Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 73. Sitzung / Seite 95

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Silhavy, das ist nicht zum Lachen! Bisher mussten nämlich ältere, meistens behinderte Patienten, die kein Auto haben, oft kilometerweit fahren. Dann mussten beziehungs­weise durften sie in einem Vorraum der Sekretärin ein Rezept übergeben, und irgendwann haben sie einen Stempel bekommen. Kein Mensch hat sie gefragt, was ihnen fehlt, sie wurden auch nicht untersucht. Es ging schlicht und einfach um den Stempel.

Das hat Sie von der SPÖ 40 Jahre lang nicht gestört! Frau Ministerin Rauch-Kallat hat das aber sehr wohl gestört, und sie hat jetzt einen mutigen Schritt gesetzt, und ich glaube, das kann man gar nicht hoch genug werten: Die Verantwortung liegt jetzt eigentlich bei den Ärzten. Die Ärzte übernehmen damit nun – und dafür muss man ihnen dankbar sein – sehr wohl Unannehmlichkeiten, die sie bisher nicht hatten: Sie sind jetzt mit vermehrter Bürokratie konfrontiert, und sie haben auch Konsequenzen zu befürchten, wenn sie mehr verschreiben. (Abg. Silhavy: Wissen Sie schon, wie es mit der Dokumentation ausschaut?) Die Dokumentation wird zunehmen – sie wird zwangs­läufig für die Ärzte nicht weniger, sondern mehr werden –, und es wird Konsequenzen für Ärzte geben: bis zum Zurückzahlen des Preises für Medikamente und zum Vertragsentzug. Wenn das keine Konsequenzen sind, dann weiß ich nicht! Trotzdem sagen die Ärzte: Das ist immer noch besser, als die Patienten zum Chefarzt zu schicken, um einen Stempel abzuholen.

Zweiter Punkt: Es wird Druck auf die Ärzteschaft geben, weil die Pharmaindustrie auf Grund der scheinbaren Erleichterung der Chefarztpflicht enormen Druck machen wird, dass neue Medikamente schnell auf den Markt gebracht werden. Ich gebe zu, dass es sich hiebei um besonders teure Medikamente handelt. Bisher waren es 5 Prozent der Verschreibungen, die 18 Prozent gekostet haben. Der Preis eines Chefarztmedikamen­tes war dreieinhalb Mal so hoch.

Diese Schikane des Hauptverbandes beziehungsweise diese Hürde hat dazu geführt, dass der Preis im EU-Durchschnitt um 18 Prozent niedriger war. Wie hat denn das Hauptverbandsmodell ausgeschaut? – Faxe mussten hin und her geschickt werden. Ist das eine Verminderung der Bürokratie? Ich als Arzt kann Ihnen sagen, wie das aus­geschaut hätte: Die Patienten hätten in der Ordination auf ihre Rezepte gewartet, und der Slogan des Hauptverbandes: Nicht der Patient soll laufen, sondern das Rezept!, hätte dazu geführt, dass die Patienten in den Ordinationen gewartet und vor Wut rotiert hätten.

Ich kann Ihnen sagen: Wenn ein Patient zuerst auf den Arzt und dann noch einmal auf das Rezept warten müsste, das vielleicht irgendwann einmal zurückkommt, dann garantiere ich Ihnen: Das wäre ein – nicht von den Ärzten verursachtes – Chaos geworden! Viele Kassen haben gesagt, dass sie das gar nicht hätten administrieren können. Sie sind froh, dass das nicht gekommen ist.

Ich bleibe dabei – und habe damit auch den Beweis geliefert –: Die Chefarztpflicht für den Patienten wird wegfallen – bitte, bleiben Sie genau! –, und das ist ein Meilenstein im österreichischen Gesundheitswesen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

13.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


13.06

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt weiß ich nicht wirklich, was der konkrete Hintergrund dafür war, was da zwischen ÖVP und FPÖ ausgepackelt wurde. Es muss doch auch


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