Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll35. Sitzung / Seite 55

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Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosen­kranz. Redezeit: ebenfalls 4 Minuten. – Bitte.

 


12.11.40

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! „Gut Ding braucht Weile“ heißt es, aber in diesem Fall kann man das nicht behaupten. Sie haben sehr lange und sehr öffentlich über Kleinigkeiten gestritten, und jetzt ist etwas da, was man wirklich nicht als großen Wurf bezeichnen kann. Wir finden auch, dass die Weiterentwicklung des Kin­derbetreuungsgeldes in eine andere Richtung hätte gehen müssen. Das, was Sie hier vorlegen, hat wesentliche Mängel.

Ich wiederhole kurz: Das eine ist, dass diese Kurzleistung in Wahrheit, und das wissen Sie natürlich auch, eine Minderleistung ist. Wer die Kurzvariante in Anspruch nimmt, verliert speziell dann, wenn er auch Wochengeld bezogen hat, 1 810 €, und das ist doch beträchtlich. Das sind 10 Prozent der Gesamtleistung.

Zum Zweiten: Welcher Teufel hat Sie geritten, die Zuverdienstgrenze zu lassen? Sie haben solche Schwierigkeiten und solche sozialen Miss- und Notstände verursacht – warum haben Sie sie nicht einfach aufgehoben? (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ja übrigens auch nicht richtig, dass Sie sie angehoben hätten, denn wenn Sie den Geldwert seit der Einführung von vor fünf Jahren betrachten, müssen Sie zugeben, es ist in Wahrheit eine Minderung der Zuverdienstmöglichkeiten.

Zum Dritten: Diese Teilungsregel, das heißt die Verpflichtung, dass der jeweils andere Ehepartner einen Teil in Anspruch nehmen muss, wenn das Geld nicht verfallen soll, haben Sie gemacht, um auch die Väter in die Kindererziehung zu bringen, aber diese Teilungsregel hat das von Ihnen selbst vorgegebene Ziel nicht erreicht: Es sind nur 1,9 Prozent der Väter in die Kinderbetreuung gegangen, und da auch nur die, die ihren beruflichen Tag frei gestalten konnten; in Wahrheit sind es weniger.

Sie hätten auch das beseitigen sollen und damit Alleinerzieher, aber vor allem auch Alleinverdiener, gleichstellen sollen.

Alle drei Punkte widersprechen der Wahlfreiheit, und Wahlfreiheit heißt – Frau Dr. Gla­wischnig, ich glaube, Sie waren das, die gesagt hat: Wahlfreiheit!, und dann sind Sie auf halbe-halbe gekommen –, dass erwachsene Männer und Frauen, Österreichs Müt­ter und Väter selbst entscheiden können, in welcher Weise sie sich die Kinderbetreu­ung aufteilen. (Beifall bei der FPÖ.)

Unserer Meinung nach wäre vor allem die Lücke zwischen zweieinhalb und drei Jahren zu schließen gewesen. Drei Jahre ist das Kindergarten-Eintrittsalter: Das ist auch ein entwicklungspsychologisch nicht unsinnigerweise festgelegtes Alter, in dem sich Kinder in aller Regel in Gruppen zurechtfinden. Da hätte man auf drei Jahre aufstocken müs­sen. Das war unser Vorschlag, aber Sie sind dem nicht gefolgt, und das ist schade.

Zur Lage der Familie im Allgemeinen. – Kinder sind der sicherste Weg in die Armut, das belegt jede Statistik. Familien mit zwei Kindern fallen schon weit unter das, was durchschnittlich als Wohlstand bezeichnet wird, und einer der Gründe ist das Steuer­system, und zwar nicht deswegen, weil es Familien nicht besser stellt, sondern weil es Familien eklatant ungerecht behandelt.

Unser Steuersystem orientiert sich natürlich an der Besteuerung nach Leistungsfähig­keit, und die Leistungsfähigkeit ist nicht nur durch die Einnahmen bestimmt, sondern berechnet sich natürlich auch nach der Unterhaltsverpflichtung. Und wenn man es ganz banal ausdrückt: Je mehr Köpfe von einem Einkommen leben müssen, desto ge-


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