 128

Auf Deutsch heißt das: Schlecht machen, wo es geht, „annadern“, wo es geht, Unwahr­heiten verzapfen, wo es geht – ein bisschen wird schon hängen bleiben. Das ist Ihre Methode, meine Damen und Herren von der Linken! Und Herr Matznetter zeichnet sich im Fernsehen auch ganz besonders aus. Sie müssen nur aufpassen, dass Sie Ihrem Parteivorsitzenden nicht gefährlich werden, was die Sympathiewerte anbelangt. (Abg. Neudeck: Die negativen!) Da sind Sie drauf und dran, ihm den Rang abzulaufen.

Dass aber Sie, Frau Kollegin Moser, die ich Sie als seriöse Kollegin schätze, hier in dieser Jagdgesellschaft mittun, verwundert mich schon. Sie kennen die ganze Ge­schichte, Sie kennen all die Berichte des Unterausschusses, Sie kennen die Anfrage­beantwortungen. Karl-Heinz Grasser hat minutiös, mit Akribie und sorgfältig alles be­antwortet. Sie haben ihn x-mal zu den Sitzungen des Unterausschusses vorgeladen. Sie wissen, worum es geht. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das stimmt nicht!)

Gehen Sie heraus und sagen Sie, wir sind ideologisch nicht mit dem einverstanden, was bezüglich Privatisierung passiert! Kämpfen Sie dagegen an, aber stilisieren Sie nicht ihn zum Täter, weil Ihnen etwas politisch nicht in den Kram passt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zeigen Sie Profil, sagen Sie, wir sind damit nicht einverstanden, wir haben einen ande­ren Zugang zur Politik, wir wollen die Privatisierung nicht, wir wollen nach wie vor den zentral verwalteten Staatsmonopolismus! Dann wissen die Wähler, wie das einzuschät­zen ist.

Aber Sie wissen genau: Beim Wähler kommt das nicht an. Der Wähler, der Bürger ist selbständig, er möchte selbst entscheiden. (Abg. Dr. Gusenbauer: Nur Korruption kommt nicht gut an! Das will der Wähler auch nicht!) Er möchte Privatinitiative, er möchte auch Eigentum haben. Und genau deshalb gehen Sie nicht auf den Inhalt ein, sondern schießen sich auf die Person Karl-Heinz Grasser ein! Es ist, glaube ich, nicht seriös, dass Sie sich hier als Jägerin vom Mosertal oder vom grünen Wald zusammen mit der SPÖ-Jagdgesellschaft deklarieren.

Ich darf, meine Damen und Herren, da es eigentlich nichts mehr zu sagen gibt (Abg. Scheibner: Vierzeiler!), weil inhaltlich schon alles vom Finanzminister gesagt worden und alles andere in den Unterlagen nachzulesen ist, wie immer mit einem Vierzeiler enden; diesmal ist es ein Sechszeiler.

Zum x-ten Mal ist angesagt:

Genossen, es ist Grasser-Jagd!

Aus allen Rohren wird geschossen

von den Grünen und Genossen.

Statt Treffer sind’s nur Rohrkrepierer

und die Jäger die Verlierer.

(Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin mit einer Redezeit von 5 Minuten ist Frau Abgeordnete Bures. – Bitte.

 


15.27

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissen Sie, Herr Großruck, das mag vielleicht für Sie ein fades Thema sein. Ich kann Ihnen sagen: Für 60 000 Familien, die vom Verkauf der Bundeswohnungen betroffen sind, die heute nicht wissen, wer morgen ihr Eigentümer


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 129

sein wird und wie sich ihre Mieten weiterentwickeln werden, ist dieses Thema nicht fad, sondern das ist ein brennendes Thema, sodass es gut ist, dass wir heute hier darüber reden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Sie verunsichern sie!)

Es handelt sich beim Verkauf der Bundeswohnungen um die größte Vermögensver­schiebung der Zweiten Republik. Es sind 60 000 Wohnungen, 4,5 Millionen Quadrat­meter Wohnfläche, 27 000 Parkplätze und über 500 Geschäftsimmobilien, die ver­schleudert werden sollen.

Herr Finanzminister! Es ist völlig unglaubwürdig, wenn Sie heute hier noch immer sagen: Wir wollten die Mieter zu Wohnungseigentümern machen. (Abg. Mag. Donner­bauer: Sie haben es verhindert mit Ihrer Kampagne!) Nennen Sie die Zahlen! Einem Prozent der WAG-Mieter in Oberösterreich ist es gelungen, sich zu den überhöhten Preisen, die Sie angeboten haben, die Wohnungen überhaupt leisten zu können. 99 Prozent der Mieter konnten die Wohnungen nicht kaufen, weil Sie sie zu teuer an­geboten haben. (Bundesminister Mag. Grasser: Sie wollten sie nicht kaufen!) Aber jetzt verscherbeln Sie sie an Immobilieninvestoren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Das ist nicht nur die Kritik von mir an Ihnen, sondern das ist auch die Kritik im Rech­nungshof-Wahrnehmungsbericht, in dem bezüglich der Preise für die Mieter eindeutig davon gesprochen wird, dass den Mietern die Wohnungen zu höheren Preisen als für Dritte angeboten wurden.

Herr Bundesminister, es stellt sich die Frage: Wer schneidet mit? Wer ist sozusagen der Profiteur dieser Immobilienverschiebung, die Sie hier planen? – Sie haben vor zwei Jahren noch von einem Erlös von 2 Milliarden € gesprochen. Dann haben Sie eine sündteure, befreundete Gesellschaft, nämlich Lehman Brothers, engagiert. Diese haben plötzlich nur mehr von einem Erlös von 600 Millionen € bis maximal 1 Milliarde € gesprochen. Dann haben Sie noch einen berühmten Freund, Herrn Plech, der mittler­weile überall drinnen sitzt, wo es um Bundesimmobilien geht. Er sprach im Ausschuss auf einmal nur mehr von einem Erlös von 400 Millionen € durch den Verkauf.

Es gibt, glaube ich, keinen besseren Beleg dafür, dass es sich hiebei um eine Ver­scherbelungsaktion von Ihnen handelt, als die Aussage des Rechnungshofpräsidenten Fiedler, der davon spricht, dass allein als Erlös durch den Verkauf der WAG und der BUWOG 600 Millionen € erzielt werden müssten, damit sich das überhaupt budgetär lohnt.

Also: Ihre Aktion lohnt sich nicht für die Mieter, Ihre Aktion lohnt sich nicht für das Budget. Ihre Aktion lohnt sich aber für Ihre Freunde, für Herrn Plech, der der Profiteur sein wird, und lohnt sich für die Beratungsfirma, die bereits 10 Millionen € vom Steuer­zahler für eigentlich recht dubiose Beratungskosten abkassiert hat. Das sind die Herr­schaften, die von Ihrer Politik profitieren! Die Mieter und Mieterinnen in diesen Woh­nungen, diese 60 000 Familien bleiben leider auf der Strecke und konnten kein Woh­nungseigentum begründen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Vielleicht schneidet er auch mit! Vielleicht gibt es Rückflüsse!)

Die Frage ist überhaupt, ob man Schadenersatzforderungen an den Bundesminister stellen kann, da dem Budget und damit den Steuerzahlern wirklich Millionen verloren gehen. (Abg. Mag. Molterer: Das ist falsch!)

Herr Finanzminister! In Ihrem Privatisierungswahn verscherbeln Sie offensichtlich alles, was in diesem Land nicht niet- und nagelfest ist, das Vermögen der Österreicherinnen und Österreicher. Ihr Verscherbelungswahn geht so weit, dass Sie Dinge verkaufen, die Ihnen nicht gehören. Sie schreiben den Verkauf von fünf Wohnbaugesellschaften


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 130

aus, bezüglich derer Sie gesagt haben: Diese sind nicht mehr gemeinnützig. Wir brauchen keine geschützten Mieter mehr, die sollen sich teure Wohnungen kaufen.

Bei Ihrer Politik werden die Menschen in diesem Land leider immer nur noch ärmer und eben ein paar wenige wie Sie immer reicher und reicher.

Sie, Herr Finanzminister, sagen: Diese fünf Gesellschaften verkaufe ich. – Eine davon gehört Ihnen jetzt aber mittels Bescheid nicht. Sie ist gemeinnützig, daher können Sie diese nicht verscherbeln – und eine weitere mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht. Aber 10 Millionen € wurden für ein Gutachten für Dinge ausgegeben, die Ihnen nicht gehören und wofür Sie auch keine gesetzliche Grundlage haben.

Unter dem Strich ist die Bilanz klar: Es ist ausschließlich Schaden entstanden! Die Mieter haben keine Chance auf einen Wohnungskauf bekommen. Die Mieter stehen heute da und wissen nicht, wie sich morgen ihre Miete gestalten und wer Hauseigen­tümer sein wird. Und Sie verschleudern öffentliches Eigentum nur deshalb, damit Freunde von Ihnen reicher werden und profitieren. Ich denke wirklich, es wäre es wert, dass man eine Schadenersatzforderung im Interesse der Republik einleitet. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mandak. – Abg. Mag. Molterer: Die SPÖ verkraftet nicht das neue ...!)

15.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. 5 Mi­nuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Gusenbauer: Der Herr Kollege erzählt uns jetzt über die Rückflüsse ...! Wie fließt das Geld von Plech zu Grasser?)

 


15.33

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Klubobmann Gusenbauer, das kann ich Ihnen nicht erzählen, weil es diese Flüsse nicht geben wird. (Abg. Dr. Gusen­bauer: Net?) Aber Sie sind es gewohnt, denn ihr habt über Jahrzehnte in der BUWOG herumgeschustert. Das war eine Vorfeldorganisation der SPÖ. (Abg. Lentsch: Des­wegen jammern sie so!) Fragen Sie die Mitarbeiter dort! Da muss ich Ihnen sagen: Es ist nicht nur Ideologie, dass Sie diese Privatisierung der Wohnbaugesellschaften nicht wollen, sondern es geht bei Ihnen ans Eingemachte, weil damit die Parteikasse etwas maroder wird. (Abg. Eder: ... Rosenstingl!) Das ist eine Tatsache. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ein Anfragewust stürzt laufend auf den Finanzminister herein. Ich frage mich, warum die Kollegen von der SPÖ vor allen Dingen den Um­stand so kritisieren, dass niemand gekauft hat. Entschuldigung, wenn ich ein Mieter in einem BUWOG-, in einem BIG- oder in einem WAG-Objekt bin, dann erhoffe ich mir ja von der Partei, die mir wahrscheinlich diese Wohnung besorgt hat, dass sie mich auch gut berät, und nicht, dass sie mich als politisches Faustpfand in einer Diskussion ver­wendet. Eigentlich wäre es eine positive Politik gewesen, wenn die Arbeiterkammer, die Gewerkschaft, die SPÖ und die Mietervereinigung den Mietern Folgendes aus­gerechnet hätten: Was habt ihr für einen Vorteil, wenn ihr die Wohnungen erwerbt? Kann man noch über den Preis reden und vielleicht in Verhandlungen eintreten, wie die Preisgestaltung ausschauen soll?

Was ist passiert? – Es ist skandalisiert worden, es wurde den Mietern ausgeredet. Natürlich ist es dann nicht möglich, ein Konzept der vorrangigen Veräußerung an die Mieter durchzuziehen. Gegen den Wind der Sozialdemokratie ist gerade im sozialen Wohnbau und im genossenschaftlichen Wohnbau schlecht Klavier spielen. Da kann der Finanzminister am allerwenigsten dafür.

So, wie Sie es bei der Steuerreform verabsäumen, zuzustimmen, haben Sie auch in diesem Fall eine Gelegenheit verabsäumt, wo Sie wirklich sozialdemokratisch für die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 131

Mieter agieren hätten können und Eigentum ... (Abg. Dr. Gusenbauer: Was verdienen Sie dabei?) – Ich verdiene dabei gar nichts, weil ich andere Kategorien in der Politik setze als Sie. Für mich sind nicht das Verdienen in der Politik und der gute Rotwein das Kriterium (Abg. Dr. Gusenbauer: Sondern?), sondern das Wohl der Leute, Herr Klubobmann Gusenbauer – oder Herr Zweit-Klubobmann; ich weiß nicht, was Sie jetzt in Ihrer Fraktion sind. (Abg. Mag. Molterer: Reserve-Klubobmann!)

Meine Damen und Herren! (Abg. Heinzl: Das glauben Sie nicht einmal selbst!) Wenn die Zwangsbeglückung der Mieter in den Genossenschaften, dass man jede Wohnung weiß ausmalt und dafür der richtige sozialdemokratische Handwerker wahrscheinlich eine Provision bekommt (Abg. Dr. Gusenbauer: Grasser teilt mit Ihnen nicht?), jetzt wirklich aufgehört hat und man dem Mieter die Wohnung übergibt und sagt, du kannst sie selbst so ausmalen, wie du möchtest, dann fände ich das positiv, denn dass Stan­dardwohnungen schlechter vergeben werden, das kann nicht sein. Das würde dem jetzigen oder dem nächsten Eigentümer wesentlich schaden, weil dann der Ertrag nicht gesichert wäre.

Meine Damen und Herren! Es ist festzuhalten, es ist egal ... (Abg. Dr. Gusenbauer: Stimmt das, dass Grasser nicht mit Ihnen teilt? Grasser teilt mit Ihnen nicht?) – Herr Klubobmann Gusenbauer! Es ist Wurscht, ob Grasser mit mir teilt, denn wenn man nichts daraus erzielt und wenn wir nichts nicht teilen, dann hat er das Gleiche wie ich. Also Sie brauchen jetzt nicht zu versuchen, irgendetwas ... (Abg. Dr. Gusenbauer: Wie bei der Homepage!?) – Die Homepage-Diskussion kommt nachher noch, denn da habt ihr wesentlich mehr Dreck am – das darf man nicht sagen –, also Schmutz am Ste­cken. (Abg. Eder: Stock!) Sie brauchen nicht abzulenken, weil Sie ein schlechtes Gewissen haben, dass Sie die Mieter sehr schlecht beraten haben. (Abg. Dr. Gusen­bauer: Also gut, er hat nicht geteilt!)

Was ist gesichert? – Wer immer der Eigentümer ist, ob diese Gesellschaften jetzt ge­meinnützig sind oder nicht, die Mieter bleiben auch in Zukunft geschützt. Es wäre nur für die Mieter wesentlich besser gewesen, wenn die Sozialdemokratie die Vertretung der Mieter übernommen und sie zu Käufern gemacht hätte. Eines ist schon klar: Es gibt keine Täter und keine Opfer in dieser Diskussion. Kollege Großruck hat gesagt, es gibt keinen Täter, aber er wird in Grasser gesucht. Es gibt keine Opfer. Aber wenn es Opfer gäbe, dann machen Sie auf dem Rücken dieser Opfer Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Eder: Aber Gewinner! Nur Gewinner!)

15.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner dazu ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Gusenbauer – in Richtung des sich zu seinem Platz begebenden Abg. Neudeck –: Diese Rede hat mich nicht überzeugt! – Abg. Gril­litsch: Das wird ihn kränken! – Abg. Dr. Gusenbauer – auf den auf der Regierungs­bank sitzenden Bundesminister Mag. Grasser weisend –: Er liest seine Kontoauszüge im „NEWS“!)

 


15.37

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Kollegin Moser konnte es vorher nicht sehen, aber ich sah es von meinem Sitzplatz aus: Sie, Herr Präsident, haben in der Tat keine Schuld an diesen „Malversationen“ mit der Redezeit­einstellung. Es ist mir wichtig, dies anzumerken, weil ich oft denke, dass das Geschäft oben am Präsidium grundsätzlich gar nicht so einfach ist – bei aller Unterschiedlichkeit, die wir hinsichtlich der Ordnungsrufwürdigkeit verschiedener Debattenbeiträge hier haben. Das war jedenfalls ein Anlass, bei dem Sie, so glaube ich, eher einmal vertei­digt werden sollten.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 132

Aber in der Sache selbst ist nichts zu verteidigen. Herr Bundesminister, natürlich kann man darüber reden: mehr privat oder mehr Staat? Das ist in der Vorfrage durchaus eine ideologische Angelegenheit. Ich bin persönlich gar nicht so sehr fixiert, nur könnte man natürlich auch meinen, dass ein bestimmtes Reservoir an Wohnungen, die, was die Eigentumsverhältnisse betrifft, der öffentlichen Hand nahe sind, für bestimmte Zwe­cke möglicherweise einen Sinn haben. Aber wenn wir – oder Sie, die Sie das wirklich wollen – diese tatsächlich verkaufen wollten, bleibt ja sofort die nächste Frage offen; damit haben sich die heute schon erwähnten Kontrollausschüsse auch beschäftigt. Das sollte bitte zum größtmöglichen Nutzen der SteuerzahlerInnen und zum größtmög­lichen Erlös erfolgen.

Wo haben wir nun das Problem? – Sie sagen, wir sind bei 500 Millionen € Verkaufs­schätzwert angelangt beziehungsweise dass sich irgendwo dort die kritische Grenze zur Verbriefungsvariante auftut. Wenn wir uns daran erinnern, dass wir irgendwann einmal – umgerechnet auf Euro – bei über 2 Milliarden € gestanden sind, was diese Wertschätzung betrifft, dann frage ich mich schon, was das bringt, wenn immer mehr Berater beauftragt werden und am Schluss herauskommt, dass das angeblich immer weniger wert ist.

Woran liegt das eigentlich? Widersprechen sich diese Berater so sehr? Ist da eine gewisse Taktik dahinter, das Ganze möglichst tief anzusetzen, damit man nachher ge­ringpreisig verkauft, damit sich die neuen Eigentümer ihrerseits dann wieder ganz gut durch Weiterverkäufe weiter versorgen können? – Die Antworten auf diese grundlegen­den Fragen bleiben bis heute im Wesentlichen offen.

Es ist nämlich insofern besonders interessant, als diese ersten Zahlen, wo von 2 Mil­liarden Gesamtverkaufswert die Rede ist, unter anderem von einem gewissen Herrn Ramprecht gekommen sind.

Nun, was ist mit diesem Herrn Ramprecht? – Herr Ramprecht wurde dann Vorsitzen­der der Vergabekommission, die – siehe da! – Lehman Brothers ausgewählt hat und nicht etwa eine andere Bank. Also, da ist ein gewisser Aufklärungsbedarf gegeben.

Da drängt sich mir schon die Frage auf: Welche Qualität haben eigentlich diese Berater, mit denen Sie sich da umgeben und die eine gewisse Summe Geldes kosten, wie wir festgestellt haben? Da passt etwas nicht zusammen! Wir landen plötzlich bei 500 Millionen €, und siehe da, die Verbriefungsvariante ist dann im Spiel! Auch im Untersuchungsausschuss konnte dies nicht endgültig aufgeklärt werden.

Bis heute ist nicht klar – auch nach Ihrer Antwort nicht –, wie es bei der Ausschreibung beziehungsweise beim Zuschlag nach dieser Ausschreibung genau war. Es waren zwar Alternativangebote grundsätzlich erlaubt, das ist richtig, das wollen wir nicht mehr vorwerfen, aber es bleibt die Frage offen: Haben alle Anbieter gewusst, dass die Ver­briefungsvariante einen derartigen Stellenwert bekommen wird? Mit anderen Worten: Wie schaut denn das Bewertungsmengengerüst aus?

Herr Bundesminister für Finanzen, Sie lesen immer vor – das war auch im Ausschuss so –: Hauptangebot: Lehman Brothers: 81,64 Punkte, Zweitgereihter: 79,05 Punkte. – Ja so eine Megadifferenz ist das nicht! Da sind wir ja im Rechnungshofausschuss schon geschult, was alles das bedeuten kann! – Geringfügige Veränderungen von be­stimmten qualitativen Kriterien in der Bewertung ... (Abg. Dr. Kräuter – in Bezug auf Bundesminister Mag. Grasser und Staatssekretär Dr. Finz, beide Schriftstücke lesend –: Die lesen beide „NEWS“, die haben keine Zeit!) – Ja, die morgige Ausgabe von „NEWS“ ist wichtiger, das gestehe ich ihm ja zu.

Geringfügige Veränderungen können das ganze Vergabeergebnis auf den Kopf stel­len! – Dazu wird nicht Stellung genommen. Das ist im Übrigen das gleiche Phänomen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 133

wie bei den Abfangjägern. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Das alles werden wir immer wieder hier haben, Kollege Großruck. Nur deswegen, weil Sie das nicht ver­stehen, ist das noch immer keine Nichtmaterie, sondern das sagt nur, dass Sie von der ÖVP in diesen Dingen den Kopf in den Sand stecken wollen und dann mit mittlerweile Sechszeilern über selbigen Sand darüberrudern wollen. Das geht halt nicht! Sie bleiben immer noch im Trockenen damit. Nur: Sie müssen sich einmal eine gescheite Unterlage besorgen, damit Ihre Füße wieder einen gescheiten Boden bei Ihrer Argu­mentation haben.

Wenn jetzt in jedem Bereich ein großes Problem dieser Vergabe besteht, dann frage ich mich am Schluss: Was ist diese ganze Kette, die Sie uns hier immer wieder erklä­ren, wert, wenn die wirklichen Fragen offen bleiben, wie zum Beispiel jene, die den Herrn Muhr betrifft? Das ist ein guter Bekannter von Ihnen, milde ausgedrückt.

Wird Muhr mit der Bank, die jetzt diese Sache abwickeln soll, wenn es zur Verbriefung kommt, in Verbindung gebracht: ja oder nein? Was hat dieser Muhr mit der Credit Suisse First Boston am Hut? Sagen Sie das, denn Sie wissen es sicher! – Das tun Sie aber nicht.

Unsere Verdachtsmomente sind nicht nur nicht ausgeräumt, sondern sie verhärten sich im Wesentlichen. Sie sind nicht in der Lage oder nicht willens, das zu klären, und des­halb vermute ich, dass Frau Kollegin Moser weitere Anfragen stellen wird. Zu Recht! (Beifall bei den Grünen.)

15.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Anträge wurden keine gestellt.

Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme nun die Verhandlungen über den 2. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


15.44

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor lauter Grasser jagen wissen Sie vielleicht jetzt nicht, bei welchem Tagesordnungspunkt wir uns gerade befinden: Es geht um den Bericht des Rechnungshof-Unterausschusses. (Abg. Mandak: Das ist aber nichts wesentlich anderes!) In diesem Unterausschuss haben die Abgeordneten von der SPÖ und von den Grünen sich mehrmals über die Geschäftsordnung des Nationalrates hin­weggesetzt. (Abg. Brosz: Na geh, wirklich?!) Der Fraktionsvorsitzende der SPÖ im Rechnungshofausschuss veröffentlicht auf seiner Homepage – wie immer diese finan­ziert wird – vertrauliche Informationen und Protokolle einer Unterausschusssitzung, ob­wohl diese, wie schon erwähnt, vertraulich sind, und dies tat er wider besseres Wissen.

Es wurde eine Präsidialkonferenz einberufen, und erst danach hat sich Kollege Kräuter dazu bereit erklärt, diese Veröffentlichungen der vertraulichen Protokolle wieder aus dem Internet zu nehmen. Für den Kollegen Kräuter ist ja diese Vorgangsweise etwas Typisches, denn entweder gibt er vertrauliche Informationen weiter oder er schmückt sich mit fremden Federn. Er macht nämlich zurzeit Eigenwerbung mit einem Plakat – das ist eine große Kampagne –, wo es heißt: „Er deckt auf.“ Da listet er auf, wo er der „große“ Aufdecker sein soll. Es heißt da auf dem Plakat: „ESTAG, K.H. Grasser Home-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 134

page, Grazer Messe, Landwirtschaftsmilliarden.“ Dann sieht sich die „Kronen Zeitung“ veranlasst, Folgendes dazu zu schreiben – ich zitiere –:

„Dass er an mangelndem Selbstbewusstsein leide, konnte dem SPÖ Nationalratsab­geordneten Günther Kräuter noch niemand nachsagen. Ob Kräuter-Limonade oder Kräuter-Mischung – mehr oder minder originell hat der Mandatar für sich die Trommeln geschlagen. Mit seiner neuen Plakatkampagne schießt der Abgeordnete aber ein wenig über das Ziel. Er ist zwar bei allen Themenbereichen ... als Aufdecker mit dabei gewesen, an vorderster Front haben aber stets andere agiert. In Sachen ESTAG und Messe etwa die ‚Steirerkrone’.“

So weit zum Aufdecker beziehungsweise Nachdecker Kräuter. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das war jetzt nicht überzeugend!)

Festzustellen ist, dass die SPÖ-Mitglieder des Rechnungshofausschusses kein In­teresse an der sachlichen Arbeit gezeigt haben. Wie ein roter Faden zieht es sich durch, dass sie Grasser jagen wollen und dass ihnen die Inhalte dort nicht wichtig sind. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sagen Sie doch etwas zum Inhalt!) Das hat sich an den von ihnen gestellten Fragen gezeigt. Sie haben Fragen gestellt, die in keiner Weise mit dem Untersuchungsthema zu tun hatten. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sagen Sie etwas zum Inhalt!) Sie haben versucht, Tagesthemen einzubringen, die sie aus den Medien hatten, die aber in keiner Weise dort Platz gegriffen haben. (Abg. Dr. Gusenbauer: Jetzt reden Sie schon so lange, haben aber noch nichts zum Inhalt gesagt!)

Meine Damen und Herren! Die Privatisierungswelle ist natürlich etwas, was der SPÖ ideologisch nicht in den Kram passt, und daher muss diese gleich mit dem Finanz­minister mit skandalisiert werden. Es ist, wie Kollege Kogler gesagt hat, vielleicht nicht ganz richtig, wenn ich einen Privatisierungserlös als Einsparung annehme und so zu einem hohen Betrag komme, aber wenn ich mir anschaue, wie die SPÖ in den Jahren davor privatisiert hat, indem sie nämlich AMAG oder andere Firmen verschenkt oder um einen Schilling verkauft und dann Milliarden noch nachgeschossen hat, dann muss ich sagen: So gesehen ist die Argumentation, dass der Verkaufserlös eigentlich der Ertrag ist, durchaus zu rechtfertigen. Dabei ist aber noch anzuführen, dass es wirkliche Einsparungen auf Grund der Beratungsverträge gegeben hat. Diese sind jedenfalls un­bestritten.

Wenn ich zum Beispiel beim Bundesverlag davon ausgehe, dass es sich um einen kleinen Markt für ein großes Unternehmen in Österreich handelt, dann halte ich einen Kaufpreis von 24 Millionen € für durchaus respektabel. In diesem Verhältnis sind die Beratungskosten zu sehen. Sie sind durchaus im internationalen Vergleich zu betrach­ten.

Meine Damen und Herren! Abschließend ist festzuhalten, dass es Ihnen in diesem Unterausschuss des Rechnungshofausschusses lediglich um Skandalisierung gegan­gen ist und nicht um Inhalte, da Sie keine Fehler finden konnten, weil es keine gibt. Anscheinend steht jetzt im Parteiprogramm der SPÖ drinnen: Grasser jagen ist fein! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Das war sehr schwach!)

15.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. Wunsch­gemäße Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.48

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Arbeit im so genannten kleinen Untersuchungsausschuss, in deren Mittelpunkt der Herr Finanzminister gestanden ist,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 135

war eigentlich davon gekennzeichnet, dass die beiden Regierungsparteien alles unter­nommen haben, um den wahren Sachverhalt zu vertuschen. Sie haben versucht, dann, wenn es darum ging, Auskunftspersonen zu laden, die notwendig waren, um Licht in diese dunkle Angelegenheit zu bringen (Abg. Mag. Donnerbauer: Sie waren gar nicht dabei!), genau dies zu verhindern, indem sie deren Ladung abgelehnt haben. Daher kann man sagen, dass Sie offensichtlich sechs Monate lang nur daran ein Interesse hatten, die skandalösen Vorgänge im Finanzministerium, in die der Herr Minister per­sönlich massiv involviert ist, zu vertuschen.

Das gilt sowohl für die Finanzierung der Homepage des Herrn Finanzministers als auch für die dubiose Auftragsvergabe beim Verkauf der Bundeswohnungen, über die wir uns vorhin unterhalten haben, wo klar geworden ist, dass es keine Begründung da­für gibt, 10,9 Millionen € für Beratungen, die eigentlich das Finanzministerium selbst hätte durchführen können, verschwendet zu haben. Es steht auch im Wahrnehmungs­bericht des Rechnungshofes klar drinnen, dass das Finanzministerium diese Beratun­gen wesentlich konstengünstiger hätte machen können und daher diese Ausgaben überhaupt nicht notwendig gewesen wären.

Wenn ich mir in Erinnerung rufe, was ÖVP und FPÖ zu vertuschen versucht haben, dann muss ich sagen: Das war im ganzen Bereich rund um die Homepage wirklich abenteuerlich!

Tatsache ist, dass der Herr Finanzminister – und das gerade der Finanzminister! – seiner Steuerpflicht nicht nachgekommen ist. Wir haben in unserem Minderheitsbe­richt, der deshalb notwendig war, weil Ihr Bericht in einem derartigen Ausmaß leere Worte enthält und inhaltslos ist, den tatsächlichen Sachverhalt dargestellt. Wir haben deutlich nachgewiesen, dass es keinen namhaften Steuerexperten in Österreich gibt, der die Rechtsmeinung des Herrn Staatssekretärs vertritt (Ruf bei der ÖVP: Völlig falsch!), der da sozusagen dem Finanzminister einen Persilschein ausgestellt hat. Alle namhaften Steuerexperten sagen, dass da eindeutig eine Steuerpflicht vorliegt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sagen, dies stimme nicht, Herr Staatssekretär, dann muss ich Ihnen sagen: Der Finanzexperte Werner Doralt hat im ORF-„Abendjournal“ gesagt, da wurde für den Einzelfall Grasser ein Sonderrecht geschaffen (Abg. Dr. Gusenbauer: Genau so ist es!), dies sei einmalig in der Zweiten Republik. – Ich ergänze: Es ist in Wirklichkeit skandalös! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär, wenn Sie sagen, dies sei nicht so, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist Nichtkenntnisnahme von Realitäten!

Verwaltungsgerichtshof-Richter Karl Werner Fellner, ein Experte des österreichischen Steuersystems, hat in der APA gesagt, dass Zuwendungen von Lobbyisten an poli­tische Funktionäre der Schenkungssteuer unterliegen. – Also es besteht, Herr Finanz­minister, der Verdacht, dass Sie Ihrer Steuerpflicht nicht nachgekommen sind, und das ist skandalös! Das Einzige, das Sie haben, ist ein so genannter Persilschein von Ihrem weisungsgebundenen Staatssekretär Finz, und das ist peinlich.

Herr Finanzminister! In den Verhandlungen des so genannten kleinen Untersuchungs­ausschusses ist eines klar geworden: Ihre blütenweiße Weste, von der Sie recht gerne reden, ist ordentlich verschmutzt! Sie haben schwere Verfehlungen begangen. Sie wollen sich dessen, was Sie vom Staatsbürger fordern, nämlich seiner Steuerleistung nachzukommen, entledigen. Ich hatte den Eindruck, vor allem, als ich mir die Bilder Ihrer Tätigkeit in den letzten Tagen, die sich mehr in der „Seitenblicke“-Gesellschaft ab­gespielt hat, angesehen habe, dass Ihr Leben in dieser Schickimicki-Gesellschaft (Abg. Dr. Partik-Pablè: ... Privatleben! Dafür hat er ein tolles Budget hingelegt! Es zählt für Sie offensichtlich gar nicht, welches Budget der Finanzminister vollzogen hat! Sie in-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 136

teressieren die „Seitenblicke“, aber nicht das Budget!), in dieser Scheinwelt, in die Sie sich begeben, offensichtlich dazu geführt hat, dass Sie glauben, dass die Gesetze für alle Österreicher zu gelten haben – mit Ausnahme des Herrn Finanzministers Grasser.

Für Sie, Herr Finanzminister, gelten offensichtlich keine Gesetze, für Sie gelten offen­sichtlich keine Regeln des Anstandes, und für Sie gibt es offensichtlich keine politische Moral, und daher, Herr Finanzminister, sind Sie rücktrittsreif! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Gusenbauer: Genau so ist es!)

15.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Regler. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


15.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Zuerst einmal muss ich ganz entschieden die Äußerung von Frau Abgeordneter Doris Bures zurückweisen, dass die ÖVP und die FPÖ im Ausschuss versucht hätten, alles zu vertuschen. – Wir haben gerade vorhin vom Herrn Kollegen Kogler, den ich hier als Zeugen aufrufen möchte, gehört, dass im Ausschuss besonders intensiv aufgedeckt und besonders intensiv beraten wurde. Also von Obstruktion oder von Vertuschen kann sicher keine Rede sein.

Ein ganz besonders intensiv diskutierter Punkt in den Ausschussverhandlungen waren die Beratungskosten, die seitens des Finanzministeriums entstanden sind. Dass die Oppositionsparteien in dieser Sache mit ganz bestimmten Vorstellungen in die Aus­schussverhandlungen hineingegangen sind, sieht man schon daran, dass es in der Begründung der SPÖ heißt, dass die Beratungsaufträge bei diversen Staatsgeschäften an dem Finanzminister nahe stehende Firmen vergeben wurden, obwohl andere Ange­bote besser waren, oder daran, dass festgestellt wird, dass die Kostendifferenz zum Billigstbieter laut „NEWS“ in die Taschen von Grasser-Mitarbeitern geflossen sei, oder auch daran, dass Kollege Kogler hier meinte, dass „mit den Mitteln des Steuerzahlers Schindluder getrieben“ worden sei.

Davon, meine Damen und Herren, kann überhaupt keine Rede sein! Wir haben schon im Ausschuss festgestellt, dass zwar die Beamten im Finanzministerium über eine sehr hohe Kompetenz verfügen, dass es aber trotzdem bei diesen großen Verkäufen, die da erfolgen, unbedingt notwendig ist, Leistungen zuzukaufen. Das ist auch viel besser, als noch und nöcher Beamte im Finanzministerium anzustellen, die dann nur teilweise ausgelastet sind, die aber außerdem ganz einfach nicht die hohe Kompetenz von inter­nationalen Beratern haben können. Wenn man keine entsprechende Beratung vorge­nommen hätte, dann hätte den Finanzminister, wenn das Ergebnis schlechter gewesen wäre, als es dann tatsächlich geworden ist, der Vorwurf der Fahrlässigkeit treffen können.

Welche Ergebnisse haben nun die Beratungen des Ausschusses gebracht?

Erstens: Alle Beraterverträge basieren auf dem Bundesministeriengesetz. Es sind die Fakten über die Auftragnehmer und über die Höhe der Aufträge klar offengelegt wor­den.

Zweitens: Die Beratungskosten bewegen sich im international üblichen Bereich. (Abg. Öllinger: Nein!)

Drittens: Bei Immobilientransaktionen dieser Größenordnung ist es international üblich und sinnvoll und verantwortungsbewusst, entsprechende Beratungsleistungen zuzu­kaufen. (Abg. Mandak: Aber nicht zu diesem Preis!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 137

Viertens: Bei den Veräußerungen dieser Wohnbaugesellschaften ist man ganz beson­ders verantwortungsbewusst vorgegangen, indem man eine Kommission gebildet und ein zweistufiges Verhandlungsverfahren gewählt hat, und bei diesem ist eine internatio­nal erfahrene Firma zum Zuge gekommen.

Fünftens: Diese Vergabekommission wies höchste Kompetenz auf, es gab darin zum Beispiel einen Rechtsanwalt, zwei Universitätsprofessoren und weitere in dieser Causa kompetente Personen.

Sechstens: Es wurde ein objektives Bewertungssystem gewählt, bei dem 60 Prozent der Bewertung der Qualität zukamen und 40 Prozent dem Preis. Das ist sicher sinnvoll, denn man hat nichts davon, wenn es jemand billiger macht und wenn dann das Ergeb­nis schlechter ist.

Siebentens: Die Einbeziehung eines Immobilienfachmannes bedeutete keine Unverein­barkeit, sondern es war sogar gut, dass man jemanden, der im Immobiliengeschäft be­wandert ist, dabei hatte.

Achtens: Alle Verhandlungserträge übertrafen in allen Fällen die Expertenkosten. Das heißt, es hat überall ein positives Ergebnis gegeben. (Abg. Mandak: Das wäre ja noch schöner, wenn dem nicht so wäre!)

Doch was wird in den Minderheitsberichten behauptet? – Es wird etwa gesagt, es hätte zwar eine Kostenbelastung durch die Berater gegeben, aber keine Einsparungen. Da muss man doch den Einwand erheben, dass die Kosten für die Berater dem Ergebnis, das dann tatsächlich erzielt wurde, gegenüberzustellen sind, wobei das erzielte Ergeb­nis mit dem erwarteten zu vergleichen ist. Dann sieht man nämlich, dass wesentlich bessere Ergebnisse erzielt wurden. (Abg. Mandak: Stimmt nicht!)

Weiters wurde behauptet, dass es bei Kommissionsmitgliedern eine potentielle Unver­einbarkeit gegeben habe – ich muss sagen: ein Begriff, der überhaupt sehr interessant ist –, denn es könnte sein, dass nachher durch eine Beteiligung an den Käufen die Mit­gliedschaft in der Kommission potentiell unvereinbar würde.

Ferner wurde sogar behauptet, dass Anbieter Phantasiepreise gelegt hätten.

Aus all dem kann man nur eines schließen: entweder Sie wollen nicht privatisieren, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, oder Sie wollen den Pri­vatisierungsvorgang skandalisieren. Beides ist keine zukunftsträchtige Politik! (Beifall bei der ÖVP.)

15.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


15.59

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist eine seltsame politische Kultur, in welcher ein Finanzminister, der sich überall sonst in einem EU-Mitgliedstaat auf dem Weg zur Anklagebank befinden würde, hier nach wie vor auf der Regierungsbank sitzt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gahr: Der Chef­ankläger Pilz! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist schon ein Problem, dass es in Österreich immer noch – zwar nur in kleinen Tei­len der Bevölkerung, aber in großen Teilen der Regierungsparteien – die Vorstellung gibt, dass einer erst dann, wenn er hinter Schloss und Riegel sitzt, als Regierungsmit­glied untragbar ist.

Das stimmt eben nicht, weil es eines vergisst: dass es noch lange vor der strafrecht­lichen Verantwortung eine politische Verantwortung gibt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 138

Dass Sie das nicht verstehen, Herr Finanzminister, das wäre allein schon ein Grund, dieses Amt zur Verfügung zu stellen und jemandem Platz zu machen, der weiß, was Rechtsstaat ist, der weiß, was parlamentarische Kontrolle ist, der weiß, was Sauberkeit ist, der weiß, was Korrektheit ist, und der weiß, in welcher Art und Weise ein Finanz­minister mit öffentlichen Geldern, mit Steuergeldern umzugehen hat. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshofausschuss und der Rechnungshofunter­ausschuss konnten am wenigsten dafür, dass ihr Untersuchungsgegenstand und ihre Untersuchungsmöglichkeiten so beschränkt geblieben sind. Gerne hätten die Kollegin­nen und Kollegen von SPÖ und Grünen – aber ich denke, im Geheimen auch manche der Regierungsparteien – viel genauer gefragt, viel tiefer befragt und auch zu anderen, verbundenen Komplexen Fragen gestellt, aber dazu gehört natürlich auch das entspre­chende parlamentarische Instrumentarium, die Rechte und auch die Bereitschaft der Regierungsparteien, den Nationalrat in seiner Kontrollfunktion arbeiten zu lassen.

Und das Schlimme, das ich nicht nur rund um den Rechnungshofausschuss erlebe, sondern auch um andere Ausschüsse, sind Regierungsmitglieder, die uns durch ihr tägliches Verhalten und ihre Antwortverweigerung in einer unglaublichen Art und Weise zu verstehen geben, wie wenig sie von diesem Nationalrat halten. Und das Problem, das damit verbunden ist, ist, dass Sie, meine Damen und Herren von den Regierungs­parteien, das einfach hinnehmen und sagen: Ja, das tun wir, wir lassen uns zu reinen Empfängern von Hinweisen für richtiges Regierungsverhalten degradieren, weil das ein „Unsriger“ ist.

Jetzt frage ich Sie: Ist Herr Mag. Grasser wirklich ein „Ihriger“? (Ruf bei der SPÖ: Ein Irriger!) Stehen Sie wirklich für dieses Geflecht aus Privatinteressen, aus Freunderlwirt­schaft, aus dem Verdacht auf Steuerhinterziehung, aus dem Verdacht auf Amtsmiss­brauch, aus dem Verdacht auf Schiebung bei öffentlichen Vergaben, aus dem Ver­dacht von Geschenkannahme und aus vielen anderen Dingen, wovon jedes für sich allein ein Grund dafür wäre, den jeweiligen Amtsinhaber von jedem öffentlichen Amt auszuschließen, nicht nur von einer Mitgliedschaft in einer Bundesregierung? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist auch der Grund, warum wir als Abgeordnete – obwohl wir es nicht wollen und obwohl wir immer wieder sagen, wir können selbst kontrollieren, wenn man uns lässt, wenn Sie von den Regierungsparteien uns lassen – immer hoffen müssen, dass zu­mindest die Justiz von Regierungsmehrheiten unbeeinflusst ihrer Arbeit nachgehen kann.

Deswegen, Herr Finanzminister – weil das nach wie vor möglich ist, wenn Staatsan­wälte und wenn Untersuchungsrichter nicht hinschauen: Wo sitzt die Regierung und was will sie?, sondern: Was steht im Strafgesetzbuch und was steht in der Bundesver­fassung? –, gibt es immer wieder Situationen, in denen Sie zu Recht nervös werden und plötzlich aufstehen und sagen: Der Staatsanwalt soll schneller werden! Husch!, ein schnelles Verfahren! – ein Grasser-Husch-Verfahren, damit eines nicht passiert, näm­lich die Öffnung des entscheidenden Kontos. (Abg. Hornek: Was ist mit Ihrem Konto bei der Schoellerbank, Herr Pilz?)

Wichtig ist, in diesem Haus einmal zu sagen: Ja, das Konto des sattsam bekannten und zwielichtigen „Vereins der Freunde der New Economy“ ist geöffnet, und das hat schon vieles an Überraschungen gebracht, aber das entscheidende Konto ist nicht dort. Das entscheidende Konto ist das Treuhandkonto, das Karl-Heinz Grasser persön­lich eingerichtet hat, um auf steuerschonende Art öffentlich wohltätig zu sein. Und dieses Konto, Herr Finanzminister, das werden Sie auf niemand anderen abschieben können – das ist Ihr Konto, das ist Ihr Eigentum, das sind Ihre Gelder, das ist das, was


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 139

Sie persönlich genommen haben und einem Notar in die Hand gedrückt und gesagt haben: Sei mein Treuhänder und lege es für mich auf dieses Konto! – Und auf dieses Konto sind plötzlich zwei Überweisungen des „Vereins New Economy“ geflossen: einmal 9 500 € und einmal 5 500 €. (Abg. Hornek: Was ist mit Ihrem dubiosen Konto bei der Schoellerbank? Das klären Sie nie auf!)

Mit Sicherheit steht fest: Die Gelder der Industriellenvereinigung hätten niemals auf dem persönlichen Konto des Finanzministers landen dürfen! Da haben alle Interventio­nen nichts genützt, da haben alle Versuche von Kabinettsmitgliedern, Beamte zu be­einflussen – in der Finanzprokuratur und anderswo –, nichts genützt. Ihr Herr Simhandl hat mich geklagt wegen der unzulässigen Intervention, die er für Sie in der Finanz­prokuratur durchgeführt hat.

Ich darf Ihnen mitteilen, dass das Wiener Gericht entschieden hat: Die einstweilige Ver­fügung, die Herr Simhandl begehrt hat, wird mit heutigem Tag abgewiesen – Sie verlie­ren auch dieses Verfahren. Ich weiß nicht, wie das Hauptverfahren ausgeht, aber es ist Ihnen nicht gelungen, die österreichischen Gerichte zu beeinflussen.

Eine Regierungsmehrheit hält Ihnen nach wie vor die Stange – oder vielleicht noch ein „Stangerl“; viel mehr ist das nicht mehr. (Ruf bei der SPÖ: Bis März!) Dieses „Stangerl“ wird am 7. März brüchig werden. Am 7. März wird Ihnen Jörg Haider wieder einmal nicht um den Hals fallen, sondern wird wissen, bei wem er sich zu bedanken hat, wenn er für einen vielleicht nicht übermäßig Fähigeren oder eine nicht übermäßig Fähigere, aber jedenfalls für jemand viel, viel Anständigeren Platz machen muss. – Und wenn Sie, Herr Finanzminister, dazu beigetragen haben, dann war das vielleicht unabsicht­lich das Vernünftigste, was Ihnen in den letzten Jahren gelungen ist.

So bleibt uns nur eines: Sie darauf hinzuweisen, dass Sie der Kontrolle nicht entgehen. Die Konten werden geöffnet, die Zahlungsflüsse werden nachvollzogen, und Sie wer­den, ob Sie wollen oder nicht, Ihre privaten Taschen der Öffentlichkeit zeigen müssen. Wir stehen knapp vor diesem Punkt, und Sie haben zwei Möglichkeiten: Sie können Ihren Hut nehmen und sich damit zumindest der politischen Öffentlichkeit teilweise ent­ziehen, oder Sie können uns durch Ihr Verbleiben im Amt die Möglichkeit geben, das vielleicht noch eine Spur intensiver aufzuklären.

Trotzdem steht für mich das Interesse der Republik im Mittelpunkt und damit das Interesse, die Steuerzahlerinnen und die Steuerzahler nach Eurofighter, Voest-Ver­schleuderung, Immobilienverschleuderung (Abg. Hornek: Pilz-Chaos, ...!) vor diesem Finanzminister, vor Ihnen, endlich in Sicherheit zu bringen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleck­mann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.07

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Pilz, Sie waren nur einmal anwesend in dem Ständigen Unterausschuss und haben da auch probiert, die Homepage zu skandalisieren, die eben nun einmal nicht Thema dieses Unteraus­schusses war, und haben dann, auch nur mit Müh’ und Not, Ihrer Kollegin Moser Platz gemacht – nachdem diese sich bezüglich Ihrer Wohnungsangelegenheiten eingehend informiert hat – und haben sie dort auch noch als „blöde Dudel“ bezeichnet, weil Sie sich nicht gleich von ihr des Platzes verweisen lassen wollten. Und ich bin froh, dass so jemand ... (Abg. Mag. Kogler: So ein Blödsinn!) Ich bin daneben gesessen, ich habe es gehört.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 140

Ich bin froh, dass so jemand nicht entscheiden kann, wer hier politische Verantwortung trägt und wer nicht. Darüber bin ich sehr froh. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin auch froh, dass die Wähler am 7. März entscheiden werden, wer Landeshaupt­mann wird, und nicht Herr Abgeordneter Pilz. Darüber bin ich auch sehr froh, denn Sie haben keinerlei Legitimation, irgendeine politische Verantwortung oder was auch immer einzufordern, und Sie haben auch kein Recht, sich jetzt schon zu freuen, denn wer sich am 7. März freuen wird, das werden wir dann sehen, Herr Kollege Pilz.

Es geht in diesem Bericht, wie Sie ja auch wissen – Sie probieren es zwar immer wieder zu skandalisieren –, eben nicht um irgendwelche privaten Homepages, sondern es geht um die Gebarung des Bundesministeriums hinsichtlich der Privatisierungs- und Ausgliederungsmaßnahmen, es geht um die Verkaufsvorbereitungen für die Unterneh­men der ÖIAG, und es geht um Vergaben an externe Berater im Zusammenhang mit legistischen Vorhaben und Öffentlichkeitsarbeit. Es geht aber nicht um die Vollzie­hung – das ist eben nicht Bereich der Vollziehung und auch nicht Angelegenheit der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes –, wenn Sie über die Homepage reden wollen. Das ist nun einmal so!

In neun Sitzungen vom 30. April bis zum 8. Jänner haben wir die Dinge umfassend geprüft, und auch wenn die Antworten nicht so ausfallen, wie es sich die Opposition wünscht, sind es nun einmal die Antworten, die gegeben werden – man muss eben richtig nachfragen, um vielleicht bessere Antworten zu bekommen –, und insofern hat sich dort alles, was Sie bezüglich dieser Dinge hätten hören wollen, in Luft aufgelöst.

Wir hatten ja auch genug Möglichkeit, hier viele Stellungnahmen zu hören, und zwar von Herrn Heinzel, Herrn Dr. Michaelis, Herrn Rechnungshofpräsidenten Fiedler, Herrn Plech, Herrn Ramprecht, Herrn Bogner und Herrn Schramm – alle haben ausführlich Auskunft gegeben, und Sie hätten sehr viel erfahren können, wenn Sie die richtigen Fragen gestellt hätten. (Abg. Mag. Kogler: Der Ramprecht war es, der gesagt hat: 2 Milliarden! Das ist ein Nicht-Experte!) Ich weiß, Sie hören es nicht gerne, aber von Ihren Anschuldigungen, von den Anschuldigungen, die wir in diesem Ausschuss be­sprochen haben, ist eben nichts übrig geblieben!

Da Sie von der Opposition immer wieder gewisse Ausgaben sozusagen in den Mittel­punkt rücken wollen, erinnert sich vielleicht auch einmal die SPÖ daran, welche Ausga­ben unter Finanzminister Edlinger getätigt wurden. Allein im Jahre 1998 waren dessen Repräsentationsausgaben so hoch wie jene des Bundesministeriums für Finanzen in den Jahren 2000, 2001 und 2002 zusammen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß, Sie hören das nicht gerne. Sie hören gerne weg, weil das eben Dinge sind, die Sie nicht hören wollen. (Abg. Dr. Matznetter: Nein, aber die Schallplatte ist schon alt, Frau Kollegin! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auch diese „Schallplatte“ werden Sie immer wieder hören (Abg. Dr. Matznetter: Die ist kaputt!), denn das alles zeigt, wie Sie von der SPÖ gewirtschaftet haben. Nochmals: Repräsentationsausgaben im Finanzministerium 2000, 2001, 2002 zusammen genau­so viel wie alleine im Jahr 1998 unter Ihrem Finanzminister Edlinger. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit seitens des Bundesministeriums für Finanzen waren im Jahr 2002 etwa gleich hoch wie im Jahr 1999. – Also: Worüber regen Sie von der SPÖ sich auf?! Sie müssen mit gleichem und nicht mit unterschiedlichem Maß messen. Und Sie dürfen auch nicht immer wieder vergessen, was Sie früher unter Ihren eigenen Finanzministern gemacht haben, denn: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 141

Noch ein Wort zur Privatisierungs-Skandalisierung, die Sie von der SPÖ hier ver­suchen. Auch da erinnere ich Sie daran, was in unserer Regierungszeit bewerkstelligt werden konnte: Wir konnten nämlich allein in den Jahren 2000 bis 2003 Schulden in Höhe von 4,3 Milliarden € abbauen.

Sie, Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, haben uns 6,3 Milliarden € an Schulden bei der ÖIAG übergeben. – Dieser Ihr Schuldenstand wurde um 4,3 Milliarden € abge­baut und beträgt jetzt nur noch 2 Milliarden €, eben infolge der guten und erfolgreichen Privatisierungspolitik der jetzigen Regierung. (Abg. Dr. Matznetter: Aktiva-Passiva-Tausch! Wenn Sie keine Ahnung haben, sollten Sie nicht darüber reden!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, ich darf Sie an einige Ihrer Debakel erinnern: AMAG, DDSG, EURATOM – und all die weiteren Dinge, die Sie verbrochen haben und wo Sie nichts weitergebracht, sondern nur Schulden aufgebaut haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da sollten Sie sich einmal den Spiegel vorhalten, auf alle Fälle aber mit gleichem Maß messen – und hier nicht immer über Dinge reden, die es gar nicht gibt.

Unsere Privatisierungspolitik war und ist erfolgreich – und wird von uns auch fortgeführt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Matznetter: Nichts ist gemacht worden! Nichts ist erfolgreich!)

16.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Selbst gewählte freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


16.12

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Meiner Vorrednerin wird – auch wenn sie damals in der Steiermark politisch tätig war; auch dort berichten Zeitungen – folgende „Kleinigkeit“ doch nicht aus der Erinnerung entfallen sein: Es gab eine EU-Präsident­schaft von einem halben Jahr, und zwar hatte Österreich im Jahre 1998 diesen Vor­sitz. Also, Frau Kollegin Bleckmann: Äpfel mit Birnen vergleichen, das sollten Sie nicht noch einmal hier im Plenum machen!

Aber nun zu einem viel kritischeren Punkt, zu etwas, worum es nämlich wirklich geht: um das Sittenbild einer Republik, die unter dieser Regierung leider sehr, sehr gelitten hat. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen.)

In unserem Lande haben wir heute die Situation, dass Herr Minister Grasser durch einen Bundeskanzler und durch eine treu ergebene ÖVP-Fraktion gehalten werden muss, ein Finanzminister also, der längst alle Grenzen dessen überschritten hat, was in einem demokratischen Land normalerweise aus Anstand und Moral ausreichend Grund genug wäre, sein Amt zur Verfügung zu stellen. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Euroteam!)

Kommen wir zum Vorhaben eines Rechnungshof-Unterausschusses unter Behinde­rung einer Mehrheitsfraktion. Allein das, was in den letzten Tagen offenbar geworden ist, macht klar, wieso die Regierungsfraktionen insbesondere abgelehnt haben, eine Befragung des Herrn Winkler sowie der Herren Pfander und Krieger von Leh­man & Brothers, Frank Stronach, Siegfried Wolf sowie von Lorenz Fritz von der Indust­riellenvereinigung zuzulassen. – Heute wissen wir warum. – Ebenso abgelehnt wurde die Befragung von Christoph Neumayer, des Pressesprechers der Industriellenvereini­gung.

Sie von ÖVP und FPÖ wussten genau, warum Sie das ablehnen: Weil Sie eben nicht wollten, dass offenbar wird, dass es nicht nur 175 000 € waren, dass es nicht nur 2,4 Millionen Schilling waren, sondern dass dieser Betrag längst in der Gegend von


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 142

4 Millionen Schilling gelegen ist! – Heute wissen wir, nach der Berichterstattung des aktuellen „NEWS“, dass es dabei schon um über 5 Millionen Schilling geht.

Wenden wir uns aber noch einmal jenen Teilen zu, die die Beratungsaufträge be­treffen, da ja hier vorher über „Nützlichkeit“ geredet wurde. Ein paar Details daraus. Schauen wir uns einmal an, welche Kanzleien da überhaupt befasst worden sind! – Da lesen wir in den Unterlagen: Lehman & Brothers – auch keine Unbekannten in Öster­reich. Waren das nicht jene Analysten – Sie von den Regierungsparteien haben ja das Thema YLine angeschnitten –, die bis April 2001 – heute steht auf Grund des Gut­achtens im Konkursverfahren fest, dass YLine längst, genauer: seit Dezember 2000, pleite war – bei YLine-Aktien Thornton „strongbuy“ empfohlen haben, als er (auf Bun­desminister Mag. Grasser weisend) noch gut seine Aktien verkauft hat, und dieselben Lehman & Brothers haben nach dem Bericht hier 10,2 Millionen € bekommen?! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber wir finden hier auch noch die Europa-Treuhand Ernst & Young als mehrfachen Auftragnehmer, dieselbe Kanzlei, die einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk ausgestellt hat für den Abschluss in eben jener Firma YLine zum 31. Dezember 2000, als diese längst pleite war. (Abg. Schöls: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!)

Das sind die Kanzleien, die hier beschäftigt worden sind. Und genau das war der Sach­verhalt, nach dem Sie uns nicht fragen ließen. Warum eigentlich nicht? – Die Antwort liegt auf der Hand: weil überall dort, wo man nachstochert in diesem Bereich, ein neuer Zipfel einer Art Gefälligkeitsrepublik offenbar wird.

Ich möchte Sie heute an dieser Stelle auffordern, Herr Minister Grasser: Legen Sie die Konten des „Vereines New Economy“ offen, denn 352 000 € – selbst wenn Sie diese Summe bestreiten; 283 000 € hat Herr Lorenz Fritz schon zugegeben – können nicht für die Homepage ausgegeben worden sein, können nicht ausgegeben worden sein für ein paar Essensrechnungen im besseren Restaurants.

Was wurde damit bezahlt? – War es vielleicht so, dass Herr Bill Gates, als er da war, sich nicht stolz mit dem erfolgreichen Finanzminister fotografieren ließ, sondern dass dafür bezahlt werden musste?

War es vielleicht so, dass die erste Überweisung vor dem 20. April 2001 erfolgen musste? Ist es vielleicht purer Zufall, dass sich der Herr Minister Ende April bis Anfang Mai desselben Jahres in Hawaii aufgehalten hat, wo wir gefragt haben und als Antwort bekamen, es war eine Privatreise? Als damals die Journalisten angerufen haben, hat sich am Handy des Herrn Winkler die Freundin des Herrn Bundesministers gemeldet! War das jene Reise? Gab es Kosten, die dafür getragen worden sind? Und: Was ist mit Monaco und den anderen Dingen?

All das muss offen gelegt werden, denn eines ist heute schon klar: Die Justiz hat heute bestätigt, dass 9 900 und 5 500 € auf ein privates Konto geflossen sind, nämlich das Treuhandkonto für den Sozialfonds. Damit ist klar: Der Herr Bundesminister steht am Ende einer Zahlungskette, mit einem privaten Konto, wo die Gelder der IV gelandet sind. Und das ist in diesem Land hoffentlich Grund genug, dass Sie (in Richtung ÖVP und Freiheitliche) sich einen neuen Kandidaten für dieses Amt suchen müssen, weil derjenige, der es jetzt bekleidet, die sorgfältige Trennung zwischen Inhalt des Amtes und Privatleben nicht ausreichend ziehen konnte.

Ich gebe Ihnen nur teilweise Schuld, Herr Mag. Grasser, und das sage ich auch an dieser Stelle, denn Sie haben eine Sozialisation erlebt unter einem Landeshauptmann Haider, einem Parteichef Haider, bei dem wir bis heute nicht wissen: Wer hat die Hub­schrauber gezahlt? Wer hat die Gelage bezahlt? Wer hat all das bezahlt? (Zwischen-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 143

rufe bei den Freiheitlichen.) Das wissen wir bis heute nicht, auch dort ist keine Auf­klärung gegeben. Und das Land Kärnten hat bis heute nicht klären können, wie es eigentlich mit den Reisen in arabische Länder war. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

In diesem Sinne ist das System ein „System Haider“, dem Sie unterlegen sind. In die­sem Sinne hat der jetzige Finanzminister keine Schuld, und ich wünsche ihm für sein weiteres Leben, dass er an einer anderen Stelle etwas anderes lernt. Ich glaube, Magna wäre da besser gewesen als der Herr Haider. – Danke, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. Maximal 2 Minuten Redezeit. – Herr Kollege, Sie kennen die Geschäftsordnung. Sie beginnen mit der zu berichtigenden Sachverhalts­darstellung und stellen dieser den richtigen Sachverhalt gegenüber. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.19

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Bleckmann hat hier behauptet, es sei von meiner Seite zu einer Beschimpfung einer Kollegin ge­kommen. – Das stimmt nicht, und das weise ich auch schärfstens zurück!

Ich weise darauf hin, dass es im grünen Klub und unter Grünen völlig unüblich ist, sich freiheitlichen Benehmens zu bedienen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Herr Bundesminister Mag. Grasser zu Wort gemeldet. – Herr Minister, Sie sind am Wort.

 


16.20

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich sage Ihnen, schön langsam nehme ich es geradezu als Kompliment, ich fühle mich fast geehrt und geschmeichelt, dass ich Angriffsziel Nummer eins der vereinigten Opposition bin. (Abg. Mandak: So toll ist das nicht!) Aber, meine Damen und Herren, jeder, der die politische Welt versteht, weiß es, und Werner Amon hat es heute für mich auf den Punkt ge­bracht, indem er gesagt hat: Die Regierung hat eine Steuerreform, und Sie haben ein Problem. (Beifall bei der ÖVP.)

Offensichtlich haben Sie wirklich ein Problem, meine Damen und Herren, nämlich: die Leistungsbilanz dieser Bundesregierung. Offensichtlich bringt Sie die erfolgreiche Poli­tik dieser Bundesregierung so in Bedrängnis, dass Sie jetzt nicht davor zurückscheuen, ganz tief in die Schublade, unter die Gürtellinie zu greifen und anzugreifen und zu kriminalisieren, zu überlegen: Wie können wir eine politische Hetzkampagne machen? (Abg. Parnigoni: Nehmen Sie endlich Stellung zum Bericht!)

Meine Damen und Herren! Ich weise daher Ihre heutigen unhaltbaren Vorwürfe einmal mehr auf das Deutlichste zurück. Es fehlt Ihnen einfach jede Basis für Ihre Kritik. (Abg. Dr. Kräuter: Antworten!) Ich darf Ihnen versichern, meine Damen und Herren: Ich nehme das mittlerweile sportlich. Ich werde Ihren Angriffen keinen Millimeter weichen. Meine Amtsführung ist völlig korrekt, meine Amtsführung ist vorbildlich, und am Ende des Tages werden die persönliche Integrität und die Wahrheit siegen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Was ist das für ein Sport? Sesselkleben?)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 144

Sportlich deswegen, weil es ein politischer Diskurs ist, Herr Abgeordneter Kogler, und sportlich deswegen, weil ich der Überzeugung bin, dass die Bevölkerung jedes ein­zelne Regierungsmitglied und diese Bundesregierung in ihrer Gesamtheit an den Leis­tungen messen wird. Und diese Leistungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen sich wirklich sehen!

Wenn Sie jetzt relativ viel dreinreden, dann wissen Sie auf der anderen Seite schon, dass Sie uns im Jahr 1999 133 Milliarden € an Schulden übergeben haben, dann wissen Sie, dass Sie uns außerbudgetär weitere 19,5 Milliarden € an Schulden über­geben haben, und dann wissen Sie, dass die jährlichen Zinszahlungen damals 6,6 Mil­liarden € ausgemacht haben.

Meine Damen und Herren! Ich bin damals, im Jahr 2000, als Finanzminister nach Brüssel gefahren, und der EcofiN-Rat, der Rat der Finanzminister, hat mir dort ge­sagt: Eure Finanzpolitik ist völlig inakzeptabel. Fahren Sie zurück nach Österreich und machen Sie eine gescheite Finanzpolitik! – So viel zu dem, was Sie übergeben haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Vor zwei Wochen, meine Damen und Herren – vielleicht können wir uns kurz gemein­sam über etwas freuen –, ist es Alfred Finz und mir erstmals gelungen, mit einer kon­sequenten Finanzpolitik zu erreichen, dass wir unter den Top-vier-Stabilitätsprogram­men in Europa gehandelt worden sind. Schweden, Dänemark, Finnland und Österreich sind in Brüssel als die besten vier in der Finanzpolitik in Europa dargestellt worden. Das ist unsere Politik – eine Finanzpolitik mit Hausverstand, eine Politik mit Ergeb­nissen, die Sie in 25 Jahren nicht zustande gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben vier Budgets zu verantworten, zweimal einen ausgeglichenen Haushalt, ein Nulldefizit, und das das erste Mal seit mehr als 30 Jahren. Beim jetzigen Tagesord­nungspunkt geht es (Abg. Mandak: Um den Verwaltungsreformbericht!) auch um die Verwaltungsreform, und wenn ich jetzt über Finanzpolitik spreche, sehr geehrte Frau Abgeordnete, dann deswegen, weil ich im Ausschuss versucht habe, Ihnen darzu­legen, dass wir durch sehr klare, konsequente 70 Verwaltungsreformprojekte, die wir gemeinsam mit Alfred Finz auf Bundesebene vorangetrieben haben, bis jetzt mehr als 6 Milliarden € eingespart haben.

Wenn es uns gelungen ist, mehr als 6 Milliarden € auf der Ausgabenseite einzusparen, dann ist das mit ein ganz, ganz wesentlicher Punkt dafür, dass wir eben zweimal einen ausgeglichenen Haushalt zustande gebracht haben und dass wir auch gerade diese Woche am Montag die Bilanz über das Jahr 2003 legen konnten; eine Bilanz, meine Damen und Herren, die zeigt, dass wir nicht 1,3 Prozent Defizit gemacht haben, son­dern auch im Jahr 2003 unter 1 Prozent Defizit liegen. Das sind Ergebnisse, die Sie in 25 Jahren Ihrer Finanzpolitik nicht zustande gebracht haben. – Wir sind stolz auf diese Leistungen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Denken Sie an unsere Ausschussdebatten, meine Damen und Herren! Wir haben über die ÖIAG diskutiert, wir haben über den Kapitalmarkt diskutiert. Ich erinnere mich noch sehr gut daran zurück, dass wir im Bereich der ÖIAG 6,3 Milliarden € an Schulden übernehmen mussten, und wir haben hier eine konsequente Privatisierungspolitik gemacht, eben in der Überzeugung: Privat ist besser als der Staat. Wir wissen, dass das Industriepolitik im österreichischen Interesse ist, Industriepolitik für Headquarters in Österreich, Industriepolitik für mehr Beschäftigung in Österreich und Industriepolitik, die wir so eingesetzt haben, dass wir Schulden zurückzahlen, die Sie uns hinterlassen ha­ben. Wir stehen heute bei etwa 1,7 Milliarden € Schulden. Das heißt, wir haben in der ÖIAG bereits mehr als 4,6 Milliarden € an Schulden, die Sie uns hinterlassen haben, zurückgezahlt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 145

Meine Damen und Herren! Wir haben auf dem Kapitalmarkt – der Bundeskanzler hat das heute angesprochen – seit dem 1. Jänner 2003 eine Performance, die ungefähr 50 Prozent ausmacht. 50 Prozent Steigerung unseres Kapitalmarktes seit 2003, mehr als 60 Prozent seit dem Jahr 2000! Sie haben uns einen kaputten Kapitalmarkt hinter­lassen. Sie haben uns die Situation hinterlassen, dass Unternehmen eine massiv un­terdurchschnittliche Eigenkapitalausstattung haben, und das war für uns der Punkt, dass wir in aussichtsloser Situation eine Drehung erreicht haben – deswegen, weil wir wissen, wie wichtig Eigenkapital für unsere Unternehmen, für mehr Wachstum, für mehr Beschäftigung der Betriebe ist.

Das war ein konkreter Punkt im Unterausschuss. Es war mir wichtig – und das haben die Herren Abgeordneten Kräuter und Kogler heute meines Erachtens nicht ganz den Tatsachen entsprechend dargestellt –, alle Fragen, die Sie dort gestellt haben – ich habe mir viele Stunden Zeit dafür genommen –, alle Fragen, die auf der Grundlage der Geschäftsordnung des österreichischen Nationalrates gestellt wurden, zu beantworten, und das ist geschehen. Keine Ihrer Fragen ist unbeantwortet geblieben – mit Aus­nahme in Bezug auf die Leistungsbilanz der österreichischen Bundesregierung.

Sie haben uns Berateraufträge vorgeworfen, meine Damen und Herren, die breite Mas­se der Abgeordneten tat das, und wir haben hier Dringliche Anfragen wegen Berater­aufträgen diskutiert. – Wir haben Neuland betreten, und ich habe Ihnen im Ausschuss präsentieren können, dass über diese spezielle Fachexpertise, die wir uns eingekauft haben für dieses Neuland, das wir betreten haben, für diese innovative Politik, die wir umgesetzt haben, zwar Beraterkosten angefallen sind, aber auf der anderen Seite mittelfristige Einsparungen beziehungsweise Erlöse in Summe von 637 Millionen €, Einsparungen von 1 263 Millionen € zustande gekommen sind.

Das heißt, jeder Euro, den wir dort eingesetzt haben, war gut investiertes Geld des Steuerzahlers. Es hat sich mehrfach ausgezahlt, es hat sich in vielen Fällen bereits im ersten Jahr der Beraterleistung durch größere Einsparungen, die wir erreichen konn­ten, rentiert. – Insofern eine gute Bilanz, eine gute Politik, wir sind auf dem richtigen Weg. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf daher auch zu den verschiedenen Vorwürfen aus meiner Sicht schon Folgen­des sagen: Es gibt auf der einen Seite eine erfolgreiche Bundesregierung, eine Bun­desregierung, die das Notwendige macht, die sich in die Sacharbeit vertieft, eine Bun­desregierung, die Probleme aufgreift und Entscheidungen trifft, die damit Kompetenz beweist und die die Zukunft dieses Landes sichert. Auf der anderen Seite haben wir eine Opposition, die sagt: Nein zur Sacharbeit!, eine Opposition, die sagt: Nein zum Wettbewerb der Ideen! – es ist weder vom Herrn Gusenbauer noch vom Herrn Cap, noch vom Herrn Professor Van der Bellen nur irgendeine Alternative zu dieser größten Steuerreform der Geschichte der Zweiten Republik heute präsentiert worden –, aber eine Opposition, die dafür ja sagt zur Parteipolitik, ja zur Polemik, ja zu einer politi­schen Jagd, die sie veranstaltet. (Abg. Öllinger: Das stimmt ja überhaupt nicht!)

Meine Damen und Herren! Ich sage durchaus dazu, ich rede deswegen darüber, Herr Abgeordneter Öllinger, weil es ausgerechnet Herr Abgeordneter Pilz war, der über politische Kultur gesprochen hat. Wenn über politische Kultur gesprochen wird, so sage ich, es steht Ihnen selbstverständlich jederzeit frei, zur Staatsanwaltschaft zu gehen (Abg. Öllinger: Sie sind ja gegangen!), nach dem Motto: Wenn unsere politi­schen Argumente nicht mehr ausreichen, wenn der politische Arm nicht stark genug ist, dann machen wir die Politik halt bei Gericht, dann sind wir die Europameister beim Einbringen von Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft. Das ist für mich überhaupt kein Problem. Ich sage Ihnen nur, es würde gleichzeitig uns allen auch gut anstehen – und das ist mein einziges Ersuchen an Sie, nachdem Sie fünf, sechs, sieben, acht An­zeigen bei der Staatsanwaltschaft eingebracht haben (Abg. Öllinger: Wer? Wir?), ob


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 146

das Herr Abgeordneter Pilz war, ob das Herr Abgeordneter Matznetter war, Abgeord­nete dieses Hohen Hauses haben Anzeigen ... (Abg. Öllinger: Sie!)

Also ich habe gegen mich selbst keine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht (Abg. Öllinger: Aber gegen uns!), und ich habe auch gegen Sie keine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht. (Abg. Öllinger: Was?) Lieber Abgeordneter Öllinger! Wenn ich mit den gleichen Instrumenten begegnen würde (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter) und Herr Abgeordneter Matznetter mir das Wort gibt, wenn ich mir anschaue, wie Sie, Herr Abgeordneter Matznetter, für die Firma YLine tätig waren, und wenn ich mir ansehe, wie Sie mit Ihrer Kanzlei für „Euroteam“ tätig waren, wie Sie im Rahmen der „Euroteam“-Lehrlingsoffensive – etwas, das heute gerichtsanhängig ist – nicht einmal davor zurückgescheut sind, sich ganzseitige Inserate für Ihr Unternehmen auf Kosten des Steuerzahlers schalten zu lassen (Zwischenrufe bei der SPÖ), wenn Sie offensichtlich beteiligt sein sollen, Herr Abgeordneter Matznetter, an einer Glücks­spielfirma, „Joy & Fun“ genannt, die es mit den Vergnügungssteuern nicht so genau nehmen soll, wo man rund 60 000 € Strafe gezahlt haben soll, dann muss ich Ihnen sagen, das würde ausreichend Raum dafür geben, dass man auch Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft einbringt.

Ich sage Ihnen ganz klar dazu: Ich würde das nie tun, weil das nicht mein politischer Stil, nicht meine politische Kultur ist. Ich stehe Ihnen immer zur Verfügung, wenn es darum geht, eine Auseinandersetzung in der Sache zu führen, wenn es darum geht, einen Wettbewerb der Ideen hier im Parlament zur Diskussion zu bringen, wenn wir uns darüber unterhalten, wer die bessere Finanzpolitik hat, wer die besseren Konzepte hat, wenn es um eine Steuerreform geht. Das ist das, worum ich Sie ersuche und wozu ich Sie einlade: hier nicht vor der politischen Verantwortung zu kapitulieren, wenn es um Verantwortung, um Konzepte, um den Wettbewerb der Ideen geht, sondern im Interesse des Wettbewerbs und der besten inhaltlichen Lösungen für Österreich zu sagen, wir widmen uns auch wieder der Sacharbeit, und Alternativen darzustellen.

Ich lade Sie dazu ein, ich hoffe, dass wir wieder einen konstruktiven Weg finden und diese tiefe Ebene des persönlichen Kriminalisierens und Angreifens hinter uns lassen können. Wie auch immer Sie es halten, ich sage Ihnen: Ich werde mich nicht beirren lassen, wir werden diesen sehr erfolgreichen Weg für Österreich, für die Beschäfti­gung, für die Wirtschaft weiter fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Herr Kollege, die Behauptung, die Sie berichtigen, zuerst erwähnen, und dem dann das, was Sie für richtig halten, entgegensetzen. (Rufe bei der ÖVP: Die Wahrheit!)

 


16.32

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Bundesminister Grasser hat in seiner Stellungnahme behauptet, ich sei mittelbar oder unmittelbar an einer Firma „Joy & Fun“ beteiligt. Zweitens hat er behauptet, ich beziehungsweise die Firma „Euro­team“ hätte halbseitige Inserate zugunsten meiner Kanzlei geschaltet. – Beide Aus­sagen sind unrichtig!

Ich bin weder mittelbar noch unmittelbar wirtschaftlich an der Firma „Joy & Fun“ be­teiligt; es war ein Treuhandauftrag einer Kollegin. (Abg. Rädler: Wer hat die Inserate bezahlt?)

Punkt zwei: Die Inserate waren Inserate der österreichischen Bundesregierung (Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), in denen Freiberufler, die damals neu die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 147

Möglichkeit von diesem Parlament bekommen haben, Lehrlinge anzustellen, geworben haben, dass das andere auch tun. Und damals gab es mit Ausnahme meiner Kanzlei keinen Steuerberater, der Lehrlinge beschäftigt hat. Es waren halt bessere Zeiten als heute. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Prinz. 4 Minuten Redezeit. – Herr Kollege, Sie haben das Wort.

 


16.34

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eigentlich ist es bemerkens­wert, wenn Herr Kollege Matznetter hierher ans Rednerpult tritt, sich künstlich erregt und dann noch das Wort „Sittenbild“ in den Mund nimmt. Vielleicht sollte er einmal über „Euroteam“ und „YLine“ ein bisschen nachdenken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Im Prüfauftrag an den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses ging es auch um die Privatisierung von Unternehmen in der ÖIAG, und dezidiert erwähnt in der Begründung wurden die Unternehmen voest­alpine AG und Böhler-Uddeholm. Aus diesem Anlass darf ich mich auch sachlich damit beschäftigen. Wie hat doch der SPÖ-Vorsitzende Gusenbauer vor der letzten Wahl so treffend bemerkt? Es gibt keinen Grund dafür, dass der Staat einen Industriebetrieb führen sollte. Selbstverständlich – daher Privatisierung.

Konkret zur Voest. Die Voest-Aktie hatte im März 2003 einen Kurswert von 22 €. Nach dem Auftrag der Bundesregierung zur Vollprivatisierung stieg der Wert der Aktien bis zum Juli 2003 auf 37 €. (Abg. Dr. Matznetter: Und um wie viel haben wir verkauft?)

Im August und September 2003 wurde diese Voest-Privatisierung allerdings von der SPÖ im oberösterreichischen Landtagswahlkampf auf sehr populistische und primitive Art und Weise dazu benutzt, gegen die Privatisierung Stimmung zu machen, obwohl die Voest zu diesem Zeitpunkt bereits zu zwei Drittel von sozialistischen Bundeskanz­lern und Finanzministern privatisiert wurde und genau mit dieser Privatisierung eigent­lich die Erfolgsgeschichte der voestalpine begann.

Durch die Negativkampagne der SPÖ in Oberösterreich ist allerdings der Kurswert gesunken. Der Verkaufserlös betrug dann nur mehr 32,5 € je Aktie, das bedeutet einen Verlust beziehungsweise Mindererlös von 30 Millionen € oder 420 Millionen Schilling, den ausschließlich die SPÖ gegenüber der Bevölkerung zu verantworten hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: So ist es!)

Der SPÖ Oberösterreich war Stimmenfang wichtiger als die Sicherung von Arbeits­plätzen. Wer allerdings nur auf Populismus setzt, läuft Gefahr, das offensichtlich ge­wonnene Gewicht an Stimmen in Regierungsverhandlungen rasch wieder zu verpokern oder zu verlieren, wenn man offensichtlich zu spät vom hohen Ross wieder herunter findet.

Nach dem 28. September 2003 gab es von der SPÖ in Oberösterreich zur Voest keinerlei Meldungen mehr, nicht einmal dann, nachdem in den letzten Wochen fest­stand, dass die Voest in den nächsten Jahren in den Standort Linz 2 Milliarden € inves­tieren wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Worin liegt der Unterschied zwischen der Voest-Privatisie­rung und der restlichen Privatisierung von Böhler-Uddeholm? Ganz einfach: Die Priva­tisierung von Böhler-Uddeholm erfolgte nach dem 28. September 2003. Diese Privati­sierung ging dann eigentlich sehr ruhig und vernünftig über die Bühne, sodass auch der tatsächliche Wert der Aktie von 48,5 € erlöst werden konnte.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 148

Privatisierungen erfolgen nicht zum Selbstzweck, sondern um Schulden in der ÖIAG, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind, abzubauen; Schulden, für die letztend­lich der Steuerzahler geradestehen muss beziehungsweise – wenn wir sie nicht weg­bringen – die Zeche zahlen muss.

Die Schuldenlast der ÖIAG betrug zum Beispiel im Jänner 2000 6,2 Milliarden €. Durch die Privatisierungen wurden die Schulden um 4,5 Milliarden € auf unter 1,7 Milliarden € reduziert.

Erfolgreiche Privatisierungen sind allerdings erst seit dem Jänner 2000 üblich. Die Pri­vatisierungen vorher liefen eher nach dem Beispiel AMAG in Oberösterreich. Vor der Privatisierung – um einen symbolischen Schilling, also um 0,07 € wurde die AMAG ver­kauft – wurden noch schnell 87 Millionen € oder 1,2 Milliarden Schilling an Zuschuss aus der ÖIAG hineingeschossen, und als die AMAG dann privat geführt wurde, konnte sie im zweiten Jahr bereits einen Gewinn von rund 30 Millionen € erzielen.

Vergleicht man Privatisierungen vor dem Jahr 2000 mit jenen nach dem 4. Februar 2000, kommt man zu dem Resümee: Gott sei Dank haben im Sinne eines vernünftigen Umgangs mit dem Geld der Steuerzahler jetzt Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, Finanzminister Grasser und eine ÖVP-FPÖ-Regierung die Verantwortung für unser Steuergeld. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.38

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter Grasser! Ihre Sportlichkeit in Ehren, aber unser Problem ist, dass Sie dadurch, dass Sie auf die Geldverschiebungen zwischen einerseits Ihrem Verein und andererseits Ihrem Konto nicht eingehen, unseres Erachtens nicht eine sportliche Leistung vollbrin­gen, sondern eine höchst unmoralische – Steuerhinterziehungsleistung darf ich nicht sagen – Steuerhinterziehungsaktion, denn die Schenkungssteuer steht an!

Das sagen Experten, und sogar die deutschen Experten, die von Herrn Staatssekretär Finz einmal zu einem Gutachten herangezogen worden sind, sagen das. Die haben das inzwischen ja richtig gestellt, dass im Falle dieser Friends-of-new-economy-Geschichte und dieser Grasser-Privatsozialfondskonten-Geschichte die Schenkungs­steuer sehr wohl fällig wäre. – Das nur zum einen, und das, Herr Minister, hat nichts mit Sportlichkeit zu tun, die jetzt gefordert ist, sondern das hat mit Moral, mit Ernst­haftigkeit und politischer Correctness zu tun (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ) und auch – und das ist mir sehr wichtig – mit dem Einhalten von Gesetzen, an die sich jede Steuerzahlerin und jeder Steuerzahler halten muss. – Das also zum Ersten.

Zum Zweiten: Gegenstand des Unterausschusses des Rechnungshofausschusses waren insgesamt die Privatisierung und die damit verbundenen Beraterverträge. Mein Vorredner hat ja das Beispiel Voest herangezogen und diese September-Aktion als erfolgreiche Privatisierung hier in den Raum gestellt.

Herr Kollege Prinz, denken Sie daran, dass das schlechthin eine Flucht nach vorne gewesen ist, die gerade Ihr Parteiobmann in Oberösterreich, Herr Landeshauptmann Pühringer, zutiefst abgelehnt hat. Ihm war das höchst zuwider, kam das politisch völlig ungelegen, dass im September die große Voest-Verkaufsdebatte stattfindet.

Und warum ist das passiert? – Herr Minister Grasser, Ihre „Sportlichkeit“ beim Projekt „Minerva“ war der Hintergrund. Sie wollten an sich eine Transferierung von Voest-Mehrheitsanteilen an den Magna-Konzern von Frank Stronach, mit dem Sie ja durch-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 149

aus gute Beziehungen hatten, fein einfädeln. Das ist dann an die Öffentlichkeit geraten, und es ist Ihnen nichts anderes übrig geblieben, als im Herbst schnell an die Börse zu gehen, damit diese Magna-Sache nicht noch höhere Wellen schlägt. – Das dann hier als „erfolgreiche Privatisierung“ zu verkaufen, das nimmt Ihnen wirklich niemand ab – am allerwenigsten die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher.

Nun zu einem anderen Aspekt, der auch Linzer, der auch Oberösterreicher betrifft: die Privatisierung bundeseigener Wohnbaugesellschaften. Darüber haben wir im Aus­schuss ausgiebig diskutiert – und auch jetzt vor rund einer Stunde hier im Plenum.

Herr Minister Grasser, da haben Sie auch noch einen gewissen Widerspruch in den Raum gestellt, und zwar haben Sie ganz konkret im Juli 2003 im RH-Unterausschuss behauptet, die Entscheidung, das an Lehman & Brothers zu vergeben, sei am 27. Sep­tember erfolgt. – Entschuldigen Sie, das war die Entscheidung, dass man den Verkauf vollzieht! – Ihr ehemaliger Mitarbeiter, Herr Dipl.-Ing. Ramprecht, hat im Ausschuss wiederholt zum Besten gegeben, wiederholt klargestellt, dass das ein anderes Datum gewesen sei, dass das nicht der 21. September war – ich muss mich korrigieren! –, sondern bereits der 6. September.

Dazu gibt es Hintergrundinformationen, die darauf hinweisen, dass diese Entscheidung sehr wohl in einem Zusammenhang mit Weisungen aus Ihrem Kabinett steht. – Das wäre noch ein Kapitel, über das wir uns näher unterhalten müssen; dazu hatten wir im Unterausschuss nämlich keine Möglichkeit.

Einen weiteren Widerspruch, der sich im Ausschuss gezeigt hat, darf ich auch noch nennen: Herr Dipl.-Ing. Ramprecht, der „Vorsitzende“ dieser ganzen Verkaufs- bezie­hungsweise Vergabeaktion an Lehman & Brothers, hat festgehalten, dass Sie, Herr Minister Grasser, über das Abstimmungsergebnis, wer den Zuschlag erhalten soll, durch Herrn Dr. Traumüller direkt informiert wurden und dass Ihnen das schriftlich be­kannt gegeben wurde.

Mir, Herr Minister, haben Sie schriftlich auf meine Anfrage hin geantwortet: „Hinsicht­lich des Stimmverhaltens der einzelnen Kommissionsmitglieder kann ich keine konkre­ten Aussagen treffen, da mir dieses nicht bekannt ist.“

Was stimmt jetzt eigentlich, Herr Minister: Sind Sie schriftlich informiert worden über die Details, oder sind Sie nicht informiert worden? Dann hat entweder Herr Ramprecht Unrecht, oder Sie, Herr Minister, haben eine falsche Aussage mir gegenüber in einer Anfragebeantwortung gemacht.

Das wären noch einige Details aus diesem Unterausschuss, die zeigen, dass der Untersuchungsgegenstand bei weitem noch nicht voll erschöpft ist und noch näher unter die Lupe genommen werden muss. Und außerdem zeigt das sehr wohl, dass ins­gesamt Ihre Herangehensweise an die Privatisierung in verschiedenen Fällen fehler­haft war, auf falschen Voraussetzungen beruhte und teilweise auch mangelhaft durch­geführt wurde.

Herr Minister, es geht nicht um Sportlichkeit, sondern es geht um seriöse Politik, und es geht um eine Privatisierung, aus der Sie und Ihre Freunde mehr oder minder Nutzen ziehen, nicht jedoch in erster Linie die Republik, wie Sie, Herr Minister, immer vor­geben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Sie kennen ja die Geschäftsordnung. – Bitte, Herr Kollege.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 150

16.44

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Danke, Herr Präsident! – Herr Bundesminister, Sie haben in Ihren Ausführungen behauptet, nicht Sie, sondern die Opposition ginge immer zum Staatsanwalt.

Ich stelle tatsächlich richtig, Herr Bundesminister Grasser: Sie sind zum Staatsanwalt gegangen, um gegen den grünen Klub ein medienrechtliches Verfahren wegen „Verlet­zung der Unschuldsvermutung“ anzustrengen, weil Sie der Meinung waren, dass ich in einer Pressekonferenz etwas gesagt hätte, was Ihre Unschuld sozusagen beeinträch­tigt hätte.

Das Strafgericht, vor dem ein Mediendelikt abgehandelt wird, hat in erster Instanz fest­gestellt, dass es keine Verletzung der Unschuldsvermutung ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das geht jetzt aber bereits über die tatsächliche Berich­tigung hinaus!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Sie, Herr Bundesminster Grasser, sind zum Strafrichter gegangen, nicht wir!

Außerdem sind Sie in der Causa Pilz – als Kollege Pilz den Vorwurf der Schiebung an Sie gerichtet hat – zum Handelsgericht gegangen und haben Kollegen Pilz ebenfalls wegen des „Verdachtes der Verletzung der Unschuldsvermutung“ beziehungsweise wegen „übler Nachrede“ geklagt. – Auch in diesem Verfahren ist Kollege Pilz in erster Instanz freigesprochen worden.

Herr Bundesminister Grasser, Sie müssen sich schon fragen lassen, wenn Sie schon Anfragen nicht beantworten: Was sollen denn Abgeordnete sonst tun, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen?! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das ist eine Wortmeldung, Herr Kollege Öllinger. Mel­den Sie sich erneut zu Wort!

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


16.46

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Dass es in dieser Causa verschiedene Berichte aus dem Unterausschuss des Rechnungshofes gibt, das liegt wohl in der Natur der Sache. Sie hätten mit unserem Bericht gar nicht mitgehen können – wir haben es ja auch nicht erwartet –, sonst hätten Sie zugeben müssen, dass Sie diese Causa nur aus parteipolitischen Gründen hochgezogen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn man Ihnen zuhört, geschätzte Damen und Herren von den Oppositionsparteien, dann hat man wirklich das Gefühl, dass Sie in einem anderen Unterausschuss des Rechnungshofes waren.

Herr Kollege Matznetter hat im Ausschuss das Wort ergriffen – er hat in der Zwischen­zeit seine Wortspende abgegeben und den Saal verlassen. Ich zitiere auch nur einen Satz im Gegensatz zu Herrn Kräuter, der gleich das ganze Protokoll ins Internet gestellt hat, für jedermann abrufbar, obwohl dieser Unterausschuss vertraulich ist. Das sollten auch Sie wissen, Herr Kollege Kräuter.

Ich bin eigentlich sehr verwundert, dass sich der Zweite Nationalratspräsident zum Bruch der Geschäftsordnung nicht geäußert hat, obwohl der Erste Präsident Dr. And­reas Khol sehr klare Worte dazu gefunden hat. (Abg. Prinz: Eine berechtigte Frage!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 151

Herr Kollege Matznetter hat gemeint, Minister Grasser habe der Republik Schaden zu­gefügt. – Das ist Anschauungssache, geschätzte Damen und Herren von der Opposi­tionspartei. Jetzt, nachdem alle Fakten auf dem Tisch liegen, ist uns klar, dem ist nicht so. Minister Karl-Heinz Grasser hat der Republik keinen Schaden zugefügt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber wenn wir schon von Schaden sprechen, geschätzte Damen und Herren von den Oppositionsparteien, dann, muss ich sagen, fallen mir einige SPÖ-Finanzminister ein, die der Republik wirklich Schaden zugefügt haben. Sie haben Firmen, die Hunderte Millionen Schilling wert waren, um einen Schilling quasi verschenkt beziehungsweise verkauft. (Abg. Prinz: 0,07 €!)

Vielleicht wäre es gut gewesen, wenn diese Minister so wie Karl-Heinz Grasser gute Berater gehabt hätten. Und wären diese Berater noch so teuer gewesen, sie wären der Republik wesentlich billiger gekommen als diese großzügigen Geschenke Ihrer Minis­ter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mir fällt auch noch die „Euroteam“-Affäre ein. Da gab es wirklich Prozesse. Da gab es wirklich Verurteilungen. Herr Klima hat sich vorsichtshalber gleich nach Argentinien ab­gesetzt oder einen Job in Argentinien gesucht. Er wird schon gewusst haben, warum.

Wenn wir schon von Schaden sprechen, geschätzte Damen und Herren, dann fällt mir noch einer ein. Speziell als Burgenländerin fällt mir einer ein, ein ehemaliger Finanz­minister – Sie wissen schon, das war der mit den Schweinchen-Krawatten. Er hat bei der Bank Burgenland einen Schaden in Milliardenhöhe verursacht. So viel hat es uns gekostet, nämlich 3,5 Milliarden Schilling, dass Herr Edlinger die Bankenaufsicht – na sagen wir einmal – nicht angehört hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaál: Das ist uner­hört!)

Das sollten Sie nicht vergessen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Oppositions­parteien, wenn Sie von Schaden sprechen.

Aber es gibt noch einen ganz anderen Schaden, den Sie angerichtet haben, ge­schätzte Damen und Herren, denn durch Ihre Verleumdungen haben Sie versucht, einen Minister ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin! Das Wort „Verleumdung“ verwenden wir hier nicht! Ich würde Sie bitten, das anders zu umschreiben.

 


Abgeordnete Edeltraud Lentsch (fortsetzend): Durch Ihre Anschuldigungen haben Sie versucht, einen Minister fertig zu machen, ganz nach dem Motto: Fest anschütten, es wird schon etwas hängen bleiben. Das haben Sie zunächst mit unserem Bundes­kanzler versucht, da haben Sie sich die Zähne ausgebissen. Jetzt versuchen Sie es mit Finanzminister Karl-Heinz Grasser, aber ich prohezeie Ihnen, da wird unter dem Strich auch nichts übrig bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Und jetzt versuchen Sie es mit unserer Außenministerin Benita Ferrero-Waldner. Wir haben es alle erwartet, und zwar aus dem einfachen Grund, weil sie die einzige Frau ist, die die Chance hat, in die Hofburg einzuziehen, weil sie die einzige Frau ist, die die Chance hat, die erste Bundespräsidentin Österreichs zu werden. (Beifall bei der ÖVP.) Und es ist Ihnen nichts zu tief. Sie schrecken auch nicht vor dem Privatleben dieser Dame zurück.

Hören Sie doch endlich auf, unsere Leute zu skandalisieren! (Abg. Mag. Kogler: Kom­men Sie wenigstens am Schluss zur Sache!) Damit gewinnen Sie überhaupt nichts, auch wenn Ihnen das Ihre Agentur einredet. (Beifall bei der ÖVP.) Glauben Sie mir, die Menschen draußen machen sich selbst ein Bild. Daher mein Appell an Sie: Nehmen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 152

Sie sich eine neue Agentur und kehren Sie zur Sacharbeit zurück! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keck. Wunsch­redezeit: 3 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


16.52

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminis­ter! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit dem Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses, vor allem aber auch durch den Minderheitsbericht meiner Fraktion, der SPÖ, könnte dieses Hohe Haus belegen, dass es wertvolle Arbeit leistet und dass es neben dem Recht sehr wohl auch die Kompetenz besitzt, der Wahrheit (Abg. Hornek: Der SPÖ-Wahrheit!) und so mancher Unregelmäßigkeit auf den Grund zu gehen. Wäre dem nämlich nicht so, also hätten wir nicht die Möglichkeit der Kontrollausschüsse, meine Damen und Herren, müssten wir uns mit dem zufrieden geben, was uns ein Herr Winkler oder sonst irgendwer über irgendeine gesponserte Homepage auftischt, und die Transparenz würde wirklich bald auf „Seitenblicke“-Niveau degradiert werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass das Parlament über solche Rechte verfügt. Mir wäre sogar lieber gewesen, wenn wir unsere Möglichkeiten im Unterausschuss noch intensiver und beharrlicher nutzen hätten können, aber leider hat dies Schwarz-Blau oftmals verhindert oder auch torpediert. (Abg. Hornek: Sie waren ja nie da!)

Ich denke zum Beispiel daran, wie viele Personen und vor allem wie oft wir so man­chen Herrn laden wollten. Wir haben nur wenig Entgegenkommen von Schwarz-Blau erlebt, denn alle unsere Anträge wurden abgelehnt. (Abg. Hornek: Das ist unrichtig!) Ihre Parteien haben damit offensive Diskussionsverweigerung betrieben. Natürlich ist uns allen klar, wem und vor allem warum Sie hier die Mauer machen: Sie wollen doch nur den Finanzminister schützen. (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Er war zweimal da!) Aus Ihrer Sicht richtig, aber ich möchte den Damen und Herren der ÖVP eines sagen: Bedenken Sie dabei, Ziehsöhne, noch dazu wenn sie nur geliehen sind, erweisen sich auch bei noch so gutem Marketing des Öfteren als Schuss ins eigene Knie.

Meine Damen und Herren! Ein Thema dieses Kontrollausschusses war auch der wirt­schaftspolitisch wenig sinnvolle Abverkauf von Seiten der ÖIAG. Es ist schon viel darüber gesprochen worden. Auch hier wurde mit vielen unsinnigen Fragen von Ihrer Seite sehr viel Zeit vertan, sodass die wirklich brennenden und wichtigen Fragen nicht mehr ausreichend behandelt werden konnten oder auch durften. (Abg. Hornek: War­um haben Sie sie nicht gestellt?) Was sich tatsächlich in den Hinterzimmern des Finanzministeriums oder der ÖIAG abgespielt hat, ist bis heute ungeklärt. Ich kann nur hoffen, dass Ihr Unwille zur Aufklärung kein Hinweis auf mögliche spätere Aufdeckun­gen ist. Da Sie an der Wahrheit nicht interessiert sind, wird uns dieses Thema sicher­lich noch längere Zeit beschäftigen.

Meine Damen und Herren! Bei dieser Politik des Vertuschens, des Mauerns, des Ab­streitens und des Schönredens wird die Bevölkerung sicherlich nicht mehr länger mit­spielen. Sie leiten mit dieser Politik Ihre eigene Abwahl ein.

Herr Finanzminister! Sie tragen die Verantwortung dafür, das Fass ist auf Grund der zahlreichen Affären, die wir im Rechnungshof-Unterausschuss behandeln mussten, bereits übergelaufen. Deswegen, Herr Finanzminister, verhalten Sie sich zum ersten Mal in Ihrer Regierungszeit verantwortungsvoll und zukunftsweisend, kommen Sie dem Staatsanwalt zuvor und treten Sie zurück! (Beifall bei der SPÖ.)

 


16.56


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 153

Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Staatssekre­tär Dr. Finz. – Bitte.

 


16.56

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Im Juni 2003 hat sich Herr Finanzminister Grasser beziehungsweise der Verein „New Economy“ an die zuständi­gen Finanzämter mit einem Auskunftsersuchen gewandt. Also sie selbst waren die Ersten, die diese steuerrechtliche Frage geklärt haben wollten. Das stelle ich hiermit einmal fest. (Abg. Dr. Jarolim: Wer?) – Der Finanzminister und der Verein. Zwei Aus­kunftsersuchen.

Der Finanzminister hat mir zur gleichen Zeit den Fall total abgetreten, und zwar schrift­lich, mit einem Aktenvermerk. Dieser Aktenvermerk wurde der Steuersektion bekannt gegeben. Es war ab diesem Zeitpunkt der Steuersektion klar, dass nur ich in dieser Sache weisungsberechtigt bin.

Ich habe noch am gleichen Tag mit dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion Wien Kontakt aufgenommen, habe ihm mitgeteilt, dass ich da weisungsbefugt bin, habe die personelle Situation mit ihm erhoben, weil ja Sommerbeginn war, und habe mit ihm Folgendes vereinbart: Ich möchte keinen Zwischenbericht von dieser Erledigung, ich möchte zu keinen Besprechungen hiezu eingeladen werden. Das fertige Ergebnis ist mir ohne jeglichen Vorbericht vorzulegen, und dann werde ich verfügen, wie weiter zu verfahren ist beziehungsweise ob gleich zugestellt werden kann.

Dem wurde voll nachgekommen. Die beiden zuständigen Finanzämter, einerseits das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern, anderseits das Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk, haben mit Experten Kontakt aufgenommen. Das ist in unserer Finanz­verwaltung so vorgesehen; da gibt es die Einrichtung des Fachbereiches, wo für jeden Steuerbereich den Finanzämtern Experten zur Verfügung stehen. Man kann auch – und das ist in diesem Fall auch geschehen, was völlig regulär ist – auf Experten des Ministeriums zurückgreifen, um sich in diesem Fall zu beraten. Diese beiden Aus­kunftsersuchen wurden nach folgenden steuerrechtlichen Grundlagen geprüft: nach dem Schenkungssteuergesetz, nach der Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Ein­kommensteuer.

Bei der Schenkungssteuer wurde ausdrücklich festgestellt, dass da keine Schenkungs­absicht vorgelegen ist, und das ist das Wesentliche, der Animus donandi, also die Ab­sicht, jemandem ein Geschenk zu geben, jemanden zu bereichern. Nach den Statuten war eine Zuwendung möglich und ausdrücklich vorgesehen. Wenn das Finanzamt von dieser Absicht abgewichen wäre, hätten wir einen Bruch in der ganzen Vereinsbe­steuerung gehabt. Wir hätten die finanzielle Grundlage für sämtliche Kulturvereine, für den Tierschutzverein und alle anderen Vereine zunichte gemacht, denn für diese Ver­eine gibt es wiederholt derartige statutenmäßige Zuwendungen.

Ein Beispiel, damit Sie das sehen: Ein Katastrophenopfer erhält von einem Verein, der sich zur Aufgabe gemacht hat, Katastrophenopfer finanziell zu unterstützen, und das in den Statuten auch vorgesehen hat, eine Zuwendung. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Wenn das, so wie Sie immer sagen, steuerpflichtig wäre, dann müsste das Katastrophenopfer Schenkungssteuer zahlen. Das ist doch eine abstruse An­nahme, dass das in diesem Fall gerechtfertigt wäre. Das wäre ein Bruch der bisherigen Rechtspraxis gewesen.

Da Sie immer wieder sagen, es gibt keinen Experten, der die Meinung der Finanzämter geteilt hätte, verweise ich auf die APA vom 11. Juli 2003: Professor Michael Lang, bestens bekannt als Professor für Steuerrecht an der Wirtschaftsuniversität in Wien, schließt sich der Meinung der Finanzämter an. Ich kann Ihnen ein Gutachten von Ernst


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 154

Young zeigen, das sich ebenfalls dieser Ansicht anschließt. Es gibt noch weitere drei Gutachten von Professoren, die alle diese Ansicht teilen. (Abg. Öllinger: Wer ist Ernst Young?) Ernst & Young. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Einkommensteuer: Herr Abgeordneter Kräuter, ich möchte Ihnen den Unterschied noch einmal erläutern. (Abg. Dr. Kräuter: ... der Unterschied zwischen den Aussagen!) Bei dieser Homepage ist es um die steuerrechtliche Beurteilung gegangen: Liegt mit der Homepage ein Vorteil aus einem Dienstverhältnis vor? – Um diese Frage ist es gegan­gen. Es ist hier irrelevant, ob das direkt vom Dienstgeber bezahlt wird oder von einer dritten Seite wie hier von dem Verein.

Das Finanzamt hat eindeutig festgestellt, dass die Homepage nicht der Person Karl-Heinz Grasser als Privatperson dient, sondern sie dient dem Finanzminister in seiner Funktion als Politiker. (Abg. Mandak: Als Katastrophenopfer?) Daher jetzt ein Ver­gleich: Wenn ein Dienstgeber seinem Bediensteten ein Kraftfahrzeug gibt und sagt, dass er es nur für dienstliche Zwecke benützen darf, dann ist keine Steuer zu bezah­len, weil er es eben nur für die dienstlichen Zwecke benützt. Wenn er es jedoch zusätz­lich auch für private Zwecke benützen kann, dann ist eine Steuer zu bezahlen. (Abg. Mag. Kogler: Nur wenn er im Untersuchungsausschuss sitzt! Dann gilt wieder das Gegenteil!) Das ist die gleiche Frage, und nach dem wurde die steuerrechtliche Seite untersucht.

Das hat aber überhaupt nichts mit Vollziehungsfragen und Auskunftsrechten zu tun, das ist allein eine einkommensteuerrechtliche Frage, wo die Funktion ... (Abg. Dr. Van der Bellen: Ist der Herr Finanzminister der Dienstnehmer der Industriellenvereinigung? Das ist wohl ein Witz!) Der Verein hat die Homepage erstellt. Das ist die steuerrecht­liche Beurteilung des Finanzamtes gewesen (Abg. Dr. Van der Bellen: Wissen Sie überhaupt, was Sie jetzt gesagt haben?), dass der Verein hier eine Homepage zuge­stellt hat (Abg. Dr. Van der Bellen: Das wird ja immer besser!) und dass das wie eine Zuwendung von einem Dienstgeber zu beurteilen ist. (Abg. Öllinger: ... auch schon ein Katastrophenopfer!) Ja, das ist die einkommensteuerrechtliche Situation, wie Sie das beurteilen müssen. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Die Körperschaftsteuer war deshalb nicht zu bezahlen, weil keine Vereinbarung hin­sichtlich einer Gegenleistung getroffen wurde. Daher ergab sich auch keine umsatz­steuerrechtliche Frage.

Es ist also in allen diesen Fragen die Steuerpflicht verneint worden. Es ist ein völlig ordnungsgemäßes Verfahren gewesen. Es hat keinen Eingriff mit einer Weisung gege­ben, jedes Finanzamt hat diesen Bescheid von sich aus gemacht. Ich weise jeden in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwurf, dass hier das Verfahren rechtswidrig gewesen wäre, auf das Äußerste zurück! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

17.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 4 Minuten gestellt. – Bitte.

 


17.03

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Man hat leider auch jetzt bei dieser Stellung­nahme des Herrn Staatssekretärs wieder gesehen, dass Sie die Wahrheit, wenn sie Ihnen nicht in den Kram und nicht in Ihr Konzept passt, gar nicht hören wollen. Sie sind nicht einmal bereit, ihm zwei Minuten lang Aufmerksamkeit zu schenken und dann zu beurteilen (Abg. Dr. Van der Bellen: O ja! Wir waren wirklich aufmerksam!), statt das ständig zu verwerfen, wegzuwischen und zu sagen: Das interessiert uns nicht, weil das


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 155

nicht in unser Bild passt, und es passt nicht in das Konzept, das wir haben. (Abg. Mag. Kogler: Im Protokoll wörtlich nachzulesen!)

Ein Problem von Seiten der Opposition – und besonders von der SPÖ, das muss ich schon sagen – ist auch Ihr gestörtes Verhältnis zur Frage der Kontrolle. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.) Kontrolle heißt Aufklärungsarbeit leisten und Informationen beschaffen, jedoch nicht ein vorgegebenes politisches Ziel auf diesem Umweg erreichen. Aber das ist Ihr Verständnis von Kontrolle. (Abg. Dobnigg: Wir wehren uns nicht gegen Kontrolle!) Wir haben das im Unterausschuss erlebt, wir haben das in den letzten Monaten in vielfacher Weise erlebt. Wir haben überhaupt kein Pro­blem damit, in diesem Ausschuss auch die Kontrollarbeit mitzumachen, und wir haben das auch in vielen solchen Unterausschüssen bereits getan.

Es geht für Sie aber nicht darum, Aufklärungsarbeit zu leisten und Informationen zu be­schaffen, um schließlich ein objektives Bild von den Tatsachen zu bekommen, sondern für Sie geht es auch bei diesem Unterausschuss und gerade in dieser Frage nur um ein vorgefasstes Ziel. Es wurde heute schon erwähnt, dass Sie sich dieses Ziel gesetzt haben und dass Sie auch Berater gehabt haben, die Ihnen dieses Ziel vorgegeben haben, nämlich das Ziel, das so lautet: einen erfolgreichen Finanzminister anzupatzen, in der Öffentlichkeit schlecht zu machen und letztlich zu stürzen. Das war das Ziel, das vorgegeben war, und das war der Grund, warum Sie diesen Prüfauftrag für den Unter­ausschuss verlangt haben, sonst überhaupt nichts! (Beifall bei der ÖVP.)

Das zeigt sich auch daran – wie ich eingangs schon erwähnt habe, und das war auch die Arbeit im Unterausschuss, das war die Arbeit hier im Haus bei vielen Anfragebeant­wortungen –, dass Sie Informationen, die Ihrer Meinung nicht entsprochen haben, ein­fach negieren, dass Sie sie uminterpretieren, anzweifeln oder überhaupt ignorieren. Das war das Bild, das wir im Unterausschuss bekommen haben und das sich auch hier leider immer wieder zeigt.

Genau dieselbe Vorgangsweise hat es bei der Ladung von diversen Auskunftsperso­nen gegeben. Wir haben es immer wieder erlebt: Wenn die Auskunftspersonen, die Sie vorher selbst verlangt hatten und die wir dann gemeinsam einvernehmlich festgelegt hatten, anwesend waren, befragt werden konnten und von uns auch befragt wurden, dann war das Interesse der Opposition plötzlich gar nicht mehr so groß. Da war nur das Interesse da, andere zu verlangen und zu sagen: Diejenigen, die heute hier sind, interessieren uns eigentlich gar nicht, aber viele andere Personen wollen wir jetzt hören. – So kann man aber letztlich keine Aufklärungsarbeit leisten, und das wird Ihnen, glaube ich, auch einleuchten.

Es ist nur schade, dass bei dieser Vorgangsweise letztlich wir alle Schaden davontra­gen. Der Schaden trifft dieses Hohe Haus, und den Schaden hat letztlich auch der Bür­ger, weil objektive Kontrolle und echte Kontrollarbeit abgewertet werden, indem man inflationär Anfragen stellt, Misstrauensanträge einbringt und aus Unterausschüssen – wie wir es auch schon erlebt haben – einfach auszieht, weil nicht das herauskommt, was man will. Das wertet diese Kontrollinstanzen ab, und dies wird in Zukunft Kontroll­arbeit in den Augen vieler Bürger und Bürgerinnen nicht mehr als notwendig und sinn­voll erscheinen lassen, sondern nur als weiteres Mittel zu politischen Zwecken. In diesem Fall ist es schade um diese Kontrollmöglichkeiten und diese Kontrollarbeit. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Das ist ja Ihr Ziel, das wollen Sie ja!)

17.07

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 156

17.07

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht nur eine ganz kurze Be­merkung zu meinem Vorredner: Uns geht es darum, wirkliche Antworten zu bekommen und nicht vorgefertigte Fragen im Untersuchungsausschuss zu stellen, wofür dann die Zeit zu kurz ist, sodass unsere Fragen nicht ausreichend beantwortet werden. (Beifall bei der SPÖ.) Ich denke, es ist aber heute auch schon dargestellt worden, wie sich das im Unterausschuss zum Teil abgespielt hat.

Ich möchte kurz darauf eingehen, dass der Herr Finanzminister auch heute bei der Anfragebeantwortung wieder ganz stolz gesagt hat: Mehr privat, weniger Staat! Das ist der Slogan, und es ist, wenn man das auch beim Verkauf der 62 000 Bundeswohnun­gen nachvollzieht, sehr klar darzustellen, was Sie unter diesem Begriff verstehen, wer der Verlierer und wer der Gewinner dieser Sichtweise ist. Privat heißt in Ihrer Diktion eine Benachteiligung von kaufwilligen Mieterinnen und Mietern bei gleichzeitiger Bevor­zugung privater Investoren. Es hat auch der Rechnungshof bestätigt, dass Sie der Vorgabe, die Wohnungen zuerst an Mieter zu verkaufen, nicht nachgekommen sind. Im Rechnungshofbericht heißt es dazu: Das Bundesministerium für Finanzen hat es unter­lassen, den Aufwand, den zu erwartenden Erfolg sowie den Zeitraum des Projektes abzuschätzen.

Da stellen sich nun zwei Fragen, die noch zu beantworten sind. Ist das eine dilettan­tische Vorgangsweise gewesen, und haben Sie sich bei diesem Verkauf total ver­schätzt? Oder wurden vorsätzlich Barrieren für die Mieterinnen und Mieter errichtet, um dann die BUWOG-Wohnungen billiger an Investoren verkaufen zu können?

Mehr privat, weniger Staat – das heißt aber auch: Auslagerung von ressortspezifischer Verantwortlichkeit an private Dienstleistungsanbieter, in diesem Fall an Lehman & Bro­thers. Die haben ja ein sehr hohes Salär bekommen, und wie die Bestellung vor sich gegangen ist, ist ausführlich besprochen worden. Aber was mich noch interessiert, ist: Was wurde eigentlich bewertet? Was haben die in ihrer Arbeit gemacht?

Tatsache ist, dass Sie bei der Ausschreibung zum Verkauf übersehen haben, dass Wohnungen nicht mehr gemeinnützig sind und dass hier schon ein Verfahren läuft. Jetzt wissen wir und jetzt ist bestätigt, dass die Gemeinnützigkeit gegeben ist und es nicht mehr private Bauträger sind. So hätte diese Ausschreibung auch vonstatten gehen sollen.

Die zweite Frage, die sich stellt, ist: Wie erfolgte die Bietervergabe? – Da gab es wie­derum ein sehr intransparentes Verfahren. Bis jetzt ist nicht bekannt, wer die Bieter sind, nach welchen Kriterien vergeben wird und wieso nur ausgewählte Bieter die Be­dingungen des Verkaufs erfahren. Es sind hier noch eine Reihe von Fragen zu klären, und ich bitte Sie, Herr Bundesminister, uns diese Fragen zu beantworten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

17.11

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.11

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Teure Regierungsmitglieder auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Katastrophenopfer, bin ich schon geneigt zu sagen nach dem, was der Herr Staatssekretär zuvor gesagt hat. Ich möchte hier schon darauf hinweisen, dass die Arbeit des Ständigen Unterausschusses des Rechnungs­hofausschusses auf jeden Fall genau studiert gehört, und ich wage zu bezweifeln, dass alle diese Protokolle und auch den Minderheitsbericht unserer Fraktion gelesen haben. Denn hier eröffnen sich tatsächlich zum wiederholten Male das Amtsverständnis und


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 157

das Sittenbild dieser schwarz-blauen Regierung, und da insbesondere des Herrn Finanzministers Karl-Heinz Grasser, der dann hier oben steht und sagt: Er fühlt sich geschmeichelt und geehrt, dass er die Hauptperson dieser Vorwürfe ist.

Die Regierungsparteien sitzen hier und haben sich dieses Motto zu Eigen gemacht: Zudecken, vertuschen, verschleiern, und die Kontrolle wird mit ihrer Mehrheit verhin­dert. – Das ist Ihre Politik, und das sollten Sie vor der österreichischen Bevölkerung auf jeden Fall einmal rechtfertigen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister! Sie verschwenden Steuergelder in Millionenhöhe, verstecken Ihre Parteienfinanzierung zum Beispiel in Form von Arbeits­leihverträgen mit Ihren schwarz-blauen Vorfeldorganisationen und verteilen Spitzenge­hälter an diese Leiharbeitskräfte in astronomischen Höhen. Sie verscherbeln Volksver­mögen an Ihre Günstlinge, haben 330 000 Arbeitslose zu verantworten, lassen sich selbst unter anderem von der Industriellenvereinigung sponsern und kommen dieser dafür mit Millionen-Steuergeschenken entgegen, Sie fühlen sich geehrt, und der Herr Bundeskanzler steht hier und spricht in unwahren Lobeshymnen von den Leistungen dieser Bundesregierung.

Wenn man sich die Protokolle des Unterausschusses anschaut, dann kommt man zu einem Bild, nämlich einem Bild wie jenem hier auf der „Österreichischen Gemeinde­zeitung“, worauf ein Mann abgebildet ist, der mit Geld aus Steuermitteln um sich wirft. (Der Redner lehnt die entsprechende Zeitschrift vorne an das Rednerpult.) Das könnte auch der Herr Finanzminister sein; das Gesicht ist verdeckt. Aber als Überschrift stehen hier die Wörter „Korruption“ und „Prävention“ geschrieben. Der Verdacht wurde heute schon geäußert, dass Korruption und Freunderlwirtschaft sehr nahe liegen, auch in diesem Fall der Bundesregierung. (Die ans Rednerpult gelehnte Zeitschrift gerät ins Rutschen. – Abg. Scheibner: Jetzt fällt sie gleich um! – Der Redner rückt die Zeit­schrift zurecht. – Abg. Scheibner: Wenig standfest!)

Meine Damen und Herren! Eine Form der Prävention gegen die Verschleuderung von Steuergeldern wäre die Ablöse des Herrn Finanzministers. Aber so, wie Sie es heute schon zum wiederholten Male zelebriert haben, wurde auch das wieder mit Ihrer Mehr­heit abgeschmettert. Sie werden das jedoch vor Ihren Wählern zu rechtfertigen haben! Es nützt Ihnen nämlich nichts, hier Persilscheine auszustellen, pfeifend durch den Wald zu gehen wie jemand, der eigentlich etwas zu vertuschen hat, und wider besse­res Wissen so zu tun, als ob da nichts gewesen wäre.

Meine Damen und Herren! Wie Sie regieren und handeln, hat System. Sie üben Ihr Mehrheitsrecht derart aus, dass jede Art von parlamentarischer Kontrolle bewusst un­möglich gemacht wird. Statt Offenlegen heißt es Vertuschen. Aber auch wenn Sie noch so sehr glauben, dass Ihnen diese Rechnung aufgehen wird, meine Damen und Herren: Immer mehr WählerInnen haben Sie längst durchschaut und sich von Schwarz-Blau mit Grausen abgewandt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.15

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hannes Bauer. – Bitte.

 


17.15

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister und Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Zuerst einmal muss ich vor­ausschicken, dass ich in diesem Unterausschuss nur einige Male anwesend war. Ich habe aber den Eindruck gewonnen, dass es sicher Not täte, bestimmte Veränderungen hinsichtlich der Minderheitsrechte zu diskutieren, weil es nicht so sein kann, dass das Procedere in der Hauptsache von der Mehrheit bestimmt wird. Denn das ist eines


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 158

Unterausschusses, der eine Aufgabe mitbekommen hat, eigentlich nicht würdig. Das ist eine Aufgabe, die sich jetzt unabhängig von der Causa zu entwickeln hat.

Zum Zweiten möchte ich noch einmal auf die Diskussion der Steuerreform replizieren, und zwar deshalb, weil sich hier zeigt, wie wenig an Gesamtverständnis vorliegt. Zum Beispiel wird von Herrn Klubobmann Molterer groß darauf verwiesen, dass 2 550 000 Österreicherinnen und Österreicher nicht steuerpflichtig sind; das sind 45 Prozent. Das ist ein ganz falscher Ansatz! Man muss sich nämlich fragen, wieso 2 550 000 Leute trotz Erwerbstätigkeit nicht ein Einkommen haben, das zu einer Steuer führt. (Abg. Mag. Molterer: Weil wir die Grenze angehoben haben!) Das heißt, wir müssen in Wirk­lichkeit eine Einkommensverteilungsdiskussion führen, aber nicht eine so vordergrün­dige Steuerdiskussion! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Gusenbauer wollte 15 000, wir haben 15 700 gemacht!)

Ich komme jetzt zu einem weiteren Punkt. (Abg. Mag. Molterer: SPÖ-Forderung!) Ja, wenn es etwas als Aufgabe der Politik gibt, dann ist es die Beachtung der res publica und nicht nur eine Verteilung, die ausschließlich wenigen nützt und bei der die meisten leer ausgehen. Das ist keine Politik, sondern das ist eine Verstärkung von Tendenzen, und die Politik hat die vornehme Aufgabe, dem entgegenzuwirken – um das einmal ganz klar auszudrücken!

Genau das Gleiche spielt sich auch in der Frage der Privatisierung und anderer Maß­nahmen ab. Es beginnt nämlich mit einem totalen Umkrempeln der ÖIAG, um letztlich die Privatisierung so durchführen zu können, wie man will, statt zu bedenken, was es bedeutet, künftige Gestaltungsmöglichkeiten aus der Hand zu geben! Es käme darauf an, hier von einer Kernaktionärsrolle nicht abzurücken (Abg. Mag. Molterer: Um Staatseinfluss zu haben! Parteieinfluss! Das Parteisekretariat!), sondern die Frage Kernaktionär plus Börse so zu spielen, dass dies zu einem wichtigen Bestandteil der österreichischen Volkswirtschaft wird.

Was aber ist die Wahrheit? – Die ÖVP hat sich seit Kriegsende nie mit der Frage der Industrie und dieser Industriegruppe auseinander gesetzt, was die Verstaatlichte be­trifft, sondern einen ideologischen Machtkampf geführt, wobei nun mit Hilfe der Frei­heitlichen sozusagen ein Totalausverkauf möglich ist. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.) Und Sie ziehen mit. Sie haben die Verstaatlichte immer nur als eine Art vor­übergehenden Zustand betrachtet, der irgendwann beendet gehört. So hat es begon­nen, und in dieser Legislaturperiode soll sozusagen das Ende gesetzt werden. In Wirk­lichkeit haben Sie mit der Einleitung dieses Ausverkaufes für die Zukunft der österrei­chischen Industrielandschaft, für die Zukunft der Österreicherinnen und Österreichern sehr viel vertan, und zwar unwiederbringlich vertan!

Wenn Sie das Beispiel Mannesmann anschauen, dann sehen Sie, wie schnell Flagg­schiffe sinken können. Ein Flaggschiff wie Mannesmann wurde über Vodafone so lange zerlegt, bis nur eines übrig geblieben ist, nämlich die Telekommunikation, um in diesem Bereich ein Oligopol zu schaffen. Der Rest – und das ist, bitte, das Entschei­dende – ist als Untergang zu betrachten. (Abg. Mag. Molterer: Die Erfolgsgeschichte der Voest hat mit der Privatisierung begonnen!)

Geschätzte Damen und Herren! Da kann man auch in einem Ausschuss nicht weg­schauen, wenn man die Frage stellt – und ich habe sie gestellt –, wie das ÖIAG-Kon­zept aussieht. Darauf war keine Antwort zu bekommen, weil es geheißen hat: Wir haben nur den Auftrag auszuverkaufen! (Beifall bei der SPÖ.)

17.19

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 159

17.20

Abgeordneter Mag. Hans Moser (SPÖ): Hohes Haus! Herr Bundeskanzler Schüssel hat heute Vormittag zu uns gesprochen und gesagt: Es gibt eine erfolgreiche Privatisie­rungspolitik. Unsere Vorwürfe waren damals, dass es Schleuderpreise gab und dass auch der Zeitpunkt falsch gewählt wurde. Leider sind unsere Befürchtungen von der Realität sogar noch übertroffen worden.

Ich lese einmal vor – Beispiel Böhler-Uddeholm –, was damals vor zwei Monaten ge­sagt wurde: Kanzler Schüssel: Das ist eine Privatisierung, die ohne Nebengeräusche über die Bühne gegangen ist. – Immerhin musste ein Aufsichtsrat, Veit Schalle, zurück­treten. Finanzminister Grasser hat gesagt: Es gibt eine Traumprivatisierung. Barten­stein sprach von „Paradebeispiel für eine erfolgreiche Privatisierung“. Und den Nagel auf den Kopf getroffen hat Kollege Kopf, der heute leider nicht da ist, der gesagt hat: Der Zeitpunkt war goldrichtig.

Was ist die Schadensbilanz, meine sehr geehrten Damen und Herren? Wenn man zwei Monate später den Aktienmarkt betrachtet, dann muss man feststellen, dass allein bei der Böhler-Privatisierung 33 Millionen € nicht realisiert wurden. Das ist die Scha­densbilanz allein von Böhler-Uddeholm! Das ist eine unglaubliche Summe. (Abg. Mag. Molterer: Bank Austria! – Abg. Großruck: Sie können doch nicht einfach von der Entwicklung der Aktienkurse nach der Privatisierung ausgehen!) – Herr Kollege! Schauen Sie sich einmal den ATX an, dann werden Sie sehen, dass das auch für den Rest zutrifft, der nicht privatisiert ist. Schauen Sie sich das einmal wirklich genau an, bevor Sie solch unqualifizierte Äußerungen von sich geben! – Zählt man auch die nicht realisierten Dividenden in Höhe von 6,5 Millionen € dazu, dann sind das 40 Millionen €, die man allein bei der Böhler-Privatisierung liegen gelassen hat.

Wenn man das gleiche Spiel auch mit der voestalpine macht, wo auch 10 Millionen € dazukommen und dann noch 10 Millionen € bei der VA-Tech, bei der mittlerweile der Kovats-Anteil wieder sehr zurückgegangen ist und damit die Kernaktionärsstruktur gar nicht mehr gegeben ist, und die voestalpine mit 25 Millionen € Verlust veranschlagt, dann kommt man auf 70 Millionen € Privatisierungsschaden innerhalb von wenigen Monaten. Das ist immerhin eine Milliarde Schilling!

Wer sind die Nutznießer dieser Verschleuderung? – Das sind einmal die Manager, Raidl und Co, die haben nämlich Optionsverträge, und diese Optionen haben sie be­reits gezogen und den Kursgewinn realisiert. Es sind aber auch institutionelle auslän­dische Anleger und die Investmentbanken. Die Investmentbanken haben für die Privati­sierung von sechs Unternehmen 106 Millionen € veranschlagt, das sind 1,5 Milliarden Schilling. Das sind also die wahren Nutznießer.

Und wer sind die Verlierer? – Alle Österreicherinnen und Österreichern erlitten durch diese Vorgaben von Finanzminister Grasser einen Schaden von 70 Millionen €. Das entspricht dem Gegenwert von 20 000 Kinderbetreuungsplätzen oder 400 Reihen­häusern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die Politik von Schüssel, Grasser und Co, die die politische Verantwortung für dieses Privatisierungsdesaster zu tragen haben. Sie betreiben Verschleuderungspolitik, Sie betreiben Klientelpolitik und Sie schädigen Österreich. Ihre Performance drückt gebündelte wirtschaftspolitische Inkom­petenz aus, Herr Minister. Ziehen Sie die Konsequenzen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.23

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte, Herr Kollege.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 160

17.23

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Dass der Herr Finanzminister im Abschlussbe­richt des Rechnungshofunterausschusses rein gewaschen werden würde, das haben wir schon vermutet, das haben wir fix angenommen. Dass aber gleich ein Persilschein ausgestellt wird, wirft kein gutes Licht auf die Regierungsfraktionen. Das ist nicht gut. Wenn ich daran denke, mit welcher Überheblichkeit der Herr Bundesminister der Kritik des Rechnungshofes begegnet ist, dann muss ich sagen, das ist wirklich beschämend. So meinte der Finanzminister etwa: Ich hätte mir vom Rechnungshof ein Lob erwartet. Solche Aussagen provozieren und drücken eine Missachtung der Institution Rech­nungshof aus, meine sehr geschätzten Damen und Herren.

Es ist wirklich abenteuerlich, was der Rechnungshof hier so alles zutage gefördert hat, etwa bei der Vergabe der heute schon viel zitierten Beratungsaufträge. Herr Bundes­minister, da haben Sie wirklich getan, was Sie wollten. Und Sie haben sich über alle gesetzlichen Vorschriften einfach hinweggesetzt, etwa bei der Auswahl eines Personal­beraters für die ÖIAG, was heute auch schon angesprochen wurde. Das ist nur ein Beispiel. Und wie ist die Geschichte ausgegangen?

Den Auftrag bekam die Firma Zehnder Österreich, obwohl das Anbot um 30 Prozent teurer war als das nächstgereihte. Zufällig ist der Firmeninhaber der Ehemann der Büroleiterin des Präsidenten Prinzhorn und natürlich auch ein enger Freund von Ihnen, Herr Finanzminister. Wie nennt man so etwas, meine sehr geschätzten Damen und Herren? – Das ist ein klassischer Fall von Freunderlwirtschaft. In jedem anderen Land, meine sehr geschätzten Damen und Herren, wäre so etwas nicht möglich. So ein Ver­halten wäre ein unumgänglicher Rücktrittsgrund.

Sie haben sich auch über das Antiprivilegiengesetz, nämlich über die Schablonenver­ordnung, hinweggesetzt, sonst gäbe es solche Verträge, wie sie heute noch bei der ÖIAG gängig sind, überhaupt nicht mehr.

Lassen Sie mich noch einen Punkt im Zusammenhang mit den Privatisierungen an­sprechen. Der Verkauf der Austria Tabak liegt zwar schon etwas länger zurück, aber ich denke, dass der Verkauf dieses Paradeunternehmens, dieses Flaggschiffs der ös­terreichischen Industrie ein Beispiel dafür ist, wie eine Privatisierung nicht über die Bühne gehen soll. Der Erlös, der damals erzielt wurde, war relativ gering. Rund 10 Mil­liarden Schilling hat die ÖIAG damals lukrieren können. Heute arbeitet dieses Parade­unternehmen profitabelst, und der einzige Gewinner dieses Deals ist der jetzige Eigen­tümer, nämlich die englische Gruppe. Gleichzeitig hören wir, dass Restrukturierungs­maßnahmen umgesetzt werden und dass bereits wieder um die 100 Leute zu viel im Unternehmen sind. Das ist das Ergebnis dieser bravourösen Privatisierung. Das ist der Grund, warum wir dagegen aufgetreten sind, aber leider konnten wir keinen Einfluss mehr darauf nehmen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das ist keine vorausschauende Wirt­schaftspolitik, das ist wirklich ein klassisches Verschleudern, das ist ein Zuschanzen von öffentlichem Eigentum an Private. Aber die Menschen draußen merken das Gott sei Dank – wir haben das heute bereits gehört –, und sie werden auch bald Gelegen­heit dazu erhalten, Ihnen dafür die Rechnung zu präsentieren. Zurzeit laufen ja die AK-Wahlen. Vor allem der 7. März wird der Tag der Abrechnung sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.27

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte, Frau Kollegin.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 161

17.27

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Vorweg: Kollege Großruck! Schön, dass Sie sich Sorge über die Sympathie­werte unseres Vorsitzenden Dr. Alfred Gusenbauer machen. Ich sehe das als Kompli­ment für seinen Weitblick und seine Politik gemeinsam mit der SPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die bisherigen Ausführungen haben eines gezeigt: Dieser Regierung ist nichts zu teuer, vor allem dann nicht, wenn die Mittel dorthin fließen, wo sich die Regierung einen Vorteil erwartet. Das alles findet sozusagen unter Federführung des Finanzministers statt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie stellt man sich landläufig einen Finanzminister vor? – Gemäß meiner Idealvorstellung sollte das ein verantwortungsbewusster Mensch sein, der penibel auf die Staatsaufgaben und politische Korrektheit achtet, und zwar gerade auch in seinem eigenen Verantwortungsbereich, also quasi der Buchhalter der Nation. (Abg. Mag. Molterer: Das wäre mir zu wenig! – Abg. Scheibner: Edlinger war kein Buchhalter!)

Finanzminister Grasser ist das genaue Gegenteil. Mir ist kein Finanzminister bekannt, der in so kurzer Zeit nur annähernd so viel für Beratung und PR ausgegeben hat. Noch einmal zur Erinnerung: seit dem Jahr 2000 über 26 Millionen € nur für Beratung und PR. Trotz der Millionen an Beraterfirmen und befreundete Headhunter bleiben die Er­folge aus. Nur das Loch im Staatssäckel wird immer größer.

Mir ist auch kein Finanzminister bekannt, bei dem die Widersprüche seiner persön­lichen Finanzpolitik so ins Auge stechen würden. Merkwürdige Vereinskonstruktionen, eine Homepage um einen Betrag, für den man sich zehn oder mehr machen lassen könnte.

Mir ist auch kein Politiker bekannt, den die berechtigte Kritik an derartigen Ausgaben so offensichtlich nicht berührt. In Deutschland wurde der Chef der Arbeitsbehörde kurz­fristig wegen eines Beratervertrages abgesetzt, der im Vergleich zu den Beraterver­trägen Grassers die Dimension eines Trinkgelds hat.

Wenn schon der Finanzminister eine derartige Haltung zu öffentlichem Eigentum ein­nimmt: Steuergelder mit beiden Händen ausgeben und dafür Staatsbetriebe billig ver­kaufen, würde man hoffen, dass die Regierung beziehungsweise der Regierungschef korrigierend eingreift. Aber nichts davon! Diese Form von Politik ist in dieser Regierung zum System, zur Methode geworden. Kontrolle wird als lästig und hinderlich betrachtet, das Parlament bezeichnenderweise als Theater verunglimpft.

Gemäß dieser Einstellung agieren auch die anderen Minister. Sehen Sie sich einige parlamentarische Anfragebeantwortungen an! Auf das berechtigte Kontrollbedürfnis der Oppositionsparteien wird oberflächlich und abschweifend geantwortet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Abschütteln der Verantwortung und dieses Drüberfahren über die Bedenken der Opposition ist es, was mir als Demokratin Angst macht. (Beifall bei der SPÖ.)

Finanzminister Grasser ist der Vorreiter dieser Entwicklung. Bei ihm kommt allerdings noch die persönliche Verquickung dazu. Ich appelliere daher an die Demokratinnen und Demokraten in ÖVP und FPÖ, diesem Finanzminister ein Ende zu bereiten. Öster­reich hat beste ...

 


17.31


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 162

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, nur seiner Funktionszeit! Das zur Deutlichkeit! (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Jetzt hat der Präsident schon zum zweiten Mal einen Abgeordneten gerettet!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

 


17.32

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich hätte Sie heute liebend gerne als „Steuerschonungszwillinge“ begrüßt. Aber ich komme leider zu spät, weil der Herr Finanzminister wieder trainieren gegangen ist, der sieht das Ganze ja sportlich. Sie haben so schön erklärt, wie denn das möglich ist, dass man hiefür keine Steuern zahlt.

Wissen Sie, was mich wirklich interessieren würde, ist Folgendes: Im Unterausschuss hat uns der Herr Finanzminister erklärt, dass diese ominöse Homepage rein privat ist und ein rein privater Verein das macht. Sie, Herr Staatssekretär, haben darauf geant­wortet, diese Homepage erfülle dienstliche Zwecke, sie stelle die Politik des Ministers dar und diene Grasser als Finanzminister und nicht als Privatperson. Was ist jetzt rich­tig? – Ist das jetzt privat, oder ist das seine Diensthomepage?

Die Kollegen von den Regierungsparteien haben heute dauernd davon gesprochen, dass wir eine Grasser-Jagd veranstalten. Ich verstehe das nicht ganz. Wenn da jemand diese Jagd eröffnet hat, dann war es der Herr Finanzminister selbst. Hier von diesem Platz auf der Regierungsbank aus hat er uns in öffentlicher Diskussion erklärt, diese Homepage, von der da die Rede sei, werde nicht von ihm, nicht mit Steuergel­dern bezahlt, sondern rein privat, von privaten Sponsoren. Deswegen haben wir dann gefragt: Von wem denn, bitte?

Und jetzt erfahren wir allwöchentlich, wie viel da eigentlich bezahlt worden ist. Ich würde sagen, das ist ein klassischer Schuss ins Knie gewesen, meine Damen und Herren, als er sich hier herstellte und sagte: Alles nur von Sponsoren. Warum stellt er sich denn heute nicht her und sagt uns ganz klar: So viel hat die Industriellenvereini­gung bezahlt! Das ist mit diesem Geld geschehen, und es ist ordnungsgemäß ver­steuert! – Dann redet keiner mehr darüber und alles ist erledigt.

Ein Zweites noch, meine sehr geehrten Damen und Herren – leider haben wir zu wenig Zeit –: 26 Millionen € hat der Herr Finanzminister in den zwei Jahren, die wir uns ange­schaut haben, nur für Beratung und PR ausgegeben. 26 Millionen €! Wissen Sie, wie viel Budget eine mittlere Gemeinde zur Verfügung hat, wie zum Beispiel meine Ge­meinde Schwertberg? – 8 Millionen! 26 Millionen sind also vier Jahresbudgets. Aber aus meinem Jahresbudget werden 5 500 Leute daseinsversorgt. Wir wissen ohnedies nicht mehr, wie es mit den Gemeinden weitergehen soll.

Jetzt noch ein ganz Letztes. Der Herr Finanzminister hat die Gemeinden so gelobt, dass sie so sparsam waren, dass er seine Budgetziele erreichen konnte. X-mal wurde heute gesagt, 133 Milliarden € Schulden wurden übernommen – von Ihnen auch, Frau Kollegin Lentsch. (Abg. Lentsch: Ich habe gar nicht zu diesem Thema gesprochen!) 133 Milliarden, glaube ich, haben Sie gesagt, der Herr Finanzminister jedenfalls sicher.

Wissen Sie, wie viel Schulden der Staat Österreich mit Ende 2002 hatte? – Nicht 133 Milliarden €, nicht weniger, sondern 145 Milliarden €! Also die Schulden sind mehr geworden und nicht weniger! Mit diesem Märchen, dass die anderen die Schulden machen, können Sie jetzt endlich einmal aufhören!

Eines noch zum Schluss: All die Leute, die für die 133 Milliarden € Schulden verant­wortlich waren, sitzen von Seite der ÖVP heute noch auf der Regierungsbank. Daher werden die Schulden auch immer mehr. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


17.36


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 163

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

 


17.36

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einmal abgesehen davon, dass ich es schon für etwas bedauerlich halte, dass bei einem Punkt, der wirklich in erster Linie – entschuldigen Sie, Herr Staatssek­retär – den Minister betrifft, den Minister in seiner persönlichen oder auch in seiner be­ruflich veranlassten steuerlichen Seite – und da geht es ja auch darum –, der Minister sein Päckchen nimmt und geht und den Staatssekretär sozusagen im Regen stehen lässt, muss ich sagen, die saubere Art ist dies nicht.

Aber kommen wir noch einmal zur Sache. Was wurde gesagt? – Ein Punkt war, Minis­ter Grasser erklärt, wir gehen völlig neue Wege in der Verwaltung. Wir machen Dienst­leistungen, organisieren die Dienstleistungen nicht mehr über das Amt, sondern lagern sie aus. Und diese Dienstleistungen der privaten Berater sind exzellent.

Beispiel eins: Personalberatung. Ich brauche nicht bis nach Kärnten zu gehen und mir anzusehen, wie dort Direktoren, Bezirkshauptleute in so genannten Objektivierungsver­fahren mit externen Personalberatern so lang objektiviert worden sind, bis dann immer ein Freiheitlicher herausgekommen ist, manchmal auch ein Sozialdemokrat in Kärnten und eher selten jemand von der ÖVP. Das unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland, aber Kärnten ist prototypisch für diese Art von Personalberatung.

Aber wenn ich schon im Bereich der Ministerien bleibe, dann fällt mir auf: Wie war das doch mit der Personalberatung bei der Bestellung von Generaldirektoren für die Pen­sionsversicherungsanstalt? Mussten wir da nicht im Parlament erfahren, dass Herr Gaugg deshalb der Bestqualifizierte ist, weil er die Farbtafeln, die ihm der Personalbe­rater vorgelegt hat, am besten interpretieren konnte oder sozusagen auf bestimmte Farben am deutlichsten angesprochen hat? Das war der Ausweis, er ist der Bestquali­fizierte! Und wir alle können uns noch erinnern, was mit diesem bestqualifizierten und dann auch bestellten Generaldirektor in der Folge passiert ist. Niemand kann etwas da­für: Der Personalberater nicht, auch jene, die die Personalberatung veranlasst haben, können nichts dafür.

Und jetzt kommen wir in Ihren Bereich, Herr Staatssekretär, der Sie da für den Minister herhalten müssen. Eine Personalberatung für die AWS – Austria Wirtschaftsservice wurde beauftragt. Man hat natürlich schon gewusst oder ahnen können, das könnte wieder eine politische Bestellung werden. So war es auch. Aber damit es irgendwie fingiert wird, schiebt man eine Personalberatung vor. Und die tut, was ihr geheißen wird, kassiert ordentlich Kohle aus Steuergeldern, versteht sich, nur weil die Politiker, die dahinter stehen, zu feig sind, die politische Verantwortung dafür zu übernehmen, dass sie den Herrn Percival Pachta-Rayhofen bestellen wollen. Der wird es dann auch. Es stellt sich aber innerhalb kürzester Zeit heraus, Herr Percival Pachta-Rayhofen kann es nicht gewesen sein, der eignet sich nicht als Geschäftsführer der AWS. Der Vertrag wird aufgelöst. Und was macht das Ministerium? – Man nimmt einen neuen Personalberater, damit wieder jemand, von dem schon von vornherein klar ist, es sind politische Gründe, die zu seiner Bestellung führen, aus politischen Gründen bestellt wird. Aber man schiebt eine Personalberatungsfirma dazwischen, und die Personalbe­ratungsfirma hält auch die Hand auf. Und die Verantwortung, egal, ob es mit dem Neuen gut oder schlecht geht, hat nicht die Personalberatung und auch nicht der Staatssekretär oder irgendeine andere politische Instanz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verantwortung hat niemand, aber die Kosten tragen die Steuerzahler. – Die Summen haben wir vorher schon gehört. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 164

Beispiel zwei: Die KPMG ist schon genannt worden – Beratung bei der Veräußerung eines Unternehmens, nämlich des Österreichischen Bundesverlages. Uns hier im Par­lament – Ihnen von den Regierungsparteien, denn ich habe das sowieso nicht ge­glaubt – wurde erklärt, der Verkaufserlös betrage 24 Millionen €. Wir waren zufrie­den. – Sie waren wunderbar zufrieden, obwohl ein Jahr zuvor der Finanzminister und andere aus ÖVP- und FPÖ-Reihen gesagt haben, um 50 Millionen € brächte man den ÖBV locker weg. Es sind dann 24 Millionen geworden – scheinbar! Ein Teil der Ver­kaufsvereinbarung war nämlich, eine Million erhält der Käufer. Auch ein interessanter Kaufvertrag, in dem der Käufer nicht nur 24 Millionen hergibt, sondern eine Million erhält!

Zweiter wesentlicher Teil der Kaufvereinbarung war: Der Kaufpreis wird nicht sofort fällig – es wurde nur etwas über eine Million fällig –, sondern erst im Jahr 2006/2007, also ein gestundeter Kaufpreis. Das wäre eigentlich abzuzinsen. Wenn man das tut, also die eine Million von den 24 abzieht, die der Käufer erhält – in einem Kaufvertrag, den die Republik abschließt! –, und den Kaufpreis um die Stundung bereinigt, dann bleiben 20 Millionen für die Republik übrig. – Ein guter Verkauf?

Und was erhält das Beratungsunternehmen KPMG? – 788 000 €! (Abg. Mag. Kogler: Weltrekord!) Das macht bei 20 Millionen fast 5 Prozent des Verkaufspreises aus! Der Minister erklärt uns, ein bis eineinhalb Prozent für Beratungsunternehmen sind bei der­artigen Transaktionen üblich. 1 bis 1,5 Prozent, aber nicht 4 Prozent, auch nicht 3 Pro­zent – und schon gar nicht 5 Prozent!

Und dafür geben Sie den Persilschein her, meine sehr geehrten Damen und Herren? Wofür geben Sie den Persilschein eigentlich noch her? Wie weit reicht Ihre Geduld mit diesem Finanzminister und mit den Zuständen in dieser Republik noch, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dritter Punkt: Wir haben es in der ganzen Causa Grasser immer wieder mit demselben zu tun, nämlich mit der Verwechslung, was privat und was beruflich oder politisch ver­anlasst ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere Sie nur noch einmal daran, was der Herr Finanzminister unter anderem hier im Parlament zur Homepage gesagt hat: Am 12. Juni 2003 erklärt der Finanzminister: „Die letzte Frage, nämlich Frage 15, betrifft“ – und jetzt kommt es, passen Sie gut auf! – „meine persönliche“ und private „Homepage.“ – Der Finanzminister hat im Parlament nicht erklärt, er hat nichts damit zu tun, sondern er hat gesagt, das sei seine persönliche und private Homepage.

Der Herr Staatssekretär sagt heute, drehen wir das Ding, wie wir wollen, weder beruf­lich noch privat, aber steuerlich ist es jedenfalls beruflich zuzuordnen. – Der Finanz­minister erklärt, es handelt sich um seine persönliche und private Homepage, und dann heißt es weiter: „Selbstverständlich wird kein einziger Euro und kein einziger Cent meiner privaten Homepage mit Steuergeld finanziert.“ – Das war eigentlich nicht die Frage, sondern ob er Steuergeld zahlt, aber sie wird nicht mit Steuergeldern finanziert.

Woraus wird sie dann finanziert, seine Homepage? Was sind das für Gelder, die da hineinfließen, sehr geehrter Herr Staatssekretär? – Da sind wir jetzt bei dem merkwür­digen Phänomen, wie wir beurteilen, was da an Geldern hineinfließt, egal, ob es von der Industriellenvereinigung oder von der Firma Magna kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines sage ich Ihnen schon: Wir hatten hier heftige Debatten rund um das Thema Eurofighter, aber dass der von uns geäußerte Verdacht eines Zusammenhangs zwischen der Begünstigung der Firma Eurofighter seitens des Finanzministers und dem tatsächlich erfolgten Ankauf sowie all seinen Haltungen dazu seine Entsprechung in einer Spende findet, die die Firma Magna auf ein Konto, das Herr Grasser de facto als sein persönliches bezeichnet, gelegt hat, das hätten wir nicht gedacht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 165

40 000 € ist der Finanzminister dieser Republik der Firma Magna dafür wert, dass er in der Causa Eurofighter alles gerichtet hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist Beleg genug dafür, dass hier noch einiges an Aufklärungsarbeit auf uns wartet und dass der Herr Finanzminister seine persönlichen und die öffentlichen Belange nicht voneinander unterscheiden kann, dass er also ungeeignet ist, dieses Amt auszu­üben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.46

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 der Geschäftsordnung in 356 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Kenntnisnahme ihre Zustimmung ausdrü­cken wollen, um ein Zeichen. – Die Kenntnisnahme ist mit Stimmenmehrheit be­schlossen.

Wir gelangen als Nächstes zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht selbst, 356 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, die Kenntnisnahme von 356 der Beilagen erfolgt mit Stimmenmehrheit.

Damit haben wir diesen Punkt der Tagesordnung erledigt.

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (194 d.B.): Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die Errich­tung eines Europäischen Polizeiamts (EUROPOL-Übereinkommen), und des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von EUROPOL (354 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Die erste Wortmeldung liegt mir von Herrn Abgeordnetem Ing. Kapeller vor. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.47

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden EUROPOL-Übereinkommen werden die Vorgaben des Vertrages über die Europäische Union in Bezug auf EUROPOL komplettiert werden.

Es wird EUROPOL dadurch ermöglicht, gemeinsame Ermittlungsgruppen zu bilden, die dann selbständig, aber auch gemeinsam mit den Kräften des jeweiligen Mitgliedstaates operativ in den einzelnen Ländern tätig werden und aktiv Kriminalität bekämpfen können. Weiters kommt dieser Ermittlungsgruppe aber auch das Recht zu, um Einlei­tung strafrechtlicher Ermittlungen in den jeweiligen Mitgliedstaaten zu ersuchen. – Das sind beides richtige und vor allem auch wichtige Schritte, um den neuen Formen der Kriminalität Passendes entgegensetzen zu können.

Die grundsätzlichen Aufgaben dieser Ermittlungsgruppe innerhalb von EUROPOL be­stehen in der Beschaffung von Informationen auf der einen Seite und deren Analyse


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 166

und Verarbeitung auf der anderen Seite. So soll und kann speziell organisierter Krimi­nalität effektiv und wirkungsvoll begegnet werden.

Weiters wird in diesem Übereinkommen auch die Haftungsfrage bei Schäden, die bei operativen Maßnahmen dieser Ermittlungsgruppe verursacht werden, geregelt. Scha­denersatzpflichtig ist vorerst der jeweilige Mitgliedstaat, in welchem gehandelt wird.

Abschließend werden die Bestimmungen über Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL-Bedienstete, die jetzt grundsätzlich bestehen, so abgeändert, dass diese bei Amtshandlungen der jetzt genannten Ermittlungsgruppen aufgehoben werden.

Ich denke, es ist auch wichtig, zu erwähnen, dass die EUROPOL-Bediensteten bei ihren Amtshandlungen natürlich der innerstaatlichen Rechtsvorschrift des Einsatz-Mit­gliedstaates unterliegen werden.

Insgesamt stellt dieses Protokoll somit die konsequente Fortsetzung des 1995 begon­nenen Weges einer gemeinsamen europäischen Polizeieinheit dar. Das ist auch wich­tig, wollen wir den immer komplexer werdenden Formen der Kriminalität gerecht wer­den. Will man europaweit agierende Kriminelle effizient bekämpfen und verfolgen, ist eben auch eine europaweit handlungsfähige Polizeieinheit notwendig.

Mit diesem Übereinkommen wird eine operative Einheit geschaffen, die ein Mehr an Sicherheit für die Menschen in Europa bringen wird, speziell auch im Hinblick auf die Erweiterung unserer Gemeinschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Koordiniert, wirkungsvoll und gemeinschaftlich werden nunmehr die organisierte Krimi­nalität, länderübergreifend operierende Banden, Menschenhandel und Drogenkriminali­tät bekämpft werden können. Es wird wieder ein Beitrag zur Sicherheit und Stabilität unseres Europa sein – ein Beitrag zur Sicherheit von uns allen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.51

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Parnigoni zu Wort. Gleiche Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

 


17.51

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Drei Bemerkungen zur vorliegenden Novelle: Ich glaube, dass die Zusammenarbeit der europäischen Ermittlungsbehörden im Rahmen von EUROPOL eine besonders sinn­volle und wichtige Maßnahme zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens dar­stellt. Es ist hier in allen Bereichen sinnvoll, die Ermittlungsbefugnisse auszuweiten und auch gemeinsame Ermittlungsgruppen einzusetzen.

Es wird da einen Konsens geben, und die Sozialdemokraten werden dieser Vorlage zustimmen. Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wir gehen allerdings da­von aus, dass die parlamentarische Kontrolle in den nationalen Parlamenten gewähr­leistet ist. Ich hoffe, wir können uns darauf einigen, dass für das Parlament die Tätig­keit der EUROPOL etwa in Österreich in der Form nachvollziehbar dargestellt wird, dass wir im nächsten Sicherheitsbericht darüber Auskunft bekommen. Ich schlage auch vor, dass der Sicherheitsbericht dann nicht mehr nur im Ausschuss enderledigt wird, sondern wiederum auf die Tagesordnung des Plenums kommt, damit man dar­über auch ausführlich diskutieren und in öffentlichem Rahmen reden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweite Bemerkung: Seitens der Sozialdemokraten besteht schon seit vielen Jahren die Forderung, bei friedenserhaltenden und friedenssichernden Maßnahmen verstärkt Poli­zeikräfte einzusetzen. Es gibt ein SPÖ-Grundsatzpapier mit dem Titel „Für menschen­gerechte Polizeiarbeit“, das wir vor einigen Jahren vorgestellt haben, in dem wir diese


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 167

Forderung erhoben haben – vor allem auch deshalb, weil Österreich in der Ausbildung von Kriseninterventionskräften durchaus eine Vorreiterrolle innehat. Bei der CEPOL, der Europäischen Polizeiakademie, war oder ist noch immer ein Österreicher Ausbil­dungsleiter.

Ich bin daher froh, dass der Bundesminister die Überlegung der Sozialdemokraten auf­gegriffen hat, überhaupt beziehungsweise verstärkt Polizeikräfte als Kriseninterven­tionskräfte für friedenserhaltende und friedenssichernde Maßnahmen einzusetzen, das heißt, entsprechende Personalvorhalte zu tätigen. Er hat von 50 Personen gesprochen, die sofort abrufbar sind. Wir glauben, da könnten wir generell einen größeren und wich­tigeren Beitrag leisten. Wenn der Wunsch besteht, können wir dem Minister in dieser Frage durchaus unsere Unterstützung anbieten.

Herr Bundesminister! In einer Sache – und das ist meine dritte Bemerkung – müssen Sie jedoch mit unserem erbitterten Widerstand rechnen: wenn Sie damit die innere Sicherheit der österreichischen Exekutive gefährden, indem Sie ihr weiter Mitarbeiter für diesen Zweck entziehen. Da halten Sie sich bitte an die Bundesheer-Reformkom­mission: Bei den vielen Planstellen, die dort frei werden, könnten Sie entsprechend viele dafür verwenden, denn Sie haben sowieso schon ein sicherheitspolitisches De­saster in Österreich angerichtet.

Angesichts der explodierenden Deliktzahlen und der dramatisch sinkenden Aufklä­rungsrate sagen wir ja zu einer weiteren Zusammenarbeit bei der europäischen Ver­brechensbekämpfung und zu wesentlich verstärkten internationalen Polizeikräften im Rahmen des Krisenmanagements, aber deutlich nein, wenn es darum geht, den öster­reichischen Sicherheitsapparat weiter zu schwächen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Redezeitvorschlag: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.55

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierungsvorlage, über die wir heute beraten, ist eine unspektaku­läre, denn wir müssen nicht einmal ein Gesetz ändern, sondern das Protokoll wird direkt in die österreichische Rechtsordnung aufgenommen.

Diese Regierungsvorlage kann jedoch trotzdem ganz spektakuläre Auswirkungen haben, nämlich bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden internationalen Krimi­nalität. Wir wissen ja aus vielen Berichten, dass diese Art der Kriminalität zunimmt und dass die Ermittler, die Fahnder, sehr oft auf verlorenem Posten stehen, weil die Täter ganz einfach schneller reagieren, flexibler agieren und die Fahnder immer das Nach­sehen haben.

Deshalb ist es ganz besonders wichtig, dass seinerzeit schon EUROPOL, das euro­päische Polizeiamt, gegründet worden ist und vor allem auch dass jetzt Möglichkeiten geschaffen werden, gemeinsame Ermittlungen durchzuführen und so weiter.

Schon vor einiger Zeit – Sie werden sich erinnern können – wurde ein Briefbomben-Attentat auf den italienischen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi verübt. Da gab es schon eine Zusammenarbeit mit EUROPOL, und man hofft natürlich, dass man durch die internationale Zusammenarbeit schneller und leichter an den Täter heran­kommt.

Dementsprechend wichtig ist es auch, dass Österreich mit der Zustimmung zu dem Protokoll dazu beiträgt, dass der Einfluss von EUROPOL-Beamten bei den gemeinsa­men Ermittlungsgruppen verstärkt wird, damit die Kriminalität besser bekämpft werden kann.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 168

Wir wollen heute mit dieser Regierungsvorlage die Richtlinien für den Einsatz dieser gemischten Einsatzgruppe festlegen und gewisse Regeln festhalten, weil natürlich alles nach rechtsstaatlichen Kriterien abgewickelt werden muss.

Ich freue mich auch, dass wir im Ausschuss übereinstimmend zur Gutheißung dieser Materie gekommen sind, und glaube, wir werden damit nur Erfolg erzielen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.57

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

 


17.58

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man dafür ist, dass die europäische Sicherheitspolitik immer stärker gemeinsam entwickelt wird, sich Institutionen schafft, sich Verfahren schafft, sich Regeln gibt, dann gilt das natürlich nicht nur für die militärische, sondern auch für die polizeiliche Sicher­heitspolitik und ihre Instrumente. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

Wenn EUROPOL jetzt als Instrument weiterentwickelt wird, dann ist es insbesondere im Rahmen dieses protokollartigen Vorgangs für uns kein sachliches Problem, dem zuzustimmen.

Wichtig ist es aber, bei diesem Punkt auf einige Probleme hinzuweisen, die derzeit nicht gelöst sind. Das Problem Nummer eins ist: Überall, wo es um öffentliche Sicher­heit geht, egal, ob um polizeiliche oder militärische Sicherheit, ist es ganz wichtig, eine verlässliche Verfassungsgrundlage zu haben.

Die Einigung im sicherheitspolizeilichen und kriminalpolizeilichen Bereich wird nur dann von Dauer sein und rechtsstaatlichen Kriterien mittel- und langfristig genügen, wenn ihr eine europäische Verfassung die Basis schafft.

Da gibt es jetzt eine Verzögerung, die nehmen wir zur Kenntnis. Dafür sind sicherlich nicht die Sicherheitspolitikerinnen und -politiker allein verantwortlich, aber es kann auf Dauer nicht so weitergehen.

Gleiches gilt für die parlamentarische Zuständigkeit. Machen wir uns nichts vor! Es ver­schwindet, wie im Bereich der Militärpolitik, Stück für Stück die Materie aus den natio­nalen Zuständigkeiten in die Ratszusammenarbeit und in die gemeinsamen Strukturen wie etwa EUROPOL. Da gibt es entweder eine verfassungsmäßig gesicherte Kontrolle durch ein europäisches Parlament, oder es gibt keine parlamentarische Kontrolle.

Am besten sehen Sie das bei den grenzüberschreitenden Datenübermittlungen. Da gelten auf beiden Seiten jeweiliger Grenzen – und wenn mehrere Staaten beteiligt sind, wird es entsprechend komplizierter – jeweils nationale Rechtsgrundsätze, aber es wird bereits international agiert. Bei EUROPOL gibt es etwa die Handling-Codes, also die Datenschutzbestimmungen, die national gänzlich unterschiedlich sind. Das allein stellt schon ein Riesenproblem dar, wenn datenschutzrechtlich vollkommen unterschiedlich denkende Partner beginnen, Daten auszutauschen.

Das Problem wird noch dadurch verschärft, dass es sich hiebei um einen rein polizei­lichen Bereich ohne Justizförmigkeit handelt. Das heißt: Das, was im kriminalpolizei­lichen Bereich nationalstaatlich eng an gerichtliche Verfahren angebunden ist, ist grenzüberschreitend rein polizeiliche Materie, die vollkommen anderen Genehmi­gungsregeln folgt, als das etwa im justiziellen Bereich der Fall ist. Das ist die nächste problematische Auseinanderentwicklung, die darauf hinweist, wie stark wir eine ent­sprechende europäische Anbindung an eben europäische Gerichtsstrukturen der Zu­kunft brauchen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 169

Dazu zum letzten Punkt: Wie sollen wir kontrollieren, wenn mit unterschiedlichen natio­nalen Handling-Codes, also Zugangs- und Schutzbestimmungen, jeweils immer nur die eine Seite der Grenze kontrolliert werden kann? Dann wird Österreich eben nicht nur ersucht, sondern dann wird österreichischen Behörden aufgetragen, folgende struk­turierte Datensätze dahin oder dorthin zu übermitteln. Eine parlamentarische Kontrolle müsste jetzt beurteilen können, wie es auf der anderen, der ermittlungsführenden Seite überhaupt ausschaut, was eine deutsche, was eine spanische Behörde mit diesen Daten anfängt. Wir haben überhaupt keine Möglichkeit, das zu überprüfen. Wir haben auf derzeitiger gesetzlicher Ebene in Europa keine Möglichkeit, wirkungsvoll zu über­prüfen, was mit diesen durchaus sinnvollerweise übermittelten Daten letzten Endes passiert.

Wenn dieses Defizit nicht beseitigt wird, dann wird der Preis für den polizeilichen Fort­schritt ein großer datenschutzrechtlicher und datensicherheitsrechtlicher Rückschritt sein und gleichzeitig ein großes rechtsstaatliches und demokratiepolitisches Defizit an­wachsen.

Deswegen mein sehr einfacher Appell: Ja, wir stimmen zu, aber wir stimmen in der Hoffnung und bis zu einem gewissen Grad in der Überzeugung zu, dass auch die Kolleginnen und Kollegen anderer Fraktionen diese gemeinsame Zustimmung als einen von vielen Gründen nehmen, den Demokratisierungs- und Verfassungsprozess in Europa endlich auch von der Republik Österreich etwas stärker vorantreiben zu lassen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm.)

18.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

 


18.03

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der sich entwickelnden internationalen Krimi­nalität, Herr Kollege Pilz, ist es natürlich hochnotwendig, dass sich hier ein weiterer Schritt ergibt. Das ist unbestritten so. Da wir wissen, wie internationale Gruppen sehr gut kooperieren und zusammenarbeiten, frage ich mich, wieso wir uns nicht schon längst auch andere Strukturen überlegt haben.

Tatsache ist aber auch, dass EUROPOL als Institution immer nur in Verbindung mit der lokalen Exekutive tätig werden kann. Das heißt, natürlich muss die Polizei, muss die Exekutive in der Demokratie letztendlich durch das Parlament kontrollierbar sein – das bestreitet niemand, das hat so zu sein, das wird auch so sein, das wird auch weiterhin so sein –, ich behaupte nur, dass sich auch EUROPOL Schritt um Schritt entwickeln wird; auch als logische Antwort auf die Herausforderung der Kriminalität, der wir uns zu stellen haben.

Meine Damen und Herren! Zu diesem Schluss muss jeder kommen, der weiß, was sich zurzeit an europäischen Grenzen mit dem illegalen Drogenhandel, der Schleuserkrimi­nalität, dem Menschenhandel oder der Kraftfahrzeugkriminalität abspielt. Und das, was mich so besonders erschrocken macht und uns alle erschrocken machen sollte, ist ein Bericht des „Spiegel“ von dieser Woche, den Sie sicher gelesen haben, meine Damen und Herren. Darin spricht ein ägyptischer Diplomat von seinen Ängsten. Seine Angst ist, dass die Erinnerung an Hiroshima und Nagasaki verblassen wird vor dem Bedro­hungsszenario, das auf uns zuzukommen scheint im Hinblick auf die nukleare Krimi­nalität und den Handel mit nuklearen Materialien. Bestens ausgebildete Gruppen, bestens ausgerüstete Gruppen machen hier viel Geld, um dem Terrorismus einen weiteren Schritt für sein furchtbares Wirken zu ermöglichen. Daher, meine Damen und Herren, ist es eine hochernste Angelegenheit, eine hochwichtige Angelegenheit, dass die Europäische Union hier auch einen Schritt der Zusammenarbeit setzt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 170

Meine Damen und Herren! Noch etwas, was mir im Hinblick darauf auch zu sagen wert scheint. Ich habe in Vorbereitung auf diese Rede ganz kurz im „Google“ nachgeschaut, was es denn zu EUROPOL gibt. Ich habe auch im „Yahoo“ nachgeschaut und bin dabei auf eine Seite der Grünen gestoßen, für die Robert Zöchling verantwortlich zeichnet, auch für eine Seite, wo er schreibt:

Die besten Methoden, das organisierte Verbrechen zu bekämpfen sind: Erstens: Sa­gen Sie den Verbrechern, dass Sie nicht zu Hause sind! Zweitens: Rufen Sie immer dann die Polizei, wenn eine ungewöhnlich große Anzahl Männer der sizilianischen Wä­schereigesellschaft in Ihrem Hausflur anfängt zu singen! – Zitatende.

Kollege Pilz, das könnte von Ihnen sein. Ich sage nur, das Problem ist dermaßen ernst, dass wir dieser Sache mit viel mehr Ernst begegnen und nicht so dumme Witze machen sollten. Das ist der Ernsthaftigkeit der Grünen, die es in vielen Bereichen auch gibt, wirklich nicht würdig. Ich denke, hier haben wir gemeinsam zu arbeiten, um dem ganzen Problem der internationalen Kriminalität einen weiteren Riegel vorzuschieben.

18.06

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


18.06

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist denn das Ziel von EUROPOL? – EUROPOL mit Sitz in Den Haag soll Informationen über das interna­tionale organisierte Verbrechen – den Drogenschmuggel, den Menschenhandel, den Terrorismus – sowie über Bandenkriminalität sammeln und die Mitgliedstaaten mit technischer und fachlicher Hilfe bei der Verbrechensaufklärung unterstützen.

Wenn wir heute dieses internationale Übereinkommen ratifizieren, dann geben wir EUROPOL mehr Rechte in die Hand. Es wurde heute schon erwähnt, dass gemischte Ermittlungsgruppen ermitteln können und dass ein Mitgliedstaat durch EUROPOL er­sucht werden kann, bei verschiedenen Verdachtsmomenten selbst ermitteln zu müssen.

Doch – und das ist mir auch wichtig – keine Rechte ohne Pflichten, sehr geehrte Damen und Herren! So ist für die europäischen Polizisten, wenn sie in Österreich oder in einem anderen Mitgliedsland, das diesen Vertrag ratifiziert hat, tätig werden, bei ihrer Tätigkeit, bei ihren Amtshandlungen die Immunität aufgehoben. Das heißt, dass sie genauso zu behandeln sind wie ein Polizist, eine Polizistin, der/die jetzt schon im Inland amtshandelt. Und das, glaube ich, ist ein sehr wichtiger und richtiger Schritt bei diesem Übereinkommen.

Was auch noch wichtig ist, sehr geehrte Damen und Herren: Wenn es bei Amtshand­lungen zu Schäden kommt, so ist auch der Schadenersatz geregelt, das heißt, dass jene, die durch Amtshandlungen Schaden erleiden, auch schadlos gehalten werden.

Und noch etwas ist aus diesem Abkommen herauszulesen – der Minister hat es bestä­tigt –: Bei Amtshandlungen der EUROPOLizisten ist es in Wirklichkeit nur den inländi­schen Polizisten vorbehalten, Zwangsmaßnahmen auszuführen. Die EUROPOLizisten können zum Beispiel nur Verhöre vornehmen, dürfen aber nicht Handschellen anlegen, wenn ich das so übersetzen darf. Das ist auch wichtig, dass nämlich in die Hoheits­rechte der heimischen Exekutive nicht eingegriffen wird.

Zum Abschluss möchte ich darauf eingehen, was Kollege Pilz gesagt hat. Es wäre wichtig, dass das Europäische Polizeiamt auch eine parlamentarische Kontrolle erfährt, dass es also einerseits eine parlamentarische Kontrolle auf europäischer Ebene gibt und dass es andererseits auch einen Gerichtshof gibt, der sozusagen Recht spricht,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 171

wenn die Europäische Polizei vielleicht nicht so handelt, wie man sich das erwarten würde.

Diesbezüglich ist noch einiges zu tun. Wenn man schon die Rechte ausbaut, dann muss man auch dafür sorgen, dass die Kontrollrechte entsprechend geregelt sind, denn sonst kommt der Rechtsstaat in eine Schieflage.

Ich hoffe, Herr Bundesminister, dass Sie bei den verschiedenen Verhandlungen, die Sie auf europäischer Ebene besuchen, auch in diesem Sinne tätig werden, damit ge­währleistet wird, dass den Rechten, die die europäischen Polizisten in Zukunft haben, auch die entsprechenden Kontrollrechte folgen, die das Europäische Parlament, die der Gerichtshof haben werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.10

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schöls. – Bitte.

 


18.10

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem vorliegenden EUROPOL-Über­einkommen handelt es sich – das wurde von allen Vorrednern angesprochen – um eine Konsensmaterie, und ich bin froh darüber, dass es im Ausschuss in der Verant­wortung aller Fraktionen wirklich gelungen ist, den Versuch zu unternehmen – ich glaube, so ehrlich müssen wir sein, dass es sich nicht um mehr handeln kann, als den Versuch zu unternehmen –, einigermaßen Waffengleichheit mit der internationalen Kri­minalität in den verschiedensten Formen herzustellen.

Gewährleistet ist – auch das wurde angesprochen –, dass Europa nicht überbordet, weil die nationalstaatlichen Rahmenbedingungen entsprechend abgesichert sind. Kol­legin Wurm darf ich versichern, die zum Schluss gesagt hat, sie hofft, dass Minister Grasser in seiner Verantwortung (Abg. Mag. Wurm: Strasser!), dass Minister Strasser in seiner Verantwortung – das habe ich ja gesagt – so wie bisher für die österrei­chische Sicherheit auf europäischer Ebene verhandelt (Abg. Mag. Wurm: Erfolgreicher als auf europäischer Ebene!): Sie können sicher sein, er wird es weiterhin tun. (Abg. Mag. Wurm: „Erfolgreicher“ habe ich gesagt!)

Ich war der Meinung, dass uns bewusst ist, dass wir es hier mit einer ernsten Materie zu tun haben und nicht mit politischem Kleinkrieg, aber anscheinend können Sie es wirklich nicht zur Kenntnis nehmen, dass ein ÖVP-Innenminister ein erfolgreicher Innenminister ist. Wir nehmen es zur Kenntnis, und wir sind froh darüber. (Beifall bei der ÖVP.)

18.12

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

 


18.12

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Ziel der Bundesregierung und von Bundesminister Strasser ist klar: Österreich muss weiter das sicherste Land bleiben. Das gelingt in vorbildhafter Weise.

Zwei wichtige Schritte scheinen mir hier erwähnenswert zu sein. Zum einen die Organi­sationserneuerung und die Strukturverbesserung von Polizei und Gendarmerie – dieser Prozess ist im Gang, ich gratuliere dazu – und zweitens die internationale und die europäische Kompetenz der Sicherheitspolitik.

Wenn ich Solana erwähnen darf, dann ist er es, der darauf aufmerksam macht, dass alle Kräfte, nämlich Außenpolitik, Innenpolitik und Verteidigungspolitik, zusammenhel­fen müssen, um die Sicherheit Europas zu gewährleisten. Ich darf auch in Erinnerung


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 172

rufen – und vielleicht ein Dankeschön anbringen –, dass sich Minister Strasser bereits auf europäischer Ebene mit den zuständigen Ministern zusammensetzt und versucht, die Kriminalität, das Bandentum, die mafiosen Organisationen an der Wurzel zu errei­chen und mit jenen eher instabilen Ländern Verbindung aufzunehmen, damit sie dort bereits entsprechend präventiv eingreifen können. Ich bedanke mich für diesen Schritt. Weitere Schritte können und werden folgen, nachdem wir heute dieses EUROPOL-Übereinkommen beschließen.

Meine Damen und Herren! Wir sind uns teilweise nicht bewusst, wie organisiert die in­ternationale Kriminalität ist, mit welcher Brutalität und mit welcher Konsequenz sich die organisierte Kriminalität bewegt und vor nichts zurückschreckt. Deswegen haben wir in den demokratischen Staaten die Aufgabe, unsere Länder zu schützen, Österreich zu sichern, Europa zu sichern. Und diese Bundesregierung und der Herr Minister sind auf dem richtigen Weg. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir zunächst ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 194 der Beilagen die Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein deutliches Zei­chen. – Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 der Bundesverfassung zu beschlie­ßen, dass die Kundmachung dieses Staatsvertrages in dänischer, englischer, finni­scher, französischer, griechischer, irischer, italienischer, niederländischer, portugiesi­scher, schwedischer und spanischer Sprache durch die Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag Folge leisten, um ein Zeichen. – Der Nationalrat beschließt dies ebenfalls einstimmig.

Damit haben wir den 3. Punkt der Tagesordnung erledigt.

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entschließungs­antrag 287/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundes­minister für Inneres wegen tagtäglichen Rechtsbruchs durch Verweigerung der Unterbringung und Versorgung von AsylwerberInnen (357 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wird nicht verlangt.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.16

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Vorausschickend möchte ich sagen, dass wir dem vorliegenden Misstrauensantrag Van der Bellen unsere Zustimmung geben werden, wobei wir auch sagen und zugeben möchten, dass es grundsätzlich positiv ist, dass es Ihnen, Herr Minister, vor Weihnach­ten gelungen ist, eine Einigung mit den NGOs betreffend die Unterbringung und Ver-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 173

sorgung von Asylwerbern durchzusetzen. Das sei ausdrücklich anerkannt. (Demonstra­tiver Beifall bei der ÖVP.)

Das erleichtert die Situation der Flüchtlinge, das soll auch nicht verschwiegen werden. Die Abgeordneten der ÖVP haben Sie im Ausschuss auch sehr ausgiebig dafür gelobt. Das betrifft aber, wie gesagt, diesen einen Punkt und nicht die gesamte Asyl- und Fremdenpolitik der blau-schwarzen Bundesregierung, denn es sei schon daran erin­nert, dass es zunächst einmal der Oberste Gerichtshof war, der Sie mit seinen zwei Urteilen betreffend die Unterbringung und Versorgung von hilfsbedürftigen Asylwerbern unter Zugzwang gebracht hat.

Es sei auch daran erinnert, dass es die Hilfsorganisationen waren, die mit der Ein­richtung von Notquartieren für aus der Bundesbetreuung verwiesene Asylwerber be­gonnen haben, dass im Oktober 2003, also kurz vor der Einigung, die Caritas zum drastischen Mittel greifen musste, Flüchtlinge in Kirchen unterzubringen, um auf die schlechte Betreuungssituation aufmerksam zu machen.

Daher möchte ich sagen, dass wir diese Einigung grundsätzlich begrüßen. Warum dies allerdings ein humanitärer Meilenstein sein soll, wie es von Ihnen reklamiert wurde, ist für uns nicht nachvollziehbar, weil es doch selbstverständlich ist, Menschen, die in Österreich Schutz und Hilfe suchen, Unterbringung und Verpflegung zu gewähren. Auf den Punkt gebracht besteht der humanitäre Meilenstein im Wesentlichen darin, dass Sie in diesem Winter einen Rechtszustand herstellen, wie er ab Mai 2004 ohnedies eintreten wird, weil wir auf Grund der EU-Richtlinie zur Betreuung von Flüchtlingen dazu verpflichtet sein werden. Deswegen war die anfänglich trotzige Haltung sicher nicht die richtige. Es wäre besser gewesen, den Dialog mit den NGOs zu suchen.

Es soll allerdings nicht verkannt werden, dass Sie, Herr Minister, in diesem Punkt viel­leicht ein Getriebener Ihres Koalitionspartners sind. Ich persönlich möchte Ihnen gar nicht unterstellen, dass Sie diese Politik aus vollem Herzen mitgetragen haben. Mög­licherweise hat auch der massive Druck, den Sie von den Kirchen erhalten haben, ein Wesentliches dazu beigetragen. Ich erinnere an Bischof Kothgasser, der in einem „profil“-Interview betont hat, dass es ein schweres Vergehen gegen die Menschen­rechte wäre, Menschen ohne Unterkunft und Nahrung zu lassen.

Nicht zuletzt sei auch das Asylgesetz in Erinnerung gerufen, das in seinem Kernstück den beinahe gänzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung und die sofortige Vollstreckbarkeit eines Bescheides erster Instanz vorsieht. Das Risiko be­hördlicher Fehlentscheidung trägt ausschließlich der Asylwerber.

Ich erinnere auch an das Novationsverbot, wonach im Asylverfahren künftig im Beru­fungsverfahren neue Tatsachen und Beweismittel nicht mehr vorgebracht werden können.

Daher glauben wir, dass gesamthaft für diese Asyl- und Fremdenpolitik dieser Miss­trauensantrag gerechtfertigt und keineswegs obsolet ist, wie es ÖVP-Kollegen im Aus­schuss behauptet haben. Deshalb werden wir diesem Antrag auch unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


18.20

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Man hat gemerkt, wie schwer sich Kollege Posch getan hat, diesen Antrag der Grünen zu unterstützen. Es wäre auch sicherlich richtiger gewesen, wenn Sie gesagt hätten: Herr Minister, danke, dass Sie die Versäumnisse Ihrer Vor-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 174

gänger innerhalb von vier Jahren wettgemacht und ein der Genfer Flüchtlingskonven­tion und der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechendes Asylgesetz, in dem die Bundesbetreuung einen dementsprechenden Stellenwert innehat, für Asyl­suchende geschaffen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass das Asylgesetz und die Artikel 15a-Vereinbarung über Weihnachten noch nicht zum Tragen gekommen sind, da muss sich die Opposition selbst bei der Nase neh­men. Wir hätten vorgehabt, dieses Asylgesetz im Sommer zu beschließen, damit man mit den Ländern in Verhandlungen hätte treten können. Dann wäre es natürlich mit 1. Jänner auch möglich gewesen, dass es eine nach der Artikel 15a-Vereinbarung ge­währleistete Bundesbetreuung gibt. Es hat mit den NGOs eine sehr vernünftige Über­gangsregelung gegeben, die ebenfalls das Ihre beigetragen haben, dass es zu keinen Problemen gekommen ist.

Dieser vorliegende Entschließungsantrag ist generell überholt und entbehrt jeder sach­lichen Grundlage. Er ist von Unterstellungen und Unwahrheiten dem Minister und vor allem auch den Beamten beim Grenzübergang Gmünd gegenüber gekennzeichnet. Es ist – das muss man schon sagen – eigentlich ein Trauerspiel, dass bei fehlender Sach­politik derart populistische Anträge eingebracht werden, um aufzufallen oder in das Rampenlicht zu kommen.

Wenn es den Grünen um eine ehrliche Sachpolitik gegangen wäre, dann hätte man ebenfalls von dieser Stelle aus sagen müssen: Herr Bundesminister, wir haben mehr Betreuungsplätze gefordert. Wir haben diese Betreuungsplätze. Danke für diese menschliche Geste. Herr Bundesminister, wir haben in zahlreichen Wortmeldungen bezweifelt, dass es zu dieser Artikel 15a-Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und NGOs kommt, aber auch da haben wir haben uns getäuscht.

Aber nein, es wird gegen den Minister, der sich bemüht hat und sich immer noch bemüht, eine ehrliche und menschliche Bundesbetreuung für alle Asylwerber zu er­reichen, ein Misstrauensantrag eingebracht. Dieser wird gegen einen Minister einge­bracht, der die finanziellen Mittel für die Bundesbetreuung von 1999 bis zum Jahr 2003 mehr als verdoppelt hat. Es wird ein Misstrauensantrag gegen den Innenminister ein­gebracht, der die Zahl der Bundesbetreuungsplätze von 2 500 im Jahre 2000 auf 9 000 im Jahre 2003 erhöht hat. Es wird ein Misstrauensantrag eingebracht, obwohl sich die Zahl der insgesamt vom Bund betreuten Asylwerber von 9 300 im Jahr 1999 auf über 20 000 im Jahr 2003 erhöht, also mehr als verdoppelt hat. Es wird ein Misstrauens­antrag eingebracht, obwohl die finanziellen Mittel für die psychologische und psycho­therapeutische Betreuung von Asylwerbern verfünffacht worden sind. Es wird ein Miss­trauensantrag eingebracht, obwohl es erstmals eine spezielle Therapie und Spezi­alprojekte für Traumatisierte und Folteropfer gibt. Es wird ein Misstrauensantrag ein­gebracht, obwohl eine spezielle Betreuung und Hilfe für unbegleitete Kinder und Minderjährige eingeführt wurden. Im Jahr 2001 sind zusätzlich sechs Clearing-Stellen installiert worden, die einen Kostenaufwand von 1,5 Millionen € ausmachen.

Es ist eine maßlose Verleumdung dem Minister und den Beamten gegenüber, wenn gesagt wird, dass die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschen­rechtskonvention in Bereichen der Bundesbetreuung nicht eingehalten werden. Es wurde nicht gesagt, dass es eine funktionierende Übergangsregelung – vereinbart mit den NGOs – gibt, und es wurde nicht gesagt, dass im November 2003 ein Vertreter von UNHCR den Grenzübergang Gmünd besucht hat, an Einvernahmen von Asyl­suchenden teilgenommen und die Vorgangsweise für in Ordnung befunden hat. Das wird nicht gesagt!

Es wäre im Sinne der Sache, im Sinne der Asylsuchenden und im Sinne Österreichs angebracht, bei der Wahrheit zu bleiben. Österreich ist ein Asylland, aber kein Zuwan-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 175

derungsland. Jeder, der zu Recht um Asyl ansucht, soll auch Asyl bekommen. Dazu bekennt sich der Innenminister, aber natürlich auch die Koalitionsparteien. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.25

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


18.26

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! (Abg. Wittauer: Was war das jetzt? Das habe ich nicht verstanden!) Herr Bundesminister! Im November gab es im österreichischen Nationalrat eine heftige Diskussion, weil die nichtstaatlichen Orga­nisationen, die sich mit Flüchtlingsfragen beschäftigen und Flüchtlinge in Österreich betreuen, die kirchlichen Organisationen, die diese Arbeit zum Großteil leisten, allen voran die Caritas der katholischen Kirche und der Evangelische Flüchtlingsdienst Österreich der Diakonie – es sind aber nicht nur diese kirchlichen Organisationen, sondern auch andere von kleineren Kirchen sind durchwegs engagiert –, in der Krise waren.

Diese Organisationen tragen die Hauptlast der Betreuung von Flüchtlingen, die nicht in so genannter Bundesbetreuung sind, immer noch. Und am Höhepunkt dieser Krise – es war am 12. November 2003 – haben die Grünen diesen Entschließungsantrag, der heute indirekt zur Diskussion steht, weil es darüber einen negativen Ausschussbericht gibt, im Nationalrat eingebracht und darum ersucht, ihn dem Innenausschuss zuzuwei­sen.

Dieser Entschließungsantrag wurde im Jänner – wir haben uns ja im Ausschuss getrof­fen – dort besprochen und diskutiert. Die so genannte Geschäftsgrundlage, die jetzt als Basis für diese Diskussion dient, hat sich – das hat Kollege Posch vorhin gesagt – ein wenig zum Positiven verändert, meine Damen und Herren!

Herr Bundesminister! Dafür haben Sie in der Öffentlichkeit, aber auch von den Grünen und den Sozialdemokraten, um jetzt die Opposition besonders zu nennen, Lob und Anerkennung bekommen. (Bundesminister Dr. Strasser: Von Ihnen nicht!) – Selbstver­ständlich, Herr Bundesminister! Wie gesagt, ich freue mich. Ich kann mich noch gut erinnern: Am 19. Dezember haben Sie sowohl mit den kirchlichen Organisationen, aber auch mit dem Roten Kreuz und der Volkshilfe diese Vereinbarung über die temporäre Lösung des Problems bis über Weihnachten getroffen. Ich habe gesagt: Ich freue mich sehr. Ich hoffe nur, dass das nicht nur die weihnachtliche Bewegtheit war, sondern dass das Problem auch längerfristig gelöst wird.

Das ist dann auch nach Weihnachten geschehen. Dieselbe Freude, wenn Sie so wol­len, über diese Ihre Einsicht habe ich auch zum Ausdruck gebracht. Herr Bundesminis­ter! Das ändert aber nichts an der Kritik, die ich heute noch übe und damals besonders intensiv geübt habe.

Das menschliche Leid jener, die damals auf der Straße waren, die in überfüllten Not­quartieren von kirchlichen Organisationen Unterschlupf gefunden haben, habe ich heute noch vor Augen. Der Gedanke, dass 1 500 Flüchtlinge in der ehemaligen Kadet­tenschule-Kaserne Traiskirchen untergebracht sind, ist nicht besonders lustig. Jeder, der einmal in Traiskirchen war – ich gehe davon aus, dass der Herr Bundesminister mehrfach dort war, so wie auch ich und einige Kolleginnen und Kollegen; auch der Menschenrechtsbeirat hat auf meine Einladung hin einen Lokalaugenschein in Trais­kirchen gemacht –, weiß, dass 1 500 Leute in dieser ehemaligen Kaserne alles andere als ein angenehmer Gedanke sind. Ganz im Gegenteil, Herr Minister! Diesen Gedan-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 176

ken qualifiziere ich jetzt nicht, den vertreten Sie heute. Wir reden von jetzt und heute und nicht über die Situation im November, als der Misstrauensantrag dem Ausschuss zugewiesen wurde.

Bestimmte Dinge haben sich zum Besseren gewandt, aber – und jetzt bleibe ich bei den Tatsachen – Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes in Österreich, der die Rechtsstaatlichkeit in der Vorgangsweise eingemahnt hat, was seine Pflicht ist, zu ignorieren, ist etwas anderes. Als politisch Verantwortlicher sagen Sie, ich zeige jetzt, wer den Rechtsstaat in der Ausgestaltung der faktischen Durchsetzung darstellt, näm­lich nicht der Oberste Gerichtshof mit seinen Entscheidungen, sondern ich als Innen­minister, denn ich bestimme, wer in die Bundesbetreuung aufgenommen wird, wer aus der Bundesbetreuung hinausfliegt oder gar nicht in die Bundesbetreuung kommt.

Diese Kritik an der Monate lang geübten Praxis, den Rechtsstaat zu ignorieren, halte ich aufrecht, und sie ist gerechtfertigt, denn sie hat den Glauben an den Rechtsstaat in Österreich unterminiert. (Beifall bei den Grünen.)

Dass wir heute nicht mehr so viele obdachlose Flüchtlinge haben wie noch im Novem­ber, das konzediere ich Ihnen auch. Darum gilt, Herr Bundesminister, meine Sorge, aber auch mein Bemühen einer konstruktiven Lösung der Situation, mit der wir heute konfrontiert sind.

Über diese Übergangssituation bis zum 1. Mai, wonach die Artikel 15a-Vereinbarung über die Betreuung von AsylwerberInnen in Österreich in Kraft tritt, und über die Mög­lichkeiten, die ein Innenminister hat, nämlich Einfluss zu nehmen auf das, was in nach­geordneten Dienststellen, aber auch mittels privatrechtlicher Verträge mit Betreuungs­organisationen passiert, möchten wir uns heute unterhalten und an Sie eindeutige Appelle, aber vor allem eindeutige Aufforderungen richten.

Deshalb haben wir einen neuerlichen Entschließungsantrag formuliert, um Ihnen bei­zustehen, Herr Minister! Sie beschäftigen sich schon eine Zeit lang mit Asyl- und Flüchtlingsfragen, denn bald ist der 4. Feber, und dann sind Sie vier Jahre lang Innen­minister. Sie sind sozusagen derjenige, der sich am intensivsten damit beschäftigt – ich sage jetzt nicht: beschäftigen sollte. Sie sind der oberste Dienstherr über all jene, die in diesen Fragen Verantwortung haben. Deshalb bemühen wir uns, jetzt für jene Fälle, in denen es zu Notsituationen, was die Betreuung angeht, kommen kann, Vorsorge zu treffen.

Herr Präsident! Ich möchte jetzt zu unserem Entschließungsantrag kommen. Ich habe gehört, dass er nicht kopiert und nicht verteilt wird, obwohl er sehr umfangreich ist, aber vielleicht überlegt man es sich noch einmal. Ich schreibe die Entschließung so, um Papier zu sparen, hätte ich einen großen Zeilenabstand gemacht, dann wären es dreieinhalb Seiten gewesen, und dann wäre er schon verteilt. So sind es drei Seiten!

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Er wird verteilt, Frau Abgeordnete! Streiten wir nicht, halten Sie dafür die Redezeit ein! (Allgemeine Heiterkeit.)

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Herr Präsident! Ich streite nicht, ich argumentiere, und zum Austausch von Argumenten sind wir ja im Parlament.

Herr Präsident! Ich möchte dem Herrn Minister den Inhalt des Entschließungsantra­ges – so schreibt es die Geschäftsordnung auch vor – in kurzen Worten skizzieren; das muss ich ja tun. Das ist jetzt an den Herrn Minister gerichtet, gar nicht so sehr an den Herrn Präsidenten, weil dem Minister gilt dieser Entschließungsantrag, Herr Präsident!

Herr Minister! Es sollen jetzt Maßnahmen für den Fall steigender Asylantragzahlen getroffen werden, um potenzielle Situationen, die sehr schnell auftreten können, zu entschärfen. Kriege kündigen sich manchmal nicht lange vorher an; und selbst wenn


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 177

sie sich in der Vergangenheit angekündigt haben, war es meine Erfahrung, dass die österreichische Bundesregierung, wenn es um den Schutz von Vertriebenen und Flüchtlingen gegangen ist, immer so getan hat, als wäre der Krieg aus heiterem Himmel gekommen. Sie waren nämlich unvorbereitet. In diese Situation, Herr Minister, wollen wir Sie und uns nicht mehr bringen. Das ist eine der Forderungen des Entschlie­ßungsantrages. Aber die wesentlichen Punkte betreffen die Geschehnisse der letzten Monate rund um die Verhinderung der Asylantragstellung in Österreich.

Herr Minister! Sie sind – das habe ich den Medien entnommen – Anfang November letzten Jahres beim Grenzposten in Gmünd gewesen und haben dort ein Eurodac-Ge­rät eingeweiht beziehungsweise der Öffentlichkeit präsentiert, das ein nützliches Instru­ment in Sicherheitsfragen ist. Genau in diesem Zeitraum wurden rund 70 Tschetsche­nen daran gehindert, Asylanträge in Österreich zu stellen – gehindert von österreichi­schen Beamtinnen und Beamten!

Herr Minister, wir fordern Sie im Entschließungsantrag auf, umgehend Weisung zu er­teilen, dass Vorgangsweisen wie diese, die sich nämlich – das habe durch die Zeitung erfahren – im Jänner dieses Jahres wie ein Déjà-Vu wiederholt haben, nicht mehr passieren. Wir fordern Sie auf, diese Vorgangsweise mittels Weisung zu stoppen.

Herr Präsident! Im Wesentlichen habe ich jene zwei Punkte, die Inhalt der konstruk­tiven Bitte an den Herrn Minister sind, nämlich zu handeln, für Notsituationen vorzusor­gen und Rechtswidrigkeiten abzustellen, wie sie in Gmünd passiert sind, skizziert. Es gibt schon Maßnahmenbeschwerden vom UVS, es gibt Menschen, die in Tschechien in Lagern sitzen und sagen, sie wurden daran gehindert, in Österreich Asylanträge zu stellen. Herr Minister! Das müssen Sie abstellen, das haben wir nicht notwendig.

Österreich hat nämlich Situationen in den neunziger Jahren erlebt – damit komme ich zum Schluss –, in denen weit mehr Menschen in Österreich Schutz vor Verfolgung gefunden haben als heute. Die Aussagen dahin gehend: Wir sind am Rand der Kapazi­täten, wir können niemanden mehr aufnehmen, haben in Zeiten des Bosnien-Krieges nicht gegolten. Das hat Ende der achtziger Jahre nicht gegolten. Da gab es viel mehr Menschen in der Bundesbetreuung als heute. Und die Zeiten haben sich Gott sei Dank nicht verschlechtert, sondern verbessert. Die EU hat diesbezüglich eindeutige Maß­nahmen getroffen und eindeutige Aufträge erteilt, und die sollten Sie, Herr Minister, umsetzen und befolgen. Das ist alles, was wir wollen. So harmlos und so einfach ist es!

Ich hoffe, meine Damen und Herren, Sie sind bei uns, wenn es um den Schutz von Flüchtlingen geht, und stimmen dem Entschließungsantrag zu. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.37

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und wird verteilt, wobei ich aber darauf aufmerksam mache, dass die Frage der Verteilung nicht vom Umfang der Begründung abhängt, sondern vom Umfang des Entschließungstextes. Außerdem habe ich ein schlechtes Geschäft gemacht, weil Sie die freiwillige Redezeitbeschränkung trotzdem um 55 Prozent überschritten haben.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Van der Bellen, Stoisits, Weinzinger, Freundinnen und Freunde be­treffend unverzügliche Wiederherstellung des Rechts auf Schutz vor Verfolgung und die Sicherstellung der umfassenden Betreuung von AsylwerberInnen, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 178

den Entschließungsantrag 287/A(E) der Abgeordneten Prof. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bun­desminister für Inneres wegen tagtäglichen Rechtsbruchs durch Verweigerung der Unterbringung und Versorgung von AsylwerberInnen (357 d.B.)

In der Nacht vom 31.10. auf den 1.11.2003 wurden 72 Tschetschenen laut überein­stimmender Aussagen der Betroffenen von tschechischen Grenzgendarmeriebeamten unmittelbar an die österreichische Grenze geführt und es wurde den Flüchtlingen be­deutet bzw befohlen, den Grenzfluss Laisnitz Richtung Österreich zu überqueren. Die Personen hatten den Eindruck, dass die österreichischen Beamten über ihren bevor­stehenden Grenzübertritt vorinformiert waren, denn an der österreichischen Seite des Flusses warteten bereits zwei Kleinbusse der Gendarmerie, die die Personen zu einem nahe gelegenen Gendarmerieposten führten. Obwohl die Personen nach eigenen – übereinstimmenden – Aussagen wiederholt den Beamten zu verstehen gegeben haben, dass sie Asyl beantragen wollen, wurden ihre Anträge mehrheitlich nicht ange­nommen, nicht protokolliert und die meisten von ihnen mit fünfjährigen Aufenthalts­verboten belegt und am nächsten Tag nach Tschechien zurückgeschoben.

Innenminister Strasser, der sich in diesen Tagen in Gmünd aufhielt, sagte im ORF-Rundfunk zu dieser Zurückschiebungsaktion von tschetschenischen AsylwerberInnen: „Wenn es keine Möglichkeit gibt Quartiere anzubieten, können wir auch keine Asylwer­ber aufnehmen, das ist eine klare Sache. Wir werden sie einladen so wie jetzt hier in Gmünd, dass sie zurückgehen“. Dem Innenminister war also sehr wohl bekannt, dass es sich bei dieser Rückschiebeaktion von ca. 70 Personen um AsylwerberInnen han­delte.

Dazu stellt die zuständige Kommission des Menschenrechtsbeirats in ihrem – bereits zweiten – Dringlichkeitsbericht zu GÜP Gmünd vom 1.12.2003 fest:

„Die Anhalteblätter betreffend den Grossaufgriff vom 31.10. auf den 1.11.03, von dem auch in den Medien berichtet worden ist, waren nicht vollständig. Von mindestens 15 der 70 Angehaltenen waren weder eine Geschäftszahl vorhanden, noch die Akten oder ein Anhalteblatt auffindbar. (..) In einem dokumentierten Fall ist in der Niederschrift ein aktiver Asylantrag vermerkt, gleichzeitig wurden ein Aufenthaltsverbot und die Schub­haft verhängt. Auf dem dazugehörigen Laufzettel ist die Rubrik „Asylantrag“ mit „nein“ beantwortet. Ein weiterer Tschetschene, der offenbar zum selben Zeitpunkt am selben Ort festgenommen wurde, wollte lt. Niederschrift ursprünglich in Österreich um Asyl ansuchen, hat sich jedoch nach ‚eingehender Erörterung der derzeitigen Situation in Österreich’ dazu entschieden, in die Tschechische Republik zurückzugehen“.

Die Kommission weiter: „ Aus menschenrechtlicher Sicht stellt sich daher die Frage, ob die betreffenden Personen (in der Mehrzahl Flüchtlinge aus Tschetschenien) durch Drohungen oder ähnliche Maßnahmen der BH Gmünd als Fremdenpolizeibehörde 1. Instanz daran gehindert werden, ihr Recht auf Asyl durch Einbringung eines Asylan­trages gemäß § 3 Abs. 2 Asylgesetz geltend zu machen, womit auch eine eventuelle Verletzung des Refoulement-Verbots gemäß Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention, Art. 3 EMRK und Art. 3 der UNO-Konvention gegen die Folter (siehe auch § 57 Frem­dengesetz) verbunden wäre. (..) Auch aus verschiedenen Berichten in den Medien (z.B. die Recherche des Falter in Tschechien, Ausgabe 46/03) ergibt sich, dass tschet­schenische Flüchtlinge keineswegs so ‚freiwillig’ wieder nach Tschechien zurückge­kehrt wären, wie dies vom BMI verkündet worden war. (..) Es verdichtet sich daher der Verdacht, dass durch die seit dem 1. November 2003 von der BH Gmünd geübte Praxis, Flüchtlinge davon zu überzeugen, dass es für sie besser wäre, wieder nach Tschechien zurückzukehren, nicht nur die einschlägigen Bestimmungen in § 3 Abs. 2 Asylgesetz und § 57 FrG, sondern auch die Menschenrechte auf Asyl (Art. 14 der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 179

Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Art. 19 der EU-Grundrechtscharta) und Non-Refoulement (insbes. Art. 3 EMRK) verletzt werden“ .

Laut Kronenzeitung vom 15.1.04 wurden am 9.1.04 ebenfalls, diesmal 42 Tschetsche­nInnen, von tschechischen Beamten zur österreichischen Grenze eskortiert und mit der oben geschilderten Vorgehensweise wieder am Grenzübergang bei Gmünd angehalten und anschließend nach Tschechien zurückgeschoben. Auch von diesen Personen wur­den – laut Sicherheitsdirektion Niederösterreich – nur zwei Asylanträge angenommen. Es ist also zu befürchten, dass am Grenzübergang Gmünd Asylanträge wiederholt und systematisch nicht angenommen werden und die Grenzbehörden der beiden Länder in konzertierten Aktionen die AsylwerberInnen um ihr Recht auf Schutz vor Verfolgung bringen. Denn nach tschechischem Recht verlieren AsylwerberInnen ihr Recht auf Asyl, wenn sie tschechisches Staatsgebiet verlassen, was mit Betreten des österreichi­schen Staatsgebiets der Fall wäre. Gleichzeitig „entledigt“ sich die österreichische Behörde der AsylwerberInnen durch Nicht-Annahme von Anträgen, Ausstellung von Aufenthaltsverboten und durch Zurückschiebung in die Tschechische Republik.

Abgesehen von diesen Rechtswidrigkeiten und Menschenrechtsverletzungen mehren sich auch die Medienberichte, die von katastrophalen Zuständen in der Betreuungs­stelle Traiskirchen betreffend Versorgung mit Essen, mit einem Schlafplatz und mit dem Allernotwendigsten berichten (siehe Profil 2 vom 5. Jänner 2004). Aufgrund der Sparpolitik des Privatunternehmens European Homecare, das als Billigstbieter den Aufschlag für die Führung der Betreuungsstelle bekommen hat, werde überall, beim Essen, bei der ärztlichen Versorgung, beim Warmwasser und bei der Kleidung gespart, so die Flüchtlinge in ihren Aussagen. Das übrig gebliebene Essen werde von den Security-Mitarbeitern an AsylwerberInnen verkauft, wer sich über die Zustände be­schwere, dem werde mit Rausschmiss aus der Betreuungsstelle gedroht, so die Vor­würfe. Auch die Tatsache, dass derzeit 1500 AsylwerberInnen von nur 45 Angestellten von European Homecare betreut werden, die noch dazu zum Großteil nicht als Flücht­lingsbetreuerInnen ausgebildet sind, gibt Anlass zur großen Sorge. Die Unterbringung in Traiskirchen gleicht mehr einer Verwahrung als einer umfassenden Betreuung von AsylwerberInnen. Wo 1500 Menschen auf engem Raum und noch dazu ohne Betreu­ung und sinnvolle Beschäftigung zusammengepfercht sind, sind Massenschlägereien mit Todesfolge, wie dies im August 2003 bereits der Fall war, nicht auszuschließen. Für die Sicherheit und das Wohlergehen der AsylwerberInnen ist der Innenminister als zuständiger Ressortchef verantwortlich.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert;

1) den Empfehlungen des Menschenrechtsbeirats und seiner Kommissionen als Bera­tungsorgan des Innenministers betreffend die Bezirkshauptmannschaft und den Grenz­übergangsposten Gmünd bezüglich Gewährleistung des Rechts auf ein faires Asyl­verfahren und auf Schutz gegen Zurückschiebung der AsylwerberInnen in das Land, in dem sie verfolgt wurden, zu folgen und unverzüglich für eine restlose Aufklärung der geschilderten Vorfälle zu sorgen

2) unverzüglich die Weisung zu erteilen, die auch vom Menschenrechtsbeirat festge­stellte Vorgangsweise der Nicht-Annahme von Asylanträgen und Zurückschiebung von AsylwerberInnen durch die BH Gmünd zu stoppen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 180

3) das Recht auf ein faires Asylverfahren und auf Schutz gegen Zurückschiebung der AsylwerberInnen in das Land, in dem sie verfolgt wurden, allgemein – also an allen Grenzübergangsstellen – zu gewährleisten

4) Maßnahmen für den Fall von steigenden Asylantragszahlen zu treffen, damit bei einer potenziellen, neuen oder verstärkten Fluchtbewegung genug Unterkünfte für die Unterbringung von AsylwerberInnen zur Verfügung stehen

5) ein Konzept zur rechtlichen, psychosozialen, medizinischen Betreuung von Asylwer­berInnen vorzulegen, das von der derzeitigen Verwahrungspraxis weg kommt und ein echtes Betreuungssystem etabliert, das eine menschenwürdige Behandlung, eine um­fassende Betreuung von AsylwerberInnen – insbesondere von besonders verletzlichen Gruppen wie Traumatisierten und unbegleiteten Minderjährigen – durch ausreichen­des, fachlich qualifiziertes Personal und die sinnvolle Beschäftigung von AsylwerberIn­nen gewährleistet.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


18.37

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident, ich hoffe, Sie machen mit mir auch einmal so ein Geschäft, wenn es um die Redezeit geht.

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Dann stelle ich die Uhr gleich auf 8 Minuten, wenn Sie das wünschen.

 


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Nein, ich glaube, ich komme mit 4 oder 5 Minuten aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn überhaupt jemand einmal der Meinung war, dass der Misstrauensantrag gegen den Innenminister gerechtfertigt und nicht nur eine Aktion der Opposition war, um wieder einmal den Innenminister zu diffamieren, dann hätte er spätestens im Innenausschuss erwartet, dass dieser Misstrauensantrag zurückgezogen wird, denn jeder hat gesehen, dass eine Entspannung eingetreten ist auf Grund des Abkommens, das Mitte Dezember mit den Ländern getroffen worden ist.

Wenn ich mich an die Redebeiträge im Ausschuss erinnere, dann ist durchgeklungen: Eigentlich haben wir ohnehin nichts gegen Sie, Herr Minister, und eigentlich ist es nicht mehr gerechtfertigt, diesen Misstrauensantrag aufrecht zu erhalten, aber weil wir ihn schon einmal gestellt haben, deshalb bleiben wir dabei. – Das haben Sie signalisiert, meine Damen und Herren von der Opposition, und zwar nicht nur von den Grünen, sondern auch von der SPÖ.

Jetzt versuchen Sie, diesen Misstrauensantrag mühsam aufrecht zu erhalten und ihn mit allen möglichen Misstrauensvorwürfen und so weiter zu „unterfüttern“, nur damit Sie nicht zugeben müssen, dass dieser Misstrauensantrag ganz einfach nicht gerecht­fertigt war. Es wäre aber ehrliche Politik, wenn Sie sagen würden, wir hatten damals aus diesen und jenen Gründen dieses Misstrauen, aber es war nicht gerechtfertigt, wir ziehen den Antrag zurück. Aber das kann man leider Gottes von Ihnen nicht verlangen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beispielsweise schreiben die Grünen in die­sem Misstrauensantrag, es sei Aufgabe des Innenministers der Republik, die Einhal­tung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonven­tion in seinem Zuständigkeitsbereich zu garantieren. – Wir alle bekennen uns zur


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 181

Genfer Flüchtlingskonvention und zur Einhaltung der Menschenrechtskonvention, aber wir verschließen nicht die Augen vor der realen Situation.

Tatsächlich ist es so, dass der größte Teil jener Asylwerber, die jetzt in Österreich sind, keine Flüchtlingseigenschaften nach der Genfer Konvention haben, sondern dass das ganz einfach Menschen sind, die nach Österreich kommen, hier um Asyl ansuchen und versuchen, möglichst lange hier zu bleiben oder auch unterzutauchen. Dann zu verlangen, dass diese 40 000 Asylwerber, die in Wirklichkeit keinen einzigen Asylgrund vorweisen können, der sie nach der Genfer Konvention wirklich berechtigen würde, um Asyl anzusuchen, in Bundesbetreuung genommen werden, das finde ich ganz einfach nicht gerechtfertigt. 12 Millionen € pro Monat würde es uns kosten, all diese 40 000 Asylwerber zu versorgen.

Frau Abgeordnete Stoisits hat gemeint, dass früher mehr Flüchtlinge in Österreich waren. – Das kann schon möglich sein, aber wir haben gewusst, dass diese Flücht­linge nur kurze Zeit in Österreich sind und dann weiterwandern werden. So war es ja auch, beispielsweise Ungarn, Polen, Tschechen sind nach einer gewissen Zeit wieder zurückgewandert oder weitergewandert und sind nicht in der Absicht nach Österreich gekommen, für immer hier zu bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein wesentlicher Unterschied.

Österreich hat immer – ich meine schon, dass man das immer wieder betonen muss –echten Flüchtlingen gegenüber seine Pflicht erfüllt. Wann immer in den vergangenen Jahren eine kriegerische Auseinandersetzung war, hat Österreich vollstes Verständnis gezeigt, Quartiere und Geld zur Verfügung gestellt und sich niemals vor der Aufnahme von Flüchtlingen gedrückt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich finde, Sie müssen einmal einsehen, dass wir auch Maßnahmen ergreifen müssen, um zu zeigen, dass wir jene Menschen, die keine Flüchtlinge sind, die ganz einfach nur zu uns kommen wollen, um hier ein neues Leben aufzubauen, nicht so versorgen können wie echte Flüchtlinge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Wir haben es heute bei der Erklärung des Bundeskanzlers schon erlebt: Offensichtlich erfreuen Sie sich daran, Österreich und die österreichische Politik schlecht zu machen. Sie lassen überhaupt nichts gelten, weder bei der Steuerreform noch in der Asylpolitik, was günstig ist für Österreich. Sie würden niemals sagen, dass Österreich große Leistungen erbracht hat (Abg. Kößl: Genau! – Abg. Wittauer: Stimmt!), weder in der Steuerpolitik noch in der Asylpolitik.

Ich glaube, Sie sollten einmal umdenken, Sie sollten anerkennen, was alles Großarti­ges geleistet wird, was die Steuerzahler alles tun für die Asylwerber, obwohl viele von ihnen, wie gesagt, zu Unrecht hier sind. Anerkennen Sie das doch endlich einmal, anerkennen Sie die großen Leistungen der Österreicher! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade unter dem Gesichtspunkt dessen, was ich gerade hinsichtlich des Missbrauchs des Asylrechtes gesagt habe, ist, Frau Abgeordnete, der letzte Satz des Misstrauensantrages besonders empörend. Da heißt es – Frau Abgeordnete Stoisits ist wahrscheinlich federführend –:

Minister Strasser nimmt dabei Obdachlosigkeit, Verelendung und letztlich den mög­lichen Tod von AsylwerberInnen in Kauf und begeht Rechtsverletzung in Ausübung seiner Amtstätigkeit. – Zitatende.

Wie gesagt, gerade in Anbetracht dessen, was ich gerade über den Missbrauch des Asylrechtes gesagt habe, finde ich es skandalös, welche Vorwürfe Sie dem Innen­minister machen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 182

Frau Abgeordnete Stoisits, wenn Sie dem Innenminister mit Ihrem Entschließungsan­trag Beistand anbieten, dann kann ich dem Innenminister nur raten, auf den Beistand von Leuten, die solche Anträge stellen, zu verzichten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.43

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte. (Abg. Wittauer: Jetzt bin ich neugierig, was das mit dem Konsumentenschutz zu tun hat! – Abg. Mag. Maier stellt das Titelblatt einer Ausgabe der „Kronen Zeitung“ mit den Schlagzeilen „Blinde Justiz“, „Exekutoren zerren einen Buben von seinem Vater weg. Ein Richter hat es so angeordnet.“ auf das Rednerpult.)

 


18.44

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie sind zuständig für das Abschieben von Asylwerbern, der Justizminister ist dafür zuständig, mit Rechtshilfe der Exekutive Kinder unter Einsatz von Brachialgewalt abzuschieben.

Vorweg möchte ich Folgendes sagen: Namens meiner Fraktion möchte ich mich beim Postenkommandanten von Wals-Siezenheim, Kurt Pokorny, recht herzlich bedanken, der in dieser Angelegenheit eine weitere Eskalation vermieden hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Was ist mit dem Justizminister, der sofort reagiert hat?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Fall Christian Wildner und diese Bilder berühren und schockieren Österreich. (Abg. Mag. Mainoni: Ist jetzt der Innenminister schuld?) Eines sollte uns allen klar sein: Man sollte nicht versuchen, autoritär, unter Einsatz staatlicher Zwangsmittel gesellschaftliche und familienrechtliche Probleme zu lösen.

Ich glaube, wir gehen konform darin, dass wir ... (Abg. Wittauer: Der Innenminister ist ganz gespannt, weil es nicht mehr sein Thema betrifft!) – Herr Kollege Wittauer, ich denke, wir sollten ernsthaft diskutieren (Abg. Wittauer: Das muss man sagen, der Justizminister hat sofort reagiert!), weil auch die Exekutive hier einen Beitrag zu leisten hat. Wir bedanken uns für besonnene Beamte, wie sie in Salzburg waren, die einge­schritten sind und diese Amtshandlung abgebrochen haben.

Ich möchte mich nicht auslassen über Fragen der gerichtlichen Entscheidung, ob das Kindeswohl berücksichtigt worden ist, ich möchte nicht darüber diskutieren, warum die Entscheidung des Jugendamtes Salzburg-Umgebung nicht berücksichtigt worden ist (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer), aber eines halte ich fest: Das Vorgehen der Gerichtsvollzieher ist für einen Rechtsstaat und für uns im Parlament unerträglich. So etwas kann und darf nicht mehr vorkommen, dass Kinder wie Schwerstverbrecher behandelt werden!

Die Justiz ist, sage ich hier, auf einem Auge blind. Die WEB-Häftlinge, die zu lang­jährigen Gefängnisstrafen verurteilt wurden, Herr Bundesminister Dr. Strasser, konnten bereits nach einem Monat ihre Freigänge in Anspruch nehmen. Jetzt aber wird mit staatlicher Zwangsgewalt gegen ein Kind vorgegangen. Zwangsmaßnahmen – und das sollten wir alle uns merken – gegenüber einem Kind in dieser Form sind unerträglich! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Sie, Herr Bundesminister, daher ersuchen, Einfluss auf Ihren Ministerkollegen Dr. Böhmdorfer auszuüben, sodass derartige Maßnahmen nicht mehr vorkommen und die Beamten entsprechend geschult werden. (Abg. Mag. Mainoni: Herr Präsident! We­nigstens einen Satz zum Tagesordnungspunkt!) Eines hat sich nämlich herausgestellt: Die Gendarmeriebeamten waren anscheinend besser geschult als die Beamten der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 183

Justiz. (Abg. Wittauer: Herr Präsident! Zur Tagesordnung! Das hat ja nichts damit zu tun! – Ruf: Zur Sache! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abschließend Folgendes: Herr Bundesminis­ter, Sie haben gestern von mir ein Schreiben erhalten zu den Mängeln im Stützpunkt Eko Cobra, Außenstelle Salzburg. Sie haben mir im Ausschuss mitgeteilt, alle Mängel seien behoben. Ich habe Ihnen die Mängel aufgelistet – Ihre Antwort im Ausschuss war jedenfalls falsch. (Abg. Kößl: Das stimmt ja nicht!)

Zweitens würde mich interessieren: Es gibt die Aussendung „BMI Aktuell“ vom 23. Jän­ner 2004, dass der Personalstand in weiteren Ländern aufgestockt wird, nicht im Bun­desland Salzburg. – Ich frage, Herr Bundesminister, wie wollen Sie hier Ihr Verspre­chen gegenüber dem Land Salzburg einhalten? (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Dr. Strasser: Das ist schon eingehalten! – Abg. Mag. Mainoni: Themenverfehlung und Anfrage!)

18.48

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

 


18.48

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Misstrauensantrag gegen unseren geschätzten Herrn Bundesminister Strasser zurückkommen und Folgendes vorausschicken: Österreich hat eine jahrzehntelange Tradition als Asylland. Das hat mit den Flüchtlingen 1956 aus Ungarn begonnen und hält bis heute unverändert an. Das kann aber nur für Flüchtlinge, die im Rahmen der Menschenrechtskonvention oder auf Grund der Genfer Flüchtlingskonvention diesen Status haben, gelten!

Wenn man die Entwicklung der Asylanträge nur der letzten fünf Jahre betrachtet, so sieht man, dass ihre Zahl explosionsartig angewachsen ist. Ich behaupte jetzt hier, dass es sich bei diesen Asylanträgen bei Gott nicht nur um Flüchtlinge im Sinne der Menschenrechtskonvention handelt, sondern einfach um Menschen, denen es daheim nicht so gut geht. Das ist unser Problem.

Ich glaube, man sollte den Menschen auch im Ausland die Wahrheit sagen: Österreich kann nicht Migranten aus allen Teilen der Welt aufnehmen, wir sind dazu nicht in der Lage. Und man sollte so verantwortungsvoll mit den Menschen umgehen, dass man nicht den Eindruck erweckt, nach Österreich könne jeder kommen, hier werde sein Asylantrag positiv erledigt.

Ich danke Herrn Bundesminister Strasser ausdrücklich dafür, dass er diesen Weg der Ehrlichkeit von Anfang an gegangen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, und dass er diese konsequente Linie von Anfang an durchgetragen hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie von den Grünen begründen Ihren Misstrauensantrag gegen einen aktiven, reform­freudigen und erfolgreichen Minister mit Härten in Einzelfällen! Noch mehr: Sie scheu­en nicht davor zurück, dem Herrn Bundesminister Rechtsverletzung und Bruch der Genfer Flüchtlingskonvention vorzuwerfen. – Ich anerkenne, Frau Kollegin Stoisits, dass es Ihnen heute peinlich ist, dass Sie diesen Antrag seinerzeit eingebracht haben. (Abg. Mag. Stoisits: Das ist mir überhaupt nicht peinlich! – Abg. Kößl: Sichtlich pein­lich!) Sie konnten auch heute kein einziges Argument bringen, warum dieser Antrag gerechtfertigt sein soll!

Aber Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, können getrost sein: Noch pein­licher ist der Auftritt der Sozialdemokraten in dieser Frage. Herr Posch, es war Ihnen unangenehm, und Herr Maier hat gleich ein anderes Thema gewählt, damit er zu diesem Antrag keine Aussage treffen muss.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 184

Ich darf Ihnen aber eines sagen: Wir weisen diesen Vorwurf mit allem Nachdruck zu­rück! Und Sie können ja diesen Ihren Vorwurf durch nichts belegen. Ganz im Gegen­teil: Sie wissen, dass die Asylpolitik in Österreich einen sehr guten Weg geht – und das ist Ihnen eben unangenehm, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Oppo­sition! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie begründen Ihren Antrag mit Härtefällen in Einzelfällen, aber: Härtefälle müssen noch lange nicht rechtswidrig sein. Ich bin überzeugt davon, dass alle Beamten, die in diesen Fragen tätig sind, rechtskonform vorgehen – und ich bin stolz darauf, dass Bun­desminister Strasser auch in diesen Fragen zu seinen Beamten steht.

Frau Kollegin Stoisits, auch dieser heutige Entschließungsantrag kann Ihren Miss­trauensantrag durch nichts begründen. Sie wissen, dass die Bundesbetreuung für all jene Menschen sichergestellt ist, die hilfsbedürftig sind und vor allem auch für jene, die mitwirken im Verfahren, indem sie ihre Identität feststellen. Ihr Antrag ist durch nichts gerechtfertigt.

Frau Kollegin Stoisits, ich darf Ihnen sagen: Sie sollten den Mut haben, hier heraus zu gehen und zu erklären: Okay, das war im Herbst; heute ist das anders, daher ist mein Antrag nicht gerechtfertigt – und ich ziehe diesen Antrag daher zurück, weil ich weiß, dass die Asylpolitik einen guten Fortschritt genommen hat! – Ihnen geht es jedoch nicht darum, hier eine objektive Auseinandersetzung mit Fakten zu führen, sondern darum, diese Regierung schlecht zu machen, indem Sie einen Minister nach dem anderen hier im Hohen Hause anzupatzen versuchen. Damit werden Sie aber keinen Erfolg haben. Ein Anpatzen wird Ihnen nicht gelingen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir von der Österreichischen Volkspartei haben volles Vertrauen in unseren Bundes­minister Strasser, denn seine Politik und seine Erfolge sprechen für sich! Es wird Sie daher sicherlich nicht überraschen, dass wir Ihrem Antrag die Zustimmung – und das aus gutem Grund – verweigern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.53

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. – Bitte.

 


18.53

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Was man an dieser Regierungspolitik als Oppo­sition noch schlecht machen könnte, frage ich mich schon! Dafür sorgt schon die Regierung selbst; dazu brauchen wir nichts dazu tun. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Partik-Pablé sagte, sie habe den Eindruck gewonnen, dass wir ohnehin nichts gegen den Innenminister haben – um sie fast wörtlich zu zitieren. Dazu kann ich nur sagen: Da habe ich es wohl an der entsprechenden Deutlichkeit mangeln lassen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie werden es schon nachholen, davon bin ich über­zeugt!) Wir brauchen überhaupt nichts mühsam aufrechtzuerhalten. Ganz im Gegen­teil: Fast schon täglich liefert der Innenminister immer wieder neue Rechtfertigungen und Begründungen, weshalb es mehr als notwendig und angebracht ist, ihm auch heute unser Misstrauen anzusprechen.

Wenn man sich vor Augen führt, dass es am 19. Dezember, nachdem es wochen-, wenn nicht monatelange Forderungen, Proteste, einen Misstrauensantrag, Demonstra­tionen von NGOs gegeben hat, der Innenminister endlich geschafft hat, zumindest für die Weihnachtsfeiertage eine Regelung zu finden, damit niemand in Österreich im Winter auf der Straße, womöglich auch noch über Weihnachten, erfriert, so ist es bei-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 185

leibe kein Grund, dem Herrn Innenminister die Weihrauchfässer zu schwingen und ihn halbselig zu sprechen! Das war und ist doch ein Armutszeugnis! (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kößl: Es gibt eine ganz vernünftige Über­gangsregelung, Frau Kollegin! Sie kennen sich wahrscheinlich nicht aus! Erkundigen Sie sich einmal!)

Mit der Bundesbetreuungsfrage ist in Wirklichkeit gerade einmal die Spitze des Eis­bergs angerissen. Ich kann jetzt aus Zeitgründen nicht im Detail auf das Asylgesetz als solches eingehen, sondern möchte nur einmal mehr festhalten, dass die Regierungs­mehrheit in diesem Hause ein Asylgesetz beschlossen hat, das eindeutig menschen­rechtswidrig und nicht verfassungskonform ist. (Abg. Wittauer: Wo denn? – Ruf: Wer sagt denn das? – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vielleicht sollten Sie nicht nur sich herausstellen und sagen: Wir stehen ohnehin zur Europäischen Menschenrechtskonvention, aber ... – Meine Damen und Herren, da gibt es kein Aber! Man steht zu einer Menschenrechtskonvention. Man hält Menschen­rechte ein, und man beschließt keine Gesetze, die diesen zuwiderlaufen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kößl: Es gibt die Genfer Flüchtlingskonvention und die Euro­päische Menschenrechtskonvention!)

Jetzt noch eine kleine Berichtigung, damit ich mir erspare, dann eine tatsächliche Berichtigung machen zu müssen. Zu den Zahlen, mit denen Sie argumentieren. (Zwi­schenruf des Abg. Wittauer.) – Herr Abgeordneter Wittauer, wenn Sie etwas zum Asyl­gesetz zu sagen haben (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer), dann kommen Sie heraus, aber geben Sie mir zumindest mein mir zustehendes Recht, hier kurz zu reden! (Beifall bei den Grünen.)

Zu den Argumentationen und Zahlen. Gerade mein Vorredner hat von einem „explosi­onsartigen Anstieg“ der Flüchtlingszahlen gesprochen (Abg. Wittauer: Ich habe immer gedacht, eine Aussprache findet statt!), noch nie so viele in Bundesbetreuung wie heute und so weiter.

Ich habe hier eine hübsche, kleine Statistik. Im Jahre 2003 hatten wir, grob gespro­chen, 10 000 Personen in Bundesbetreuung. Im Jahre 1993 gab es – so weit sollte das Langzeitgedächtnis noch reichen – eine Bund-Länder-Aktion anlässlich der bosnischen Kriegsflüchtlinge, wobei allein mit dieser Aktion über 40 000 Personen in Österreich in Bundesbetreuung untergebracht werden konnten. (Abg. Wittauer: Das ist ja ein Unter­schied! ...) 1993 ging es, und da gab es zusätzlich noch einmal 2 500 Betreute jenseits dieser Aktion.

Sie, Herr Abgeordneter Kößl, wollen mir erklären, dass wir uns heute in unserem Lande – wobei Sie dauernd sagen, dass es uns in Österreich wirtschaftlich und ein­kommensmäßig immer besser und besser geht – nicht einmal ein Viertel dieser damali­gen Zahlen in der Bundesbetreuung leisten können!? (Abg. Kößl: Sie hätten besser aufpassen müssen, was ich Ihnen gesagt habe!)

Ich rede jetzt gar nicht davon, wie mit dem Rechtsstaat umgegangen wird, wenn der OGH sagt, es gibt einen rechtlichen Anspruch auf Bundesbetreuung für alle Asylwerbe­rinnen und Asylwerber (Abg. Dr. Trinkl: Für hilfsbedürftige!) und der Minister einen wochenlangen Abwehrkampf gegen dieses Urteil führt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer: Luft holen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeordnete, eine Sekunde! – Ich rufe alle Mitglieder der Präsidiale zu Zeugen auf, dass wir uns ausführ­lich darüber unterhalten haben, dass Zwischenrufe selbstverständlich legitim sind, dass wir aber alle nicht haben wollen, dass ein Redner/eine Rednerin quasi durch perma­nentes Dazwischenrufen daran gehindert wird, sich zu artikulieren. Hinzugefügt worden


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 186

ist, dass man besonders vorsichtig sein muss, wenn es sich um Kolleginnen handelt. Auch darin hatten wir Konsens. Und dann hat noch ein Mitglied der Präsidialkonferenz hinzugefügt, der Präsident möge darauf achten, dass sich nicht Abgeordnete, die wo­anders sitzen, in die erste Reihe setzen und eben diese Praxis anwenden.

Ich bitte, das a) im Protokoll nachzulesen und b) sich daran zu halten. (Beifall bei Ab­geordneten der SPÖ und der Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber Redner sollen nicht so provozieren!)

Bitte setzen Sie fort!

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (fortsetzend): Danke schön. – Meines Wissens gibt es keine Geschäftsordnung im Parlament, was als Provokation vom Rednerpult zu interpretieren und vom Präsidium zu untersagen ist.

Ich möchte jetzt zur aktuellen Praxis kommen, die, wie ich glaube, erst recht ein Miss­trauen dem Minister gegenüber rechtfertigt. Wir hatten bereits einmal eine Diskussion über die Einladungspolitik des Herrn Ministers Strasser in diesem Hause. Bundes­minister Strasser hat tschetschenische Flüchtlinge, von denen nachweislich einige – inzwischen konnte das ja dokumentiert werden – um Asyl ansuchen wollten, die die Grenze bei Gmünd in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November überschritten haben, „eingeladen“, wieder zurückzukehren, weil es in der Bundesbetreuung keinen Platz mehr gäbe.

Jetzt kann man sagen, das war vor Weihnachten, und inzwischen hat ja die Bundesbe­treuung Plätze geschaffen; daher kommt das jetzt sicherlich nicht mehr vor. – Erstens einmal hilft das jenen nichts, die zurückgewiesen und in manchen Fällen mit Aufent­haltsverbot in Österreich versehen wurden, und zweitens gibt es einen neuerlichen Fall, und zwar vom 15. Jänner, wo in Gmünd genau dasselbe passiert ist.

Allmählich habe ich den Eindruck, dass der Innenminister mit der BH Gmünd ein Pilot­projekt gestartet hat, das sehr praktisch ist, denn: Die tschechischen Behörden lassen eine Flüchtlingsgruppe über die österreichische Grenze, informieren die österreichi­schen Behörden vor, damit man diese gleich erwischt. Die österreichischen Behörden schieben zurück, und zwar mit der Begründung: Wir haben in der Bundesbetreuung leider keinen Platz! – Darauf werde ich dann noch kurz eingehen. – Im Endeffekt und als Folge: eine Versagung des Asylrechtes in Österreich sowie eine solche in Tsche­chien, weil nämlich das Verlassen des tschechischen Territoriums als solches den Rechtsanspruch auf Asyl unterminiert.

Also es gibt da eine ganz üble Praxis, bei der Menschen über eine Grenze hin- und hergeschoben werden, Menschen, die oft aus verheerenden Umständen kommen und ein Recht darauf haben, einen Asylantrag zu stellen und diesen ordnungsgemäß ge­prüft zu bekommen. – Dieses Recht unterwandern Sie jedoch laufend, Herr Minister!

Da kann man dann nicht mehr davon reden, dass es in „Einzelfällen“ zu Härten kommt! Da gibt es ein strukturelles Versagen des Ministeriums und die gezielte Politik, Asyl­recht unterwandern und unterminieren zu wollen. Und das ist, wie ich meine, mehr als nur ein Grund zum Misstrauen dem Herrn Innenminister gegenüber, und zwar nicht nur im November, sondern auch jetzt im Jänner. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Dann frage ich mich auch noch, ob Sie auch als Härtefalle die 1 500 Personen qualifi­zieren, die in Traiskirchen unter zum Teil wirklich verheerenden Bedingungen leben, die kaum das Nötigste zum Leben haben. Ich finde es nicht besonders menschen­würdig, wenn sich 300 Menschen, und seien es auch nur 200 oder 100 Menschen, eine Dusche teilen müssen. Ich finde es in einem Land wie Österreich unerträglich, wenn Menschen, die hierher kommen, zum Teil aus deutlich wärmeren Regionen, nicht


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 187

einmal eine Winterkleidung bekommen, nur weil sie einen Stichtag der Anmeldung – nicht durch ihre Schuld – verpasst haben. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt also strukturelle Probleme in der Bundesbetreuung selbst, die auf einem Ni­veau stattfindet, das ich einem der reichsten Länder und einem Rechtsstaat wie Öster­reich nicht zugetraut hätte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.01

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor zirka einem Jahr haben, soweit ich mich erinnern kann, doch die Grünen vehement versucht, in die Regierung zu drängen, und versichert, dass sie regierungsfähig, regierungsbereit und was weiß ich was alles wären. Wenn ich mir den heutigen Tag anschaue und feststelle: Miss­trauensantrag gegen den Finanzminister, Misstrauensantrag gegen den Innenminister, harsche Worte gegen den Bundeskanzler, dann muss ich sagen: Also das wäre eine „schöne“ Regierungsbeteiligung! Danke vielmals, ich bin froh darüber, dass das nicht gelungen ist. (Abg. Öllinger: Das glaube ich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herrn Abgeordneter Maier, der jetzt wieder da ist, darf ich den aktuellen Stand zur Kenntnis bringen, damit das auch gesagt ist, obwohl das nicht Thema dieses Tagesordnungspunktes ist: Minister Böhmdorfer greift in der Causa „Christian“ hart durch. Das wird dokumentiert durch eine Schlagzeile und einen Artikel in der „Kronen Zeitung“ von morgen. Selbstverständlich hat der Minister in dem Moment, als er das gehört hat, reagiert:

„Minister Böhmdorfer: ,Gewalt gegen Kinder ist unzulässig’“. – Dazu darf ich sagen: Wir sind sehr froh darüber, dass unser Bundesminister da sofort reagiert hat.

Sehr geehrte Damen und Herren, zum Thema kommend: Der Entschließungsantrag, besser gesagt seine Begründung, beweist doch einmal mehr, wie wichtig dieses neue Asylgesetz für uns in Österreich ist, denn nur bei einem raschen und objektiven Verfah­ren wissen die Asylwerber relativ bald oder sogar sehr bald, wie sie denn wirklich dran sind. Auch der ganze Unfug mit den Kettenanträgen, der da derzeit noch praktiziert wird, hat dann endlich ein Ende.

Durch dieses neue Asylgesetz wird sich einiges verbessern. Ich nenne einige Bei­spiele, etwa die Häftlingszahlen in Österreichs Gefängnissen:

Zum Stichtag 29. Dezember 2003 waren insgesamt 409 Nigerianer im Gefängnis, 224 davon in Strafhaft. Da soll mir einer erklären, dass das lauter Geschäftsleute oder sonst irgendetwas sind. No na, natürlich sind das größtenteils so genannte Asylwerber, Scheinasylanten. – Das wird sich dann relativ rasch ändern!

Oder: Es sitzen derzeit 135 Georgier in Österreichs Gefängnissen ein, und bei den Herrschaften aus Sierra Leone oder aus Gambia sind es 80 und 71 Personen. – Mit dem neuen Asylgesetz wird sich auch da relativ rasch Gott sei Dank etwas ändern!

Noch etwas wird sich verbessern. In einem Artikel der heutigen Ausgabe der „Kronen Zeitung“ stand zu lesen: „Tschetschenen-Clan war mit Quartier unzufrieden“. Ich zitiere:

„In der Ortschaft Eberstein im Bezirk St. Veit war für die Flüchtlinge in den Schlossstu­ben ein Quartier vorbereitet. Doch als ein Tschetschene merkte, dass in den Zimmern


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 188

weder TV-Gerät noch Sat-Anlage vorhanden waren, weigerten sich alle anderen, den Bus zu verlassen. Sie forderten, sofort in eine ,bessere Unterkunft’, in eine größere Stadt gebracht zu werden. ... Dieser Clan hat bereits einmal durch einen ,Hungerstreik’ gegen angeblich schlechtes Essen in einem Asylantenquartier protestiert.“ (Abg. Mag. Trunk: Absoluter Blödsinn! ...)

Also ich glaube, dass sich das auch schlagartig mit dem neuen Asylgesetz bessern wird!

Warum ist denn dieses Gesetz so wichtig geworden? Ich sage Ihnen, wie die Zahlen der Asylwerber in den vergangenen Jahren explodiert sind – etwas, wovor die Oppo­sition offensichtlich auch die Augen verschließt –: Im Jahr 1993 waren es noch 4 744 Asylwerber, also Personen, die in Österreich um Asyl angesucht haben, im Jahr 1998 waren es bereits 13 800, im Jahr 2000 waren es schon 18 200, und im Jahr 2002 gab es eine Verdoppelung auf 36 980 Asylansuchen – und das alles mit dem gleichen Gesetz, das auf 4 700 Asylwerber ausgerichtet war! Natürlich ist es an­gesichts dessen dringend notwendig, da etwas zu unternehmen.

Zum Schluss noch eines, weil ich immer von der Opposition höre, das österreichische Gesetz sei ach gar so streng, es sei ein Einzelfall in der Europäischen Union, es sei weit mehr als eine Pflichtübung, man springe voraus auf den ersten Platz an Härte. Ich zitiere hier aus einem Artikel einer Zeitung, die „Öffentliche Sicherheit“ heißt: „Neues Asylrecht. In Frankreich ist am 1. Jänner 2004 das neue Asylgesetz in Kraft getreten. Es sieht klare Kriterien für die Bewertung der Asylanträge vor sowie kürzere und ein­fachere Verfahren; abgelehnte Asylwerber können rascher abgeschoben werden.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist mitnichten ein Einzelfall, und wir sind sehr froh darüber, dass es dieses neue Asylgesetz geben wird. Es wird vieles zum Besseren für Österreich verändern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

19.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

 


19.06

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Kößl – er hat sich der Debatte entzogen – hat eine Rede gehalten, bei welcher ich mir gedacht habe: Na ja, der Sicherheitssprecher der ÖVP nimmt Stellung, doch der Applaus ist sehr dürftig! Das hat mich schon sehr „beeindruckt“. (Abg. Mag. Mainoni: Die Rede hat dich offensichtlich auch beeindruckt!) Zum Zweiten hat er wieder seinen üblichen Schmäh erzählt, den auch der Minister immer wieder darlegt, dass nämlich die Opposition schuld daran sei, dass die Behandlung der Asylmaterie im Parlament nicht früher möglich gewesen wäre.

Ich stelle zum wiederholten Male klar und richtig: Ein Bundesminister muss wissen, wann er einen Antrag in das Parlament bringen muss, damit diese Materie seinen Zeit­vorstellungen entsprechend dort behandelt werden kann! Außerdem stellt sich die Frage, ob er sich der Mehrheit nicht sicher gewesen ist, um in die Verhandlungen gehen zu können, denn den Gesetzestext hat er ja vorbereitet gehabt. Das heißt, er hätte ja durchaus mit den Ländern die Verhandlungen führen können, oder er war sich nicht sicher, dass er die Mehrheit hier bekommt. Also das zu beurteilen überlasse ich Ihnen. Auf alle Fälle trifft die Verantwortung, wenn ihm irgendetwas nicht passt, ihn ausschließlich ganz alleine. Das sei einmal festgehalten. Reden Sie sich bei Ihrer Un­fähigkeit nicht mehr auf die Opposition aus! Das möchte ich Ihnen ins Stammbuch schreiben.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 189

Meine Damen und Herren! Ich halte fest, dass wir den Antrag der Grünen auf Versa­gen des Vertrauens gerne unterstützen würden, nicht nur wegen der Verhaltensweise des Bundesministers in den Asylfragen, sondern vor allem auch deshalb, weil die sicherheitspolitische Bilanz des Ministers eine Katastrophe darstellt und die Sicherheit Österreichs immer stärker gefährdet wird. Das sage nicht ich, man braucht ja nur in der „Tiroler Tageszeitung“ nachzulesen, wo es etwa sinngemäß heißt: Mehr Fälle, deutlich weniger aufgeklärt. Dramatisches Ansteigen der Straftaten.  – Da können Sie nicht sagen, dass das lauter Asylwerber sind.

In Wien haben Sie ja überhaupt eine katastrophale Bilanz, wobei Sie noch einen Schö­nungsversuch gemacht haben. Das sage auch nicht ich, das sagt der „Kurier“. Der „Kurier“ sagt, „dass im letzten Quartal 2003 das letzte Aufgebot losgeschickt worden sei, um auf Biegen und Brechen Verdächtige einzusperren und die Statistik, wenn auch nur für den Moment, zu korrigieren“.

Herr Bundesminister! Ich bin gespannt bei den 30 000 Fällen, die Sie jetzt überprüfen lassen, ob sie richtig eingegeben worden sind, und bin neugierig, wie dann, wenn Sie das nicht manipulieren – das unterstelle ich Ihnen nicht – die Bilanz ausschaut, ob dann immer noch ein Plus von 0,5, und zwar bei einer ganz schlechten Aufklärungsrate in Wien, die bei 26,8 Prozent liegt, herauskommt. Ich habe das Gefühl, dass Sie auch da ein Desaster erleben werden. Sie werden auch in Wien eine schlechtere Aufklä­rungsrate herausbekommen.

So, wie Sie die Bevölkerung täuschen, tut das auch die FPÖ – und damit komme ich zum Schluss –, denn die FPÖ hat das alles mitbeschlossen, jede Personalmaßnahme, jede Verschlechterung. Im Landtagswahlkampf in Salzburg gibt die FPÖ ein Blatt her­aus, in dem sie schreibt: „Während die Kriminalitätsrate stetig steigt, werden Gendar­merieposten geschlossen“ – von der FPÖ und der ÖVP im Übrigen –, „bleiben Dienst­stellen nachts unbesetzt“ – Schuld FPÖ, ÖVP – „und werden die Exekutivbeamten durch die Reformdrohungen des Innenministers“ – schau, schau! – „bei der Ausübung ihres Dienstes verunsichert und demotiviert.“

Meine Damen und Herren! Damit ist alles gesagt. Jede Salzburgerin und jeder Salz­burger weiß, was er zu tun hat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ellmauer. – Bitte.

 


19.10

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Parnigoni, noch doppelbödiger, als du und deine Fraktion in dieser Sache agieren, kann man gar nicht mehr agieren! Zuerst verzögern die Vertreter sowohl der Grünen als auch der Sozialdemokraten das Zustandekommen von Ausschussterminen, indem sie alle Mög­lichkeiten der Geschäftsordnung voll ausreizen – und dann sind es dieselben, die das verspätete In-Kraft-Treten des Asylgesetzes sowie des Bundesbetreuungsgesetzes beklagen!

Jetzt aber gehen die Grünen in ihrer widersprüchlichen Art sogar noch einen Schritt weiter und stellen einen Misstrauensantrag. Unser Bundesminister Strasser und wir von der ÖVP setzen uns mit einer korrekten und verantwortungsvollen Asyl- und Be­treuungspolitik für jene ein, die Hilfe tatsächlich brauchen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, hören Sie endlich auf mit dem Schlechtreden unseres Heimatlandes!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 190

Folgende nennenswerte Daten verdeutlichen die hervorragende Arbeit unseres Bun­desministers Strasser: Die Zahl der Bundesbetreuungsplätze ist seit der Übernahme des Bundesministeriums für Inneres durch die ÖVP im Februar 2000 von 2 300 auf 9 600 aufgestockt worden. Ebenso gab es im Bundesasylamt eine nennenswerte Auf­stockung der Zahl der dortigen Bundesbediensteten. Sehr vieles in unserem Land hat sich zum Besseren entwickelt – dank der Übernahme des Bundesministeriums für Inneres durch unseren Bundesminister Strasser.

Zu weiteren positiven Errungenschaften unseres Bundesministers Strasser zählen unter anderem die Abschlüsse von Artikel-15a-Verträgen, mit denen die Betreuung der Asylsuchenden zwischen Bund und Ländern geregelt wird.

Auf Grund des Quertreibens der Opposition kann diese Regelung der Betreuung für Asylsuchende durch Bund und Länder erst später als geplant in Kraft treten. Für die Übergangszeit hat es jedoch unser Bundesminister Strasser geschafft, vernünftige Ver­einbarungen mit den NGOs zu schließen.

Von den Oppositionsparteien war und ist keinerlei Engagement zu spüren, den Asyl­suchenden in Österreich Grundversorgung und Schutz zu gewährleisten. Warum ver­suchen Sie immer wieder, und zwar ungerechtfertigt und wenig durchdacht, die hervor­ragende Arbeit von Bundesminister Strasser in der Asylpolitik anzupatzen?

Woher nehmen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, eigentlich immer wieder Ihre „Informationen“ zu Schmäh-Märchen, die Sie stets medial ausspielen?

Niemand wird aus der Bundesbetreuung entlassen – es sei denn, es handelt sich um Menschen, die bereits gerichtlich verurteilt sind oder ein unzumutbares Verhalten für andere darstellen. Dank der vernünftigen Politik unseres Innenministers Strasser wer­den gegenwärtig traumatisierte und unbegleitete Minderjährige eine besondere Betreu­ung erhalten. Zudem sind kurzfristig 3,5 Millionen € in die Bundesbetreuung, und zwar zur Verbesserung der Infrastruktur, investiert worden. Ganz klar: Die Errungenschaften unseres verdienten Bundesministers Strasser machen Ihren Misstrauensantrag von sich aus obsolet. Es gibt kein stichhaltiges und durchdachtes Argument, das diesen Ihren Antrag untermauern könnte.

Für meine Fraktion weise ich daher diesen Misstrauensantrag auf das Entschiedenste zurück! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.13

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.14

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist ja heute schon sehr viel – und auch Richtiges – über die gesetzliche Verpflichtung zur Unterbringung und Versorgung vor allem bedürf­tiger AsylwerberInnen gesagt worden.

Herr Bundesminister! Uns Sozialdemokraten geht es in der Fremden- und Asylpolitik um die Sicherstellung der Grundversorgung für alle Flüchtlinge. Allen schutzbedürfti­gen Flüchtlingen müssen wir Hilfestellung leisten, müssen wir Menschlichkeit schen­ken. Sie jedoch, Herr Bundesminister Strasser, gehen mit Ihrer restriktiven Asylpolitik einen anderen Weg, einen Weg, der nicht unsere Zustimmung findet, worauf wir ja wiederholt hingewiesen haben, aber Sie, Herr Bundesminister, haben unsere konstruk­tive Kritik nicht ernst genommen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Konstruktiv ist da gar nichts an der Kritik!), haben unsere Einwände, unsere Anregungen und viele unserer Vor­schläge, die ja auch Ihnen, Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé, bekannt sein dürften,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 191

nicht berücksichtigt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Schauen Sie im Duden nach, was „kon­struktiv“ heißt!)

Gerade unsere Politik hiezu, aber auch die Artikel-15a-Vereinbarungen wurden heute schon erwähnt. Eine solche haben wir auch für Wien – das müssen Sie doch bestäti­gen – immer wieder gefordert, und wir waren auch in Wien bereit, diesbezüglich in finanzielle Vorlage zu treten. Gerade mit unserer Politik in Wien konnten wir sehr rasch 500 Unterkunftsplätze für Flüchtlinge zur Verfügung stellen, um gerade auch in der Vorweihnachtszeit eine sich abzeichnende unerträgliche Situation sowie drohende Ob­dachlosigkeit hintanzuhalten. Das beweist eben, dass vernünftiges Miteinander Sinn macht. Ihre restriktiven Asylrechtspläne hingegen sind auch europaweit nicht konsens­fähig; das geht allen zu weit, vor allem geht es zu Lasten asylsuchender Menschen – und daher ein entschiedenes Nein zu dieser Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

19.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Kapeller. – Bitte.

 


19.16

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoch geschätzter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, diesem Minister Versagen bei der Versorgung und Unterbringung von Asylwerbern vorzuwerfen ist schon absurd, denn in seiner vierjährigen Amtszeit hat Ernst Strasser wirklich sehr viel für die Bundesbetreuung geleistet, eine Einigung nach Artikel 15a B-VG zustande gebracht sowie mit NGOs einen Dialog herbeigeführt. In Anbetracht dessen reden Sie von der Opposition von Versagen, von Verweigerung! Danke aber, dass Sie uns immer wieder Gelegenheit geben, die gute Politik unseres Innenministers Strasser ins richtige öffentliche und mediale Licht zu rücken.

Ja, Ernst Strasser hat die Plätze in der Bundesbetreuung in seiner Amtszeit verdrei­facht! Ja, dieser Minister gibt mit einem praktikablen und fairen Asylrecht Verfolgten und Vertriebenen wahrlich eine neue Chance! Ja, Ernst Strasser hat Österreich laut internationaler Studien zum sichersten Land der Welt gemacht – und mit den umzuset­zenden Reformen wird dieser Level gehalten werden! Ja, das ist die Wahrheit! Danke, dass wir das immer wieder sagen dürfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Scharer. – Bitte.

 


19.17

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Was ich heute kritisiere, ist Ihr Klima, das Klima der versteckten stigmatisierenden Sprache über Menschen, die sich nicht wehren können. Leider ist Herr Kollege Mainoni jetzt nicht mehr hier, denn ich möchte ihn fragen, welcher Zynismus ihn treibt, zu be­haupten, dass jeder Flüchtling einen Fernseher und eine Sat-Schüssel braucht. Solche Verbalattacken, meine Damen und Herren, schaffen Feindbilder, und ich rate Kollegem Mainoni ganz dringend – Sie können es ihm ausrichten: Er braucht keine Berührungs­ängste zu haben! –, mit den Menschen in den AsylantInnen-Unterkünften zu reden!

Herr Minister Strasser, es schafft Misstrauen, wenn Sie behaupten, dass keine Quar­tiere für Flüchtlinge ohne Einbeziehung der Bürgermeister eingerichtet werden, Sie das dann aber trotzdem nicht tun. So beispielsweise haben Sie den Salzburger Bürger­meister Heinz Schaden diffamiert und behauptet, dass dieser eine Unterbringung von Flüchtlingen abgelehnt habe – und das, obwohl Sie, Herr Bundesminister, nicht mit


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 192

Bürgermeister Schaden gesprochen haben. Auch die Bürgermeister von Saalfelden und Mittersill haben Sie nicht zu einem offenen Dialog, nicht zu einem Miteinander eingeladen.

Sie, Herr Minister Strasser, schieben die Verantwortung an die Länder, an die Gemein­den, an die NGOs und an kirchliche Organisationen ab, so nach dem Motto: Die werden’s schon richten!

Herr Minister, Ihre glanzvolle Darstellung des Asylantenquartiers eines Vier-Stern-Hotel-Besitzers in St. Johann im Pongau, das Sie als „Vorzeigemodell“ bezeichnet haben, würde ganz schnell an Glanz verlieren, wenn Sie sich die Mühe machten, dort, und zwar unangemeldet und bei minus 15 Grad Außentemperatur, einen Besuch abzu­statten. Es würde Ihnen in diesem Haus sehr, sehr kalt sein, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nehmen Sie, Herr Minister Strasser, endlich Ihre Verantwortung als Innenminister wahr und sorgen Sie für eine würdige Unterbringung und Begleitung von Menschen, die keine Lobby haben!

Damit der Weihnachtsfriede beziehungsweise Ihre Neujahrs-Goodwill-Tour nicht ein­malig bleibt, erlaube ich mir, noch folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Mag. Gisela Wurm und KollegInnen betreffend Sicherung der Unterbringung von Asylwerbern

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass bis zum Inkrafttreten des Dublin II-Abkommens und der Asyl- und Bundesbetreuungsgesetz-Novelle 2003 am 1. Mai 2004 keine Flüchtlinge aus der Bundesbetreuung entlassen oder sonst auf die Straße gesetzt werden, die nach den genannten Rechtsakten in Bundesbetreuung zu nehmen wären.

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.20

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Mag. Gisela Wurm und KollegInnen ist ausrei­chend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


19.21

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Nationalrates! Herr Kollege Trinkl hat gesagt, Ös­terreich habe eine jahrzehntelange Tradition als Asylland. – Das stimmt, Herr Kollege Trinkl, nur: Mit diesem neu beschlossenen Asylgesetz brechen wir mit dieser guten Tradition. – Das möchte ich gleich zu Beginn meiner Rede sagen.

Meine VorrednerInnen haben heute schon viel über die Begründung des Misstrauens­antrages und über den Grund, warum er zu Recht aufrecht bleibt, gesagt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 193

Auch wir von der SPÖ freuen uns über die Lösung, die es vor Weihnachten gegeben hat, damit keine AsylwerberInnen auf der Straße haben stehen müssen, und wir begrü­ßen das natürlich auch. Aber, Herr Minister, diese Lösung vor Weihnachten kann nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass es einen OGH-Entscheid gegeben hat, der damit ausgeführt wurde – eigentlich haben Sie damit also einen Rechtszustand herge­stellt.

Diese vorweihnachtliche Lösung kann auch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass diese Lösung erst durch massiven Druck der NGOs, der Kirchen und der Caritas zustande gekommen ist. Herr Kollege Kapeller sagt dazu „Dialog“; ich meine, es war Druck von diesen karitativen Einrichtungen und NGOs.

Die Weihnachtslösung kann auch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass es trotz Ihrer mündlichen Zusage keine Garantie für AsylwerberInnen gibt, dass sie nicht wieder auf der Straße landen. Deshalb haben wir auch schon im Ausschuss einen Ent­schließungsantrag eingebracht, der die Bundesbetreuung garantieren soll – da haben die KollegInnen von ÖVP und FPÖ leider dagegen gestimmt. Sie haben heute noch einmal die Chance, zuzustimmen und der Menschlichkeit in Österreich eine Chance zu geben, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich bei der ganzen Debatte über das Asylgesetz bereits im Herbst sehr bedauer­lich und bedenklich fand und auch bei der heutigen Debatte sehr bedauerlich finde, ist, wie schon Erika Scharer gesagt hat, jene Sprache, die auch hier im Parlament Einzug hält, jene Stimmung, die von höchster Stelle gegen diese schwachen Menschen in unserem Land gemacht wird. Wenn Herr Kollege Mainoni mit seinen Horrormeldungen aus den Zeitungen kommt, so finde ich das bedauerlich und bedenklich. Ich empfinde die dauernde Kriminalisierung der AsylwerberInnen als menschenverachtend, und ich halte das nicht für eine verantwortungsvolle Politik.

Ich möchte an dieser Stelle allen NGOs und karitativen Einrichtungen ein Danke dafür sagen, dass sie jene Arbeit übernehmen, die eigentlich die österreichische Bundes­regierung und der Innenminister zu erledigen hätten. – Ein Dankeschön an die NGOs! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


19.23

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der vorliegende Antrag, bei dem wir darüber abstimmen sollen, ob wir dem Minister das Vertrauen ent­ziehen, bietet eine gute Gelegenheit, Bilanz über die Tätigkeit des Ministers zu ziehen und sich die Frage zu stellen, ob wir auf Grund seiner Leistungen in der Vergangenheit das Vertrauen haben, dass er auch in Zukunft seine Arbeit gut erledigen kann.

Also ziehen wir doch Bilanz über Ihre Arbeit, Herr Minister Strasser! (Abg. Prinz: Das ist eine positive Bilanz!) Ein paar Stichworte dazu:

Erstens: Stichwort Kriminalität. – Österreich hat in Ihrer Amtszeit, Herr Minister Strasser, den größten Anstieg der Kriminalitätsrate seit Menschengedenken erlebt. Wir haben im Moment die höchste Verbrechensrate und die niedrigste Aufklärungsrate. – Herr Minister, das ist nicht sehr vertrauenserweckend! (Abg. Dr. Jarolim: Ein „Quali­tätsnachweis“ ist das!)

Zweitens: Stichwort Personalpolitik. – Sie haben dafür gesorgt, dass heute die Sicher­heitswachebeamtinnen und Sicherheitswachebeamten weniger Zeit für Verbrechens­prävention oder Verbrechensbekämpfung haben als vor Ihrem Amtsantritt, und Sie haben allseits anerkannte Spitzenleute der Polizei degradiert und ohne sachlichen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 194

Grund teilweise sogar aus dem Polizeidienst gedrängt. Letztlich hat Ihnen in dieser Frage sogar der Verwaltungsgerichtshof ein rechtswidriges Verhalten bescheinigt. – Herr Minister, auch in dieser Frage: Wenig vertrauenserweckend! (Beifall bei der SPÖ.)

Drittens: Stichwort Zivildienst. – Zivildiener müssen sich heute verschulden, um den Zivildienst abzuleisten und nicht gleichzeitig zu erfrieren oder zu verhungern. Bei den Wohnungskosten werden ihnen zwar die Mietkosten ersetzt, aber nicht die Heizkosten. Bei zwölf Monaten Zivildienst ist klar, dass während dieser Zeit auch geheizt werden muss. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat Ihnen mehrfach nahe gelegt, dass Tau­sende Zivildiener zu wenig Essensgeld ausbezahlt bekommen, und Sie haben nichts unternommen, um das abzustellen. – Auch in dieser Frage, Herr Minister: Wenig ver­trauenserweckend! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schöls: Null Ahnung ...!)

Viertens: Zur Frage der Integration: Weiterhin müssen Kinder jahrelang warten, bis sie einen Quotenplatz bekommen. Auch da gibt es ein höchstgerichtliches Urteil, dass Sie die diesbezügliche Praxis zu ändern haben. Sie sind dem noch immer nicht nachge­kommen!

Sie haben anscheinend überhaupt kein Interesse daran, dass es in Österreich inter­nationale Journalisten gibt. Es haben einige namhafte Medien wie BBC oder „New York Times“ bereits ihre Zelte abgebrochen, weil diese Medien ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr den Schikanen Ihrer Behörde aussetzen wollten, nämlich pausenlos gefragt zu werden, ob sie denn schon gut genug Deutsch können. (Abg. Murauer: Was der alles weiß! ... „tief beeindruckt“!) – Auch in dieser Frage, Herr Minis­ter: Wenig vertrauenserweckend!

Letzter Punkt: Stichwort Asyl. – Sie haben auch im Asylbereich zwei Urteile des Ver­waltungsgerichtshofes wochenlang ignoriert und Asylwerber auf die Straße gesetzt. Sie haben erst unter dem Druck von „Volkshilfe“, Diakonie, Caritas, Rotem Kreuz und der Öffentlichkeit begonnen, diese Praxis abzustellen und sich an die Urteile von Höchst­gerichten zu halten.

Summa summarum: Sie zeigen nicht den nötigen Respekt für Menschenrechte, Sie zeigen nicht den nötigen Respekt für den Rechtsstaat und damit auch nicht den nötigen Respekt für die Demokratie, und Sie haben Ihren Vertrauensvorschuss schon längst verspielt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


19.27

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte noch einmal kurz das Thema öffentliche Sicherheit ansprechen. Wir haben heute schon mehrmals gehört, wie schlecht es um die öffentliche Sicherheit in Österreich bestellt ist. (Abg. Großruck: Wir zittern schon alle!) Auch in Kärnten steigt die Kriminalität rasant an. Medienberichten zufolge – und nicht nur Medienberichten zufolge, sondern auch der Statistik nach – hat es in Villach im Jahr 2003 eine Zunahme von Kriminalfällen um rund 40 Prozent gegeben, während die Aufklärungsquote um 3,82, also rund 4 Prozent zurückgegangen ist.

Es heißt auch – und das wurde bestätigt –, dass trotz gegenteiliger Versprechungen von Ihrer Seite, Herr Minister, ab Herbst 2004 der aktuelle Personalstand von 237 Si­cherheits- und Kripo-Beamten auf 191 reduziert werden soll und dass auch die Auf­lösung der Kriminalabteilung der Bundespolizei Villach im Raum steht.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 195

Dieser Sparstift trägt also nicht gerade zur Beruhigung der Bevölkerung bei, und ich würde mir statt Ankündigungen oder Versprechen, die nicht eingehalten werden, von Ihrer Seite her wünschen, dass Sie tatsächlich mehr für die öffentliche Sicherheit tun.

Ich kann Ihnen leider mein Vertrauen in Bezug auf Ihre Arbeit und auf Ihre Verspre­chen nicht mehr geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere An­gelegenheiten, seinen Bericht 357 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Dr. Van der Bellen, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend unverzüg­liche Wiederherstellung des Rechtes auf Schutz vor Verfolgung und die Sicherstellung der umfassenden Betreuung von Asylwerberinnen und -werbern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Unter­bringung von Asylwerbern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (5 d.B.): Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwi­schen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzab­schnitt „Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“ (358 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (91 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik, mit dem der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tsche­choslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 geändert und ergänzt wird samt Anlagen (359 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (118 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechi­schen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze samt Anlagen (360 d.B.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 196

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (6 d.B.): Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik (361 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (7 d.B.): Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn in den Unterabschnitten C II und C IV (regulierte Pinka und regulierte Strem) (362 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (44 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zwischen der Repub­lik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Sichtbarerhaltung der ge­meinsamen Staatsgrenze und Regelung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen vom 31. Oktober 1964 in der Fassung des Vertrages über Änderungen und Ergänzungen vom 29. April 1987 samt Anlagen (363 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (9 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundes­republik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schusswaffen und Munition durch Angehörige traditioneller Schützenvereinigungen und Sportschützen (364 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (219 d.B.): Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, ver­treten durch das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF), Taubenstrasse 16, CH-3003 Bern, und der Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Inneres, Sektion III, Herrengasse 7, A-1010 Wien, betreffend die Gründung und den Betrieb des „International Center for Migration Policy Development (ICMPD)“ in Wien (365 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (220 d.B.): Vertrag über die Dritte Änderung des Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) (366 d.B.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 197

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (221 d.B.): Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung und Verlänge­rung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development in Wien (367 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (222 d.B.): Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des „International Centre for Migration Policy Development“ in Wien (368 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Freund. – Sie sind am Wort, Herr Abge­ordneter. (Ruf bei der SPÖ: Karl der Schöne spricht jetzt!)

 


19.33

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir diskutieren heute eine Reihe von Veränderungen des Verlaufes der österreichischen Staatsgrenze mit einigen unserer Nachbarländer, aber auch eine Änderung der Bestimmungen über die Mitnahme von Schusswaffen nach Bayern.

Auf den letzten Punkt möchte ich ganz besonders eingehen. Bayern und Österreich verbindet eine sehr lange Geschichte. Mein Wahlkreis, das Innviertel, war bis vor 225 Jahren sogar ein Teil von Bayern, und diese gemeinsame Geschichte trägt dazu bei, dass wir bis heute in unserer Kultur und Lebensweise stark mit unseren bayeri­schen Nachbarn verbunden sind. Das erkennt man natürlich auch am Dialekt und am Brauchtum.

Bei vielen traditionellen Schützenveranstaltungen oder Schützenturnieren werden die Staatsgrenzen überwunden, nicht nur zwischen Deutschland und Österreich, aber sehr häufig zwischen diesen beiden Ländern. Man tritt in freundschaftlicher Konkurrenz gegeneinander an. Schusswaffen dürfen seit Änderung des Waffengesetzes 1996 in einen anderen Mitgliedstaat der EU nur auf Grund eines Europäischen Feuerwaffen­passes samt einer vorherigen Einwilligung der Behörde mitgebracht werden.

Das bedeutet, Mitglieder eines traditionellen Schützenvereines und Sportschützen sind gezwungen, sich einen europäischen Feuerwaffenpass ausstellen zu lassen und für jede Reise die vorherige Genehmigung einzuholen. Diese bürokratischen Hürden wer­den durch die vorliegende Regierungsvorlage nun beseitigt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Sie enthält die gegenseitige Anerkennung einzelstaatlicher Dokumente für den Verkehr mit Feuerwaffen im Gebiet Bayern und Österreich, und ich begrüße diese neuen Rege­lungen. Konkret heißt das: Mitglieder österreichischer traditioneller Schützenvereini­gungen sowie Sportschützenvereine dürfen Schusswaffen und Munitionen beschränkt auf den Freistaat Bayern mitnehmen und dort besitzen, wenn die Vereinigung oder der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 198

Verein einen österreichischen Ausweis für traditionelle Schützenvereinigungen und Sportschützenvereine besitzt.

Erste Voraussetzung ist die Teilnahme eines im Ausweis angeführten Verantwortlichen für die Vollzähligkeit und die Transportsicherheit der Schusswaffen. Die zweite Voraus­setzung ist die Vorlage einer Einladung oder Anmeldung zur Teilnahme an einer Tradi­tions- oder Schießsportveranstaltung im Freistaat Bayern.

Es ist also keineswegs so, dass es in Zukunft keine Kontrollen mehr gibt. Natürlich hat die Sicherheit auch im Bereich der traditionellen Schützenvereine und Sportschützen oberste Priorität. Es wird auch in Zukunft Auflagen geben, die strikt zu befolgen sein werden. Neu ist aber der verringerte bürokratische Aufwand.

Zum Thema Sicherheit möchte ich sagen, dass Sportschützen Menschen sind, die ver­antwortungsvoll mit Waffen umgehen, aus Leidenschaft und Sportgeist diese Waffen besitzen und auch genau wissen, was man mit einer Waffe anrichten kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich muss das für die Zukunft unkompli­zierter gemacht werden. Mit einer Einwilligung der Behörde des betroffenen EU-Mit­gliedstaates, wo es immer wieder diese Probleme gegeben hat, ist es nun vorbei.

Ich bin der Meinung, dass gerade im Bereich der Sportschützen- und Traditionsvereine von diesen Waffenbesitzern keine unmittelbare Gefahr ausgeht. Viel wichtiger ist es jedoch, den illegalen Waffenbesitz zu unterbinden.

Im Rahmen von grenzüberschreitenden Projekten wird seit Jahren die Zusammen­arbeit von Kulturinitiativen benachbarter Länder gefördert. So stimme ich dafür, auch grenzüberschreitende Aktivitäten von Traditions- und Sportschützenvereinigungen durch Erleichterung der Bürokratie zu fördern.

In diesem Sinne ersuche ich Sie, meine sehr geschätzten Damen und Herren, dieser Regierungsvorlage Ihre Zustimmung zu geben – im Sinne der nachbarschaftlichen Beziehungen zum Freistaat Bayern und im Sinne der Kultur- und Traditionspflege! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wittauer.)

19.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

 


19.37

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den Regierungsvorlagen liegen uns Abkommen vor, die den Verlauf der österreichischen Staatsgrenze zu Deutschland, der Tschechi­schen Republik und Ungarn leicht adaptieren.

Diese drei Länder sind nämlich übereingekommen, die Staatsgrenzen deutlich erkenn­bar zu erhalten, gleichzeitig aber auch die damit im Zusammenhang stehenden Fragen zu regeln, beziehungsweise haben diese Staaten die Absicht, ihre freundschaftliche Zusammenarbeit weiter zu vertiefen. Vor allem mit der Erweiterung der Europäischen Union ist diese Zusammenarbeit mehr denn je gefragt. Darüber hinaus betreffen diese Vorlagen zeitgemäße und aktuelle Grenzdokumentationen.

Grund für diese Grenzkorrekturen sind in erster Linie die teils künstlichen, teils natürli­chen Veränderungen von Fluss- und Bachläufen, die zur Folge haben, dass die Staats­grenze derzeit in mehreren Fällen außerhalb der Bachbette verläuft beziehungsweise diese mehrmals schneidet und so nicht mehr klar erkennbar ist.

Es gibt zwei bilaterale Abkommen mit der Tschechischen Republik, die den Grenzver­lauf zwischen den beiden Vertragspartnern neu regeln. In dem einen Abkommen wird


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 199

in zehn Fällen ein neuer Verlauf der Staatsgrenze festgeschrieben, und es werden die entsprechenden Flächenausgleiche vorgenommen. Das zweite Abkommen regelt eine zeitgemäße und aktuelle Grenzdokumentation.

In folgenden Bereichen sollen nun die Staatsgrenzen korrigiert werden: zwischen Österreich und Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, im Grenzabschnitt „Scheibel­berg-Bodensee“ sowie in Teilen des Innviertels.

In meinem Bundesland Burgenland wurde ein Vertrag mit Ungarn getroffen, dass die Staatsgrenze wieder in die Mitte der Flüsse Pinka und Strem gelegt wird, wie dies der Grenzvertrag von 1964 vorsieht. Laut Erläuterungen im Staatsvertrag wurde der neue Grenzverlauf so vereinbart, dass die Gesamtflächenausmaße der von beiden Staats­gebieten abgetrennten Gebietsteile vollständig ausgeglichen werden.

Da diese Regelung auch in unserem Interesse ist, werden wir den Regierungsvorlagen unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 200

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


19.40

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist für mich eine Freude, nicht nur als Abgeordne­ter, sondern auch als Präsident des Tiroler Traditionsverbandes und Mitglied des Schützenbundes erleben zu können, dass das Abkommen zwischen Deutschland und Österreich betreffend die Anerkennung der Dokumente über die Mitnahme von Schusswaffen und Munition durch Angehörige traditioneller Schützenvereine und Sportschützen heute endlich beschlossen wird.

In der Zeit davor war es mühsam, bei Besuchen von Traditionsveranstaltungen Waffen und Munition mitzunehmen, dies wurde immer durch bürokratische Hürden behindert. Wer der Tradition verbunden ist, konnte und wollte dies nicht verstehen. Für mich ist es unverständlich, dass im Ausschuss für innere Angelegenheit dieser Abschluss des Staatsvertrages nur mit Stimmenmehrheit beschlossen werden konnte. Die Grünen haben mit Abgeordneter Stoisits dagegen gestimmt. Ich verstehe das nicht, weil es den Traditionsvereinen und den Schützen sehr wichtig war, diese Verbindung zu den Nach­barstaaten im Geiste der Tradition aufrecht zu erhalten.

Jeder, der mit Traditionsvereinen zu tun hat oder in Traditionsvereinen Mitglied ist, weiß, wie wichtig der gegenseitige staatsübergreifende Austausch ist. Tradition ist nicht nur eine verstaubte Angelegenheit, sondern wird tagtäglich über die Vereine gelebt. Tradition bewahrt unsere Wurzeln und gehört unterstützt, denn nur damit ist es mög­lich, das vergangene Wissen an die Jugend weiterzugeben.

Jeder weiß, dass Schützenvereine ohne ihre Waffen weder Salutschüsse noch Ehren­bezeigungen abgeben können.

Ich würde mir wünschen, dass ein ähnliches Abkommen endlich auch mit Italien abge­schlossen werden kann, da dieser Zustand für uns Schützen unerträglich ist. Heute wurde eines der bestehenden Hindernisse zur Freude der Schützenvereine beseitigt.

Ich möchte mich herzlich für den Einsatz der dafür verantwortlichen Stellvertreter für die traditionellen Schützenvereinigungen bedanken und bitte die Regierung, sich weiterhin für staatsübergreifende Vereinbarungen im Interesse der Traditionsvereine einzusetzen. Wir Freiheitlichen werden diesem Abkommen mit Freude zustimmen. Zeit war’s! Schützen heil! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


19.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. – Bitte.

 


19.42

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich werde mich jetzt nicht über die Rolle der SchützInnen in den Schützen­vereinen näher auslassen, sondern nur ganz kurz zunächst auf das Abkommen und dann generell zum Thema Schusswaffen zu sprechen kommen.

Der kleine Grenzverkehr der traditionellen Schützenvereinigungen findet ja auch heute schon statt, und er soll auch gerne stattfinden. Selbstverständlich sollen sie auch ihre Waffen mitnehmen können, um ihre Schüsse während der Aufmärsche abgeben zu können. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Das Ganze ist auch heute schon geregelt. Wir bewegen uns auch jetzt nicht in einem ungeregelten Bereich, und wenn wir eine neue Regelung beschließen, dann muss man einen Vergleich mit der Ausgangslage anstellen: Jetzt gilt für Grenzübertritte mit Waf­fen das, was sowohl europaweit als auch in Österreich, diesfalls speziell im Waffenge­setz, geregelt ist. Das heißt, ein europäischer Feuerwaffenpass ist die Grundvorausset­zung, und weiters bestehen zeitliche Limitierungen, die im österreichischen Waffenge­setz für das Mitbringen von Waffen geregelt sind und im Regelfall ein Jahr betragen. Außerdem besteht eine Bindung an die jeweiligen Waffenpassbestimmungen mit Fünf­jahresfristen.

Das heißt, wir haben heute eine Regelung, die für die Schützen doch viel Bürokratie mit sich bringt, wenn sie all das als Individuen absolvieren und nicht einfach im Rah­men des Vereins erledigen können. Es soll Erleichterungen geben, ich halte es jedoch für überzogen, wenn man dann gleich überschießend dereguliert. Gemäß diesem Ab­kommen würde man nämlich irgendwie alles freigeben und mit einer Zehnjahresfrist koppeln, im Unterschied zu allen anderen Bestimmungen, mit welchen wir uns jetzt bei maximal fünf Jahren bewegen.

Außerdem ist es mir ein besonderes Anliegen, darauf hinzuweisen, dass einige wich­tige Fragen überhaupt nicht geregelt sind. Die Grünen haben sich – und das haben wir auch in einem Entschließungsantrag formuliert, der ebenfalls im Ausschuss zur Be­handlung vorliegt – mehrfach schon dafür ausgesprochen, dass Sportschützen, um welche es in dem Abkommen ebenso geht, und traditionelle Schützenvereine eine geregelte Verwahrung ihrer Waffen sicherstellen können, wozu sich das Abkommen völlig verschweigt. Mich würde insbesondere interessieren, wie die Verwahrung der Waffen für einen längeren Besuch als einer Fahrt für ein oder zwei Stunden über die Grenze zum Feiern und wieder zurück, was ich eher für die Ausnahme als die Regel halte, nämlich für die Zeit von sich daran anschließenden geselligen Aktivitäten, die ja erwünscht sind, geregelt ist.

Jetzt ist nur die Rede von der Zuständigkeit von ein oder zwei Verantwortlichen für den Verein. (Abg. Wittauer: Es gibt eigene Waffenmeister!) Wir haben geltende Regeln im Waffengesetz für die Waffenverwahrung ab etwa 20 Stück. Es bleibt aber völlig offen, wo die Waffen, mit welchen Sportschützen oder traditionelle Schützenvereinigungen einreisen beziehungsweise im Umkehrabkommen ausreisen, untergebracht werden. Liegen diese dann im Hotelzimmer, im Autobus oder in einem Privat-PKW herum? In diesem Punkt wird wirklich im Vergleich zu dem, was wir heute haben, zu wenig geregelt beziehungsweise zu stark dereguliert.

Als Zeichen dafür, dass wir eine sorgfältige Regelung für den Umgang mit schusstaug­lichen Waffen haben möchten und insbesondere die Verwahrung auch bei den ge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 201

nannten Personengruppen besser geregelt werden muss, lehnen wir diesen Vertrag mit einem symbolischen Nein ab.(Beifall bei den Grünen.)

19.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


19.46

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe, da ich aus der Oststeiermark komme, mit Sportschützenvereinen beziehungsweise traditionellen Schützenvereinen sehr wenig zu tun, denn diese sind bei uns im Osten eher sehr spärlich gesät. Da auf der Rednerliste noch einige Kollegen aus dem Westen eingetragen sind, werde ich ihnen diesen Themenbereich überlassen.

Ich möchte stattdessen auf die Punkte 12 bis 15 näher eingehen, nämlich auf das Abkommen zwischen Österreich, der Schweiz und Ungarn, welches das Internationale Zentrum für Migrationspolitik zum Inhalt hat. Dieses Zentrum stellt eine zwischenstaat­liche Organisation dar, und es hat seinen Sitz in Wien. Derzeit hat das Zentrum sieben Mitgliedstaaten, zusätzlich wird diese wichtige Institution von zirka 30 Regierungen unterstützt.

Wenn man sich die Homepage beziehungsweise entsprechende Details ansieht, dann stellt man fest, dass vor allem die Aufgaben des Zentrums interessant sind. Es unter­sucht die jeweils aktuelle politische Situation in den Herkunftsländern von Migranten. Es versucht, die Ströme der Wanderungsbewegungen zu analysieren. Schwerpunkte werden aber auch beim Migrationsmanagement sowie beim Flüchtlings- und Asyl­wesen der einzelnen Staaten gesetzt. Dieses Zentrum stellt eine Forschungsstelle dar, deren Ausläufer bis in die Universitäten in Osteuropa reichen.

In den vergangenen Jahren konnten vor allem sehr gute Erfolge betreffend die Migra­tionskontrolle und die entsprechende strategische Beratung auf dem Balkan verzeich­net werden. Ich meine, dass es gut ist, dass der Standort dieses Zentrums weiterhin in Österreich bestehen bleibt. Man sieht, dass Österreich ein sehr guter Boden für diplo­matische Beziehungen und für die Entwicklung von Lösungen internationaler Probleme ist, denn auch sehr viele andere internationale Organisationen und NGOs sind eben­falls in Österreich angesiedelt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.48

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Pendl. – Bitte.

 


19.48

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Minister, die vorliegenden Materien sind Konsensmaterien, ob es sich nun um Veränderungen der Staatsgrenze oder die bessere Sichtbarmachung der Grenzverläufe zu unseren Nachbarn, der Bundesrepub­lik Deutschland, Tschechien oder Ungarn, um den Abschluss eines Vertrages mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder um die Regelung für unsere traditionellen Sportschützenverbände und Schützenvereinigungen, was unseren Nachbarstaat Deutschland, insbesondere Bayern, betrifft, handelt.

Wir werden den vorliegenden Materien zustimmen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch betonen, dass nicht nur in den traditionellen Schützenvereinigungen und Sport­schützenverbänden, sondern insgesamt in unserer Heimat das Vereinsleben ein aus­gezeichnetes ist. Ich möchte mich bei allen ehrenamtlichen Funktionärinnen und


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 202

Funktionären sehr herzlich dafür bedanken. Gut funktionierende Vereine sind nämlich auch ein Garant unseres Gemeinwesens. Daher meine ich, dass all deren Mitgliedern auch einmal sehr herzlich gedankt werden muss, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Wenn wir uns alle zu den Vereinen bekennen, dann lade ich die Kolleginnen und Kolle­gen von den Regierungsfraktionen ein, auch einmal für die finanzielle Ausstattung der Vereine zu sorgen. Die meisten Subventionen bekommen die Vereine von den Ge­meinden. Im Hinblick darauf, Herr Minister, bitte ich Sie, in der Regierung auch dafür zu sorgen, dass die österreichischen Gemeinden in Zukunft mehr Geld haben. Schönen Abend! Alles Gute! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

19.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


19.50

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich sage auch grüß Gott zu den Vertretern der Schützen auf der Galerie, zu Nationalrat außer Dienst Dr. Gottfried Feurstein, zum Präsidenten des Deutschen Schützenbundes Herrn Ambacher und zum Landeskommandanten der Tiroler Schützen Hofrat Dr. Sarnthein.

Als Tiroler wissen wir – und ich glaube, das wissen viele andere auch –, dass das Schützenwesen große Tradition hat. Viele Feste, Feiern zu kirchlichen Anlässen und weltliche Veranstaltungen werden von den Schützen belebt und gestaltet. Die Schüt­zen bringen also Kultur, sie bringen Brauchtum, sie fördern die Kameradschaft im Dorf und pflegen die Gemeinschaft, sie bewahren aber auch geistige Werte. In einer Zeit, in welcher der Egoismus fortschreitet, ist es wichtig, Gegenpole aufzubauen, und die Schützen und das Schützenwesen sind bemüht, die Solidarität in der Gesellschaft zu fördern.

Mit diesem Abkommen zwischen Österreich und Bayern gibt es gegenseitige Anerken­nung und gegenseitige Möglichkeiten. Ein lang gehegter Wunsch der Schützen geht in Erfüllung, es ist dies ein Signal an die Gemeinschaft und an die Partnerschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch Kollege Pendl hat sich bereits bedankt. Die dankenswerte Arbeit der Funktionäre, welche sich jahrlang für dieses Anliegen ein­gesetzt haben, im Rahmen der Gemeinschaft ist nichts Selbstverständliches. Das Schützenwesen leistet mit harter Arbeit einen entsprechenden Beitrag.

Es sei mir noch eine Feststellung erlaubt: Bei den Schützen geht es nicht nur um Waf­fen, sondern – und das kommt heute vielleicht ein bisschen wenig zum Ausdruck – es geht auch darum, dass die Schützen sehr viel zum sozialen und wirtschaftlichen Ver­ständnis beitragen und für kirchliche Feste und Feiern leisten. Sie stellen eine moderne Vereinigung dar, welche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbinden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Als aktiver Schütze bedanke ich mich im Namen der 233 Tiroler Kompanien, der 15 000 aktiven Tiroler Traditionsschützen und der vielen Funktionäre bei Bundesminis­ter Strasser für seinen Einsatz und wünsche den Schützen alles Gute für die Zukunft! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dobnigg. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 203

19.53

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Internationale Zentrum für Migrationspolitikentwick­lung – kurz: ICMPD – mit dem Sitz in Wien ist eine Organisation mit dem Ziel, die inter­nationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wanderungspolitik sowie der Migra­tionsforschung zu fördern. Gegründet wurde diese Organisation von Österreich und der Schweiz im Jahre 1993 unter dem damaligen Innenminister Franz Löschnak. Sie leistet seitdem wichtige Arbeit bei der Untersuchung von aktuellen und potentiellen Migra­tionsströmen in Europa, verfolgt die Situation in den Herkunftsländern der Migrantinnen und Migranten sehr genau und prüft ebenso Möglichkeiten zur besseren Erkennung und Kontrolle sich abzeichnender Wanderungsbewegungen.

Weiters befasst sich das Institut mit Asylfragen, der irregulären Migration, mit Maßnah­men gegen das Schlepperunwesen und mit dem Aufbau von Informationsprojekten in diversen Staaten. All diese Fragen und Themenfelder sind in der aktuellen politischen Diskussion von großer Bedeutung, da dringend neue Lösungsstrategien notwendig sind.

Ein wichtiges Schwerpunktgebiet des ICMPD ist die breite transnationale Zusammen­arbeit. Wie erfolgreich diese Organisation in ihrem Bereich ist, zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass neben der Schweiz und Österreich mittlerweile auch Ungarn, Slowe­nien, Tschechien und Schweden dieser Organisation beigetreten sind und Kroatien, Polen, Portugal und die Slowakei ihren Beitritt dazu vorbereiten.

Mit der heute anstehenden Ratifizierung wird erstens aus dem ursprünglichen Verwal­tungsvertrag ein Staatsvertrag, wird zweitens die Befristung aufgehoben und wird drittens Wien als Hauptsitz der Organisation sichergestellt.

Auch speziell für die österreichische Innenpolitik hat das ICMPD bereits konkrete Er­gebnisse gebracht, nämlich in Form des ersten österreichischen Migrations- und Integ­rationsberichtes 2003, welcher auf Initiative dieser Einrichtung entstanden ist. Dieser Bericht stellt einen wichtigen und unverzichtbaren Beitrag zur wissenschaftlichen Auf­arbeitung der Zuwanderung nach Österreich und der gesellschaftlichen Integration der in Österreich lebenden ausländischen Wohnbevölkerung dar. Das Internationale Zent­rum für Migrationspolitikentwicklung stellt mittlerweile einen entscheidenden Anteil der europäischen Migrationsforschung und -zusammenarbeit dar. Seine Arbeit liefert eben­so eine bedeutende Entscheidungsgrundlage für die nationale und die europäische Innenpolitik. Daher ist es ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, dieser Ratifizie­rung heute zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Stadler. – Bitte.

 


19.55

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Galerie! Das vorliegende Abkommen zwischen Österreich und Deutschland, das meine Vorred­ner schon im Detail erörtert haben, ist ein wichtiger Schritt und vor allem eine große Erleichterung für die traditionellen Schützenverbände.

Liebe Kollegin Weinzinger, ich möchte erwähnen, dass sich am Waffengesetz nichts geändert hat. Egal, wo sich die Schützen befinden, ob in Deutschland oder in Öster­reich, es gilt das jeweilige Waffengesetz, und die Waffen haben sorgfältig verwahrt und strengstens gesichert zu sein. – Vielleicht hören Sie mir doch ein bisschen zu, denn ich glaube, Ihre Äußerung hat gezeigt, dass Sie sehr wenig Kenntnis vom Schützentum haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 204

Bereits vor 28 Jahren hat es eine Plattformgründung der Schützen der Alpenregion ge­geben, und bei allen Treffen hat sich große Verbundenheit gezeigt. Über Jahrhunderte gibt es eine gemeinsame Geschichte zwischen Tirol und Bayern, und es wird von vielen politischen Vertretern festgehalten, wie wichtig die Gemeinsamkeit der Schützen in dieser Region ist.

Meine lieben Damen und Herren! Ich glaube, in Zeiten der Globalisierung muss man beachten, dass der Mensch nicht globalisierbar ist, sondern dass er Heimat braucht. Der Begriff „Heimat“ hat bei den Schützen wieder neue Karriere gemacht. Die Schüt­zen haben durch all ihre Aktivitäten einen ganz wichtigen Beitrag dazu geleistet, um dieses Jahrhunderte alte Brauchtum zu sichern. Die Schützen sehen sich als verbin­dendes Element zwischen den Menschen in der Region, aber auch zwischen den Kul­turen, und die Schützen sorgen auch dafür, dass dieses Jahrhunderte alte Brauchtum weiterentwickelt wird und nicht in Vergessenheit gerät. Vor allem sorgen sie aber auch dafür, dass die nächste Generation eine intakte Heimat vorfindet und diese erhalten bleibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Schluss meiner Rede möchte ich mich noch bei unserem Bundesminister, der die Wertigkeit des Schützentums erkannt hat, bedanken. Er hat dieses Abkommen mit dem deutschen Innenminister zustande ge­bracht. Herr Bundesminister, ich bedanke mich bei dir für die schnelle, gelungene Initiative im Namen der Schützen im Alpenraum, im Besonderen im Namen aller Tiroler Schützen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


19.59

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Geschätzte Gäste auf der Galerie! Stellen Sie sich vor, Sie sind Schützenhauptmann in Kleinwalsertal in Vorarlberg und Sie wollen mit Ihrer Truppe auf ein Landesschützenfest im Ländle. Sie müssen über die deutsche Grenze und müssen sich einige bürokratische Hürden gefallen lassen. Sie brauchen für alle Mitglieder einen europäischen Feuerwaffenpass, und das be­deutet Zeitaufwand und Geldaufwand, und es ist nicht einzusehen, dass solche Hürden bestehen, vor allem dann, wenn man im eigenen Land auf ein Treffen gehen will!

Durch dieses Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schusswaffen und Munition ist das nun Gott sei Dank Vergangenheit. Als Vorarlbergerin bin ich sehr froh, dass uns das jetzt gelungen ist! Ich freue mich. dass Exnationalrat Dr. Gottfried Feurstein, der Bundesschützenmeister, und sein Kol­lege aus Deutschland, Herr Ambacher, heute auch hier sind, um persönlich dabei zu sein, wenn dieses Abkommen, das eine lange Entstehungsgeschichte hat – seit dem Jahr 1999 wurde verhandelt –, beschlossen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Das bedeutet eine deutliche Erleichterung für unsere Schützen. Ich möchte hier auch Herrn Bundesminister Strasser danken, der seinen deutschen Amtskollegen davon überzeugen konnte, dass das sehr wichtig für uns ist, vor allem für die Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Salzburg.

Ich freue mich, dass diese Bürokratie nun ein Ende hat, dass das mit weniger Zeit­aufwand verbunden ist und dass es auch weniger Hürden gibt, um diesen Traditions- und Kulturaustausch zu pflegen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


20.01


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 205

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Die Plätze sind einzunehmen, denn wir gelangen zu einer ausgesprochen umfassen­den Abstimmung.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zu Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesverfassungsge­setz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bun­desrepublik Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Inn­winkel“, samt Titel und Eingang in 5 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes handelt, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Absatz 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstim­mung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zu­stimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das Gesetz ist somit in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Ange­legenheiten, dem Abschluss des vorliegenden Vertrages mit der Tschechischen Re­publik, mit dem der Vertrag über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 geändert und ergänzt wird samt Anlagen, dessen Ziffern 1 und 2 in Abschnitt II verfassungsändernd sind, in 91 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnten verfassungsändernden Bestimmungen stelle ich wie­derum zunächst im Sinne des § 82 Absatz 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des vorliegenden Vertrages mit der Tschechischen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze samt An­lagen, dessen Artikel 1 verfassungsändernd ist, in 118 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnte verfassungsändernde Bestimmung stelle ich wiederum zunächst im Sinne des § 82 Absatz 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 206

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten im Sinne des Artikels 49 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Kundmachung der Anlagen 1 bis 10 dieses Vertrages dadurch zu erfolgen hat, dass sie für die Dauer der Geltung des Vertrages zur öffentlichen Einsicht während der Amtsstunden aufgelegt werden, und zwar:

a) Alle genannten Anlagen beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, b) die Anlagen 1, 2, 3 und 4 beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, c) die An­lagen 5, 6, 7, 8, 9 und 10 beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung und überdies d) die Anlagen 1, 2 und 3 beim Vermessungsamt Rohrbach, e) die Anlage 4 beim Vermessungsamt Freistadt, f) die Anlagen 5, 6,7, 8 und 9 beim Vermessungsamt Gmünd und g) die Anlage 10 beim Vermessungsamt Gänserndorf.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 6 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Entwurf betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik um ein Bundesverfassungsgesetz im Sinne des Arti­kels 3 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes handelt, stelle ich wiederum zu­nächst die Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordne­ten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zu­stimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das Gesetz ist somit in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 7 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Entwurf betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn in den Unterabschnitten C II und C IV (regulierte Pinka und regulierte Strem) um ein Bundesverfassungsgesetz im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes handelt, stelle ich wiederum zunächst die Anwesen­heit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zu­stimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das Gesetz ist somit in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des vorliegenden Vertrages mit der Republik Ungarn


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 207

über Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zur Sichtbarerhaltung der gemein­samen Staatsgrenze und Regelung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen vom 31. Oktober 1964 in der Fassung des Vertrages über Änderungen und Ergänzun­gen vom 29. April 1987 samt Anlagen, dessen Artikel 8, 9, 11, 13 und 14 verfassungs­ändernd sind, in 44 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnten verfassungsändernden Bestimmungen stelle ich zunächst wieder im Sinne des § 82 Absatz 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten im Sinne des Artikels 49 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Kundmachung der Anlagen 1 bis 9 des vorliegenden Vertrages dadurch zu erfolgen hat, dass sie für die Dauer der Geltung des Vertrages zur öffentlichen Einsicht während der Amtsstunden beim Amt der Burgenländischen Landesregierung, beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und beim Vermessungsamt Oberwart aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere An­gelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schusswaffen und Munition durch Angehörige traditioneller Schützenvereinigungen und Sportschützen in 9 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, vertreten durch das Bundesamt für Flüchtlinge, und der Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Inneres, Sek­tion III, betreffend die Gründung und den Betrieb des „International Centre for Migration Policy Development“ in Wien in 219 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die die Genehmigung erteilen, um ein entsprechen­des Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Vertrages über die Dritte Änderung des Vertrages über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development in 220 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere An­gelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Vertrages zwischen der Schwei­zerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung und Verlängerung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertra-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 208

ges über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development in Wien in 221 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Vertrages zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Un­garn über die Änderung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrages über die Gründung und den Betrieb des „International Centre for Migration Policy Develop­ment“ in Wien in 222 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

16. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss (III-44 d.B.) für das Jahr 2002 (332 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.10

Abgeordneter Mag. Hans Moser (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Bundesrechnungsabschluss 2002 verdeutlicht, dass das Jahr 2002 das Jahr der wirtschaftspolitischen Grauslichkeiten von Blau-Schwarz I war, dass das Jahr 2002 das Jahr der wirtschaftspolitischen Instabilität schlechthin war. Letztlich kam es zur Auflösung der Bundesregierung Blau-Schwarz I. Es war auch das Jahr des wirtschafts­politischen Stillstandes, aber es war auch das Jahr der Quotenziele ohne jegliche wirt­schaftspolitische Gesamtkonzeption. Es war das Jahr der Quotenziele Nulldefizit, Null­inflation – mit einem Wort, es war das Jahr der Politik der Doppelnullen oder der Politik der Nullen. (Beifall bei der SPÖ.)

In der Realität wurden die Grundsteine für die wirtschaftliche Stagnation in Österreich gelegt. Das Motto hieß: Sparen auf Teufel komm raus!

Die öffentlichen Investitionen sanken unter 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes; früher waren es 3 bis 4 Prozent, um den Wirtschaftsstandort zu sichern. Allein in der ASFINAG wurden nur Ausgaben zwischen 500 und 600 Millionen € getätigt. Das ist ein Betrag, der eigentlich weit unter dem Normalen dessen ist, das notwendig ist, um den Standard aufrecht zu erhalten.

Auch die Energieinvestitionen lagen mit einem Zehntel von dem, was sonst üblich war, weit unter dem Durchschnitt. Das führte auch dazu, dass die Gemeinden und die Län­der in ihrem Finanzierungsspielraum nachhaltig ausgehöhlt wurden. Das Wirtschafts­wachstum, das dort verzeichnet wurde, war überwiegend exportorientiert. Das muss man in diesem Zusammenhang auch festhalten.

Was aber besonders bemerkenswert im Jahr 2002 war, ist, dass die Verschuldung des Staates einen neuen Höchststand erreicht hat. Die Verschuldung ist von 133 Milliar­den € im Jahre 1999 auf 145,7 Milliarden € im Jahr 2002 gestiegen. Das bedeutet eine


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 209

Zunahme von 10 Prozent. Berücksichtigt man nur den Bund, dann kam es zu einer Steigerung von 15 Prozent. Das, was uns heute den ganzen Tag vorgegaukelt wurde, was die Schuldenpolitik betrifft, stimmt hinten und vorne nicht!

Was besonders hervorhebenswert ist, ist die Auswirkung auf den Arbeitsmarkt. Dort kam es zu einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen von 203 000 auf 233 000. Das ent­spricht einer Steigerung von 15 Prozentpunkten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist wirklich der Skandal in diesem Jahr!

Wenn man sich noch den Stellenantrag anschaut, dann ist dieser von sieben auf elf gestiegen, das heißt, es kommen mittlerweile elf Arbeitslose auf eine offene Stelle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wirtschaftshistoriker werden diesen Bun­desrechnungsabschluss 2002 als Meilenstein beziehungsweise als Fundquelle für den wirtschaftspolitischen Niedergang Österreichs unter Blau-Schwarz I identifizieren. Wir von der SPÖ werden daher diesem Bericht nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.13

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


20.13

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es hätte mich wirklich gewundert, wenn Kollege Moser etwas Positives an diesem Bundesrechnungsab­schluss 2002 gefunden hätte. (Abg. Murauer: Obwohl es schwierig ist!) – Obwohl es schwierig ist, ihn so negativ darzustellen, wie er es getan hat. Da muss man wahrlich fast ein Künstler sein.

Meine Damen und Herren! Das Einzige, was an diesem Bundesrechnungsab­schluss 2002 kritisch zu vermerken wäre, ist, dass wir ihn erst jetzt behandeln, da bereits die Daten des Jahres 2003 bekannt sind. Ein Bundesrechnungsabschluss ist letztlich die Bilanz eines Finanzministers, ist die Bilanz der Regierungstätigkeit, ist Rechenschaftsbericht. Letztlich heißt es immer, das Budget sei die in Zahlen gegos­sene Politik.

Diese Politik, diese Daten und Fakten halten jedem Vergleich in Europa stand. Schau­en wir uns ein bisschen um! Wie schaut es denn aus bei den so gepriesenen Nachbarn in Deutschland? Rot-Grün ist ja immer dieses Musterbeispiel. – Die würden sich freuen, wenn sie nur in die Nähe unserer Daten kommen könnten. Das ist also eine Erfolgsbilanz dieser Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Moser meinte, das Jahr 2002 sei das Jahr des Sparens auf Teufel komm raus gewesen. Es sei das Jahr der falschen Prognosen und sozusagen des Niedergangs der Wirtschaft gewesen. – Ja, es war das Jahr der falschen Prognosen der Opposi­tion, meine Damen und Herren! Oder soll ich Ihnen vorlesen, was damals – und das sei betreffend Glaubwürdigkeit noch erwähnt – Kollege Matznetter meinte?

Er sagte, die Finanzlage des Bundes sei weit schlechter als dargestellt. Mit 1,6 Prozent des BIP würde wieder ein Höchststand der Verschuldung auftreten. Er habe sich exakt an Zahlen und Daten orientiert. – Das war gerade in jener Zeit, als es darum ging, wieder eine Koalition zu bilden. – Man könnte auf Grund dieser vorgelegten Zahlen das Budget nicht seriös behandeln.

Wer sich wirklich geirrt hat in den Zahlen, Daten und Fakten und in den Prognosen, war Herr Kollege Matznetter! Er wird manchmal als Experte bezeichnet. Seit dieser Zeit bin ich aber etwas unsicher geworden, obwohl ich nicht verkennen möchte, dass er sich wirklich bemüht und manchmal durchaus auch schlagkräftige verbale, rhetorische


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 210

Argumente vorbringt. Aber auf Grund des Ergebnisses und seiner Prognosen wäre ich vorsichtig mit der Bezeichnung „Experte“.

Meine Damen und Herren! Eines sei auch festgehalten: Dieser exakte Budgetvollzug, der besser ist als prognostiziert, als veranschlagt, ist zum Wesentlichen auch ein Ver­dienst der Länder und der Gemeinden. Mehr, Herr Staatssekretär, möchte ich heute von der Situation der Gemeinden her gar nicht sagen, aber wichtig ist mir schon, dass man darauf hinweist.

Besonders nett war noch etwas: Kollege Matznetter und Kollege Gusenbauer waren unisono der Meinung, es stünde zu befürchten – aus der Sicht des Jahres 2002 –, dass im Jahr 2003 der blaue Brief aus Brüssel in Österreich eintreffen werde. Wer den blauen Brief in Europa in Aussicht gestellt bekam, das wissen Sie sicher besser! Öster­reich hat auch einen Brief erhalten, aber jenen der Anerkennung! Das ist ein gutes Beispiel, obwohl – das sei noch erwähnt – auch der Rechnungshof deutlich darauf hinweist, dass noch weitere Reformmaßnahmen notwendig sind. – Ja, dem pflichten wir bei, aber wir sind auf gutem Wege! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


20.17

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich darf auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes begrüßen, die erschienen sind, und das auch aus dem Grund, weil ich in meiner ersten Bemerkung schon hervorheben möchte, dass die dokumenta­rischen Arbeiten und die Arbeiten der gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollen und Nachrechnungen des Rechnungshofes – wenn man es jetzt vulgär ausdrücken will – hier wirklich eine Darstellungsform finden, die auch immer besser wird. Man muss das einfach einmal anerkennen. Es ist nicht nur so, dass da grundsätzlich Arbeit drinnen steckt, sondern dass auch das klare Bemühen – mit Erfolg im Übrigen – erkennbar ist, eine gute Darstellung letztlich für das Haus hier, aber auch für die gesamte Öffentlich­keit hervorzubringen. Und das ist wichtig. (Beifall bei den Grünen, der SPÖ und den Freiheitlichen.) – Ich glaube, da können sich alle Fraktionen anschließen. Das ist richtig und wichtig.

Zur Sache selbst. Ich will der Bundesregierung jetzt nicht unmittelbar einen Prognose­vorwurf machen, wenn etwa nach Artikel 3 des Bundesfinanzgesetzes 2002 damals eine Wachstumsrate von 4,1 Prozent – nominal, wohlgemerkt! – angenommen wurde; tatsächlich waren es aber nur 2,2 Prozent. Das ist doch ein gravierender Unterschied. Zwar wundert es mich, dass man hier immer wieder auf die Doppelbudgetierung verfällt – denn das ist auch ein Problem einer solchen weit reichenden Vorausschau –, aber grundsätzlich – mein Gott! – muss man nicht immer alles genau erraten. Für diese Abweichungen könnte man einmal das Einvernehmen herstellen, dass dann, wenn das Budget sozusagen läuft und geschrieben ist, der Vollzug eben um diese Aussage schwieriger wird.

Wenn wir jetzt aber – Kollege Auer hat schon darauf hingewiesen – schon die Zahlen des Jahres 2003 im Rohzustand kennen und wenn wir wieder den Soll-Ist-Vergleich anstellen, so fällt doch eines über die ganzen Jahre hinweg, seitdem ich das jedenfalls beobachte, auf: Es gibt die Tendenz – hundertprozentig weiß ich es nicht – seit dem Jahr 2000 – sonst korrigieren Sie mich bitte, Herr Staatssekretär, oder auch Herr Prä­sident des Rechnungshofes, wenn Sie hier Stellung nehmen wollen –, dass wir immer, was das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit betrifft – also zumindest diese allergrößte


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 211

Aggregatgröße –, ein bisschen, manchmal sogar deutlich besser als die Prognose liegen; meistens besser als die Prognose. (Staatssekretär Dr. Finz: Sehr vorsichtige Budgetierung!)

Das kann man jetzt so sagen, und das habe ich auch erwartet, nämlich, es sei eine be­sonders vorsichtige Budgetierung. Sehen Sie, schön langsam hege ich den Verdacht, dass das eine gewisse Systematik hat (Zwischenbemerkung des auf der Regierungs­bank sitzenden Staatssekretärs Dr. Finz) – doch! –, schlicht und ergreifend deshalb, um am Schluss sagen zu können: Na, wir sind ohnehin wieder viel besser! – Ich bin mir aber nicht sicher, ob das mit den Grundsätzen der Budgetklarheit und mit dem Grund­satz der Budgettransparenz so ohne weiteres in Einklang zu bringen wäre, wenn sich denn dieser Verdacht bestätigte.

Aber Schwamm drüber, besser so als umgekehrt. Das werden Sie sich auch gedacht haben, aber eine bestimmte Marketing-Komponente kann diesen möglicherweise sys­tematischen Überschätzungen des Defizits nicht abgesprochen werden, jedenfalls in ihrer Wirkung. Ob Sie das so beabsichtigt haben, das weiß ich nicht, zutrauen würde ich es dem Herrn Finanzminister, ganz offen gestanden. Es ist wirklich nicht leicht, das muss man schon zugeben.

Zu den Vergleichen der internationalen Rankings möchte ich, weil hier immer Deutsch­land bemüht wird – jetzt haben Sie mich doch provoziert, über drei Minuten zu spre­chen, Herr Kollege Auer –, Folgendes sagen: Was wäre, wenn in den neunziger Jahren Österreich sozusagen mit der Volkswirtschaft der Slowakei fusioniert hätte? Ich möchte aber nicht, dass das aus anderen Gründen missverstanden wird. Sie müssen doch einmal zur Kenntnis nehmen, dass das in Deutschland eine Sondersituation ist. Schon Kanzler Kohl hatte die größten Nöte damit, und das Problem ist nicht in ein, zwei Jahren weg vom Tisch, sondern zieht sich über zehn, zwanzig Jahre hin.

Einer der großen Fehler – rufen wir uns das jetzt einmal wirtschafts- und fiskalpolitisch in Erinnerung! – war doch der, dass es aus politischen Gründen und Euphorie und ähn­lichen Dingen mehr eine Eins-zu-eins-Umtauschaktion von so genannter Ostmark zur Westmark gegeben hat. Wo soll denn das hinführen als zu größeren Problemen? Daran knabbern die dort in der Tat. Das kann niemand abstreiten! Aber ich sehe über­haupt nicht ein, dass ausgerechnet Sie von der quasi christlich-sozialen und sozial-christlichen demokratischen Schwesterpartei darüber so besonders den Stab brechen müssen, denn ursächlich sind allemal noch die, wenn man will. Lafontaine zum Bei­spiel hat genau darauf hingewiesen, dass das eigentlich nur dazu führen kann, wozu es letztlich auch geführt hat.

Im Übrigen, weil wir schon bei den Abgabenquoten und bei den Steuerentlastungen sind, die heute angesprochen wurden: Wenn wir die Abgabenquoten der Bundes­republik Deutschland erreichen wollten – nicht das ich das einfordere, aber nur, damit wir den Vergleich bekommen –, dann würde unser Budget ganz anders aussehen. Da­gegen ist diese jetzt angekündigte Steuersenkung oder so genannte Steuerreform ein Mickey-Mouse-Projekt. Die haben dort eine um viele Prozentpunkte niedrigere Ab­gabenquote. Deshalb hören Sie auf mit diesen unseriösen Vergleichen! Hätten wir nämlich eine Einnahmen-Ausgabenstruktur wie dort, müssten wir schon längst einen Budgetüberschuss haben, der sich gewaschen hat. Von dem ist natürlich weit und breit nichts zu sehen. Also Schluss mit diesen unseriösen Vergleichen!

Viel interessanter ist es, einmal ein groß angelegtes Missverständnis, was die Leis­tungsbilanz betrifft, aufzuklären. Es wurde uns immer erklärt, dass das Leistungsbi­lanzdefizit im Jahr 2002 – und hier in diesem Ausschussbericht wird das anlässlich des Rechnungsabschlusses besonders gewürdigt – kein solches war, sondern dass es ein Leistungsbilanzüberschuss war, und zwar gerade in diesem Jahr.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 212

Die volkswirtschaftlichen Gesamtzusammenhänge erklären das. Warum war das so? – Weil wir im Export nicht so stark nachgelassen haben, wie wir in der Inlandsnachfrage eingebrochen sind. Das ist doch ein klarer Hinweis darauf, dass wir die Binnenkonjunk­tur gedrückt haben, während der Export das Wirtschaftswachstum, das Sie jetzt immer noch als besonders gut apostrophieren, gezogen hat. Das ist aber kein Verdienst die­ser Bundesregierung, sondern das Gegenteil ist der Fall: Die Inlandsnachfrage wurde deutlich gedrückt, und die Exporte haben das Ganze noch halbwegs geschleppt.

Jetzt frage ich Sie: Was hat das mit Ihrer Politik zu tun? Ich kann nur sagen: Dieses Ergebnis ist trotz Ihrer Politik zustande gekommen! Das kann man erkennen, wenn man gewillt ist, die Statistiken richtig zu interpretieren. Es wurde wieder einmal ganz klar am Ziel vorbeigeschossen. Sie glauben immer noch, dass Sie das Richtige getrof­fen haben. Aber passen Sie auf, dass Sie die Pfeile nicht von hinten erreichen! Irgend­wann wird man einmal auch in diesem Haus seriöse Wirtschaftsdiskussionen führen müssen. Wenn es am Vormittag schon nicht möglich ist, während der Fernsehüber­tragung, so doch wenigstens jetzt.

Ein letzter Punkt: EU-Vergleich. – Es hat jetzt wieder ein Ranking gegeben, das ja in Wirklichkeit keines war. Das Ranking, das jetzt vorgestellt wurde, hat sich, glaube ich, auf das Jahr 2003 bezogen. Es ist richtig, dass die EU dieses Ranking gar nicht macht, die Kommission verweigert es, und zwar aus guten Gründen, einfach nur deshalb, weil es nicht sehr viel Sinn hat, nur die Rangplätze zusammenzuzählen.

Faktum ist, dass wir bei bestimmten Niveaugrößen, also wo es darum geht, wie niedrig oder wie hoch die Arbeitslosigkeit ist oder wie hoch irgendetwas anderes ist, etwa das reale BIP-Wachstum, im Vergleich gar nicht so schlecht dastehen. Das ist richtig.

Aber es gibt zentrale Indikatoren, angesichts derer wir, wenn wir die Veränderung die­ser Indikatoren betrachten, feststellen müssen, dass wir rasend schlechter werden. Es gibt drei Indikatoren, wobei wir zu den schlechtesten in Europa gehören. Da gehört etwa die Veränderung der Beschäftigungsquote in den letzten Jahren dazu. Das sind ganz markante Indikatoren für die Zukunftsfähigkeit einer Wirtschaft, für die Absiche­rung des Pensionssystems, von dem Sie dauernd reden, und für ähnliche Dinge mehr.

Das heißt, der Niveauvergleich ist gar nicht so schlecht – das ist aber der Standard von vielen Jahren, der da aufgebaut wurde –, aber die Veränderungen, sprich Niveauver­gleich von einem Jahr zum anderen und zum nächsten, zeigen schon ein ganz ande­res Bild. Wenn Sie sich die Mühe machen und einmal nachlesen, dann werden Sie sehen, dass wir da nirgends vorne dabei sind, sondern in den wesentlichen Indikatoren zu den Letzten gehören.

Das sollte Anlass zur Sorge geben und nicht zu überflüssigen Lobhudeleien. Ich wäre froh, wenn wir uns wenigstens darauf verständigen könnten. Dann werden Sie viel­leicht auch verstehen, dass wir vorläufig, aber ohne besonderen Groll, diesem Rech­nungsabschluss mit den beigelegten volkswirtschaftlichen Erklärungen nicht zustim­men können. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


20.26

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Meine Herren Präsidenten! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich gleich zu Be­ginn meiner Ausführungen beim Rechnungshof für die sehr gute Darstellung des Bun­desrechnungsabschlusses bedanken. Es ist für die Abgeordneten sehr hilfreich, wenn


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 213

sie die Zahlen in einer so guten Art und Weise dargestellt bekommen. Dafür herzlichen Dank! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Vorredner von der Opposition hatten es wirklich schwer, etwas Negatives an diesem Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2002 zu finden, weil er wirklich eine exzellente Visitenkarte der Regierungspolitik darstellt und, wie ich meine, sehr gut zum Ausdruck bringt, was Karl-Heinz Grasser und auch die anderen Minister dieser Re­formregierung in den letzten Jahren bewegt haben.

Wenn man sich die Zahlen vergegenwärtigt, Herr Kollege Kogler, dann muss man schon zugeben: Es ist einigermaßen revolutionär, was die Entwicklung des öffentlichen Defizits betrifft, denn während wir noch im Jahre 1999 ein Defizit von 2,3 Prozent hatten, konnten wir nun im Jahr 2002 das Defizit auf 0,2 Prozent senken. Das ist ein Riesenerfolg! Auch der Leistungsbilanzsaldo, der heute schon von Seiten der Opposi­tion gewürdigt wurde, ist erstmals seit dem Jahr 1990 positiv ausgefallen.

Man kommt nicht drum herum, die eigenen makroökonomischen Faktoren mit den Wirtschaftsdaten in Europa zu vergleichen. Wenn wir beispielsweise das BIP-Wachs­tum im Jahr 2002 hernehmen und einen Vergleich anstellen, dann sehen wir, dass Österreich doch deutlich über dem europäischen Schnitt, den die Europäische Kom­mission jährlich herausgibt, liegt, und zwar mit 1,4 Prozent. Deutschland erzielte bei­spielsweise nur ein BIP-Wachstum von 0,2 Prozent.

Oder: Unsere Inflationsrate liegt deutlich unter dem Durchschnitt in Europa. Auch das Defizit ist, wie gesagt, in Österreich mit 0,2 Prozent bedeutend geringer ausgefallen als der europäische Durchschnitt mit 2,2 Prozent. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das sind wesentliche Faktoren, die uns von der FPÖ-Fraktion ermutigen, den einge­schlagenen Reformweg der österreichischen Bundesregierung weiterhin zu unterstüt­zen. Wir werden diesen konsequenten Weg der Stabilisierung im Interesse der euro­päischen Währungspolitik und Finanzpolitik weiter fortschreiten. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

20.29

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

 


20.29

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Präsident des Rechnungshofes! Es steht außer Streit, dass sich dieses Budgetdefizit 2002 in der genannten Größenordnung von 0,2 Prozent bewegt. (Abg. Scheibner: Das ist ja toll! Oder?) Man hat ständig vom Nulldefizit gesprochen und ein solches prognostiziert, aber ehrlicherweise muss man sagen, dass dieses Nulldefizit nicht erreicht wurde. (Abg. Scheibner: Bei 0,2 Pro­zent?!)

Nach den Lobeshymnen, die die Abgeordneten der Regierungsfraktionen heute hier haben erklingen lassen, möchte ich doch ein paar Fakten bringen, die darlegen sollen, wie denn dieser Rechnungsabschluss zustande gekommen ist. Schauen wir uns ein­mal an, wie dieses Ergebnis erreicht werden konnte! (Abg. Scheibner: Das ist aber nicht Ihr Ernst, dass Sie das noch sagen! – Abg. Gradwohl – in Richtung des Abg. Scheibner –: Sehr ernst!)

Was waren denn die verteilungspolitischen Eckpunkte? – Es ist schon erwähnt worden, dass die Länder und die Gemeinden sehr viel dazu beigetragen haben, was richtig ist, aber das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht, denn die Gemeinden sind, wie wir wissen, teilweise in finanziellen Schwierigkeiten geraten. Sehr viele Gemeinden


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 214

können ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen. Wenn ich daran denke, dass gerade im Hinblick auf die vor uns stehende Steuerreform ebenfalls wieder die Gemeinden zur Kasse gebeten werden sollen, so muss ich sagen: Ich bin gespannt, was der Gemein­debundpräsident dann dazu zu sagen hat. Er hat sich ja schon insofern dazu geäußert, als er es strikt ablehnt, zur Finanzierung einer Steuerreform die Gemeinden zur Kasse zu bitten.

Aber ein wesentlicher Punkt, der dafür ausschlaggebend ist, dass dieser Rechnungs­abschluss so ausschaut, war letztlich der Umstand, dass dieser Rechnungsabschluss ausschließlich über Steuererhöhungen und über Gebühren finanziert wurde. Das hat auch der Präsident des Rechnungshofes im Budgetausschuss so gesagt. Die Auffül­lung des Budgettopfes erfolgte fast ausschließlich einnahmenseitig. Das hat eine noch nie da gewesen Belastungswelle für die Menschen bedeutet.

Kollege Auer, davon, welche Maßnahmen da gesetzt wurden, hast du leider nicht gesprochen. Zum Beispiel: Halbierung des Arbeitnehmerabsetzbetrages, Besteuerung der Urlaubsentschädigung, höhere KFZ-Steuer, Autobahnvignette, höhere Strom­steuer, höhere Tabaksteuer, Selbstbehalte bei Krankenversicherungen. Das waren im Wesentlichen die Maßnahmen, die zu diesem Ergebnis geführt haben, und die haben ausschließlich die „kleinen Leute“ getroffen.

Gleichzeitig haben Sie bei diesem Bundesrechnungsabschluss eine gehörige Umver­teilung durchgeführt. So wurden allein an Unternehmer Geschenke in der Höhe von einer Milliarde € verteilt. (Ironische Heiterkeit des Staatssekretärs Dr. Finz.)

Herr Staatssekretär, Sie lachen hier so „cool“. Es stimmt schon! Vielleicht finden Sie das lächerlich, aber die Getränkesteuer mit 230 Millionen €, die Neulösung bei der Werbeabgabe, die Urlaubsaliquotierung, all das sind Punkte, die Sie der Wirtschaft unmittelbar gegeben haben. Den arbeitenden Menschen haben Sie es genommen und den Unternehmen haben Sie es gegeben – auch wenn Sie es nicht hören wollen! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Daher sagen wir Sozialdemokraten, meine Damen und Herren: Das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen! Dieser Weg ist unfair, dieser Weg ist ungerecht. Er trifft die Schwächsten in unserer Gesellschaft, und daher werden wir diesem Bundesrech­nungsabschluss nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jakob Auer: Der Wimmer war schon besser!)

20.33

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Bitte.

 


20.33

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Wimmer, du hast auf den Rechnungshofbericht hingewiesen und gemeint, dass dieses Budget allein durch Steuererhöhungen, also einnahmenseitig saniert wurde. Dazu darf ich dir sagen: Es gibt eine eindeutige Passage im Rechnungshof­bericht, in der darauf hingewiesen wird, dass bereits im Jahre 2002 ausgabenseitige Maßnahmen gegriffen haben. Seit dem Jahr 2000 sind insgesamt 1,1 Milliarden € aus­gabenseitig eingespart worden.

Geschätzte Damen und Herren! Dieser Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2002 ist sicher ein Meilenstein in der Geschichte der Budgetpolitik, er ist eine Erfolgsstory. Diese Erfolgsstory hat bereits im Jahr 2000 begonnen, nämlich mit dem Antritt dieser Regierungskoalition von Schwarz und Blau mit Bundeskanzler Schüssel an der Spitze.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 215

Damals erfolgte nämlich eine Trendwende in der Politik, vor allem aber in der Bud­getpolitik, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben heute beim Tagesordnungspunkt eins über die Steuerreform diskutiert. Diese Steuerreform wäre, geschätzte Damen und Herren, nicht möglich, und zwar vor allem nicht in diesem Ausmaß möglich; 3 Milliarden € an Entlastung wären nicht mög­lich, wenn das Budget nicht nachhaltig konsolidiert worden wäre.

Nun einige Zahlen: Laut dem Rechnungsabschluss 2001 gab es erstmals nach 30 Jah­ren einen Überschuss von 0,3 Prozent. Jetzt gibt es laut dem Rechnungsab­schluss 2002 ein leichtes Minus von 0,1 Prozent. Schauen wir uns den EU-Durch­schnitt an: ein Minus von 2,2 Prozent!

Geschätzte Damen und Herren! Dieses gute Ergebnis gibt es trotz anhaltender Kon­junkturschwäche und trotz der Hochwasserkatastrophe im Jahr 2002. Selbstverständ­lich wurde heute auch schon auf die positive Entwicklung, auf die Überschüsse der Länder und der Gemeinden hingewiesen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun auch ein Hinweis zur Abgabenquote: Im Jahre 1999 war die Abgabenquote bei 44,4 Prozent, und trotz Sanierung des Budgets gibt es derzeit eine Abgabenquote von 44,2 Prozent. Bis zum Ablauf dieser Legislaturperiode im Jahre 2006 wird diese Quote auf 42 Prozent gesenkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Budget hat eine neue Qualität. Es haben in den letzten Tagen unser Finanzminister Karl-Heinz Grasser und unser Staats­sekretär Alfred Finz, die in ihrem Metier zwei Profis sind, auch den vorläufigen Rech­nungsabschluss für das Jahr 2003 präsentiert. In diesem Zusammenhang steht in einer Tageszeitung vom 27. Jänner Folgendes zu lesen:

„Weniger Budgetdefizit als erwartet. Grasser wird ‚EU-Musterschüler’. Österreichs Staatsfinanzen bleiben trotz schwacher Wirtschaftslage stabil. Im Jahr 2000 war Öster­reich mit einem sehr hohen Budgetdefizit das EU-Schlusslicht. Mittlerweile sind wir im vorderen Mittelfeld.“

Geschätzte Damen und Herren! Das Ranking der „EU 25“, inklusive der Erweiterungs­länder (der Redner hält eine Graphik in die Höhe): Österreich an dritter Stelle. (Abg. Murauer: Das genügt!) – Das genügt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte. (Abg. Jakob Auer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Ing. Gartlehner –: Kurtl, bleib seriös! – Heiterkeit.)

 


20.38

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Rech­nungshofes! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich, wie immer seriös, das ist keine Frage! (Beifall des Abgeordneten Gradwohl.) Ich gebe auch dem Kollegen Kurzbauer vollkommen Recht, der gesagt hat, dass mit dem Antritt der blau-schwarzen Bundes­regierung eine Trendwende in der Politik Österreichs stattgefunden hat, insbesondere im Bereich der Budgetpolitik. Nur glaube ich, dass diese Trendwende, wie von meinen Vorrednern schon erwähnt, nicht nur mit erfreulichen Tatsachen verbunden war, son­dern auch mit sehr problematischen Entwicklungen, vor allem auf dem Arbeitsmarkt in Österreich. So ist seit Antritt dieser Bundesregierung zum Beispiel die Sockelarbeits­losigkeit um 70 000 bis 80 000 Menschen angewachsen, und auf Grund der Budget­prognosen, die uns vorliegen, ist auch im heurigen Jahr mit einem weiteren starken Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 216

Natürlich hat man versucht, über den massiven Abbau bei den aktiven Beamten im Wege der Pensionierung das Kostenproblem zu verschieben, und das wirkt sich in diesem Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2002 auch ein bisschen positiv aus.

Nun noch ein Hinweis: Wir haben früher immer vom Maastricht-relevanten Budget gesprochen, inzwischen sprechen wir nur mehr vom gesamtstaatlichen Budget. Da hat es eine Änderung der Sprachregelung gegeben. Das Maastricht-relevante Budget ist natürlich nicht so erfreulich, wie es in dieser Debatte dargestellt wurde. Es gibt Struk­turprobleme, auf die der Rechnungshof in seinem Bericht immer wieder hinweist. Es gibt eine mangelhafte Nachhaltigkeit bei den Entscheidungen. Wir alle wissen, dass insbesondere durch die Veränderungen der Voraussetzungen für unsere Einrichtungen in den Kommunen den Ländern und vor allem den Gemeinden noch Einschnitte bevor­stehen, die mich an das Vergießen von Blut und Tränen denken lassen.

Man weiß noch nicht, wie das ausgehen wird. Kommt es zu Rationalisierungen in den Gemeinden in der Form, dass Gemeinden zusammengelegt werden? Ich weiß nicht, was die Bundesregierung an Ideen haben wird, um diese Probleme in den Griff zu be­kommen, aber eines ist jedenfalls klar: Die Gemeinden werden diese Reserve, die sie jetzt sozusagen eingebracht haben, in Zukunft nicht mehr einbringen können, und wir sind gespannt, wie die nächsten Berichte der Bundesregierung über die Budget­ergebnisse des Jahres 2004 zum Beispiel ausschauen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


20.41

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Moser hat eine Budgetdarstellung gegeben – wahrscheinlich hat sie ihm jemand aufgesetzt (Rufe bei der SPÖ: Na, na!) – und ist verschwunden. Er ist nicht mehr da und hat daher gar nicht die Gelegenheit, zuzuhören, wie es mit dem Budget wirklich aussieht, und das tut mir sehr, sehr Leid.

Ich rede jetzt nur vom Maastricht-Budget des Bundes. Wie hat es denn 1999 ausge­sehen unter einem Finanzminister Edlinger? – Im Jahr 1999 betrug für den Bund das Defizit 4,8 Milliarden €. Im Jahr 2000 – bekanntlich ist am 4. Februar die neue Bundes­regierung angetreten – reduzierte sich dieses Defizit auf 3,4 Milliarden €. Im Jahr 2001 reduzierte sich das Defizit weiter, nämlich auf 1,4 Milliarden €, und im Jahr 2002, dem Jahr, über das wir reden, haben wir trotz einer anhaltenden schwachen Konjunktur­entwicklung und trotz der Hochwasserkatastrophe – diese ist offenbar schon in Verges­senheit geraten – einen leichten Anstieg auf 1,7 Milliarden €.

Also: Gegenüber 1999 – damals gab es ein Defizit von 4,8 Milliarden € – ein Rückgang auf 1,7 Milliarden €. Und so etwas wird verteufelt!? Man muss doch Zahlen und Fakten wirklich anerkennen können! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gesamtstaatlich – Maastricht-Budget also – betrug das Defizit 0,1 Prozent. Wir haben praktisch seit 2001 ein ausgeglichenes Budget gesamtstaatlich halten können. Wie ist das entstanden? – Wir haben wirksame Personalreformen zwischen 2000 und 2002 gemacht.

Von 31. Dezember 1999 bis 31. Dezember 2002 haben wir 11 733 Vollbeschäftigungs­äquivalente eingespart; das sind 6,9 Prozent beim Personalstand. Wir haben Struktur­reformen durchgeführt. Wir haben ein zentrales Beschaffungswesen eingerichtet, wo


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 217

heute jährlich 700 Millionen € beschafft und allein durch die Zusammenfassung, durch die Konzentration jährlich immerhin 29 Millionen € eingespart werden.

Wir haben eine Universitätsreform in Angriff genommen, die verfassungsrechtlich wei­testgehend bestätigt wurde, wie Sie wissen – und wir haben jetzt Rekordzahlen bei den Studenten –, um einerseits dem Autonomiegedanken besser entsprechen zu können, aber auch, um mehr Effizienz in das Studentenleben zu bringen.

Wir haben die Wirtschaftsförderung mit der Gründung der Austria Wirtschaftsservice GesmbH in eine neue Form gebracht und endlich auch einer Forderung des Rech­nungshofes Rechnung getragen, dass man die Förderungsmaßnahmen konzentrieren soll.

Wir haben die Pensionsreform 2000 eingeleitet: eine Anhebung des Frühpensions­alters um 18 Monate in schrittweiser Form, wobei im Vollausbau allein durch diese Reform 1,3 Milliarden € pro Jahr eingespart werden.

Obwohl wir viele Maßnahmen gesetzt haben, die es ermöglichten, die Ausgaben zu reduzieren, haben wir in anderen Bereichen, weil sie gesellschaftspolitisch wichtig sind, mehr ausgegeben. So haben wir mehr ausgegeben für die Forschung und Entwick­lung. Wir haben in den Jahren 2000 bis 2002 4 Milliarden € ausgegeben; gegenüber der Periode 1997 bis 1999 sind es um 600 Millionen € mehr.

Herr Abgeordneter Moser hat weiters gesagt, wir hätten keine Investitionen getätigt. – Wir haben sehr wohl Investitionen getätigt. Wir haben einschließlich BIG, Bahnbereich und ASFINAG die Investitionen ausgeweitet. Wir haben eine IT-Offensive in den Schu­len und Universitäten gestartet. Wir haben eine Behindertenintegration am Arbeits­markt gemacht.

Ich darf auch an die Wiedergutmachung im Zusammenhang mit NS-Zwangsarbeitern erinnern, ebenso an die Einführung des Kindergeldes. Auf Grund der schwachen Konjunkturlage gab es zwei Konjunkturpakete – im Dezember 2001 und im Sep­tember 2002, und schließlich waren da noch die Hochwasserhilfsmaßnahmen im Jahr 2002, die sich noch weiter erstrecken auf das Jahr 2003.

Ich glaube, das zeigt, dass wir einen völlig neuen Kurs in der Budgetpolitik fahren. Wir hatten eine schwierige Ausgangslage vorgefunden, aber Sie können versichert sein, wir verbessern die Situation, und daher können wir nunmehr eine massive Steuerre­form machen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


20.47

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär, ich darf eingangs meinen Dank ausdrücken für das, was Sie seitens des Rechnungshofes geliefert haben. Es ist, wie ich meine, sehr, sehr anschaulich und gut lesbar, sodass es uns möglich ist, entsprechende Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.

Geschätzte Damen und Herren! Ich werde mich nur auf einige wenige Zahlen be­schränken; viele sind ja schon genannt worden. Wir kennen die wirtschaftliche Entwick­lung, auch jene unserer Nachbarländer und auch die internationale. Österreich liegt in diesem Vergleich, wie ich meine, durchaus gut. Wir haben eine Steigerung des Brutto­inlandsproduktes nominell um 2,2 Prozent im Jahr 2002 erreicht. Die reale Steigerung des Bruttoinlandsproduktes beträgt 1 Prozent, also 0,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 218

Eine Zahl, auf die ich sehr wohl hinweisen möchte, ist der Saldo der Leistungsbilanz, der erstmals seit 1990 einen positiven Wert erreicht, nämlich 1,57 Milliarden €.

Wir wissen, dass die Steuer- und Abgabenquote in Österreich hoch ist. Wir wissen aber auch, dass eine Konsolidierung des Budgets in Angriff genommen werden musste, und es freut mich, dass gegenüber dem Jahr 2001 eine Reduktion der steuer­lichen Gesamtbelastung um 1 Prozent erreicht werden konnte.

Der Rechnungshof stellt fest, dass die Konsolidierung des Haushaltes im Jahre 2001 hauptsächlich durch Einnahmen erfolgt ist, stellt aber ausdrücklich auch fest, dass die Entwicklung im Jahr 2002 auf Grund der in den Jahren zuvor ergriffenen Maßnahmen eine positive war und Ausgabeneinsparungen durch Maßnahmen, die in den Jahren zuvor gesetzt worden waren, erzielt worden sind.

Der Rechnungshof hält strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen weiterhin für ein Ge­bot der Stunde, um eine tatsächliche und nachhaltige Budgetkonsolidierung zu erzie­len. Dies ist, wie ich meine, selbstverständlich eine Herausforderung für diese schwarz-blaue Bundesregierung, die diese auch aufgreifen und annehmen wird.

Geschätzte Damen und Herren! Kollege Moser hat versucht, anhand des Bundesrech­nungsabschlusses den Niedergang der österreichischen Wirtschaft zu beschwören. Er hat es tunlichst vermieden, internationale Vergleiche anzustellen. Hätte er dies getan, wäre er möglicherweise in die Verlegenheit gekommen, dieser Bundesregierung ein Lob aussprechen zu müssen, und das wollte er denn doch nicht.

Ich erspare mir auch diese internationalen Vergleiche, zumal sie hinlänglich bekannt sind und auch in diesem Hause oft angestellt wurden, aber ich möchte doch darauf hinweisen, dass jene Maßnahme, die die Bundesrepublik Deutschland jetzt setzt, näm­lich eine vorgezogene Steuerreform, genau das Gegenteil dessen bewirkt, was diese österreichische Bundesregierung mit der Steuerreform, zweite Etappe, bezweckt.

Wir haben mit unseren Maßnahmen in Österreich eine Konjunkturbelebung herbeige­führt. So ist zu erwarten – und das ist keine krause Idee, sondern in einer entspre­chenden APA-Meldung nachzulesen –, dass diese vorgezogene Steuerreform in der Bundesrepublik Deutschland eine Dämpfung des Wirtschaftswachstums um etwa ein halbes Prozent bewirken wird.

Ich bin froh darüber, dass wir in Österreich eine Reformregierung haben, die auch stark in der Umsetzung ist – das zum Wohle Österreichs und seiner Bürger. Diese werden mehr Geld in der Tasche haben, und die österreichischen Unternehmungen werden entsprechend angeregt, Investitionen zu tätigen – also eine meiner Meinung nach durchaus positive Aussicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. – Bitte.

 


20.51

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Kollegen und Kolleginnen! Ich ersuche den Präsidenten vorweg um wenige Sekunden der Toleranz. Meine erste Anmerkung bezieht sich nicht auf den Rechnungsabschluss, sondern auf die politische Kultur in diesem Haus. Bei der vorigen Debatte hat Kollegin Stoisits einige wenige Worte zur Begrüßung in Kroatisch formuliert. Daraufhin hat Kollege Klaus Wittauer etwas gesagt – ich wiederhole es nicht –, und auf die entsprechende Nachfrage hat er gesagt: Diesen Dialekt verstehe ich nicht. 

Nur zur Nachhilfe und zur Verbesserung der politischen Kultur und der staatsbürger­lichen Erziehung des Kollegen Wittauer und vielleicht anderer: Kroatisch, Slowenisch


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 219

und andere Sprachen sind Sprachen der Republik Österreich, der Volksgruppen der Republik Österreich, sind Mutter- und Vatersprachen. Und nicht nur, weil ich eine die­ser Muttersprachen – Vatersprache in Wirklichkeit –, Slowenisch, spreche, ersuche ich, er möge das auch in diesem Hohen Haus zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Nun ganz kurz zum Kollegen Finz. – Sie waren sehr hurtig und haben den Vergleich Edlinger – Grasser gewagt. Herr Kollege Finz, Sie wissen selbst, die Schulden waren damals höher – ja. Das Kapital, das Vermögen der Republik Österreich, der Besitz der Republik Österreich und die Reputation der Republik Österreich waren aber ungleich höher als unter einem Finanzminister Grasser und unter dieser Regierung.

Und was diese Regierung von der anderen Regierung und insbesondere von Herrn Finanzminister Edlinger unterscheidet: Die Republik Österreich war in vielfältiger Hin­sicht kreditwürdig. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Großruck: Jetzt brauchen wir keinen Kredit mehr!) Soziale Sicherheit war ein Wert, und der Wirtschaftsstandort Österreich musste nicht erst attraktiv geredet werden, sondern war attraktiv. Das sind die wesentlichsten Unterschiede, um das nur an einem Beispiel festzumachen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber wenn Sie Ihr schlecht gesungenes Lied von Protest und Oppositionsrede zum Besten geben, führe ich, Herr Kollege Stummvoll, Ihren Kollegen aus Tirol an. Herwig van Staa ist ein ÖVP-Kollege. Zu diesem Rechnungsabschluss, zu dieser Budgetpolitik und der Art und Weise, wie von Bundesseite versucht wurde, das Budgetdefizit zu sen­ken, zitiere ich Herwig van Staa, der sagt: Dieser Ansatz, Länder und Gemeinden an Mindereinnahmen, nicht aber an den Mehreinnahmen zu beteiligen, widerspricht dem Geiste des Finanzausgleichs. – Zitatende.

Im Übrigen wundert es mich, Herr Kollege Finz, dass er das als Kommunalpolitiker und ÖVP-Parteiobmann einer Gemeinde, wenn es auch nicht die große Gemeinde Wien ist, sagt: Es wurden auch keine Verhandlungen auf politischer Ebene geführt.

Das heißt, Gesprächsverweigerung betreibt der Herr Finanzminister nicht nur in Home­page-Affäre-Angelegenheiten, sondern auch dann, wenn es um ganz seriöse partner­schaftliche Verhandlungen, um den Finanzausgleich zwischen Ländern und Kommu­nen geht.

Was Sie den Ländern und Kommunen zugefügt haben, haben die Kollegen meiner Fraktion bereits ausgeführt. Sie hungern die Gemeinden aus. (Staatssekretär Dr. Finz: Stimmt nicht!) Sie bringen die Länder in die Situation, Minuszahlen in den Budgets zu schreiben. Warum lassen die Investitionen nach? – Weil die Kommunen in Österreich die besten und glaubwürdigsten Investoren waren. Warum gibt es denn nachweislich ein Investitionsminus? Das ist das negative Resultat Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Finz, und dann haben Sie noch die Chuzpe, die Länder und Kommunen, die Sie ausbeuten und ausnehmen, auch noch mit Aufgaben und Leistungen zu belas­ten! Ich erinnere Sie nur an die Deckelung der Bundesmittel im Sozial- und Gesund­heitsbereich. Sie denken an – aber hoffentlich kommt es nicht dazu – die Sozialhilfe-Neu, Kindergeld bis zum 6. Lebensjahr, und ich erinnere an die fehlendem Mittel für den Hochwasserschutz, weil Sie vorhin die Hochwasserkatastrophen angesprochen haben.

Herr Kollege Finz, vielleicht werden Sie länger Staatssekretär sein, als der noch amtie­rende Finanzminister seine Funktion inne hat, aber für Sie beide gilt: Gehen Sie zur politischen Kultur des Gesprächs, des partnerschaftlichen Verhandelns mit den Län­dern und Kommunen zurück! Nehmen Sie Verhandlungen auf und führen Sie eine Politik, die regiert und nicht diktiert!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 220

In diesem Sinne wünsche ich den Ländern Gesprächsbereitschaft, und ich wünsche Ihnen viel Erfolg und viel Mut – denn diese Auseinandersetzungen mit Ihren Kollegen, insbesondere der ÖVP auf Länderseite, werden viel Mut verlangen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol (den Vorsitz übernehmend): Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.57

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Kollegin Trunk, ich denke, Sie haben die falsche Rede eingepackt, denn Sie haben zum Rechnungsabschluss gesprochen und nicht zum Bundesrechnungsab­schluss. Aber Sie kennen ja sicherlich das Sprichwort: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not! Die von Ihnen gestellten Bundeskanzler und Finanzminister kannten diesen Ausspruch sicherlich nicht, denn je besser die Konjunktur war, desto mehr haben diese Herrschaften ausgegeben.

Erst seit dem Jahr 2000 wird gespart, und das ist eine Tatsache, die wohl allen be­wusst ist – auch der Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Wider­spruch bei der SPÖ.)

2001 gab es den ersten Budgetüberschuss seit 30 Jahren. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: seit 30 Jahren! Auch das ist eine Tatsache, die allen bewusst ist. Und auch der vorliegende Abschluss für das Jahr 2002 beweist einmal mehr, dass diese Bundesregierung die Staatsfinanzen weiter saniert. Wir haben de facto das Null­defizit erreicht – der Herr Staatssekretär hat es schon angesprochen –, und das war bei dieser Umgebung ein äußerst schwieriges Unterfangen.

Sie wissen alle, dass das Hochwasser im Jahr 2002 ein tiefes Loch in das Budget ge­rissen hat. Diese Bundesregierung ist Gott sei Dank helfend eingesprungen und hat die betroffenen Menschen wirklich unterstützt. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.) – Ich verstehe Sie nicht! Sie sitzen zu weit hinten, nämlich auf dem Platz, den Ihnen Ihre Partei zugewiesen hat. Wenn Sie besser wären, würden Sie schon weiter vorne sitzen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Konjunktur wollte im Jahr 2002 auch nicht so richtig anspringen, aber wir erwarten alle, dass dies im heurigen Jahr der Fall sein wird. Die OECD rechnet für das Jahr 2004 in den Euro-Ländern mit einem Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent und für das Jahr 2005 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent. Während in Deutschland und in ganz Europa eine Flaute herrscht, haben wir in Österreich sehr, sehr viel erreicht: Die Abgabenquote ist gesunken, das Wachstum ist leicht gestiegen und lag über dem EU-Durchschnitt, die Inflationsrate ist zurückgegangen, und endlich übertrafen die Exporte die Importe.

Viele Regierungschefs – und darunter sehr viele sozialdemokratische – wären froh, wenn sie derartige Zahlen aufweisen könnten. Und dieser europäische Vergleich macht uns sicher, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Die Steuerreform, die nun auf Schiene steht, wird auch dazu beitragen, dass Öster­reich weiter vorne mit dabei bleibt. Mit dieser Reform haben wir die Familien entlastet, die es wirklich brauchen. Mit dieser Reform haben wir den Wirtschaftsstandort Öster­reich gesichert und damit Arbeitsplätze für unsere Bevölkerung und vor allem für die Jugend geschaffen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 221

Dieser Budgetweg ist insgesamt ein guter Weg – das hat uns auch der Rechnungshof bestätigt –, weil er auch finanzierbar ist. Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir am Ende dieser Gesetzgebungsperiode oder möglicherweise ein Jahr danach das Nulldefizit wieder erreichen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


21.00

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regie­rungsbank! Hohes Haus! Geschätzte Frau Kollegin Lentsch, ich gestehe, dass mich Ihre Ausführungen ein wenig erregt haben, ich versuche aber, ruhig darauf zu antwor­ten. Sie dürften vergessen haben, dass einige Vertreter, die in den letzten Jahren der rot-schwarzen Koalition dafür gesorgt haben, dass auch Geld ausgegeben wird, und somit auch für höhere Schulden und ein höheres Defizit gesorgt haben, noch heute auf der Regierungsbank sitzen – einer an besonders maßgeblicher Stelle: Wolfgang Schüssel heißt er.

Vielleicht, Frau Kollegin Lentsch, wird Kollege Auer Sie diesbezüglich aufklären: Wenn Sie einen Blick auf die Budgets und Rechnungsabschlüsse der Vergangenheit werfen, werden Sie draufkommen, dass Ihr jetziger Bundeskanzler einer der größten Schulden­macher gewesen ist, der Oberausgeber! Das, Frau Kollegin Lentsch, um der Wahrheit Genüge zu tun, sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ so­wie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Geschätzte Damen und Herren! Wenn wir schon bei der Wahrheit sind, Herr Staats­sekretär, dann würde ich Sie erstens darum ersuchen – da mir das heute den ganzen Tag über, nachdem wir einige Zeit miteinander verbringen durften, aufgefallen ist –, dass Sie – wenn Sie auf der Regierungsbank sitzen, haben Sie die Möglichkeit, sich in jeder Debatte immer zu Wort zu melden –, speziell auch dem Präsidiumsbeschluss entsprechend, während der Ausführungen der Kolleginnen und Kollegen hier vom Red­nerpult aus Ihre Zwischenrufe von der Regierungsbank unterlassen. Wenn Sie schon Zwischenrufe machen, dann möchte ich Sie wirklich ersuchen: Bleiben Sie bei der Wahrheit, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz.)

In einem Ihrer Zwischenrufe gegenüber eines Kollegen haben Sie gemeint, es seien sozialdemokratische Finanzminister verantwortlich dafür gewesen, dass das mit der Getränkesteuer danebengegangen sei. Die Wahrheit, geschätzter Herr Staatssekretär und ÖVP-Obmann von Wien (Ruf bei der SPÖ: Nicht mehr lange!), ist, dass, wenn dieser Passus der Getränkesteuer im Beitrittsvertrag enthalten gewesen wäre, wir keine Probleme gehabt hätten. Wer war Chefverhandler? – Ich nehme ja nicht an, dass Sie Alois Mock, einen bekannten österreichischen ÖVP-Außenminister, plötzlich der Sozialdemokratie zurechnen wollen, dem „Mister Europa“ einen Fehler unterstellen wollen! – Herr Staatssekretär, ich glaube, Sie müssen in sich gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

In noch einem Punkt ersuche ich Sie, Herr Staatssekretär, bei der Wahrheit zu bleiben. Sie haben in Ihren Ausführungen soeben angemerkt, welch rigorose Investitionen doch getätigt wurden. Wo? – Fahren Sie doch bitte quer durch unser Land, durch diese Republik, wie das viele der hier anwesenden Abgeordneten machen, und dann zeigen Sie mir die Investitionen, die Sie speziell in den Jahren 2001, 2002 oder in den Folge­jahren getätigt haben! Sie haben davon gesprochen, aber umgesetzt davon haben Sie überhaupt nichts! (Beifall bei der SPÖ. – Staatssekretär Dr. Finz: Doch, die West Autobahn!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 222

Herr Staatssekretär! Wenn Sie von der West Autobahn sprechen, frage ich Sie: Gibt es da nicht eine ASFINAG, die das umsetzt und finanziert? Was hat das mit Ihrem Budget und mit Ihren Ankündigungen zu tun? Es geht um Investitionen der öffentlichen Hand, nicht ausgelagerter Bereiche! Also bleiben Sie bei den Fakten, bleiben Sie bei den Tat­sachen, Herr Staatssekretär – auch in Ihren Zwischenrufen! Sie können sich der Ge­schäftsordnung entsprechend jederzeit wieder zu Wort melden.

Und vor allem, Herr Staatssekretär: Wenn Sie von Investitionen sprechen, dann wird Ihnen auch nicht entgangen sein, dass in den letzten Jahrzehnten die kommunalen In­vestitionen zwei Drittel der Investitionen der öffentlichen Hand ausgemacht haben. Wie viel können die Kommunen bei Ihrer Finanz- und Steuerpolitik, bei Ihrem Aushungern der Kommunen noch investieren? – Nichts, und das wirkt sich auf die regionale Wirt­schaft aus, und deswegen haben wir auch ein Wirtschaftswachstumsproblem. Das schönzureden, Herr Staatssekretär, das mag Ihnen vielleicht hier in Ihren Reihen etwas bringen, aber bei der Bevölkerung draußen bringt Ihnen das überhaupt nichts.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich in der heutigen Debatte vermisst habe, dass gerade du, Kollege Auer, als streitbarer Bürgermeister aus den Reihen der ÖVP dieses Thema der Kommunen besonders anreißt. Und noch etwas ist mir abgegangen: Ein weiterer berühmter Zwischenrufer der ÖVP, nämlich Bürgermeister Großruck, hat uns zu diesem Thema der Aushöhlung der Gemeindefinanzen keinen Vierzeiler gewid­met und auch keinen Zwischenruf. – Ich bin enttäuscht, Kollege. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Großruck: Das wird schon kommen!)

21.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Fiedler. – Bitte, Herr Präsident. (Abg. Großruck – in Richtung des Abg. Ing. Gradwohl –: Ich werde dir die „Ode an die Kommunen“ bringen! – Präsi­dent Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Am Wort ist Herr Präsident Fiedler!

 


21.06

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Bundesregierung hat sich im Jah­re 2000 zum Ziel gesetzt, bis 2002 ein Nulldefizit, berechnet nach Maastricht, zu errei­chen. Und es ist Aufgabe des Rechnungshofes – und der Bundesrechnungsabschluss ist an sich dafür auch vorgesehen –, eine Evaluierung vorzunehmen, ob das Ziel er­reicht wurde oder ob es nicht erreicht wurde.

Wenn man sich die Daten, die im Bundesrechnungsabschluss vom Rechnungshof aus­gewiesen werden, ansieht, so muss man sagen, das Ziel wurde verfehlt, allerdings nur sehr knapp verfehlt, nämlich im Ausmaß von 0,1 bis 0,2 Prozent des Bruttoinlandspro­dukts. Man kann also sagen, das Ziel ist fast erreicht worden, und der Rechnungshof ist damit nicht unzufrieden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Er ist auch nicht unzufrieden damit, wie dieses Ziel im Jahre 2002 erreicht wurde, näm­lich überwiegend durch ausgabenseitige Maßnahmen, die gewirkt haben. Anders war dies noch im Jahre 2001, damals haben überwiegend die einnahmenseitigen Maßnah­men zum noch günstigeren Ergebnis – nämlich zu einem Maastricht-Überschuss von 0,3 Prozent – beigetragen.

Ich will mich nicht zu den Maßnahmen selbst äußern – sie sind nicht unumstritten; ich möchte hier nur beispielsweise die Pensionsreform und Ähnliches erwähnen –, denn es ist nicht Aufgabe des Rechnungshofes, die Maßnahmen der Bundesregierung, die sie für politisch erforderlich hält, um ihr Ziel zu erreichen, zu bewerten. Wesentlich für


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 223

den Rechnungshof ist, ob das Ziel erreicht wurde oder nicht. – Dies ist die positive Seite.

Als negativ muss der Rechnungshof allerdings anmerken, dass auch im Jahre 2002 der Stand der Gesamtschulden – gleichfalls berechnet nach Maastricht – noch immer sehr, sehr hoch war. Auch im Jahre 2003 hat sich, wie die letzten Zahlen beweisen, nicht sehr viel geändert; es gab zwar eine geringfügige Senkung des Gesamtschulden­standes, aber wir liegen mit rund 67 Prozent des Bruttoinlandsproduktes immer noch deutlich über dem Referenzwert von 60 Prozent und im Verhältnis zu anderen Staaten der Europäischen Union im unteren Drittel.

Weshalb ist der Gesamtschuldenstand noch immer so hoch, weshalb sinkt er nur relativ gering? – Das ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass, anders als das Ge­samtdefizit, das nach Maastricht berechnet wird, das Defizit des Bundesbudgets noch in all den letzten Jahren ein solches war, das weit entfernt war von einem Nulldefizit. Das muss mit allem Nachdruck gesagt werden. Das heißt, das Bundesbudget in den letzten Jahren war, wenngleich abnehmend – das soll auch hinzugefügt werden –, immer defizitär, und auf Grund dessen ist eine Senkung des Gesamtschuldenstandes nach Maastricht auch nur sehr langsam möglich.

Ausgeglichen wurde das Defizit des Bundes – und das ist mehrfach auch von Vorred­nern erwähnt worden – durch die positive Gebarung der Länder und Gemeinden. Der Rechnungshof steht allerdings auf dem Standpunkt, das sollte kein Dauerzustand bleiben, und es sollte auch das Bundesbudget in Zukunft ausgeglichen sein können.

Als negativ ist gleichfalls anzumerken, dass gewisse Steuern in einer Weise gestiegen sind, die Anlass zu näheren Analysen sein sollte. Es ist zwar – und das ist nun wie­derum als positiv anzumerken – die Abgabenquote im Jahre 2002 gegenüber dem Jahr 2001 um rund 1 Prozent gesunken und, wie den neuesten Budgetzahlen entnom­men werden kann, auch im Jahre 2003 weiter gesunken. Allerdings liegt sie mit rund 43 bis 44 Prozent nach Meinung des Rechnungshofes immer noch zu hoch. Hier müssten Maßnahmen gesetzt werden.

Aber lassen Sie mich nun etwas Zeit für die einzelnen Abgabenarten beziehungsweise auch das Gesamtabgabenaufkommen des Bundes im Zeitraum 1999 bis 2002 aufwen­den; ich wähle bewusst das Jahr 1999 – es war das letzte volle Jahr der großen Koali­tion. Da sind doch einige Daten auffällig, die man näher diskutieren sollte und die man auch zum Gegenstand anlassbezogener Maßnahmen machen sollte.

Im Jahre 2002 betrug das Abgabenaufkommen des Bundes insgesamt rund 55 Milliar­den €, immerhin um 13 Prozent mehr als im Jahre 1999 – das ist weit höher als die Inflationsrate im gleichen Zeitraum und auch weit höher als die Steigerung des Brutto­inlandsproduktes. Hier ist eine steuerliche Belastung eingetreten, die überproportional war.

Die Lohnsteuer stieg in diesem Zeitraum um rund 10 Prozent, die Umsatzsteuer um fast 7 Prozent, die Mineralölsteuer um rund 15 Prozent und die Verkehrsteuern insge­samt sogar um rund 30 Prozent – eine gewaltige Steigerung!

Ich darf mir erlauben, auch auf die Zahlen des Jahres 2003 einzugehen, die erst dieser Tage vom Finanzministerium vermeldet wurden. Ich tue dies mit gewissem Vorbehalt, denn sie wurden noch nicht vom Rechnungshof geprüft, aber ich gehe davon aus, dass sie einer Prüfung doch einigermaßen standhalten werden. Da sind auch einige interes­sante Zahlen dabei.

Die Abgaben sind zwar gegenüber dem Jahr 2002 etwas gesunken, die Abgabenquote ist gleichfalls etwas gesunken, ist allerdings, wie ich bereits gesagt habe, immer noch zu hoch, aber bemerkenswert ist, dass die Lohnsteuer, ungeachtet der nicht so be-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 224

sonderen Konjunkturlage, von 16,2 Milliarden € im Jahre 2002 auf 16,9 Milliarden € im Jahre 2003 gestiegen ist. Demgegenüber allerdings, und auch das scheint mir sehr be­merkenswert zu sein, ist die Umsatzsteuer dramatisch gesunken: von 17,6 Milliarden € im Jahre 2002 auf 16,5 Milliarden € im Jahre 2003. Hier müssten meiner Ansicht nach noch nähere Analysen angestellt werden, wieso es zu einer solch deutlichen Senkung der Umsatzsteuer gekommen ist.

Auf Grund dieser Zahlen ergibt sich jetzt ein ganz eigenartiges Phänomen: Es ist im Jahre 2003 die Lohnsteuer vom Ertrag her über der Umsatzsteuer gelegen gewesen. Und ich muss sagen, ich kann mich nicht entsinnen, dass dies in den letzten Jahren oder Jahrzehnten jemals der Fall gewesen wäre. Stets war die Umsatzsteuer die ertragreichste Steuer – im Jahre 2003 war es die Lohnsteuer. Man kann daher mit Fug und Recht davon ausgehen, dass es die Lohnsteuerpflichtigen im Jahre 2003 – über­wiegend auch schon in den Jahren davor – gewesen sind, die sehr maßgeblich dazu beigetragen haben, dass wir einen derart guten Budgetvollzug aufweisen.

Es zeigen diese Zahlen auch, vor allem was die Lohnsteuer anlangt, dass zu einem nicht geringen Teil die kalte Progression zugeschlagen hat. Das sollte man, bitte, auch bei allen Überlegungen für die kommende Steuerreform mit berücksichtigen.

Hohes Haus! Der Rechnungshof ist immer auf dem Standpunkt gestanden, hat das auch immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass eine Steuerreform, eine Steuersen­kung notwendig ist. Wir haben von Seiten der Bundesregierung in den letzten Tagen einen Entwurf vorgestellt bekommen, wonach eine solche Steuerreform vorgenommen werden soll. Angesichts der Zahlen vor allem für die Lohnsteuer im Jahre 2003, aber auch im Jahre 2002 scheint es mir nur legitim zu sein, die Lohnsteuerpflichtigen in die­sem Zusammenhang gebührend zu berücksichtigen.

Wenn man davon ausgeht, dass – wie von der Bundesregierung verkündet wurde – auf Grund dieser Steuerreform den Lohnsteuerpflichtigen rund 1,1 Milliarden € zugute kommen sollen, dann sollte man auch berücksichtigen, dass im Jahre 2003 gegenüber dem Jahr 2002 der Mehrertrag von 700 Millionen € an Lohnsteuer durch die kalte Pro­gression zustande gekommen ist, sich also die eigentlichen Vorteile für die Lohnsteuer­pflichtigen in einem relativ engen Spielraum bewegen.

Zusätzlich zu dieser Steuerreform, die sich der Rechnungshof im Begutachtungsver­fahren natürlich noch ganz genau ansehen wird, müssen aber die bereits eingesetzten Reformmaßnahmen der Regierung, die in den vergangenen Jahren bereits gegriffen haben – das hat ja der Rechnungshof positiv herausgestrichen –, fortgesetzt werden.

Es bedarf weiterer Maßnahmen im Bereich der Verwaltung, und es bedarf weiterer Maßnahmen insbesondere auch im Bereich des Personals. Wir sollten alles unterneh­men, um – das ist auch ein Ziel der Regierung – einen schlanken Staat zu erreichen. Ich möchte nicht missverstanden werden. Wir wollen keinen schwachen Staat haben, sondern einen schlanken Staat, der die nötigen Muskeln aufweist, um jene Aufgaben zu verrichten, die in die ureigenste Kompetenz des Staates fallen. (Demonstrativer Bei­fall bei der SPÖ.)

Wesentlich im Zuge einer Steuerreform – und das wird sich der Rechnungshof ganz genau ansehen – scheint mir natürlich auch zu sein, wie die Gegenfinanzierung dieser Steuerreform aussehen wird, denn davon wird es abhängen, ob diese Steuerreform dazu führen wird, dass neue Schulden gemacht werden müssen oder aber dass die ausgabenseitigen Maßnahmen vor allem in der Verwaltung greifen.

Der Rechnungshof hat seinen Standpunkt in den vergangenen Jahren immer beibehal­ten. Er ist immer dafür eingetreten, mit gezielten ausgabenseitigen Maßnahmen eine Senkung des Defizits und eine Senkung des Gesamtschuldenstandes zu erreichen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 225

Ich darf auch diesbezüglich in Erinnerung bringen: Wir werden, und das vermute ich noch auf längere Sicht, jährlich allein rund 6 Milliarden € nur an Zinsen zu bezahlen haben. Es sollte unser aller Anliegen gerade im Interesse der Steuerzahler sein, dass wir diese Bürde aus der Vergangenheit in der Zukunft abbauen. – Danke schön. (Allge­meiner Beifall.)

21.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Wortmeldung erfolgt durch Frau Abgeord­nete Stadler. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.17

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Kollege Gradwohl hat den Saal schon verlassen, aber ich möchte doch sagen, soweit ich mich erinnern kann, waren in der Vergangenheit unter SPÖ/ÖVP-Regierung Bundeskanzler und Finanzminister SPÖ-Politiker. Und wenn Sie jetzt Bundeskanzler Schüssel als den da­mals größten Schuldenmacher bezeichnen, dann mag das eine eigene Trostdefinition der SPÖ sein. Eines ist auf jeden Fall klar und ist Tatsache: dass die Budgetpolitik der ÖVP/FPÖ-Regierung die Handschrift von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel trägt. (Beifall bei der ÖVP.)

Der vorliegende Bundesrechnungsabschluss 2002 zeigt, dass die Budgetkonsolidie­rung erfolgreich umgesetzt wurde. Trotzdem im Jahre 2002 eine schwache Konjunktur herrschte, trotzdem im August des Jahres 2002 die Jahrhundertflut ein schnelles Maßnahmenpaket gefordert hat und trotzdem alle Prognosen ein Defizit von etwa 1,5 vorausgesagt haben, zeigt dieser Bundesrechnungsabschluss, dass es ein De-facto-Nulldefizit gibt.

Diese Budgetkonsolidierung wurde durch eine Reihe von Strukturmaßnahmen abge­sichert, vor allem in jenen Bereichen, die in der Vergangenheit zu hohen Budgetbelas­tungen geführt haben.

Neben dieser Budgetkonsolidierung ist es aber auch gelungen, Schwerpunkte zu set­zen. Die öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung wurden erhöht, gesell­schafts- und sozialpolitische Akzente wurden gesetzt. Ich nehme nur einen Akzent heraus: das Kinderbetreuungsgeld, das mit 1. Jänner 2002 in Kraft getreten ist – anfänglich von allen Oppositionspolitikern abgelehnt, heute von allen Oppositionspoliti­kern nicht mehr wegzudenken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundesrechnungsabschluss 2002 ist allen Unkenrufen zum Trotz eine Erfolgsstory. Und wir, die Regierungsparteien, aber vor allem alle Österreicherinnen und Österreicher dürfen darauf stolz sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzter Redner ist Herr Abgeordneter Keusch­nigg. Auch er spricht wunschgemäß 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.20

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzter Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich darf meine drei knap­pen Minuten dazu benützen, zu einigen Redebeiträgen kurz Stellung zu nehmen.

Kollege Gradwohl – jetzt ist er, glaube ich, wirklich hinausgegangen, aber das gilt für die gesamte Fraktion – hat unseren Bundeskanzler der Schuldentreiberei bezichtigt. Jetzt muss ich schon ein wenig an Folgendes erinnern: Es hat im Dezember 1995 eine Nationalratswahl gegeben, weil mit der SPÖ kein Kurswechsel in der Frage der Bud-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 226

getpolitik möglich war. Also dem Bundeskanzler im Nachhinein das unterzujubeln ist eher fehl am Platze.

Kollege Moser, es ist wirklich unglaublich, wie schablonenhaft Sie letztlich die Fakten wegreden wollen. Das ist wirklich fast einen Preis wert. Man kann ja bei allem Wollen diese Trendwende nicht wirklich wegreden. Auch wenn die Trendwende knapp war, wie sie der Herr Rechnungshofpräsident bezeichnet hat, in der Frage des Schulden­standes, aber auch in der Frage der Zinsenbelastung, muss man das schon vor dem Hintergrund sehen, dass bis zum Jahr 2000 jedes Jahr enorme Schuldenberge da­zugekommen sind. Ich kann mich erinnern: 60 Milliarden, 70 Milliarden, 80 Milliarden Schilling pro Jahr – das ist ein beängstigendes Tempo gewesen. Ich glaube, vor die­sem Licht muss man die Leistung dieser Bundesregierung und dieser Wende beur­teilen.

Kollege Kogler, Sie haben die vorsichtige Budgetierung hervorgehoben und die Frage daran geknüpft, ob da wohl Taktik oder Systematik dahinter stünde. Aber Sie haben es ja mit der notwendigen Vorsicht gesagt. Der Abstand zwischen 1,25 Prozent und 0,97 Prozent ist ja, wie ich meine, doch nicht so groß, dass man das so ganz gezielt und mit Sicherheit taktisch angehen kann. Aber es ist ja schon interessant, welche Splitter gesucht werden. Das Entscheidende ist am Ende halt doch immer noch das Ergebnis. Das Ergebnis ist die Trendwende und sind zwei ausgeglichene beziehungs­weise weitgehend ausgeglichene Budgets. Es handelt sich um ein Ergebnis, das trotz aller konjunkturellen Zugeständnisse im Jahr 2003 immer noch unter 1 Prozent liegt.

Das Ergebnis dieser Politik – das wurde heute schon öfters gesagt – ist eine Vielzahl von Reformen. Man muss das erwähnen, weil Budgetsanierung ja ein Dauerprozess ist und alles, was man jetzt macht, teilweise erst Jahre später wirklich wirksam werden kann. Das ist die Verwaltungsreform, das ist die Reform der Pensionssysteme, das ist die Reform der Bundesbahnen, und das ist die Reform der Universitäten.

Da das so ein langfristiger Prozess ist, muss man auch jene Reformen, die jetzt anste­hen, mit großem Gewicht versehen: die Bundesheer-Reform, die Reform der Sicher­heitsapparate und einiges mehr.

Ich möchte abschließend nur sagen: Österreich ist auf einem Zukunftskurs, und der Jahresabschluss 2002 ist dabei ein markanter Eckstein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Frau Abgeordnete Sburny zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Kollegin.

 


21.24

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es nach den Ausführungen des Herrn Präsidenten des Rechnungshofes bemerkenswert, dass in erster Linie die Lohnsteuerpflichtigen für eine Verbesserung der Budgetlage verant­wortlich sind. Über diese Daten wird sicher noch zu diskutieren sein.

Das, was ich hier aber noch einmal ins Zentrum stellen möchte, weil Sie das angespro­chen haben, Herr Rechnungshofpräsident, ist Folgendes: Sie haben gesagt, Sie sind für einen schlanken Staat, aber nicht für einen schwachen Staat, ohne das weiter aus­zuführen. In meiner Wahrnehmung ist das Vokabel „schlanker Staat“ stark verbunden mit der Regierungspolitik, die damit immer das Zurückfahren des Sozialstaates begrün­det. Insofern würde ich es für wesentlich halten, genauer zu definieren, was hier unter schlankem Staat verstanden wird beziehungsweise wie stark denn der Staat sein soll und wo er stark sein soll.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 227

Ich war doch auch ein bisschen verwundert über den spontanen Applaus von Seiten der Abgeordneten von der Sozialdemokratischen Partei beim Begriff „schlanker Staat“ (Abg. Dr. Stummvoll: Wir auch!), ohne dass sie eigentlich nachfragen, was denn ge­nau damit gemeint ist.

Ich möchte auch daran erinnern, dass gerade der Rechnungshof immer wieder Aus­lagerungen von öffentlichen Aufgaben kritisiert, wenn sie sich dadurch der öffentlichen Kontrolle entziehen. In diesem Zusammenhang würde ich gerne noch einmal die Dis­kussion darüber führen, welche Aufgaben denn die so genannten Kernaufgaben des Staates sind, sei er jetzt schlank oder stark. Aus unserer Sicht fällt einiges, was jetzt von der Regierung ausgelagert beziehungsweise aus der öffentlichen Hand gegeben wird, schon unter das Vokabel Schwächung des Staates, weil einfach eine allgemeine Versorgungssicherheit beziehungsweise auch eine allgemeine Kontrolle dann nicht mehr gegeben ist. (Beifall bei den Grünen.)

21.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2002 samt Titel und Eingang in 332 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit der gleichen Mehrheit angenommen.

Die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2002 ist somit auch in dritter Lesung erteilt.

17. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 und die Europawahlordnung geändert werden (288/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 17. Punkt der Tagesord­nung.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Krainer. Die Restrede­zeit Ihrer Fraktion, Herr Kollege Krainer, beträgt 3 Minuten. Das ist die Ihnen gesetzlich verbleibende Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


21.28

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Die 3 Minuten werde ich nicht brauchen.

Bei diesem Antrag geht es um zwei Dinge. Das Erste ist, dass wir die gute Tradition hatten, dass man mit Volljährigkeit auch passiv wahlberechtigt war. Jetzt wurde die Volljährigkeit auf 18 abgesenkt und das passive Wahlalter bei 19 belassen. Deswegen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 228

einerseits der Vorschlag, generell das passive Wahlalter auf 18 abzusenken, also auf den Zeitpunkt, zu dem die Menschen in Österreich die Volljährigkeit erlangen.

Das Zweite ist, dass es eine einzige Funktion gibt, wofür es auch bisher nicht trotz Voll­jährigkeit möglich war zu kandidieren, und das ist die des Bundespräsidenten bezie­hungsweise der Bundespräsidentin. Das Alter war festgelegt mit 35. Da ist unser Vor­schlag, das ebenfalls an die Volljährigkeit zu binden und das passive Wahlalter auf 18 zu senken – nicht weil wir jetzt glauben, dass 20-Jährige oder 21-Jährige viel bessere Bundespräsidenten oder Bundespräsidentinnen wären als 35-, 40- oder 50-Jährige.

Es mag durchaus auch sein – und das sehe ich auch persönlich so –, dass für das Amt des Bundespräsidenten oder der Bundespräsidentin jemand eher gewählt oder vorge­schlagen werden sollte, der über eine gewisse Lebenserfahrung verfügt. Aber wir glauben, dass das eine Entscheidung ist, die jeder Wähler oder jede Wählerin für sich selbst treffen muss, und nicht der Gesetzgeber das Alter vorschreiben sollte.

Deshalb schlagen wir diese beiden Dinge vor. Wir würden uns freuen, wenn es hier zu einem Vier-Parteien-Antrag kommen würde, wo zumindest Teile dieses Vorschlages aufgenommen sind. Am liebsten ist uns natürlich das Ganze. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer für 3 Minuten ans Rednerpult. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


21.29

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir werden uns mit dem Antrag der Abgeordneten Gusenbauer, Wittmann, Kai Jan Krainer und KollegInnen hinsichtlich Herabsetzung des passiven Wahlalters ernsthaft auseinander setzen. Wir sind allerdings nicht gewillt, auf „vergessen“, wie Sie in Ihrem Antrag in der Begründung schreiben, schnell mit einer Änderung der Verfassung zu reagieren. Das heißt, wenn wir das tun, möchten wir schon gute Gründe haben, für und wider abzuwägen, und dann unsere Entscheidung dazu treffen. Das werden wir ganz sicher tun.

Wo wir aber sehr skeptisch bis ablehnend sind, ist die Herabsetzung des passiven Wahlalters für die Funktion des Bundespräsidenten. Wir glauben, dass es nicht nur daran hängt, dass der Wähler entscheiden soll, ob er einen 18-Jährigen oder eine 18-Jährige möchte, sondern dass durchaus auch der Gesetzgeber durch die Festlegung des passiven Wahlalters dafür vorsorgen sollte, dass jemand eine gewisse Lebens­erfahrung auf Grund seines Alters mitbringt, um dem Amt und der Würde dieses Amtes entsprechen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher: Wir haben grundsätzlich ein großes Interesse an Ihrem Antrag, aber große Skepsis gegenüber Ihrem Artikel III, der Herabsetzung des passiven Wahlalters für die Wahl des Bundespräsidenten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Seine Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.31

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Drei Punkte zu diesem Antrag:

Erstens: Nicht nur Gesprächsbereitschaft, sondern durchaus Sympathie für die Herab­setzung des passiven Wahlalters (der Redner hat einen Versprecher – Abg. Dr. Matz-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 229

netter: Wahlalter!) – Herr Kollege Matznetter, aber bei der Verfassung reden Sie hoffentlich nicht auch noch mit! – und die Anpassung auf das Volljährigkeitsalter.

Zweiter Punkt: Wenig Sympathie für die gleichgerichtete Herabsetzung des passiven Wahlalters bei der Bundespräsidentenwahl, weil ein Gesetz und eine Bestimmung auch Signal sein sollen. Und ich glaube, hier ist das Signal, dass das Amt des Bundes­präsidenten etwas Besonderes ist, durchaus ein sinnvolles.

Dritter Punkt: Ich glaube, dass dieser Antrag gemeinsam mit einigen anderen Anträgen zur Reform des Wahlrechtes diskutiert werden sollte und auch die diesbezüglichen Verhandlungen und Beratungen im Verfassungskonvent mit einbezogen werden sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


21.33

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sehen den vorliegenden Antrag grundsätzlich positiv. Wir glauben, dass der erste Teil mit der Herabsetzung auf 18 eine Nachvollziehung des Ist-Zustandes des aktiven Wahlalters ist, wo wir uns durchaus auch vorstellen können, im Fall der Bundespräsi­dentschaftswahlen das passive Wahlalter herabzusetzen. Wir glauben, dass die Bür­gerinnen und Bürger dieses Staates grundsätzlich mündig genug sind, die Person zu wählen, die sie wählen wollen. Es mag sein, dass das einmal eine Person ist, die viel­leicht 27, 28 Jahre ist, eine äußerst charismatische Person. Warum soll da die Mög­lichkeit nicht gegeben sein?

Der einzige Punkt, der schade ist, ist, dass in diesem Antrag auf die Senkung des akti­ven Wahlalters auf 16 verzichtet worden ist. Wir werden das natürlich weiterhin einfor­dern.

Eine letzte Bemerkung habe ich noch zu den Ausführungen von Kollegin Lentsch. Mich hat es ziemlich verärgert, was Sie über den Kollegen Matznetter gesagt haben. Im Sinne von Solidarität all derer, die in den hinteren Bänken dieses Hauses sitzen, möchte ich Ihnen sagen: Es sind nicht die schlechtesten Abgeordneten, auch in Ihrer Fraktion nicht! – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Seien Sie doch nicht so empfindlich!)

21.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 288/A dem Verfassungsausschuss zu.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 318/A bis 325/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1339/J bis 1374/J eingelangt.

*****


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 230

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 29. Jänner 2004, 9 Uhr, ein. – Die Tagesordnung wird im Wege der Klubs zugestellt. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde mit Fragen an den Finanzminister beginnen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 21.35 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien