Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 84

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über Nacht klüger zu werden. – Dieses Recht sollten Sie auch für sich in Anspruch nehmen.

Da wir über rechtsstaatliche Prinzipien sprechen: Kollege Stummvoll hat in Richtung SPÖ bedeutende Männer dieser Partei als Zeitzeugen dafür genannt, dass die Verträg­lichkeit mit den sozialdemokratischen Prinzipien so abhanden gekommen ist, dass sie mit der jetzigen SPÖ und ihrer Führung nicht mehr mitkönnen.

Warum kam das so? – Die Antwort ist relativ einfach: Weil sich die SPÖ selbst von Grundsätzen, die sie über viele Jahrzehnte glaubwürdig vertreten hat, verabschiedet hat. Ich meine den Grundsatz, keine wesentlichen Handlungen, die den Staat betref­fen, ohne Verklammerung mit den Interessen der Bevölkerung durchzuführen. Es ge­hört zu den später wohl als schädlich zu beschreibenden Dingen, dass von der Mehr­heit dieses Hauses jeder Ansatz, der von uns, von der Freiheitlichen Partei, in Richtung einer Volksabstimmung über den Vertrag von Lissabon vorgetragen wurde – oder auch Volksbefragung, wie manche gemeint haben, wir wollten aber die Volksabstimmung –, mit aller Gewalt als EU-widrig, EU-feindlich und mit ähnlichen Vokabeln bezeichnet wurde. (Beifall bei der FPÖ.)

Diesen Weg ist die SPÖ bedauerlicherweise mitgegangen. Es ist dies ein selbstver­schuldetes Desaster, in dem sich die SPÖ befindet und in welches sie sich selbst hi­neinmanövriert hat. Man kann nicht in wesentlichen Dingen so konsequent gegen eigentlich als Grundsätze vermutete Prinzipien eines Lagers verstoßen.

Herr Noch-Vizekanzler (Abg. Dr. Mitterlehner: Und zukünftiger Bundeskanzler! – Abg. Strache: Das ist Wunschdenken!), ich bitte Sie, nicht im Stile einer Savonarola-Verbrennung eine Denk- und Sprechverbotspolitik zu betreiben und keine Ausgren­zung in Richtung politischer Meinung zu betreiben, die sich von den Grundsätzen un­terscheidet, die Sie vertreten. Solange politische Darbietungen und Überzeugungen auf dem Boden des österreichischen Verfassungsrechtes abgehandelt werden, sind sie recht, billig und vertretbar. Niemand steht außerhalb eines Raumes, der zu respektie­ren und dessen Auffassungen möglich, richtig und nur mehrheitsabhängig in diesem Hause sind. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.54


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dolin­schek. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.55.06

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehr­te Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese große Koa­lition in der XXIII. Gesetzgebungsperiode ist von Anfang an unter keinem guten Stern gestanden. Ich unterstelle niemandem, weder Herrn Bundeskanzler Gusenbauer noch Herrn Vizekanzler Molterer, diese große Koalition von Anfang an gewollt zu haben. Diese große Koalition wollten vor allem die Sozialpartner, sie stehen noch heute dazu. Sie sind als Einzige sehr traurig darüber, dass sich diese Koalition auflöst – das ist so.

Als Nächsten möchte ich in diesem Zusammenhang Herrn Bundespräsidenten Fischer erwähnen. Er war einer der Architekten dieser großen Koalition. (Beifall beim BZÖ.) Er hat zum Herrn Bundeskanzler gesagt: Weißt du, was? Es kann nicht sein, dass es hier eine Dreierkoalition gibt – ob rot-grün-blau, schwarz-grün-blau oder mit einer orange Schattierung –, das darf nicht sein. Wir brauchen stabile Verhältnisse, wir brauchen eine Zweidrittelmehrheit, wir brauchen eine große Koalition!

Gesagt, getan. Der Herr Bundespräsident hat gesprochen. Der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler haben sich zusammengetan und eine große Koalition gebil­det. Es ist aber von Anfang an nichts weitergegangen, weil der eine den anderen blo­ckiert hat. Während bei den Krankenkassen die ÖVP beziehungsweise der ÖAAB zu-


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