Kollege Matznetter sagt, Steuern erhöhen. – Zwei klare Konzepte, zu 180 Grad anders strukturiert.
Wir sagen drittens: weitere erfolgreiche Privatisierung der verstaatlichten Industrie. Kollege Matznetter sagt, der Staat muss wieder Primat über die Wirtschaft erhalten. – Zwei völlig konträre, unterschiedliche Positionen.
Viertens sagen wir – so, wie viele andere in europäischen Industriestaaten –, wir müssen alles tun, um die Effizienz des Sozial- und Wohlfahrtsstaates und seine Finanzierung auf Dauer sicherzustellen. Kollege Matznetter sagt, der Sozialstaat ist auszuweiten, er ist über neue Steuern zu finanzieren, er ist zu finanzieren über die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage. Kollege Matznetter vergisst dabei jedoch, dass heute derjenige, der von der Höchstbeitragsgrundlage Beiträge zahlt, für die gleichen Krankenversicherungsleistungen netto fünfmal so viel zahlt wie jener, der seine Beiträge knapp über der Geringfügigkeitsgrenze entrichtet. Matznetter will eine noch radikalere Umverteilung.
Zusammenfassend, meine Damen und Herren: Ich glaube, die heutige Sondersitzung ist demokratiepolitisch durchaus wertvoll, auch wenn Sondersitzungen, gebe ich zu, nie sehr populär sind.
Aber der Dank gebührt Ihnen, Herr Kollege Gusenbauer, er gebührt dem Kollegen Matznetter; der Wähler kann sich ein faires Bild machen über die einzelnen Konzepte.
Wir stehen für Stabilität im Staatshaushalt, wir stehen für Steuersenkungen, wir stehen für Effizienzsteigerung und Sicherung des Wohlfahrtsstaates, wir sind für einen attraktiven Wirtschaftsstandort im Sinne von Arbeitsplätzen, Einkommenschancen und sozialer Sicherheit.
Herr Finanzminister! Ich bin immer vorsichtig mit Prognosen, aber Sie werden die heutige Sitzung sehr erfolgreich überstehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
15.48
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.
15.49
Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ich muss sagen, Herr Abgeordneter Stummvoll hat es eigentlich auf den Punkt gebracht. Ihre Worte gaben genau das wieder, was sich jeder, der hier diese Debatte aufmerksam verfolgt hat, denken muss. Und da ich als Jurist gewohnt bin, mit Fakten zu argumentieren, möchte ich noch einmal, nachdem ich einige Stichworte bei der heutigen Sitzung mitgeschrieben habe, diese Sitzung in gewissem Sinne Revue passieren lassen.
Begonnen hat die Sitzung mit den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Gusenbauer. Sie, Herr Dr. Gusenbauer, haben die große Chance gehabt, Ihren Standpunkt zu vertreten. Lesen Sie das Protokoll nach! Sie finden darin keine eigene Idee. Sie haben sich damit begnügt, aus Zeitungen vorzulesen – Abgeordneter Molterer hat es gesagt, es war fast peinlich –, Überschriften aus Zeitungen, die Sie dann auch nicht näher erklärt haben. Sie haben nur vergessen, weiterzulesen. Sie haben vergessen zu lesen, was Herr Dr. Androsch über Ihr Wirtschaftsprogramm gesagt hat. Es ist nämlich vernichtend, was er bisher gesagt hat. Und so wie er sich ausgedrückt hat, folgt da noch einiges nach. Ich glaube, das wird für Sie noch furchtbar werden, obwohl Sie heute die Chance gehabt hätten, über Ihr Programm eine niveauvolle Debatte abzuführen. Sie haben diese Chance vertan! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)