Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll76. Sitzung / Seite 197

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zu überwinden. Da gibt es jetzt eine Crew von Lehrerinnen, die die Gebärdensprache nicht können. Wenn die Anerkennung der Gebärdensprache dazu führt, dass alle, die dort unterrichten, auch die Gebärdensprache beherrschen müssen, dann kann man sich vorstellen, dass das einen Kulturbruch darstellen wird, und es wird nicht damit getan sein, einfach ein Verfassungsgesetz zu machen, durch welches die Gebärden­sprache anerkannt wird.

Wenn man dann noch genauer schaut, so stellen sich einem noch viele weitere Fragen, zum Beispiel: In Österreich gibt es einen Gebärdensprachkurs mit 40 Stunden Ausbildungszeit. Wenn man der Gebärdendolmetscherin zuschaut, dann kann man sich vorstellen, dass man mit 40 Stunden Ausbildungszeit das, was hier geboten wird, mit Sicherheit nicht können wird. In skandinavischen Ländern, zum Beispiel in Schwe­den, beträgt die Ausbildung 510 Stunden, also das 13-Fache von dem, was in Öster­reich vorgesehen ist. Aber das wird sicher nicht in der Verfassung stehen. Das heißt, es gibt darüber hinaus eine ganze Latte von Anforderungen beziehungsweise Proble­men, die auch noch gelöst werden müssen.

Des Weiteren gibt es Regelungen, die viele Dinge verunmöglichen, wie zum Beispiel jene, dass es mündliche Prüfungen für Gehörlose gibt, sei es noch so absurd, wie man jetzt hier sehen kann. Man kann sich vorstellen, wie schwierig eine mündliche Prüfung für Gehörlose ist. Wer mit Frau Mag. Jamer schon einmal gesprochen hat, die ja immer den Kontakt sucht, der wird auch wissen, wie die Probleme an den Universitäten aus­schauen, und wird auch erfahren haben, dass es bislang auf den Goodwill angekom­men ist, ob man als gehörloser Mensch in Österreich ein Universitätsstudium machen konnte.

Auch diesbezüglich kann man ein wenig über die Grenzen schauen. Wie ich gehört habe, kann man die Zahl der gehörlosen AkademikerInnen in Österreich an den Fin­gern beider Hände abzählen. (Abg. Haidlmayr: An einer Hand!) An einer Hand, sagt die Kollegin Haidlmayr. In Schweden gibt es mehrere Hundert gehörlose Akademike­rInnen. Da ist es wahrscheinlich nicht damit getan, ein Verfassungsgesetz zu machen, sondern da sind einfach Rahmenbedingungen notwendig, um das Ganze mit Leben zu erfüllen, etwa die Zurverfügungstellung von Dolmetschern an den Universitäten.

Aber von all dem steht in diesem Entschließungsantrag nichts drinnen. Jetzt sage ich einmal: Okay, es ist positiv, dass es ihn gibt, aber was dann wirklich von der Substanz übrig bleibt, das werden wir in den nächsten Monaten noch sehen! (Beifall bei den Grünen.)

Bevor ich zum Ende meiner Ausführungen komme, würde mich wirklich noch interes­sieren, wie das Wort „Pensionssicherungsreform“ in der Gebärdensprache ausschaut. (Die Gebärdendolmetscherin übersetzt dieses Wort in die Gebärdensprache. – Abg. Neugebauer: Schaut gut aus!) Schaut gut aus! (Beifall bei der ÖVP.) Vielleicht für die Opposition das Wort „Scheinharmonisierung“. (Auch dieses Wort wird in die Gebärden­sprache übersetzt.) Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Das erste war eindeutig besser!)

21.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 431/A dem Verfassungsausschuss zu.

Herzlichen Dank für die Dolmetscharbeit. (Allgemeiner Beifall.)

 


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