Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 71

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11.26

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich stehe nicht an zu sagen: Herbert Haupt hat sich als Sozialminister wirklich sehr intensiv der Probleme von Menschen mit Behinde­rungen angenommen. Das kann man so sagen, weil es einfach so war. Aber das Problem war, dass er ständig gescheitert ist an seinen eigenen Regierungskollegen. Von Steherqualität war da nicht sehr viel vorhanden, denn sonst hätten wir in der Behindertenpolitik einiges mehr weitergebracht, als es derzeit der Fall ist. (Abg. Partik-Pablé: Zum ersten Mal ist das Pflegegeld erhöht worden!)

Es gibt große Bereiche, die seit Jahren ausstehen, zum Beispiel ein umfassendes Behindertengleichstellungsgesetz. Herr Bundeskanzler Schüssel hat es damals verwei­gert, im Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe dafür zu installieren. Minister Haupt hat sich dieses Themas angenommen, und Minister Bartenstein versuchte es erfolgreich zu verhindern. Das sind die „Spiele“, die dort laufen. (Beifall bei den Grünen.) Und bei diesen „Spielen“ ist eben einer auf der Strecke geblieben, und das ist Sozialminister Haupt.

Allen, die ihn heute so gelobt haben – er war so gut, und es ist so schade, dass er geht –, möchte ich sagen: Er ist nicht von sich aus gegangen, sondern er hat gehen müssen! Und ich denke, es muss auch hier in diesem Haus möglich sein, endlich die Wahrheit zu sagen: Nicht freiwillig ist er gegangen, sondern er wurde hinausgeekelt, bis er gesagt hat: Okay, dann gehe ich halt! – So ist die Situation. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja nicht nachvollziehbar, was Sie da von sich geben!) Dazu kenne ich den Herrn Minister viel zu gut, als dass ich nicht wüsste, dass er es sonst anders gemacht hätte.

Jetzt aber zu den noch offenen Punkten. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Sozialministerin! Ich war gestern höchst überrascht, als ich in der Sendung „Report“ gehört habe, dass Herr Staatssekretär Dolinschek plötzlich für die Agenden im Behindertenbereich zuständig sein sollte. Frau Ministerin! Ich ersuche Sie im Auftrag und im Interesse aller behinderten Menschen in Österreich, die diesen Personenkreis betreffenden Agenden zu Ihrer Chefsache zu machen und nicht in einem Staatssekre­tariat zu entsorgen. Frau Ministerin, da stehen einfach zu wichtige Probleme an, die zu lösen sind. (Beifall bei den Grünen.) Und dafür, Frau Ministerin, sind Sie verantwortlich, und ich hoffe, Sie nehmen diese Verantwortung für all die behinderten Menschen in Österreich tatsächlich wahr und schieben sie nicht auf das Staatssekretariat ab.

Frau Ministerin, Sie wissen, wir haben noch immer kein umfassendes Behinderten­gleichstellungsgesetz. Sie wissen, die Behindertenarbeitslosigkeit ist nach wie vor im Steigen, trotz dieser „Behinderten-Milliarde“. Frau Ministerin, Sie wissen, es fehlt noch immer der flächendeckende Ausbau von ambulanten Betreuungseinrichtungen. Frau Ministerin, Sie wissen, auch das Pflegegeld muss erweitert und ausgebaut werden. Und, Frau Ministerin, Sie wissen auch, dass es auf persönliche Assistenz in Österreich noch immer keinen Rechtsanspruch gibt und dass die Anerkennung der Gebärden­sprache in Österreich auch noch ausständig ist.

Frau Ministerin, ich habe Ihnen jetzt nur einen kleinen Ausschnitt davon dargestellt, was noch alles offen ist, und das anzugehen ist Ihre Aufgabe und nicht die eines Staatssekretärs. Ich glaube, Sie sollten sich wirklich überlegen, welche Zeichen Sie als Sozialministerin gegenüber behinderten Menschen setzen, ob Sie die Verantwortung für sie ins Staatssekretariat abschieben oder ob Sie selbst dafür die Verantwortung übernehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


11.30

 


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