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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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103. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 29. April 2011

 

 


Stenographisches Protokoll

103. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode                       Freitag, 29. April 2011

Dauer der Sitzung

Freitag, 29. April 2011: 9.03 – 19.47 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erste Lesung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012–2015

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert werden (Fremden­rechtsänderungsgesetz 2011 – FrÄG 2011), und Bericht über den

Antrag 35/A der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I 2005/100, idF BGBl. Nr. 4/2008, geändert wird

3. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1307/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Haft von Kindern, Schaffung eines Bleiberechts

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1360/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend sofortige Abschiebung als Rechtsfolge bei straf­rechtlichen Verurteilungen

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1079/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesteuerte Zuwanderungs- und Integrationspolitik nach dem BZÖ-Ausländercheck-Modell

7. Punkt: Bericht über den Antrag 253/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz – NAG), BGBl. I Nr. 157/2005, geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 695/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsparungen im Asyl- und Fremdenwesen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 873/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende radiologische Untersuchung bei behaupteter, jedoch zweifelhafter Minderjährigkeit im Fremdenrecht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa

11. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten VIII bis XV und XXII bis XXVII

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1502/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ar­beits­marktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden

13. Punkt: Bericht über den Antrag 359/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Anrechnung des Partnereinkommens bei der Not­standshilfe

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1208/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbindung der durch Contergan geschädigten Menschen in das österreichische Sozialentschädigungsrecht in Form einer monatlichen Rentenzahlung

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1368/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Pflegelehre

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Schulaufsichtsgesetz geändert wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz und das Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 112/2009, geändert werden

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Lan­desvertragslehrpersonengesetz 1966 geändert werden

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Prüfungstaxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen geändert wird

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert wird

21. Punkt: Bericht über den Antrag 1397/A(E) der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz

22. Punkt: Bericht über den Antrag 1425/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit.b wider den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos

23. Punkt: Bericht über den Antrag 1071/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Beendigung des Assistenzeinsatzes in der Grenz­region

24. Punkt: Bericht über den Antrag 822/A(E) der Abgeordneten Kurt List, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenersatz für Alarmstarts durch den jeweiligen Verursacher

25. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 15


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 3

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Ausschussberichtes 1175 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ...................................................................................... 16

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 16

Antrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1078 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das Grundver­sorgungs­gesetz – Bund 2005 und das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 – FrÄG 2011), und über den Antrag 35/A der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I 2005/100, idF BGBl. Nr. 4/2008, geändert wird (1160 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten rückzuver­weisen – Ablehnung            119, 119

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 119

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 120

Ausschüsse

Zuweisungen ...........................................................................................................  15, 81

Verhandlungen

1. Punkt: Erste Lesung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanz­rahmen­ge­setz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012–2015 (1174 d.B.) ............................................................................. 16

Redner/Rednerinnen:

Bundeskanzler Werner Faymann ......................................................................... ..... 17

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................. ..... 20

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 24

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ..... 27

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 30

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 34

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 37

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ............................................................... ..... 39

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 41

Jakob Auer .............................................................................................................. ..... 43

Alois Gradauer ........................................................................................................ ..... 44

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ..... 46

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 48

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ..... 49

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ..... 51

Werner Neubauer .................................................................................................... ..... 53

Ing. Robert Lugar (tatsächliche Berichtigung) ............................................................. 55

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 55

Ernest Windholz ...................................................................................................... ..... 56

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ..... 58

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ..... 59

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ..... 60

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ..... 62

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 63


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 4

Elmar Mayer ............................................................................................................ ..... 65

Ridi Maria Steibl ...................................................................................................... ..... 67

Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 68

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ..... 69

Gerhard Huber ........................................................................................................ ..... 70

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ..... 71

Franz Eßl .................................................................................................................. ..... 73

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 74

Martina Schenk ....................................................................................................... ..... 75

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ..... 76

DDr. Werner Königshofer ...................................................................................... ..... 78

Maximilian Linder ................................................................................................... ..... 80

Zuweisung der Regierungsvorlage 1174 d.B. an den Budgetausschuss ...................... 81

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1078 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 – FrÄG 2011), und über den

Antrag 35/A der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I 2005/100, idF BGBl. Nr. 4/2008, geändert wird (1160 d.B.)     ............................................................................................................................... 81

3. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird (1161 d.B.)                         81

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1307/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Haft von Kindern, Schaffung eines Bleiberechts (1162 d.B.) ................................................................................................. 81

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1360/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige Abschiebung als Rechtsfolge bei strafrechtlichen Verur­teilungen (1163 d.B.) .............................................................................................. 81

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1079/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesteuerte Zuwanderungs- und Integrationspolitik nach dem BZÖ-Ausländercheck-Modell (1164 d.B.) .............................................................. 82

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 253/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG), BGBl. I Nr. 157/2005, geändert wird (1165 d.B.) ............................................................ 82

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 695/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Einsparungen im Asyl- und Fremdenwesen (1166 d.B.) ...................................................................................................................... 82

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 873/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und


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Kollegen betreffend verpflichtende radiologische Untersuchung bei behaupteter, jedoch zweifelhafter Minderjährigkeit im Fremdenrecht (1167 d.B.) ........ 82

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 82

Günter Kößl ............................................................................................................. ..... 83

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ..... 84

Otto Pendl ................................................................................................................ ..... 87

Ing. Peter Westenthaler ......................................................................................  88, 117

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner .................................................... ..... 92

Erwin Hornek .......................................................................................................... ..... 95

Leopold Mayerhofer ............................................................................................... ..... 96

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 98

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 99

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 100

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 102

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 103

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 104

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ........................................................................... ... 107

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 108

Staatssekretär Sebastian Kurz .............................................................................. ... 109

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 110

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 112

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 114

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 115

Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ... 118

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Meldegesetzes – Ablehnung ........................................................  113, 122

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1160 und 1161 d.B. (namentliche Abstimmung)                            119

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1160 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Schaffung eines Bundesamtes für Asyl und Migration bis 2013 – Evaluierung der geltenden Bestimmungen des Fremdenrechts (E 159) ......................................................................................... 122

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1160 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen (E 160) .................. 122

Kenntnisnahme der sechs Ausschussberichte 1162, 1163, 1164, 1165, 1166 und 1167 d.B.                    123

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (915 d.B.): Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa (1168 d.B.) ........ 123

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (895 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenz­abschnitten VIII bis XV und XXII bis XXVII (1169 d.B.) ................................. 123

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ... 124

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 124


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 6

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 126

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 126

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 127

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 1168 und 1169 d.B. ................................ 127

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1169 d.B. ....... 127

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1502/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarkt­politik-Finanzierungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (1170 d.B.) .................................................................................................................... 128

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 359/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe (1171 d.B.) ............................................................................................ 128

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 128

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 130

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 132

August Wöginger .................................................................................................... ... 133

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 135

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 135

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 138

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 139

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 140

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 141

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 141

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (tatsächliche Berichtigung) ........................... 142

Dr. Andreas Karlsböck (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 143

Annahme des Gesetzentwurfes in 1170 d.B. .............................................................. 143

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1171 d.B. ................................................... 143

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1208/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbindung der durch Contergan geschädigten Menschen in das österreichische Sozialentschädigungsrecht in Form einer monatlichen Renten­zahlung (1172 d.B.) .................................................................................................................... 144

Redner/Rednerinnen:

Mag. Helene Jarmer ............................................................................................... ... 144

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 145

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 145

Dr. Franz-Joseph Huainigg .................................................................................... ... 146

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 146

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1172 d.B. ............................................... ... 147

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1368/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Pflegelehre (1173 d.B.)           ............................................................................................................................. 147


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 7

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 147

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 148

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 149

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 150

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 151

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 152

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 154

Johann Hell .............................................................................................................. ... 155

Mag. Helene Jarmer ............................................................................................... ... 155

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1173 d.B. ................................................... 156

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1113 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Schulaufsichtsgesetz geändert wird (1141 d.B.) ............................ 156

17. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1112 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz und das Bun­des­gesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 112/2009, geändert werden (1142 d.B.) ..................................................... 156

18. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1114 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 geändert werden (1140 d.B.) ....................................................................................................... 157

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 157

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 157

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 158

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ... 160

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 161

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ... 162

Mag. Laura Rudas ................................................................................................... ... 163

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 163

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 164

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 165

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 166

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1141, 1142 und 1140 d.B. ................................ 167

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1063 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Prüfungstaxengesetz – Schu­len/Päda­gogische Hochschulen geändert wird (1138 d.B.)          ............................................................................................................................. 167

20. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1070 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert wird (1139 d.B.) .................................. 167

Redner/Rednerinnen:

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 168

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ... 168

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 169

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 170


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 8

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 170

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ... 171

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 171

Anna Franz .............................................................................................................. ... 172

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1138 und 1139 d.B. ..................................... 172

21. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1397/A(E) der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ulrike Königsberger-Ludwig, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (1143 d.B.) ............................................................ 173

Redner/Rednerinnen:

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 173

Dr. Franz-Joseph Huainigg .................................................................................... ... 174

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 174

Mag. Helene Jarmer ............................................................................................... ... 174

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 175

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1143 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (E 161) .................................................................. 176

22. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den An­trag 1425/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit.b wider den Bundes­minister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos (1152 d.B.)                    176

Redner/Rednerinnen:

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 176

Kurt List ................................................................................................................... ... 177

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 178

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ... 179

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ... 179

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 180

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 181

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 182

Bundesminister Mag. Norbert Darabos ............................................................... ... 183

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1152 d.B. ................................................... 185

23. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den An­trag 1071/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beendigung des Assistenzeinsatzes in der Grenzregion (1153 d.B.) .................................................................................................................... 185

Redner/Rednerinnen:

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 185

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 186

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ... 187

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 187

Kurt List ................................................................................................................... ... 188

Hermann Krist ......................................................................................................... ... 188

Bundesminister Mag. Norbert Darabos ............................................................... ... 189

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1153 d.B. ................................................... 190

24. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den An­trag 822/A(E) der Abgeordneten Kurt List, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenersatz für Alarmstarts durch den jeweiligen Verursacher (1154 d.B.) .................................................................................................................... 190


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 9

Redner/Rednerinnen:

Christian Lausch ..................................................................................................... ... 190

Peter Stauber .......................................................................................................... ... 191

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ... 192

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 192

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1154 d.B. ................................................... 193

25. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staats­anwaltschaft Wien (501 St 10/11m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz (1175 d.B.) ............................................................................................................. 193

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 193

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ... 196

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 197

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung der Tilly-Kaserne in Freistadt (1514/A)(E)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschäftigung von Frei­gängern bei Gericht (1515/A)(E)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweit einheitliche Dokumentation ambulanter Leistungen im intra- und extramuralen Bereich (1516/A)(E)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung von Volksmusik und volkstümlicher Musik (1517/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung der Versorgung von Bundesgebäuden durch garantiert atomstromfreie Energie (1518/A)(E)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flugeinsatzplan für Euro­fighter (1519/A)(E)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortpflanzungsmedizin­gesetz (1520/A)(E)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung Adoptions­verbot im Gesetz über die Eingetragene Partnerschaft (EPG) (1521/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vier-Augen-Prinzip“ im neuen Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz (1522/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend die explizite gesetzliche Verankerung von Prävention im neuen Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz (1523/A)(E)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflegefreistellung (1524/A)(E)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend bevorstehende Anpassung der EU-Fluggastverordnung (1525/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 10

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend einen Bericht über das bundesweite Angebot an Initiativen und Projekten zur nicht-traditionellen Berufs- und Ausbildungswahl (1526/A)(E)

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bun­despräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzge­setz 1973, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volks­befragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Strafprozessord­nung 1975 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (Wahlrechtsänderungs­gesetz 2011) (1527/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Recht auf Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO für blinde und stark sehbehinderte Menschen (1528/A)(E)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Koppelung des erhöhten Urlaubsanspruches auf sechs Wochen an das 40. Lebensjahr bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen (1529/A)(E)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der Förderung im Zusammenhang mit dem Ausbildungsnachweis zur Lehrmitte (Praxistest) (1530/A)(E)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Finanzierung einer Notwohnung für Betroffene von Zwangsheirat (1531/A)(E)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vertragsverletzungs­verfahren gegen Temelίn-UVP (1532/A)(E)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vertragsverletzungs­verfahren gegen Mochovce-UVP (1533/A)(E)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend In-vitro-Fertilisation (IVF) – Anzahl der transferierten Embryonen (1534/A)(E)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nanosilber – antimikro­bielle Wirksamkeit sichern (1535/A)(E)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Basisabgeltung für die Bundesmuseen an reale wirtschaftliche Bedingungen (1536/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen des Rechnungshofes (8362/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen des Rechnungshofes (8363/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen des Rechnungshofes (8364/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen des Rechnungshofes (8365/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 11

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend Weiterverwendung des Impfstoffes H1N1 nach März 2011 (8366/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Munitionskisten und Kriegsmaterial (8367/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Munitionskisten und Kriegsmaterial (8368/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend AMA-MARKETING-BEITRÄGE (8369/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend AGRARMARKT AUSTRIA (8370/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Zukunft der Agrarzahlungen (8371/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Kosten der Spekulationsverluste der Kommunalkredit Austria, der Hypo Group Alpe Adria und der ÖBFA (8372/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Kosten der Spekulationsverluste der Kommunalkredit Austria, der Hypo Group Alpe Adria und der ÖBFA (8373/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Sicherheitspakt zwischen dem BMI und dem Land Steiermark (8374/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend ungarische „Korruptions-Uni“ Zrinyi-Miklos (8375/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeieinsatz im Asylheim Mürzsteg (Mürzzuschlag) (8376/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend OIIP, AIES und IILP (8377/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kostentragung der Fliegerbombensuche und -beseitigung (8378/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sund­heit betreffend Kosten- und Leistungsentwicklung von Spitalsambulanzen (8379/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend unterschiedliche Tarifmodelle der einzelnen Krankenversiche­rungs­träger (8380/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend traditionelle pflanzliche Arzneimittel gemäß Verord­nung 2004/24/EG (8381/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend skurriles Reiseverhalten zur Schwimm-EM in Budapest (8382/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 12

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Staatsbürgerschaftsprüfung (8383/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Lernunterlage des Bundes zur Staatsbürgerschaftsprüfung (8384/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Abenteuer Staatssekretärin Remler (8385/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Dirty Campaining, Türkenmangel und angewandte Integration im einschlä­gigen Vorleben der Innenministerin (8386/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Mehrwertnummern von Service-Hotlines (8387/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend „Mehrwertsteuerbetrug: Gebrauchtfahrzeughandel – Fingierte ,Ketten- oder Karussellgeschäfte‘ in Jahren 2009 und 2010“ (8388/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Weinkontrollen in Österreich im Jahr 2010“ (8389/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Beschwerden gegen das AMS (8390/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Militärübungen im Inland (8391/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Nutzung alternativer Energiequellen für Bundes­gebäude (8392/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verkauf von Exekutionsdaten (8393/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einstellung eines Verfahrens durch die Salzburger Staatsanwaltschaft 2 (8394/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Änderung des § 113 (5) GewO (8395/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend OIIP, AIES und IILP (8396/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend OIIP, AIES und IILP (8397/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend OIIP, AIES und IILP (8398/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend OIIP, AIES und IILP (8399/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 13

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend OIIP, AIES und IILP (8400/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend OIIP, AIES und IILP (8401/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend OIIP, AIES und IILP (8402/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend OIIP, AIES und IILP (8403/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend OIIP, AIES und IILP (8404/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend OIIP, AIES und IILP (8405/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend OIIP, AIES und IILP (8406/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den Besuch des türkischen Präsidenten Abdullah Gül (8407/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend die vorzeitige Entlassung eines Sexualstraftäters durch das Innsbrucker Oberlandesgericht (8408/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend die Errichtung eines Vereins durch die ÖH-Uni Wien (8409/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Skandal OSETO (8410/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (7688/AB zu 7776/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (7689/AB zu 7789/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (7690/AB zu 7792/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (7691/AB zu 7815/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7692/AB zu 7833/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 14

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7693/AB zu 7835/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (7694/AB zu 7839/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7695/AB zu 7849/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7696/AB zu 7791/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 15

09.03.11Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich darf Sie ersuchen, die Plätze einzunehmen.

Ich eröffne die Sitzung.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Keck, Schopf, Amon, Mag. Brunner und Dr. Winter.

09.03.50 Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 7688/AB bis 7696/AB.

B. Zuweisungen:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Antrag 1512/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Begnadigung der Südtiroler Freiheitskämpfer;

Finanzausschuss:

Antrag 1513/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spekulation mit Spendengeldern;

Gesundheitsausschuss:

Antrag 1511/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abgabe von Heilpflanzen und alternativen medizinischen Produkten;

Justizausschuss:

Antrag 1507/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB) und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden;

Ausschuss für Konsumentenschutz:

Antrag 1508/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend kostenpflichtige Service-Hotlines;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 16

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Antrag 1510/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationspflicht bei Tariferhöhungen.

*****

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Um den Punkt 25 der Tagesordnung in Ver­handlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzu­sehen.

Dabei handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz (1175 der Beilagen).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist für diesen Ausschussbericht ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 9, 10 und 11, 12 und 13, 16 bis 18 sowie 19 und 20 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidial­konferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 112, FPÖ 100, Grüne 88 und BZÖ 84 Minuten.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 vor, die Redezeit des Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten. Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

09.05.481. Punkt

Erste Lesung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012–2015 (1174 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen damit zum 1. Punkt der Tagesord­nung.

Die Debatte wird mit Redebeiträgen des Bundeskanzlers und der Bundesministerin für Finanzen eingeleitet. Diese sollen insgesamt nicht länger als 35 Minuten dauern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 17

Wir gehen in die Debatte ein, und ich darf den Herrn Bundeskanzler bitten, das Wort zu ergreifen.

 


9.06.21

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Mitglie­der der Regierung! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Ich habe gestern schon beim Vorstellen der neuen Mitglieder der Bundesregierung die Gelegen­heit gehabt, die Stabilität Österreichs und die wesentlichen Kennzahlen zum Thema Arbeitslosigkeit, Arbeitsmarkt, aber auch die Kennzahlen zum Thema Pro-Kopf-BIP, Pro-Kopf-Einkommen, also Wohlstandskriterien, Lebensbedingungen in einem Land, darzustellen.

Das möchte ich nicht wiederholen, sondern nur unterstreichen, damit wir wissen, dass das nicht ein Erfolg von ein paar Politikern ist, sondern in unserem Land zurück­zuführen ist auf ein Zusammenspiel von Rahmenbedingungen der Wirtschaft, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und natürlich einer Regierung, die großen Wert darauf legt, dass wir uns auch im europäischen Vergleich in den wesentlichen Kriterien hinsichtlich der Stabilität des Wirtschaftswachstums, der Wirtschaftskraft, des Wohl­stands behaupten, ja sogar in einigen Bereichen zu den Pionieren, zu den Besseren oder gar zu den Besten gehören. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn wir über stabile Finanzen reden, dann werden Sie im Vergleich der Defizite mit anderen EU-Ländern sehr leicht erkennen, dass wir mit dem, was wir in unserem Budgetpfad beschlossen haben und was wir auch jetzt im Bundesfinanzrahmengesetz zu beschließen haben, doch darauf verweisen können, dass wir im Jahr 2013 ein Maastricht-Defizit von unter 3 Prozent erreichen werden und dass 2014 2,4 Prozent und 2015 2 Prozent beabsichtigt sind.

Nun weiß ich, es ist natürlich die Aufgabe der Opposition, das infrage zu stellen und als noch viel zu wenig zu erachten, aber ich möchte doch betonen, dass diese Leistung nur durch eine sehr strikte und disziplinierte Führung im Bereich der Finanzen möglich ist und die Frau Finanzministerin zu Recht schon auf die Wichtigkeit der Einhaltung der Vorgaben für die Ministerien hingewiesen hat. Und da sind natürlich auch die Anfor­derungen an eine Reform, an eine Vereinfachung der Verwaltung, an eine Verein­fachung der Bürokratie, mit weniger Leuten dieselbe oder sogar eine bessere Leistung zu erbringen, also eine bessere Effizienz zu erreichen, mit eingerechnet, weil das ja sonst bedeuten würde, dass man nur quer über die Bereiche kürzt und damit eine Qualitätsverschlechterung einherginge. Daher ist in diesem Defizitpfad auch das Engagement, das vor uns liegt, herauszulesen, in den einzelnen Bereichen mit weniger Leuten dieselbe Leistung zu erreichen, dieselbe Qualität zu sichern. (Abg. Kickl: Damit hätten Sie gleich anfangen können bei Ihrer Regierungsumbildung!)

Beim Vergleich mit anderen Ländern innerhalb der Europäischen Union in Bezug auf das Maastricht-Defizit – und es ist ja nicht nur unser deutscher Nachbar, der beim Defizit ebenfalls sehr engagierte Ziele erreicht – sind nicht nur Irland oder Griechen­land zu nennen, sondern etwa auch das Vereinigte Königreich, das ja heute medial eine große Rolle spielt, mit einem Defizit von 10,4 Prozent, auch Polen mit 7,9 Prozent, unser Nachbar Slowakei und Frankreich mit 7 Prozent oder die Eurozone im Schnitt mit 6 Prozent.

Es handelt sich also durchaus um Vergleichswerte, angesichts derer man nicht auf Aussagen wie: Verglichen mit Ländern wie Griechenland sind wir besser!, reduzieren kann, sondern wir haben den Vergleich nicht nur nicht zu scheuen, sondern die Werte auch aktiv weiter zu verbessern, auch gegenüber jenen Ländern, die von der Wirt­schaftsleistung, von den Möglichkeiten her durchaus mit uns vergleichbar sind. Es handelt sich also um engagierte Ziele.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 18

Nicht zu vergessen ist natürlich, dass der Schuldenstand in ganz Europa verschieden zu bewerten ist, weil es ein Unterschied ist, ob man in einem Land etwa durch den Ausbau der Infrastruktur Schulden hat. Wenn alle dafür sind, dass man die Infrastruktur eines Landes ausbaut, und es bei allen Reden in allen Parteien eigentlich immer eine große Rolle spielt, dass man Konsequenz, Beharrlichkeit und Verlässlichkeit an den Tag legt, etwa beim Ausbau der Schiene, wenn man das also möchte, muss man natürlich wissen, dass auch das zum Thema Schulden gehört und dass Schulden nicht nur dadurch entstehen, dass man einfach im täglichen Haushalt eines Ministeriums zu viel ausgibt, was der schlechtere Fall ist, sondern dass natürlich in diesen Zahlen viel an Investitionen beinhaltet ist, die mittel- und langfristig eine gute Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort Österreich, für die Umweltpolitik, für die Erreichbarkeit der Regionen in unserem Land bedeuten und Chancen bieten.

Ich möchte also schon sagen, dass in den EU-27 2010 eine Gesamtverschuldung von 80 Prozent gegeben war, in der Eurozone – ich rede nur vom Durchschnitt – eine Gesamtverschuldung von 85 Prozent, während diese in Österreich bei 72,3 Prozent lag. Natürlich kann und muss dieser österreichische Wert mittel- und langfristig besser werden, aber ich möchte doch betonen, dass die Einrechnung der Schulden, die zum Teil auch Investitionen sind, durch Eurostat zu diesen Durchschnittswerten in der Europäischen Union, in der Eurozone geführt hat.

Warum sage ich das? – Weil ich auch davon überzeugt bin, dass an diesen Inves­titionen in ganz Europa kein Weg vorbeiführt. Es wäre leicht, polemisch zu sagen: Halbieren wir das!, aber wir würden nicht das halbieren, was sich einige darunter ober­flächlich versprechen, nämlich irgendwelche unnötigen Ausgaben, die man ohnehin streicht, ohne es zu bemerken, weil sie zum Thema Effizienzverbesserung gehören. Nein, man würde wesentliche Zukunftsbereiche streichen.

Dass auch unter den vorangegangenen Regierungen manche Finanzminister versucht haben, derartige Investitionen – etwa im Spitalsbereich, im Bereich der Bahn – nicht in den Schuldenstand hineinzurechnen, ist natürlich aus Sicht der Finanzminister legitim, aber dass in der Europäischen Union, wo die Datenwahrheit, die Faktenverlässlichkeit eine immer größere Rolle zu spielen haben ... (Abg. Kickl: Das haben wir bei Griechenland und bei Portugal gesehen, die Datenwahrheit!) – Ja, eben aus den Lehren daraus! Wenn man zum Beispiel sagt, in Griechenland hätte man viel deutlicher, härter, besser vorgehen sollen, dann ist es natürlich kein Wunder, dass Eurostat und jetzt die Europäische Kommission sehr darauf drängen, dass auch diese Investitionen in den Schuldenstand mit eingerechnet werden. Man war übrigens unter Schwarz-Blau besonders kreativ bei den Ausgliederungen aus dem Schuldenstand.

Wir wollen daher nicht so weit in der Geschichte graben, sondern uns mit der Zukunft beschäftigen, und die Zukunft bedeutet, dass wir sehr genau wissen, dass es eine mittel- und langfristige Aufgabe ist, diesen Schuldenstand zu reduzieren, aber dass das nicht eine Aufgabe ist, wo man einfach etwas ankündigt, wodurch man die wesent­lichen Grundlagen der Zukunft, etwa die Infrastruktur, riskieren würde, sondern dass es hier um konsequente, verlässliche, zuverlässige Arbeit geht.

Im Bereich der Rahmenbedingungen für Bildung, Forschung, Kunst und Kultur haben wir 2010 bis 2015 ein Plus von 700 Millionen €, also ein Plus von 6 Prozent zu verzeichnen, im Bereich der inneren Sicherheit ein Plus von 180 Millionen €, also ein Plus von 8 Prozent, und im Bereich der Infrastruktur kommt durch dieses Hinein­rechnen von tatsächlich getätigten Investitionen, wie ich es versucht habe, vom Grundsatz her zu erläutern, sogar ein Plus von über 60 Prozent für diesen Zeitraum zustande, aber auch im Bereich der Familien ist ein Plus von 350 Millionen € eingestellt – bei den Gesamtausgaben. Ich weiß, die Detaildiskussion, die Diskussion über die Einzelpositionen haben wir hier sehr ausführlich geführt, ich spreche aber von


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 19

den Gesamtausgaben für diese Jahre, und da ist ebenfalls ein Plus von 5,5 Prozent zu verzeichnen.

Auch im Bereich der Schule, der Bildung muss uns klar sein, dass die Erfüllung der von uns selbst gewählten Anforderung, dass wir auch bei den Bildungsvergleichen in Europa zu den Besten gehören wollen, wo wir wissen, dass wir da zu weit hinten sind und dass wir eine Verpflichtung darin sehen, in die Schule zu investieren, in die Kinderbetreuung, in die Universitäten, natürlich Mehrausgaben bedeutet. Es wird immer allen zu wenig sein, aber Mehrausgaben sind eben Mehrausgaben, und Mehr­ausgaben, die etwa der Erfüllung der Forderung im Ausbau der Neuen Mittelschule dienen, 117 neue Standorte oder 80 000 neue Plätze im Ganztagsschulbereich, zeigen, dass diese Aufgabe nicht eine theoretische ist, sondern eine praktische, eine, die tatsächlich von uns zu erledigen ist und wofür auch eine entsprechende finanzielle Ausstattung sicherzustellen ist.

Es gilt daher, am richtigen Platz zu sparen – so schwierig das ist und so kontroversiell man das diskutieren kann, denn: Was ist schon der richtige Platz? Auf der anderen Seite sind die Einnahmen wichtig, wie wir sie gemeinsam beschlossen haben: Bankenabgabe, vermögensbezogene Einnahmen. Ich weiß, einige – dazu gehöre auch ich – sagen, das ist erst ein erster Schritt, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung in unserem Land, und es wäre auch die Finanztransaktionssteuer der richtige Schritt in Europa. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Neugebauer.)

Für folgende Position wird Österreich in der europäischen Politik als Mitgliedsland der EU nämlich immer mit viel Engagement werben: Wenn wir sagen, dass der soziale Friede ein Standortfaktor ist, wenn wir sagen, dass die soziale Balance in einem Land etwas mit den Lebensbedingungen in diesem Land zu tun hat, dann muss es natürlich auch Einnahmen des Staates geben können. Und eine Konkurrenz in der Euro­päischen Union – wer bietet den Betrieben die geringsten Steuern an, wer schenkt den Betrieben am meisten dafür, dass sie zu uns kommen (Abg. Kickl: Sie belohnen ja die Übeltäter! Das ist ja abenteuerlich, was Sie da verzapfen!) – ist eine unangenehme Konkurrenz, weil sie nicht zu unserem Ziel führt, sondern zum falschen Ziel, dass man nämlich zum Schluss die finanziellen Möglichkeiten nicht mehr zur Verfügung hat, in Bildung, in Forschung, in Entwicklung zu investieren.

Daher ist für uns sowohl das Dumping bei Steuereinnahmen als auch natürlich das Lohndumping auf europäischer Ebene abzulehnen. Es gibt in der Europäischen Union auch einige Verehrer der Ideologie: Löhne runter, Lebensbedingungen, soziale Netze zusammenkürzen – dann erst kann man mit Asien konkurrieren!

Nein, meine Damen und Herren, wir wollen einen Bundesfinanzrahmen, wir wollen eine Politik in Europa, die nicht heißt, bei den Lebensbedingungen der Menschen zu reduzieren, bei den Wohlstandskriterien zu reduzieren (Abg. Kickl: Das heißt, kein Geld nach Irland, oder?), bei den Löhnen zu reduzieren! Nein, wir wollen gemeinsam etwas erwirtschaften, mit der Kreativität der Bevölkerung, mit den Chancen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, gut ausgestattet durch Bildung, Entwicklung und Forschung, um diese Chance im Wettbewerb auch wahrnehmen zu können, damit dann das gemeinsam Erwirtschaftete auch gerecht verteilt wird – für ein sozial gerechtes Österreich und ein sozial gerechtes Europa! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile nun Frau Bundesministerin für Finanzen Dr. Fekter das Wort. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 20

9.19.00

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Sehr geehrtes Hohes Haus! Den Wohlstand in Österreich ver­mehren durch sorgsames Umgehen mit Steuergeld, habe ich gestern hier im Hohen Haus gesagt, und ich stelle auch dieses Bundesfinanzrahmengesetz unter dieses Motto.

Damit wir das Geld der Steuerzahler sorgsam, zielgerichtet und effizient ausgeben können, brauchen wir eine vorausschauende Planung und eine klare Strategie.

In unserem Fünf-Jahres-Plan werden wir in Hinblick auf den sorgsamen Umgang mit Steuergeld aktiv gestalten, aber auch verwalten. Wir planen vorausschauend, damit wir zielgerichtet Entscheidungen für die Menschen in Österreich treffen können. Meine Ziele für diese Planung sind: Defizitreduktion, Schuldenbremse, aber auch Wachstum und Arbeitsplätze (Abg. Kickl: Haftungsreduktion!) und kontinuierliche Struktur­reformen, und zwar in jedem Bereich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Um die Defizitreduktion erreichen zu können und damit die Schuldenbremse einzulegen, sind in diesem Finanzrahmen per Gesetz Ausgabenobergrenzen bis zum Jahr 2015 festgelegt. Damit verpflichten wir uns selbst zur Sparsamkeit. Wir sparen vor allem ausgabenseitig (Abg. Ing. Höbart: Bei den Familienleistungen!), denn die Dynamik ist da enorm. Wie wir das angehen, ist im Strategiebericht klar festgelegt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Darin können Sie die Prioritäten jedes einzelnen Ressorts nachlesen, darin können Sie die Ziele jedes einzelnen Ressorts nachvollziehen, und darin können Sie auch nachlesen, wie die Konsolidierung und der Defizitabbau im jeweiligen Ressort erfolgen sollen. Es ist das wahrscheinlich das größte Reformpaket, das Österreich jemals in gedruckter Form hatte. (Abg. Kickl: Jessas na!) Ich lege es Ihnen ans Herz, meine sehr verehrten Damen und Herren! Schauen Sie nach, wie wir gezielt die Reduktion des Defizits angehen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Kickl: Kollege Mitterlehner lacht schon!)

Es ist notwendig, dass wir sukzessive das Defizit rückführen und den Schuldenberg einbremsen, denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Dynamik bei den Zinsen ist enorm. Vom Jahr 2011 bis ins Jahr 2015 steigen die Zinsen stärker als das nominelle BIP. Das raubt uns den Gestaltungsspielraum. Daher haben wir darauf besonderes Augenmerk zu legen, und daher muss es eine gemeinsame Anstrengung geben, das in den Griff zu bekommen. Wir sind aber auf dem richtigen Weg.

Ich habe als langjährige Parlamentarierin hier im Hohen Haus und als Regierungs­mitglied diese Schulden immer mit beschlossen – und dazu bekenne ich mich auch –, denn es war notwendig, in Zeiten der Krise die richtigen Maßnahmen zu setzen. (Abg. Kickl: Ihr habt ja auch in der Hochkonjunktur Schulden gemacht, nicht nur in der Krise!) Und, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir sind besser durch die Krise gegangen als alle Länder rund um uns herum! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Herr Kickl, die Bevölkerung hat von einer Krise fast nichts gemerkt (Abg. Kickl: Bitte? – Abg. Neubauer: Realitätsverweigerung! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), weil die Politik richtig gehandelt hat. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Die Bevölkerung hat sich darauf verlassen können, dass ihre Sparguthaben und auch die Arbeitsplätze in Österreich gesichert sind. (Abg. Strache: Sie verhöhnen mit den Budgetzahlen ... die Österreicher!) Wir haben die höchste Beschäftigung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen, ich rede von Österreich, und in Österreich haben wir die höchste Beschäftigung, ein besseres Wachstum als alle Länder rund um uns


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herum (Abg. Kickl: Nur 1 Million Menschen an der Armutsgrenze, und Sie sagen, man merkt nichts von der Krise! Ungeheuerlich!) und auch eine bessere Budgetsituation als alle Länder rund um uns herum, und das ist der Politik zu verdanken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben im Budgetrahmen für die nächsten fünf Jahre bis 2015 und in diesem Strategiebericht (die Rednerin zeigt ein Exemplar des genannten Berichts) ganz klare politische Prioritäten gesetzt. Die Handschrift dieser Bundesregierung können Sie daran erkennen, dass wir Prioritäten in unsere Kinder gelegt haben. Es wird kein weiteres Sparpaket für Familien geben, solange ich Ministerin bin. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Ing. Höbart: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht! – Weitere Zwischen­rufe bei FPÖ und BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Zweitens haben wir in dieser Langfristplanung klare Prioritäten für die Zukunfts­investitionen gesetzt. Das heißt, bei Bildung, Forschung und Wissenschaft haben wir die Prioritäten so angesetzt, dass das enge Sparkorsett diese Bereiche nicht im selben Ausmaß trifft wie die anderen Ressorts. Wir stellen damit sicher, dass mit dem Steuer­geld sorgsam umgegangen wird und dass die Neuverschuldung bereits im Jahr 2013 unter 3 Prozent – dem Maastricht-Kriterium – liegen und bis zum Jahr 2015 2 Prozent erreichen wird. Die EU-Vorgaben sind natürlich streng einzuhalten, aber wir machen das nicht für die Europäische Union, sondern wir machen das für den Wohlstand hier in unserem Land, für die Stabilität unserer Finanzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Transparenz für die Budgetierung zwingt uns, dass wir die ÖBB-Schulden und auch die Schulden für das Gesundheitswesen aus den Ländern in das Budget mit aufnehmen. Diese Transparenz zeigt allen, dass der Reformdruck groß ist, aber auch, dass wir die Sache in die richtige Richtung gelenkt haben. Die Schulden sind tiefst unsozial. Sie nehmen uns den Gestaltungsspielraum, und die Vergangenheit belastet somit die Zukunft. Daher sind Defizitabbau und Schuldenbremse oberste Priorität. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn wir diesen Weg gehen, dann werden die Schulden weniger und damit die Finanzen gesichert. Es werden die Zinszahlungen weniger, und damit wird der Gestal­tungsspielraum größer. Außerdem erzeugt der Druck der Reformen eine Dynamik für einen modernen Staat. Daher werde ich so lange nicht locker lassen, bis wir die Folgen der Krise in den Staatsfinanzen, in der Stabilität, bei der Konjunktur, bei den Arbeits­plätzen, bei der wirtschaftlichen Situation, beim Wachstum und beim Wohlstand für die Bevölkerung zur Gänze in die richtige Richtung und ins Lot gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verstehe mich als Anwältin der Steuerzahler. (Abg. Ing. Höbart: Ach du meine Güte! – Abg. Ing. Westenthaler: Gefährliche Drohung!) Ich fühle mich als Anwältin der Leistungsträger und des Mittelstandes. Das sind jene Menschen, die fleißig arbeiten, pünktlich ihre Steuern zahlen, häufig für Familien sorgen und oft auch mehr in das System einzahlen, als sie herausbekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das sind jene Menschen, die mit ihrer täglichen Arbeit das System tragen, die den Staat finanzieren (Abg. Grosz: Warum verschleudern Sie dann deren Geld?), und die haben ein Recht darauf, dass wir sorgsam darauf achten, wie wir mit ihrem Geld umgehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strache: Das ist ja eine Pinocchio-Bühne!) Es muss daher in unser aller Interesse sein, auf der Sparbremse zu stehen und nicht kontinuierlich neue Ausgaben zu erfinden. (Abg. Strache: Eine echte Pinocchio-Bühne hier, ein Wahnsinn!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben, verdanken wir Josef Pröll. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Jessas na, das wird ja immer besser!) Er hat uns besser durch die Krise gebracht als alle anderen


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Nachbarländer rund um uns herum. (Abg. Ing. Westenthaler: Er hat wenigstens vor dem Kanzler reden dürfen!) Und dass wir heute für unseren Stabilitätspfad von einer internationalen Agentur gelobt werden, verdanken wir auch der Politik meines Vorgängers. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Wirtschaftsforscher prognostizieren ein kontinuierliches Wachstum der nächsten Jahre mit durchschnittlich 2,1 Prozent und vor allem auch einen kontinuierlichen Beschäftigungsanstieg um 0,6 Prozent. Aktuell sind 3,3 Millionen Menschen in Beschäftigung. Noch nie hat Österreich eine so hohe Beschäftigungsrate gehabt wie jetzt. Seien wir stolz darauf, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es den Menschen in unserem Land gut geht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Dieser Bundesfinanzrahmen, den wir heute hier beraten, bringt Fortschritt statt Rückschritt, bringt Aufbruch statt Stillstand und ist wirklich ein Grund, weiter opti­mistisch in die Zukunft unseres Landes zu sehen. Unsere Wirtschaft ist nach wie vor in unruhigen Gewässern. Daher geht es jetzt darum, die Chancen des Aufschwungs zu nutzen und das Wachstum weiter zu stabilisieren. Wir werden dabei behutsam vor­gehen, die Staatsausgaben – in Hinblick auf das Defizit – behutsam ansteigen lassen, aber wesentlich langsamer als das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts.

Das Defizit wird so Jahr für Jahr sinken, von 3,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im heurigen Jahr auf 1,6 Prozent im Jahr 2015; von Bundesseite aus. Wir müssen aber gesamtstaatlich auch die Bundesländer mit einbeziehen, und dazu haben wir einen ganz neuen Mechanismus kreiert, nämlich einen Stabilitätspakt mit den Ländern, der auch einen Sanktionsmechanismus beinhaltet, und der gibt uns die Garantie, dass wir auf der sicheren Seite die Staatsfinanzen stabilisieren können.

Die Staatsschuldenquote – und das schmerzt mich sehr – steigt leider noch an, und zwar bis ins Jahr 2013. Erst im Jahr 2014 haben wir die Vollbremsung erreicht, das heißt, ab dann geht es wieder zurück. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Was habt denn ihr für Bremsen?!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für diesen Pfad werden wir international gelobt und bewundert, weil es uns in Hinblick auf die Staatsfinanzen besser gelingt, durch die Krise und diese schwierigen Zeiten zu kommen. Wir setzen aber gleichzeitig klare politische Prioritäten; Prioritäten im Familienbereich, Prioritäten für die Univer­sitäten, Fachhochschulen und im Bildungswesen. Wir geben bis zum Jahr 2015 jährlich 80 Millionen für Universitäten und Fachhochschulen aus und denselben Betrag noch einmal im Bildungswesen. Die Mittel für den Ausbau der Neuen Mittelschule, für dieses große Reformwerk, sind bereits im Finanzrahmen enthalten, daher ist gesichert, dass dieses Reformprojekt im Bildungsbereich auch kommt. Wir geben dafür 216 Millionen € aus. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Für die Erhöhung der Forschungsförderung stehen jährlich 100 Millionen € bereit. Die steuerliche Forschungsprämie wurde von 8 auf 10 Prozent erhöht; das kostet 80 Millionen.

Der Krankenkassenstrukturfonds – ein bewährtes Instrument dafür, dass Reformen auch im Kassenbereich gelingen – wird bis zum Jahr 2015 jährlich mit 40 Millionen € dotiert.

Für die thermische Sanierung – ein Ökoprogramm – haben wir weiterhin jährlich 100 Millionen € zur Verfügung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Josef Pröll ist gegangen mit dem Aufruf: Anstand – und kein Stillstand! – Auch dem tragen wir Rechnung, indem wir für den Kampf gegen die Korruption der Justiz zusätzlich 41 Millionen jährlich zur Verfügung stellen.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben aber auch große Herausfor­derungen zu bewältigen. Wie ich schon erwähnt habe, müssen wir neuerdings in Hinblick auf die Schulden die Landeskrankenanstalten, den Besserungsschein der notverstaatlichten Kommunalkredit und die ÖBB einpreisen. Das erhöht die Zinsen, und das betrachten wir als Herausforderung. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, die anspringende Konjunktur bringt es mit sich, dass wir auch mehr Ein­nahmen haben, und diese Einnahmen werden wir für den weiteren Defizitabbau nutzen. Ich möchte daher einen Appell an alle richten, uns gemeinsam anzustrengen, dass wir diesen Pfad einhalten und dass wir diese Strategie, die uns fünf Jahre lang auf einen Sparkurs bringt, mit enormen Strukturreformen in jedem Bereich fortsetzen können.

Natürlich wissen alle hier im Hohen Haus – und natürlich weiß auch ich als Finanz­ministerin –, dass der demographische Wandel eine große Herausforderung darstellt. Das erste große Problem haben wir aber gelöst. Es ist gelungen, die Sicherung der Pflege mit den Ländern auszuverhandeln. Wir werden 685 Millionen € bereitstellen, damit die Pflege für unsere älteren und behinderten Menschen gewährleistet ist und die Familien, die den Hauptanteil in der Pflege leisten, dabei gut unterstützt werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Der Bund übernimmt zwei Drittel der Kosten, die Länder gemeinsam mit den Gemein­den ein Drittel. Das ist ein großes Reformpaket in einem Bereich, der nicht weniger werden wird. Wir wissen aufgrund der demografischen Entwicklung, dass die Pflege­kosten auch in Zukunft immer wieder ein Thema hier in diesem Haus sein werden, aber für die nächsten Jahre, bis zum Finanzausgleich 2014, ist dieses Problem gemeinsam mit den Ländern gut gelöst. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Gemeinsam mit den Ländern haben wir auch den Stabilitätspakt abgeschlossen, der die Länder verpflichtet, eine Defizitobergrenze einzuhalten. Heuer sind das 0,75 Pro­zent ihrer Budgets, und das wird im Jahr 2014 auf 0,5 Prozent sinken. Dann werden wir einen neuen Finanzausgleich zu verhandeln haben. Die Länder leisten einen Beitrag zur Stabilisierung unserer Finanzen, und die Gemeinden haben sich verpflich­tet, in jedem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Der neue Stabilitätspakt hat auch eine neue Qualität, nämlich einen Sanktionsmechanismus, wonach die Länder, die sich nicht wohl verhalten, die ihr Budget wesentlich überschreiten, im Rahmen der Übertragung der Ertragsanteile weniger Geld bekommen. Dieses Geld wird zuerst geparkt, damit sie die Chance bekommen, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen, bei Wiederholungstätern fällt dieses Geld aber dem allgemeinen Budget zu. (Abg. Kickl: Frau Finanzministerin, in der EU ist es genau umgekehrt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sitzen viele Bürgermeister hier in diesem Saal, und die kennen das. Das ist so ähnlich wie bei einem Haftrücklass. Wenn es notwendig ist, dann kann man dieses Geld dafür verwenden, dass die Finanzen wieder stabilisiert werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Gemeinsam – Bund, Länder, Gemeinden, Städte – werden wir dieses großes Schiff auf dem richtigen Kurs halten und weiter den Wohlstand in Österreich vermehren.

Meine Damen und Herren, in dieser Strategie – und ich werde sie noch häufig daran erinnern – sind keine neuen Steuern enthalten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Dann lesen Sie einmal nach im aktuellen Rechnungshofbericht!) Ich werde dafür sorgen, dass in der Steuerpolitik sehr wohl Gestaltungsspielraum enthalten ist, aber nur unter den drei Prämissen: weniger, einfacher, leistungsgerechter! Wir brauchen den Gestaltungsspielraum im Steuerbereich nicht auszunützen – schon gar nicht nach oben.


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Wir haben eine hohe Steuerquote (Abg. Hagen: Die höchste in Europa!), und die Steuerzahler haben ein Anrecht darauf, zu wissen, dass wir nicht daran denken, weiter in ihren Säckel zu greifen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Die Steuerquote wird erhöht!)

Ich erteile daher all jenen gleich einmal eine Absage, die an der Substanz des Wohlstandes knabbern wollen. Substanzbesteuerungen sind standortschädlich, gefähr­den Arbeitsplätze und sind daher mit mir nicht zu machen! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben eine Abgabenquote von über 44 Prozent. Das ist in meinen Augen viel zu hoch, und ich habe das ambitionierte Ziel, das in meiner Amtszeit zu senken. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz.)

Lassen Sie mich auch noch etwas zu unserer Währung, dem Euro, sagen: Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine stabile Währung und insbesondere der Euro in seiner Stabilität (Abg. Vilimsky: Wo ist denn der stabil? Das ist die größte Schmäh­geschichte, die es gibt!) sind zum Wohl und zum Nutzen unserer Bevölkerung, der Menschen in Österreich. Wir als kleines Land haben von dieser gemeinsamen Währung überproportional profitiert.

Ich erinnere mich noch an die Währungsspekulationen in die italienische Lira (Abg. Dr. Strutz: Aufwachen, Frau Minister!), ich erinnere mich noch daran, welchen wirtschaftlichen Schaden Österreich jedes Mal erlitten hat, wenn dort abgewertet wurde. Daher ist eine gemeinsame Währung ein wirklich guter Faktor für die Stabilität in Österreich, für die Spareinlagen unserer Menschen, für die Kaufkraft und gegen eine höhere Inflation. (Abg. Strache: Das sehen wir bei der Inflation, bei den Preissteigerungen!)

Daher werde ich auf europäischer Ebene mit all meiner Leidenschaft für einen stabilen Euro, für diese Währung kämpfen, denn nur gemeinsam nützt uns das. (Abg. Ing. Westenthaler: Warum hört Ihnen der eigene Kanzler nicht zu?) Der Kantönligeist, den ich da gelegentlich höre, ist zum Schaden unserer Wirtschaft, zum Schaden unserer Exportwirtschaft, und dem werde ich nicht folgen können! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Aber unsere größte Herausforderung liegt natürlich – gar keine Frage – in den Refor­men, die wir noch vor uns haben. Step by Step, war meine Ansage – Schritt für Schritt, für die, die den Anglizismus nicht mögen (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ), und zwar deshalb, weil man, wenn man Schritt für Schritt konsequent nach vorne geht, schneller ans Ziel kommt, als wenn man immer nur wartet, bis möglicherweise der Big Bang passiert. (Abg. Strache: Pfeift es bei Ihnen auch im Ministerium? Wahrscheinlich pfeift es bei Ihnen auch im Ministerium!)

Ich werde diesem Haus kontinuierlich, Schritt für Schritt Regierungsvorlagen in Reformbereichen zuleiten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte dann um Ihre Mitarbeit, um diesen Staat zu modernisieren und die Finanzen stabil zu halten, um den Wohlstand für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger weiter hoch zu halten und ihn in gewissen Bereichen auch noch zu vermehren. – Danke. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Bucher: Die Steuerquote hoch zu halten, das ist Ihre Aufgabe! – Abg. Strache: Da wird gejubelt über die Staatsverschuldung!)

9.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


9.44.25

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Sie halten halt den strengen Ton nicht aus, aber Sie werden sich an diesen jetzt gewöhnen müssen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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Das, was die Oppositionsparteien – in unterschiedlicher Gradation, muss ich sagen – auch nicht aushalten, sind die positiven Zahlen, die hier gebracht wurden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ. – Abg. Strache – einen Rech­nungshofbericht zeigend –: Lesen Sie den Rechnungshofbericht!)

Wohltuend hebt sich das bedächtige Zuhören des grünen Wirtschaftsprofessors von dem Ganzen ab. (Abg. Strache: Das ist ein Kasperltheater! Haben Sie gestern beim Rechungshofpräsidenten nicht aufgepasst?) Bei den Orangen habe ich schon Angst gehabt, dass sie heute in der Früh keinen Klub-Kaffee bekommen haben, weil sie so seltsam ruhig waren, und die Blauen fühlen sich nur wohl in apokalyptischen Bildern. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Das verstehe ich, Sie brauchen nur apokalyptische Bilder! (Abg. Strache: Gestern hat der Rechnungshofpräsident die Zahlen auf den Tisch gelegt!)

Ihnen ist es am liebsten, alles geht den blauen Bach hinunter, Chaos, Schieflage, Unmut, das wollen Sie haben. Und wenn Sie es nicht haben, wollen Sie es produ­zieren. (Abg. Strache: Die Realität wollen wir, nicht solche Unwahrheiten!)

Daher müssen wir jetzt ein bisschen in die Materie eingehen, uns einmal vertiefen, worum es bei dieser Angelegenheit geht. (Abg. Ing. Westenthaler: Heinz Conrads!)

Punkt eins, weil Sie, Herr Klubobmann Strache, dauernd mit dem gelben Heft wacheln (Abg. Strache: Rechnungshofbericht!): Schulden sind kein Ziel an sich, aber sie sind ein Instrumentarium. Und sie können dann ein Instrumentarium sein, wenn es gilt, vor allem, wenn die Auswirkungen einer Finanz- und Wirtschaftskrise zu bewältigen sind, dass der Motor des Wachstums und der Beschäftigung nicht nur als Ziel hat, wenn er in Gang gehalten wird, dass es eine sozial gerechte Bewältigung dieser Auswir­kungen ... (Abg. Kickl: Vorher haben wir ja keine Schulden gehabt, nicht? – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) – Moment, zuerst sagen Sie, Sie sind die soziale Heimatpartei, jetzt hören Sie einmal zu: Ich rede erstens über Soziales und zweitens über die Heimat, daher müssen Sie sich jetzt einmal konzentrieren!

Und wenn das das Ziel ist, dann kann das als Instrumentarium durchaus Sinn machen. Genau das hat die Bundesregierung gemacht, und das Ergebnis dieser Politik ist (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf) – Moment! –, das Ergebnis dieser Politik ist in großen Zügen, wenn man die globalen Einflüsse mit bedenkt – alle anderen starken Strukturen, die in Österreich schon von Haus aus die Basis für eine gute wirtschaftliche Entwick­lung waren, vielleicht auch Fehlentwicklungen, die zu korrigieren sind, die man manchmal vielleicht zu wenig korrigiert hat –, dass wir im europäischen Vergleich, was Beschäftigung und Wachstum betrifft, eigentlich sehr, sehr gut liegen und im Spitzenfeld sind. (Abg. Strache: Jeder Private wäre schon in Konkurs!)

Immer dann, wenn von der Regierungsseite, vom Herrn Bundeskanzler, von der Frau Finanzminister, diese Zahlen und diese Fakten gebracht werden, herrscht plötzlich bei der FPÖ unfassbare Unruhe. (Abg. Kickl: Der Finanzguru!) Klar, es passt nicht in Ihr apokalyptisches Bild der Österreich-Betrachtung. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl. – Abg. Strache: Der Herr Rechnungshofpräsident, der gestern die Zahlen präsentiert hat, wird von Ihnen offenbar in keiner Weise ernst genommen!) Sie brauchen Angstszenarien, Sie wollen sich herstellen und sagen: Fürchtet euch!, und dann sagen Sie weiter: Aber wenn HC Strache kommt, braucht ihr euch nicht mehr zu fürchten! – Es ist zu einfach, zu billig und vor allem zu teuer für Österreich, wenn man diese Logik in die Politik umsetzt! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben hier schon einige Male darüber diskutiert, wie man mit Griechenland strenger umgehen kann, wie man schauen kann, dass die Statistiken besser stimmen – das ist okay. Die in Brüssel haben gesagt: Eine gute Idee, danke, Herr HC Strache, danke auch den vielen anderen, das machen wir! Daher schauen wir uns


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jetzt noch genauer an, wie wir bei der Statistik alle Schulden mit einbeziehen (Abg. Bucher: Eure! Auch die, die ihr bei den ÖBB gemacht habt!) – ja, ist auch in Ordnung –, was dazu führt, dass es jetzt für eine gewisse Zeit das zu bewältigen gilt, aber dann, wie die Frau Finanzminister es beschrieben hat ... (Abg. Strache: Das sind Ihre Schulden!) Nicht „Ihre Schulden!“, sagen Sie das nicht, es geht dabei um Arbeitsplätze, es geht um Perspektiven, es geht um Zukunftsinvestitionen. Darum geht es (Beifall bei SPÖ und ÖVP – Abg. Strache: Sie belasten jeden Bürger mit 40 000 € ab der Geburt!), und nicht darum, ob das in Ihr Konzept passt. Nein, nein, da müssen wir jetzt genau sein. (Abg. Kickl: Sie sind schon so lange hier herinnen, Sie sind für alles verantwortlich! Sie stehen für alles und nichts!)

Das war das eine. Und das Zweite: Weil Sie dauernd gesagt haben: EU, der Hauptversager!, haben die gesagt: Dann diskutieren wir einmal über die Wirtschafts­regierung! – Das wollen wir aber auch nicht. Ich möchte nicht und niemand möchte – der Herr Bundeskanzler hat das auch klargestellt –, dass in Brüssel Löhne für Öster­reich bestimmt werden, Pensionen für Österreich bestimmt werden; für all das können wir nicht sein. Da geht es auch um unsere souveräne Entscheidung und darum, dass wir diesen besonderen österreichischen Weg, der im internationalen Vergleich so erfolgreich ist, auch weitergehen können.

Die Begleitstrategie, die dafür noch notwendig ist, ist: Es müssen sich auch viele an Regeln gewöhnen. (Abg. Kickl: Aus der Schweiz flüchten schon die Leute! Für Sie endet Europa in Vorarlberg!) Es ist wichtig, dass es eine wirksame Finanzmarktaufsicht in Europa gibt, dass die Rating-Agenturen reformiert werden. Es ist wichtig, dass es Regeln für die Finanzmärkte gibt, dass nicht die Spekulanten wieder einen Festtag nach dem anderen haben – die seriösen Banken und die seriösen Unternehmer wollen das ja auch, die sind ja unsere Bündnispartner gegenüber jenen, die sich gegen diese Regeln letztendlich zur Wehr setzen.

Genau das ist auch die Politik der österreichischen Bundesregierung auf der europäischen Ebene. Und es ist die Politik der österreichischen Bundesregierung, natürlich auch darüber nachzudenken – das wurde auch hier gesagt –, wie man in Zukunft auch dafür sorgen kann (Abg. Kickl: Denkt einmal nach!), dass manche Bereiche effizienter gestaltet werden (Abg. Kickl – in Richtung Regierungsbank zeigend –: Da hinten zum Beispiel!), aber immer in der Verantwortung, was den Verwaltungsbereich betrifft, welche Leistungen der Staat für die Allgemeinheit erbringt und wo es weiterhin sinnvoll ist, dass diese Leistungen erbracht werden. Da werden sich Länder und Bund, da werden sich alle zusammensetzen müssen – sie tun das auch schon –, um Wege zu finden und diese dann auch zu gehen. Da kann ja dann der blaue Landeshauptmann in Kärnten auch einen Beitrag leisten, der im Moment ein bisschen eingeschränkte Möglichkeiten hat, weil es gilt, zur Bewältigung der Causa Hypo Alpe-Adria Schritte zu setzen; aber trotzdem, das ist etwas, was man dabei berücksichtigen muss. (Abg. Neubauer: Aber es stimmt wirklich: Sozialistisch ist noch lange nicht sozial!)

Ich sage Ihnen abschließend noch etwas: Wir machen all das unter den Bedingungen eines gigantischen Steuer- und Standortwettbewerbes in Europa. Wir sollten schauen, dass es diesbezüglich zu einer Harmonisierung kommt. Wir machen das alles unter den Bedingungen eines Wettbewerbes, der global nicht zu unterschätzen ist. Schauen Sie sich die Löhne in China, in Indien an! Schauen Sie sich auch die Standort­konkurrenz global an. Es gibt eine Investitionskonkurrenz, die keine Kleinigkeit ist und wo man dafür sorgen muss, dass es weiter die Bereitschaft gibt, in Österreich zu investieren, weil das auch die Wurzel des Wohlstands und damit auch die Absicherung des österreichischen Sozial- und Gesundheitssystems ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 27

Wir Sozialdemokraten verstehen uns nicht nur als die Vertreter derer, die in das System einzahlen und manchmal vielleicht sogar weniger herauskriegen (Abg. Strache: Wie ist das mit Ihrer Pension, Herr Cap?), sondern auch als die Vertreter jener, die in das System schon eingezahlt haben, weil sie ein fleißiges Leben gelebt haben, und die natürlich ein Recht haben, dass es gesicherte Pensionen gibt und ein funktionierendes Gesundheitssystem. Das sollte man in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Wenn wir über die Fleißigen und Tüchtigen reden, die selbstverständlich zu vertreten sind, dann sage ich auch: Die nicht Fleißigen und die nicht Tüchtigen wie die Speku­lanten sollen sich warm anziehen. Da gilt es Regelungen zu finden. (Ironische Heiter­keit des Abg. Kickl.) – Wieso lachen Sie eigentlich? (Abg. Kickl: Weil Sie es sagen! Deshalb!) Was ist der blaue Lacher, wenn es darum geht (Abg. Kickl: Weil Sie es sagen!), den Spekulanten den Handlungsspielraum einzuengen? Auf welcher Seite stehen Sie jetzt eigentlich? Sie sollten nicht lachen, Sie sollten zustimmen, wenn ich das sage! Seien Sie mir nicht böse. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das ist die Situation: Der Finanzrahmen ist der Rahmen, die weitere Budgetdebatte werden wir in diesem Haus zu führen haben. Und wir hoffen, dass im Interesse Österreichs die Opposition hier auch wirklich konstruktiv mitwirkt und nicht Angstbilder, apokalyptische Bilder verbreitet, wo man sich zwar fürchtet, aber am Ende des Weges keine Lösung steht. (Abg. Kickl: Die Vermögensteuer haben Sie vergessen!) Lösungen für Österreich, das muss das Ziel sein – und das wollen wir auch hier im Haus mit verwirklichen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Stummvoll. – Bitte. (Abg. Strache – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Stummvoll –: Zitieren Sie eh aus dem Rechnungshofbericht, nehme ich an!)

 


9.52.32

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Frau Finanzministerin, es ist natürlich schon ein toller Einstieg (Abg. Ing. Westenthaler: Schuldenmacher!), die erste Vorlage eines neuen Finanzministers im Parlament: eine Strategie für die nächsten vier Jahre (Abg. Ing. Westenthaler: Die höchsten Schulden aller Zeiten!), eine Strategie Finanzpolitik, Budgetpolitik für die nächsten vier Jahre. Ein toller Einstieg, Frau Finanzministerin!

Ich bin sehr froh darüber, dass Sie, Frau Finanzministerin, dieses Ressort übernom­men haben – ich darf auch sagen, warum.

Frau Minister Fekter bringt ideale Voraussetzungen mit. Sie hat eine solide betriebs­wirtschaftliche und juristische Ausbildung. (Abg. Mag. Gaßner: Es geht um den Budgetrahmen!) Sie ist eine erfolgreiche Unternehmerin. (Beifall bei der ÖVP.) Der Grund dafür, dass ich das betone, ist: Nur Unternehmer sichern Arbeitsplätze, und vor allem in der heutigen Zeit weiß jeder Betrieb, er kann nur erfolgreich sein, wenn er ein straffes Kostenmanagement hat, das heißt, wenn er die Kosten im Griff hat. (Abg. Mag. Gaßner: Wenn er gute Mitarbeiter hat!) Und das, was für jeden Betrieb gilt, das gilt auch für den Staat, meine Damen und Herren!

Wir sehen es ja jetzt bei der Staatsschuldenkrise: Jene Länder, die ihre Staatsfinanzen nicht im Griff haben, haben jetzt die größten Probleme (Abg. Mag. Gaßner: Vergessen Sie die Mitarbeiter nicht!), und dann bestimmen andere, was sie tun müssen, damit sie noch Geld von den Finanzmärkten bekommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 28

Das wollen wir nie haben, meine Damen und Herren. Und daher bin ich sehr froh, Frau Finanzministerin, dass Sie dieses Amt übernommen haben (Abg. Kickl: Jetzt haben Sie es dem Pröll aber gegeben!), weil ich glaube, dass das wirklich gute Voraus­setzungen für die nächsten Jahre sind. Und auch der Strategiebericht, der hier vorliegt, bildet eine gute Voraussetzung für die nächsten vier Jahre. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ich darf noch etwas sagen: Die Finanzministerin hat sich gestern und heute zu drei Dingen bekannt: als Anwältin der Steuerzahler, als Anwältin des Mittelstandes – also jene 55 Prozent der Bevölkerung, die überhaupt noch Lohn- und Einkommensteuer zahlen, die letztlich diesen Staat tragen – und als Anhängerin der Leistungsgerechtigkeit.

Da darf ich meinen Freunden von der Sozialdemokratie noch einmal sagen: Wir bekennen uns auch voll zur Verteilungsgerechtigkeit, aber Priorität hat die Leistungs­gerech­tigkeit, denn ohne Leistung kann ich nichts verteilen. So einfach ist das. (Beifall bei der ÖVP.)

Also: Leistungsgerechtigkeit hat Priorität, aber dann natürlich auch Verantwortung für die sozial Schwachen; gar keine Frage.

Ein weiteres Kriterium: Die Frau Finanzministerin war einige Jahre auch Volksanwältin. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das wird ja bald wieder sein!) Sie hat in dieser Funktion auch die Sorgen, Probleme und Nöte der Menschen kennengelernt, und auch das ist gut für eine Ministerin in diesem Ressort. Also wirklich ideale Voraussetzungen für diesen Job.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns dieses Bundesfinanzrahmengesetz ansehen, lässt sich natürlich nicht verbergen, dass die größte globale Finanzkrise der letzten 80 Jahre tiefe Spuren hinterlassen hat, in unserem Budget und in den Budgets vieler anderer Staaten. Da gilt das, was Hans-Werner Sinn, Leiter des Münchner ifo Instituts, einmal gesagt hat: Alle Staaten dieser Welt haben die Krise mit einem Instrument bekämpft, nämlich mit der Staatsverschuldung. – Das spüren wir jetzt.

Wenn Sie sich daran erinnern, meine Damen und Herren: Ich habe hier von diesem Rednerpult aus damals bei der Krisenbekämpfung gesagt: Die Krisenbekämpfung ist eine große Herausforderung, aber sie ist politisch relativ einfach, weil man sich politisch viel leichter einigen kann, wie man ein paar Milliarden mehr ausgibt, als sich nachher zu einigen, wie man die Milliarden wieder zurück bekommt. Insofern liegt die größere Herausforderung noch vor uns.

Ich bin sehr froh darüber, dass die Frau Bundesminister hier diese Dreifachstrategie angesprochen hat: erstens Stabilität der Staatsfinanzen, zweitens Impulse für Wachs­tum und Beschäftigung und drittens Strukturreformen. Machen wir uns nichts vor, meine Damen und Herren (Abg. Strache: Deshalb ist jetzt die Verwaltungsreform abgesagt worden!) – ich rüttle nicht an meiner eigenen Glaubwürdigkeit –: Bei den Strukturreformen haben wir, um es vorsichtig zu sagen, einen gewaltigen Nachhol­bedarf, und ohne Strukturreformen wird man das erste Ziel, Stabilität der Staats­finanzen, nicht erreichen, und ohne Strukturreformen wird man das zweite Ziel, Wachstum und Beschäftigung, nicht erreichen.

Die Strukturreformen stehen daher im Vordergrund (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), sind die große Herausforderung. Und wenn sich sogar – nicht nur der Rech­nungshofpräsident, bei dem ist es ja selbstverständlich – wie unlängst der Herr Kardinal zu Wort gemeldet hat aus Sorge um die Finanzierung der Pensionen (Abg. Ing. Westenthaler: Na dann! – weitere Zwischenrufe beim BZÖ), meine Damen und Herren, dann ist das an sich beachtlich.

Ich sage ganz offen, ich möchte eines nicht haben: Ich möchte nicht haben, dass jener genial zynische Ausspruch, den ich vor vielen Jahren vom damaligen Generaldirektor


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der Hauptverbandes – ein gewisser Dr. Dragaschnig war das – gehört habe, nämlich: Die staatlichen Pensionen werden immer sicher sein, die Frage ist nur, in welcher Höhe!, wieder zu hören ist.

Ich meine, wenn wir uns Sorgen machen um die Finanzierung der Staatsfinanzen, um die Finanzierung der Pensionen, dann müssen wir hier Strukturreformen angehen. Wir haben kein Problem der Pensionshöhe, wir haben ein Problem der Zahl der Pen­sionen. Ein um ein Jahr niedrigeres Pensionsantrittsalter kostet 1 Milliarde €. Deutsch­land hat ein drei Jahre späteres faktisches Pensionsantrittsalter, das heißt, wir haben jedes Jahr 3 Milliarden € Mehrausgaben im Vergleich zu Deutschland! Da müssen wir etwas tun, da ist dringender Handlungsbedarf gegeben. Ich möchte da gar nichts beschönigen, da ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

Eines muss ich auch sagen: Mir ist vollkommen bewusst, dass man bei den Schulden die Qualität der Schulden unterscheiden muss. Einen Kredit für eine langfristige Infrastrukturinvestition ist etwas anderes als eine Schuldenaufnahme zur Finanzierung von operativen Aufgaben. (Abg. Strache: Ich hoffe, die Banken werden bei ihren Kunden das in Zukunft auch so sehen!) Aber auch, wenn – so ehrlich bin ich auch – der Rechnungshofbericht von gestern aufgezeigt hat (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf) – horcht einmal zu, Herr Kollege Strache! –, dass wir im Vorjahr bereits ein Primärdefizit von 3 Milliarden € gehabt haben – das heißt, wir haben nicht nur die Zinsen, wir haben auch operative Aufgaben mit Schulden finanziert (Abg. Strache: Jetzt müssen wir sogar für die Zinsen neue Schulden aufnehmen!) –, dann haben wir auch da Handlungsbedarf.

Daher bin ich sehr froh darüber, dass die Frau Finanzministerin hier erklärt hat, und zwar mehrfach und sehr deutlich: Schuldenbremse hat absoluten Vorrang! (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Dr. Graf: Sie hat gesagt „Sparbremse“, nicht „Schuldenbremse“!)

Bei den Staaten kommt ja noch etwas dazu: Staatsschulden sind extrem unsozial – da bin ich der gleichen Meinung wie Herr Sektionschef Dr. Steger –, weil sie eine Um­verteilung von unten nach oben bewirken. Der kleine Arbeiter muss mit seiner Steuer die Zinsen für die Staatsschuld mitfinanzieren, und wer kassiert die Zinsen? – Die Investoren auf den Finanzmärkten. Hohe Staatsschulden sind auch extrem familien­feindlich. Es gibt nichts Familienfeindlicheres, als die Schulden auf unsere Kinder abzuschieben. (Abg. Bucher: Warum macht ihr das schon seit Jahren? Warum macht ihr das?) Jede Staatsschuld ist auch Gift für den Standort, und Standort bedeutet Arbeitsplätze, Einkommen und soziale Sicherheit. (Abg. Kickl: Was sind denn Haftungen?)

Herr Kollege Bucher, Priorität für das, was die Frau Finanzministerin gesagt hat (Abg. Bucher: Priorität von euch: neue Schulden machen!), da bin ich ihrer Meinung, denn zu glauben, wie das die Opposition vorspielt, da gibt es den Big Bang, die große Reform und dann ist alles erledigt, das kann es nicht sein! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Step by step, Politik der kleinen Schritte – auch die Verwaltungsreform ist ein perma­nenter Prozess, meine Damen und Herren.

Ich merke eines wieder, Herr Kollege Bucher (Abg. Strache: Bei Ihnen gibt es – wenn – Rückschritte, keine Vorwärtsschritte!): Immer dann, wenn Ihre Argumente schwach sind, werden die Zwischenrufe lauter. Und das ist keine Lösung des Prob­lems. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Bucher.)


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Aber wir laden Sie ein, arbeiten Sie mit konstruktiven Vorschlägen mit, arbeiten Sie mit an der Gestaltung einer lebenswerten Zukunft! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Wenn Ihre Argumente schwach werden, müssen wir laut werden!)

9.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


9.59.40

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also man hat schon den Eindruck, man erlebt heute hier den Ablauf eines falschen Films, wenn man die Reden des Herrn Bundeskanzlers und der Frau Finanzminister gehört hat. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Aber bei der Frau Maria Fekter wundert mich ja gar nichts mehr, denn bei ihr habe ich es ja schon, als sie die Funktion der Innenministerin innehatte, erlebt, dass sie permanent versucht hat, die Kriminalitätszahlen statistisch zu verfälschen und zu schönen beziehungsweise sie anders darzustellen, als es der Realität entsprach. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Also ich erwarte auch jetzt nichts anderes von Ihnen, und Sie haben das heute leider Gottes wieder bestätigt. Denn ich frage mich verwundert: Haben Sie gestern den Rechnungshofpräsidenten Moser nicht gehört? (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung ÖVP –: Sie hören auf den Kardinal!) Haben Sie den neuen Bericht des Rechnungs­hofes nicht gelesen und studiert, den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2010? Dort sind nämlich ganz andere Realitäten schwarz auf weiß nachzulesen. Ich kann mich darüber nur wundern. Ich werde später darauf eingehen, weil das einfach notwendig ist.

Sie sagten heute, dass die Zinsen in Zukunft fallen werden. Im Rechnungshofbericht steht, aber auch gestern hat dessen Präsident davon gesprochen, dass wir im Hinblick auf die vorliegenden Zahlen und bei gleichbleibender Entwicklung davon ausgehen müssen, dass die Zinsen dramatisch steigen werden und wir sogar für die Zinsen­rückzahlung neue Schulden werden aufnehmen müssen. (Abg. Dr. Graf: Erstmalig in der Republik!) Und Sie stellen sich hier her und erzählen uns, dass die Zinsen sinken werden?! Das ist doch bitte alles Humbug, was wir da heute von Ihnen gehört haben!

Es ist wirklich zum Genieren, wenn eine sogenannte Wirtschaftspartei bei einer Rekordverschuldung unserer Republik dann auch noch applaudiert und Freude damit hat. Es ist wirklich zum Genieren, wenn Sie sich als Wirtschaftspartei hier herstellen und den Eindruck vermitteln wollen, Sie hätten irgendetwas mit Wirtschaft zu tun.  (Beifall bei der FPÖ.)

Ja wie schauen denn die Realitäten aus? – Unter dieser Bundesregierung, unter diesem Bundeskanzler Werner Faymann haben wir eine Rekordneuverschuldung von weiteren 44 Milliarden €. Das ist die Realität!

2006: Amtsantritt Werner Faymann – heute, 2011: 44 Milliarden € zusätzliche Schul­den. Das ist die Realität!

161 Milliarden € Schuldenbelastung hat er übernommen, jetzt haben wir 205 Milliar­den € Schulden – ohne die Belastungen aus den ausgelagerten Bereichen ÖBB und Asfinag, ohne die Haftungsmilliarden für den Europäischen Rettungsschirm, die Sie den österreichischen Steuerzahlern zumuten. Wenn wir das dazurechnen, dann liegen wir heute bei 320 Milliarden € an Schuldenbelastung – ohne die Belastungen aus den ausgelagerten Bereichen ÖBB und Asfinag. Und wenn wir das dazurechnen, dann liegen wir bei über 365 Milliarden € Gesamtschuldenbelastung. Und Sie applaudieren


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da noch? Das ist zum Genieren, was Sie vonseiten der ÖVP da liefern, wenn es um Wirtschaftskompetenz geht! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ja unfassbar: Jeder Säugling, der heute geboren wird, kommt mit einer Schuldenbelastung von über 40 000 € auf die Welt. Jeder Säugling hat dank Ihrer Politik 40 000 € Schulden zu übernehmen. (Abg. Neubauer: Das ist unverantwortlich!)

Und das geht weiter: Wenn ich mir das Bundesfinanzrahmengesetz, das uns heute in erster Lesung vorliegt, ansehe, dann sehe ich Ihre Hilflosigkeit. Da können Sie sich zehn Mal hier herstellen und irgendwelche Zahlen frisieren, irgendwelche Dinge, die der Realität überhaupt nicht entsprechen, behaupten, das zeigt Ihre Hilflosigkeit, Offensichtlich wollen Sie weiterwurschteln so wie bisher, denn Sie haben sogar die Verwaltungsreform, die notwendig wäre, bereits abgesagt.

Das sind Dilettantismus und Ignoranz schlechthin, was wir da von Ihrer Seite erleben. Und genau das gehört hier schonungslos aufgezeigt.

Wie gestern Rechnungshofpräsident Moser feststellte und auch in seinem aktuellen Bericht ganz klar zum Ausdruck bringt, wird bei der Entwicklung, die wir jetzt erleben, die Zinsenbelastung von 6,3 Milliarden € um 10 Prozent aller Einnahmen im Jahr 2010 auf über 10 Milliarden € bis zum Jahr 2015 steigen. Ja wir werden sogar eine Neuverschuldung in Kauf nehmen müssen, um die Zinsen zurückzahlen zu können! Da muss ich sagen: Das ist dramatisch, da gibt keinen Grund für Jubelmeldungen. Und wenn man das als zukunftsorientierte Budgetpolitik bezeichnet, dann kann ich nur wirklich traurig sein über so eine Fehleinschätzung. Das ist – im Gegenteil! – eine Schuldenpolitik auf dem Rücken zukünftiger Generationen, die Sie da an den Tag legen. Und das ist ein Alarmsignal! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Rädler: Vorschläge!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn das sorgsames Handeln sein soll – diese Worte habe ich heute gehört: sorgsame Budgetpolitik! –, dann muss ich sagen: Das ist Pflanzerei! Das ist ja nicht ansatzweise eine realistische Sichtweise, die Sie da an den Tag legen.

In diesem Bundesfinanzrahmengesetz ist auch ersichtlich, dass Ausgaben für Bildung, Forschung und Entwicklung rückläufig sind. Aber Sie stellen sich her und behaupten, dass in diesen Bereichen investiert wird, obwohl genau das Gegenteil der Fall ist.

Es werden eindeutig falsche Schwerpunkte gesetzt. Die Finanzpolitik dieser Bundes­regierung, kann man feststellen, besteht im Wesentlichen aus drei Säulen, und zwar anderen, als Sie genannt haben.

Die erste Säule ist das Schuldenmachen und das Belasten der eigenen Bevölkerung. Das ist die erste Säule, die Sie in Wirklichkeit leben.

Die zweite Säule ist, dass Sie Steuererhöhungen vornehmen, die Sie ja auch erst vor Kurzem vorgenommen haben. Kommendes Jahr beziehungsweise übernächstes Jahr drohen weitere Steuererhöhungen, weil, wie Experten sagen, das Budgetdefizit im kommenden Jahr bei 4,6 Prozent zu liegen kommen wird. Aber Sie stellen sich her und behaupten: Nein, das wird sinken! Ich weiß nicht, auf welchen Berechnungen Ihre Zahlen beruhen.

Säule Nummer drei ist das Verschenken des österreichischen Steuergeldes für Europäische Rettungsschirme, in Wahrheit aber für irgendwelche Spekulanten, für Pleitebanken, für Pleitestaaten und für Gläubiger. Damit entlasten Sie niemanden in der eigenen Bevölkerung, sondern damit wird sie nur belastet. (Abg. Rädler: Keinen einzigen Vorschlag bringen Sie!)

Da gehen Sie her und nehmen sogar eine Massenenteignung der eigenen Bevöl­kerung vor, ohne deren Meinung vorher einzuholen. Es gehört jeder österreichische


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Steuercent in die Lösung der eigenen, österreichischen Probleme investiert und nicht für irgendwelche Pleitebanken oder Pleitestaaten ausgegeben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist letztendlich eine Entwicklung des finanziellen Grauens. Das ist die Realität! Und der Herr Cap stellt sich noch hier her und sagt: Pfui Teufel, da werden Schwarzbilder aufgebaut! (Abg. Mag. Gaßner: „Pfui Teufel“ hat er nicht gesagt!) Na dann reden Sie einmal mit dem Rechnungshofpräsidenten, wenn Sie der Meinung sind, dass er mit falschen Zahlen operiert!

Das sind Zahlen, die schwarz auf weiß nachzulesen sind. Das ist die Realität! Es geht darum, die Wahrheit zu sagen und sich nicht permanent vor der Wahrheit zu drücken, wie Sie das tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ja ein budgetäres Bermudadreieck, das wir da erleben – ein budgetäres Bermudadreieck, wo alles verschlungen wird, was sich ihm nähert. Und deshalb ist es notwendig, endlich umzudenken.

Wenn man den ÖBB-Bereich hernimmt, den der Rechnungshofpräsident in seinem jüngsten Bericht auch beleuchtet hat, so stellt man fest: 55 Milliarden € an zusätzlichen Haftungen, die die Republik da zu übernehmen hat, und der österreichische Steuer­zahler muss wieder dafür geradestehen. Das ist unglaublich! (Abg. Rädler: Bringen Sie Vorschläge!)

Das sind die Auswirkungen Ihrer Politik! Aber Sie hören ja nicht auf uns. Wir sagen schon seit langer, langer Zeit, wir müssen politisch etwas ändern. Es ist unverant­wortlich, unser Steuergeld für Pleitebanken und für Pleitestaaten der Europäischen Union auszugeben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Rädler: Wo sind die Vorschläge? Keinen einzigen Vorschlag bringen Sie!)

Wir müssen endlich erkennen, dass schwache Volkswirtschaften nicht in der Eurozone verbleiben können beziehungsweise aus dieser entlassen werden müssen, damit sie eine Geldabwertung vornehmen können und das dann ihrer Bevölkerung zugute­kommt. (Abg. Rädler: Jammerer! Kein einziger Vorschlag!) Ich meine, nur durch Abwertungen hätten die Griechen und die Portugiesen einen Vorteil. So stehen wir vor einer Entwicklung, wo wir davon ausgehen müssen, dass es schon bald so weit sein wird, dass letztendlich Griechenland als erstes Land in der Eurozone eine Um­schuldung wird vornehmen müssen, sich dieser wird unterziehen müssen, was faktisch den Staatsbankrott bedeuten wird. (Abg. Hornek: Wo bleibt Ihr Vorschlag zur Hypo Alpe-Adria?)

Das bedeutet faktisch aber auch, dass Österreich die 2,3 Milliarden €, die wir bar gezahlt haben, generell verlieren wird, zuzüglich der Haftungen, die wir übernommen haben. Wie viele sind es? – Über 15 Milliarden € insgesamt, weil man auch die Gelder der Oesterreichischen Nationalbank dazurechnen muss. Das heißt, einer Summe von über 15 Milliarden € droht der österreichische Steuerzahler generell verlustig zu gehen. Aber Sie reden hier immer von einem großen Geschäft, das Österreich da macht. (Abg. Hornek: Was ist in Kärnten?)

Das sind Entwicklungen infolge einer unverantwortlichen Politik. Auch Österreichs Ban­ken zittern, weil sie fürchten müssen, 4,5 Milliarden €, wenn so etwas passieren sollte, wie es sich in Griechenland ankündigt, zu verlieren. (Abg. Rädler: Sie drehen sich im Kreis!)

Auch noch weitere Länder, abseits Griechenlands, stehen an der Kippe, so eine Entwicklung zu erleben. Und dann stehen uns weitere Milliardenverluste ins Haus. Das aktuelle Szenario sieht folgendermaßen aus: Durch die EU-Transferunion, die Sie ohne Volksabstimmung uns aufbürden, die Sie gegen die Interessen der Österreicher unserem Staat aufbürden, werden Milliarden unserer Steuergelder den österreichi­


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schen Sparern weggenommen und in solche Pleitestaaten wie Griechenland gepumpt, ohne dass wir die Garantie haben, dieses Geld oder irgendeine Rückzahlung jemals wiederzusehen. Und das ist unverantwortlich, denn auch wir haben keinen Reichtum mehr, wir haben selbst eine Krise, wir haben selbst Probleme, wir haben selbst eine Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, wo uns eine schlimme Arbeitslosigkeit droht, sodass wir in diese Segmente investieren müssen – das wäre unseren Staatsbürgern gegenüber verantwortungsbewusst gedacht. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das ist es, was die Menschen nicht mehr verstehen können, warum die Men­schen sich von Ihnen abwenden: weil Sie das alles einfach ignorieren und permanent Schönrederei betreiben und permanent mit falschen Zahlen daherkommen, so wie auch bei der Arbeitsmarktöffnung, die dank Ihnen am 1. Mai stattfindet, weil Sie keine Verlängerungsfrist ausverhandeln wollten.

Sie reden nämlich ständig davon, dass nach Berechnungen Ihrer Experten höchstens 20 000 Osteuropäer nach Österreich kommen wollen. Der Arbeiterkammerpräsident Tumpel spricht von 280 000. (Abg. Neubauer – einen Zeitungsausschnitt in die Höhe haltend –: Das ist die Wahrheit!) Aber das IMAS-Institut, das eine Umfrage gemacht hat, spricht von 220 000 Interessenten allein aus Polen, die nach Österreich kommen wollen. Das sind die wirklichen Zahlen im Gegensatz zu den Zahlen Ihrer Experten, die sich in den letzten Jahren, wenn es um die Entwicklung der Europäischen Union ging, immer dramatisch zum Nachteil der eigenen Bevölkerung geirrt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Nur Schönrederei erleben wir bei Ihnen, und nicht einmal dann, wenn die Realität ersichtlich ist, wie im Rechnungshofbericht, wenn die Zahlen schwarz auf weiß nachzu­lesen sind, sind Sie bereit, die Realität zu akzeptieren und endlich einzugestehen. Und genau das ist die politische Schande, die wir tagtäglich bei dieser Bundesregierung erleben!

Ich sage daher: Wenn Sie so weitermachen, wenn Sie weiterhin nicht bereit sind, hier erstens endlich einmal die Wahrheit einzugestehen und zweitens ein Verwaltungs­reformkonzept auf Schiene zu bringen, und wenn Sie nicht endlich bereit sind, dafür Sorge zu tragen, dass nicht Milliarden an österreichischen Steuergeldern in irgend­welche Pleitebanken und Pleitestaaten der Europäischen Union fließen, dann wird das dramatisch enden.

Das ist ein reales Szenario, Herr Cap, das ich hier zeichne, denn Sie fahren wie mit einem Schnellzug in einen Tunnel hinein, der an seinem Ende immer enger wird, und am Ende laufen Sie Gefahr, gegen die Wand zu fahren, weil Sie nicht bereit sind, Realitäten zu erkennen. Und das ist fatal! (Abg. Rädler: Vorschlag?!)

Und der ÖVP sei gesagt: Sie hat jetzt auch als Wirtschaftspartei abgedankt, wenn sie so deutlich jubelt über diese Rekordverschuldung, die sie in den letzten Jahren ihrer Regierungsbeteiligung zusammen mit der SPÖ verursacht hat. (Abg. Rädler: Kein einziger Vorschlag von Ihnen!)

Plus 44 Milliarden € an zusätzlichen Schulden seit dem Jahr 2006 – das ist Grund für Jubel aufseiten der ÖVP!

Für die österreichische Bevölkerung ist das ein Grund zum Jammern, denn die sieht, wie es wirklich ausschaut – und die wird Ihnen die Rechnung dafür präsentieren! (Lang anhaltender lebhafter Beifall und Bravorufe bei der FPÖ. – Abg. Rädler: Das war hier jetzt die Heimatfilm-Partei! – Abg. Dr. Rosenkranz – in Richtung Abg. Rädler –: Was schauen Sie sich denn an?)

10.11



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


10.12.02

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Damen und Herren auf der Regierungsbank! Es fehlt allerdings der Vizekanzler. Ich weiß nicht, ob das jetzt zur ständigen Inszenierung gehört. Gestern hat er auch das Ende der Debatte nicht abgewartet, aber sei‘s drum.

Als wir hier im Haus die Bundesverfassung geändert und diese Finanzrahmen­gesetz­gebung mit allen Begleitwerken ermöglicht haben, haben wir sicher eine andere Hoffnung gehabt, als dass wir dann in Zukunft solche Debatten hier abführen werden und uns selber solche Wortmeldungen zufügen werden. Also, ehrlich gesagt, ich bin schon ein bisschen überrascht über das inhaltliche Niveau, das hier an den Tag gelegt wird. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Die Frage einer Währungsunion und ob man diese wieder rückabwickeln kann oder nicht, kann man ja wirklich sachlich diskutieren, da darf man ja anderer Meinung sein. Das würde ich dem Klubobmann Strache nicht vorhalten, aber was wirklich ärgerlich ist – und das sage ich gleich prophylaktisch auch in Richtung des Kollegen Bucher, der mir ansonsten durchaus sympathisch ist –, ist die Art und Weise, wie man hier argumentiert, wo ich sagen muss: Es ist auf die Dauer nicht mehr zum Aushalten, wenn die Opposition die Unseriosität pflegt – und das tun Sie beharrlich! (Abg. Dr. Graf: Die Grünen ja auch!) –, nämlich so zu tun, als ob man die Gesetze der Mathematik außer Kraft setzen könnte.

Sie von der FPÖ verlangen ständig weniger Steuern, aber de facto mehr Staats­ausgaben (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP), weil Sie ja überall, wenn es um irgendwelche Effizienzsteigerungen geht, auch wieder dagegen sind. Ich erlebe das ja in jedem Bundesland, speziell in der Steiermark.

Natürlich muss man einmal eine Spitalsreform angehen, aber Sie sind diejenigen, die herumrennen und den Rechnungshofpräsidenten zitieren mit sieben bis zehn Milliarden Einsparungspotenzial. Das glaube ich dem geschätzten Josef Moser ja selber überhaupt nicht, weil so eine Verwaltungsreform über Nacht nicht herzukriegen ist. (Abg. Bucher: Man kann ja einmal anfangen damit!) Das sind ja Perspektiven, die sich im Prinzip über Jahrzehnte erstrecken. Aber über die Verwaltungsreform werden wir schon noch zu reden haben, denn ich sehe auch nicht ein, dass sie von der neuen Frau Finanzministerin ganz und gar abgesagt wird.

Aber eines ist jedenfalls auch nicht vertretbar: dass bei jedem Spitalsbett, wo wir wissen, dass wir zu viel haben, vor allem Akutbetten, und dass wir eigentlich das Spitals­wesen umorganisieren müssten, überall vorher ein freiheitlicher Lokalpolitiker hergeht und, um einen billigen Punkt zu machen, sich dort ankettet, anstatt dafür zu sorgen, dass man dieses Gesundheitssystem endlich einmal gescheit umorganisiert. Hier herinnen wird nämlich ganz anders aufgetreten.

Ich würde aber der SPÖ und der ÖVP wirklich empfehlen, einmal all diese Divergenzen hier stärker herauszuarbeiten. Grüne Wähler sind ja meiner Meinung nach nicht so besonders gefährdet, diesem Blödsinn anheimzufallen. Ihr verliert ja die Wähler an diese Partei. (Beifall bei den Grünen.)

Aber euch von SPÖ und ÖVP würde ich es wirklich raten, einmal all diese Divergenzen aufzuzeigen, denn mir selber geht ja das auch auf den Nerv, dass wir in dieser Republik, wo wir einen Haufen Probleme zu lösen haben – Sie haben es ja auch erwähnt, Frau Bundesministerin: Es gibt eine Menge Probleme, die wir hier zu lösen haben –, dann mit derartigen Botschaften konfrontiert sind. Manche glauben ja den


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Ergebnissen der Meinungsumfragen – und dass das dann die Alternative sein soll zu dem, was Sie schon nicht zusammenbringen. Da kriegt man ja wirklich Kopfweh! (Beifall bei den Grünen.) Deshalb hat sich der Herr ehemalige Finanzstaatssekretär offensichtlich vorübergehend zum Kollegen Rasinger gesetzt; jetzt ist er wieder auf seinem Platz.

Aber ich will diese Gelegenheit ergreifen, um mich einerseits vor allem beim ehe­maligen Vizekanzler und Finanzminister Pröll insofern zu bedanken und einen gewis­sen Respekt ihm gegenüber zum Ausdruck zu bringen, als ich wirklich den Eindruck hatte, dass er sich voll hineingeschmissen hat in dieser Angelegenheit, vor allem auf europäischer Ebene, unbeschadet aller Differenzen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe es selber erlebt, wie er von Brüssel gekommen ist und dann noch in der Nacht mit der Opposition verhandeln gegangen ist – jedenfalls immer dann, wenn es um etwas Wichtiges gegangen ist, also nicht immer. Die schlawinerischen Qualitäten in der ÖVP sind ja durchaus bekannt. (Abg. Dr. Stummvoll: Hallo! Hallo!) Aber ein paar Dinge, auf die wir uns verständigt haben, haben gehalten. Das möchte ich noch nachtragen, weil gestern anlässlich der Vorstellung der Bundesregierung alles so rasch gegangen ist.

Vor dem Kollegen Lopatka habe ich einen gewissen Respekt entwickelt, weil er in die Materie nicht als Finanzexperte eingestiegen ist, aber man gemerkt hat, worauf es in der Politik auch ankommt, nämlich, sich nicht nur mit der Materie auseinanderzu­setzen, sondern sich auch mit bestimmten Fähigkeiten der Entscheidungskunst der Sache anzunähern. Und das hat er, glaube ich, ganz gut entwickelt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Dafür ist er abgesetzt worden!)

Aber jetzt zu Ihnen, Frau Bundesministerin, und zu Ihrem Beitrag heute – als Budget­rede kann man das ja nicht bezeichnen –: Ich bin mir nicht sicher, ob es bei Marie-Antoinette nicht auch so begonnen hat. (Bundesministerin Dr. Fekter: Aber schlecht geendet!) Ja, es hat schlecht geendet, aber so weit wollte ich nicht gehen, obwohl die Historiker da mittlerweile ein unterschiedliches Bild zeichnen. – Aber die Frage, ob die Bevölkerung von der Krise nichts gespürt hat, wie Sie es einfach so behauptet haben, darf schon anders beantwortet werden, als Sie es gemacht haben, glaube ich.

Unabhängig von der Krise stellen wir doch schon fest, dass die Lohnentwicklungen – ich rede jetzt gar nicht von den Divergenzen bei Arbeitseinkommen und Kapital­einkommen – so ausschauen, dass im unteren Drittel, speziell bei den unteren 10 Prozent, schon die längste Zeit, seit über zehn Jahren, Reallohnverluste einge­fahren werden. Das hat mit verschiedenen volkswirtschaftlichen Dingen und auch den Marktöffnungen zu tun. Das ist halt dort so. Aber die Krise hat das natürlich in gewisser Weise verschärft. Auch die sogenannten Sparpakete, die gekommen sind, treffen ja bestimmte Leute und nicht alle gleich.

Sie werden ja wohl noch wissen, was Sie als Regierungsmitglied – damals als Innenministerin – im Herbst diesem Haus an Budgetentwürfen vorgelegt haben. Und jetzt erklären Sie mir nicht, dass die Einschnitte bei der Pflege bei den Betroffenen nichts ausmachen. Also das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Das geht sich ja überhaupt nicht aus.

Die andere Frage ist doch die, ob und inwieweit die zusätzlichen Schulden, die in der Krise gemacht wurden, zutreffend waren oder nicht. Na ja, im Wesentlichen ja, wenn man das abfangen wollte, was da passiert ist. Da stimmen wir ja wohl überein.

Nur: Eine Geschichte würde ich nicht mehr so positiv betrachten, denn wenn Sie sich die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben von 2010 bis 2015 – nicht von 2012 bis


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2015! – genauer anschauen, dann werden Sie sehen, dass von den zusätzlichen zehneinhalb Milliarden Nettoeinnahmen für den Bundeshaushalt ausgabenseitig wie­derum vom Zuwachs ein Drittel für die Pensionsaufwendungen aufgeht, nämlich einerseits für die Zuschüsse zum Pensionssystem, aber andererseits auch für die Beamtenpensionen und natürlich auch für die gestiegenen Zinszahlungen.

Wie kommt man aus dem jetzt heraus? – Im Fall der Pensionen wird man natürlich eine Strukturreform brauchen. Ich würde da dem Kollegen Stummvoll im Wesentlichen zustimmen wollen. Das wird dann leichter gehen, wenn sich auf dem Arbeitsmarkt die Situation dreht.

Aber eine andere Geschichte ist immer noch die: Wie kommen wir aus dem jetzt heraus? Ich hätte dem schon das Motto vorangestellt, dass man sparen muss –sparen mit Herz! Aber man muss auch investieren – investieren mit Hirn! –, denn da ist ja auch noch zu wenig geschehen, etwa bei den Universitäten. Und man muss gerecht besteuern.

Bleiben wir beim Sparen! Die Verwaltungsreform kann man jetzt nicht generell absagen, wie Sie das offensichtlich in der Presse gemacht haben, und es ist auch nicht nur mit kleinen Schritten getan, denn da muss man schon einmal politisch eingreifen und sich mit den Landeshauptleuten auseinandersetzen. Das war ja das Problem, an dem Ihr Vorgänger mitunter politisch gescheitert ist.

Was etwa den Bereich der Schulverwaltung betrifft, haben wir in den Österreich-Gesprächen alles Mögliche ausgemacht, es gab ein klares Konzept: Abschaffung der Bezirksschulleiter et cetera mit entsprechenden Alternativen. Die Ersten, die es torpediert haben, waren die Landeshauptleute, und das Ganze ist zu Grabe getragen worden. Am Schluss ist der Vizekanzler noch vorgeführt worden und hat sich mit vier Landeshauptleuten gleicher Couleur zu einer Pressekonferenz setzen und den ganzen Unsinn noch verteidigen müssen. So werden wir nicht weiterkommen.

Ich würde das nicht als Ganzes zu Grabe tragen, sondern diejenigen Schritte, die möglich und umsetzbar sind, demnächst auch wirklich angehen. Und da ist genug Potenzial drinnen, zumindest da oder dort – in diesem Fall im Übrigen ein Nettoeffekt von 50 Millionen € pro Jahr, da sage ich: nicht schlecht. Ein paar weitere Schritte bei Durchforstung der Fördersysteme oder etwa im Gesundheitsbereich, um die Explosion der Kosten einzufangen, sind drinnen. Da sind wir im dreistelligen, also im Hundert-Millionen-Bereich, und das ist schon etwas. Aber die Milliarden über Nacht, die können wir vergessen, das ist uns klar.

Investieren müssen wir aber trotzdem mit dem zusätzlichen Geld, und zwar bei den Universitäten. Bleiben wir einmal bei 300 Millionen für die Unis, um die wird es gehen. Es wird ja nicht so sein, dass das alles nicht mehr stimmt, Minister Töchterle, was gerade vor drei Tagen noch gestimmt hat. Insofern sind die Spielräume dort zu nutzen.

Und letztlich, wenn Sie ein neues Steuersystem ankündigen, kann ich nur sagen: Ja, gerechter. Da werden wir noch lange streiten, was gerecht ist oder nicht. Aber wenn Sie von der Substanz reden, die nicht angegriffen werden darf, dann weiß ich schon, woher der Wind weht: Sie reden wieder gegen die Erbschaftssteuer Und ich sage Ihnen, ich sehe überhaupt nicht ein – und ich richte das auch an die SPÖ –, dass bei uns Millionenerben steuerfrei spazieren gehen – das ist ja fast ein Privileg einzigartig auf der ganzen Welt – und andererseits die Notwendigkeiten in der Pflege oder eben bei den Universitäten in dieser Art und Weise bestehen.

Wir müssen das Steuersystem umbauen: mehr Steuern auf Vermögen, mehr bei ökologischer Schadensverursachung und runter bei der Arbeit. Und deshalb könnte es auch ein richtiger Schritt sein, die Steuern dort jetzt einmal zu erhöhen. Da lachen Sie


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(in Richtung ÖVP), aber das Wirtschaftsforschungsinstitut schlägt genau das vor. (Abg. Kopf: Abgaben!) Ja, da könnten wir das Defizit aber auch reduzieren und den Univer­sitäten trotzdem die 300 Millionen zukommen lassen. Wollen Sie die weiter ausbluten? Wir könnten in den Folgejahren dann dort wieder runterfahren, aber nicht bei den gleichen Steuern, sondern bei den Steuern auf Arbeit. Das wissen Sie ganz genau, das wäre leistungsgerecht. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

10.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


10.22.46

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Vorstellung der Bundesregierung ist ja wohl der beste Beleg und Beweis dafür, dass es sich zwischenzeitlich schon um eine Faymann-Alleinregierung handelt. (Beifall beim BZÖ.) Denn Faymann Nummer zwei ist heute nicht erschienen, und die „Iron Lady“, die Frau Finanzministerin, durfte sich auch zu Wort melden.

Frau Finanzministerin Fekter, eines würde mich schon interessieren: Welche Marke­ting-Lobbyisten haben denn eigentlich Ihre Rede geschrieben? Vielleicht war sogar ein Kardinal mit beteiligt. Aber so viele Götter gibt es gar nicht auf dieser Welt oder sonstwo, die das erwirken können, was Sie hier an Zahlen präsentiert haben. Das hat mit Anstand nichts zu tun, das hat mit Charakter nichts zu tun, und das hat mit Wahrheit schon überhaupt nichts zu tun, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Finanzministerin. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie von einer Schuldenbremse sprechen, dann muss ich sagen: Bremsen, das können Sie, das haben Sie in der letzten Zeit sehr gut unter Beweis gestellt. Sie haben nämlich alle Reformen verhindert. Sie sind immer auf der Bremse gestanden, nur nicht bei der Schuldenentwicklung. Da sind Sie niemals auf der Bremse gestanden.

Eines muss man Ihnen schon immer wieder auch vorhalten. Da hinter uns haben schon einige ÖVP-Finanzminister Aufstellung genommen. Von jedem haben wir gehört, dass die Schulden abgebaut werden. Von jedem haben wir auch erfahren und letztendlich auch vom Rechnungshofpräsidenten belegt bekommen, dass die Schulden gestiegen sind, dass die Steuer- und Abgabenquote gestiegen ist, dass die Belastung der Steuerzahler gestiegen ist und dass dieses Land nicht reformiert wurde, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist ÖVP-Politik! (Beifall beim BZÖ.)

Seit 25 Jahren in Regierungsverantwortung, und ununterbrochen hören wir immer nur Placebo-Reden und keine tatsächlichen Reformvorhaben, die Sie immer wieder Ihren eigenen Bünden in irgendwelchen bündischen Parteireden, die Sie halten, versprechen.

Ihr Vorgänger hat uns in schönen Reden auch immer wieder hier erklärt, was er alles vorhat. Meine sehr geehrte Frau Finanzministerin, von all dem, was er uns vorge­gaukelt hat, ist nichts in Erfüllung gegangen. Er hat hier auf dieser Regierungsbank davon gesprochen, er werde die Steuern senken. Erinnern wir uns doch alle daran! Die Steuern sind gestiegen. Wir haben eine Steuer- und Abgabenquote von 45 Prozent und sind daher heute schon im Spitzenfeld der Europäischen Union – und das bei einer gleichzeitigen Schuldenentwicklung, wie wir sie in der Zweiten Republik über­haupt noch nie gesehen haben.

Da stellen Sie sich her und sagen, Sie wollen das Defizit und den Schuldenstand verringern. Sie verkennen die Situation, Frau Finanzministerin! Sie werden nie und nimmer den Schuldenstand reduzieren können! Nie und nimmer kommen Sie auf die


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Maastricht-Grenze von 60 Prozent! Wie wollen Sie denn das schaffen? Da müssten Sie ja, was weiß ich, in eine Zauberschule gehen. Aber unter den Voraussetzungen und bei den Maßnahmen, die Sie setzen, werden Sie es nie und nimmer schaffen, die 60 Prozent zu erreichen.

Das heißt, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sind und bleiben die Schuldenpartei der Republik. (Beifall beim BZÖ.) Das ist ÖVP: ÖVP ist gleich Schulden machen, ist gleich Steuern erhöhen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Und jetzt gebe ich Ihnen einen Tipp. Da können Sie endlich einmal unter Beweis stellen, wie ernst es Ihnen mit Schuldenreduzierung und Steuereintreibung ist. Wissen Sie, Frau Finanzministerin, dass die Banken in Österreich gerade einmal 7 Prozent an Steuern zahlen? Wissen Sie das? Sie machen 5 Milliarden € Gewinn und zahlen 7 Prozent Steuern. Ja wie erklären Sie das einem mittelständischen Unternehmer, der mindestens 25 und höchstens 50 Prozent Steuern auf seine Gewinne zu zahlen hat, wie erklären Sie das dieser tüchtigen Unternehmerschaft in Österreich, während die Banken nur 7 Prozent an echten Steuern zahlen, gleichzeitig aber 140 und 150 Mil­lionen € pro Jahr an Steuern nicht zahlen, das heißt schuldig bleiben? Erklären Sie uns das einmal, warum die Banken in Österreich diesen Steueraufschub bekommen, während jeder Staatsbürger, jeder Steuerzahler, jeder Unternehmer pünktlich die Steuern abzuliefern hat! Die Banken sind jedes Mal jene, die verschont bleiben und davonkommen. (Beifall beim BZÖ.)

Das könnten Sie heute sofort machen, indem Sie sagen, die Banken in Österreich haben eine Steuervorauszahlung zu machen, und die 150 Millionen landen sofort in Ihrer Kasse und Sie können damit den Schuldenstand zurückführen.

Zweites großes Thema: Pensionen. Sie wissen, dass Sie in Zukunft mit enormen Pensionszahlungen zu kämpfen haben werden. Warum schaffen Sie denn nicht endlich einmal die Privilegien ab, die wir in Österreich bei der Notenbank, bei den ÖBB haben? Das sind nach wie vor Leute, die im Durchschnitt mit 52 Jahren in Pension gehen, im Durchschnitt! Das heißt, da gehen welche unter 40 in Pension, damit man auf einen Durchschnitt von 52 Jahren kommt. (Abg. Ing. Westenthaler: Unfassbar!) Das ist ja unerträglich! Das ist ein Hohn den rechtschaffenen und arbeitenden Men­schen in unserem Land gegenüber, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

In Ihrem Strategiebericht, mit dem Sie heute zweimal auf der Regierungsbank herum­gewachelt haben, sprechen Sie davon, dass im Jahr 2013, im Wahljahr 2013, der Sparstift angesetzt wird. Für wie dumm halten Sie uns denn? Für wie dumm halten Sie denn diese Republik, Frau Finanzministerin? Glauben Sie wirklich, dass Ihnen das jemand abnimmt, dass Sie ausgerechnet im Wahljahr sparen werden? Nein, im Wahljahr werden Sie wieder Wahlzuckerl verteilen, und das werden dann die nächsten Regierungen auszulöffeln haben, vor allem der Steuerzahler wird auszulöffeln haben, was Sie hier wieder in der Regierungspolitik falsch gemacht haben. (Beifall beim BZÖ.)

Budgetkonsolidierung auf dem Rücken der Steuerzahler, das ist Ihre Politik.

Sie sollten, meine Damen und Herren, auch die Inflation nicht übersehen. Mit der Inflation ist doch jeder konfrontiert. Wenn man heute mit dem Bürger auf der Straße spricht, dann sagt jeder, es bleibt ihm unter dem Strich nichts mehr im Geldbörsel. Die Inflation, meine sehr geehrten Damen und Herren, findet nicht einmal eine Erwähnung in diesem Strategiebericht, findet nicht statt, die eigentliche Teuerung, das eigentliche Grundübel des Versagens dieser Bundesregierung, indem sie die Steuern erhöht, wie beispielsweise die Mineralölsteuer, die sich jetzt natürlich auf die Preisentwicklung aller Lebensmittel und aller Güter des täglichen Bedarfs durchschlägt. Natürlich ist diese Bundesregierung für diese enorme Teuerung verantwortlich. Die Teuerung, diese


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Inflationssteigerung finden sich nirgendwo in Ihrem Bericht. Natürlich findet sie sich nirgendwo, weil Sie verantwortlich dafür sind, dass den Menschen immer weniger unter dem Strich bleibt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Es wird Ihnen jetzt die Europäische Union endlich einmal zeigen, wie hoch der Schuldenstand der Republik tatsächlich ist. Sie wird Sie zwingen, dass Sie auch die außerbudgetären Schulden der Asfinag, der ÖBB, der Bundesimmobiliengesell­schaft, der Länder, der Gemeinden, die alle in Zukunft Steuern erhöhen, aber auch Schulden machen werden, in Ihren Gesamtschuldenstand mit einbeziehen.

Da werden die 24 Milliarden € der ÖBB in den nächsten Jahren dazukommen. Das heißt, es wird sich der Schuldenstand neuerlich um 10 Prozent erhöhen, und da gehen wir in den nächsten Jahren tatsächlich auf 300 Milliarden € an Schulden zu.

Sehr geehrte Frau Finanzministerin, wir sind sehr gespannt darauf, wie Sie in Zukunft auf europäischer Ebene verhandeln werden, ob Sie auch weiterhin wie Ihr Vorgänger dafür sein werden, die Milliarden nach Brüssel abzuschieben, oder ob Sie auch dort einmal die Bremsscheiben zum Glühen bringen werden, auch einmal sagen werden, jetzt ist genug gezahlt für diese maroden Banken auf europäischer Ebene. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was auf europäischer Ebene in den nächsten Monaten abläuft, geht in Richtung Wirtschaftsregierung, geht in Richtung Zentralregierung. Frau Finanzministerin! Da werden Sie in nächster Zeit wenig Einfluss auf die budgetäre Entwicklung unseres Landes haben. Das wird in Zukunft Brüssel machen. Brüssel wird Ihnen vorschreiben, wie Sie die Budgetzahlen zu gestalten haben und welche Ausgaben Sie vorzunehmen haben.

Das wollen wir nicht! Das wollen wir abwenden! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte dafür sorgen, dass die nächsten Generationen, dass die Jugend nicht das Versagen und das Grundübel Ihrer Maßnahmen in den nächsten Jahren ausbaden müssen. (Lebhafter Beifall beim BZÖ.)

10.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Staatssekretär Mag. Schieder zu Wort. – Bitte.

 


10.31.43

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Finanzministerin! Werte Regie­rungsmitglieder! Hohes Haus! Wenn es um den Finanzrahmen bis 2015 geht, dann erlauben Sie mir, auch einen Dank an die Beamtenschaft im Hause zu richten, die die letzten Wochen und Monate ganz intensiv mit den technischen und Detailarbeiten im Rahmen der Erstellung dieses Bundesfinanzrahmens betraut war. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Punkt zwei: Da hier auch über die Schulden, das Defizit diskutiert wird, möchte ich schon noch einmal in Erinnerung rufen, wie es zu diesem Defizit kam. Es war die Finanzkrise (Abg. Bucher: Vorher keine Schulden gehabt?) und es war das Gegensteuern dieser Bundesregierung gegen die Finanzkrise, die bewusst auch während der Krise, um schlimmere soziale Folgen zu verhindern, eine höhere Ver­schuldung in Kauf genommen hat, aber natürlich verknüpft damit, dass es in wirt­schaftlich besseren Zeiten auch wieder um die Reduktion dieses Defizits geht. Genau da stehen wir jetzt. Wir haben einen Defizitpfad der Stabilität vorgelegt, mit dem Ziel, 2011 unter 4 Prozent, 2013 unter 3 Prozent und 2015 bei 2 Prozent zu liegen zu kommen.


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Wir halten Kurs, weil wir in der Krise richtig reagiert haben. Es sei auch gesagt, dass das wieder Fließen der Steuereinnahmen, das Steigen der Beschäftigung, das leichte Sinken der Arbeitslosigkeit auch darauf zurückzuführen sind, dass wir in der Krise richtig reagiert haben und damit auch jetzt wieder richtig gut aus der Krise herauskommen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir legen auch einen Haushalt oder einen Finanzrahmen vor mit Schwerpunkten bei Zukunftsinvestitionen, bei der Bildung, bei Ökologisierung wie Wärmedämmung und all diesen Punkten. Wir können auch sagen, dass wir stolz sind auf Österreich, und zwar vor allem dann, wenn wir einen inter­nationalen Vergleich mit vielen Ländern Europas, ja vielen Ländern der Welt anstellen. Gerade die Diskussionen in den Vereinigten Staaten zeigen, es gibt tief in den Sozial­bereich einschneidende Sparpakete. In Österreich ist es so, dass wir mit diesem Finanzrahmen auch die Finanzierung der Pflege, des Pflegefonds, der Neuen Mittel­schule, den Ausbau der Ganztagsschulplätze und vieler weiterer Zukunftsinitiativen vorlegen können.

In den USA wird auch darüber diskutiert, ob der Triple A-Status der größten Volkswirtschaft der Welt in Gefahr ist. Österreich legt ein Programm der Stabilität mit Defizit- und Schuldenabbau vor, der auch international Anerkennung findet und gelobt wird. (Abg. Strache: Wo gibt es einen Schuldenabbau? – Schuldenaufbau!) Wir gehören zu der Handvoll Länder in der Europäischen Union mit Triple A-Status. Weltweit sind es nur sehr wenige. Daher ist es auch unsere Verpflichtung, hier durch diese nachhaltige stabilitätsorientierte, aber auch verlässliche Finanzpolitik diesen Triple A-Status zu erhalten.

Stellen wir einen Vergleich mit anderen volkswirtschaftlichen Kernzahlen wie zum Beispiel der Beschäftigung an! Wir haben 4,3 Prozent Arbeitslosigkeit, die höchste Beschäftigung in unserer ganzen Geschichte und gehören damit zu den Spitzen­ländern in der Europäischen Union. Wir haben sogar die niedrigste Arbeitslosigkeit innerhalb Europas.

Aber auch das Wirtschaftswachstum: Wir liegen mit 2,5 Prozent prognostiziertem Wirtschaftswachstum fast einen Prozentpunkt über dem Durchschnitt der Eurozone, nicht einmal der gesamten EU, sondern der Eurozone. Quasi im Rahmen der besten Länder der Europäischen Union liegen wir mit unseren Prognosewerten, die uns die Wirtschaftsforscher unabhängig attestiert haben, wesentlich besser.

Oder lassen Sie mich auch noch Folgendes erwähnen: Das österreichische BIP pro Kopf, das heißt, der Reichtum und der Wohlstand dieser Nation, beträgt zirka 40 000 US-Dollar. Wir liegen damit vor Finnland, vor Schweden, vor Frankreich, vor Deutschland, vor Kanada. All das sind Zahlen, wirtschaftliche Zahlen, die letztlich auch den Erfolg und die Verlässlichkeit dieses Finanzkurses ausmachen. Wir werden diesen erfolgreichen Kurs auch in den nächsten Jahren nicht verlassen, sondern mit dem Finanzrahmengesetz weiter fortsetzen. Die Offensivpakete bei Forschung, Wissen­schaft, Bildung und thermischer Sanierung bleiben ebenfalls und werden bis ins Jahr 2015 fortgesetzt.

Sehr geehrte Damen und Herren, damit legen wir – und dazu bekenne ich mich auch – stabile Finanzen vor und beweisen finanzpolitische Handlungsfähigkeit mit gerechten und sinnvollen Ausgabenschwerpunkten, nämlich auch um in schlechten Zeiten einen Spielraum und die Möglichkeit zu haben, in besseren Zeiten wieder gegenzusteuern und einen stabilen Kurs vorzulegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.36



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 41

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


10.36.39

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Es ist richtig wohltuend, nach Andreas Schieder zu reden, weil da die Debatte wieder auf eine sachliche Ebene gekommen ist. Als ich mir die Rednerliste angeschaut habe, habe ich bedauert, was ich eigentlich noch immer tue, dass Kollege Van der Bellen sich nicht zu Wort meldet. Ich muss aber sagen, Kollege Kogler hat ihn würdig vertreten und auch sehr sachlich gesprochen. Aber es wäre trotzdem nett, auch Ihre Meinung zum BFRG zu hören. Ich habe Sie noch immer nicht auf der Rednerliste gesehen.

Es ist oft leider wirklich erschreckend, wie demagogisch und einfach völlig falsch hier argumentiert wird. Es ist absurd, wenn hier gesagt wird, das Wort „Inflation“ kommt im Strategiebericht nicht vor. Haben Sie ihn nicht gelesen? – Auf Seite 11 kommt es das erste Mal vor, ich weiß nicht, wie oft es vorkommt, Kollege Bucher. Ich habe es leider nicht elektronisch. Auf Seite 11 des Strategieberichts können Sie es nachlesen. (Abg. Kopf: Mit Fakten will er sich nicht auseinandersetzen! Das ist nicht seines!)

Die ganze Zeit diese Debatte, auch vom Kollegen Strache, das ist absurd! Es ist die Frage, ob es sich überhaupt lohnt, darauf einzugehen. Manchmal denkt man sich, das hat ohnehin keinen Sinn. (Abg. Neubauer: Dann setzen Sie sich wieder nieder!)

Ihr Zwischenruf war überhaupt der beste: Trotz der Regierung sind die Zahlen so gut in Österreich. – Das lässt zwei Sachen zu: Es ist ohnehin egal, was wir da tun. Warum sitzen Sie überhaupt da? Gehen Sie einfach heim! – Das ist die eine Variante. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder die andere ist: Wenn Sie in der Regierung wären, wäre alles besser. – Schauen Sie, ganz objektiv ist es so: Ganz so schlecht kann nicht alles sein, was diese Regierung macht, sonst wären die Zahlen nicht so gut im Verhältnis zu allen anderen Ländern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn ich Ihnen zuhöre, habe ich das Gefühl, wir sind in Griechenland, eine Provinz von Griechenland und nicht in Österreich.

Ich sage Ihnen, man könnte ja auch wirklich Kritik üben, wenn man sich die Zahlen anschaut. Glauben Sie, ich würde nichts finden, das ich kritisieren könnte? (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Dann tun Sie es einmal!) – Ja, das werde ich jetzt machen. Ich werde Ihnen die Arbeit abnehmen. Ich kann einfach ganz ehrlich sagen, was ich hier sehe. Wenn ich mir den Bundesfinanzrahmen jetzt anschaue, ist das Erste, was ich mache, das ist ja nicht das allererste Bundesfinanzrahmengesetz ... (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) – Nein, Sie machen die Augen zu vor der Realität.

Das Erste, was ich mir anschaue, ist, wie denn eigentlich der letzte Bundesfinanz­rahmen vor einem Jahr war. Ich vergleiche einfach nur die Zahlen, was wir vor einem Jahr beschlossen haben und was wir heute beschließen. Wissen Sie, was ich da sehe? – Wir beschließen, dass wir nicht das machen, was vor einem Jahr noch prognostiziert war. Oder die großen Unterschiede sind zwei. Die Rahmenbedingungen haben sich insofern geändert, als die Konjunktur wesentlich besser ist, als vor einem Jahr noch angenommen. Deswegen sind die Steuereinnahmen höher und deswegen ist, sage ich einmal, der Druck zu sparen nicht so groß. – Das ist das Erste. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Das Zweite, was man sieht, ist, dass es meiner Meinung nach richtig war – manche sehen das falsch –, nicht nur ausgabenseitig zu sparen – das sehen Sie hier nämlich auch, wenn Sie das vergleichen –, sondern auch auf der Einnahmenseite Akzente zu setzen, weil sonst der Spardruck noch wesentlich größer gewesen wäre.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 42

Schauen Sie sich nur die einzelnen Kapitel an, die Unterschiede, um wie viel weniger gespart wird zum Beispiel bei den Familien! (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Schauen Sie einfach nur die Zahlen an, um wie viel weniger zum Beispiel bei Familien gespart wird, als noch vor einem Jahr vorgesehen war! Schauen Sie sich das einfach an!

Da werden Sie schauen! Das sind zum Beispiel im Jahr 2013 400 Millionen €. – Nur damit wir wissen, wovon wir reden. Da muss man sich natürlich die Mühe machen und sich die Zahlen anschauen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Was sonst noch auffällt, ist, dass wir weniger Geld für Zinsen ausgeben müssen – und zwar deutlich weniger: eine halbe Milliarde pro Jahr! –, als prognostiziert war, weil die Verschuldung nicht so groß geworden ist wie prognostiziert. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Da steht aber: steigend! Da haben Sie sich verlesen, Herr Kollege Krainer!) Was noch auffällt, ist, dass wir mehrere, zirka 300 bis 400 Millionen ... (Abg. Neubauer: Das steht da herinnen!)

Ich weiß nicht: Verstehen Sie nicht Deutsch? (Abg. Neubauer: Das dürften Sie nicht verstanden haben! Das steht da!) Bitte vergleichen Sie das, was vor einem Jahr im Bundesfinanzrahmengesetz gestanden ist, mit dem, was heute drinnen steht, dann werden Sie Folgendes sehen: Im Vergleich steht da eine halbe Milliarde weniger für Finanzierungen und Zinsen. Das ist die Untergliederung 58. (Abg. Strache: Zinsent­wicklung steigt, steht da drinnen! Das ist ja absurd!) – Ich schaue mir die Zahlen an, Sie schauen sich ich weiß nicht was an und träumen eben von irgendetwas. (Abg. Strache: Da steht genau das Gegenteil drinnen von dem, was Sie da reden!)

Das Nächste, das auffällt, ist, dass wir dadurch, dass wir wesentlich besser durch die Krise gekommen sind als alle anderen Länder und auch wesentlich besser als befürchtet wurde, dass die Auswirkungen sein würden, 300 bis 500 Millionen € weniger für Arbeitslosigkeit ausgeben müssen. Das sind Sachen, die einfach auffallen, wenn man sich das ansieht.

Was noch auffällt, ist, dass wir mehr Geld für Bildung ausgeben; was man hier einfach sieht, ist zum Beispiel der Ausbau der Ganztagesplätze, was man sieht, sind die Beschlüsse von Loipersdorf – in beide Richtungen: sowohl einnahmen- als auch ausgabenseitig – und dass zum Beispiel die thermische Sanierung und der Pflegefonds drinnen sind. Das sind einfach Sachen, die man sieht, wenn man sich das anschaut. Das sind einfach die großen Unterschiede!

Und bitte, das ist eine erste Lesung! Wir haben diese Zahlen gestern bekommen. Die schaut man sich an: Das ist das, was auf den ersten Blick da ist. Der Kurs ist in Ordnung, die Zahlen geben dieser Regierung recht, dass das, was sie gemacht hat, in Ordnung ist. Jetzt schauen wir uns das im Detail an! Ich weiß, das bedeutet Arbeit: Man muss bis zur Seite 11 lesen, Kollege Bucher. Man muss überhaupt einmal das richtige Heft aufschlagen, Kollege Strache, aber dann kommt man natürlich zu diesen Zahlen.

Ich freue mich auf eine konstruktive Auseinandersetzung mit den Teilen des Hauses, die das wollen, und mit jenen, die eben keine konstruktive Auseinandersetzung, sondern nur Demagogie wollen (Abg. Ing. Lugar: Das war jetzt konstruktiv!), kann ich mich nicht auseinandersetzen, denn das steht inhaltlich wirklich nicht dafür. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Auer zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 43

10.42.32

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, mit dem Herrn Bundeskanzler an der Spitze! Ge­schätzte Zuhörer – und mit Genehmigung der Frau Präsident darf ich auch eine Besuchergruppe aus meinem Bezirk, aus der Gemeinde Steinhaus, herzlich begrüßen! (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Strache hat vollkommen recht, wenn er meint, man sollte nicht auf die Dauer den Pleitebanken und Pleitestaaten – man könnte auch sagen: den Pleitebundesländern – allzu viel Geld nachschieben (Abg. Strache: Niederösterreich ist das höchstverschuldete ...!), denn die Pleitebank Hypo Alpe-Adria, meine Damen und Herren, diese blau-orange Bank zeigt ja nicht gerade die beste Performance, wenn man weiß, dass man da knapp 20 Milliarden € an Haftungen seitens des Staates einzugehen hatte. (Beifall bei der ÖVP. – Abg Bucher: Da habt ihr euch über den Tisch ziehen lassen!)

Wenn ich mir dann noch die Verschuldung dieses Bundeslandes ansehe (Abg. Strache: Zahlen Sie lieber nach Griechenland und Portugal!), dann, meine Damen und Herren, Herr Kollege Strache, hätten Sie zu Hause und bei Ihren Freunden ungeheuer viel Arbeit. Dort könnten Sie laut argumentieren, das wäre dort notwendig. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es ist ja unbestritten, dass Österreich durchaus positiv dasteht, aber es ist auch unbestritten – und da ist all jenen beizupflichten, die mahnend die Stimme erheben –, dass noch viel Arbeit vor uns liegt und dass eiserne Disziplin, was das Budget betrifft, notwendig ist. Wir stehen durchaus positiv da im Verhältnis zu anderen, vergleichbaren Staaten, ja, aber wir haben auch noch ungeheuren Handlungsbedarf.

Wer immer sich mit der Geschichte und den vergleichbaren Ländern oder selbst mit den großen Weltwirtschaften beschäftigt, muss wissen, dass schön langsam der Dollar gefährdeter ist als der Euro, Herr Kollege Strache. (Abg. Hornek: Genau!) Wenn ich mir die amerikanischen Budgetzahlen, die Verschuldung, die Wirtschaftsproblematik ansehe, dann wird das hier durchaus schlimmere Folgen nach sich ziehen, als uns vielleicht lieb ist.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Maria Fekter, ich gratuliere zu dieser Perfor­mance! Sie alle, meine Damen und Herren, wissen, dass Kollegin Fekter in ihren Bereichen eine hervorragende Parlamentarierin war, beste Arbeit abgeliefert hat (Abg. Strache: Sie übernehmen schon die Rolle von Otto Pendl: danke, danke!) und wir davon überzeugt sein können, dass sie auch als Bundesministerin für Finanzen hier dementsprechend Einsatz, Kompetenz und Fachwissen mitbringt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Meine Damen und Herren! Dieses Bundesfinanzrahmengesetz, das wirklich auch die Handschrift der Fachbeamten zeigt – denen ist gleichfalls zu danken –, aber auch die Handschrift der Bundesminister Pröll und, da er hiezu immerhin die Vorarbeit geliefert hat, Molterer – er wird ja sehr oft dabei vergessen – ermöglichte es, dass der soge­nannte Novemberwahnsinn abgeschafft wurde, dass es jedem Ministerium möglich ist, der eigene Finanzminister in eigener Verantwortung zu sein, dass es möglich ist, dass hier auch die Gestaltungmöglichkeiten ungleich größer sind und dass auch wesentlich effizienter gearbeitet werden kann.

Wenn Frau Bundesministerin Fekter angesprochen hat, dass ab 2014 ein neuer Finanzausgleich notwendig sein wird, so stimme ich dem zu, und ich möchte nur daran erinnern, dass es da auch notwendig sein wird, gewisse Änderungen herbeizuführen, denn beim jetzigen Finanzausgleich kann man nicht immer von Ausgleich reden, sondern man wird sehr oft auch von einer Ungleichgewichtung zu reden haben,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 44

beispielsweise wenn man sich die Kopfquotengröße ansieht. 10 000 Einwohner, 20 000 Einwohner, 50 000 Einwohner: Je größer die Stadt, die Gemeinde, umso mehr ist der Einwohner wert. Das ist sicher zu hinterfragen. Zu hinterfragen wäre auch die Aufgabenorientierung.

Was mich ungeheuer stört, ist, dass es keinen Ausgleich für Leistungen in Gemeinden gibt, die überörtliche Lasten zu tragen haben: Wasserschutz- und Schongebiete, für jene, denen man Natura-2000-Gebiete aufoktroyiert hat (Beifall bei der ÖVP), für jene, die im Sinne der Allgemeinheit Naturparks beherbergen, wenn man das so sagen kann. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Da, meine Damen und Herren, wird es notwendig sein, auch dementsprechenden Ausgleich zu schaffen, denn in jenen Gemeinden ist eine wirtschaftliche Weiter­entwicklung nicht mehr möglich. In den heutigen „Oberösterreichischen Nachrichten“ wird Herr Landesrat Haimbuchner, der aus meiner Nachbargemeinde stammt und den ich durchaus schätze, zitiert, wenn er darauf hinweist, dass beim neuen Vogel­schutzgebiet entlang der Traun eine Ausweitung der touristischen Möglichkeiten nicht mehr gegeben ist, weil dem Vogelschutzgebiet aus europarechtlicher Hinsicht einfach Natura 2000 „verordnet“ wird, weil Österreich dieses Schutzgebiet gemeldet hat – und das kann es wohl nicht sein! Da wird auch eine Berücksichtigung notwendig sein, denn wenn eine Körperschaft, wenn Regionen Lasten für die Allgemeinheit zu tragen haben, dann wird auch ein gewisser Ausgleich in finanzieller Hinsicht notwendig sein.

Der Frau Bundesministerin wünsche ich eine glückliche Hand. Wir werden bei der Diskussion über das Budget, über den Finanzrahmen viel Arbeit haben. Diesbezüglich sind alle zur konstruktiven Mitarbeit herzlich eingeladen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Gradauer zu Wort. – Bitte.

 


10.48.03

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Frau Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren, vor allen Dingen Damen und Herren Besucher auf der Galerie! Frau Finanzminister Fekter, Sie haben Glück, dass heute keine Fernsehübertragung stattfindet, denn diese Unsachlichkeit und Unin­formiertheit, die Sie hier zum Besten gegeben haben, ist einfach peinlich. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Freuen Sie sich über die Hochzeit in London, damit möglichst wenig von Ihren neuen Worten im Finanzministerium an die Öffentlichkeit kommt! (Zwischenruf des Abg. Eßl.) Mir kommt überhaupt vor, das war eine Rede, die Ihnen noch Herr Ex-Finanzminister Pröll aufgesetzt hat (Zwischenruf des Abg. Höfinger), denn genau darum geht es: Stillstand – und kein Anstand.

Aber gehen wir es der Reihe nach durch: Herr Cap hat vom Wirtschaften gesprochen und wenn die Roten von Wirtschaft reden, da erinnere ich mich immer an die BAWAG und den „Konsum“ (Abg. Neubauer: Voest!) – zwei Riesenbetriebe, die die SPÖ hinuntergewirtschaftet hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter. – Abg. Strache: Die Gewerkschaftsbank ist aber im ausländischen Besitz! Der ganze Streikfonds ...!) Damit ist die Sache schon erledigt.

Ein bisschen gewundert hat mich der Redebeitrag des Herrn Kogler, der hier einerseits doch einigermaßen „geschleimt“ hat, andererseits uns dann doch wieder recht geben musste.

Das neue Haushaltsrecht ist sehr positiv, das merke ich auch an: Die Obergrenzen sind in Ordnung. Es wäre nur wesentlich besser, das Schweizer Modell hier anzu­


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wenden, denn die Schweizer geben die Ausgabenbremse zu den Einnahmen dazu, also sie orientieren die Ausgaben an den Einnahmen, und der Effekt ist, dass die Schweiz eine Verschuldung von 35 Prozent des BIP hat – wir liegen bei 75 Prozent – und dass sie eine Steuer- und Abgabenquote von unter 30 Prozent verzeichnet.

Meine Damen und Herren, wenn Sie schon unseren Zahlen nicht glauben, dann würde ich Sie bitten: Googeln Sie einmal! Googeln Sie „Staatsschulden Österreich“! Da wird Ihnen auffallen, dass es da einen Staatsschulden-„Tachometer“ gibt. Der zeigt an, wie hoch die Schulden in Österreich derzeit – in dieser Sekunde – sind. Ich lese sie Ihnen vor: 209 568 980 800 €, und in jeder Sekunde springt dieser „Tachometer“ um 500 € nach oben. (Abg. Neubauer: Herr Krainer, was sagen Sie da dazu? – Abg. Strache: Ist das jetzt der Schuldenabbau, den ... versprochen hat? – Abg. Krainer: Das war der Grasser mit ...!)

Jeder Bürger in Österreich hat einen Schuldenrucksack von 28 020 € umhängen, jeder Erwerbstätige Österreichs trägt einen Schuldenrucksack von 51 352 €, und die Schulden zurzeit – in dieser Sekunde – sind 7 852 081 762 € und so weiter, steigend. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Red nicht zu lange weiter, sonst wird es noch teurer!) – Ja.

Wenn wir jetzt diesen Budgetrahmen, den Bundesfinanzrahmen anschauen, so kann man hochrechnen, dass bis zum Jahr 2015 die Schulden um 36 Milliarden € steigen (Abg. Strache: Dann haben wir ein Problem mit dem Triple-A-Rating!), und es ist zu erwarten, dass die 30 Milliarden € außerbudgetäre Schulden auch dazugerechnet wer­den müssen, also liegen wir bei 271 Milliarden € Gesamtschulden.

Ich wundere mich, woher Sie die Einnahmenschätzung haben. Die Einnahmen­schätzung ist meiner Meinung nach illusorisch, es sei denn, Sie haben bereits jetzt Steuererhöhungen mit inkludiert. 28 Prozent steigende Einnahmen – das ist nicht möglich! (Abg. Krainer: Das dürfen die Beamten gar nicht!)

Also wir haben ein BIP von in etwa 280 Milliarden € und 271 Milliarden € Schulden. Wir liegen bei über 90 Prozent Verschuldung und wir nähern uns griechischen Verhält­nissen. Da vom Abbau der Schulden, vom Defizitabbau zu reden, Frau Finanzminister, das ist einfach unredlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Zinsendienst beträgt im Jahr 2015 11 Milliarden € und das Haftungsvolumen 128 Milliarden €.

Aus der Bevölkerung kann besonders die österreichische Jugend nicht verstehen, dass diese rot-schwarze Regierung so wie schon bisher auch weiterhin untätig ist und diesem fürchterlichen Finanztrend nicht durch überfällige weitreichende strukturelle Reformen entgegnet. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Krainer: Zum Beispiel?)

Josef Pröll hat schon recht, wenn er sagt, fehlender Anstand und Stillstand waren seine Hauptprobleme in der Regierungsarbeit (Abg. Strache: Der Pröll hat sich von der sinkenden Titanic ...!), aber ich frage mich schon: Warum hat er – er hätte es ja im Griff gehabt – nichts dagegen getan? (Abg. Krainer: ... jetzt in Oberösterreich und der Steiermark ...!) Er hat gute Ansätze gehabt – ich erinnere mich an seine Rede im Finanzministerium –, aber er war nur Ankündigungsweltmeister und leider Gottes ein Umsetzungszwerg. (Abg. Krainer: ..., das wollen wir jetzt hören!) Er ist davongelaufen und das habe ich total negativ gefunden. (Ruf bei der ÖVP: Öha!)

Herr Krainer hat sich hier hergestellt und uns belehren wollen. Ich erinnere an Folgendes, Herr Krainer: Bei Abschluss der Budgetdebatte im Dezember haben Sie gesagt: Wir haben nicht mehr zusammengebracht. – Das ist die Wahrheit! (Abg. Neubauer: Das ist die Wahrheit!)


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Josef Pröll hat gesagt: Unter dieser Konstellation war nicht mehr drinnen. – Er hat seinen Onkel gemeint und Sie von der SPÖ. Darum ist nicht mehr drinnen gewesen: weil auch Sie alles blockiert haben, was er machen wollte. (Abg. Neubauer: Bankrott­erklärung!) Er hat uns – das ist ein Armutszeugnis bis heute – den höchsten Schuldenstand und das größte Defizit aller Zeiten, das der Staat Österreich jemals hatte, hinterlassen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Höfinger.)

Tatsache ist, dass sich Österreich zurzeit nichts Neues mehr leisten kann, weil das gesamte Geld für Zinsen aufgewendet werden muss. Die Menschen dieses Landes verstehen nicht, warum für die Wissenschaft kein Geld vorhanden ist, dafür aber für marode EU-Staaten sofort Geld zur Verfügung gestellt wird. Die Menschen dieses Landes verstehen nicht, warum auf der einen Seite Kürzungen im sozialen Bereich immer Studenten, Familien, Pensionisten tragen müssen und auf der anderen Seite für Entwicklungszusammenarbeit für Afrika 1,2 Milliarden € jährlich zur Verfügung gestellt werden. Die Menschen verstehen nicht, warum sie die Mineralölsteuer und die hohen Benzinkosten bezahlen müssen, wenn auf der anderen Seite bei den ÖBB täglich Geld vernichtet wird. Und die Menschen Österreichs verstehen nicht, warum Leute, die in das Sozialsystem kaum etwas einbezahlt haben, mit 70 Prozent an der Mindestsicherung partizipieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Finanzminister Fekter, aus meiner Sicht – ich komme so wie Sie aus der Wirtschaft – ist es nur möglich, diesen Staat konsequent und nachhaltig zu sanieren. Wir müssen schauen, dass wir die Schulden um 100 Milliarden € herunterbringen, damit wir wieder etwas Spielraum bekommen, um uns zu bewegen – und davon merke ich bei Ihren Vorhaben überhaupt nichts. (Abg. Krainer: ... Steuereinnahmen?)

Wo sind die längst fälligen Reformen, die nicht nur der Rechnungshofpräsident ein­mahnt, sondern auch das Wifo, das IHS, der Konvent und sonstige Experten? – Keine Verwaltungsreform, keine Gesundheitsreform, keine Bürokratiereform, keine Förderungsreform – 15,6 Milliarden € geben wir für Förderungen aus –, keine Staats­reform.

Frau Maria Fekter, Sie als Wirtschaftstreibende wissen, dass ein Staat, der fast 100 Prozent Schulden hat, so wie eine Firma fast konkursreif ist, und es ist fahrlässig, diesen Zustand weiterhin aufrechtzuerhalten.

Jetzt schauen wir uns noch einmal unser Schulden-„Barometer“ an: Wir haben, seit ich hier rede, um 150 000 € mehr Schulden. (Abg. Großruck: Dann hätten Sie nicht so lange geredet!) Es ist Feuer am Dach! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

10.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort. – Bitte.

 


10.56.50

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich glaube, man kann ein Budget durchaus sachlich kritisieren und dabei trotzdem Emotionen entwickeln.

Ich habe mir angeschaut, was mit den großen Zukunftsthemen im diesem Budget passiert ist, und es fällt eines auf: In der Wissenschaft sollte man sich wünschen dürfen, dass Aussagen mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Ich kenne Aussagen der Bundesregierung und ich zitiere jetzt wörtlich aus ihrem Strategiebericht:

„Angesichts der Krise bekommen Forschung, Technologie und Innovation als Schwer­punkte staatlichen Handelns eine fundamentale Bedeutung. Es herrscht weltweit Konsens, dass der Weg nach vorne über die Forcierung von Bildung, Forschung und Innovation führt.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 47

Jetzt schauen wir uns an, was sich da im Budget abzeichnet: Es kommt in diesen genannten Zukunftsbereichen zu realen Kürzungen, im Bereich der Wissenschaft, Untergliederung 31, sogar zu nominellen Kürzungen. 2 Prozent Preissteigerungen füh­ren dazu, dass die Universitäten den Status quo nicht aufrechterhalten können, der ohnehin in einigen Bereichen prekär ist, und 300 Millionen €, nur um den Status quo weiterzuführen, dringend jetzt und heute bräuchten.

Aber betreffend das, was die Bundesregierung geplant hat – Leader zu sein in Forschung, in Innovation und Technologie –, damit stimmt nichts mehr überein. Da muss investiert werden!

Da stehen Dinge drinnen, die alle – oder von denen die meisten – gut und vernünftig sind, aber es steht nie drinnen, wann sie kommen und wer das bezahlen soll, und das halte ich für untragbar. Man schreibt ein Papier, präsentiert es der Bevölkerung, prä­sentiert es den ProfessorInnen, den RektorInnen, den Studierenden, den jungen WissenschafterInnen, und diese kommen sich vor wie bei einem Windhundrennen, wo etwas Wunderschönes, ein fiktiver Hase, vor ihrer Nase dahingezogen wird, den man aber nie erreicht – den erreicht man nicht! Wenn Sie das so wollen, dann müssen Sie das sagen, das wünsche ich mir. Das ärgert mich massiv! (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Rektor Sünkel fehlen an seiner Uni 20 Millionen €. Wir haben Vorschläge über alternative Finanzierungsmodelle gemacht. Die Veterinärmedizin Wien zahlt 40 Pro­zent ihres Gesamtbudgets an die BIG, die ein Monopol hat und die Preise bestimmt. Tausende von Studierenden werden im Herbst vor verschlossenen Türen stehen, weil die Universitäten es nicht mehr schaffen, sie mit diesen geringen Mitteln aufzunehmen.

Die Studierendenzahlen sind gestiegen, aber die Universitäten können die Studenten nicht aufnehmen. Was sagen Studierwillige und Studierfähige und ihre Eltern dazu?

Das Land Tirol verlangt von der Medizin-Uni Innsbruck 80 Millionen € Nachzahlungen an klinischem Mehraufwand. Das ist das, was Ihr Offensivprogramm ausmacht. Das ist ja ein Horror! Seit zehn Jahren sage ich, dass der klinische Mehraufwand diskutiert werden muss. Ich habe es allen Finanzministern gesagt: Das ist eine Querfinanzierung der Krankenversorgung der Länder durch den Bund. Wenn man das so will in Zeiten der Krise, dann soll man so weitertun.

Noch etwas: In Innsbruck-Land – der Föderalismus! – führt das Land eine Privatuni­versität, genannt UMIT. Der hat man im Bereich der Gesundheitswissenschaften die Akkreditierung entzogen, und da diese jährlich an die 2 Millionen € Defizit produziert, will das Land hier ein Medizinstudium zehn Kilometer von Innsbruck finanzieren. (Ruf bei den Grünen: Das ist unglaublich!) – Das ist unglaublich! Reden Sie mit den Ländern! Die Universitäten würden diese Gelder brauchen.

Ganz zum Schluss ein zweites Kapitel. Ich habe gehört, der Pflegefonds sei eine große Errungenschaft. Aber wenn man da nachliest, findet man im Strategiepapier nicht sehr Erhellendes, und auch die Zahlen sind etwas seltsam. Gilt der Pflegefonds nur bis 2014? Im Jahr 2015 fehlen dem Sozialministerium – die Obergrenze sinkt –ziemlich genau 624 Millionen €. Das ist ungefähr das, was im Pflegefonds steckt. Halten Sie die Pflege angesichts dessen für gesichert?

Zum Schluss noch ein Wort der Generalsekretärin des FWF – ich zitiere –: „Ich bezweifle, dass die Kängurutaktik hilft, um die Ziele der Forschungsstrategie zu erreichen: weite Sprünge mit leeren Beuteln.“ – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

11.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 48

11.02.00

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Josef Pröll ist nicht krankheitshalber aus allen seinen Ämtern geflüchtet. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Josef Pröll ist wegen Pröll geflüchtet. Pröll ist gegangen wegen Pröll, und zwar wegen Erwin Pröll, wegen Erwin Pröll aus Niederösterreich, der in Wirklichkeit die ÖVP lenkt. (Anhaltende Zwischenrufe. – Pfui-Rufe bei der ÖVP.)

Es gibt einen ÖVP-Obmann, der leider Erwin Pröll heißt und in Niederösterreich sitzt und die Belange von Niederösterreich immer wichtiger nimmt als die Belange von Österreich. Und das ist genau das Problem.

Josef Pröll hat in seiner Abschiedsrede auch ganz klar gesagt, wo der Hase im Pfeffer liegt. Er hat gesagt, dass er es sich nicht zutraut, gegen die Widerstände in der eig­nen Partei Reformen durchzusetzen. Und genau das ist das Problem, an dem wir hier laborieren. Wir haben das Problem, dass Pröll gegangen ist und Pröll gekommen ist. Es sitzt nicht Spindelegger als Obmann in der ÖVP – es ist Erwin Pröll aus Niederösterreich (Beifall beim BZÖ), und der lenkt die Geschicke und sagt, was sein darf und was nicht sein darf. (Abg. Rädler: Gut so! – Abg. Strache: Wenigstens einmal ein Eingeständnis!)

Das ist eben nicht gut so – das ist genau das Problem! Denn Erwin Pröll hat ja in erster Linie die Interessen Niederösterreichs und der Länder im Auge – und nicht die Interessen Österreichs! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist auch der Grund, warum sein Neffe, Josef Pröll, im Finanzministerium nichts zustande gebracht hat. Erinnern wir uns, als er damals im Finanzministerium – über ein Jahr ist das jetzt her – gesagt hat, was alles in diesem Land nicht in Ordnung ist! Er hat damals genau gesagt, wo überall die Baustellen sind. Er hat alles angesprochen: von den Pensionen, über den Sozialbereich, über die Länder bis hin zur Gesundheit.

Und was ist passiert? – Nichts, weil Erwin Pröll aus Niederösterreich das eben nicht so wollte. Und letztlich ist Josef Pröll an Erwin Pröll gescheitert.

Jetzt ist die Frage – und das ist der Grund, warum ich das heute hier sage –: Wie wird Maria Fekter damit umgehen? Wird sie eine „Eiserne Lady“ sein, wie wir das im Innenministerium erlebt haben? (Abg. Strache: Gegen den Erwin Pröll ist sie ein Kuschelkätzchen!) Im Innenministerium war sie eine „Eiserne Lady“. Sie hat Härte gezeigt gegen Menschen, die sich nicht wehren konnten. Da war sie hart!

Meine Frage: Wird Maria Fekter gegen Erwin Pröll Härte zeigen? – Denn der wird sich wehren, und er kann sich wehren. Und da ist die Frage: Wird sie dort so eisern sein oder wird sie eher wie Wachs in seinen Händen sein und genau das Gleiche machen, das Josef Pröll gemacht hat, nämlich frustriert aufgeben und letztlich nichts umsetzen? (Abg. Hornek: Lugar, da brauchst du dir keine Sorgen machen!)

Dass das so ist, hat uns die Finanzministerin heute bewiesen. Sie hat es uns heute bewiesen, indem sie mit keinem einzigen Wort angesprochen hat, wo wirklich die Probleme liegen (Abg. Hornek: Das hat sie klar und deutlich angesprochen!), nämlich dass wir die Länder endgültig in unsere Überlegungen mit einbeziehen müssen, dass wir die Länder in manchen Bereichen entmachten müssen – ob das die Bildung, die Gesundheit, ob das im Sozialbereich und in anderen Bereichen ist.

Letztlich brauchen wir eine Reform, auch was die Länder betrifft, und da ist jetzt wichtig, dass sich die Frau Fekter traut, dem Herrn Erwin, dem Bremsklotz der ÖVP, endlich die Stirn zu bieten. Und wenn sie heute hier sagt, dass sie 2014 die Notbremse ziehen will, die Schuldenbremse ziehen will, dann sage ich: Nein! Wissen Sie, was passieren wird? Es wird 2013 schon die Notbremse gezogen, und zwar vom Wähler. Der Wähler wird sich das nicht länger gefallen lassen! Er wird sich das nicht länger


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 49

gefallen lassen, dass hier eine Finanzministerin sitzt, die uns allen Ernstes erzählt, dass wir bis 2015 so weitermachen, dass wir bis 2015 weiter Schulden machen und sie erst 2014 (Abg. Strache: ... das große Sparpaket bringen wird! Das große Sparpaket nach der Wahl!) – ein Jahr nach der Wahl – die Bremse ziehen will. (Beifall beim BZÖ.)

Bitte um Entschuldigung: Sie hatte fünf Jahre Zeit, die Bremse zu ziehen, und nicht erst nach der nächsten Wahl! Glaubt denn einer im Ernst, dass die Wähler es ihr abnehmen werden, dass sie in dieser Periode mit dem Herrn Pröll gemeinsam nichts zusammenbringt, aber in der nächsten Periode etwas zusammenbringt? Wir brauchen heute die Reformen!

Wenn Sie mir das nicht glauben, dann hören Sie doch auf die Experten. Es gibt doch praktisch keinen einzigen Experten, der nicht sagt: Wir brauchen diese Reformen. Wir brauchen sie, aber es geht nichts weiter.

Nur muss ich in aller Fairness sagen: Einen kleinen Hoffnungsschimmer habe ich – seit heute. Seit heute der Herr Stummvoll zu uns gesprochen hat, habe ich einen Hoff­nungsschimmer. Denn er hat mir die Augen geöffnet, dass es in der ÖVP anscheinend noch eine höhere Instanz als den Erwin Pröll gibt. Es gibt noch eine höhere: den lieben Gott! Er hat gesagt: Der Kardinal hat zu uns gesprochen. – Hoffentlich wird der Heilige Geist in Sie fahren, liebe Frau Ministerin, und wird Ihnen die Kraft und den Mut geben, gegen Erwin Pröll in Niederösterreich aufzutreten, damit wir endlich die Reformen schaffen, die wir schon so viele Jahrzehnte brauchen. Und wenn Sie das nicht schaffen, kann ich Ihnen garantieren, werden Sie das gleiche Schicksal wie Josef Pröll erleiden. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

11.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


11.07.16

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Vielleicht der erste Nachtrag zum Kollegen Lugar: Ich habe null Verständnis dafür, wenn sich jemand darüber lustig macht, wenn ein Mensch wie Josef Pröll vor einer äußerst schwierigen Entscheidung steht: Riskiert er weiter sein Leben, riskiert er, auch als Vater, als Teil der Familie, nur um seinen Job weiter­zumachen, täglich sein Leben?, und dann die Entscheidung trifft: Nein, es gibt Werte im Leben, dafür lässt man auch große Aufgaben sein. – Sich darüber lustig zu machen, finde ich unerhört! Das ist auch kein Beitrag zur Polemik, und ich würde empfehlen, sich zu entschuldigen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der SPÖ.)

Ich wünsche Ihnen nicht, dass Sie in so eine Situation kommen! Es kann jedem von uns passieren, dass er in die Situation kommt, keine Flüge mehr machen zu können, eine Stresssituation nicht auszuhalten. Ich glaube, dieses Mindestmaß sollten wir bei aller Liebe zur Polemik, ob Pröll versus Pröll, in diesem Haus wahren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte nun aber zu jenem Punkt kommen, bei dem wir ja heute schon versucht haben – Kollege Krainer war der Erste, der das versucht hat –, mit Fakten die Opposition dazu zu bringen, sich sachlich mit dem Thema auseinanderzusetzen. – Aussichtslos! (Abg. Dr. Lichtenecker: Na geh!) Daraufhin kommt schon wieder der Nächste und erzählt uns, wie toll die Schweiz ist. Gestern der Kollege Themessl: resistent gegen Zwischenrufe, was die Fakten betrifft. Bitte ersparen Sie uns diese Beispiele!

Was Ihre geliebte Schweiz angeht, so war noch vor 30 Jahren, 1980, der Abstand pro Kopf des BIP wie folgt: 7 800 in Österreich, 12 400 pro Jahr in der Schweiz – also da


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hatten sie in der Schweiz ein um 60 Prozent höheres Pro-Kopf-BIP-Einkommen. Wissen Sie, wie viel das heute nur noch ist? – Heute beträgt der Abstand nur noch 35 Prozent. So schaut nämlich die Entwicklung aus! (Der Redner hält eine Graphik in die Höhe, auf der zwei Kurven dargestellt sind.) Eine Schweiz, die in keiner der Peri­oden jene Performance hingelegt hat, die Österreich hingelegt hat! Und ich verstehe gar nicht, dass Parteien wie das BZÖ und die FPÖ permanent – nestbeschmutzend, würden Sie das nennen – unser Land schlechtmachen, indem es verglichen wird mit anderen Ländern, die schlechter performen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben tolle Unternehmen! Wir haben tolle Arbeitnehmer! Es sind ja unsere, die performen – nicht die da drüben, in der Schweiz! Die können ja nicht einmal mehr ein Bankenpaket machen, ohne dass die Amerikaner dafür zahlen müssen!

Hören Sie doch auf damit! Das bessere Land ist hier, nicht jenseits der Grenze – egal, wie die Vorarlberger abgestimmt haben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Rädler: Bravo! Genau so ist es!)

Wissen Sie, woran man das auch sieht? Zum Beispiel wird in den meisten Ländern jetzt Budgetsanierung durch Kürzungen im Sozialbereich betrieben. (Abg. Strache: Was haben Sie letztes Jahr gemacht? – Pflegeleistungen gekürzt, Familienleistungen gekürzt!) Ich bringe Ihnen wieder die Zahlen. Fakten interessieren Sie zwar nicht, aber trotzdem müssen sie gesagt werden.

Das Sozialbudget steigt – wenn Sie sich die Rubrik 2 anschauen; Sie brauchen diesmal nur weiterzublättern, fünf Seiten weiter von der Seite 11, also auf Seite 16; da haben Sie es genau aufgegliedert – von 33,194 Milliarden bis 2015 auf 36,8 Milliarden. Wir kürzen in diesem Bereich nicht, und das unterscheidet uns von anderen Ländern, von Portugal bis Griechenland, von den Niederlanden bis zu Irland, von Deutschland bis zu Frankreich. Im Bereich des Sozialen, bei den Familien, eine Steigerung von 6,3 Milliarden auf 6,8 Milliarden. (Abg. Strache: Erst wegnehmen, dann wieder dazugeben!)

In der Bildung gibt es um 80 Millionen mehr für den Bereich Schulen, 80 Millionen mehr für den Bereich Universitäten, für die Neue Mittelschule 260 Millionen in Summe, für thermische Sanierung 100 Millionen. Diese Regierung setzt auch beim Sparen die richtigen Schwerpunkte, und wir werden in der Kurve (die vorhin gezeigte Graphik ansprechend) weiter Abstand gewinnen:

Und Ihre Beispiele! Gestern hat Themessl Norwegen und die Schweiz als Beispiele herangezogen. In der EU sind wir ohnehin schon die Besten, aber das taugt der Opposition nicht. Sagen Sie uns nur, wo das norwegische Erdöl ist: unter dem Neusiedler See oder unter dem Bodensee?, damit wir offshore fördern können. Und was die Schweiz betrifft: Diesen Weg wollen wir nicht! Wir wollen auch die nächsten zehn Jahre noch mehr wachsen, und irgendwann werden wir sie überholt haben. Übrigens: Die Österreicher-Witze haben sich die Schweizer schon abgewöhnt, so wie in Österreich die Burgenländer-Witze – zu Recht.

Zurück zum Budget. – Frau Finanzministerin, ... (Abg. Mag. Stadler: Wenn die Schweizer Ihre Rede hören, gibt es wieder neue Österreicher-Witze! – Heiterkeit.) – Wunderbar! Die Schweizer habe ich erlebt, Herr Kollege Stadler, als sie nicht wussten, wie sie umgehen sollen mit der UBS und mit der CS. Ich habe die amerikanischen Unterstaatssekretäre erlebt, wie sie erklärt haben, warum sie, die amerikanischen Banken, retten müssen. Nicht einmal 9 Milliarden Franken konnten die aufbringen! Die Schweiz ist nicht in der Lage gewesen, ihre eigene Kernindustrie – das war dort, wo das Raubgold 30, 40, 50 Jahre gelegen ist – zu erhalten, Ihre geliebte Schweiz! (Abg. Mag. Stadler: Warum sind Sie nicht mehr in der Regierung, wenn Sie so gescheit sind? – Abg. Silhavy: Sachliche Argumentation!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 51

Zurück zu jenem Thema, das die Steuern betrifft. (Abg. Mag. Stadler: Haben Sie den Intelligenztest überschritten bei der Regierungsprüfung? Sie sind zu gescheit!) – Frau Finanzministerin! Ich bin nicht sicher, ob es günstig ist, sich sehr stark in der Frage „keine neuen Steuern“ einzugraben. Bush senior hat es versucht, in einem Wahlkampf mit „no more taxes“ zu punkten – vier Jahre später war es vorbei. Ich bin nicht sicher, ob Sie eine Garantie abgeben könnten. Ich glaube, es wurde gestern in aller Klarheit gesagt: Wir haben viele Bereiche, wo wir die Steuern und Abgaben senken müssen. Wir können es uns aber nicht leisten, gleichzeitig nicht in die Zukunft zu investieren. Daher werden wir, wie es im Regierungsprogramm steht, über eine strukturelle Steuerreform nachdenken müssen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Habe ich gesagt!)

Und da bin ich Ihnen dankbar – ich komme auch zum lobenden Teil –, denn ich habe auch den zweiten Teil ganz genau gehört: keine Substanzbesteuerung. Da liegen wir nicht mehr so weit auseinander – das, weil immer gesagt wird, dass das in der Frage der Vermögensbesteuerung der Fall ist. Eine Vermögensbesteuerung, die eine Substanzbesteuerung wäre, wo ich laufend verkaufen muss, um sie zu zahlen, das wollen wir auch nicht – auch nicht bei den Millionären, wie der Kollege Krainer gesagt hat.

Aber uns fehlen in einem Bereich des Einkommens Milliardenbeträge (Abg. Mag. Hakl: Sparen!), denn die 45 Prozent Steuer- und Abgabenquote, Frau Kollegin Hakl, haben wir bereits bei Gehältern von Personen, die nicht zum Mittelstand des Kollegen Stummvoll zählen. Wenn einer als Handelsangestellter 1 300 € verdient, dann sind 18 Prozent Sozialversicherung, 23 Prozent Arbeitgeberanteil, 3 Prozent Kommunal­steuer, 4,5 Prozent DB – und Sie sind schon über 45 Prozent. Da habe ich noch nicht die Umsatzsteuer gerechnet, die der Angestellte bezahlt, wenn er selbst einkaufen geht, und auch noch nicht die Mineralölsteuer. Das heißt, von dem, was er erarbeitet, sind wir über der Steuer- und Abgabenquote, bereits dort!

Da fehlt uns aber von unserem BIP von 300 Milliarden etwas. Das hat der Kollege Krainer angesprochen, und das spricht auch der Bundeskanzler an: Wenn es notwendig ist, werden wir, wenn wir Steuern erhöhen, nur dort welche erhöhen können, wo heute kein Beitrag geleistet wird – denn den mit 1 300 €, den kleinen Betrieb mit 20 000 € Gewinn, der heute keine Investitionsbegünstigung mehr hat, werden wir entlasten müssen.

Ich bitte daher die Kollegen von der ÖVP: Bleiben wir bei unserem Bekenntnis zu einer aufkommensneutralen strukturellen Steuerreform! Bis 2015 haben wir keinen Platz für Steuergeschenke. Wenn wir uns darauf einigen können, glaube ich, können wir eine gute Reformarbeit auch in dem Bereich vorlegen, und ich glaube, der Wähler wird uns, beiden Parteien, das im Jahr 2013 positiv quittieren. Wir werden zeigen: Wir können es!, so wie wir es auch bisher gezeigt haben. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


11.15.50

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regie­rungsmitglieder auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Bucher hat uns heute gezeigt, dass er seine ganze seriöse Kompetenz, die er im Finanzbereich in den letzten Jahren, seit ich ihn kenne, gehabt hat, abgelegt hat. Er hat nämlich hier in einer Art und Weise polemisiert, die ich ablehne: Wir retten marode Banken und was weiß ich noch alles. Auf der einen Seite hat er sich verabschiedet von der blau-orangen Hypo Alpe-Adria, obwohl in Kärnten heute in Wahrheit jeder einzelne kleine Steuerzahler und jede kleine Steuerzahlerin für diese marode Bank und den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 52

Sumpf, den es da in Kärnten gegeben hat, aufkommen muss. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Kollege Bucher, wenn Sie das verleugnen, dann muss ich Ihnen sagen (Abg. Bucher spricht gerade mit Abg. Haubner) – vielleicht könnten Sie mir zuhören, dann könnten Sie auch vernehmen, was ich zu sagen habe zu den Ausführungen, die Sie uns heute geboten haben –: Wir haben in Österreich aufgrund einer Krisensituation in den letzten Jahren schwierige Zeiten erlebt. Wir haben mit Arbeitsmarktpaketen, mit Konjunkturpaketen trachten müssen, unsere Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen oder in Beschäftigung zu halten. Das ist etwas, wofür man unter Umständen natürlich auch neue Schulden machen muss beziehungsweise mehr ausgeben muss, als man sich eigentlich vorgenommen hat.

Selbstverständlich haben wir auch im Jahr 2009, als wir eine Tarifsenkung vorgenom­men haben mit einer Steuerreform für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, gemeint, dass wir weitere Schritte setzen können. – Dann kam die Krise, und ich glaube, dass wir den in Österreich lebenden Menschen damit gedient haben, dass wir diese Krise mit Bravour gemeistert haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Und dafür möchte ich Josef Pröll heute noch danken, weil er Österreich wirklich viel besser aus der Krise gebracht hat, als so manches andere europäische Land dies bewerkstelligt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Lugar, was Sie über Josef Pröll gesagt haben, der angeblich nicht wegen seiner Gesundheit allein, sondern wegen Erwin Pröll gegangen ist, richtet sich von selbst. Das ist unrühmlich! Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Hätte damals, als Jörg Haider den Unfall gehabt hat, jemand von uns hier am Rednerpult nur irgend­etwas in geringschätzender oder abfälliger Weise gesagt, hätten Sie sich wahr­scheinlich als Allererster aufgeregt. So etwas tut man nicht, und ich hoffe, dass Sie sich dafür, sollte es einmal die Gelegenheit geben, hier auch entschuldigen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Da immer gefordert wird, wir brauchen eine Schuldenbremse – die FPÖ hat kürzlich auch einen Antrag gestellt, wir brauchen eine Schuldenbremse nach Schweizer Modell –: Ich halte es da schon mit Experten. Herr Sektionschef Steger hat uns damals gesagt, und auch im Ausschuss haben wir es intensiv besprochen, dass in Wahrheit eine Ausgabendeckelung eine wesentlich bessere Schuldenbremse darstellt. Da man Ausgaben nur nach den Einnahmen bemessen kann, Herr Kollege Gradauer, sage ich Ihnen, dass wir wahrscheinlich in Zeiten, wo es Familien besonders nötig haben oder wo es der Arbeitsmarkt besonders nötig hat und die Steuereinnahmen sinken, keine Mittel zur Verfügung haben werden, die den Arbeitsmarkt stabilisieren oder die die Wirtschaft stabilisieren.

Das muss man schon einmal auch hier sagen, weil viele immer irgendwelche roman­tischen oder sonstigen Wortspenden abgeben zum Thema, wer hier Arbeitsplätze schafft: Die Wirtschaft schafft die Arbeitsplätze! Das kann ich Ihnen als Arbeitneh­mervertreterin sagen. Und ich halte nichts davon, dass wir sagen: Wir haben Steuern für Unternehmen gesenkt, wir haben Steuergeschenke gemacht, nur damit wir Unternehmen herholen! – Ja, das war gut, denn damit haben wir wenigstens auch Arbeitsplätze geschaffen, und wir haben dadurch immer wieder mehr Beschäftigte gehabt. Wir haben heute die drittniedrigste Arbeitslosenrate in Europa (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) und auch in der EU, und ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir auf diesem Weg weitergehen – und da kann die Opposition noch so schreien.

Aber zum Thema Sparen sollten wir schon eines anmerken, was die Oppositions­parteien betrifft: Wir haben hier im Parlament Anträge von den Oppositionsparteien (Abg. Ing. Hofer: Verwaltungsreform zum Beispiel!), in denen die jährliche Valorisie­


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rung von Familienleistungen gefordert wird, oder auch das Müttergehalt, das die FPÖ fordert. Würden wir das alles in einem Paket umsetzen, würde uns das wahrscheinlich 10 Milliarden € kosten. Sie haben uns aber noch nicht gesagt, wie diese 10 Milliarden € hereinkommen sollen. (Abg. Vilimsky: Griechenland!) Wenn Sie uns das einmal sagen, dann werden wir vielleicht auch über Ihre Anträge ernsthaft diskutieren können. Bisher haben Sie uns davon noch nichts berichtet. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich kann Frau Bundesministerin Fekter nur alles Gute wünschen. Sie hat ein gut bestelltes Haus, sie hat gute Experten. Josef Pröll hat als ihr Vorgänger sehr gute Leistungen erbracht. Sie wird diesen erfolgreichen Weg fortsetzen. Ich freue mich schon jetzt auf die Zusammenarbeit und wünsche ihr alles Gute für ihre neue Aufgabe. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

11.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


11.21.06

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich bin sehr froh über die heutige Debatte, weil sie ganz eindeutig eines zeigt: Es gibt in diesem Haus nur eine einzige Partei und einen Parteiobmann – HC Strache –, die für die Österreicherinnen und Österreicher (Abg. Dr. Bartenstein: Ui, ui, ui, ui, ui! ...!) dafür einstehen, deren Interessen auch für sie hier in diesem Haus zu vertreten. (Beifall bei der FPÖ.)

Alle anderen Parteien, die Regierungsparteien insbesondere, beschönigen Zahlen, kehren alles unter die Tuchent und wollen den Österreicherinnen und Österreichern erklären, dass es ihnen gut geht. Besonders zynisch, habe ich gemeint, war dabei die neue Finanzministerin Fekter. – Frau Minister Fekter, ich warte immer noch auf die 400 Polizisten in Linz, die Sie im letzten Jahr vor den Wahlen versprochen haben. Wahrscheinlich haben Sie so ein schlechtes Gewissen gehabt, dass Sie deshalb das Ressort gewechselt haben, weil sie wahrscheinlich auch in zehn Jahren noch nicht da sein werden.

Frau Minister Fekter, wie kann ein Mensch so zynisch sein zu vermeinen, die letzte Krise hätte die österreichische Bevölkerung nicht gespürt? (Abg. Hornek: Weniger gespürt als alle anderen!) Ja sagen Sie einmal, haben Sie nicht mitbekommen, welche Einbußen die Österreicherinnen und Österreicher gehabt haben, sei es bei den Familien, sei es bei den Senioren, sei es in allen anderen Bereichen? – Sie waren heute zynisch. Das lassen wir nicht zu. Hier muss eine Umkehr in der Politik, was den Anstand betrifft, einkehren, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das kann es so nicht sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Erklären Sie doch den Voest-Arbeitern, die gekündigt wurden oder in Teilzeitarbeit gehen mussten, dass Sie an der Krise vorbei regiert haben! Ja wie soll denn das gehen? – Herr Kollege Krainer – der wieder einmal nicht im Saal ist, genauso wie Herr Klubobmann Cap (Abg. Dr. Bartenstein – auf den leeren Sitzplatz des Abg. Strache weisend –: Der Herr Strache ...!) –, die Sozialdemokratie will sich dieser Debatte offenbar nicht stellen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde Ihnen einige Beispiele dafür sagen, was hier passiert ist.

Trotz dessen, dass der Herr Rechnungshofpräsident sagt, wir haben einen Zuwachs an Schulden von 44 Milliarden €, haben Sie es geschafft, einen Sozialraubbau bei der Bevölkerung zu betreiben, der in den letzten 50 Jahren seinesgleichen sucht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich darf Ihnen sagen: 950 000 Menschen in diesem Land leben an der Armutsgrenze! Auch wenn Herr Bundesminister Hundstorfer das immer wieder anzweifelt: Das sind die aktuellen Zahlen von der Statistik Austria vom


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letzten Monat. Fast 1 Million Menschen, die in Österreich an der Armutsgrenze leben – und Sie stellen sich hin und sagen, wir sind sozial super! Das erklären Sie einer Million Menschen!

Wir haben in Österreich eine Durchschnittspension von 941 €. Darauf sollen wir stolz sein, Herr Kollege?! Sie wollen darauf stolz sein?! – Die Leute haben so einen Hals, wenn sie das hören! Und wissen Sie, warum? (Abg. Riepl: ... Pensionsraub der Blauen!) Während Sie nämlich von der Mindestrente, Mindestpension und Mindest­sicherung reden, zupfen Sie gleichzeitig den Pensionisten den Alleinverdiener­absetz­betrag auch noch, lassen sie 23 Monate länger auf ihre Pension warten und lassen sie auf ihr Urlaubsgeld warten. Sie sollten sich dafür schämen als Sozialist! Das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie wollen darauf stolz sein? – Sozialistisch, Herr Kollege, heißt eben noch lange nicht sozial. Das ist das große Problem der Sozialdemokratie, das Sie haben. Und da müssen Sie dazulernen, denn sonst werden Ihnen die letzten Wähler davonlaufen. Ich habe Ihnen damals vor einem Jahr vorhergesagt: Wenn Sie glauben, dass das das Ende von Wahlniederlagen der SPÖ war, Sie werden sich täuschen! – Ich habe Ihnen das vor einem Jahr prophezeit, und bei der nächsten Wahl, bei der Voest, werden Sie wieder verlieren! Bei der Voest-Betriebsratswahl, wo sich die SPÖ selbst in die Luft gesprengt hat, da werden Sie wieder verlieren, und bei den nächsten Landtagswahlen wieder und bei der nächsten Nationalratswahl wieder. – Das werden Sie sehen (Abg. Hornek: Das habt ihr schon alles hinter euch!), und dann wird die Freiheitliche Partei mit Bundesparteiobmann Strache endlich einmal zeigen können, was er kann, und dann wird es in diesem Land eine Reform geben, wovor Sie sich immer schon gefürchtet haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und das wird nicht aufzuhalten sein. (Abg. Riepl: Der Strache ist schon heimgegangen!)

Bei den Pensionisten, meine sehr geehrten Damen und Herren, da hat die Volks­anwaltschaft festgestellt: 426 Beschwerden, die nicht behandelt wurden. Es wurden 283 Beschwerden nicht einmal bearbeitet. Das sind Ihre Freunde, die das liegen gelassen haben, zum Schaden der Pensionisten! Die Pensionisten werden Ihnen dafür die Rechnung präsentieren, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Riepl: Der Strache ist schon gegangen! Der hält diese Rede gar nicht aus!)

Und eines noch, Frau Kollegin Tamandl, wenn Sie sagen, die Opposition hat keine Vorschläge: Über 700 Anträge haben Sie vertragt, die liegen in den Ausschüssen! (Rufe beim BZÖ: Tausend! Tausend!) Arbeiten Sie endlich! Nehmen Sie die Reformen, die der Rechnungshof vorgeschlagen hat, ernst! Allein bei der Verwaltungsreform sind 7 Milliarden € zu haben. Dafür können Sie 200 Anträge von uns sofort umsetzen, meine Damen und Herren! Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Riepl: Nicht so aufregen! Sie haben schon einen ganz blauen Kopf!)

Wenn Sie heute bei diesem wichtigen Thema meinen, Sie können sich da drüber­mogeln, dann kann ich Ihnen eines sagen: Die Freiheitliche Partei schaut auf das Geld unserer Leute und nicht auf das Geld anderer Leute! Allein im letzten Monat wurden in Wien 5,3 Millionen € für ausländische Institutionen finanziert – Subventionen für Integration, wo Sie immer sagen, das kostet alles nichts. Dafür ist Geld da, für die eigenen Leute nicht! – Wir als Freiheitliche Partei werden dafür sorgen, dass sich das umdreht. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war die absurdeste Rede, ...! Kraut und Rüben! – Abg. Neubauer – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Sie haben es notwendig! Haben Sie überhaupt Ihre Unterlagen schon offengelegt?)

11.27



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 55

Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Ing. Lugar hat sich zu einer tatsäch­lichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.27.21

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Frau Tamandl hat behauptet, dass ich den Gesundheitszustand von Herrn Josef Pröll herunterspiele und dement­sprechend nicht würdige.

Ich berichtige tatsächlich: Meine Aussage hat sich nicht auf den Gesundheitszustand von Herrn Josef Pröll bezogen, sondern lediglich auf die Tatsache, dass aus meiner Wahrnehmung der Grund, warum er sich aus der Politik entfernt hat, nicht haupt­sächlich jener war, dass sein Gesundheitszustand ein solcher war, wie er ist, sondern weil Erwin Pröll ihm das Leben so schwer gemacht hat.

Und dass das so ist, sieht man daran,

11.27


Präsident Fritz Neugebauer: Danke, Herr Kollege! Keine weiteren Erklärungen! Sie haben Ihren Eindruck gegenübergestellt.

(Beifall beim BZÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Ing. Lugar. – Abg. Hornek: Das war ..., aber keine Berichtigung!)

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


11.28.12

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Frau Finanzministerin, Sie haben in Ihrer gestrigen Antrittsrede und heute betont, wie wichtig es ist, den Wohlstand in Österreich zu sichern beziehungsweise zu steigern. Und eines ist wohl sicher klar: Wohlstand zu steigern heißt Zukunftsinvestitionen, und das heißt natürlich Bildung, Forschung, und das heißt natürlich auch Umwelt- und Klimaschutz. Bemerkenswert war heute, dass Sie von den großen Herausforderungen gesprochen haben, aber Klima- und Umweltschutz mit keiner Silbe vorgekommen ist. Und das stimmt mich doch bedenklich.

Die Regierung hat sich im Bereich Forschung und Wissenschaft zwei Ziele gesetzt. Eines der Ziele wurde gerade erst im März beschlossen, was die Forschungsstrategie betrifft, nämlich eine Forschungsquote von 3,76 Prozent bis zum Jahr 2020 zu erreichen und zu den „innovation leaders“ zu stoßen, wo wir doch erst im europäischen Mittelfeld sind. Und wenn man sich jetzt den Budgetfahrplan anschaut, dann sieht man ganz deutlich, hier fehlt das Geld dafür. Und genau das sind auch die Analysen der Expertinnen und Experten des Wirtschaftsforschungsinstituts, die auflisten, wie viele Gelder bis 2015 fehlen. 2012: 85 Millionen €, 2013: 145 Millionen €, bis 2015: 420 Millionen €. – Also weit entfernt! Sie nehmen Ihre eigenen Ziele nicht ernst.

Wenn Sie die Ausgaben, die Sie für Forschung und Wissenschaft geplant haben, an­schauen, dann liegen diese Ausgabensteigerungen bei Weitem unter der Inflationsrate. Real bedeutet das also ein Minus.

Wenn Sie sich noch eine Zahl objektiv anschauen, dann ist es doch immer spannend, wie viel von Gesamtausgaben für einen bestimmten Bereich verwendet wird. Waren es 2010 noch 5,9 Prozent vom Gesamttopf, die für Forschung und Wissenschaft ausge­geben wurden, so sind es 2015 nur mehr 5,6 Prozent. Und so wollen Sie die Ziele erreichen, so wollen Sie Wohlstand sichern?! – Frau Ministerin! Hier ein verant­wortungsvolles Budget zu gestalten, das sieht auf jeden Fall anders aus.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 56

In der Strategie, die Sie heute auch mehrmals zitiert haben, beschreiben Sie sehr richtig, dass das Budget mit Sicherheit beeinflusst wird von den Preissteigerungen bei Öl, Kohle, Gas, bei den fossilen Energieträgern. Das ist vollkommen klar, denn das wird Einflüsse auf die Konjunkturentwicklung haben, auf die Spielräume der Haushalte und Unternehmungen – da haben Sie ja vollkommen recht in der Analyse. Aber die logische Konsequenz müsste dann heißen: eine konsequente Umsteuerung. Das würde heißen: Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Sie haben mit Sicherheit mit den Investitionen für die Haussanierung diesbezüglich einen ersten Schritt gemacht, aber die weiteren lassen Sie vermissen. Hier fehlen viele, viele Investitionen bis 2015. Sie werden damit die gesteckten und immer wieder in Sonntagsreden proklamierten Ziele im Klimaschutz auf jeden Fall verfehlen.

Es ist wirklich ein trauriges Symbol, ein trauriges Signal, dass bis 2015 das Budget im Umweltbereich – das so zentral ist für den Klimaschutz, für eine sichere Energie­versorgung, auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen in Österreich – in so einer massiven und drastischen Weise gekürzt wird. Es gibt keine Untergruppe, die ein derartig massives durchschnittliches Minus hat wie das Umweltressort.

Zentrale Ziele, zentrale Bereiche, die für Wohlstand in Österreich wichtig sind, werden also mit diesem Budgetfahrplan verfehlt werden. – Es ist die erste Lesung. Es ist noch Zeit, Korrekturen vorzunehmen. Ich hoffe, SPÖ und ÖVP nehmen das als Nachdenkpause und es wird noch die entsprechenden Schwenks in Richtung Zukunfts­investitionen geben. (Beifall bei den Grünen.)

11.32


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


11.32.51

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Von den beiden Regierungsvertretern sind wir kritisiert worden. Sie wollen also die Kritik nicht wahrnehmen. Ich zitiere jetzt, was die neue Frau Finanzministerin zu uns gesagt hat: Die Bevölkerung hat von der Krise nichts gemerkt. – Glaubt das hier irgendjemand? (Abg. Mag. Stadler: Ja, die Finanzministerin! Die hat nichts gemerkt! Sie hat nichts gemerkt!) – Ich sage Ihnen, jeder hat das gemerkt, und keiner positiv! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Stadler: Sie hat nichts gemerkt, nein!)

Diese Krise hat voll durchgeschlagen, und unsere Finanzministerin ist wahrscheinlich die Einzige in ganz Österreich, die von der Krise nichts gemerkt hat. Sie war ganz beschäftigt mit dem Innenministerium (Abg. Petzner: Mit der Kieberei!) – auf dessen Zustände werden wir noch zu sprechen kommen, denn die neue Innenministerin hat in einer Erstdiagnose festgestellt, dort „pfeift“ es. – Sie hat also nichts gemerkt. Sie hat uns gesagt, es wird kein Sparpaket für Familien geben. (Abg. Kickl: Sie hat auch gesagt, dass man von der Krise nichts gemerkt hat!) Nun, wir erwarten uns auch kein Sparpaket, wir erwarten uns eine Besserstellung der Familien. (Ruf: Das passiert auch!) – „Das passiert auch“?

Also wissen Sie, wir haben in dieser Legislaturperiode so viel von der ÖVP gehört, so viel vom ausgeschiedenen Vizekanzler Josef Pröll – wir glauben es einfach nicht mehr. Er hat uns nämlich auch versprochen, es wird keine neuen Steuern geben, und das Gegenteil ist eingetreten. Er hat auch immer vom Sparen gesprochen, und Rekordver­schuldung ist eingetreten.

Die neue Finanzministerin hat uns erklärt, sie wird jetzt auf die Bremse steigen. Dann hat sie das auch noch gesteigert, ganz dramatisch: Zur „Vollbremsung“ wird es kommen. Und dann hat sie gesagt: aber erst 2014. – Frau Finanzministerin, das ist ein Zeithorizont, der ist nicht einmal mehr diskussionswürdig, denn die Krisensituation, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 57

wir im Finanzbereich jetzt haben, erfordert Maßnahmen, die sofort greifen, nicht irgendetwas, das Sie für 2014 in Aussicht stellen. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Ministerin, Sie haben dann diese dramatischen Schulden beklagt und gemeint, diese werden uns in der Zukunft beeinträchtigen, und alles, was in der Vergangenheit passiert ist, das war ja so schrecklich. – Ich darf in Erinnerung rufen: Seit einem Vierteljahrhundert sitzt die ÖVP in dieser Bundesregierung – 25 Jahre! (Abg. Kickl: Schon viel zu lang!) Sie aber treten von allem ab, Sie haben damit „nichts zu tun“. Und Sie werden uns gleich erklären, das war wahrscheinlich der Bruno Kreisky irgend­wann. – Sie haben diese Politik parteipolitisch zu verantworten! Jammern Sie nicht herum, beklagen Sie es nicht, sondern nehmen Sie zur Kenntnis, dass das Ihre Bilanz ist, die Bilanz der ÖVP! (Beifall beim BZÖ.)

Kommen wir jetzt einmal zu einem Bereich, wo uns auch immer wieder Versprechun­gen gemacht wurden, sogar sehr glaubwürdig, von Josef Pröll, nämlich zum Bereich der Reformen. Ich zähle sie Ihnen auf: Schulreform – wann kommt sie, wie kommt sie? Gesundheitsreform – wann kommt sie, wie kommt sie? Verwaltungsreform – wann kommt sie, wie kommt sie? (Abg. Mag. Stadler: Staatsreform!) Staatsreform, Entbüro­kratisierung, schlanker Staat, Wehrpflicht/Bundesheer, ÖBB-Reform – keine Antwort, keine einzige Antwort auf diese Fragen! (Abg. Mag. Stadler: Seit zwei Tagen!)

Wenn ich dann höre, wie Kollege Krainer von der SPÖ eigentlich in völlig entlarvender Art und Weise gesagt hat, dass der Druck zum Sparen nicht mehr so groß sei, weil die Konjunktur anspringt, so sage ich dazu: Egal, ob die Konjunktur anspringt oder nicht, egal, ob wir jetzt ein größeres oder kleineres Defizit haben, diese Reformen warten seit Jahrzehnten auf Umsetzung, denn das, was wir jetzt haben, ist nicht fair, ist nicht gerecht. Wir wollen einen schlanken, einen besseren Staat, und daher die Reformen sofort! Und erzählen Sie nicht immer, da gibt es keine Zweidrittelmehrheit! Ich bin zwar nicht autorisiert von allen drei Oppositionsparteien, aber ich sage hier von diesem Rednerpult aus: Bei jeder vernünftigen Reform, die eine Verbesserung des Staates bringt, sind sie dabei. Es ist Ihre Pflicht, für diese Reformen zu sorgen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben auch einen Personalplan – und jetzt komme ich wieder zurück, denn Kollege Krainer hat ja gesagt, man soll sich einfach die Mühe machen, nachzusehen, was nicht alles versprochen wurde. Zum Thema Sicherheit hat diese Bundesregierung versprochen: 1 000 neue Planstellen für Polizisten. (Abg. Kößl: Bis 2011!) Jawohl, jährlich 200, sehr gut! Der Einwand der ÖVP: „Bis“ hat er schon gesagt; also Sie haben es ja gleich wieder relativiert. Groß haben Sie nur gesagt: „1 000 Polizisten mehr“, und das haben Sie plakatiert. – Ich habe Ihnen gesagt: Zwei Jahre Ausbildung; die Ersten, die spürbar werden, 2011. Und das geht dann bis weit nach dieser Legislaturperiode.

Na, dann sehen wir einmal nach, was man im Innenministerium alles vorfindet: 2011: 31 583 Mitarbeiter, 2015: 31 695 Mitarbeiter. – So, Herr Kollege: Ein Plus von 112 Planstellen. Sie machen also eine Umschichtung. Die Verwaltung wird nicht weni­ger, die ist unter der Finanzministerin im Innenministerium massiv gestiegen, denn da waren sie immer damit beschäftigt, Statistiken so zu frisieren, dass es ein besseres Bild wird, das diese Bundesregierung abgibt. (Abg. Kößl: Das ist eine massive Unterstellung!) Eine massive Unterstellung? – Es ist die Wahrheit! Und die Wahrheit ist immerhin noch zumutbar. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sie haben dann den Kunstgriff gemacht und gesagt: Wir brauchen ein paar Postler, denn die Postler werden jetzt die neuen Superstars bei der Polizei! – Sie haben in diesem Bereich einmal mehr einen Gag abgeliefert. Uns fehlt die Glaubwürdigkeit dessen, was Sie hier sagen, und uns fehlen natürlich auch die Zahlen.


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Im Innenministerium haben wir jetzt die neue Innenministerin Mikl-Leitner (der Redner dreht sich zur Regierungsbank um) – halt, die ist auch schon wieder weggegangen. (Abg. Petzner: Der Kurz ist da! – Abg. Scheibner: Der Staatssekretär ist da!) Die hat uns erklärt, alles „pfeift“ im Innenministerium. Ich möchte es gar nicht kritisch hinterfragen, warum die alle pfeifen. Sie sollten jetzt endlich zur Kenntnis nehmen, dass die innerliche Kündigung dort massiv vorhanden ist. Die neue Innenministerin sollte Vertrauen geben, und sie sollte von der bisher geübten Praxis der Parteibuch­wirtschaft endlich Abstand nehmen. Das ist das Kernübel. Ich habe mich nur gefreut, dass sie nicht sogar gesagt hat, der Strasser ist ein großes Vorbild. Vor einem halben Jahr hätte sie das vielleicht noch gesagt. Ich hoffe, dass die Innenministerin einen neuen Weg beschreitet (Abg. Dr. Bartenstein: Einen rot-weiß-roten!), jedenfalls einen anderen als die scheidende, die jetzt ins Finanzministerium gerückt ist.

Frau Finanzministerin Fekter, Sie haben von einem Haftrücklass gesprochen – das schwebt Ihnen so vor – in Bezug auf Länder und Gemeinden. Kollege Auer hat Ihnen schon erklärt, wie es den Gemeinden geht: Im Sozialbereich galoppieren die Zahlen bei den Ausgaben nach oben, es wird immer schwieriger. Zwei von drei schaffen keinen ordentlichen Haushalt mehr. Und Sie haben dann von einem Haftrücklass gesprochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Haftrücklass ist ein kluges Argument. Wissen Sie, was? Ich würde Ihnen vorschlagen, allen Steuerzahlern einen Haftrück­lass zu geben! Sie sollen die Steuern so lange einbehalten, bis Sie endlich einmal wirksame Reformen in dieser Republik umsetzen. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. Abg. Kickl: Das wäre gescheit!)

11.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. – Bitte. (Abg. Kickl: Der steirische soziale Kahlschlag!)

 


11.40.16

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! (Abg. Kickl: Die sozial­politische Abrissbirne!) Nachdem wir uns in der größten Wirtschafts- und Finanzkrise gut etabliert haben, stehen wir vor großen Herausforderungen, Herr Kollege Kickl! (Abg. Mag. Stadler: Worüber würden die reden, wenn es keine Krise gegeben hätte? Wie die Papageien plappern das alle nach! Abg. Silhavy in Richtung des Abg. Mag. Stadler : Das ist für die, die sich das nicht merken, Kollege Stadler!)

Auf der einen Seite müssen wir konsolidieren, aber auf der anderen Seite müssen wir das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung fördern. (Abg. Kickl in Richtung SPÖ : Sie gehört zur Fraktion der sozialen Abrissbirnen!) Wir haben bereits ein Konsolidierungspaket geschnürt, und dieses Finanzrahmengesetz basiert auf diesem Paket mit Offensivmaßnahmen. Wenn man sich das BMVIT ansieht, sieht man die Ausgabenentwicklung: 2011 plus 20 Millionen, 2012 plus 25 Millionen, 2013 plus 30 Millionen, 2014 plus 35 Millionen und 2015 plus 35 Millionen. (Abg. Kickl: Schauen Sie sich die Steiermark an! Die Leute tanzen auf der Straße! Freudentänze am 1. Mai!)

Für Österreich, für den Standort Österreich, aber auch für die Beschäftigung ist es wichtig, dass wir in Forschung und Entwicklung investieren und dass wir Österreich positionieren. Die FTI-Strategie wurde heute schon angesprochen. Es ist wichtig, dass wir Österreich bis zum Jahr 2020 zu einem der innovativsten Länder der EU machen. Bereits jetzt sind wir auf einem guten Weg.

Die F&E-Ausgaben werden laut Schätzung der Statistik Austria um zirka 5 Prozent steigen, das sind etwa 8,2 Milliarden. Das heißt, die Regierung hat auch in Zeiten der


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Krise richtig reagiert. Die privat finanzierten F&E-Ausgaben sind nicht so stark eingebrochen wie befürchtet, und mit dem Anspringen der Wirtschaft steigen die F&E-Ausgaben und die Investitionen der Unternehmen wieder an.

Mit einer Forschungsquote von 2,79 Prozent liegt Österreich jetzt schon weit über dem EU-15-Durchschnitt. Wenn man sich die bisherigen Instrumente des BMVIT, wie zum Beispiel das COMET-Programm, ansieht, sieht man, wie wichtig es ist, dass wir auch diese Instrumente weiter fortführen.

Für mich als steirische Abgeordnete ist es besonders erfreulich, dass sich in der Steiermark drei der fünf österreichischen K2-Zentren befinden, denn bereits jetzt verfügt Österreich über sehr innovative Unternehmen, über K-Zentren, über eine wirklich sehr gute Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft, über eine große außeruniversitäre Forschungslandschaft, aber auch über eine universitäre Forschungslandschaft (Abg. Steibl: Dank der Frau Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder!) – und das bringt mich zum nächsten Punkt, und zwar zu den Universitäten.

Es ist wichtig, dass wir den Zugang zu den Universitäten ohne Hürden gestalten. Es gibt nicht zu viele Studierende, sondern es gibt zu schlechte Studienbedingungen. Daher werden die Budgetverhandlungen für den neuen Wissenschaftsminister eine Herausforderung darstellen. Ich setze aber auf eine Einigkeit innerhalb der Regierung, dass die Unis mehr Geld brauchen. Wie man heute von unserem Bundeskanzler und auch von der Frau Finanzminister gehört hat, bekennen sie sich dazu, mehr in die Bil­dung, mehr in die Wissenschaft und mehr in die Forschung zu investieren und nicht am falschen Platz zu sparen. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein.– Bitte.

 


11.43.51

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Finanzministerin! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Faktum eins ist, dass das Wachstum wieder zurück ist, dass wir – und die Ministerin hat das heute auch berichtet – über einen Fünfjahreszeitraum von einem Wachstum von 2,2 Prozent sprechen können. Das ist nicht so schlecht! Der Arbeitsminister kann befriedigt darauf verweisen, dass uns die Europäische Union für März wiederum die Silbermedaille in Sachen Arbeits­markt Europa verleiht. Wir sind da immer unter den Top drei, schon seit Jahren, und das ist gut so und auch ein Zeichen nicht nur für die gute Regierungspolitik, sondern auch für die gute Konjunktur.

Faktum zwei ist, dass Österreich im internationalen Vergleich – jetzt nehme ich einmal den EU-Vergleich her – recht gut dasteht. In Sachen Schuldenquote hat die Europäische Union, die Eurozone einen Achter an der Zehnerstelle, wir einen Siebener. – Der Siebener ist zu hoch, aber immerhin niedriger als der Achter.

In Sachen Budgetnettodefizit hat die Eurozone durchschnittlich einen Sechser vor der Kommastelle, wir einen Vierer. – Auch der Vierer ist wiederum zu hoch, aber immerhin noch um ein Drittel niedriger als ein Sechser.

Aber – jetzt kommt mein Aber! –, meine Damen und Herren, die Ministerin, der Strategiebericht und das Bundesfinanzrahmengesetz sagen uns zum Beispiel auch, dass die Schulden in den nächsten Jahren weiter steigen werden, und zwar nicht nur absolut, sondern auch in Prozent des BIP, nämlich auf über 75 Prozent.

Frau Ministerin Fekter hat von der Schuldenbremse gesprochen, die dann schön langsam in eine Vollbremsung übergeht. Wir wissen, wenn man mit dem Brems­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 60

vorgang beginnt, dann rollt der Zug, dann fährt das Auto immer noch. – Aber das ist natürlich ein Warnsignal, eines von mehreren.

Das zweite Warnsignal, das mich nicht wirklich glücklich stimmt, ist, dass die Schulden in absoluten Zahlen in den Jahren 2010 bis 2015 um über 50 Milliarden € steigen werden. Wir haben dann eine Staatsverschuldung von insgesamt gut 250 Milliar­den €. – Das ist schon etwas! Vergleicht man das mit der Schuldenentwicklung in den Jahren 2005 bis 2010 – also inklusive der schlimmen Rezessionsjahre –, dann stellt man fest, dass es damals auch um die 50 Milliarden € – sogar knapp 50 Milliarden – waren. Diese Schuldenentwicklung muss also weiterhin Sorgen machen.

Ein weiteres Warnsignal struktureller Natur: Der Primärsaldo ist in den Jahren 2011 und 2012 weiterhin negativ. „Primärsaldo“ klingt so unschuldig, heißt aber, dass wir die Ausgaben auch ohne die Zinszahlungen mit den Einnahmen nicht bedecken könnten. Das gilt gemeinhin als Gelblichtsignal im budgetären Bereich und heißt im Klartext, dass wir zum Bezahlen der Zinsen neue Schulden aufnehmen müssen.

Noch ein Warnsignal gibt es hinsichtlich der Bedienung der Schulden: Wir sind mittlerweile auf einem Kurs, wo wir bei einem historisch niedrigen Zinsniveau bald nicht weniger als 10 Milliarden € für Zinsen ausgeben, und das bedeutet bei einem Budget­volumen von 70 Milliarden € 15 Prozent. Also 15 Prozent des gesamten Staatshaus­haltes sind dann Zinsaufwand.

Wir haben also strukturelle Budgetprobleme, und die erfordern strukturelle Antworten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie letztlich auch aus den Zahlen hervor­geht, um das wahrscheinlich dominierendste strukturelle Problem unseres Budgets heranzuziehen: Gegenüber dem Strategiebericht von vor einem Jahr – Herr Sozial­minister, jetzt spreche ich Sie an – lautet die aktuelle Schätzung in Sachen Bundes­zuschuss zu den Pensionen, dass wir um 1,75 Milliarden € mehr an Bundeszuschuss brauchen, als der Minister noch vor einem Jahr geschätzt hat, und wir brauchen um 450 Millionen € mehr für die Beamtenpensionen, als noch vor einem Jahr geschätzt wurde  also insgesamt 2,2 Milliarden € mehr, als noch vor einem Jahr geschätzt wurde, und das ist ein Alarmsignal!

Der Herr Bundeskanzler sitzt jetzt nicht mehr auf der Regierungsbank, aber ich wundere mich schon darüber, dass er gestern in Interviews verkündet hat, es sei alles im grünen Bereich. Das ist es nicht. Strukturell haben wir erhebliche Probleme, Gelblicht ist angesagt, und die Ministerin ist in jeder Beziehung zu unterstützen, wenn sie sagt, Neuausgaben wunderbar, aber wer immer mit solchen Wünschen kommt, möge auch einen Bedeckungsvorschlag vorlegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


11.48.30

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! In der Präambel des Budgetbegleit­gesetzes steht, die Ausgestaltung des Finanzrahmens soll verbindlich, mehrjährig, flexibel sowie klar und einfach verständlich sein. Ich habe mir einen Teilbereich ein bisschen durchgesehen, nämlich das Unterkapitel Gesundheit, und das ist alles andere als klar, deutlich und flexibel.

Dieses Papier, das eineinhalb Seiten einnimmt – und das für eine gesundheits­politi­sche und sozialpolitische Herausforderung unserer Gesellschaft! –, ist nichts anderes


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 61

als eine Verschwendung eines leeren Zettels. Es stehen Allgemeinplätze drauf wie die Sicherung der Gesundheitsversorgung für die Allgemeinheit und dergleichen mehr.

Herr Minister Stöger ist ja jetzt leider nicht mehr zugegen, sonst hätte ich ihn nämlich gefragt, wie er es denn vereinbaren kann, dass er seit seiner Angelobung immer wieder mit der „Weisheit“ punktet, er möchte für das Gesundheitssystem die beste Versorgung sicherstellen.

Ich erwarte mir vom Herrn Gesundheitsminister, aber auch vom Herrn Sozialminister, dass sie in aller Deutlichkeit dafür sorgen, dass ein Grundpfeiler der sozialen Sicher­heit in diesem Land, nämlich die sozialen Krankenversicherungen und deren Auto­nomie, eine deutliche Stärkung erlebt. Da kann man doch erwarten, dass in einem Budgetbegleitgesetz bestimmte Parameter ordentlich abgedeckt werden.

Ich meine zum Beispiel die kassenfremden Leistungen, denn diese sind wirklich ein Ärgernis. Ich habe mir die Mühe gemacht, das Stenographische Protokoll über eine Fragestunde vom Juli 2009 auszuheben, um die Fragen, die Gesundheitsminister Stöger damals in Bezug auf kassenfremde Leistungen gestellt wurden, hier noch einmal zu besprechen.

Der Herr Minister hat auf eine entsprechende Anfrage natürlich richtigerweise gemeint, dass der Rechnungshof schon festgestellt und auch deutlich gemacht hat, dass durch die Veränderungen der Zahlungsströme von der sozialen Krankenversicherung hin ins Finanzamt die Schulden gewandert sind und dass dort Geld entzogen worden ist.

Da erwarte ich mir doch zumindest, dass in solch einem Papier, wie wir es hier vorliegen haben, diese Summen in irgendeiner Form angesprochen werden und diese Ungerechtigkeit beseitigt und korrigiert wird. Nichts ist geschehen!

Frau Finanzminister, ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass da in bestimmten Bereichen wirklich nicht ordentlich gearbeitet wird, und ich würde Sie bitten, das abzustellen.

Ein Beispiel: Wir haben im Jahr 2008 in Österreich eine Zigaretteneinfuhrbeschränkung beschlossen. Diese Regelung hat vorgesehen, dass entgegen den EU-Richtlinien, nach denen es damals – und übrigens auch heute – gestattet war, 800 Zigaretten frei einzuführen, die Einfuhr nach Österreich auf 200 Zigaretten beschränkt wird – richtiger­weise. Das war nichts anderes, als unsere Trafikanten gegen die EU-Richtlinien zu schützen. Das war ein gutes Unterfangen, nur war es handwerklich ausgesprochen schlecht gemacht, ich möchte sogar sagen, es war ein Pfusch. Diese Regelung hat natürlich nicht gehalten, weil die Begründung, dass die Zigaretten nicht eingeführt werden können, wenn die Sprache auf den Packungen nicht Deutsch ist, natürlich dazu geführt hat, dass das von allen Instanzen und vom Europäischen Gerichtshof in Bausch und Bogen aufgehoben wurde. Soweit die Vorgeschichte.

Die Konsequenz aus dieser ganzen Sache ist, dass jetzt vom Betreiber der Excalibur City Klagen gegen die Republik Österreich im Raum stehen, die etwa 150 Millionen € ausmachen werden. Ich habe jetzt noch einmal nachgefragt, weil ich hierzu nämlich am Anfang des Jahres eine Anfrage eingebracht und von Gesundheitsminister Stöger auch schon eine Antwort bekommen habe. Die Herrschaften in Ihrem Ministerium sagen mir dazu unter der Hand, dass es natürlich so ist, dass da Rückstellungen von 150 Millionen € vorzunehmen wären, die aus dem Gesundheitsbudget des Ministers zu bezahlen wären. Minister Stöger schreibt jedoch lapidar: „Eine vorsorgliche Rück­stellungsbuchung ist im Haushaltsverrechnungssystem – zumindest für das Bundes­ministerium für Gesundheit – sowohl technisch als auch finanziell nicht möglich.“ – Also schmeck’s!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 62

Ich sage Ihnen, 150 Millionen € sind in diesen kargen Zeiten kein Pappenstiel. So kann man nicht arbeiten. Ich würde Sie bitten, diese Missstände in Ihrem Haus, aber auch innerhalb der Regierung abzustellen! (Beifall bei der FPÖ.)

11.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


11.53.17

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! (Abg. Mag. Stadler: Ans Fernsehen brauchen Sie jetzt nicht zu denken!) – Aber da oben auf der Galerie schauen immerhin Besucherinnen und Besucher zu, die sind auch zu begrüßen, oder? (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Frau Finanzministerin, Sie haben gestern im „Morgenjournal“ gesagt, es gäbe keine schmerzhaften Einschnitte, aber sehr wohl Reformen. Jedes Ressort müsse Prioritäten setzen und die Bereiche durchforsten, in denen Sparen möglich ist.

Ich kann Ihnen schon einen Bereich nennen, in dem es sehr, sehr schmerzhafte Einschnitte gibt. Sie können raten, ich habe es auch gestern schon gesagt: Es ist die Entwicklungszusammenarbeit. (Beifall bei den Grünen. Abg. Mag. Stadler: Fürs Protokoll: Sechs Applaudierer!)

Das ist ein Kapitel, das eben sehr gerne übersehen wird. Wenn Sie, Herr Gradauer sagen, die Menschen verstehen nicht, warum Geld in Entwicklungshilfe fließt, dann würde ich sagen: Sie verstehen es nicht. Die Menschen verstehen das nämlich sehr gut. Auch die Umfragen beweisen immer wieder, dass es sehr, sehr viel Verständnis dafür gibt.

Was heißt Entwicklungszusammenarbeit? – Das heißt nichts anderes, als dort Sta­bilität zu erzeugen, wo soziale Unruhen bestehen, wo soziale Ungerechtigkeit statt­findet, wo Länder noch nicht so weit sind in ihrer Demokratie. Das ist ganz wichtig. Das haben wir auch jetzt an den Beispielen in Nordafrika gesehen. Also: Sie haben es nicht verstanden, erkundigen Sie sich ein bisschen! Die Leute verstehen es ganz gut. (Beifall bei den Grünen.)

Auch Sie, Frau Ministerin Fekter, haben als Innenministerin noch im letzten Menschen­rechtsausschuss, der leider schon länger her ist, auf meine Frage, wie Sie zu den Kürzungen stehen, geantwortet, es werde ja ohnehin in jedem Ministerrat Katastro­phenhilfe beschlossen und es werde genug dafür getan, die Nicht-Regierungs-Organisationen hätten nur Angst um ihre Basisförderungen. Das kommt mir schon ein bisschen zynisch vor. Es geht nicht nur um Katastrophenhilfe, und ich würde Sie bitten, zwischen Katastrophenhilfe und Entwicklungszusammenarbeit zu unterscheiden. Das ist etwas anderes. Für die Katastrophenhilfe gibt es einen eigenen Topf. Die Entwicklungszusammenarbeit ist so, wie sie jetzt dasteht, enorm gefährdet.

Sie müssen wissen – und Sie wissen das –, dass es in diesem Zusammenhang um etwas ganz anderes geht. Es geht um ein soziales Gleichgewicht, das hergestellt werden muss, und es geht um eine internationale Verantwortung, die wir wahrnehmen müssen. Ich bitte Sie als Finanzministerin da um Unterstützung.

Franz Fischler hat unlängst im Zusammenhang mit der Entwicklungszusammenarbeit gesagt: „Die Tatsachen sprechen für sich. Österreich ist mit dabei, wenn es ums Versprechen geht, und immer mit dabei, wenn es um das Brechen all dieser Versprechungen geht.“ – Er hat ganz recht damit in Bezug auf die Entwicklungs­zusammenarbeit. Das, was er sagt, ist sehr, sehr treffend.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 63

Ich würde bitten, dass in Zukunft auch der Herr Außenminister – er ist heute nicht hier – nicht permanent Dinge verspricht und sich um neue Ämter bewirbt wie um einen Platz im Sicherheitsrat, jetzt im UN-Menschenrechtsrat, sich aber vor lauter Bewerben nicht um das eigentliche Engagement kümmert. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Es geht nämlich darum, wenn es schon so ist, wenigstens zu kommunizieren, was da geschieht. Es ist nicht unwichtig – ich weiß nicht, ob Sie das anders sehen – und es gehört kommuniziert, dass wir da drinnen sind und was wir da machen.

Eine Geschichte noch zum Schluss, die ich als Frauensprecherin erzählen möchte. Mein Bonmot, diesmal zum Gender Budgeting. Es ist zwar schön, dass das vorkommt, aber die Analyse ist ziemlich dürftig, wenn man sich anschaut, wie Gender Budgeting jetzt in der Performance aussieht. Wir wissen, dass es bald verbindlich wird. Es ist schon jetzt verbindlich, dass einzelne Ressorts Bereiche auszeichnen, in denen Gender Budgeting umgesetzt wird und relevante Maßnahmen gesetzt werden.

Ich würde Sie bitten, das in Zukunft beherzter anzugehen, in die Zukunft zu schauen und nicht nur nachträglich oft Maßnahmen als Gender Budgeting zu deklarieren. So wird das keine ernste Angelegenheit. (Ironische Heiterkeit der Abgeordneten Mag. Stefan und Dr. Belakowitsch-Jenewein.– Sie können ruhig lachen. Auch wenn Sie Gender Budgeting immer wieder witzig finden, es wirkt sich ganz entscheidend auf Frauen und Männer aus. Das mit den Frauen vergessen Sie halt so gerne, okay. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


11.57.40

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Schwentner, Sie waren so überrascht, als wir bei Ihrer Sequenz zu einer besseren Dotierung der Außenpolitik applaudiert haben. (Abg. Mag. Schwentner: Ja!) Das war ernst gemeint, denn auch die Frage der Entwicklungszusammenarbeit, nämlich einer vernünftigen Entwicklungszusammenarbeit, im Rahmen derer man auch Schwerpunkte setzt, sodass Menschen auch in ihrer Heimat eine Zukunft finden können, damit eben auch Migration zu uns verhindert wird, ist oder wäre natürlich in der Außenpolitik eine wichtige Aufgabe der Zukunft, Frau Finanzministerin, sodass man eben nicht, wie das auch jetzt bei dieser Budgetvorschau gemacht wird, rasen­mäher­artig über alle Ressorts drüberfährt. – Da sieht man richtig die Bürokraten mit ihrem gespitzten Bleistift in ihren Schreibstuben sitzen und Budgetposten herunter­streichen, ohne dass man wirklich eine Zukunftsstrategie für die jeweiligen Ressorts ansetzt.

Das ist gerade im Außenministerium – der Herr Außenminister ist heute leider wieder einmal nicht hier – besonders der Fall, weil dort die Kürzungen besonders eklatant ausfallen. Ich möchte hier auch ein ganz konkretes Beispiel bringen. Das gilt gerade jetzt, da wir das Desaster im Nahen Osten sehen, wo es Revolutionsbewegungen und gewalttätige Übergriffe gibt und sehr intensiv darüber diskutiert wird, wie man den jeweiligen Staaten helfen kann, Schritt für Schritt in Richtung Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu kommen.

Ich möchte mich jetzt gar nicht damit auseinandersetzen, wie verschiedene Alter­nativen dort zu bewerten sind, aber grundsätzlich wäre es doch eine Aufgabe für ein kleines Land wie Österreich, sich Nischen zu suchen, um auch wirklich Hilfestellungen zu geben, auch kleinen Ländern. (Beifall beim BZÖ.)

Was geschieht? – Genau das Gegenteil. Es gibt einige sinnvolle private oder halb­private Initiativen, etwa jene – das möchte ich wirklich hervorheben – von Werner


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Fasslabend, einem ehemaligen langjährigen Ministerkollegen, der in einer Privat­initiative in einem problematischen Land wie dem Sudan wirklich gute Initiativen gesetzt hat. Da ist es darum gegangen, Hilfestellungen zu geben, die Volksabstim­mung vorzubereiten und dort auch eine Brücke zu bauen, anstatt auszugrenzen, wie es die großen Mächte immer wieder machen. 

Es gäbe im Nahen Osten für Österreich die Möglichkeit, solche Nischen zu finden. Ein Beispiel ist der Oman, ein kleines stabiles Land. Wir waren voriges Jahr mit dem Herrn Präsidenten mit einer Parlamentarierdelegation dort. Im Oman hat es auch Demonstra­tionen gegeben, man hat aber positiv darauf reagiert und Minister ausgetauscht. Im Herbst finden Wahlen statt, und wir versuchen gerade auf Ersuchen der dortigen Parlamentarier, die Kontakte zu intensivieren und zu zeigen, wie man solche Wahlen organisieren kann. Was ist die Reaktion des Außenministeriums? – Die dortige österreichische Botschaft wird aus Kostengründen gesperrt. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Wissen Sie, warum? Wissen Sie, was das kostet, lieber Kollege? – Die reinen Kosten betragen 500 000 € im Jahr. Für 500 000 € im Jahr nehmen wir uns die Chance, zu zeigen, dass ein kleines Land wie Österreich einem anderen kleinen Land in einer Krisenregion auf demokratischer Ebene Hilfestellung geben kann. Wenn das die Perspektiven dieser Bundesregierung sind – und das war jetzt nur ein kleines Schlaglicht –, dann tut es mir wirklich leid. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

Frau Finanzministerin Fekter, Sie haben heute eine besonders gefährliche Drohung ausgesprochen, indem Sie garantiert haben, dass es unter Ihnen als Finanzministerin keine Steuererhöhungen geben wird. Wir kennen das alles noch, und ich habe mir das nicht noch einmal ausgedruckt, Sie kennen die Garantien Ihres Vorgängers auch: Noch am Höhepunkt der Krise wurde garantiert, dass es unter einem Finanzminister Pröll keine Steuererhöhungen geben wird. – Die Realität kennen wir, es hat den stärksten Griff in die Taschen der Steuerzahler gegeben. Also wenn das die nächste Ankün­digung für Steuererhöhungen war, dann gute Nacht!

Frau Ministerin, Sie haben gleichzeitig schon das abgesagt, bei dem man wirklich einsparen könnte, nämlich bei der Verwaltungsreform, bei den Strukturen. Frau Finanz­ministerin, sagen Sie es einmal offen: War es die Bedingung für die Zustimmung des Onkels aus Niederösterreich zu dieser Regierungsumbildung, dass man diese lästigen Verwaltungsreformen absagt, die natürlich auch in die Länder hinein wirken? Das kann doch nicht Ihr ernst sein. Es kann doch nicht so sein, dass man rasenmäherartig in allen Ressorts einspart.

Herr Wissenschaftsminister, weil Sie mich jetzt ansehen, Folgendes: Sie haben mich gestern falsch verstanden. Auch in Ihrem Ressort wird rasenmäherartig eingespart, etwa bei der außeruniversitären Forschung. Sie haben gesagt, das werde jetzt alles in die Universitäten eingegliedert. Nein, es gibt wirklich gute und wichtige Institutionen – auch im Volksbildungsbereich –, die man nicht in die Universitäten eingliedern kann. Wir brauchen diese Institutionen, weil das Breitenwirkung erhält. Da geht es nicht um viele Millionen. Da ist es auch wieder so, dass die Beamten, die Bürokraten mit dem Bleistift agieren und versuchen, die Gelder hereinzubekommen, die wir woanders einsparen könnten, aber nicht im wichtigen Forschungs- und Wissenschaftsbereich. (Beifall beim BZÖ.)

Es gäbe viele Dinge, die man hiezu ansprechen könnte. Sie müssen sich einmal die Mühe machen, wirklich darauf einzugehen.

Ich kann mich noch gut erinnern, als es darum gegangen ist, die Zahl der Bezirks­gerichte zu reduzieren. Es gab riesige Widerstände. Dann hat man aufgezeigt, auf


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welcher Basis die Zahl der Bezirksgerichte dargestellt worden ist. Es kommt nämlich noch aus dem vorvorigen Jahrhundert und den Jahrhunderten davor, dass die Bevöl­kerung das Recht hatte, ein Bezirksgericht innerhalb einer Wegstrecke von einer Ochsenkarrentagesfahrt zu erreichen. 200 Jahre später war das noch ein Argument dafür, dass man die Bezirksgerichte in dieser Anzahl erhalten können muss. Da gibt es genug andere Beispiele.

Sie sagen immer wieder, wir sollen Vorschläge bringen. Wir wollen, dass diskutiert wird, ob die Gesetzgebungskompetenz der Länder in diesem Ausmaß noch zeitgemäß ist. Wir wollen, dass darüber diskutiert wird, ob wir alle Verwaltungsebenen, die wir jetzt haben, noch brauchen – gerade etwa in der Schulverwaltung. Herr Kollege Cap, Sie wissen, dass wir es waren, die gesagt haben: Ja, die Initiativen der Unterrichts­ministerin sind positiv. Auch Ministerin Karl hat damals zugestimmt – daraufhin wurde Sie gleich von den Verhandlungen abgezogen. Es kann doch nicht sein, dass man das einfach zur Kenntnis nimmt.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Dort, wo es Ihnen weh tut, weil es in Ihre Bünde, in Ihre Pfründe und in Ihre Strukturen geht, werden Reformen abge­schafft und abgesagt. Aber wenn es darum geht, den Steuerzahler zu schröpfen und wichtige Initiativen abzuschaffen, sind Sie noch initiativ. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Frau Finanzministerin, Sie sagen, Sie wollen ein einfaches Steuersystem. Wir haben es. Bitte, wir geben Ihnen das Konzept – das ist einer von den 1 000 Anträgen, die nicht behandelt werden –: das System der fairen Steuern, angelehnt an die Flat-Tax – Sie können sich das anschauen. Wir sind gerne bereit, mit Ihnen zusammen daran zu arbeiten, wie wir das in die Praxis umsetzen können.

Herr Kollege Cap, wir haben ein fertiges Konzept für den Weg Österreichs in die Energieautarkie – Schritt für Schritt. (Abg. Dr. Cap: Ja, ja!) – Ja, wann fangen wir an? Wir haben das Konzept, wir arbeiten das gerne mit Ihnen aus.

Sicherheitspolitik: Meine Damen und Herren, was ist denn jetzt mit der Wehrpflicht? Herr Minister (Bundesminister Mag. Darabos hat soeben den Sitzungssaal betreten), oh, wunderbar! Wie geht es jetzt mit der Sicherheitsdoktrin und der Wehrpflicht weiter? Ist das jetzt auch alles abgesagt, wie ich so höre? Wir haben ein fix und fertiges Konzept auch für die Umsetzung in Richtung Freiwilligenheer, in Richtung gemein­samer Sicherheitspolitik in Europa. Wir sind gerne bereit, auch mit Ihnen konstruktiv zusammenzuarbeiten. (Abg. Mag. Stadler: Da gibt es ein OV! Ein Onkel-Ver!)

Was ist los in dieser Regierung? Wo ist das Programm? Wir hätten uns gestern erwartet, dass die Richtlinien gesetzt werden. Durch alles andere setzen Sie sich nur dem Verdacht aus, dass Sie Zeit bis zu den nächsten Wahlen gewinnen wollen. Es wird Ihnen aber nicht gelingen, noch irgendetwas zu vernebeln, um das Wahldesaster, das sich in den Umfragen abzeichnet, zu verhindern. Ich fürchte, es wird auch nicht der Fall sein, dass Sie sich auf unsere konstruktiven Vorschläge einlassen und gemeinsam mit uns wirklich etwas für Österreich tun. Der Wähler wird entscheiden, wie es nach den nächsten Wahlen weitergeht – sicher besser als jetzt, denn schlechter kann es nicht mehr werden. (Beifall beim BZÖ.)

12.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


12.06.33

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Finanzminister! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Es ist erfreulich, dass nach diesen ungeheuerlichen, eigentlich


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unverschämten Attacken von Bucher und Strache Sachlichkeit in die Budgetdebatte eingekehrt ist. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Bei allen Diskussionen, die man führen kann, sollte man eines nicht vergessen: Wie wir die Krise alle zusammen – und ich meine auch die Oppositionsparteien – gemeistert haben und dass Österreich jetzt so dasteht – nicht optimal, das ist überhaupt keine Frage –, können wir als Erfolg werten. Wie wir jetzt weiter aufbauen können, ist wohl einzigartig in Europa, verdient Lob und würde auch von den härtesten Oppositionspolitikern etwas mehr Respekt verdienen. Dieser Meinung bin ich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dass die Regierung Wort gehalten hat, sieht man an diesem Finanzrahmengesetz sehr deutlich. Man hat die Zeichen der Zeit erkannt und setzt in wesentlichen Bereichen die richtigen Schritte. Wenn man das Budget in die Auslage eines Geschäfts stellen würde, würde man das Bildungsbudget in den Mittelpunkt dieser Auslage stellen. Ich habe mir den Bildungsbereich ganz speziell angeschaut. In diesem Bereich wurden tatsächlich die Maßnahmen gesetzt, die versprochen wurden, die uns in die Lage versetzen, die Zukunft an unseren Schulen besser, chancengerechter und fairer für die Kinder zu gestalten.

Ich meine, da sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: von 2010 bis 2012 jährlich 200 Millionen € mehr und von 2012 bis 2015 300 Millionen € mehr. (Abg. Mag. Stadler: Ich habe geglaubt, die Sozialdemokraten sind ...! Es ist niemand da! Die schauen sich alle die Hochzeit an!) Diese Zahlen versetzen uns in die Lage, die entscheidenden weiteren Schritte zu setzen. Die Frage ist natürlich – da hat Kollege Stadler recht –, wie wir die Mittel einsetzen wollen. Das Parlament ist gefordert, wir alle sind gefordert, wenn es darum geht, welche Maßnahmen wir konkret setzen.

Ich kenne die Probleme, die es auch im bildungspolitisch unterschiedlichen Feld der beiden Koalitionsparteien gibt. Da gibt es natürlich einige Unterschiede. Es gibt nach wie vor Verwaltungsstrukturprobleme im Bildungsbereich, was vom Kollegen Scheibner zu Recht angesprochen wurde. Die muss man ohne Zweifel angehen. Egal, wie viel eingespart werden kann – allein, dass man daran effizienter und gezielter herangeht, ist eine wichtige Voraussetzung.

Ich meine schon, dass Politik auch die Kunst des Möglichen ist. Das zeichnet unsere Bildungsministerin Schmied wohl aus. (Abg. Scheibner: Sie kann sich nur nicht durchsetzen! – Abg. Mag. Stadler: Da hast du recht! Der einzige Lichtblick in der Regierung! Sie setzt sich nur nicht gegen Amon durch!) Man kann jetzt all die Unterschiede, die unterschiedlichen Positionen auch innerhalb der Koalition aufzeigen. Aber dass mit so viel Engagement, mit so viel Einsatz das erreicht werden kann, was wir heute Nachmittag und in den kommenden Sitzungen im Bildungsbereich beschließen werden, zeigt, dass wir auf einem ganz guten Weg sind, der auch entsprechend unterstützt werden soll.

Ich darf zum Schluss noch einen Appell an den Wissenschaftsminister Töchterle richten, der erfreulicherweise gestern den ganzen Tag hier war und auch heute den ganzen Tag hier ist. Ich habe große Hoffnung – die habe ich auch in Ihre Vorgängerin gesetzt, die leider genau wegen dem, was Sie uns gestern geschrieben haben, aus der Bildungsverantwortung herausgezogen wurde. Wir können nur dann wirkliche Fort­schritte erzielen, wenn wir das, was Sie geschrieben haben, auch umsetzen – das gilt für die Wissenschaft, aber auch für den Unterrichtsbereich. Ich darf Sie kurz zitieren. Sie haben gestern einen Brief an alle Abgeordneten – glaube ich, oder an die Mitglieder der Ausschüsse – geschrieben. Ihr Schlusssatz war: Abschließend möchte ich Sie alle zum Verlassen ideologischer Bastionen und zu einem Wettstreit der besten Ideen einladen.


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Das ist die zentrale Herausforderung in allen Bereichen, aber ganz besonders im Bereich Bildung und Wissenschaft. Wenn wir diesen Weg gehen und jeder den besten Weg sucht, um die Steuermittel am besten einzusetzen, dann bin ich davon überzeugt, dass wir die entscheidenden Schritte setzen werden und die Mittel so effizient einsetzen, wie wir uns das alle wünschen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

12.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


12.11.27

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Unsere Generation darf und soll nicht auf Kosten ihrer Kinder leben. Budgetdisziplin, eine fixe Ausgabenseite des Bundeshaushaltes sind wichtige Eckpfeiler dazu.

Beim Bundesfinanzrahmen bis 2015 hat man sich bewusst dazu entschlossen, im Bereich Familie, Bildung, Gesundheit und Soziales keine Kürzungen zuzulassen. Im Familienbereich sind 6,8 Milliarden € statt der vorgesehenen 6,3 Milliarden € geblie­ben. Ich denke, dass das auch ein Signal für zukünftige familienpolitische Schwer­punkte ist, zum Beispiel mehr Geld für die Pflege – 685 Millionen € bis 2014, wovon zwei Drittel der Bund und ein Drittel die Länder übernehmen –, 80 Millionen € für den weiteren Ausbau der Ganztagesbetreuung an Schulen oder 216 Millionen € für die Neue Mittelschule. Damit werden Schwerpunkte für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesetzt.

Im Gegensatz zu den Grünen und zum BZÖ wollen wir die Steuern nicht erhöhen. Die Steuerreform 2009 zum Beispiel ist den Familien sehr stark zugutegekommen. Wir wollen das mit einer weiteren Steuerfairness für Familien mit Kindern, für Familien mit mehr Kindern weiter forcieren. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Ursula Haubner: Wieso erhöhen wir die Steuern?! – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wer erhöht die Steuern?! – Abg. Mag. Stadler: Haben Sie Wahrnehmungsprobleme?! – Abg. Kickl: Sie sind mit dem Rasenmäher über die Familien gefahren!)

Man soll nachdenken, zukunftsorientiert arbeiten und schauen, wie es in Zukunft weitergeht. Den Familien mit mehr Kindern würde es guttun, wenn ein weiterer Punkt gesetzt wird. Ich denke, dass unser Bundesminister Reinhold Mitterlehner als zuständiger Minister, Frau Bundesministerin Fekter und natürlich auch Vizekanzler Spindelegger Garanten dafür sind. Weil das heute noch nicht geschehen ist, möchte ich an dieser Stelle ein Danke an Reinhold Lopatka sagen, der sehr viel Arbeit im Finanzministerium geleistet hat, um auch für unsere neue Finanzministerin, der ich alles Gute wünsche, einen guten Boden aufzubereiten. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Zusammengefasst: Wir wollen den Wirtschaftsstandort Österreich sichern, Arbeits­plätze schaffen, Leistung belohnen und Akzente für Familien und Kinder setzen. Wir werden am richtigen Platz sparen und in Zukunftsbereiche investieren. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Meinen Sie eigentlich ernst, was Sie da sagen?! Sie haben die Familien geschröpft wie noch nie zuvor!) – Wir haben Familienpolitik gemacht, und wenn Sie genauer hinschauen, sehen Sie, dass wir nach wie vor europaweit im Spitzenfeld liegen. Ja, es war schmerzhaft, aber wir haben nur Leistungen gekürzt, die – sagen wir so – weit über dem europäischen Standard waren. (Abg. Kickl: Lopatka hat vorgeschlagen ...!) Gerade in diesem Bereich werden wir weitere Akzente setzen, insbesondere zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie müssen nur mitgehen, werte Frau Kollegin. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. –


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Abg. Steibl dreht sich zur Regierungsbank um und reicht Bundesministerin Dr. Fekter die Hand.)

12.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


12.15.06

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin seit viereinhalb Jahren hier in diesem Hohen Haus, und wissen Sie, was mir ehrlich gesagt am meisten auf den Wecker geht? – Dass man sich permanent mit den Schlechteren in der EU und in Europa vergleicht. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Aber wir sind ja bei den Besten!)

Ich habe in der Zwischenzeit etwas bemerkt: Wenn man sich seitens der Regierungs­parteien jeden Monat einredet, dass wir ohnehin die Besten sind, dann kann man sich natürlich auch nicht mit einem Besseren vergleichen. Ich hätte dieses Thema nicht mehr aufgegriffen, wenn mich Herr Kollege Matznetter nicht herausgefordert hätte. Aber er ist ja heute nicht da.

Frau Finanzministerin Fekter, Sie haben gesagt, Österreich steht besser da als alle angrenzenden Staaten rund um Österreich. (Abg. Kickl: Gratulation!) Jetzt nenne ich Ihnen ein paar Zahlen: Inflation – 0,6 Prozent, Defizit 2011 – 0,4 Prozent, Arbeitslosig­keit – unter 3 Prozent, Verschuldung – 41,1 Prozent, Abgabenquote, Frau Bundes­minister – 29,2 Prozent (Abg. Kickl: Aufpassen! – Abg. Mag. Stadler: Das sind die armen Schweizer!), und das bei einem ähnlichen Wirtschaftswachstum wie in Öster­reich, nämlich aktuell 2,2 Prozent. Frau Bundesministerin, das ist die Schweiz. Bis vorgestern, als ich nach Wien gereist bin, waren das noch meine Nachbarn, also ein Nachbarstaat von Österreich. Ich hoffe, dass meine Nachbarn, wenn ich morgen zurückkomme, noch da sind und nicht in einem schwarzen Loch, das im CERN pro­duziert wurde, verschwunden sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Nur so viel dazu, dass man sich auch einmal mit den Besseren vergleichen könnte. Aber das tut man ja nicht. Es muss doch der Anspruch einer verantwortungsvollen Regierung sein, sich einmal mit den Besseren zu vergleichen. Selbstverständlich kann man positiv anmerken, dass es viele Länder in Europa und in der EU gibt, die schlechter sind als wir. (Abg. Kickl: Das sind die Entwicklungsländer!) Das ist in Ordnung. Man müsste aber doch den Anspruch an sich selbst stellen, sich auch einmal mit den Besseren zu vergleichen und zu schauen, was sie anders machen, was sie besser machen und was wir daraus lernen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesministerin Fekter, Sie sagen, Sie wollen Steuern nach dem Prinzip einfacher, weniger und leistungsorientierter gestalten. Das hat Ihr Kollege Matznetter von der anderen Regierungspartei bereits widerlegt. Er hat heute klar gesagt, wenn man neue Steuern einführen oder Steuern erhöhen muss, dann ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ja, er hat nur nicht dazugesagt, wann das ist. Ich glaube nämlich aufgrund des Zahlenwerkes, das Sie vorlegen, dass das relativ rasch sein wird. Es stellt sich wirklich nur die Frage, wann. Wenn Sie die Abgabenquote in Österreich ansprechen und sagen, dass sie mit 44 Prozent für Sie zu hoch ist, dann ist das auch eine halbe Warnung.

Ich erinnere daran, dass die Abgabenquote in Österreich 42 Prozent betragen hat, als Herr Finanzminister Molterer das Amt übernommen hat. Er hat gesagt, sie muss unter 40 Prozent. Bei seinem Nachfolger Josef Pröll, Ihrem Vorgänger, Frau Minister Fekter, waren wir bei 43 Prozent Abgabenquote. Auch er hat gesagt, dass das entschieden zu hoch ist. Jetzt sind wir bei 44 Prozent. Ich hoffe, dass Sie recht lange bleiben, denn


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wenn Sie diesen Job in Kürze wieder verlieren oder aufgeben, dann kommt der Nächste, es sind 45 Prozent, und er sagt, das ist zu hoch.

Wie stellen Sie sich eigentlich vor, dass das weitergehen soll? Was wollen Sie mit den Zahlen, die Sie niederschreiben, machen? Von einem Strategiebericht ist das weit entfernt. Da ist nirgends eine Strategie erkennbar. Die Ausnahme in Sachen Wirtschaft ist vielleicht zu erwähnen. Auf Seite 60 steht: Verbesserung des Finanzierungs­zuganges insbesondere für die heimischen KMU. Sie haben die letzten zwei Jahre immer abgestritten, dass es eine Finanzierungs- beziehungsweise Kreditklemme in die­sem Bereich gibt. Da wollen Sie etwas verbessern? Verbessern können Sie nur etwas, das bisher schlechter war oder nicht funktioniert hat. So viel zu Ihren Strategien – na gute Nacht! (Beifall bei der FPÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


12.19.10

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte ZuschauerInnen, die nicht vor dem Fernseher sitzen und sich die englische Hochzeit anschauen, sondern hier die Sitzung verfolgen! Die Sitzung wird ja leider nicht vom ORF übertragen, weil es in Europa momentan anscheinend Wichtigeres zu beobachten gibt. (Abg. Mag. Stadler: Die englische Hochzeit ist wichtiger!) Aber das wollen wir unkommentiert lassen.

Frau Finanzministerin, ich habe Ihnen heute früh sehr gut zugehört. Sie haben gesagt, die Bevölkerung hat die Krise nicht bemerkt. Mein Kollege Kogler hat Ihnen schon gesagt, was von dieser Aussage zu halten ist. Ich möchte Ihnen nur an einem Beispiel zeigen, dass die Bevölkerung diese Krise sehr wohl bemerkt hat, nämlich anhand einer Gruppe, die im letzten Herbst von dieser Regierung sehr im Stich gelassen wurde, anhand einer Gruppe, die sehr wohl Folgen der Krise zu bemerken hatte und starke Einschnitte in Kauf nehmen musste – und das sind die Familien.

Wenn Sie, Frau Kollegin Steibl, hier zum Rednerpult gehen und sagen: Familien sind prioritär, und wir werden auch in Zukunft viel für die Familien tun!, dann muss ich Sie berichtigen – belehren will ich Sie ja nicht –: Wenn man sich anschaut, was in diesem Bundesfinanzrahmen niedergelegt ist, dann ist ganz klar, dass Sie zwar behaupten, in Bildung und Familien investieren zu wollen, dass sich das aber in den Zahlen nicht findet oder zumindest Bildung nicht so verstanden wird, wie wir Bildung verstehen.

Bildung bedeutet für uns nicht nur Schule und Universität mein Kollege Grünewald hat Ihnen ja schon klar vorgezeigt, was diesbezüglich vom Bundesfinanzrahmen zu verstehen ist , sondern Bildung bedeutet Bildung ab dem Kindergartenalter. Wenn wir uns Ihre Politik der letzten Jahre und Monate und auch Ihre zukünftige Politik, die Sie hier jetzt in Zahlen gegossen haben, anschauen, dann sehen wir, dass Sie weiterhin nicht vorhaben, diesbezüglich Ihren Pflichten nachzukommen und in die Bildung der Kleinsten und Kleinen zu investieren, nämlich in den Ausbau von Kinderbetreuung. (Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Nein, Sie haben im Jahr 2010 den Bundeszuschuss zum Ausbau von Kinderbetreuung und zum Ausbau von Sprachförderung gestoppt. In Ihrem Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmengesetz steht: Evaluierung des Bundeszuschusses. Wir wissen ganz genau, was mit dieser Evaluierung gemeint ist. Sie wollen sich ein Jahr Ausgaben ersparen. Und wir wissen ganz genau, was am Ende dieser Evaluierung herauskommt, nämlich dass es dringend notwendig ist, in den Kindergartenbereich, in den elementar-pädagogischen Bereich zu investieren. (Beifall bei den Grünen.)


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15,8 Prozent der unter Dreijährigen haben in Kinderbetreuungseinrichtungen einen Platz gefunden. Das Barcelona-Ziel, zu dem wir uns verpflichtet haben, das im Jahr 2010 schon hätte eingehalten werden sollen, spricht aber von 33 Prozent. Wir haben uns zu 33 Prozent verpflichtet, aber von den Plätzen für diese 33 Prozent sind wir weit entfernt.

Frau Frauenministerin, weil Sie heute hier sitzen: Ich nehme Sie immer gerne beim Wort, in Fragen der Obsorge, aber auch in Fragen der Bildung. Sie habe ich – zumin­dest in Ihren Äußerungen – immer als eine Mitkämpferin im Bereich der elementaren Bildung verstanden, nämlich sowohl was die Bildung der Kinder betrifft, als auch was die wichtige Bedeutung des Kindergartens für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft.

Frau Minister, Sie haben bei einer Frage im Ausschuss angekündigt, Sie werden sich dafür einsetzen, dass der Bundeszuschuss nicht evaluiert wird und dann erst im Jahr 2012 allenfalls, vielleicht, möglicherweise, wenn man sich dazu durchringen kann, verlängert wird, sondern dass das früher passieren soll.

Wir haben jetzt April. Wir haben keine Familienstaatssekretärin mehr. Ich weiß auch nicht, ob das jetzt an der Familienpolitik so viel ändern wird. (Abg. Ing. Höbart: Wie hat denn die Dame geheißen? Wir können uns gar nicht mehr erinnern!) Die letzte Familienstaatssekretärin und auch die vorletzte Familienstaatssekretärin haben in den letzten Monaten und Jahren außer dem Sich-ins-Amt-Hineinfinden beziehungsweise dem Wiener Wahlkampf nicht viel an Leistungen gesetzt.

Tatsache ist, dass diese Plätze abgehen und dass die Familien darauf warten und dass Sie diesbezüglich noch keine konkreten Handlungen setzen konnten, sondern bislang leider nur Ankündigungen erfolgt sind. (Beifall bei den Grünen.)

Vor diesem Hintergrund ein dringender Appell an Sie von der ÖVP und von der SPÖ: Steigen Sie runter von der Bildungsbremse! Investieren Sie in die Bildung der Kleinsten und Kleinen! Das kommt unseren Familien zugute, das ist bildungspolitisch wichtig, das vermeidet Armut, und das ist sozialpolitisch gerecht. (Beifall bei den Grünen.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


12.24.00

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die österreichische Bevölkerung hätte eigentlich Anspruch auf eine Bundesregierung, die für sie arbeitet. Aber in Wirklichkeit haben wir eine Bundesregierung, die sich zwar mit neuen Köpfen besetzt, aber den Stillstand und den Reformstau beibehält. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesministerin, da kann ich Ihnen nur sagen: Österreich hat genug gezahlt! Vor allem die Familien haben genug gezahlt. Sie kürzen bei den Familien und schicken im gleichen Atemzug Milliarden nach Brüssel, damit Portugal geholfen werden kann, damit Griechenland geholfen werden kann, damit in Irland den Banken unter die Arme gegriffen werden kann – und das in einer Zeit, in einer Situation, wo unsere Familien Armut leiden, wo eine Million Österreicherinnen und Österreicher armutsgefährdet sind.

Und dann gehen Sie noch her und reden alles schön: Österreich steht besser da als die Schweiz. Österreich steht besser da als alle anderen. Österreich kann sich schämen mit dieser Bundesregierung! Das sage ich Ihnen. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn man sich diese neue „ÖBAUB“ anschaut, diese Österreichische Bauern- und Beamtenpartei, dann fragt man sich: Wen vertritt die wirklich? – In erster Linie Millio­näre, dann die Konzerne, dann kommen die Banken und deren Manager und dann


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dient diese „ÖBAUB“ ganz brav und ganz gehorsam Brüssel. (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.) Da wird wirklich vollster Gehorsam geleistet, damit die Zentralregierung in Brüssel so schnell wie möglich umgesetzt werden kann.

Wir wissen, dass es eine Teuerung gibt. Es gibt eine massive Teuerung. Was macht ihr? – Die einzige Antwort, die ihr habt, ist, die Mineralölsteuer wieder zu erhöhen und wieder hunderttausende Pendler, arbeitende Menschen zu belasten. Das, bitte, kann nicht die Antwort sein.

Den Mittelstand so zu vernichten: Wenn das die ÖVP-Politik ist, dann weiß ich nicht! Eine Sanierung über das Wachstum ist nicht möglich. Wenn ihr jedes Wachstum unterdrückt und kein Wachstum schafft, dann kann das nicht funktionieren.

Die Regierung muss die Gewinne der großen Konzerne, der Landesgesellschaften endlich auf die investierende Bevölkerung umschichten, damit wieder Wachstum möglich wird.

Schauen wir ganz kurz das Agrarbudget an! Da wird brav gekürzt, es wird der AMA-„Saustall“ nicht aufgeräumt, es werden die Verbände, die ÖVP-Vorfeldorganisationen wieder massiv mit Förderungen erhöht. Die Verbände bekommen plus 4,8 Millionen €. (Abg. Hornek: Das kennst du auch!) Die SPÖ kapiert das nicht – so glaube ich –, dass da eine reine Vorfeldfinanzierung passiert. (Abg. Eßl: Bist du dagegen?) Aber ihr werdet sehen, die Bauern laufen euch auch noch massiv davon, bei dem, was ihr macht!

Wir waren gerade mit einer Delegation Bauen in Italien. Wenn man da Vergleiche anstellt ... (Abg. Eßl: In Italien kennst du dich ... besser aus!) Die Genossenschaften in Italien, diese kleinen Milchgenossenschaften: Ohne Einfluss von Raiffeisen hat man den Auszahlungspreis von 1 € pro Liter Milch, für den Liter Diesel zahlt der italienische Bauer 68 Cent, Mehrwertsteuer zahlt er 4 Prozent. (Abg. Grillitsch: Traummännlein!) Und da wollt ihr von der großen Europäischen Union sprechen?

Diese Bundesregierung muss endlich einmal ihre Sauställe aufräumen. Die AGES: Wieder gibt es plus 9,8 Millionen € für dieses bankrotte Unternehmen. Warum haben wir diese ganzen Unternehmen – auch eine AMA – eigentlich? – Nur damit wir die Beamten des Getreidewirtschaftsfonds und des Milchwirtschaftsfonds weiter versorgt haben. (Beifall beim BZÖ.) Das ist „ÖBAUB“-Politik. Aber das fällt euch alles massiv auf den Kopf.

Ich fordere diese Bundesregierung auf, sich endlich für die Familien starkzumachen. Der Herr Staatssekretär ist jetzt nicht da, aber er wird es schon lernen. Er kann im Gegensatz zu seiner Vorgängerin, zur Frau Remler, wenigstens sprechen. (Heiterkeit beim BZÖ.) Aber die gleichen Lobeshymnen, die man gestern und heute auf ihn hörte, hat die Frau Remler vor fünf Monaten gehört. Und heute sagt die ÖVP in Lienz: Eine Remler ist nicht imstande, eine Bezirkspartei in Osttirol zu führen. – Auch das ist ÖVP-Politik und eure Dankbarkeit. (Beifall beim BZÖ.)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


12.28.37

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Herr Kollege Huber, die Menschen in Österreich haben mit der Wahl dieses Nationalrats den Grundstein für die Bundesregierung, die sie haben wollen, gelegt. Dafür brauchen sie sich keineswegs zu schämen, sondern sie können auf das Ergebnis stolz sein, das diese Bundesregierung für Österreich bisher schon zustande gebracht hat.


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Selbst Mitglieder der Opposition haben zugegeben, dass wir in Österreich unter relativ günstigeren Bedingungen als andere Länder leben und dass wir unter günstigeren Rahmenbedingungen auch heute dieses Bundesfinanzrahmengesetz in die erste Lesung nehmen.

Das Wifo prognostiziert für heuer ein Wachstum von plus 2,5 Prozent. Herr Kollege Huber, so viel zur Frage des Wachstums! Sie sollten einmal die Unterlagen lesen, bevor Sie ans Rednerpult schreiten. (Abg. Huber: Reden Sie einmal mit der Bevöl­kerung!)

Die Beschäftigung wird von der Entwicklung positiv bewertet, und auch die Brutto-Steuereinnahmen der ersten Monate heuer zeigen eine positive Entwicklung. (Abg. Kickl: Kein Wunder, wenn Sie die erhöht haben!)

Die Fakten insgesamt beweisen, dass die Regierungsparteien die richtigen Maß­nahmen zur Bewältigung der Krise beschlossen haben, insbesondere die Entwick­lungen am Arbeitsmarkt und der Beschäftigung. Herr Kollege Kickl, Sie sollten vielleicht einmal diese Fakten anschauen, ohne Ihre parteipolitische Brille aufzuhaben.

Das vorliegende Bundesfinanzrahmengesetz zeigt, dass besonders auf Wachstum und Beschäftigungseffekte Rücksicht genommen wird. Dank der positiven konjunkturellen Rahmenbedingungen ersparen wir uns im Vergleich zu vielen anderen Ländern ein Sparpaket. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Das entbindet uns aber nicht von der Auseinandersetzung mit Fragen wie Aufgaben­reformen und damit verbundenen Strukturreformen, aber auch mit der Notwendigkeit von neuen Angeboten wie beispielsweise ganztätigen Betreuungseinrichtungen.

Insgesamt müssen wir uns schon dessen bewusst sein, dass all diese Struktur­reformen auch des Dialogs mit den Betroffenen bedürfen. Ich verwahre mich nämlich gegen diese theoretischen Einsparungspotenziale durch Verwaltungsreformen, wie sie so gerne auch von den Oppositionsparteien, Herr Kollege Kickl, eingefordert werden. (Abg. Kickl: Wir haben uns ja so ein paar Mal hinbegeben zu der Österreich-Runde!)

Gefragt sind nämlich wirklich praktische Maßnahmen, die auch von der Bevölkerung getragen werden. Sie müssten nämlich sagen: Was verstehen Sie denn unter Verwal­tungsreform im Detail? Ich möchte Kollegen Scheibner ausnehmen, der heute ein paar Beispiele genannt hat. Sie reden aber immer nur von Verwaltungsreform und von Milliarden, die eingespart werden sollen. Sagen Sie uns aber, was das wirklich heißt! Welche Kürzungen für die Bevölkerung bedeutet denn dies? (Abg. Kickl: Nehmen Sie den Amtskalender her, und dann gehen wir ihn durch von vorn bis hinten!)

Welche Dienstleistungen an Menschen wollen Sie denn wo streichen? Sagen Sie doch das einmal den Menschen, bevor Sie nur immer diese Töne so in den Mund nehmen! Und verstecken Sie sich nicht immer hinter diesen Schlagwörtern, sondern sagen Sie tatsächlich, was in Ihrer Politik dahintersteckt! (Abg. Kickl: Wir kommen zu der ...!)

Als FPÖ und BZÖ in der Regierung waren, haben wir gesehen, was das bedeutet. Und die Menschen haben Ihnen bei den Wahlen auch die Antworten drauf gegeben, meine Damen und Herren! (Abg. Ing. Höbart: Lesen Sie die Rechnungshofberichte durch!)

Wir werden ja im Zuge dieser ganzen Debatten um das Bundesfinanzrahmengesetz noch sehr viele Punkte im Detail diskutieren und erörtern können. Ich denke, wir werden auch über die Strategie diskutieren, die nämlich sehr wohl besagt, welche Ziele gesetzt werden und mit welchen Maßnahmen diese Ziele auch erreicht werden sollen. Damit kann man sie nämlich auch überprüfbar machen – auch für Sie als Oppo­sitionsparteien, aber vor allem auch für die Bevölkerung. (Abg. Kickl: Wir haben eh angewandte Beispiele in der Steiermark! Funktioniert super!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 73

Herr Kollege, wir reden derzeit über das Bundesfinanzrahmengesetz. Ich denke aber, auch darüber könnten wir reden, denn auch da war die FPÖ lange genug in der Landesregierung und hat in Wirklichkeit alles mitgetragen und somit auch mitverschuldet. (Abg. Kickl: Die reißen alles nieder! Eine Schande!)

Sie sollten sich nicht immer von der Verantwortung abputzen, indem Sie Mantel­wechsel spielen – einmal blau, einmal orange. Aus allen Farbschattierungen gibt es bei Ihnen Leute, die überall schon einmal waren und die sich im Grunde genommen dann überall wieder abputzen.

Das ist nämlich genau das, worauf sich die Leute bei Ihnen nicht verlassen können: wo Sie nämlich wirklich stehen. Das ist ja das, was das Schlimme bei Ihnen ist. (Abg. Kickl: Am Vormittag Gewerkschaft, am Nachmittag SPÖ und dazwischen irgend­etwas!)

Bundeskanzler Werner Faymann hat bereits einen bedeutenden Punkt angesprochen. Wir brauchen eine soziale Balance in Österreich. Ich sehe es daher als ganz wichtig an und möchte nochmals erwähnen, dass auch Beiträge durch arbeitslose Vermögen zur Finanzierung des Gemeinwesens einzufordern sind und dass eine Entlastung des Faktors Arbeit erfolgen muss. Das ist nämlich leistungsgerecht, denn es erwirtschaftet sich im realen Bereich nichts von selbst. (Abg. Ing. Höbart: Für die Sozialdemokraten schon!) Dazu bedarf es der arbeitenden Menschen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Beschluss, den wir hier in dem Haus gefasst haben, nämlich ein Gesetz gegen Sozialdumping, denn wir brauchen keine Nivellierung bei den Einkommen. Die arbeitenden Menschen in Österreich haben ein Anrecht auf eine gerechte Teilhabe. (Abg. Ing. Höbart: Das schauen wir uns an!)

In diesem Zusammenhang begrüße ich die besondere Berücksichtigung des Faktors Wachstum und des Faktors Beschäftigung im Bundesfinanzrahmengesetz (Abg. Ing. Höbart: Und die Arbeitsmarktöffnung!), denn diese positiven Entwicklungen haben sich die Menschen in Österreich verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

12.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


12.33.52

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Huber, du hast die Vergleiche mit Italien herangezogen. Ich glaube, die solltest du besser lassen, denn sonst könnten wir da sicherlich auch einiges aus diesem Land erzählen.

Ich glaube, wir sollten beim heutigen Thema bleiben, nämlich beim Finanzrahmen­gesetz, das wir heute in der ersten Lesung diskutieren wollen. Dieses Finanzrahmen­gesetz beinhaltet ja die Zahlen für die nächsten vier Jahre, nach denen sich die Politik richten wird.

Es ist ja unumstritten, dass natürlich auch die Finanzkrise, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, ihre Spuren hinterlassen hat: auch in den Budgets, auch im Finanz­rahmengesetz. Die Spuren hat sie insofern hinterlassen, als zusätzliche Ausgaben zur Bewältigung dieser Krise – Konjunkturpakete – getätigt worden sind. Ich nenne auch die Maßnahmen zur Sicherung der Spareinlagen, die getätigt worden sind.

Ich bin überzeugt davon, dass die österreichische Regierung da richtig gehandelt hat und die richtigen Maßnahmen getroffen hat, um die Krise zu bewältigen.

Das hat natürlich auch Geld gekostet. Wir haben diese Krise sehr gut bewältigt. Wir könnten uns natürlich immer noch eine bessere Situation wünschen. Das ist auch ganz klar. Wir haben die Krise aber besser als die anderen Länder bewältigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 74

Ich bin der gleichen Meinung wie Frau Bundesminister Fekter: Die Menschen in unse­rem Land haben die Krise nicht so stark gespürt wie die Menschen in anderen Ländern. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: „Keiner“ hat es gemerkt!) – Ihr habt ein Wort vergessen! Sie hat gesagt: fast. Das ist natürlich etwas anderes.

Ich glaube, dass wir auch in der Zukunft ... (Abg. Kickl: Aber was Sie so optimistisch stimmt, dass die Krise vorbei ist, verstehe ich nicht!) – Die Beschäftigungszahlen, die Budgetsituation, alles beweist, dass das wirklich so ist.

Weil ich da gerade in Richtung FPÖ schaue: Ich glaube, das ist auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, wenn man nur alles schlechtmacht, poltert und jammert, die Arbeit der Regierung nur schlechtmacht und sich auf der anderen Seite über hohe Defizite beklagt, natürlich zig Anträge im Parlament liegen hat, die wieder Milliarden kosten würden und für die kein Bedeckungsvorschlag vorhanden ist. (Abg. Kickl: Das billigste Parlament ist das, das keine ...!)

Ich glaube, dieses Finanzrahmengesetz, das wir jetzt diskutieren, hat die richtigen Ansätze. Die Schulden sind zurückzuführen, weil dann die Bewegungsfreiheit ent­sprechend besser ist. Strukturreformen, Impulse für die Beschäftigung sind notwendig.

Ich sage auch, dass bei den Reformen durchaus dort und da etwas mehr weitergehen sollte. Ich nenne den Gesundheitsbereich, aber auch die Pensionen: Privilegien gehö­ren abgeschafft. Ich bin auch der Meinung, wenn es Berufsgruppen oder Unternehmen wie die ÖBB gibt, wo das durchschnittliche Antrittsalter knapp über 50 Jahre ist, dann ist das zu ändern.

Abschließend darf ich noch sagen, dass wir vonseiten der ÖVP den Steuerzahler im Mittelpunkt der Politik sehen, den Mittelstand und die Leistungsgerechtigkeit. Wir wollen Politik für die Menschen in unserem Land machen. Das will die Frau Bundesministerin Fekter, und ich darf ihr dazu alles Gute wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


12.37.41

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Frau Bundesministerin Fekter, als ich erfahren habe, dass Sie Finanzministerin werden, habe ich gedacht: Ja, das ist durch­aus ein positiver Aspekt. Sie kommt aus der Wirtschaft, ist Oberösterreicherin (Abg. Dr. Strutz: Super für die FPÖ: 5 Prozent dazu!), hat Durchschlagskraft und ist die bekannte „eiserne Lady“. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Aber leider ist sie die Vertreterin der ÖVP schlechthin. Sie steht nämlich für Stillstand, Mauern und Schönreden. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich mir anschaue, wie die ÖVP Reformen angeht (Abg. Kopf: Es wird gemacht!), dann möchte ich nur ein Beispiel aus Oberösterreich bringen, wo mit der Spitalsreform eigentlich nur Geheimniskrämerei gemacht wird. Es wird drübergefahren, und letzten Endes wird eine Reform auf Kosten der Patienten durchgeführt, aber die tatsächlichen rot-schwarzen Strukturen werden nicht angetastet.

Sie wollten ja wissen, ob wir Beispiele hätten, wo man sparen könnte. Vor Kurzem war ich bei einem Landesgerichtspräsidenten. Er hat zu mir gesagt: Bitte, bitte, setzen Sie sich dafür ein, dass die Bezirksgerichte endlich einmal abgeschafft werden! Wir brauchen die nicht mehr! – Aber man hört nichts. Nichts wird gemacht. Das heißt, von


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 75

den Richtern selbst ist mittlerweile schon der Druck da. Aber man geht das Ganze nicht an.

Ja, warum geht man es nicht an? Das Hauptproblem – und das wird anscheinend überall negiert oder es wird eine Decke drübergelegt – ist nämlich, dass wir im Grunde genommen diese rot-schwarzen Strukturen nicht angreifen. Es geht um Verlust von Macht. Und dessen müssen wir uns bewusst sein.

Wenn wir hören, dass die Frau Ministerin schon sagt, sie will unbedingt die Steuer­reform beziehungsweise Strukturreform absagen, dann weiß ich ganz genau, was es heißt. Und dann hören wir: Step by Step!

Oder wenn ich den Kollegen Stummvoll höre, der durchaus positive Ansätze in seiner Rede gehabt hat, aber letzten Endes dann sagt: Kontinuierliche Strukturreform muss in jedem Bereich sein!, dann weiß ich schon, dass es Stillstand bis zum Jahr 2013 bedeutet.

Es wird immer wieder behauptet, dass wir nur Beispiele wie Norwegen oder die Schweiz bringen. Wir können uns auch an dem viel gepriesenen Sozialstaat Schweden orientieren. Schweden hat zugegebenermaßen eine viel zu hohe Steuerlast, aber nur 40 Prozent Staatsverschuldung und in den letzten Jahren einen Budgetüberschuss erwirtschaftet. (Abg. Kopf: Das heißt, Sie wollen, dass wir die Steuern erhöhen!)

Ich habe gesagt, Schweden hat viel zu hohe Steuern, aber es hat eine so geringe Verschuldung, dass es jederzeit die Steuern ... (Abg. Kopf: ... Steuern erhöhen! – Abg. Kickl: Ihr macht das sowieso!) – Nein, wir wollen das Gegenteil, aber Schweden hat andere Strukturen als Österreich. (Zwischenruf des Abg. Weninger.)

Meine Damen und Herren, die Aufteilung des Staates in rote und schwarze Einflusssphären ist latent. Bei Ihnen geht Parteiinteresse vor Staatsinteresse, und Kritik an diesem System – das höre ich heute schon den ganzen Tag – wird als „Österreich-Vernaderung“ abgetan. Vor allem die ÖVP tut so, als wäre der Staat ihr Eigentum.

Wir müssen raus aus den Schulden. Das bedeutet tiefe Einschnitte in Strukturen, und das heißt: Verzicht auf Macht und Einfluss. Ich sehe, dass weder SPÖ noch ÖVP dazu imstande sind. Es ist aus meiner Sicht Zeit für einen raschen Paradigmen-, System- und Regierungswechsel. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Jahr 2013, wenn Sie die Steuerreform angehen, kommt bestenfalls – wie es gestern im „Kurier“ zitiert worden ist –, entweder die Sintflut oder HC Strache. (Beifall bei der FPÖ.)

12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Ihr könnt schon anfangen, eine Arche zu bauen!)

 


12.41.44

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! In Wirklichkeit haben wir heute nichts Neues gehört. Das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 ist eine Fortsetzung der Augen-zu- und Kopf-in-den-Sand-Politik, die die neue Finanzministerin zum Besten gegeben hat.

Frau Finanzministerin Fekter, Sie haben lediglich alten Wein in neue Schläuche gefüllt und uns den heute ausgeschenkt. Es wurde wieder eine Chance vertan, echte Reformen anzugehen und wirkliche Veränderungen für Österreich durchzuführen. Zeitweise glaube ich, Sie schlafen in der Pendeluhr, Frau Kollegin Silhavy (Zwischenruf


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 76

bei der FPÖ), wenn sie nicht wissen, was eine Verwaltungsreform an Einsparungen für Österreich bringen würde. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie schon unsere Argumente nicht wahrhaben wollen, so hören Sie doch auf den Rechnungshofpräsidenten Moser, der dies nicht einmal, nicht zweimal, sondern schon hundert Mal erwähnt und auch die Verwaltungsreform, die Strukturreform angesprochen hat, die dringend umzusetzen wäre.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schulden und vor allem die Zinsen steigen ins Unermessliche. Im Jahr 2015: 10 Milliarden € Zinsen. Wer soll das bezahlen? – Jawohl, der Steuerzahler wird es bezahlen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Der Steuerzahler wird weiter geschröpft. Es wird in die Taschen der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gegriffen, die nichts mehr drinnen haben. (Neuerlicher Zwischenruf bei der FPÖ.) Sie pfeifen schon aus dem letzten Loch – aufgrund Ihrer Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot und Schwarz. (Beifall beim BZÖ.)

Die ÖVP hat sich nicht als Regierungspartei – vielleicht verabschiedet sie sich bald als Regierungspartei und geht in Opposition; ich glaube, das würde euch für die nächste Zeit ganz gut tun –, sondern die ÖVP hat sich als Familienpartei verabschiedet. Das sieht man auch an der Einsparung des Familienstaatssekretariats bei der Regie­rungsumbildung. Wer nun Familienminister ist, ist auch noch nicht klar. Ist es Herr Mitterlehner, ist es Herr Spindelegger? (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin neugierig, wer im nächsten Ausschuss sitzen wird, und wer uns dort Rede und Antwort stehen wird.

Apropos Ausschuss: Es wurde heute immer zwischengerufen, dass von den Oppositionsparteien keine Vorschläge kommen. Das hängt mir auch schon irgendwo heraus. Es gibt genügend Vorschläge. Es gibt über 1 000 Oppositionsanträge in den Ausschüssen (Zwischenruf bei der ÖVP), die vertagt werden, die nicht behandelt werden. Das ist wirklich nicht mehr auszuhalten! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abge­ordneten von FPÖ und Grünen.)

Kollegin Tamandl hat wenigstens erkannt, dass es diese Anträge in den Ausschüssen gibt, die dort herumliegen, wie zum Beispiel unser Antrag betreffend die Valorisierung der Familienleistungen (Zwischenruf bei der ÖVP), die dringend notwendig wäre, aber Sie sagen, es sei kein Geld dafür da.

Machen Sie die richtigen Reformen! Machen Sie eine Verwaltungsreform, Bildungs­reform, Gesundheitsreform! Sparen Sie ein! Fangen Sie endlich an, zu sparen! Es ist höchste Zeit dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

12.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


12.45.13

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Vertreter auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Finanzminister Fekter hat heute versprochen: keine neuen Steuern mehr! Wir hören die Botschaft – allein: Es fehlt uns der Glaube. Warum? (Bundesministerin Dr. Fekter: ... höheren Steuern! Das ist ein Unterschied!) – Halt, dann sind wir schon woanders. Wenn Sie heute davon sprechen, dass es keine höheren Steuern geben wird, dann wissen wir natürlich genau, was auf die Österreicherinnen und Österreicher zukommt (Zwischenruf beim BZÖ) – nichts anderes als das, was Ihr Vorgänger gemacht hat: Massensteuern. Rentner, Autofahrer und Kinder sanieren das Budget.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 77

Wenn Sie mich jetzt korrigieren und davon sprechen, dass es zu keinen neuen Steuern kommen wird (Bundesministerin Dr. Fekter: Höhere! Kennen Sie nicht den Unterschied ...?), dann wissen wir: Höher für die Rentner, höher für die Autofahrer, höher für die Kinder. Ja, wo soll denn das enden? Höher für die Autofahrer: Bereits jetzt blechen die österreichischen Autofahrer, die Pendler, die mit dem Auto zur Arbeit fahren, die Mütter, die ihre Kinder in die Schule bringen müssen, 10,2 Milliarden €. (Der Redner zeigt eine Ausgabe der Tageszeitung „Heute“ mit der entsprechenden Schlagzeile.) Auf ihrem Rücken wird das Budget saniert.

Frau Bundesminister, diese Menschen sind sozusagen die Deppen der Nation, und Sie kündigen heute hier an, dass diese Steuern noch erhöht werden. Warum ist das notwendig? – Weil Sie nicht in der Lage sind, Reformen anzugreifen, Reformen umzusetzen. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.)

Rechnungshofpräsident Moser hat es gestern eingemahnt: Wir brauchen Reformen in der Verwaltung, im Bildungsbereich und vor allem im Gesundheitsbereich. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hätte mir heute erwartet, dass der Herr Gesundheitsminister auf dieser Bank Platz nimmt und nicht nur für fünf Minuten vorbeischaut. Er hat ein schlechtes Gewissen, denn sein Budget  (Zwischen­bemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder. Herr Staatssekretär! Das ist nicht krank, das Gesundheitsbudget ist krank. Schauen Sie es sich an! (Neuerliche Zwischen­bemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.)

Das ist die Wahrheit: Der größte Brocken ist der Gesundheitsbereich, das wissen Sie als Staatssekretär. In diesem Bereich werden uns seit Jahren Reformen versprochen, die nicht umgesetzt werden.

Schauen wir uns einmal Ihre Regierungserklärung aus 2008/2009 an. Da kündigen Sie eine gemeinsame Strategieplanung im Gesundheitswesen an. Da versprechen Sie die rasche Umsetzung der zentralen Organisierung und Finanzierung im Gesund­heits­bereich mit den Ländern. Sie wissen, dass dieses Projekt des Bundesministers bei der letzten Konferenz der Gesundheitsreferenten in Oberösterreich in Wirklichkeit gestor­ben ist, weil die Länder dagegen protestiert haben. Es gibt keinen Masterplan, es gibt keine Modellregionen, wie Sie es im Jahr 2009 versprochen haben.

Ein Projekt, das den Österreichern auf den Kopf fallen wird, für das wir bisher 30 Millionen € verbraten haben, ohne ein einziges Ergebnis vorweisen zu können, ist das ebenfalls in der Regierungserklärung angekündigte Gesundheitsportal, das Projekt ELGA. Das Gesundheitsportal soll bis Ende 2009 umgesetzt werden – das war Ihr Ver­sprechen, das waren Ihre Vorgaben. Meine Damen und Herren! Wissen Sie, wie die Realität ausschaut? – ELGA ist auf der langen Bank.

Gestern hat die Begutachtungsfrist für dieses Projekt geendet. Es gibt 41 negative Stellungnahmen zu dem in diesem Strategiebericht angekündigten und gelobten Projekt der Gesundheitsreform. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Wissen Sie, wer diese negativen Stellungnahmen abgegeben hat? – Nicht nur die Ärztekam­mer, die natürlich dagegen ist – wir könnten ausführlich diskutieren –; dagegen waren die Länder, vor allem Salzburg.

Wissen Sie, was Salzburg gesagt hat? – Die „Sinnhaftigkeit“ und der „Nutzen eines mit hohem finanziellen Aufwand zu implementierenden Systems“ ist überhaupt in Frage zu stellen.

Der Finanzminister – das Finanzministerium – hat eine negative Stellungnahme zu diesem Projekt ELGA abgegeben. Der Nutzungseffekt ist „jedenfalls eingeschränkt“,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 78

schreibt das Finanzministerium. – Und da sprechen wir gar nicht von den anderen negativen Stellungnahmen.

Ich empfehle Ihnen einen Artikel – „Elga und der politische Sumpf“ – in der „Wiener Zeitung“, meines Erachtens noch im Eigentum dieser Regierung. (Der Redner zeigt einen Ausdruck des genannten Artikels.) Wissen Sie, was da geschrieben wird? Ich zitiere:

„Rund um Elga geht nichts weiter? Doch, Pfründe und Lehen werden verteilt – unter den üblichen Verdächtigen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.“ (Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Herr Klubobmann Kopf, wissen Sie, was da steht? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kopf. – Gegenruf des Abg. Kickl.) – Nicht nur, dass eine Arbeitsgruppe und eine GmbH nach altem Muster gegründet worden sind – ein roter und ein schwarzer Geschäftsführer –, sondern es gibt auch ein dazu passendes Bild, nämlich nebulose Immobiliendeals, die im Umfeld vermutet werden, und Geldverschwendung en masse.

Herr Gesundheitsminister, ich fordere Sie auf: Lassen Sie Alternativen zu! (Zwischen­ruf des Abg. Weninger.) Lassen Sie Alternativen zu, Herr Kollege! Bekennen Sie, dass dieses Projekt der Gesundheitsreform – das Projekt ELGA – gescheitert ist! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie wissen, dass auch Ihr Koalitionspartner dagegen ist und gesehen hat, dass 30 Millionen € an Geldverschwendung in diesen Jahren genug sind. Denken Sie zumin­dest einmal über Alternativen nach, und nehmen Sie Ihre eigenen Ankündi­gungen in der Regierungserklärung einmal ernst! Hinterfragen Sie, warum seit dem Jahr 2009 nichts weitergegangen ist, und in diesem Bereich kein einziger Schritt, keine einzige Reform für die Österreicherinnen oder Österreicher realisiert worden ist! (Beifall bei der FPÖ.)

12.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Königs­hofer. – Bitte.

 


12.51.18

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich möchte heute – wie ich es schon einmal getan habe – das österreichische Budget und die Rahmengesetze vor dem Hintergrund der europäischen Währungs- und Finanzkrise beleuchten. Im Zuge der Krise hat Österreich schon einige Milliarden Euro abgelegt und viele Milliarden an Haftungen übernommen – und es wird noch welche übernehmen müssen –, sodass dem österreichischen Budget von dieser Seite sehr große Risiken drohen und ein riesiges Damoklesschwert über dem österreichischen Budget, über dem öster­reichischen Volksvermögen und damit über den österreichischen Bürgern schwebt.

Gehen wir einmal zurück in die Geschichte! Wer kennt noch das Städtchen Maastricht? Dort wurde am 7. Februar 1992 ein Vertrag abgeschlossen, der die Römischen Verträge abgelöst hat, der sogenannte Maastricht-Vertrag. Dort wurden auch die Kriterien für eine gemeinsame Währungsunion festgelegt. Es wurde damals festgelegt, dass die Staatsschuld nicht höher als 60 Prozent des BIP sein dürfte und die Neuverschuldung – das Defizit – nicht höher als 3 Prozent des BIP.

Meine Damen und Herren! Mittlerweile ist sehr viel Wasser die Donau hinunter­geflossen, und jetzt schauen wir uns einmal exemplarisch an, wo wir nach Einführung des Euro gelandet sind, was mit diesen Maastricht-Kriterien geschehen ist, und welche Zahlen die einzelnen Länder vorzuweisen haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 79

Ich gehe gleich einmal auf Griechenland ein. Griechenland hatte im Jahr 2010 einen Schuldenstand von sage und schreibe 142,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und eine Neuverschuldung von 10,5 Prozent. Portugal hatte von 2009 auf 2010 beim Schuldenstand einen Zuwachs von 83 Prozent auf 93 Prozent des BIP (Ruf bei der ÖVP: Kärnten!) und ein Defizit von 9,1 Prozent.

Jetzt komme ich zu Irland. Irland hat den Schuldenstand in nur einem Jahr – von 2009 auf 2010 – von 66 Prozent auf 96 Prozent des BIP ausgeweitet und hatte einen Budgetsaldo – also ein Budgetdefizit – von sage und schreibe 32,4 Prozent – also beinahe das Zehnfache dessen, was die Maastricht-Kriterien zugelassen hätten. Meine Damen und Herren! So kann es in der EU nicht weitergehen. Auch mit dem Euro kann es so nicht weitergehen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Bucher.)

Man hat den Vertrag von Lissabon in Kraft gesetzt, der nicht einmal fünf Monate in Kraft war, bevor er das erste Mal gebrochen wurde – nämlich Anfang Mai letzten Jahres mit der Griechenlandhilfe. Artikel 125, der die No-Bail-Out-Klausel formuliert hat, wurde einfach über Bord geworfen, indem man Griechenland 110 Milliarden € an Hilfsgeldern zugesagt hat, wobei man nicht weiß, wie Griechenland sie zurückzahlen soll. Sie wissen genau – Herr Professor Van der Bellen wird mir das auch bestätigen können –, dass man mit restriktiven Budgetmaßnahmen keine prosperierende Volkswirt­schaft wird schaffen können.

Dann gibt es noch andere Problemfälle wie Irland: 85 Milliarden € aus dem vorüber­gehenden Rettungsfonds. In fünf Jahren soll Irland die Zinsen und diese 85 Milliar­den € zurückzahlen – unmöglich. Die französische Finanzministerin Christine Lagarde hat es richtig ausgedrückt. Sie hat gesagt, dieses Geld reiche, um Irland drei Jahre über Wasser zu halten. Das ist die Realität.

Nach Portugal stehen auch schon andere Länder auf der Liste derer, die dann unter den neu gegründeten, permanenten Rettungsschirm schlüpfen werden. An erster Stelle wird das Spanien sein. Dabei muss man sich vorstellen, dass Spanien die viertgrößte Volkswirtschaft der EU ist. Wenn Spanien so weit ist, dann gute Nacht.

Ich darf Herrn Mojmír Hampl zitieren, Vizegouverneur der tschechischen Nationalbank, der sagt: Die „Eurozone wird sich ‚durchwursteln, bis die Ressourcen aus sind‘.“Und er meint auch: „Der Haircut wird kommen.“

Und weiters: „Es ist eine seltsame Idee zu glauben, dass alle Probleme im wirt­schaftlichen Universum mit Bail-outs gelöst werden können.“ Das hat ja die EU auch schon gewusst, als sie Artikel 125 formuliert hat.

Ich meine, man sollte von diesem falschen Weg, den man in der Privatwirtschaft als Konkursverschleppung bezeichnen würde, abgehen. (Beifall bei der FPÖ.) Man sollte jetzt hergehen und vielleicht gemeinsam mit den USA, die die gleichen Schulden­probleme wie Europa haben (Ruf bei der ÖVP: Größere!), mit den Gläubigerbanken in Verhandlungen treten, um zu Schuldnachlässen beziehungsweise Forderungs­erstreckun­­gen zu gelangen.

Meine Damen und Herren, ich weiß schon, dass solche Verhandlungen ein mittleres Erdbeben an den Finanzmärkten auslösen würden (Zwischenruf des Abg. Dr. Barten­stein) – aber nur für kurze Zeit, Herr Kollege Bartenstein. Wenn die Finanzinvestoren sehen, dass die Gläubiger mit den Schuldnern konstruktive Gespräche in Bezug auf eine ersprießliche Zukunft führen, dann wird das Vertrauen sehr bald wieder in die Märkte zurückkehren. Aber wenn wir so weitermachen, und ein Land nach dem anderen unter den Rettungsschirm kommt, dann werden wir die Spirale so weit drehen, dass es eines Tages heißen wird: Game over! Und dann ist es aus mit den Finanz­


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märkten. So weit wollen wir es doch nicht kommen lassen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


12.57.41

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und sehr geehrte Zuhörer! Frau Bundesminister Fekter hat heute bei ihren Worten zum Bundesfinanzrahmengesetz von einigen Stolpersteinen gesprochen, die uns beim Schuldenabbau, bei der Bewältigung der Finanzkrise erwarten. Das waren erstens die Schulden der ÖBB, zweitens die Krankenanstalten und drittens – liebe Kolleginnen und Kollegen, hört, hört! – die Kommunalkredit.

Erstmals ist dieses Wort hier vonseiten der Regierungsbank gefallen. Man hat die Kommunalkredit, ihre Schulden und Probleme totgeschwiegen. Mich freut es, Frau Minister, dass Sie endlich auch dazu stehen, dass nicht nur die Hypo Probleme hat, sondern dass auch die Kommunalkredit dem Staat Sorgen bereitet (Zwischenruf bei der ÖVP), und nicht zuletzt die heutige Ministerin Schmied damals Direktorin war und dieses Problem mitverursacht hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Stummvoll hat heute als Beispiel für Zynismus einen ehemaligen Chef des Hauptverbandes genannt, der behauptet hat, die staatlichen Pensionen seien ge­sichert. Lieber Kollege Stummvoll! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich glaube, deine Beispiele, was den Zynismus betrifft, wirst du in Zukunft erweitern müssen.

Ein Beispiel haben wir heute gehört, als die Frau Minister davon sprach, dass die Familien in Zukunft gefördert werden müssen, dass man den Familien helfen wird. Erinnern wir uns zurück: Es noch gar kein halbes Jahr her, als die Bundesregierung die Leistungen für Familien um fast 400 Millionen € gekürzt hat – das gesamte Einspa­rungs­potenzial, davon sind 80 Prozent von den Familien gekommen. Heute gemein­sam mit der Familiensprecherin der ÖVP Ridi Steibl herzugehen und zu sagen, wir müssen den Familien helfen, ist das nächste Beispiel für Zynismus. (Beifall bei der FPÖ.)

Das zweite Beispiel für Zynismus ist, wenn die Frau Bundesminister sagt, der Bürger habe von der Krise fast nichts gemerkt, das sei bei ihm vorbei gegangen, er habe es gar nicht gespürt.

Frau Minister, erinnern Sie sich, dass die Ertragsanteile für die Gemeinden in dieser Zeit um fast 400 Millionen € gefallen sind, dass allein der Förderrahmen für die Siedlungswasserwirtschaft von 630 auf 355 Millionen € gekürzt werden musste? Was glauben Sie, wen das trifft?

Wir Gemeinden können es uns nicht mehr leisten, den Familien den Gratiskindergarten zur Verfügung zu stellen. Wir müssten diese fehlende Förderung dem Bürger auf das Wasser, auf den Kanal umlegen. Ich glaube, hier zu behaupten, der Bürger merke das nicht, zeigt, dass Sie, Frau Minister, sehr wohl zynisch sind.

Das dritte Beispiel für Zynismus ist, wenn der sozialdemokratische Herr Cap hergeht und sagt, die Zahlen seien so wunderbar, wir hätten ohnehin nichts davon gespürt. Ich glaube, lieber Kollege Stummvoll, wenn du wieder von Zynismus redest, solltest du diese drei Beispiele mit einbauen, denn ich glaube, dass es so nicht weitergehen kann.

Es ist heute schon öfters vom ausgeschiedenen Finanzminister Pröll gesprochen worden. Gesundheit geht absolut vor, und ich will ihm nichts Negatives nachsagen. Es sind nur trotzdem einige Dinge in der Finanzpolitik passiert, die ich nicht gutheiße. Ein


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Beispiel rechne ich ihm aber hoch an  und liebe Frau Minister, ich hoffe, dass Sie diese Idee fortsetzen werden : Er hat beim Gemeindetag in Graz im September 2009 angekündigt, dass er beim nächsten Finanzausgleich sehr wohl am abgestuften Bevölkerungsschlüssel arbeiten wird.

Minister Pröll hat selbst gesagt, es sei nicht mehr einzusehen, dass der Multiplikations­faktor in Gemeinden über 50 000 Einwohner um eins höher sein soll als in den kleinen Gemeinden, das heißt Ein-Ein-Drittel in den kleinen Gemeinden, Zwei-Ein-Drittel in den großen Gemeinden. Das bedeutet, dass der Bürger bei uns in der kleinen Gemeinde beim Ertragsanteil mit rund 600 € bewertet wird und in einer großen Gemeinde, mit über 50 000 Einwohnern, mit 1 100 € pro Kopf.

Liebe Frau Minister Fekter, wenn es Ihnen wichtig ist, dass der ländliche Raum erhal­ten bleibt, dass die ländlichen Gebiete weiterhin besiedelt bleiben, wir die Bevölkerung draußen halten, so bitte ich: Halten Sie an dieser Aussage des ausgeschiedenen Bundes­ministers fest und sorgen Sie beim nächsten Finanzausgleich dafür, dass der abgestufte Bevölkerungsschlüssel ausgeglichen wird! (Beifall bei der FPÖ.)

13.02


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich schließe die Debatte und weise die Regierungsvorlage 1174 der Beilagen dem Budgetausschuss zu.

13.04.062. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungs­vorlage (1078 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das Grundver­sorgungsgesetz – Bund 2005 und das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 – FrÄG 2011), und über den

Antrag 35/A der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I 2005/100, idF BGBl. Nr. 4/2008, geändert wird (1160 d.B.)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird (1161 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1307/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Haft von Kindern, Schaffung eines Bleiberechts (1162 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1360/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige Abschiebung als Rechtsfolge bei strafrechtlichen Verurteilungen (1163 d.B.)


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6. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1079/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesteuerte Zuwanderungs- und Integrationspolitik nach dem BZÖ-Ausländercheck-Modell (1164 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 253/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG), BGBl. I Nr. 157/2005, geändert wird (1165 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 695/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsparungen im Asyl- und Fremdenwesen (1166 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 873/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende radiologische Untersuchung bei behaupteter, jedoch zweifelhafter Minderjährigkeit im Fremdenrecht (1167 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 2 bis 9 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.04.46

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Wir haben uns ja schon einmal aus einem anderen Anlass über die Rot-Weiß-Rot-Card unterhalten. Eingangs lassen Sie mich aber noch eines sagen: Es wurde vonseiten des Klubobmanns Cap, aber auch vom Kollegen Elmar Mayer eingefordert, die Opposition solle doch endlich anerkennen, was die Regierung alles Gutes tue. Leben Sie einmal das Beispiel vor! (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Ich erinnere an die Ausführungen der Frau Kollegin Muttonen von gestern, als sie im Zusammenhang mit der Lösung der Kärntner Ortstafelfrage Herrn Staatssekretär Ostermayer und die Slowenenräte erwähnt hat. Lernen Sie einmal, auch zu sagen, dass Herr Landeshauptmann Dörfler durch seine konstruktive Art sein Scherflein dazu beigetragen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Lernen Sie zunächst, auch anzuerkennen, was andere machen, bevor Sie uns Vor­schreibungen machen. Leben Sie es einmal vor, halten Sie sich den Spiegel vor! (Abg. Mag. Muttonen: ... all jenen, die daran beteiligt waren! Abg. Grosz: Das hätte es unter’m Haider nicht gegeben!)


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Sie haben uns einiges beschert mit dieser Rot-Weiß-Rot-Card, aber auch mit anderen Dingen. Gerade jetzt, kurz vor dem 1. Mai, pressen Sie diese Maßnahme noch durch, obwohl Sie ganz genau wissen, dass ab dem 1. Mai auf dem österreichischen Arbeitsmarkt nichts mehr so sein wird wie vorher. Da haben wir von Herrn Minister Hundstorfer und von der damaligen Innenministerin Beschwichtigungen gehört: Wir haben Experten gefragt, die meinten, es werden ungefähr 20 000 sein, die aus den neuen EU-Ländern kommen und für die diese Übergangsfristen nicht mehr gelten! – Jetzt lesen wir, dass 220 000 allein aus Polen kommen wollen – laut einer IMAS-Um­frage.

Wenn man fragt: Wer sind denn diese Experten, die sagen, dass es 20 000 sein werden?, dann erfährt man nichts. Ich weiß schon, wie es enden wird, wenn es so kommt, wie es die Freiheitlichen ankündigen und wie es mittlerweile auch die Meinungs­umfragen ergeben haben: Da wird dann der Sozialminister sagen, er habe es von der Innenministerin gehört, und die Innenministerin wird sagen, sie habe es vom Sozialminister gehört. Mit diesen Zirkelbeweisen stehlen sie sich dann aus der Verantwortung. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Bartenstein.)

In Wirklichkeit muss man einmal abwarten, was diese Öffnung überhaupt an negativen Dingen bringen wird, und erst dann kann man fragen, was nachher kommen soll. Aber Sie machen Folgendes: Sie öffnen der Zuwanderung in unser Sozialsystem Tür und Tor  und das lehnen wir ab! (Beifall bei der FPÖ.)

13.06

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kößl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.07.06

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Mit dem vorliegenden Fremdenrechtsgesetz sind wir wieder auf dem richtigen Weg in die richtige Richtung. (Beifall bei der ÖVP. Die Abgeordneten Ing. Westenthaler und Grosz: Ja, ja!)

Ich meine, dass wir alle hier im Haus daran interessiert sein müssen, Missbrauch einzudämmen, Verfahren zu beschleunigen, das Untertauchen in die Illegalität zu verhindern und bei einem Asylantrag so rasch wie möglich zu erkennen, ob Österreich überhaupt zuständig ist oder nicht. Mit diesen Maßnahmen, die heute hier beschlossen werden, wird es diese Möglichkeiten geben.

Ich bin auch überzeugt davon, dass wir alle daran interessiert sein müssen, die Ille­ga­lität in unserem Lande hintanzuhalten. Im Jahr 2009 wurden in Österreich 18 000 Ille­gale aufgegriffen, das zeigt, dass Handlungsbedarf gegeben ist und es erforderlich ist, unser Fremdenrechtsgesetz entsprechend anzupassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Rosenkranz, wir haben immer von einer geordneten und geregelten Zuwan­derung gesprochen. Ich glaube, dass das mit der Rot-Weiß-Rot-Card auch möglich ist, dass dies der erste Schritt in die richtige Richtung ist, dass wir mit dieser Rot-Weiß-Rot-Card die Interessen Österreichs voranstellen und dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt genau definiert wird.

Diese Menschen betreffend, die zu uns kommen, gibt es drei Säulen: die Hoch­qualifizierten, die Mangelberufe, die Schlüsselarbeitskräfte und all jene, die in Öster­reich studieren und innerhalb von sechs Monaten nach dem Studienabschluss die Möglichkeit haben, sich in Österreich Arbeit zu suchen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Die Familien haben Sie vergessen, den Familiennachzug!) Ich denke, das ist eine vernünftige Angelegenheit, und es stehen bei dieser Rot-Weiß-Rot-Card die Interessen Österreichs im Vordergrund. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich glaube, dass es für eine schnellere Integration auch ganz, ganz wichtig ist – wie wir mit dieser Gesetzesnovelle vorgeben –, dass all jene, die nach Österreich kommen und in Österreich bleiben wollen, bereits Deutschkenntnisse haben müssen. Auch für den neuen Integrationsstaatssekretär ist es, glaube ich, sehr wichtig, dass er damit eine bessere Startmöglichkeit in diesem Bereich hat. (Abg. Hagen: Von dem hört man gar nichts!) Ich meine, es ist in unser aller Interesse, dass es diese Deutschkenntnisse gibt.

Mit diesem Gesetz setzen wir aber natürlich auch Schritte, um die EU-Richtlinie, die es gibt, um europaweit ein einheitliches Asyl- und Fremdenrecht anzupeilen, umzusetzen. Darin ist vorgegeben, dass die freiwillige Rückreise im Vordergrund steht und dass es eine kostenlose Rechtsberatung in diesem Bereich gibt; das ist ja auch eine wesent­liche Verbesserung. Generell glaube ich schon, dass wir von einer Win-Win-Situation sprechen können, nämlich dass die Asylwerber, die nach Österreich kommen, schnell wissen, ob es überhaupt Asyl geben kann oder ob ein anderes Land zuständig ist. Ich meine, dass wir gerade diesen Menschen diese gesetzlichen Möglichkeiten geben müssen. (Abg. Pendl: So schaut’s aus!)

Diese gesetzliche Grundlage ist natürlich auch ein sehr wichtiger Schritt, das habe ich schon angesprochen, im Zusammenhang mit der Illegalität. Wenn wir uns diese Zahlen anschauen, dann sehen wir, dass wir die großen Probleme nicht mehr im Asylbereich haben, sondern bei der Bekämpfung der Illegalität. Alle, die nach Österreich kommen und einen Asylgrund haben, sollen in Österreich auch rasch Hilfe bekommen, aber all jene, die aus rein wirtschaftlichen Überlegungen nach Österreich kommen, müssen diese Zuwanderung über die Rot-Weiß-Rot-Card anstreben und nicht über den Asyl­weg. Das wird mit dieser Gesetzesnovelle, wie ich meine, sehr wesentlich verbessert, und Missbrauch wird hintangehalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Korun. 7 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Spricht die Frau Ablinger auch heute? Rufe und Gegenrufe zwischen BZÖ und SPÖ.)

 


13.12.31

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Unrecht bleibt Unrecht, auch wenn man es ins Gesetz schreibt. – Und wenn Herr Kollege Westenthaler auch zuhören könnte, wäre das sehr höflich. – Danke vielmals, Herr Kollege. (Beifall bei den Grünen.)

Unrecht bleibt Unrecht, auch wenn man es ins Gesetz schreibt. Was meine ich damit?  Zum Beispiel, dass in Zukunft die Daten von Asylwerbern an den Verfolger­staat 1 : 1 weitergegeben werden, ohne die Antwort auf die Berufung des Asylwerbers abzuwarten.

Was bedeutet das?  Damit sich alle, die mit dem Thema nicht so affin sind, etwas darunter vorstellen können (Abg. Dr. Rosenkranz: Sie schützen nur die Asylmiss­braucher und sonst niemanden!), nehmen wir den konkreten Fall von Tschetschenien, Herr Kollege Rosenkranz. Tschetschenien ist ein Land, wo nicht nur geflüchtete Menschen, sondern insbesondere deren Familien, also die Hinterbliebenen sozusagen, regelmäßig sekkiert werden, Besuche von der Polizei bekommen, teilweise festge­nommen werden, verschleppt werden und teilweise verschwinden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Diese Bestimmung bedeutet, dass, wenn ein tschetschenischer Asylwerber in erster Instanz abgelehnt wird und eine Berufung macht, ohne dass die Antwort auf die


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Berufung abgewartet wird, die Daten 1 : 1 nach Tschetschenien wandern. (Abg. Vilimsky: Wie kommt der nach Österreich? – Abg. Mag. Schatz: Er flieht!) Die Familie dieses tschetschenischen Asylwerbers kann dann sozusagen jederzeit vom Geheim­dienst, von irgendwelchen paramilitärischen Einheiten besucht werden, kann festge­nom­men werden. Es gibt, wie wir alle wissen, in Tschetschenien auch Exekutionen, da werden Leute einfach verschleppt und ermordet  übrigens auch Familienangehörige von Leuten, denen die Flucht vor diesem Regime gelungen ist.

Das bedeutet Ihre Regierungsvorlage! Das bedeutet das Unrechtspaket, und das  und vieles mehr  wollen Sie damit in das Gesetz hineinschreiben.

Es wird immer wieder, wenn es um Migranten und Asylsuchende geht, gesagt: Recht muss Recht bleiben! Schauen wir uns das Rechtsverständnis und die Situation in unserem schönen Land an: Wir haben in Österreich Lobbyisten, die 800 000 € für einen Job kassieren, um im Nachhinein sich und andere zu fragen: „Wo woar mei Leistung?“, die nicht einmal wissen, was sie für diese 800 000 € getan haben sollen. (Abg. Ing. Westenthaler: ... Staatssekretärin kassiert 15 000 €!)

Wir haben einen Exminister Strasser, von dem gut belegt ist, dass er interveniert hat, um das Innenministerium und andere Institutionen schwarz einzufärben. Diese Interventionen, diese Mails, diese Belege, haben zu keinen Konsequenzen geführt, weil die Anzeige, die bei der Staatsanwaltschaft erstattet wurde, leider, leider verjährt ist, weil die Anzeige so lang gelegen ist, dass sie zu keinen Konsequenzen mehr füh­ren konnte. (Zwischenruf des Abg. Kößl. Abg. Dr. Rosenkranz: Was hat das mit Asylmissbrauch zu tun?)

Recht muss Recht bleiben. Ja für wen gilt das Recht eigentlich in Österreich, und welches Recht gilt für wen, welches Recht gilt für welche Gruppen? (Abg. Hagen: Sagen Sie das den Asylwerbern!) – Bei Schutzsuchenden, bei Leuten, die sich nicht wehren können, weil sie entweder die Sprache nicht können oder kein Wahlrecht haben, lässt die Bundesregierung die Muskeln spielen, da wird das Recht jedes halbe Jahr verschärft, die Grundrechte von Asylsuchenden werden immer mehr untergraben. Da traut sich die Regierung etwas, da ist man noch jemand. Die Grassers, Strassers und diese ganzen Lobbyisten laufen frei herum, da muss Recht interessanterweise nicht Recht bleiben. (Abg. Dr. Rosenkranz: Grasser, Strasser rechtfertigen Asylmissbrauch?! – Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Über 116 000 Bürger und Bürgerinnen haben eine Petition unterschrieben, die den Titel trägt „Kinder gehören nicht ins Gefängnis“, und ich habe hier die Petition mit dem Titel „Kinder gehören nicht ins Gefängnis“ an den Nationalrat liegen, unterzeichnet von vier Nationalratsabgeordneten aus vier unter­schiedlichen Fraktionen, von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ. (Ruf bei der FPÖ: Wir sind gar nicht gefragt worden!)

Das Anliegen dieser Abgeordneten, dieser vier Fraktionen, die diese Petition unter­stützt haben und unterstützen, kann man in der Forderung der Plattform „Kinder gehören nicht ins Gefängnis“ zusammenfassen: „Über alle Parteigrenzen hinweg fordern wir daher das Bekenntnis, dass Kinder nicht ins Gefängnis gehören“. – Auch das wird sich mit diesem Unrechtspaket nicht ändern. Es werden Kinder, Jugendliche, ja Säuglinge in Schubhaft kommen, sie werden ins Gefängnis kommen, mit ihren Eltern. (Abg. Mag. Stefan: Gehören die nicht zu den Eltern? Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Lagerhaft von sieben Tagen als sogenanntes Willkommensgeschenk an Schutz­suchende in Österreich, Verschärfung der Erfordernisse für die Einreise und vor der


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Einreise meine Redezeit von 7 Minuten würde gar nicht ausreichen, um all die Verschärfungen, die in diesem Unrechtspaket enthalten sind, aufzuzählen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei dieser Gelegenheit, wenn es um Lagerhaft bei offenen Türen geht, möchte ich an die Aussage der ehemaligen Innenministerin Fekter erinnern, als sie mit dieser Lagerhaft bei offenen Türen gekommen ist, nämlich bei ihrem Debakel in Eberau, wo sie ein drittes Erstaufnahmezentrum durchdrücken wollte und wo ihr das nicht gelungen ist.

Ministerin Fekter ist, um von diesem Debakel abzulenken, mit der Idee gekommen, die Leute in den ersten 30 Tagen  damals wollte sie eigentlich 30 Tage und nicht 7 Tage  zu kasernieren, und sie hat das mit folgendem Satz begründet – ich zitiere –: Es stört die Leute, wenn Asylwerber frei auf der Straße herumlaufen.

Dieser Satz der sogenannten ersten Menschenrechtsschützerin Österreichs entlarvt die ganze Misere in unserem Asyl- und Fremdenrecht. (Abg. Rädler: Tun Sie nicht dramatisieren!) Herr Kollege, wenn Sie sagen: Tun Sie nicht dramatisieren!, möchte ich Sie sehen, wenn Ihnen jemand sagt: Du arbeitest sowieso hier, du musst sowieso diese Arbeit leisten, wir kasernieren dich jetzt sieben Tage hier, und du darfst das Haus sieben Tage lang nicht verlassen! (Anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)

Den Aufstand, den Sie machen würden, möchte ich mir anschauen, und da geht es um Leute, die teilweise Überlebende von Folter sind, die verfolgt wurden, die nach Österreich geflüchtet sind, und was begegnet ihnen als Erstes?  Wir sperren sie ein! (Ruf bei der ÖVP: Sie tun der Sache nichts Gutes! Abg. Dr. Rosenkranz: Sie schützen den Missbrauch!)

Abschließend zum Bereich Integration, an den Neo-Staatssekretär: Wenn Sie Integra­tions­staatssekretär sein wollen, sehr geehrter Herr Kurz, dann ist das der richtige Moment, aufzustehen und zu sagen: Nein, nicht mit mir! (Anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)

Ich erwarte mir, wenn Sie Ihre neue Funktion ernst nehmen, dass Sie der Mehrheit im Nationalrat sagen: Spuckt mir bitte nicht gleich am Anfang meiner Tätigkeit in die Suppe! Macht mir Integration nicht unmöglich! – Denn wenn heute dieses Unrechts­paket beschlossen wird, dann werden Hunderte und Tausende unbescholtene Men­schen, die seit Jahren und Jahrzehnten hier leben (Abg. Hornek: Die sind ja kein Problem, die Unbescholtenen! Das Problem sind die Bescholtenen!), sich von gleichen Rechten – für gleiche Pflichten, wohlgemerkt – auf Dauer verabschieden müssen, wenn Einbürgerungen unmöglich werden, wenn ein unbefristetes Aufenthaltsvisum unmöglich wird, nur weil jemand eine Deutschprüfung nicht schafft. (Abg. Dr. Rosen­kranz: Einbürgerungen ohne Deutsch?)

Ich möchte unterstreichen: Es geht nicht darum, dass jemand einen Deutschkurs nicht besucht. Es gibt Leute, die besuchen drei, vier Deutschkurse und schaffen leider anschließend die Deutschprüfung nicht. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Diese Leute werden nie die Staatsbürgerschaft bekommen können, werden nie gleiche Rechte für gleiche Pflichten bekommen.

Ich kann nur sagen: Hören Sie auf Ihr Gewissen! Sie sind freie Mandatare, Sie sind Ihren Wählern und Wählerinnen verpflichtet (Abg. Rädler: Auch Sie! – Bravo- und Richtig-Rufe bei der FPÖ) und nicht Ihrer Fraktion. Nehmen Sie das ernst, lehnen Sie dieses Unrechtspaket ab! (Abg. Dr. Rosenkranz: Wir sind den Wählern verpflichtet!) Denn wenn das heute beschlossen wird, dann sollten wir uns von Wörtern wie „Integration“, „besseres Zusammenleben“ (Abg. Rädler: Sie vermischen alles!), „Men­


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schen­rechte“ und „Grundrechte“ verabschieden, sonst wäre es nur heuchlerisch. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Pendl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Wie stimmt denn Ablinger heute ab? Wie ist das bei euch im Klub?)

 


13.21.40

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wie bei vielen Themen werden viele sehr sensible Bereiche entweder bewusst (Abg. Ing. Westenthaler: Oder unbewusst!) oder eben unbewusst – es ist so, lieber Peter Westenthaler – vermischt. (Abg. Ing. Westenthaler: So ist es!)

Frau Kollegin Korun, bei allem Verständnis: Ich meine, dass man sich hierher stellt und Wörter wie etwa „Lagerhaft“ in den Mund nimmt (Zwischenrufe bei den Grünen), haben wir nicht nötig! Das brauche ich weder zu zitieren noch sonst etwas. (Abg. Ing. Westenthaler: Eure Abgeordneten haben noch ganz andere Wörter für das Fremdengesetz!)

Es ist das für uns gemeinsam eine wichtige Aufgabe, und ich sage: Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik – und ich bin froh darüber, dass wir es gemacht haben, denn wir haben es bereits bei den Regierungsverhandlungen ins Regierungs­übereinkommen geschrieben – versucht man, Zuwanderung klar zu regeln, neben der Asylschiene! Bis jetzt sind alle Migrationsfragen, Integrationsfragen, Asyl ein bisschen umgerührt worden, Kriminalität wurde darüber gestülpt (Abg. Rädler: Genau!), es wurde noch einmal umgerührt, und dann hat das in Wirklichkeit kein Mensch mehr auseinanderhalten können, wenn es diskutiert worden ist. (Abg. Dr. Rosenkranz: Wer hat denn das gemacht?)

Wir wissen schon, wie ihr damit spielt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nur: Wir wollen, dass jemand, wenn er zu uns kommt und berechtigt einen Antrag stellt, Asyl bekommt. Und zwar genau so, wie wir es gemeinsam seit Jahren vertreten: rasch!

Ich kann mich gut daran erinnern, welche Diskussion es hier bei der Einführung des Asylgerichtshofes gegeben hat – in der Zwischenzeit, meine Damen und Herren, übrigens eine Erfolgsgeschichte, und man kann nur gratulieren! (Abg. Ing. Westen­thaler: Endlich integriert!) 70 Prozent abgearbeitet – ich gehe nach neuesten Infor­mationen davon aus, dass man im Frühjahr des nächsten Jahres alles abgearbeitet haben wird. Das zeigt also, dass es diese Frage rechtsstaatlich sauber, korrekt und auch mit der notwendigen Sensibilität zu behandeln gilt.

Meine geschätzten Damen und Herren, wir haben drei Bereiche – wenn ich es jetzt so einteilen darf –: die Rot-Weiß-Rot-Card, in der zweiten Position die EU-Rückführungs­richtlinie und als dritte Position das Zurverfügungstehen – bleiben wir einmal dort: fünf Tage, nur in Ausnahmefällen sieben Tage.

Frau Kollegin, nicht böse sein: Wir haben das auch lang und breit diskutiert. Wenn jetzt jemand kommt und erwartet, dass die Republik und die Menschen in diesem Lande ihm helfen – und wir tun es gerne! –, dann kann ich aber auch erwarten, dass diese Person den Behörden fünf Tage zur Verfügung steht, auch in ihrem eigenen Interesse, weil damit der Akt und das Verfahren rascher beendet werden. Das ist auch im Inter­esse des Asylsuchenden! (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) Sich dann hierher zu stellen und zu sagen, das sei „Lagerhaft“ – also bitte! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wo ist also in diesen Fragen das Problem?


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Frau Kollegin, es gibt keine Kinder in Gefängnissen! Das können Sie hier noch so oft wiederholen, es wird weder richtiger, noch gibt es sie. Das gibt es nicht! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Das wird, entweder bewusst oder unbewusst, falsch dargestellt. Es ist so!

Ich lade Sie ein: Schauen wir uns gemeinsam alle Einrichtungen an, die es gibt, dann werden wir sehen und draufkommen, dass kein Kind in ein Gefängnis kommt! (Abg. Ing. Höbart: ... als Begleitung der Mutter, bitte!)

Jetzt könnte man fragen: Warum wird so argumentiert? – Ich unterstelle niemandem etwas, aber es geht um Sachlichkeit, denn wir debattieren immer über Menschen. Wir sollten hier wirklich die notwendige Sensibilität an den Tag legen, dass auch für jeden klar ist: Wer Hilfe braucht, bekommt sie! Ich sehe kein Problem darin, dass jemand fünf Tage den Behörden zur Verfügung stehen muss. Er kann sich überall frei bewegen.

Es ist klar, dass die EU-Rückführungsrichtlinie geregelt worden ist.

Seien Sie mir jetzt bitte nicht böse – ich glaube, dass wir darüber reden können, mit wem wir wollen –: Wenn man als Zuwanderer irgendwo eine Zukunft bekommt, einen Arbeitsplatz bekommt, sich integriert – ich bin auch froh, dass wir ein neues Staats­sekretariat haben; wurscht, wie es jetzt politisch besetzt ist, Frau Kollegin, aber wichtig ist dieses Staatssekretariat –, dann gehört zur Integration eben auch dazu, Frau Kolle­gin, dass man die Sprache kann.

Es stimmt auch nicht, was Sie zum Ausdruck gebracht haben, denn selbst, wenn jemand die Deutschprüfung nicht besteht, gibt es überall Ausnahmeregelungen, aus den unterschiedlichsten Gründen. Tun wir also nicht so, als würde das alles nicht stim­men und wäre das alles falsch!

Ich glaube, dass es nach langen, zähen Verhandlungen – es ist ja nicht lustig, solch ein Thema zu diskutieren – wirklich gelungen ist, die Zuwanderung komplett von der Asylschiene wegzunehmen. Das ist wichtig für die Wirtschaft, ja für alle, für unsere Familien, für die Gesellschaft.

Die Rückführungslinie: glasklar – wir brauchen nicht weiter darüber zu reden, wir alle wollen ja, dass sie, wenn es negativ entschieden wird, freiwillig nach Hause fahren. Das ist überhaupt kein Thema. Aber wir werden leider immer die eine oder den anderen haben, der eben nicht freiwillig nach Hause gehen will, daher müssen wir das regeln.

Noch einmal: Was die fünf Tage betrifft, würde ich wirklich einladen und bitten, dass man einen anderen Ausdruck findet als den – ich möchte ihn nicht mehr wiederholen –, der da gerade verwendet wurde.

In diesem Sinne darf ich mich bei allen, die einen konstruktiven Beitrag zu diesem Paket geleistet haben (Abg. Ing. Westenthaler: Bedanken!), bedanken – lieber Kollege Westenthaler, ich tue es lieber einmal mehr als einmal zu wenig –, und ich lade Sie ein, dieser Gesetzesvorlage Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.27.58

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Ich bin auch froh, dass jetzt, nach einer Gebrauchsanleitung für die Parlaments-Regierungsbank, auch der Herr Staatssekretär die Distanz zu seiner Ministerin verringert und sich bei ihr integriert hat. Das ist schon einmal ein gutes Zeichen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Dass ihm Herr Bartenstein erklärt, wie so eine Regierungsbank funktioniert, ist auch nicht schlecht.

Aber ich möchte sagen, Frau Ministerin und Herr Staatssekretär: Sie haben heute in Wirklichkeit eine große Chance vertan, nämlich die Chance, dieses Fremdenrechts-Flickwerk – dieses Wort stammt nicht von mir, sondern aus den Reihen der SPÖ, ich komme dann noch darauf zurück – vollkommen neu aufzustellen. Bei allem Verständnis dafür, dass Sie jetzt neu antreten und etwas Altes übernehmen, wäre es doch ein wesentlich besserer Start gewesen, Frau Ministerin, anstatt alles, was Ihnen Ihre Vorgängerin auf den Tisch knallt, einfach hier durchzuwinken, sich das doch mit zumindest ein bisschen Kritik anzuschauen.

Gestern winkten Sie die Vorratsdatenspeicherung kritiklos durch. Heute winken Sie das Fremdengesetz kritiklos durch. Ich glaube, das ist kein guter Start, Frau Innenministerin, wenn Sie nur einfach das vollziehen, was Ihnen Ihre Vorgängerin auf den Tisch gelegt hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Würden Sie sich nämlich die Historie der Fremdengesetze und die derzeitige Geset­zeslage ansehen, dann würden Sie auch draufkommen, dass wir seit 2006 nunmehr sechs Novellen der Fremdengesetze in diesem Land gehabt haben und dass die Hauptkritik der Experten und der Betroffenen eigentlich jene ist, dass dieses Gesetz mittlerweile unlesbar, chaotisch, ja gar nicht mehr umzusetzen ist und dass dieses Gesetz förmlich danach schreit, vereinheitlicht, neu ausgerichtet und neu kodifiziert zu werden, Frau Ministerin. Das wäre eine Aufgabe gewesen, die Sie einmal hätten machen können! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Ich weiß nicht, ob Sie das gelesen haben, etwa im „Standard“. – Das muss man sich einmal vorstellen: Da beschließen wir neue Fremdengesetze, und die Fremdenpolizei wird nicht einmal mit einbezogen! Die muss sich dann via „Standard“ melden, nämlich der Leiter der Fremdenpolizei, und er muss ausrichten, er sei nie gefragt worden, was er von diesem Gesetz überhaupt hält, und sei nie eingebunden worden. Er sagte dann, es sei daher fast unmöglich, die Novelle umzusetzen.

Die Fremdenpolizei in unserem Land sagt, die Novelle sei nicht umsetzbar. – Frau Ministerin, da müssten ja alle Alarmglocken bei Ihnen läuten! Dann müssten Sie dieses Gesetz tatsächlich auch neu verhandeln. Ich verstehe nicht, warum Sie das nicht tun, warum Sie das nicht machen. (Beifall beim BZÖ.)

Aber okay, jeder ist seines Glückes Schmied, und wie Sie Ihren Start anlegen, ist natürlich Ihr Problem. Aber ich hätte mir gewünscht – und viele andere auch –, dass Sie es ein bisschen anders anlegen und dass Sie vielleicht nicht nur alles kritiklos übernehmen, sondern sich auch mit ein bisschen Kritik ansehen, was Ihnen auf den Tisch gelegt wird.

Jetzt möchte ich mich mit der SPÖ beschäftigen, weil Kollege Pendl ein bisschen auf versöhnliche Art gesprochen hat. Herr Kollege Pendl, das war ja eine Rede an Ihre eigene Fraktion! Sie haben hier mit Ihrer eigenen Fraktion Selbsthypnose betrieben. Was sich da abspielt, das muss man sich einmal genau anschauen, das verschwindet ja derzeit alles im Windschatten des Chaos der ÖVP. Dahinter verschwinden das komplette Chaos, die Führungslosigkeit und die Zerrüttung des SPÖ-Klubs, das ist da völlig untergegangen!

Man muss sich das vorstellen: Da sitzt ein Klub, geführt von einem Klubobmann Cap, der zu allen wichtigen Gesetzen in den letzten Stunden, gestern und heute, ja und nein sagt! Ja und nein, völlig ohne Linie! Da sitzen Abgeordnete herinnen, die hier großspurig herausgehen und reden – oder vorher in den Medien reden, dafür oder dagegen – und dann bei Abstimmungen nicht hier sind, wie etwa Herr Kollege Maier,


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der gestern hier vollmundig zur Vorratsdatenspeicherung sprach und dann einfach die Abstimmung schwänzte und flüchtete. Das ist Feigheit, Herr Kollege Maier! Mut kann man sich nicht kaufen, Mut muss man auch hier im Hohen Haus beweisen! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Oder Frau Kollegin Ablinger: Wo ist sie heute? Ist Frau Kollegin Ablinger entschuldigt? (Abg. Grosz: Ein Rückgrat wie ein Gartenschlauch!) Spricht sie heute? Wird sie heute gegen das Gesetz stimmen? – Ihr seid ja in Wirklichkeit gar nicht mehr ernst zu nehmen. Ihr, die Sozialdemokratie, seid in Bezug auf die innere Sicherheit und in Bezug auf die Ausländerproblematik linienlos, führungslos und gänzlich abgetreten. Das ist die Wahrheit! Das ist eure Politik, und das sieht man jetzt auch! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Sinnlos!)

Weil ich gerade den Vergleich mit dem Gartenschlauch höre: Ich würde nicht sagen, dass das Rückgrat des Herrn Maier, der Frau Ablinger oder aller Abgeordneten, die immer so groß reden und dann einfach die Abstimmung schwänzen, ein Rückgrat wie ein Gartenschlauch wäre. Das würde ich nicht sagen, denn ein Gartenschlauch ist ja ein fester Eisenstab gegen deren Rückgrat! Das muss man in Wirklichkeit sagen. So ist es in Wahrheit! (Beifall beim BZÖ.) Es ist mutlos, es ist feige und ist auch keine Politik, etwas anderes zu sagen als das, was man dann hier im Hohen Haus tut

Meine sehr geehrten Damen und Herren, am Sonntag ist dann der 1. Mai, und dann stehen Sie wieder oben mit Ihren roten Taschentüchern, so stehen Sie am 1. Mai oben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich sage euch nur: Diesmal ist eure 1.-Mai-Veranstaltung nicht der Tag der Arbeit, sondern der Willkommenstag für die Ostarbeiter, die bei euch vorbeimarschieren werden! Das ist die Umfunktionierung dieses 1. Mai, die ihr selbst betreibt. Ihr habt in der Ausländerpolitik wirklich völlig versagt!

Dann lesen wir: Scharfe Kritik am Fremdenrecht aus der Wiener SPÖ. Frau Integrations-Stadträtin Frauenberger: Es muss endlich Schluss gemacht werden mit dem integrationsfeindlichen Fremdenrechts-Flickwerk. – Da haben wir jetzt das Wort, und genau so ist eure Politik: Ihr schlaft da herinnen, ihr stimmt allem zu, und in Wien haben wir die Probleme mit den Ausländern, mit der Zuwanderung, mit der Integration! Das interessiert euch überhaupt nicht. In Wirklichkeit interessiert euch das nicht, weil ihr in dieser Politiksparte bereits abgetreten seid. Ressort habt ihr keines, Abgeordnete habt ihr keine, die hier zu ihrer Meinung stehen, ihr seid gänzlich abgetreten. Das ist die Wahrheit! (Beifall beim BZÖ.)

Deutsch vor Zuzug: Das war ein Prinzip dieser Gesetze. – Wir hätten applaudiert und gerne zugestimmt, weil das eine Grundsatzforderung der Freiheitlichen in den neun­ziger Jahren und auch schon in den achtziger Jahren war, weil wir das bereits im Jahr 1993 beim Volksbegehren „Österreich zuerst“ als einen wesentlichen Punkt formuliert haben, als ihr alle miteinander noch Lichterlmeere veranstaltet habt. Mittlerweile ist fast jeder dieser zwölf Punkte aus dem Volksbegehren umgesetzt – Gratulation! Es hat ein paar Jahrzehnte gedauert, aber jetzt ist alles umgesetzt, das ist interessant. (Abg. Hornek: Dann kannst ja zustimmen!)

Wir hätten gerne zugestimmt: Deutschkenntnisse vor Zuwanderung. – Der Herr Integrations-Staatssekretär sagt das, die Frau Innenministerin sagt das, alle sagen das, nur: Es steht nicht im Gesetz! Jetzt sage ich Ihnen auch, warum. Wisst ihr, warum? – Weil die Rot-Weiß-Rot-Card, die ja völlig nebulos ist, genau das Gegenteil macht! Frau Innenministerin, das widerspricht dem Prinzip „Deutsch vor Zuzug“.

Und jetzt sage ich Ihnen auch, warum. – Wenn man sich dieses seltsame Punkte­system anschaut – wir haben uns das genau angeschaut –, dann sieht man, man kommt mit 50 Mindestpunkten ins Land herein, in einem mitteldurchschnittlichen Beruf,


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mitteldurchschnittlich qualifiziert, auch minderqualifiziert. Was ich machen muss, ist: Ich brauche eine Berufsausbildung im Ausland – na, die bekomme ich schnell, den Nachweis kriege ich recht schnell, und ich habe 20 Punkte. Ich muss unter 30 Jahre sein, und ich bekomme weitere 20 Punkte; damit habe ich 40, also fehlen mir nach Adam Riese nur noch 10. Diese 10 Punkte hole ich mir, indem ich fünf Jahre Berufserfahrung im Ausland bei irgendeinem Arbeitnehmer – das schreibt mir schon irgendwer: fünf Jahre Berufsausbildung – hole. Und siehe da: Ich habe 50 Punkte, hollodaro, ich bin auf dem österreichischen Arbeitsmarkt willkommen und brauche keine Silbe Deutsch zu können, weil die Punkteanzahl für Deutsch in der Rot-Weiß-Rot-Card keine Grunderfordernis, sondern nur eine Eventualität ist! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das heißt, Sie sagen „Deutsch vor Zuzug“ – aber über die Rot-Weiß-Rot-Karte kom­men Leute ins Land, die überhaupt keinen Satz, kein Wort Deutsch können! Dann kommt der Staatssekretär für Integration daher und sagt: Zuwanderung ist nicht mein Thema!

Das wird Ihr Thema werden, denn die kommen alle herein! Zu Zigtausenden werden nicht nur durch die Ostöffnung, sondern auch über die Rot-Weiß-Rot-Card Arbeit­nehmer auf den Arbeitsmarkt kommen, die gar kein Deutsch sprechen, und dann werden Sie wieder die Aufgabe haben, sie zu integrieren. Ich wünschen Ihnen dabei alles Gute, Herr Staatssekretär! Es wird nur nicht funktionieren, weil es Tausende sind und weil die auch in Konkurrenz zu den österreichischen Arbeitnehmern treten werden.

Das ist Chaos, das ist Flickwerk, aber kein ordentliches Fremdengesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher lehnen wir das auch ab.

Im Stakkato noch zu den zwei weiteren Themen: Wir haben immer gesagt: Kinder in Haft – nein! Wir haben auch die Initiative unterschrieben.

Auch das ist im Gesetz schwammig, auch das ist in Wirklichkeit nicht genau definiert. Wir haben immer gesagt: Kinder haben in Haft nichts verloren, es sollte das gelindere Mittel angewendet werden; dafür sind wir. – Im Gesetz ist das überhaupt nicht genau geregelt. Es kann nach wie vor so sein, dass auch Kinder in die Haft, in die Schubhaft kommen.

Und beim Asyl haben Sie völlig versagt! Da haben Sie das Hauptproblem gar nicht angegriffen, dass wir noch immer das Problem der Folgeanträge haben, wo eine ganze Maschinerie an Rechtsanwälten und sogenannten Experten immer wieder Folge­anträge formuliert, wo die Verfahren immer wieder in die Länge gezogen, verzögert werden und Sie dann das Problem haben, dass wir derzeit 20 000 Asylfälle in der zweiten Instanz haben.

Sie hätten die Verpflichtung gehabt, im Rahmen dieses Gesetzes zu sagen: Ein Folge­antrag in der Instanz: ja!, aber dann ist Schluss! Und wenn dann ein Bescheid zur Abschiebung erfolgt, ist auch abzuschieben, dann gibt es keinen Aufenthaltstitel. Das wäre die richtige Maßnahme gewesen! (Beifall beim BZÖ.)

Zum Schluss, Frau Innenministerin Mikl-Leitner, darf ich Ihnen ans Herz legen – vor allem auch als Wiener –, was sich in Wien in den letzten Tagen und Wochen an Krimi­nalität abgespielt hat, zu 95 Prozent von Ausländern, von Asylanten, von Asylwerbern oder von ausländischen Banden. Schlagen Sie die Zeitungen, alle Zeitungen von heute auf!, und dann werden Sie sehen: Viele Artikel handeln von Raubüberfällen auf offener Straße, von Bandenkriminalität. Am Reumannplatz treiben mehrere Sexualstraftäter ihr Unwesen. Man weiß, woher sie kommen, aber sie werden nicht dingfest gemacht oder, wenn sie festgenommen werden, relativ rasch wieder auf freien Fuß gesetzt.


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Frau Ministerin! Im Sinne der Bekämpfung der Kriminalität aufgrund der Zuwanderung aus dem Osten, die jetzt stattfindet, weil wir keine Grenzen mehr haben, sind Sie aufgefordert, da ganz besonders hinzuschauen und den Einbruchsdiebstählen, den Raubüberfällen und der sonstigen Bandenkriminalität, die bei uns stattfindet, den Kampf anzusagen. Ich sage Ihnen dazu: Das geht einzig und allein dadurch, dass Sie endlich einmal, zumindest temporär, die Schengen-Grenzen wieder in Kraft setzen, die Ostgrenzen wieder dichtmachen und dort auch kontrollieren, so lange, bis die Krimi­nalität wieder sinkt. Das ist unser Anspruch, den wir an die Sicherheitspolitik in diesem Land stellen, das verlangen wir von Ihnen! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Frau Innenministerin, Sie wissen, dass das möglich ist. Ich appelliere an Sie, das endlich zu tun. Ihre Vorgängerin wollte das nicht, sie hat uns nur im letzten Innen­ausschuss gesagt: Die Zahl der Aufgriffe von Illegalen explodiert! – Auch das ist ja ein Signal, dass immer mehr Illegale hereinkommen. Daher: Es ist notwendig, die Grenzen zu sichern!

Wir haben Ihnen am Beginn – vor wenigen Tagen, als Sie angetreten sind – gesagt, wir würden Ihnen gerne einen Vertrauensvorschuss geben, wir würden gerne mit Ihnen zusammenarbeiten. Aber wegen der Tatsache, dass Sie das Fremdengesetz durchwinken, die Vorratsdatenspeicherung durchwinken und in Wirklichkeit überhaupt alles kritiklos übernehmen, bin ich sehr skeptisch, dass wir da zusammenkommen. Ich hoffe es trotzdem.

Ich wünsche Ihnen bei Ihrer Arbeit alles Gute im Sinne der Kriminalitätsbekämpfung und der Sicherheit Österreichs. Wir werden Ihr erster Kontrollor sein! (Beifall beim BZÖ.)

13.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner. – Bitte.

 


13.39.27

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Das Fremdenrechtsgesetz ist zweifelsohne wieder ein Gesetz, das sehr polarisiert und das vor allem auch sehr emotionalisiert.

Es ist das aber auch ein Gesetz, das Klarheit schafft, wenn es um die Frage geht, wer im Land bleiben darf und wer es verlassen muss. (Abgeordnete der Grünen halten ein Transparent mit der Aufschrift „Kinder gehören nicht ins Gefängnis!“ in die Höhe.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Frau Bundesminister, entschuldigen Sie die kurze Unterbrechung! Ich darf bitten, das Transparent, das die grüne Fraktion gezeigt hat, wieder einzurollen. Wir haben es jetzt, glaube ich, alle gesehen. Es ist bekannt und auch schon entsprechend gewürdigt worden. (Das Transparent wird wieder zusam­men­gerollt.) – Danke.

Frau Bundesminister, setzen Sie bitte fort.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner (fortsetzend): Wenn man sich mit diesem Fremdenrechtsgesetz umfassend und intensiv beschäftigt, wenn man es intensiv liest und studiert, dann kann man sagen: Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein gutes Gesetz (Beifall bei der ÖVP), das die Handschrift der ÖVP trägt.

Ich möchte heute hier meiner Vorgängerin Danke sagen dafür, dass sie so viel Zeit und Energie in dieses Gesetz hineingesteckt hat. Aber auch ein Danke an die SPÖ für die Kooperation. Und vor allem auch ein ganz großes und herzliches Danke an die hohe


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Beamtenschaft, die da sehr viel Wissen, sehr viel Know-how hineingesteckt und letztendlich investiert hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun, welche Änderungen sind mit diesem Fremdenrechtsänderungsgesetz verbun­den? – Es sind dies vier konkrete Punkte. Zur Wiederholung für alle, die sich mit diesem Thema nicht so intensiv auseinandergesetzt haben:

Erster Punkt: die Anwesenheitsverpflichtung, die heute schon sehr viel diskutiert und kritisiert worden ist, mit der es uns gelingt, Asylverfahren in Österreich effizienter und schneller abzuwickeln.

Zweiter Punkt: Mit der Rot-Weiß-Rot-Karte sorgen wir für ganz klare Regeln, was die Zuwanderung betrifft.

Dritter Punkt: Deutsch vor Zuwanderung. (Abg. Kickl: Augenauswischerei!)

Vierter Punkt. Umsetzung der Rückführungsrichtlinie.

Ich sage Ihnen: Diese vier Meilensteine, die wir hier setzen, sind einfach wichtig und richtig, weil das zu mehr Sicherheit führt und für sozialen Frieden sorgt, weil damit auch eine erfolgreiche Integration möglich ist und wir es dadurch schaffen, die Asylverfahren schneller abzuwickeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber gestatten Sie mir, in aller Kürze auf die vier Punkte einzugehen. Ich darf mit der Anwesenheitsverpflichtung beginnen. Zur Frage: Warum brauchen wir diese Anwesen­heitsverpflichtung? – Weil diese Anwesenheitsverpflichtung letztendlich im ureigens­ten Interesse des Betroffenen ist, weil wir nur mit der Unterstützung des Betroffenen so schnell wie möglich klären können: Wer ist er? Woher kommt er? Welche Route hat er genommen? Aus welchen Gründen hat er das Land verlassen? Nur so können wir so rasch wie möglich feststellen, ob Österreich für das Asylverfahren letztendlich zuständig ist.

Ich sage Ihnen ganz offen und ehrlich: Ein effizientes, reibungsloses Verfahren ist uns einfach wichtig. Und ich glaube, es ist im ureigensten Interesse des Betroffenen, dass das auch so schnell wie möglich geklärt wird. Versetzen Sie sich in die Situation eines Flüchtlings, der sein Land verlässt – aus den verschiedensten Gründen: seien es religiöse Gründe, ethische Gründe oder weil er vom Tod bedroht ist (Abg. Scheibner: Oder wirtschaftliche Gründe!) –, dann werden auch Sie der Meinung sein: Man wird sich gerne fünf bis sieben Tage zur Verfügung stellen, um all diese Fragen abzuklären, um dieses Verfahren eben rasch in Gang zu setzen und rasch abzuklären, ob Österreich für dieses Asylverfahren zuständig ist. Es ist diese Anwesenheits­verpflich­tung nur im ureigensten Interesse des Betroffenen (Abg. Mag. Korun: Wenn ein Asylwerber in Freiheit ...!) und natürlich auch im Interesse der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum zweiten Punkt, zur Rot-Weiß-Rot-Karte: Mit dieser Rot-Weiß-Rot-Karte schaffen wir ein neues Zuwanderungsmodell mit ganz klaren Regeln, wie Zuwanderung statt­zufinden hat. Das heißt ein ganz klares Ja zu einer geregelten Zuwanderung – unter bestimmten Voraussetzungen und Kriterien. (Abg. Ing. Westenthaler: Ohne Deutsch?! Sie müssen nicht Deutsch können!)

Ich glaube, jeder, der sich in Österreich umschaut, weiß, dass wir gerade qualifizierte Kräfte brauchen, von Wissenschaftlern, Forschern bis hin zu qualifizierten Fachkräften. Wir brauchen dieses qualifizierte Personal für die Wirtschaft (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler), und zwar deswegen, damit die Unternehmungen nicht den Standort Österreich verlassen, sondern hier bei uns in Österreich bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)


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Mit diesem kriteriengeleiteten Zuwanderungssystem sind zwei Rechte verbunden: Recht auf Aufenthalt und Recht auf Arbeitsmarktzugang.

Ich darf zum dritten Punkt kommen: Deutsch vor Zuwanderung, ein ganz wesent­liches Element. Ich halte das deswegen für ein wesentliches Element, weil gerade Deutsch ein wesentlicher Schlüssel für eine erfolgreiche Integration ist. Ich glaube, dass wir hier in keinster Weise zu viel oder zu wenig verlangen, weil es letztendlich auf der ganzen Welt möglich ist, sich diese Deutschkenntnisse anzueignen.

Auch das ist wieder im ureigensten Interesse des Betroffenen: Es muss doch bitte jemand seinen Einkauf selbständig bewerkstelligten können (Zwischenruf des Abg. Scheibner. – Abg. Mayerhofer: NÖM hat das schon eingestellt!), zum Arzt gehen können, in die Schule gehen können, um sich über die Leistungen seines Kindes zu erkundigen! Wie sonst soll es wohl gehen, wenn jemand hier lebt und nicht Deutsch kann? Wenn er nicht Deutsch kann, kann er sich nicht integrieren und letztendlich auch keiner Arbeit nachgehen oder sich im gesellschaftlichen Leben wohl fühlen! (Zwischen­ruf der Abg. Mag. Korun.)

Auch frauenpolitisch sehe ich eine ganz große Chance. Denken Sie an die Frauen aus den patriarchalen Systemen! Gerade für diese Frauen ergibt sich jetzt die Chance, endlich einmal einen Zugang zur Bildung zu erlangen. Das halte ich für einen ganz wesentlichen Punkt aus frauenpolitischer Perspektive. Ich glaube, dass das ein Startvorteil und ein Mehrwert für die Frauen aus patriarchalen Strukturen sein kann. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

Wichtig ist mir natürlich auch, dass damit auch eine gewisse Wertevermittlung einhergeht (Abg. Mag. Korun: Was sind Ihre Werte?), weil man sich nur in einem Land wohlfühlen kann, wo man sich mit den Werten auseinandergesetzt hat und diese Werte auch akzeptiert. Denn: Nur unter der Akzeptanz unserer Werte ist letztendlich ein Miteinander möglich. (Abg. Mayerhofer: Frau Minister, Sie wohnen nicht im 15. Bezirk ...! – Abg. Ing. Westenthaler: Warum muss man nicht Deutsch können, um nach Österreich zu kommen? – Abg. Mayerhofer: In Kanada muss man zwei Sprachen können!)

Selbstverständlich haben wir uns auch über eine ganz wichtige Zielgruppe, nämlich die Studentinnen und Studenten, Gedanken gemacht. Was meine ich damit? – Ich meine damit, dass es in Zukunft für Studenten unter gewissen Voraussetzungen möglich sein soll, im ersten Studienabschnitt 10 Stunden zu arbeiten, im zweiten Studienabschnitt maximal 20 Stunden zu arbeiten, und zwar ohne Arbeitsmarktprüfung. Alles über dieses Stundenkontingent erfordert eine Arbeitsmarktprüfung.

Natürlich gibt es auch Überlegungen für jene, die ihr Studium fertig abgeschlossen haben. Da gibt es die Möglichkeit, sich innerhalb der nächsten sechs Monate einen Job zu suchen und auf die Rot-Weiß-Rot-Karte umzusteigen.

Vierter Punkt: Umsetzung der Rückführungsrichtlinie. – Damit erledigen wir auch euro­parechtliche Verpflichtungen beziehungsweise kommen diesen nach.

Wenn man sich die Breite all dieser Punkte anschaut, dann kann man erkennen, dass in diesem Fremdenrechtsänderungsgesetz sehr viele Chancen stecken, sehr viele Vorteile: für den Arbeitsmarkt, für die Wirtschaft, für eine erfolgreiche Integration und vor allem für die Sicherheit dieses Landes.

Als Sicherheitsministerin stehe ich für die Sicherheit dieses Landes, und ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit diesem Gesetz einen richtigen Schritt in die richtige


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Richtung, nämlich in Richtung mehr Sicherheit, machen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mayerhofer: Nein, Frau Minister, davon bin ich nicht überzeugt!)

13.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.48.57

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ziel dieses Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 ist es unter anderem, die Zuwan­derung nach Österreich besser zu regeln, zu steuern und die Erteilung der Aufent­haltsgenehmigungen stärker am Arbeitskräftebedarf in Österreich zu orientieren.

Durch die Einführung der Rot-Weiß-Rot-Karte, der Blauen Karte EU sowie der Rot-Weiß-Rot-Karte-plus für Familienangehörige sollen verstärkt hochqualifizierte Zuwan­derer, die die österreichische Wirtschaft dringend braucht (Abg. Mayerhofer: Was?! Was?!), nach Österreich eingeladen werden. (Abg Kickl: Tun Sie’s dann inserieren in Indien?! – Abg. Mayerhofer: ... bringt mehr Erträge!)

Sehr geehrte Damen und Herren, eine verantwortungsvolle Zuwanderungspolitik muss sich primär an den Interessen Österreichs orientieren. Daher wird ein neues, kriterien­geleitetes System vorgeschrieben. Dieses System wurde von Experten und den Sozialpartnern gemeinsam erarbeitet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Vorgeschrieben werden auch der Erwerb deutscher Sprachkenntnisse bereits vor dem Zuzug nach Österreich (Abg. Mag. Stefan: Ist ja keine Voraussetzung!) und eine bis zu siebentägige Anwesenheitspflicht für Asyl­werber in der Erstaufnahmestelle. Der Erwerb der deutschen Sprache ist aus meiner Sicht der Grundstein für eine erfolgreiche Integration in Österreich.

Dieses neue Fremdenrechtsänderungsgesetz bietet klare Regeln. Österreich wird auch in Zukunft all jenen Menschen Asyl gewähren, die es brauchen, die in Lebensgefahr sind. (Abg. Mag. Stefan: Die nicht in Lebensgefahr sind!) Wir haben als Österreicher über Jahrzehnte hinweg unter Beweis gestellt, dass wir Asyl sehr, sehr ernst nehmen.

Ich erinnere beispielsweise nur daran, wie viele Österreicher nach dem Zweiten Weltkrieg aufgenommen wurden, wie viele Ungarn nach den dramatischen Ereignis­sen, die es gegeben hat, in Österreich aufgenommen wurden, und ich erinnere auch an die Jugoslawien-Krise. Wir stehen dazu klar und deutlich. Wir müssen klar differenzieren zwischen Asyl und Zuwanderung. (Abg. Scheibner: Genau!) – Darauf, Herr Kollege Scheibner, lege ich ausdrücklich großen Wert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein klares Reglement, das klar diffe­ren­ziert zwischen Zuwanderung und Asyl, und das nehmen wir in diesem Zusam­menhang sehr ernst. (Abg. Kickl: Wirtschaftsflüchtlinge!)

Ich darf diese Gelegenheit nutzen, um der bisherigen Innenministerin, Sicherheits­ministerin Dr. Maria Fekter von dieser Stelle aus Danke zu sagen. Frau Bundes­ministerin Fekter ist in der Vergangenheit klar und deutlich für Sicherheit gestanden. Sie ist klar und deutlich zu ihren über 30 000 Mitarbeitern gestanden, auch dann, wenn es Gegenwind gegeben hat. (Abg. Neubauer: ... sind unsere Polizisten!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Bundesministerin Fekter ist für sinkende Kriminalität gestanden, sie stand für den „Nationalen Integrationsplan für Integration“, für die Lösung des Folgeantragsproblems – das auch eines ist, auf das der Kollege Scheibner hingewiesen hat – und für ein geordnetes Fremdenrecht. (Zwischenruf der


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Abg. Mag. Korun.) Das sind klare und deutliche Ergebnisse der erfolgreichen Sicherheitsministerin Dr. Maria Fekter, wofür ich ihr sehr herzlich danken möchte.

Ich möchte aber nicht nur Frau Innenministerin Dr. Fekter für ihre erfolgreiche Tätigkeit danken, sondern auch der neuen Innenministerin Mikl-Leitner alles erdenklich Gute für ihre neue Aufgabenstellung für die Zukunft wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayerhofer. 3 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Jetzt, wie es wirklich ist!)

 


13.52.40

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Jetzt, wie es wirklich ist, vom Vorfallsort­bericht. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzter Herr Präsident! Dass wir so schnell hier sind, hat keiner vermutet, auch nicht gehofft. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kößl.)

Beginnen wir mit dem Allerwichtigsten in aller Kürze! – In geradezu affenartiger Geschwindigkeit wurde dieses Gesetz durch den Ausschuss gezogen, beispiellos. Wir würden uns das öfters wünschen, sage ich auch gleich einmal. Was wird diese RWR-Karte bringen? – Das Lohnniveau drücken. Jetzt können sich die Unternehmer freuen. Es wird mehr zu verdienen geben – aber nicht für die hiesige Bevölkerung, nicht für die angestammten Arbeitnehmer! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kößl.)

Weiters wird das Teuerung bringen. Sie ist schon unterwegs und in Begriff, die Men­schen wirklich zu betreffen. Die werden gar nicht abgedeckt werden können. Die Armut wird größer, die Österreicherinnen und Österreicher werden im Lohnsackerl weniger vorfinden!

Die Kriminalität wird mehr; Kollege Westenthaler hat das ganz richtig gesagt. Da Sie nicht im 15. Bezirk wohnen, wo ich seit 30 Jahren als Polizist Dienst mache, lade ich Sie ein, einmal in meine Dienststelle zu kommen. Ich melde Sie bei unserem Oberst an, und dann fahren wir einmal eine Runde, und dann werden Sie sehen, was sich dort abspielt. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. – Ruf bei der FPÖ: Das können Sie ja nicht mehr ! – Abg. Ing. Westenthaler: Es spricht ja keiner mehr Deutsch!) Sie haben keine Ahnung! Viele hier wissen es, nur sagen es nicht. Das ist das Problem! Deshalb wird seit Jahren eine Politik am Volk vorbei entwickelt! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Damit macht ihr euch aber mitschuldig. Nur, weil ihr nichts dagegen unternehmt, allein darin ist eine grobe Schuld bei euch festzustellen! (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Das sage ich euch!

Gehen Sie einmal zu den Arbeitern und Angestellten in die Betriebe! Da werden Sie etwas ganz anderes hören! Das möchte ich Ihnen auch einmal sagen. (Abg. Kößl: Was willst du uns überhaupt sagen?!)

Man hört ja auch aus Gewerkschaftskreisen – wo ist der Kollege überhaupt?; ich sehe ihn jetzt gerade nicht; bei den wichtigen Dingen ist er nicht herinnen –, oder, genauer gesagt, der Kollege Kaske (Zwischenruf bei der FPÖ) – ja, genau! – hat es klar gesagt: „Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt spricht nicht gerade für einen Mehrbedarf an Zuwanderung (...)“. – Bitte, das hat euch ein roter Gewerkschafter mitgeteilt! Nehmt diese Meinung auf und baut sie in eure Entscheidung ein!

Ich darf da auch an das „Österreich zuerst“-Volksbegehren erinnern. Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich damals in den 13. Bezirk – ich habe damals noch in Wien


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gewohnt – über ein Dachbodenkammerl zu deren Kanzlei gehen musste. Das ist hochinteressant. Wenn man die Tür zugemacht hat, hat der Staub so gepufft. Da hat man die Leute hinaufgeschleppt: hinauf und wieder zurück! – Das war euer Werk in Wien. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Soviel zum Thema Demokratie. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, das ist so. Lichtermeere habt ihr veranstaltet? Ihr wart auch dabei? Du auch? Du hast bloß nichts dagegen unternommen. Du schweigst heute, hast nichts dagegen unternommen. Du weißt eigentlich überhaupt nichts mehr von der Praxis, was sich da draußen wirklich abspielt. Du sitzt auf einem Chefinspektorposten im Ministerium und weißt nichts mehr von der Polizei! (Abg. Hornek: Das Einzige, was ich von dir weiß, ist, dass du im 15. Bezirk bist!) Das haben dir deine politischen Freunde gerichtet, so schauts aus!

Jetzt ein Vergleich mit Kanada. Den muss man sich heraussuchen. Es wird wohl niemand glauben, dass Österreich reicher ist als Kanada, das glaube ich nicht, oder? Sind wir uns da einig? Ja. Ich darf euch sagen, was dort alles notwendig ist, um auch nur einen Fußbreit des Landes zu betreten:

Dort hat man sich gleich um 350 € einen lizenzierten Einwanderungsberater zu organisieren. Dort muss man Folgendes können – und das tun wir bei unserer Rot-Weiß-Rot-plus-Karte nicht –: Ein erlerntes Handwerk braucht man dort, man muss in Englisch und in Französisch in Wort und Schrift kommunizieren können (Abg. Hornek: Da hast du überhaupt keine Chance!), übersetzte Dokumente muss man vorlegen – jawohl, so ist es, sonst hat man überhaupt keine Chance –, die finanzielle Sicherheit muss selbst sichergestellt werden, und das ist nachzuweisen. Dabei darf das Geld, das dort zu hinterlegen ist, nicht geliehen sein, selbst das wird vorge­schrie­ben.

Abschließend darf ich Ihnen sagen: Ein besonderes Schmankerl ist die Rückführungs­richtlinie im Fremdenpolizeigesetz. Die übertriebene Gutheit kommt knapp neben der Dummheit, sagt man im Volksmund, und ich sage es so: Wer sich solche Dinge leistet, handelt nicht im Interesse der österreichischen Bevölkerung! Das muss ich Ihnen sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend – weil leider keine Zeit mehr ist, sonst hätte ich Ihnen ein paar Schman­kerln betreffend dieses Volksbegehren erzählt –: Der Heilige Vater – an die Katholiken herinnen – hat Folgendes gesagt: „Die unveräußerliche Menschenwürde eines jeden einzelnen muß in Zusammenarbeit“ – Sie (in Richtung SPÖ) passen nicht auf, Kollege, du weißt dann wieder nichts! (Heiterkeit bei der FPÖ) – „mit allen Menschen guten Willens, die in Politik und Gesellschaft Verantwortung tragen, zwischen dem ethisch Gebotenen und dem tatsächlich Machbaren garantiert werden.“ – Johannes Paul II., 19. Dezember 1992.

Dem ist nichts hinzuzufügen. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Übrigens: Was euer Poldi Maderthaner gesagt hat, habt ihr schon vergessen, ihr seid ja sehr vergesslich. Die Vergesslichkeit schützt euch. Poldi Maderthaner hat gesagt:

„Immer mehr Osteuropäer wollen den Weg in den ,goldenen Westen‘ gehen. Österreich muß darauf reagieren, weil es kein Einwanderungsland sein kann.“ – Das sagen euch eure eigenen Schwarzen, Poldi Maderthaner, der leider nicht mehr auf der Welt ist! – Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Abg. Kößl: Das ist sieben Jahre her! ... geordnete Zuwanderung!) – Ja, die geordnete Zuwanderung ... – Wir brauchen eine geordnete Arbeitsmarktpolitik! Wir brauchen nicht mehr Arbeitskräfte, sondern vernünftige Arbeitsplätze, wo man auch etwas verdienen kann! – Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

13.58



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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.58.56

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staats­sekretär! Herr Kollege Mayerhofer, ich kann Ihnen nur empfehlen: Bleiben Sie in den Kammerln, wo Ihnen irgendwer irgendetwas deutet, denn das, was Sie hier sagen, versteht niemand! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Ja, Sie nicht, aber ! – Abg. Mayerhofer: Sie wollen es nicht verstehen!)

Zurück zum eigentlichen Thema! – Ich kenne dieses Gesetz, das jetzt hier vorliegt. In der Form, in der es ursprünglich vorgelegt wurde, sah es ganz anders aus. (Abg. Scheibner: Das glaube ich schon, dass Sie das verdammt haben!) Es bedurfte eines Hearings, eines zweiten Ausschusses, damit viele, viele Änderungen zustande kommen konnten, hinter denen wir sehr wohl gestanden sind. Ich möchte nur die Beispiele jetzt ganz kurz anfügen. Meine Kolleginnen und Kollegen werden das sicherlich noch ausführlicher machen.

Schubhaft: Bevor die Schubhaft zu verhängen ist, ist immer das gelindere Mittel anzuwenden. (Abg. Windbüchler-Souschill: ... bis 16!)

Die Rechtsberatung ist unabhängig, weisungsfrei und unterliegt einer Amtsverschwie­genheit.

Erreicht wurde, dass im Fremdenpolizeigesetz festgehalten wird, dass die Artikel 2, 3 und 8 der EMRK immer zu berücksichtigen sind, speziell der Artikel 8 der EMRK. Bei der Prüfung, wenn es lange Verfahren gibt, geht es darum, dass es zuungunsten der Behörde ausgehen soll, wenn ein Verfahren schon sehr, sehr lange dauert, und zugunsten des Betroffenen.

Die Rückkehrentscheidung: Weg von den Sicherheitsdirektionen, weg von den 110 verschiedenen Stellen, hin zu einem unabhängigen Verwaltungssenat, der binnen drei Monaten eine Entscheidung treffen muss!

Das Betretungsrecht, das von fünf auf eine Person hätte reduziert werden sollen, ist wieder entfallen, und es bleibt ausschließlich die Nachschau, wo sich Personen ver­stecken könnten.

Die Strafbestimmungen im Fremdenpolizeigesetz, die nachgebessert worden sind, wurden angepasst, aber deren Anzahl wurden davor um neun Zehntel reduziert.

Bei Deutsch vor Zuzug wird es noch die offene Ermächtigung und die Verordnung der Frau Ministerin geben.

Ich möchte jetzt noch zwei Dinge hervorheben, die mir besonders wichtig sind und wo ich dann den Kollegen Westenthaler frage, ob er die Ausschüsse verschlafen hat. (Abg. Ing.  Westenthaler: Wie stimmt denn Frau Ablinger ab? Können Sie uns das sagen?) Das ist Sache der Frau Ablinger. (Abg. Ing. Westenthaler: Cap kann seinen Hühnerhaufen ja kaum zusammenhalten! Am besten es erklärt ein jeder, wie er abstimmen wird!)

Wir haben bei der letzten Sitzung des Innenausschusses einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem es prinzipiell einmal um die Schaffung eines Bundesamtes für Asyl und Migration geht, und wir haben ihn beschlossen. Das bedeutet: Weg von den vielen einzelnen Behörden, die jetzt zuständig sind, hin zu einem Spezialistentum! Hin auch zu einer Situation, in der wir Schnittstellenprobleme, wodurch bisher auch viel Zeit verlorengegangen ist, ganz einfach wegbringen!


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Was mir besonders wichtig ist und wo auch Sie in die Pflicht genommen werden, Herr Staatssekretär, wird sein, dass die Anerkennung ausländischer akademischer Titel relativ rasch gehen muss, denn ich bin davon überzeugt, dass die Menschen, die hierher kommen, freiwillig herkommen, sich hier niederlassen wollen, sich auch entsprechend auf dem Arbeitsmarkt anbieten, sich so am Erwerbsleben beteiligen wollen, sich wirtschaftlich selbst erhalten können sollen. Und in diesem Zusam­menhang denke ich, dass es sehr wohl auch Ihre Aufgabe ist, darauf zu schauen, dass wir in dieser Hinsicht sehr, sehr massiv weiterkommen.

Aus den genannten Gründen, wegen der Änderungen, die ich Ihnen kurz zitieren durfte, werde ich – ich kann für meine Person sprechen – diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wie werden die anderen abstimmen? Werden sie dafür stimmen, dagegen stimmen oder abwesend sein?)

14.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.02.58

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Paket gibt vor, dass es Integration und Zuwanderung regeln will. Tatsächlich geht es um neue Hürden und Barrieren.

Kollege Pendl, Sie können das noch so sehr hinter sehr kreativen Wortschöpfungen wie Mitwirkungspflicht verstecken, Tatsache ist, und wir kennen die Geschichte dieser Bestimmung, die nach der Debatte um Eberau entstanden ist, dass es immer darum gegangen ist, die Asylwerber, weil sie irgendjemanden stören, von der Straße wegzu­bekommen. Wenn Sie der Begriff „Lagerhaft“ stört, den Kollegin Korun verwendet hat, dann empfehle ich Ihnen, nehmen Sie doch den Begriff des UN-Sonderbericht­erstatters über Folter, Herrn Nowak, der sagt: Das ist Freiheitsentzug. (Abg. Scheibner: Aber nicht „Lagerhaft“! Das ist ein wesentlicher Unterschied!) So ist es! Es geht da nicht um Mitwirkungspflicht, sondern es ist Freiheitsentzug. (Beifall bei den Grünen.)

Der Zynismus dieses Gesetzes kommt in einem Punkt besonders deutlich zum Ausdruck, nämlich in dem Punkt, in dem Deutschkenntnisse verlangt werden. Ich persönlich bin für Deutschkenntnisse. Das ist unbestritten für die Integration wichtig, für die Teilnahme am kulturellen Leben, für berufliche Karrieremöglichkeiten, für die Teil­nahme am sozialen Leben. Es muss dann eben auch die Bereitschaft der Bevölkerung geben, diese Möglichkeiten tatsächlich zu eröffnen. Unbestritten bleibt jedoch, dass Deutschkenntnisse wichtig sind.

Mit diesem Gesetz werden aber Deutschkenntnisse sozusagen als Waffe gegen Migration und Zuwanderung eingesetzt. Warum ist das so? – Die Anforderungen bezüglich Deutschkenntnisse werden mit diesem Gesetz erhöht. Gleichzeitig wird aber die Zeit, um diese Deutschkenntnisse zu erwerben, verringert. Die finanzielle Unterstützung beim Erwerb dieser Deutschkenntnisse wird auch reduziert. Das heißt, es wird alles getan, damit den Betroffenen die Chance, Deutschkenntnisse zu erwerben, verunmöglicht wird. (Beifall bei den Grünen.)

Da geht es also nicht um Deutschkenntnisse, sondern man will Zuwanderung beschränken und es den Betroffenen möglichst schwer machen.

Besonders skurril wird das dann bei der Familienzusammenführung, für die auch Deutschkenntnisse verlangt werden. Das ist schon deswegen absurd und skurril, weil sich ja die Integrationswahrscheinlichkeit mit dem Nachzug der Familie erhöht. Jemand, der seine Familie hier hat, zeigt eine viel höhere Integrationsbereitschaft als


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jemand, dessen Familie weit weg lebt. Nicht nur das! Es ist nicht nur skurril, es ist auch menschenrechtswidrig, weil es gegen den Artikel 8 EMRK verstößt.

Es hat keine Evaluierung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen gegeben, das heißt, eine Verschärfung kann nicht argumentiert werden und ist daher komplett willkürlich.

Der Sprachwissenschafter Univ.-Prof. Krumm sagt, folgende Sprachkenntnisse sind für einen Daueraufenthalt erforderlich: Jemand „kann eine Argumentation gut genug ausführen, um die meiste Zeit ohne Schwierigkeiten verstanden zu werden“.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn ich spät abends im Hohen Haus die eine oder andere Rede höre, während der sich Abgeordnete an ein Redemanuskript klammern und es in gebrochenem Deutsch herunterlesen, dann frage ich mich, ob sie die Voraussetzungen für einen Daueraufenthalt tatsächlich erfüllen würden. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ.)

Ich könnte dazu Beispiele aus sämtlichen Fraktionen – SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ – liefern. Es geht mir hier aber nicht darum, Einzelne vorzuführen, es geht mir allein darum, zu zeigen, wie zynisch diese Bestimmungen im Gesetz sind.

Wir machen daher folgenden Vorschlag: Wir stellen heute einen Rückverweisungs­antrag, denn mittlerweile gibt es auch schon in der SPÖ eine offene Rebellion. Der SPÖ-Vorsitzende von Oberösterreich empfiehlt seinen Abgeordneten, mit Nein zu stimmen. In Wien ist die SPÖ auf den Barrikaden. Stadträtin Frauenberger, die ich sehr schätze, ist überhaupt schon mehr in Opposition gegenüber der Bundesregierung als andere Oppositionsparteien. Gestern war sie gegen die Vorratsdatenspeicherung, heute ist sie gegen dieses Gesetz. Ich finde das gut. Es zeigt nur eines: Bei Rot-Grün färbt Grün ab, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Wir werden diese Bäume schon noch umschneiden!)

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist zynisch, es ist menschenrechtswidrig. Weisen wir es zurück an den Ausschuss. Das eröffnet zwei Möglichkeiten: Manche Abgeordnete könnten in dieser Zeit ihre Deutschkenntnisse verbessern, und die SPÖ könnte die eine oder andere Maßnahme überdenken. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Ablinger würde gerne etwas sagen!)

14.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.07.58

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Steinhauser, es ist geradezu peinlich, wie Sie hier untergriffig gegen andere Abgeordnete vorgehen. Ich finde das dieses ernsten Themas unwürdig. (Beifall bei ÖVP und FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Österreich hat in den letzten Jahren sehr viel für Asylwerber getan. Die Österreicherin­nen und Österreicher haben sehr viele Menschen aufgenommen: nach Kriegen, nach Verfolgung et cetera. Wir sollten das Thema sachlich abhandeln, und wir sollten auch die neue Anwesenheitsverpflichtung, die jetzt kommt, sachlich abhandeln.

Ich weiß nicht, was Sie daran stört, wenn ein Asylwerber innerhalb kürzester Zeit all die Dinge, die er sagen muss, die er beweisen muss, erledigen kann, wenn man sofort, in den ersten paar Tagen, beweisen kann: Ich bin der und der, ich komme von dort und dort und ich bin wirklich verfolgt worden aufgrund religiöser, ethnischer, rassischer


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Zuschreibungen, oder auch zu klären, ob man aus einem Kriegsgebiet geflüchtet ist, über welche Route man gekommen ist, ob also Österreich überhaupt zuständig ist.

Ich weiß nicht, warum Sie da unbedingt von einer Lagerhaft sprechen müssen. Das ist auch ein Zumutung jenen Menschen gegenüber, die im Zweiten Weltkrieg in einem Lager inhaftiert waren und dort Zwangsarbeit leisten mussten, denn wenn jemand zu uns kommt, dann will er bei uns Schutz, und den bekommt er auch. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Frau Kollegin Korun, ich schätze Sie wirklich sehr. Ich denke auch, dass Sie selbst die Integration in unserem Land sehr ernst nehmen. Sie leben die Integration, ich weiß das, und ich meine das auch wirklich ernst. Mit dem, was Sie machen, tun Sie jedoch den Asylwerbern nichts Gutes, denn Sie mischen alles zusammen. Sie mischen Zuwanderung mit Asyl, Sie verwenden Begriffe wie „Lagerhaft“ und Aussagen wie: Kinder müssen ins Gefängnis. – Sie tun den Asylwerbern damit nichts Gutes! Jemand, der kommt, Schutz sucht und auch wirklich Asylgründe hat, der bekommt bei uns Asyl. Das war überhaupt noch nie ein Thema. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Alle anderen, die als Wirtschaftsflüchtlinge kommen, können in Zukunft mit der Rot-Weiß-Rot-Card zuwandern.

Weil das heute ein paar Mal strapaziert worden ist, der 15. Bezirk in Wien. Ich bin eine Wiener Abgeordnete (Abg. Vilimsky: Eine nicht gerade sehr erfolgreiche!) und möchte hier dazu schon einmal eines bemerken: Wir haben in den letzten Tagen sehr viel über den Integrationsstaatssekretär, die Kritik an seiner Person und die Kritik, warum das Integrationsstaatssekretariat im Innenministerium angesiedelt ist et cetera diskutiert. Viele Ihrer Reden haben bewiesen, warum es gut ist, dass es so ist. Wir müssen uns nämlich auch mit der Kriminalität in diesen Bereichen, was Ausländer betrifft, was Asylwerber betrifft und was auch Zuwanderer betrifft, auseinandersetzen. Ich meine jedoch schon, dass die Stadt Wien bisher bei der Integration gescheitert ist. (Abg. Mag. Korun: Was hat die Bundesregierung während 40 Jahren dafür getan? – Abg. Strache: Sie sind bei der letzten Wahl auch gescheitert!)

Wenn Kollegin Frauenberger heute das Fremdenrechtspaket kritisiert, dann kann ich nur sagen: Bitte kümmern Sie sich um die Integration der Menschen, die in Österreich leben! (Abg. Vilimsky: Sie sind seit 20 Jahren in der Regierung!) Und das wird der Herr Staatssekretär in Zukunft auch im Rahmen seiner Tätigkeit tun, nämlich auf Leute schauen, die hier sind, die legal hier sind, die dauerhaft hier bleiben wollen, damit sich die auch notwendigerweise integrieren.

Ich war bei „Puls 4“, bei einer Diskussion zum Thema Islam. Dort ist in Filmen zutage getreten, dass Leute im 12. Bezirk, die bereits 18 Jahre lang in Österreich sind, nicht Deutsch reden können, dass sie in einem Interview nicht einmal eine Antwort geben können auf Fragen wie: Wo kommen Sie her? Wie lange sind Sie da? Wie geht es Ihnen hier? Das ist genant! Darum müssen wir die Menschen besser integrieren. Das werden wir mit der Zuwanderung, mit einer geregelten Zuwanderung, mit der Rot-Weiß-Rot-Card bewältigen. Da bin ich mir ganz sicher. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Sie wollen also die Probleme mit noch mehr Zuwanderung lösen!)

Im Übrigen darf ich Frau Bundesministerin Johanna Mikl-Leitner viel Erfolg wünschen. Sie übernimmt ein gut aufbereitetes Haus. Frau Bundesministerin Fekter hat gute Arbeit geleistet in den letzten Jahren. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg! Viel Glück!

Ich wünsche dem neuen Integrationsstaatssekretär, dass er an seinen Taten gemes­sen wird und dass er ganz einfach die gescheiterte Integrationspolitik, die es in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 102

manchen Städten gibt, auch in Wien, endlich einmal beseitigen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

14.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.12.35

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Gleich einmal vorweg: Dieses Gesetz ist einfach Pfusch hoch fünf. Das kann man ganz klar und deutlich sagen, meine Damen und Herren. (Beifall des Abg. Mayerhofer.)

Jetzt erkläre ich Ihnen auch, wieso das so ist, Frau Minister. Sie als frischgebackene Ministerin und der Superpraktikant neben Ihnen können noch am wenigsten dafür. Ich finde es allerdings schon mutig, wenn Sie sich hierher stellen und von einem guten Gesetz reden und all denjenigen, die herinnen sitzen, vorwerfen, sie hätten das Gesetz nicht gelesen, wenn sie es kritisieren. Jetzt sage ich Ihnen etwas: Sie waren weder bei der Gesetzwerdung hier im Hohen Haus beziehungsweise sonst daran beteiligt, Sie waren beim Expertenhearing nicht dabei und Sie waren auch im Ausschuss nicht dabei. Da finde ich es dann schon sehr mutig, wenn Sie hier drauflos sprechen und sagen, wie gut dieses Gesetz ist.

Ich darf für Sie jetzt einmal ins Detail gehen: Die erste Feststellung, und diese Kritik hat Kollege Westenthaler ohnehin schon angesprochen, betrifft die Tatsache, dass dieses Gesetz einfach unlesbar ist. Diese Novelle ist bereits die sechste seit 2000, und jede dieser Novellen wurde von einem anderen Beamten verfasst, sodass mittlerweile das ganze Gesetz unverständlich und kaum lesbar geworden ist.

Meine Damen und Herren, die vorliegende Novelle wurde von einem jungen Beamten im Bundesministerium für Inneres geschaffen, der erst seit drei Jahren im BMI tätig ist und keine Unterbehörde in die Gesetzwerdung eingebunden hat. Das heißt, es wurde nicht berücksichtigt, welche Auswirkungen diese Bestimmungen auf andere Gesetze und andere Bereiche haben. Das ist schon ein großes Problem, und das muss man hier schon einmal ganz klar feststellen.

Ich möchte noch ein bisschen mehr ins Detail gehen. Ich werde Ihnen ein paar Beispiele bringen, die zeigen, warum dieses Gesetz so problematisch ist. Beim Sicht­vermerk: Nach dem neuen Gesetz wird kein Sichtvermerk mehr in den Pass hinein­geklebt. Das heißt, wenn der kontrollierende Beamte vor Ort draußen nicht die Möglichkeit hat, wenn das System nicht funktioniert, das EKIS nicht funktioniert, über Funk abzuklären, ob die betreffende Person rechtmäßig in Österreich ist, hat er keine Chance festzustellen, ob der, den er anhält, ein Kriminaltourist ist, ob er unrechtmäßig im Land ist. Das stellt ein großes Problem dar. Das ist also kompletter Pfusch.

Gehen wir weiter: § 64 Abs. 1 betrifft die Aufenthaltsverfestigung von jenen, die von klein auf im Land aufgewachsen und langjährig rechtmäßig hier aufhältig sind. Ich werde Ihnen an einem Beispiel verdeutlichen, was das bedeutet. Nach dem alten Gesetz konnte jemand, der eine Straftat begangen und dafür mehr als zwei Jahre Haft ausgefasst hat, abgeschoben werden. Nach diesem Gesetz geht das nicht mehr.

Ich bringe Ihnen jetzt ein konkretes Beispiel: Der Fall des Mörders des kleinen Cain in Vorarlberg wird wohl bis nach Niederösterreich durchgedrungen sein. Dieser Mann ist seit seinen relativ jungen Jahren in Österreich. Er gehört also dieser Zielgruppe an. Wenn er verurteilt worden wäre, hätte er nach dem alten Gesetz abgeschoben werden können. Nach dem neuen Gesetz ist das nicht mehr möglich, und das ist ein großes Manko und ein großes Problem. Sagen Sie mir, was daran gut sein soll!


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Ich möchte auch noch auf ein anderes Beispiel eingehen: Es geht um den Fall eines Jugoslawen, der in Bregenz einen äußerst brutalen Raubüberfall auf eine Trafikantin begangen hat. Es war dies ein wirklich schweres Verbrechen, er hat diese Frau schwerst verletzt. Vor Kurzem tauchte dieser Mann wieder auf. Er hat zwar ein Aufent­haltsverbot bekommen, ist jetzt illegal wieder im Lande, wird aber von Ihrer Behörde nicht abgeschoben. Erklären Sie mir einmal, wie so etwas sein kann! Wenn die Behörde in dieser Angelegenheit kontaktiert wird, sagt man, man hat ihm zu sagen, dass er zu gehen hat. – No na, das wird der gerade tun!

Jetzt noch kurz zu Herrn Kurz betreffend Integration und deutsche Sprache. (Abg. Ing. Westenthaler: Das reimt sich!) Sie haben immer vollmundig von der deutschen Sprache gesprochen, wie wichtig sie ist für die Zuwanderung und die Integration.

Dazu bringe ich Ihnen ein Beispiel aus dem Bregenzerwald, und zwar aus der Ortschaft Krumbach. Dort sind zwei türkische Kinder in den Kindergarten gekommen. Der Vater des einen lebt seit seinen Lebtagen im Bregenzerwald, ist vollständig inte­griert. Dieses Kind kommt in den Kindergarten zum Schnuppern – und spricht kein Wort Deutsch. Kein Wort! Jetzt wird die Mutter gefragt beziehungsweise der Vater – die Mutter hat nicht Deutsch gesprochen –, warum er seinem Kind nicht Deutsch beigebracht hat: Du willst doch da in Österreich leben.

Dieser Vater hat darauf gesagt: Bis zum zweiten Lebensjahr haben wir dem Kind Deutsch beigebracht. Dann ist die Verwandtschaft aus der Türkei hierher gezogen und hat uns untersagt, dem Kind Deutsch beizubringen. – So schaut’s aus, meine Damen und Herren! Da haben wir viel zu tun und viel anzupacken. Da ist Not am Manne.

Zum Schluss möchte ich noch kurz auf den Ausländercheck des BZÖ zu sprechen kommen. Genau da greift dieser Ausländercheck ein. Es werden diese Probleme und diese Maßnahmen – ich kann jetzt aufgrund der vorangeschrittenen Zeit nicht mehr weiter darauf eingehen – angepackt und die Situation verbessert. Familienleistungen werden an das Erlernen von Deutsch und an die Integrationswilligkeit gebunden. Nur so kann man es richtig machen! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Fazekas –: Wie werden Sie abstimmen?)

 


14.18.25

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Es ist ganz klar, wie ich abstimmen werde, Herr Kollege Westenthaler. Wahrscheinlich nicht so wie Sie, wenn Sie dann überhaupt noch da sind bei der Abstimmung. Normalerweise gehen Sie ja immer nach Hause, wenn Ihre Luft verbraucht ist, weil Sie immer dazwischenreden. Wir bleiben ja immer schön brav da. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Hagen, damit dieser zuletzt geschilderte Fall, so wie er jetzt erzählt worden ist, genau nicht mehr passieren kann, ist es auch wichtig, dass die Bestimmungen bezüglich der Sprachkompetenzen in dieser Form geregelt worden sind. Ich habe dazu zugleich auch zu erwähnen, dass es sehr viele Ausnahmeregelungen in diesem Bereich gibt, die im Gesetz ganz klar festgelegt sind. Das heißt, es ist in dieser Form aus meiner Sicht vollkommen zumutbar und Sinn machend, wie das jetzt geregelt ist.

Immer dann, wenn es so divergierende Positionen gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der FPÖ, dem BZÖ einerseits und den Grünen andererseits, zu diesen


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Bestimmungen, in diesen Diskussionen, gehe ich davon aus, dass man mit der jeweiligen und auch dieser Vorlage richtig liegt, weil versucht wurde, diese schwierige Problematik entsprechend zu lösen und einer Bewertung zuzuführen.

Denken Sie an die vielen Abänderungsanträge, die auch seitens der SPÖ eingebracht worden sind und hineinverhandelt wurden – Kollegin Lueger ist darauf eingegangen –: zusätzlich eine raschere Anerkennung von Qualifikationen, eine genauere Definition von von Abschiebung bedrohten Personen, die Durchsuchungsbestimmungen, die zuvor völlig anders ausgeschaut haben, dass die Bestimmungen der EMRK in allen Fällen, in allen Stadien des Verfahrens eingearbeitet werden und zu berücksichtigen sind. – Das sind sehr wesentliche Elemente, die uns seitens der sozialdemokratischen Fraktion sehr wichtig waren.

Und übrigens, Herr Kollege Steinhauser, möchte ich noch einmal auf eines hinweisen: Es war in der Frage der Anwesenheitspflicht im Erstaufnahmezentrum sehr wichtig, ganz genau überprüfen zu lassen, ob da die Verfassungsmäßigkeit gegeben ist – und es ist dabei ein ganz klares Ja herausgekommen: Die Anwesenheitspflicht ist nicht verfassungswidrig und nicht als Haft zu sehen. Daher haben wir auch hier ein reines Gewissen.

Aber natürlich gibt es nach wie vor Kritikpunkte, zu denen man unterschiedlicher Meinung sein kann, aber eines ist wichtig: Es müssen faire Bedingungen vorherrschen, und diese fairen Bedingungen herrschen ab sofort vor. Die Menschen, die zu uns kommen, aus den unterschiedlichsten Gründen, müssen relativ rasch wissen, was sie erwartet. Sie müssen auch relativ rasch Bescheid bekommen, ob sie berechtigt sind, in unserem Land zu bleiben, oder ob sie dieses Land wieder verlassen müssen. Ich glaube, das ist fair, und das ist notwendig.

Es gibt natürlich Umstände, die es absolut unvermeidbar machen, dass Menschen in Schubhaft kommen müssen. Daher war es auch sehr wichtig, dieses Thema der Schubhaft intensiv zu diskutieren und darauf zu beharren und daran festzuhalten, dass die Schubhaft wirklich das letzte Mittel ist, dass sehr viele Maßnahmen vorher zur Anwendung kommen müssen und immer die gelinderen Maßnahmen im Vordergrund stehen müssen und erst als Ultima Ratio die Schubhaft angewendet werden darf.

Und ich verweise noch einmal darauf, dass es nicht richtig ist – so wie Sie von den Grünen das dargestellt haben –, dass Kinder in Schubhaft genommen werden. Das ist explizit ausgeschlossen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich glaube, hier ist ein wesentlicher Schritt getan. Wir regeln erstmalig in ganz konkreter Weise die Zuwanderung. Wir regeln die Situation mit Menschen, die in unserem Land um Asyl ansuchen. Und daher bitte ich Sie, noch einmal darüber nachzudenken, ob nicht auch Sie einen Weg finden, diesem Gesetz zuzustimmen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Das war jetzt sehr überzeugend!)

 


14.22.12

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Herren und Damen Kollegen! Sehr geehrter Herr Klubobmann, danke für die überzeugenden Eingangs­worte. Ich kann Ihnen nur überzeugend sagen, dass wir keinen Weg finden werden, diesem Gesetz zuzustimmen. Das wird den Herrn Klubobmann zwar nicht wundern, aber ich werde ein paar Gründe nennen, die das vielleicht noch etwas deutlicher machen, als es bisher schon herausgekommen ist.


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Zum Kollegen Fazekas: Sie haben durchaus recht, wenn Sie sagen, es müsste jeder wissen, wenn er nach Österreich kommt, und zwar sehr schnell, ob er ein Asylwerber bei uns sein kann, ob er einen Asylgrund hat oder nicht. Er müsste es wissen. Er weiß es aber nur in einer Form, und zwar in der Form, dass Österreich zu den drei oder vier Ländern in Europa gehört, wo man mit Asylschmähgeschichten – gestatten Sie mir, dass ich das so formuliere – am besten zum Zug kommt. Wir sind da in guter Gesellschaft mit Schweden, Belgien, Norwegen. Darauf komme ich noch zurück. Und dieses Wissen ist nicht unbedingt das, was wir vermitteln, sondern dieses Wissen führt dazu, dass wir hier Gesetze machen, die nicht im Interesse Österreichs und nicht im Interesse des von uns vertretenen Volks sind, sondern allenfalls im Interesse einer Schlepperinteressenvertretung. (Beifall bei der FPÖ.)

Was wir hier machen, ist keine Klarstellung, keine Differenzierung zwischen illegaler Einwanderung und Asylsuche, sondern eine Verwischung dieser Grenzen, eine Verbes­serung des Rechtsschutzes für den Asylbetrug.

Ich will aber zuerst noch einmal zurückkommen zu dem, was Kollege Steinhauser gesagt hat, denn das ist geradezu ein idealtypisches Beispiel für das, was ich Schlepperinteressenvertretung nenne. Der Kollege Steinhauser war ja sehr ehrlich diesmal, denn er hat gesagt: Das, was ich am meisten kritisiere an dem Gesetz, ist – wortwörtlich zitiert –, man will die Einwanderung beschränken. Das ist das Schlimmste.

Ja, wenn man die Einwanderung nicht beschränken will, wenn man die Einwanderung öffnet, dann soll man das bitte klar sagen und mitteilen, wir wollen die Einwanderung nicht beschränken, es soll jeder kommen. Und der braucht dann nicht mehr Asylwerber zu spielen, der braucht sich dann nicht mehr um irgendwelche Rot-Weiß-Rot-Cards zu bemühen, der braucht keine G’schichteln zu drucken, sondern der kommt einfach, weil wir die Einwanderung nicht beschränken wollen. Aber dann bin ich meiner Ansicht nach kein Vertreter dieses Volks und kein Vertreter dieser Republik, sondern dann vertrete ich andere Interessen, aber sicher nicht die unserer Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Welches Volk meinen Sie denn?)

Ich meine hier das Volk, die Staatsbürger der Republik Österreich, die vertreten wir. Und ich hoffe, Sie vertreten sie auch. Wenn Sie andere ausländische Gruppen vertreten, dann ist das Ihr Problem, aber ich sehe mich nicht als ein solcher Vertreter. Und ich glaube, es würde auch nicht unserem Verfassungsauftrag entsprechen, andere hier mit zu vertreten. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Kollege Steinhauser wirft dem Gesetz „Zynismus“ vor und geht in seinem Zynismus-Vorwurf so weit, dass er meint, man müsste eigentlich die Aufenthaltsberechtigung der Abgeordneten überprüfen, die sich an Manuskripte halten. Ich weiß nicht, welche Abgeordneten er meint. Ich kann mir schon vorstellen, welche er meint. Er wird nicht die meinen, die vom Manuskript herunterlesen, aber er wird vielleicht solche meinen, die nicht seine Meinung teilen.

Das ist, glaube ich, auch etwas, wo wir uns ein bisschen entfernen vom Boden unserer Verfassung, wenn wir schon das Aufenthaltsrecht von Abgeordneten überprüfen lassen und uns dann als Humanisten auf die Schulter klopfen und von rosaroten oder lachsroten Blättchen feiern lassen. (Abg. Mag. Stadler: Sag du einmal „Lagerhaft“! Da hast du den Scherb’n auf!) Ja, ja, genau!

Jetzt aber zum Kern der Sache. Schauen wir einmal, woher die Asylwerber in Europa kommen. Es ist die Situation in Österreich ähnlich, variiert aber natürlich von Staat zu Staat. Die Staaten sind: Irak – soweit ich weiß, ein Protektorat des Westens, der Koalition der Willigen –, Afghanistan – soweit ich weiß, ein Koprotektorat der NATO, EU-Einsatz ist dabei, Amerika; wir wissen es nicht genau, aber es sind westliche


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Länder, die das Land kontrollieren –, weiters Serbien – soweit ich weiß, ein Land an der Schwelle zum EU-Beitrittsstatus, ein Land, das zumindest in den letzten zehn Jahren eine recht stabile Demokratie hat –, der Kosovo – unbestritten ein Protektorat der Europäischen Union, wenngleich auch formal selbständig –, die Türkei, ein Land mit Beitrittswerberstatus, das als Demokratie angesehen und akzeptiert wird – und dann kommen noch Somalia – gut, das ist sicher ein Sonderfall – und Russland dazu.

Sie, lieber Kollege von den Grünen, können mir doch nicht ernsthaft sagen wollen, dass das eine Liste von Ländern ist, wo die politische Verfolgung evident ist und wo ein Handlungsbedarf besteht, dass wir die Bösen sind, da wir nur 12 Prozent der Asylansuchen aus diesen Ländern positiv erledigen.

Schauen Sie sich einmal an: Wie werden denn in Europa Asylansuchen erledigt? – Da gibt es die Staaten, die ich schon angeführt habe, wie Norwegen, Schweden, Öster­reich; Belgien gehört auch dazu. In diesen Ländern wird komischerweise immer oder in sehr vielen Fällen ein Asylgrund anerkannt, der so skurril gar nicht sein kann, dass es nicht zumindest eine zweite oder sogar dritte Instanz in diesen Ländern gibt, die meint, hier muss man Asyl gewähren.

Etwa Schweden: Schweden hat im Jahr 2009 – das ist die letzte vollständige Statistik, die ich bekommen habe – 7 095 Asylwerber anerkannt. Schweden ist ein Land, das weit und breit kein Land rundherum hat, das einen Asylgrund rechtfertigen würde, ich wüsste nicht, welches das sein sollte. Weder Somalia noch Afghanistan noch die Türkei grenzen an Schweden.

Oder: Norwegen, ein halb so großes Land, hat 4 510 anerkannt. – Wir haben 3 500 anerkannt. Das sind Zahlen, die Ihnen sicher viel zu niedrig sind.

Schauen wir aber zu den Eingangsstaaten, also zu den sogenannten sicheren Drittstaaten, die nach unserer geltenden Rechtsordnung, nach dem Dublin-Abkommen, verpflichtet wären, die Asylverfahren zu führen, und wo die Asylwerber verpflichtet sind, ihre Asylanträge zu stellen. Das ist die geltende Rechtslage.

Da ist einmal das Haupteinfallstor nach Südosten Griechenland, das Einfallstor für die Türken, für die Afghanen, teilweise auch für die Tschetschenen und für diverse Nord­afrikaner. Positiv erledigte Asylansuchen: 165. Im Vergleich dazu Schweden: 7 095.

Spanien, das Einfallstor nach Afrika, für den Maghreb, für die westafrikanischen Schwarzafrikaner: 350.

Oder unser südliches Einfallstor nach Österreich: Slowenien, der Staat, über den ein Großteil unserer Asylwerber einreist, hat im Jahr 2009 wie viele Ansuchen positiv erledigt? Was schätzen Sie? 20!

Die Slowakei 180, Ungarn 390 und so weiter.

Also das sind zwischen 2 und 10 Prozent der Anträge, die wir positiv erledigt haben. Ist da nicht irgendetwas merkwürdig im Lande Österreich? Allerdings auch im Lande Norwegen und Schweden. Oder, glauben Sie, sind die anderen böse Rassisten, die die fertigmachen wollen? Oder sind wir mit einem Phänomen konfrontiert, das salopp „Asylshopping“ genannt wird? Das heißt, dass illegale Einwanderer dorthin gehen, wo sie wissen, dass der Rechtsstaat nicht in der Lage ist, sich zu wehren, wo sie wissen, dass es vernünftige soziale Unterstützung gibt, vernünftig in ihrem Sinn, und wo sie mit G’schichteln, die ihnen vorfabriziert werden von Glaubensgemeinschaften, von Anwälten und so weiter, die dortigen Systeme betrügen können.

Ich glaube, die Situation ist klar, und was nottut, ist, nicht die Behörden immer weiter daran zu hindern, diese Verfahren rechtsstaatlich abzuführen, sondern den Ländern


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innerhalb des gemeinsamen europäischen Raums – wie auch Österreich –, die nicht in der Lage sind, diesem Betrug entgegenzutreten, klare Grenzen zu setzen.

Wir müssen der eigenen Regierung, aber auch den Norwegern und Schweden sagen: Ihr dürft nicht unter dem Mantel des Humanismus einer Masseneinwanderung Vor­schub leisten! Ihr dürft nicht unser gutes altes Prinzip der Gewährung von Asyl an politisch Verfolgte zerstören und zur Farce werden lassen, indem ihr unter dem Druck von Interessengruppen und Medien daraus ein Unterstützungsinstrument zur Masseneinwanderung macht! (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, was ist durch dieses Gesetz daran geändert worden? Gar nichts! Es ist von an und für sich ganz guten Ansätzen im Asylwesen nichts mehr übrig geblieben. Es gibt jetzt diese wüst kritisierte siebentägige Anhaltung, die ja nichts bringt. Es gibt die Rot-Weiß-Rot-Card, die, ohne dass andere Routen der Einwanderung in irgendeiner Weise beseitigt werden, neue eröffnet. Es ist ja nichts gemacht worden gegen den Zuzug von Illegalen oder von Scheinlegalen nach Österreich. Es ist ja keiner dieser Wege, durch den die Masseneinwanderung kommt, dadurch auch nur eingeschränkt worden. Es ist dem Asylmissbrauch nicht entgegengetreten worden. Es ist dem Familienzuzug nicht entgegengetreten worden. Das sind ja die Hauptrouten. Und es ist der Erteilung von Arbeitsbewilligungen, die bisher nur einen ganz kleinen Teil der Einwanderungsmenge ausgemacht haben, auch nicht entgegengetreten worden.

Es ist nur ein Rechtsanspruch mit diesem Gesetz geschaffen worden: Das heißt, mit einem akademischen Titel aus irgendeinem Land, etwa aus Ägypten oder Tunesien, wo wir durch die Unruhen von den Millionen arbeitslosen Akademikern wissen, hat man jetzt quasi einen Rechtsanspruch auf Einwanderung nach Österreich und auf Konkurrenzierung der hiesigen, sagen wir einmal, A-Schichten.

Deshalb kann es zu diesem Gesetz im Interesse unseres Volkes und unseres Landes nur ein klares Nein geben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.32.22

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ja, Herr Abgeordneter Hübner, ich verstehe die Bedenken von Ihnen und auch von vielen anderen, aber das ist ein Grund mehr, uns heute die Zustimmung zu diesem Fremdenrechtsänderungs­gesetz zu geben. Also Sie können es sich ja noch überlegen.

Sehr geehrte Damen und Herren! „Österreich hat im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe vorgelegt.“ – Was glauben Sie, von wem dieser Satz stammt? Nein, nicht von der neuen Ministerin. Dieser Satz stammt vom bayerischen Wirtschafts­minister Martin Zeil anlässlich des Ministerratsbeschlusses zur Rot-Weiß-Rot-Card – und genau mit dieser Rot-Weiß-Rot-Card kommt es auch erstmalig zu einem Systemwechsel in der Migrationspolitik.

Ziel dieses Systems ist, die Zuwanderung nach Österreich stärker als bisher auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes abzustimmen. Wir entschärfen damit den Fachkräfte­mangel. Wir erhöhen die Produktivität und die Investitionsbereitschaft der heimischen Wirtschaft. Wir kurbeln das Wirtschaftswachstum an, senken damit langfristig die Arbeitslosigkeit und sichern damit natürlich auch unseren Wohlstand. (Beifall bei der ÖVP.)

Mittlerweile, sehr geehrte Damen und Herren, sollte außer Streit stehen, dass wir Zuwanderung brauchen. Warum sage ich das? – Ohne Zuwanderung schrumpft die


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Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter. Die Zahl der Geburten sinkt, und auch die Anzahl jener, die eine Lehre beginnen, sinkt, sehr geehrte Damen und Herren, das wissen Sie ganz genau. Und wir haben geburtenstarke Jahrgänge, die ins Pensions­antrittsalter kommen. Dadurch fehlen uns natürlich in der heimischen Wirtschaft Fach­kräfte, qualifizierte Fachkräfte, und gerade diese qualifizierten Fachkräfte brauchen wir unbedingt.

Denken Sie nur, es gibt jetzt schon in Tirol und auch in der Steiermark Saisonbetriebe im Tourismus, die keine Köche mehr bekommen, keine Fachkräfte mehr bekommen – und das Unternehmen gar nicht mehr betreiben können! So schaut es aus! (Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Wir brauchen auch Fachkräfte, um unsere Spitzenprodukte zu produzieren und zu exportieren. Und wir sichern mit der Zuwanderung auch unser Sozialsystem.

Migration ist, wie wir wissen, nicht immer steuerbar – das wurde erwähnt. Asyl – Zu­wan­derung aus humanitären Gründen ist dabei –, Familienzusammenführung. Was wir aber wollen, ist Folgendes: Wir wollen die Zuwanderung aus Drittstaaten zielgerichtet haben, und das schaffen wir durch die Rot-Weiß-Rot-Card, durch ganz klar festgelegte Kriterien. (Abg. Dr. Rosenkranz: Warum die Familien?)

Wir stellen klar, was wir von diesen Zuwanderern erwarten. Wir signalisieren ihnen aber auch, dass wir sie brauchen, und wir sagen ihnen auch, welche Chancen sie haben, denn die haben ja auch Chancen, sehr geehrte Damen und Herren. Und wir helfen damit auch, bei unserer Bevölkerung Ängste abzubauen. Durch diese Rot-Weiß-Rot-Card überlassen wir Zuwanderung nicht mehr nur dem Zufall. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf auch Ihnen, Frau Ministerin, und Ihnen, Herr Staatssekretär, gratulieren zu diesem tollen Start, den Sie gestern und heute gehabt haben (ironische Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ), und wünsche Ihnen eine gute Zusammenarbeit und viel Erfolg. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Vilimsky: Super Start! – Abg. Mag. Stadler: Frau Kollegin, Sie waren aber gestern nicht da! Bei der Rede können Sie nicht da gewesen sein! – Abg. Grosz: Sie dürften gestern nicht da gewesen sein!)

14.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.36.15

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerin! Sehr geehrter Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Kinder gehören nicht ins Gefängnis. (Beifall bei den Grünen.) Das ist eine klare Ansage. Da gibt es nichts zu deuten. Weder SPÖ noch ÖVP kann sich dieses Gesetz so schön­reden, dass Kinder nicht in Schubhaft kommen, dass Kinder nicht abgeschoben werden mit ihren Familien.

Was Sie hier alle bis jetzt nämlich vergessen haben zu erklären und zu erzählen, ist die Tatsache, dass das „gelindere Mittel“ mit dieser Novelle plötzlich für 16- bis 18-jährige Minderjährige nicht mehr gilt. Und das ist ein Skandal, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Lueger: Das ist falsch!) Das bedeutet, dass Minderjährige, Jugendliche als Kinder in die Schubhaft gesteckt werden, bevor sie abgeschoben werden. Und das ist nicht falsch, sondern das ist die Tatsache dieses Gesetzes, das vor uns liegt. (Abg. Pendl: Sagen wir: nicht richtig!)

Wie oft haben wir in letzter Zeit gehört: „zum Wohle des Kindes“, durchaus als Floskel in diesem Parlament!? Da gab es die Debatte zur Obsorge, die es noch immer gibt: zum Wohle des Kindes; die Debatte zum Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz: zum


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Wohle des Kindes – aber plötzlich, in der Debatte über dieses Fremdenrechtsände­rungs­gesetz kommt das Wohl des Kindes gar nicht mehr vor, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir von den Grünen haben immer davor gewarnt – und warnen weiterhin davor. Vielleicht können Sie sich erinnern: Im Jänner dieses Jahres haben Sie mit einer Zweidrittelmehrheit in diesem Haus ein Gesetz beschlossen, nämlich die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung. Sie haben diese Verankerung der Kinderrechte aber mit einem Gesetzesvorbehalt beschlossen, und dieser Gesetzesvorbehalt heißt: Fremdenrecht sticht Kinderrecht. Und das haben wir hier jetzt schwarz auf weiß vor uns liegen: Fremdenrecht sticht Kinderrecht. Sie schieben Jugendliche ab und stecken sie vorher ins Gefängnis. So ist es, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die UN-Kinderrechtskonvention definiert Mindeststandards, weltweit, Mindeststan­dards, und diese Mindeststandards gelten bis 18. Sie sorgen mit diesem Gesetz dafür, dass 16-Jährige in Schubhaft kommen, ohne zu schauen, ob es nicht auch irgendwie anders geht, denn das „gelindere Mittel“ haben Sie ja beseitigt. Sie schieben diese Kinder in Gefängnisse ab, und deshalb gilt der Spruch: Kinder gehören nicht ins Gefängnis.

Zusätzlich soll es kindeswohlorientierte Unterbringungen geben. Die wird es nicht geben, zumindest bis jetzt nicht, in den Bundesländern schon gar nicht. „Kindgerechte Abschiebungen“, das wurde auch erwähnt in der ganzen Debatte davor. Sie haben die Jugendwohlfahrt gebeten, Sie zu unterstützen, Kinder kindgerecht abzuschieben. Die Jugendwohlfahrt sagt in allen Ländern: Nein, danke, wir sind nicht dafür zuständig, Kinder abzuschieben, sondern wir sind dafür zuständig, Kinder zu schützen. (Beifall bei den Grünen.) Dieses Gesetz sagt aber, wir schieben sie trotzdem ab.

Sie vergeuden hier eine Chance, eine Chance, dass Kinder und Jugendliche in Österreich aufwachsen können und auch ihr Potenzial hier wirklich zur Geltung bringen können, und das alles anscheinend unter dem vielzitierten „Kindeswohl“, das plötzlich keinen Wert mehr für Sie hat. Das muss hier auch einmal gesagt werden: Das Kindes­wohl hat hier für Sie keinen Wert mehr.

Ich komme zum Schluss. Herr Integrationsstaatssekretär Kurz, Sie wollen jugend­politische Akzente setzen. Dazu würde ich Ihnen gerne Folgendes empfehlen: die Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention für das Wohl des Kindes – für alle Kinder in Österreich, egal, woher sie kommen, egal, woher ihre Eltern kommen –, keine Schubhaft für Kinder und den Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Kurz. – Bitte.

 


14.40.22

Staatssekretär im Bundesministerium für Inneres Sebastian Kurz: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Innenministerin! Geschätzte Abgeordnete! Das Frem­denrechtsänderungsgesetz, das von SPÖ und ÖVP im Februar vorgelegt worden ist, den Ministerrat passiert hat und heute dem Parlament zur Beschlussfassung vor­liegt, regelt eine Vielzahl von Materien: fremdenpolizeiliche, asylrechtliche, aufenthalts­rechtliche Belange genauso wie solche, die für die Integration sehr wesentlich sind. Aber ich glaube, das alles rechtfertigt trotzdem nicht eine Vermischung in der Debatte. Es werden immer wieder Worte wie „Asyl“, „Zuwanderung“ und „Integration“ in einen Topf geworfen, als wäre das alles ein und dasselbe. (Zwischenrufe bei den Grünen. –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 110

Abg. Dr. Rosenkranz: Vor allem dann, wenn „Asyl“ für Zuwanderung missbraucht wird!)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, dass es sehr wesentlich ist, dass wir es endlich einmal schaffen, auch im Sinne der Versachlichung der Debatte, zu unterscheiden, von welchem der Bereiche wir sprechen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Ja, wir schaffen das!) Ich möchte mich jetzt in meiner Funktion als Staatssekretär für Integration vor allem mit den für die Integration wesentlichen Teilen dieses Gesetzes befassen.

Ich glaube, dass es mittlerweile auch in diesem Haus unumstritten ist, dass Deutsch­kenntnisse der Schlüssel für eine gelungene Integration sind. (Abg. Ing. Westenthaler: Warum lasst ihr dann Leute rein, die nicht Deutsch können?) In diesem Gesetz, vor allem mit der Regelung Deutsch vor Zuzug, wird, glaube ich, ein wichtiger Meilenstein dafür gelegt. (Abg. Ing. Westenthaler: Wieso kommen Leute rein, die nicht Deutsch sprechen?) Wenn Menschen nach Österreich kommen und ein A1-Niveau an Deutschkenntnissen ... (Abg. Ing. Westenthaler: Die Rot-Weiß-Rot-Card sieht das nicht vor!) – Herr Westenthaler, wenn Menschen nach Österreich kommen und bereits ein A1-Level an Deutschkenntnissen haben (Abg. Ing. Westenthaler: Die Rot-Weiß-Rot-Card umgeht das, Herr Kollege! Sie müssen nicht Deutsch können, um einzu­wandern!), dann fällt es wesentlich leichter, in Österreich die deutsche Sprache zu lernen, dann fällt es wesentlich leichter, in Österreich am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, und dann fällt es auch wesentlich leichter, sich mittelfristig zu inte­grieren.

Ich glaube auch, dass die Regelungen, wonach es ein A2-Niveau nach zwei Jahren braucht und ein B1-Niveau für einen unbefristeten Aufenthaltstitel oder auch für die österreichische Staatsbürgerschaft, sehr wesentliche Schritte sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, gerade im Bereich der deutschen Sprache geht es in Österreich um ein Fördern und um ein Fordern. Wir haben jetzt schon viele österreichische Staatsbürger mit Migrationshintergrund, die sich nicht als Österreicher fühlen. Wenn wir es schaffen wollen, in Zukunft mehr Menschen mit österreichischer Staatsbürgerschaft zu haben, die ihre Wurzeln nicht leugnen müssen, sich aber auch als Österreicher fühlen und nicht nur am Papier Österreicher sind, dann sind Maßnahmen betreffend Deutsch­kenntnisse ein wesentlicher Schritt. Deshalb begrüße ich auch die Regelungen in diesem Gesetz, die die Integration betreffen, sehr, denn ich glaube, dass Deutsch­kenntnisse der Schlüssel für eine gelungene Integration sind. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.43.25

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte, die wir jetzt seit eineinhalb Stunden führen, zeigt wieder einmal, wie schwierig diese Problematik zu diskutieren ist. Für die einen ist es ein Unrechtspaket, für die anderen ist es ein Angriff auf unser Sozialsystem und auf unseren Arbeitsmarkt. Ich denke, das zeigt, wie schwierig und wie umfangreich dieses Thema eben zu diskutieren ist.

Für uns zählt ein friedliches Zusammenleben. Für uns zählt, wie der Herr Staatssekre­tär auch gesagt hat, dass sich Menschen, die in Österreich leben, auch wie Öster­


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reiche­rinnen und Österreicher fühlen. Dazu, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, braucht es, davon bin ich überzeugt, klare Kriterien für die Zuwanderung auf der einen Seite und rasche Asylverfahren auf der anderen Seite, damit Menschen, die zu uns kommen und Schutz suchen, möglichst bald wissen, ob sie bei uns bleiben können oder nicht. Dieses Gesetz, davon bin ich überzeugt, wird einen Teil dazu beitragen, diese zwei Anforderungen zu erfüllen.

Ich bin auch sehr froh darüber, dass es dem SPÖ-Verhandlerteam gelungen ist, in vielen Verhandlungen noch Veränderungen zur ursprünglichen Regierungsvorlage durch­zusetzen; einige wurden ja heute schon angesprochen. Für mich persönlich ist jene Änderung, wonach die Artikel 2, 3 und 8 der Menschenrechtskonvention immer und in jedem Stadium auf jeden Fall zu berücksichtigen sind, ein ganz besonders wichtiger Punkt, den das SPÖ-Team durchgesetzt hat, wofür ich mich auch herzlich bedanken möchte. (Beifall bei der SPÖ.)

Zudem finde ich es wichtig – das ist heute auch schon angesprochen worden –, dass es bei den Rückkehrentscheidungen eine Änderung der Zuständigkeit für die Berufun­gen gegeben hat, nämlich: weg von den Sicherheitsdirektionen hin zum Unabhängigen Verwaltungssenat. – Ein ganz, ganz wichtiger Schritt bei der Rückkehrentscheidung.

Geschätzte Damen und Herren! Ein Punkt, der von Frau Kollegin Windbüchler-Souschill auch angesprochen worden ist, ist die Schubhaft. Auch ich habe mich mit diesem Thema sehr intensiv auseinandergesetzt, weil ich auch nicht möchte, dass Kinder in Schubhaft sind. Sie wissen ganz genau, Frau Kollegin, dass dieses Gesetz auch dazu führen wird, dass Kinder nicht in Schubhaft genommen werden. Sie wissen, dass mit diesem Gesetz festgeschrieben wird, dass immer das gelindere Mittel einge­setzt werden muss und dass erst wirklich als letzter Schritt, im Extremfall, die Schubhaft eingesetzt werden soll. Das wird in diesem Gesetz ausdrücklich festge­schrieben. Ich denke, auch das ist ein Fortschritt, und das sollte man, wenn man möchte, auch einmal anerkennen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zudem, geschätzte Damen und Herren, begrüße ich es sehr, dass mit diesem Gesetz erstmals auch klare Regeln für die Zuwanderung getroffen werden. Bundesminister Hundstorfer hat gemeinsam mit den Sozialpartnern ein Paket entwickelt – die Rot-Weiß-Rot-Card, die Rot-Weiß-Rot-Card plus und die Blaue Karte der EU –, das aus unserer Sicht sehr wohl einen qualifizierten Zugang sicherstellen wird und keineswegs eine Überschwemmung, wie das die FPÖ (Abg. Dr. Rosenkranz: Der Familienzuzug!) und zum Teil auch das BZÖ immer meinen, bringen wird.

Herr Kollege Rosenkranz, ich frage Sie jetzt – und nehmen Sie sich einmal die Zeit, darüber nachzudenken; Sie, die Sie sich immer als Familienpartei hinstellen –: Warum haben Menschen, die bei uns arbeiten, die in unser Steuersystem einzahlen, nicht das Recht auf ein Familienleben? Das frage ich Sie. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Deshalb wird auch das Familienzusammenleben gefördert, und es wird auch dafür klare Richtlinien geben. Lesen Sie sich das Gesetz einfach einmal durch, Herr Kollege Rosenkranz! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Punkt, den ich noch kurz ansprechen möchte, weil mir das außerordentlich wichtig ist, ist der Spracherwerb. Geschätzte Damen und Herren! Wir alle sind dafür, dass Menschen, die bei uns leben, auch unsere Sprache sprechen sollen. Der Staats­sekretär hat in den letzten Tagen immer wieder betont, wie wichtig ihm dieser Sprach­erwerb ist, und auch ich finde den Spracherwerb wichtig. Ich bitte Sie nur von dieser Stelle aus, Herr Staatssekretär: Nehmen Sie Ihre Worte auch ernst! Sorgen Sie dafür, dass es Kurse gibt für Menschen, die bei uns Deutsch lernen möchten, dass es Kurse gibt auch abseits der großen Städte, nämlich in kleineren Ortschaften draußen auf dem sogenannten weiten Land, damit die Menschen, die zu uns kommen, tatsächlich auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 112

die Integrationsvereinbarungen erfüllen können, damit das Gesetz eine tatsächliche Chance für Integration wird und keine Hürde für Integration darstellt. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.48.04

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Kurz, ich mag Ihnen zugestehen, dass Sie durchaus geschickte Pressesprecher und Marketingleute im Hintergrund haben, die Ihnen vor Ihrem Amtsantritt so drei, vier Stehsätze in Ihr Schulbuch geschrieben haben (Abg. Tamandl: Da redet der Richtige!), woraus Sie uns jetzt seit zwei Wochen vorlesen. Sie erklären uns jeden Tag, dass Deutsch wichtig ist als Schlüssel für eine geordnete Integration. Das Problem, das Sie in Ihrem Amt bekommen werden, ist folgendes, und das möchte ich Ihnen heute schon anhand eines Beispiels aufzeigen: dass Ihnen die besten Marketingexperten und Pressesprecher nichts helfen werden, die Ihnen kluge, schöne Sätze aufschreiben, wenn Sie sich sachlich und fachlich mit dieser Materie nicht auskennen. Beispiel: Rot-Weiß-Rot-Card. (Beifall beim BZÖ.)

Ich gebe Ihnen durchaus recht, dass natürlich Deutsch den Hauptfaktor für eine gelungene Integration darstellt. Was aber machen Sie mit dieser Rot-Weiß-Rot-Card? – Das Gegenteil machen Sie! Deutsch ist darin nicht verpflichtende Voraus­setzung, um zuwandern zu können, um auf den österreichischen Arbeitsmarkt zu gelangen. Man kann aufgrund des Punktesystems der Rot-Weiß-Rot-Card auch ohne ausreichende Deutschkenntnisse nach Österreich einwandern und am österreichi­schen Arbeitsmarkt aktiv sein. Das heißt, wenn Sie hier heute von Deutsch als Grund­voraussetzung sprechen, dann müssten Sie eigentlich auch erklären, dass Sie das Modell von Bundesministerin Fekter, sprich die Rot-Weiß-Rot-Card, ablehnen. Sie müs­sen es ablehnen, wenn Sie Ihren eigenen Grundsätzen treu bleiben, daher ersuche ich Sie, sich dieses Modell einmal genau anzuschauen. (Beifall beim BZÖ.)

Zweites Beispiel: Herr Staatssekretär, Sie haben – und das finde ich auch wunder­schön, das klingt auch wunderbar – von einer großen Vision gesprochen, die Sie haben. Ich sage ja immer, wir brauchen Politiker, die Visionen haben. Wir haben einen eklatanten Mangel an Führungspersönlichkeiten in Österreich, die Visionen und auch die Kraft, Visionen umzusetzen, haben.

Wie schaut Ihre Vision, Ihre große Vision aus? – Ihre Vision – wörtlich – lautet, dass wir in 30 bis 40 Jahren den Punkt erreichen, dass sich jede fremde Person, die nach Österreich eingewandert ist, als Österreicher fühlt. Ich sage Ihnen aus Erfahrung: 30 bis 40 Jahre, so viel Zeit hat dieses Land nicht mehr. Gehen Sie nach Ottakring, gehen Sie nach Meidling, dann sehen Sie die massiven Probleme, die wir bereits heute im Bereich der Integration haben! (Beifall beim BZÖ.) Dieses Land kann weitere 30 bis 40 Jahre verfehlte Zuwanderungspolitik nicht verkraften. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, Herr Staatssekretär!

Wenn Sie klug gewesen wären und wenn SPÖ und ÖVP klug gewesen wären, dann hätten Sie bereits vor 20 bis 30 Jahren unsere Vorstellungen einer Zuwanderungs­politik umgesetzt. Dann hätten wir nämlich genau diese Probleme, vor denen wir heute stehen, nicht. Ich erinnere nur an das Volksbegehren „Österreich zuerst!“ Zwölf Punkte wurden darin gefordert – diese zwölf Punkte sind heute gänzlich umgesetzt; 30 Jahre zu spät, weil Sie zu spät draufgekommen sind, dass wir damals recht gehabt haben. Sie haben damals Lichtermeere gegen uns veranstaltet, und heute beschließen Sie genau jene Gesetze, die wir schon damals gefordert haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 113

Leider Gottes haben wir es 30 Jahre lang verabsäumt, diese Gesetze rechtzeitig zu beschließen, weshalb wir heute vor diesen massiven Herausforderungen, vor diesen massiven Schwierigkeiten im Integrationsbereich stehen. Diese Schwierigkeiten wird auch diese Rot-Weiß-Rot-Card nicht lösen, die von einer Gesamtzahl von rund 100 000 Personen lediglich 3 000 bis 4 000 Personen konkret erfasst, alle anderen nicht. Ich glaube, der Vorstoß des Kollegen Westenthaler, zu sagen: Stellen wir insge­samt dieses Stückwerk, dieses Flickwerk der Fremdengesetze in Österreich auf neue Beine, machen wir einen vollkommenen gesetzlichen Neustart!, ist der richtige Ansatz. Sogar die Arbeiterkammer hat erklärt, dass dieses Gesetz nicht praktikabel ist, dass die vielen Novellen, die durchgeführt wurden, zu einem Chaos geführt haben und in der Praxis nicht mehr anwendbar und nicht mehr umsetzbar sind. Daher müssen wir diesen Neustart versuchen – im Interesse der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, einen konkreten Vorschlag darf ich mit einem ent­sprechenden Entschließungsantrag einbringen, wobei es darum geht, dass das Meldegesetz verschärft wird, um zu verhindern, dass Zuwanderer durch ständige Orts­wechsel nicht mehr auffindbar sind.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Stadler, Ing. Westenthaler, Hagen, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Änderung des Meldegesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem § 2 Abs. 3 Ziffer 1 des Meldegesetzes 1991 dahin gehend geändert wird, dass eine Meldepflicht einheitlich innerhalb von drei Tagen ab Wohnsitznahme besteht.“

*****

Bisher hat diese Frist mehrere Wochen (Abg. Grosz: Drei Monate!) bis zu drei Monate betragen. Das ist viel zu lang und führt zu massiven Problemen. Diese Frist gehört entsprechend verkürzt.

Schlusssatz. – Herr Staatssekretär, ich bin selbst ein junger Mensch, und wir vom BZÖ haben auch nie Ihr Alter kritisiert, bleiben aber dabei – das haben Sie heute mit Ihrer Stellungnahme auch wieder bewiesen –: Es geht um Kompetenz, es geht um Qualifikation, und die haben Sie nicht! (Abg. Tamandl: Welche Qualifikation haben Sie denn?) Sie haben gute Pressesprecher, gute Marketingleute. Das wird Ihnen in diesem Amt und vor allem der Republik Österreich bei diesen massiven Problemen, die wir im Bereich der Integration haben, leider Gottes nicht helfen. (Beifall beim BZÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

14.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Stadler, Ing. Westenthaler, Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Meldegesetzes


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 114

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für innere Angele­genheiten über die Regierungsvorlage (1078 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asyl­gesetz 2005, das Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 und das Staatsbürger­schaftsgesetz 1985 geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 - FrÄG 2011) und über den Antrag 35/A der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl I 2005/100, idF BGBl Nr. 4/2008, geändert wird (1160 d.B.)

Nach Berichten aus der Praxis besteht häufig das Problem, dass Drittstaatsangehörige mit nicht abgeschlossenen Verfahren oftmals keine Adresse haben bzw. nicht gemel­det sind und damit beispielsweise regelmäßig Zustellungsprobleme einhergehen. Im Besonderen besteht die Problematik bei Personen, die in regelmäßig wechselnden Unterkünften leben und die jeweilige Aufenthaltsdauer zwei Monate nicht überschreitet.

Dies basiert nicht zuletzt auf § 2 Abs. 3 Ziffer 1 des Meldegesetzes 1991, der wie folgt lautet:

„(3) Sofern sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes schon anderswo gemeldet sind, sind Menschen nicht zu melden,

1. denen in einer Wohnung nicht länger als zwei Monate unentgeltlich Unterkunft gewährt wird;“

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzu­legen, mit dem § 2 Abs. 3 Ziffer 1 des Meldegesetzes 1991 dahingehend geändert wird, dass eine Meldepflicht einheitlich innerhalb von drei Tagen ab Wohnsitznahme besteht.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.53.58

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Viele Aspekte des Fremdenrechts­änderungsgesetzes, das umfangreiche Änderungen im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, im Fremdenpolizeigesetz, im Asylgesetz, im Grundversorgungs­gesetz und im Staatsbürgerschaftsgesetz beinhaltet, sind bereits besprochen worden; so zum Beispiel die Anwesenheitspflicht der Asylwerber in den ersten sieben Tagen oder die Rot-Weiß-Rot-Card, die die Zuwanderung klar regelt und im Endeffekt durch das Punktesystem die Quoten ersetzt.

Lieber Herr Kollege Petzner, es ist wirklich erfreulich, dass du dir Sorgen machst um einen jungen Staatssekretär, der Visionen hat. Ich möchte nur sagen: Leute, die Visionen haben, brauchen keinen Doktor, Leute, die gegen Visionen sind, wie du das so ansatzweise dargestellt hast, sind gegen Veränderungen, aber wir werden Veränderungen in der Zukunft brauchen. (Abg. Ursula Haubner: Er ist für Visionen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 115

Vielleicht auch noch eine persönliche Bemerkung: Schau ruhig einmal in den Spiegel! An Jahren jung heißt nicht im Geiste jung. – Der Staatssekretär ist an Jahren jung und auch im Geiste jung und aktiv. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das neue System der Rechtsberatung wurde ebenfalls bereits angesprochen. In Zukunft werden rechtskundige Personen mit Spezialwissen zur Verfügung gestellt; sie stehen kostenlos zur Verfügung.

Ich möchte noch kurz auf einen Aspekt eingehen, der mir persönlich durchaus wichtig ist, nämlich auf den Bereich der Bildung und Deutsch vor Zuzug. Dies ist eine berechtigte Forderung. Drittstaatsangehörige, die sich dauerhaft in Österreich nieder­lassen wollen, müssen bereits vor ihrer Einwanderung, vor ihrer Zuwanderung Basis­kennt­nisse in der deutschen Sprache vorweisen. Dies ist keine Ungeheuerlichkeit oder Schikane, wie das teilweise dargestellt wird. Das ist in anderen Ländern eine Selbstverständlichkeit und in Deutschland beispielsweise seit dem Jahr 2007 geltendes Recht. Damit will man bewusst nicht den Zuzug in das Sozialsystem, sondern einen verbesserten Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen. Sprachkenntnisse sind in der Tat die Grundvoraussetzung für eine spätere erfolgreiche Integration und die Grundvoraus­setzung, um sich erfolgreich in den Arbeitsprozess zu integrieren. Weder ein Arzt­besuch noch eine Sprechstunde in der Schule können ohne Deutschkenntnisse wahr­ge­nommen werden.

Deutsch ist zweifellos eine schwierige, aber auch eine sehr schöne Sprache. Deutsch ist die Sprache zum Beispiel von Goethe und Schiller, aber auch von Adalbert Stifter und Franz Grillparzer, um zwei österreichische Beispiele zu nennen. Deutsch ist die Muttersprache von mehr als hundert Millionen Bürgerinnen und Bürgern in Europa und natürlich von vielen tausenden Deutschsprechenden in vielen Ländern der Erde.

Erfolgreiche Integration ohne Sprachkenntnis ist nicht denkbar. Der Erwerb der Sprache ist das Tor in eine neue, bisher fremde Welt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) – Frau Korun, seien Sie ruhig und passen Sie auf!

Warum die Opposition sich so vehement gegen Spracherwerb sträubt, ist wirklich nicht nachvollziehbar. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) Wir leben in einer Wissensgesellschaft, und wir reden von lebensbegleitendem und lebenslangem Lernen. – Warum soll nun die berechtigte, richtige und wichtige Forderung nach dem Erwerb und dem Erlernen der deutschen Sprache ein Problem sein? Ohne Sprache ist Integration nicht denkbar. Integration verlangt volles Engagement, und zwar von allen Seiten.

Frau Kollegin Tanja Windbüchler-Souschill, erlauben auch Sie mir noch eine persön­liche Bemerkung: Nach Ihren Ausführungen vorhin können offensichtlich Kinder in Österreich in Zukunft wählen gehen und den Führerschein machen. – 16- bis 18-jährige Jugendliche sind keine Kinder, und wer sich nicht rechtskonform verhält, kann durchaus mit Konsequenzen rechnen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

14.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.57.44

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Innenministerin! Herr Sozial- und Arbeitsminister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörer! Ich bin einer der letzten Redner zum Fremdenrechts­


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änderungsgesetz, das heute zur Beschlussfassung vorliegt, und möchte kurz einige wichtige Dinge zusammenfassen, die verschiedentlich schon gesagt wurden.

Es ist richtig, es hat massive Kritik gegeben anlässlich der Novellierungsvorschläge. Aber Tatsache ist – und das muss man schon sagen –: Seit der Begutachtung haben sich bis zur Vorlage hier im Parlament viele Dinge zum Positiven gewendet, wurde einiges überarbeitet. Wir haben ein Hearing mit Fachleuten und Experten durchgeführt, das wichtig war, und wir haben – das muss man schon sagen – zum Teil ausge­zeich­nete Arbeit geleistet.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte drei Themenbereiche aufgreifen, nämlich zum Ersten: verpflichtende Rechtsberatung. – Ein wichtiger Punkt, bei dem ich davon ausgehe, dass es überparteilichen Konsens gibt.

Zweiter wichtiger Punkt: Nachschau in Wohnungen. – Dazu möchte ich sagen: Bei der ersten Begutachtung war von einer Person die Rede, jetzt werden es fünf sein. Das ist wichtig, damit die Polizei auch die entsprechenden Rahmenbedingungen bekommt, um gegen sogenannte Ausländerquartiere tätig zu werden. Es geht hier um Fremde, die ausgebeutet werden, daher soll die Polizei dieses Rechtsmittel bekommen.

Dritter Punkt: Mitwirkungspflicht. – Hierzu ist schon viel gesagt worden von der Innen­ministerin, von unserem Sicherheitssprecher. Ich möchte ergänzen, dass es unver­zichtbar ist, dass Menschen, die Hilfe benötigen – die ihr Land verlassen mussten, weil sie verfolgt werden, aus welchem Grund auch immer –, auch mitwirken, um die notwendigen Abklärungen zeitnah durchführen zu können. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ja, wir müssen in der Vollziehung noch einige Nachjustierungen durchführen. Wir haben zu viele Behörden, zirka 113, glaube ich, die für die Umsetzung zuständig sind. Wir haben diesbezüglich auch schon Maßnahmen gesetzt. Ich darf den SPÖ-ÖVP-Entschließungsantrag in Erinnerung rufen, in dem wir ganz klar gesagt haben, dass wir ein eigenes Bundesamt für Asyl und Migration wollen. Wir werden die Innenministerin und ebenso den Herrn Staatssekretär bei den Aufgaben unterstützen, um die dafür notwendigen Weichen zu stellen.

Zum Schluss noch einige Anmerkungen zu den Kritikern: Vom BZÖ haben wir schon so einiges gehört. Es freut mich aber, dass Sie von Ihrem Standpunkt, nämlich die Grenzen dicht zu machen und die Grenzbalken herunterzulassen, endlich abgerückt sind. Bis jetzt habe ich aber noch nicht gehört, zu welchem Land wir die Grenzbalken schließen sollten – Italien, Deutschland? Ich warte noch auf die Antwort.

Zur FPÖ: Da ist auch viel gesagt worden. Kollege Neubauer hat ausgeführt, die FPÖ sei die einzige Partei, die für Österreich arbeitet. Kollege Strache hat heute von der Wahr­heit gesprochen. Auch ich fordere Wahrheit ein (demonstrativer Beifall bei der FPÖ) und möchte ganz klar sagen, dass man auch die Zeit, in der man in Regie­rungsverantwortung war, nicht einfach vergessen darf.

Im Zusammenhang mit den siebenjährigen Übergangsfristen tut die FPÖ heute geradezu so, als hätte sie von nichts gewusst. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) – Bitte, 2004 waren Sie auch dabei, und Sie haben diesen Übergangsfristen mit allen Konsequenzen zugestimmt. (Abg. Scheibner: Sie wollten nicht einmal die sieben Jahre haben!)

Nächster Punkt – und das gehört da auch noch dazu –: Es gab zwischen den Jahren 2000 und 2006 ein Ansteigen der Kontingente Saisonarbeiter/Erntehelfer – gerade auch unter Ihrer Verantwortung. Lassen Sie mich noch ein Beispiel dazu anführen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 117

1998 betrug das Sommertourismuskontingent in Österreich 1 005 Personen. Vier Jahre später war das Kontingent versechsfacht auf 6 845 Personen – versechsfacht! Und jetzt, unter dieser Regierung, ist das Sommertourismuskontingent mit 1 500 Personen vorgesehen. (Abg. Strache: Das heißt, dort, wo wir welche brauchen, darf es keine geben, aber Mindestsicherung ...!) Man sieht, man kann vernünftig für Österreich arbeiten – das gehört auch gesagt. Zuwanderung ist auch für Österreich wichtig. Daher sollte man die Wahrheit sagen und nicht immer mit falschen Zahlen operieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.01.56

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Sehr geehrter Herr Staatspraktikant Kurz (Zwischenrufe bei der ÖVP), Sie haben heute den Nationalrat wissentlich falsch informiert, indem Sie gesagt haben, dass es notwendig ist, Deutsch zu können, bevor man hier zuzieht, und dass Sie darauf Wert legen, dass man künftig auch Deutsch lernen muss, bevor man überhaupt nach Österreich kommen kann. Herr Staats­praktikant, teurer Staatspraktikant (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim), denn Ihr Stipendium auf der Regierungsbank kostet die Republik 15 000 € im Monat.

Ich liefere Ihnen hier den Gegenbeweis, Herr Staatspraktikant: Wenn Sie in einem Mangelberuf, der per Verordnung einmal im Jahr ausgegeben wird, zuwandern – angenommen Schweißer oder andere Berufe –, dann können Sie unter Umgehung des Kriteriums der deutschen Sprache natürlich kommen. Sie brauchen nur eine abge­schlossene Berufsausbildung im Ausland – 20 Punkte –, müssen unter 30 Jahre alt sein – noch einmal 20 Punkte –, und wenn Sie noch fünf Jahre Berufserfahrung im Ausland nachweisen, bekommen Sie noch einmal 10 Punkte. Das sind – 20, 20 und 10, Herr Staatspraktikant – 50 Punkte. Und 50 Punkte ist die Mindestanzahl, um nach Österreich zu kommen, da brauchen Sie keine Silbe Deutsch zu können! (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Sie haben den Nationalrat und die Öffentlichkeit falsch informiert! Das, was Sie heute hier aufgeführt haben, ist eigentlich ein Skandal, Herr Staatspraktikant! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Sie sollten vorher die Gesetze lesen, Sie sollten sich informieren, bevor Sie an die Öffentlichkeit treten – das ist Ihre Aufgabe, egal wie alt, wie jung oder wie steinalt Sie sind. (Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.)

Jetzt noch zu Ihnen, Herr Kollege Cap, weil wir gerade bei der Integration sind, und das gehört ja auch dazu – da haben Sie eine Aufgabe, Herr Staatssekretär Kurz! –: In Wien gibt es Unterlagen zum Staatsbürgerschaftstest in Wien, einen ganzen Katalog, wie man zur Staatsbürgerschaft gelangt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.) Wissen Sie, was die Frage 17 der Stadt Wien zur Staatsbürgerschaft ist? – Ich zitiere wörtlich:

„Was meint man, wenn man vom ,Roten Wien‘ spricht?“ (Ruf bei den Grünen: Typisch!) – Multiple Choice:

„Die Zeit nach dem Abschluss des Staatsvertrages

Soziale Reformen und Maßnahmen im sozialistischen Wien der Zwischenkriegszeit

Wien in der Zeit, als Erzherzogin Maria Theresia regierte“.

Das heißt, jetzt sind Sie hier auch überfahren. Und der einzige Zweck, Staats­bürgerschaften hier zu verschleudern, ist: Weil Ihnen die heimischen Wähler aus­gehen, versuchen Sie, ausländischen Wählern die Staatsbürgerschaft zu geben, damit


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Sie neue Wähler ins Land bringen. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp.)

Da fragen Sie die Leute über das Rote Wien. Das ist Ihre Integrationspolitik, und die ist auch ein Skandal! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

15.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Westenthaler, nur zur Erinnerung: Es gab vor ein paar Jahren auch die Debatte hier im Haus und anschließend in der Präsidiale, dass weder Namen noch Titel hier in diesem Haus verunglimpft zu haben werden. (Abg. Mag. Stadler: Ist das ein Titel? – Abg. Ing. Westenthaler: Ist das ein Titel, „Staatspraktikant“?) Ich erinnere an diese Entscheidung und würde in Zukunft, sollte das nicht befolgt werden, Ordnungsrufe erteilen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hammer zu Wort. – Bitte.

 


15.05.23

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Innenministerin! Lieber Staatssekretär Sebastian Kurz! (Abg. Dr. Jarolim: Besser Staatssekretär als vorbestraft!) Sehr geehrter Herr Sozialminister! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mit dem vorliegenden Fremdenrechtsänderungsgesetz werden wir wichtige Neuerungen im Fremdenrechtsbereich beschließen. Ich habe die Debatte sehr aufmerksam verfolgt und muss mich über die Reaktionen der Opposition schon sehr stark wundern.

Sie von der Opposition schüren nur Ängste, stellen sich überhaupt nicht diesen Problemen, bieten keine Lösungen an und werden dann in Ihrer Verzweiflung auch noch untergriffig gegen unsere Innenministerin und unseren Staatssekretär (Beifall bei der ÖVP), weil Sie Angst davor haben, dass da zwei Leute am Werk sind, die die Probleme lösen werden. Davor haben Sie Angst, dass da etwas gelöst wird! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Wir beschließen das Fremdenrecht, und es leitet sich schon aus dem Wort ab, dass auch Fremde bei uns Rechte haben, auf der anderen Seite aber auch Pflichten. Wenn man Ihnen zuhört, stellt man fest: Es gibt eine Seite, die die Rechte immer untergraben möchte, und eine andere Seite, die Grünen, die vergisst, dass auch Fremde bei uns Pflichten haben. Ich meine, das sollte man schon bedenken und entsprechend handeln. Wir werden hier Antworten geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem vorliegenden Fremdenrechtsänderungsgesetz – das ist schon ausführlich gesagt worden – werden wir mehrere Schwerpunkte setzen; drei möchte ich herausgreifen. Wir vereinfachen und beschleunigen die Verfahren im Asylbereich. Wir verbessern die Integration mit „Deutsch vor Zuzug“, und wir machen mit der Rot-Weiß-Rot-Card eine geordnete Zuwanderungspolitik.

Ich möchte schon auf die Dauer der Asylverfahren hinweisen. Wir alle – und auch viele andere – haben uns in der Vergangenheit ein bisschen geärgert darüber, dass die Verfahren manchmal zu lange dauern. Mit der Mitwirkungsverpflichtung, mit der Anwe­sen­heitsverpflichtung können wir die Verfahren rascher, konsequenter durchführen und die Dinge ordentlich regeln, aber auch verhindern, dass sich Asylwerber in der Illegalität verlieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Folgendes möchte ich auch sagen – es ist schon gesagt worden, auch unser Staatssekretär hat es bereits gesagt –: Der Schlüssel für eine gelungene Integration – nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! – ist der Spracherwerb, ist die Sprache. (Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 119

Ing. Westenthaler: Sie müssen das Rednerpult ein bisschen höher hinauf geben, dann hört man Sie!) Mit der Maßnahme „Deutsch vor Zuzug“ werden wir das entsprechend regeln und gut lösen. (Der Redner stellt das Rednerpult höher. – Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.) – Herr Westenthaler, ich kann Ihnen gratulieren, Sie haben einen guten Beitrag geleistet, danke für den Hinweis. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein freundschaftlicher Tipp war das, Herr Kollege! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ein Drittes möchte ich auch noch ansprechen, die Rot-Weiß-Rot-Karte. Wir machen mit der Rot-Weiß-Rot-Karte eine geordnete Zuwanderungspolitik, bringen die Fachleute, die wir in der Wirtschaft brauchen, ins Land, damit auch der Wirtschaftsstandort Oberösterreich Zukunft hat. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Zusammenfassend: gute und wichtige Maßnahmen. Und ich freue mich, dass zwei kompetente Leute der ÖVP die Probleme anpacken und nicht Ängste schüren. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

15.08

15.08.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort seitens des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Zu Tagesordnungspunkt 2 liegt ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Mag. Korun vor.

Über diesen Rückverweisungsantrag ist zuerst abzustimmen, und daher ersuche ich jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, den Gesetzentwurf betreffend Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 in 1160 der Beilagen nochmals an den Ausschuss für innere Angelegenheiten zu verweisen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung FPÖ –: Was ist bei der Rückverweisung, da könntet ihr ja dabei sein? – Abg. Strache: Mit der Begründung nicht!)

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Fremdenrechts­ände­rungsgesetz 2011 samt Titel und Eingang in 1160 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Ing. Westenthaler: Frau Präsidentin! Frau Ablinger ist nicht hier! Können wir noch auf Frau Ablinger warten?) – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Es ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt worden ist, ist eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind ... (Zwischenrufe beim BZÖ.) – Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit!

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­netenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafar­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 120

benen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel ver­wen­det werden.

An dieser Stelle mache ich, meine Damen und Herren, darauf aufmerksam: Es passiert immer wieder, dass zwei Zettel „zusammenkleben“ – zwischen Anführungszeichen. Ich bitte Sie, vor Einwurf wirklich zu schauen, dass Sie nur einen Zettel in der Hand haben.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Gesetzentwurf betreffend Fremden­rechtsänderungsgesetz 2011 (Abg. Ing. Westenthaler: Ablinger ist die Erste! – Abg. Grosz: Jetzt warten wir alle, bis die Ablinger als Erste hinausgeht! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) – Meine Damen und Herren, ich werde jetzt nicht fortsetzen, bevor nicht etwas mehr Ruhe im Saal ist.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Gesetzentwurf betreffend Fremden­rechtsänderungsgesetz 2011 samt Titel und Eingang in 1160 der Beilagen in dritter Lesung stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nun Frau Schriftführerin Abgeordnete Lohfeyer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Franz wird sie später dabei ablösen. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Lohfeyer und Franz werfen die Abgeordneten den Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 15.14 Uhr unterbrochen und um 15.20 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 171, davon „Ja“-Stimmen: 101, „Nein“-Stimmen: 70.

Der Entwurf betreffend Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 in 1160 der Beilagen ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 121

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufge­nom­men.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Becher, Binder-Maier, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch, Großruck;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Ferdinand, Maier Johann, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Molterer, Muchitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pendl, Plassnik, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schön­pass Rosemarie, Schultes, Schüssel, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Weninger, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter;

Deimek, Dolinschek;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek, Gradauer, Graf, Grosz Gerald, Grünewald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Hofer, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jarmer, Jury;

Karlsböck, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Königshofer, Korun, Kunasek;

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 122

Markowitz, Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;

Petzner, Pilz, Pirklhuber, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Schatz, Scheibner, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stadler Ewald, Stefan, Steinhauser, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Van der Bellen, Vilimsky, Vock;

Walser, Westenthaler, Widmann Rainer, Windbüchler-Souschill, Windholz;

Zanger, Zinggl.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1160 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Schaffung eines Bundesamtes für Asyl und Migration bis 2013 – Evaluierung der geltenden Bestimmungen des Fremdenrechts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 159.)

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1160 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend die Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 160.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Meldegesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. (Abg. Mag. Stadler: Plus Jarolim!) – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1161 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 123

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wieder mehrheitlich angenommen.

Ich stelle wieder ausdrücklich fest, dass die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittel­mehrheit gegeben ist.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angele­genheiten, seinen Bericht 1162 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen des Weiteren zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1163 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1164 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1165 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dazu die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1166 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1167 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

15.25.1710. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vorlage (915 d.B.): Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südost­europa (1168 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vorlage (895 d.B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten VIII bis XV und XXII bis XXVII (1169 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 124

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 und 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


15.26.08

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde mich sehr kurz halten. Normalerweise stimmen wir derartigen Konventionen zu, wenn sie sauber und seriös erarbeitet worden sind. Das ist diesmal in einigen Details bedauerlicherweise nicht der Fall. Ich verweise nur auf folgende zwei Details:

In Artikel 5 wird normiert, dass im Rahmen dieses südosteuropäischen Verbundes, inklusive Österreich, Daten weitergegeben werden können, wenn der Verdacht besteht, dass eine Verbindung zu einer kriminellen Organisation bestehe.

Die berühmteste kriminelle Organisation in Österreich sind eigentlich zwei, nämlich zwei Organisationen von Tierschützern und Tierschützerinnen, und solange in einer derartigen Konvention nicht geklärt wird, dass damit die Möglichkeit besteht, eine Gesamterfassung der südosteuropäischen Tierschützer und Tierschützerinnen durch die Kriminalpolizei vorzunehmen, so lange halte ich nichts davon, der Exekutive, die hier ihre Missbrauchsanfälligkeit klar dokumentiert hat, einen Freibrief auszustellen.

Da fehlt Rechtssicherheit und da fehlt Rechtsschutz. Das sind Persilscheine, und ich habe nicht den Eindruck, dass die Polizei beziehungsweise die entsprechenden Poli­zei­einheiten in südosteuropäischen Staaten in dieser Hinsicht verlässlicher sind als vergleichbare Einheiten und Behörden in Österreich. (Abg. Dr. Jarolim: Was ist mit den Freiheitlichen?)

Das zweite Detail betrifft den Artikel 31, die Frage des Datenschutzes. Ich möchte Sie da nur auf folgenden besonders wichtigen Punkt hinweisen: Vonseiten der Regierung und vonseiten der Ausschussmehrheit ist schlicht und einfach vergessen worden, eine Sicherung einzubauen, dass über diese Konvention erfasste personenbezogene Daten nicht an Drittstaaten weitergegeben werden dürfen.

Sie kennen, was Südosteuropa betrifft, den Datenhunger amerikanischer, aber auch russischer Behörden, und meiner Meinung nach wäre es das Mindeste gewesen, hier eine klare gesetzliche Regelung einzuführen und ein Verbot der Weitergabe an Drittstaaten zu normieren.

Ich weiß nicht, ob die Innenministerin bewusst darauf verzichtet hat und bewusst diese Lücke offen gelassen hat oder ob es sich dabei um bloße Schlamperei handelt.

Diese beiden Gründe – neben einigen weiteren Gründen – reichen für uns aus, dieser Konvention in der jetzigen Form nicht zustimmen zu können.

Ich hoffe, dass die nächste Konvention etwas seriöser und nicht in dieser schlampigen Art und Weise erarbeitet wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Prinz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.29.04

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Vertrag mit der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze geht es um


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 125

technische Präzisierungen und um neue Grenzdokumente betreffend verschiedene Grenzabschnitte.

Die Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa ist ein wichtiger weiterer Schritt in der internationalen Zusammenarbeit. Als Republik Österreich arbeiten wir bereits mit vielen Staaten eng zusammen.

Mit der nun zu Beschluss kommenden vorliegenden Konvention wird die Zusammen­arbeit mit Staaten wie beispielsweise Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Serbien, Montenegro, Moldawien, Bulgarien und Rumänien vertraglich gut geregelt und fixiert.

Erfolgreiche grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit zeigt sich immer wieder an Erfolgen, wie etwa dem Schlag der Polizei vor rund einem Jahr gegen eine georgische Tätergruppe.

Die Zahlen der Kriminalitätsstatistik unterstreichen die gute Arbeit der österreichischen Polizei.

Die Bedrohung unserer Sicherheit ist zum Beispiel durch internationalen Terrorismus, grenzüberschreitende Kriminalität und illegale Migration durchaus vielfältig. Durch verstärkte internationale Zusammenarbeit kann man solchen Herausforderungen am besten begegnen.

Ich darf diese Gelegenheit auch dazu nützen, auf ein Beispiel internationaler Zusam­menarbeit und erfolgreicher österreichischer Polizeiarbeit aus meinem Wahlkreis aufmerksam zu machen.

Im Diensthundeausbildungszentrum Bad Kreuzen wird seit Jahren mit zentral­asiatischen Staaten wie zum Beispiel Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan zusammengearbeitet. Auf Initiative der amerikanischen Botschaft und mit Genehmigung und Unterstützung des österreichischen Innenministeriums begann die Zusammenarbeit vor Jahren damit, dass kasachische Diensthundeführer in Öster­reich mit Spezialhunden ausgestattet und ausgebildet wurden. Die mit österreichischer Hilfe ausgebildeten Hunde werden vor allem im Grenzeinsatz und gegen Suchtgift­händler und Sprengstoffdelikte in diesen zentralasiatischen Staaten eingesetzt. Diese Länder liegen an Drogenrouten aus Afghanistan und China nach Europa. Mit öster­reichischem Wissen werden damit Verbrechen aufgeklärt beziehungsweise verhindert.

In den letzten Monaten wurden in Bad Kreuzen fünf Mitarbeiter der UNO auf dem Spezialgebiet Sprengstoffe ausgebildet. Zum Kursabschluss Anfang Mai haben hochrangige Vertreter der UNO ihr Kommen in Bad Kreuzen zugesagt.

Chefinspektor Josef Schützenhofer als dem Leiter des Diensthundeausbildungs­zen­trums Bad Kreuzen und seinem Team kann man zu ihrer erfolgreichen und enga­gierten Arbeit nur herzlich gratulieren, aber vor allem möchte ich ihnen dafür danken. Bad Kreuzen ist ein Aushängeschild für die gute Arbeit der österreichischen Polizei. Die Marktgemeinde Bad Kreuzen und das Land Oberösterreich unterstützen das Diensthundeausbildungszentrum bestmöglich.

Geschätzte Frau Innenministerin Mag. Mikl-Leitner, ich ersuche Sie ... (Ruf beim BZÖ: Sie ist nicht da!) – Ihr wird die Botschaft schon übermittelt werden, machen Sie sich da keine Sorgen! – Sie wird so wie ihre Vorgängerin Dr. Maria Fekter das Dienst­hunde­ausbildungszentrum Bad Kreuzen auch in Zukunft entsprechend fördern und unter­stützen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.32



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 126

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. – Bitte.

 


15.32.29

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Frau Präsidentin! Die Entwick­lung in den letzten Jahren hat gezeigt, dass die Bekämpfungsinstrumente gegen den internationalen Terrorismus immer effizienter werden müssen, da die grenzüberschrei­tende Kriminalität in den letzten Jahren zugenommen hat. Man muss sich dieser Realität stellen, und daher ist es notwendig, dass man die polizeiliche Zusammenarbeit in diesem Bereich stärkt, um eben dieser Entwicklung wirkungsvoll entgegentreten zu können.

Ich kann dem Kollegen Pilz nicht beipflichten. Es stimmt zwar, dass Datenschutz­bestimmungen da enthalten sind, aber diese entsprechen dem österreichischen Standard. Außerdem ergänzen die Regelungen über die Vertraulichkeit von Informa­tionen die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die internationale polizeiliche Kooperation.

Die Konvention wurde von Österreich initiiert und unterstützt, sie enthält sehr viele Maßnahmen, wie etwa auch die Vorbeugung im Bereich dieser kriminellen Straftaten, die uns im Interesse der ÖsterreicherInnen auch sehr wichtig sein soll.

Zu TOP 11 ist zu sagen, dass der gegenständliche Vertrag die Staatsgrenze zwischen Österreich und Slowenien in diversen Grenzabschnitten ändert. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Herbert gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.33.55

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte nicht vorhandene Regierungsmitglieder auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir, das heißt ich und meine Fraktion, werden den beiden vorliegenden Berichten, die bei den Tagesordnungspunkten 10 und 11 zu behandeln sind, zustimmen.

Insbesondere die Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa begrüßen wir, da wir der Meinung sind, dass es unbedingt notwendig ist, dass man in einer bilateralen Zusammenarbeit gegen internationale Verbrechensstrukturen mit­einander vorgeht. Auch eine Intensivierung und Vernetzung von Information und Kom­munikation der Sicherheitsbehörden sind unbedingt notwendig, um eine faktische und effiziente Verbrechensbekämpfung in einer globalisierten Welt sicherzustellen.

Ich hoffe, dass dieser Vertrag mit Leben erfüllt wird, nicht so wie gleich gelagerte vormalige zwischenstaatliche Vereinbarungen, die mehr zu einer medialen Effekt­hascherei verkommen sind, als dass sie als faktische Umsetzungsmaßnahmen gedient hätten.

Ich denke, unsere Staatsbürger, aber auch unsere Exekutivbeamten, die in einer tristen sicherheitspolizeilichen, ministeriellen Umwelt trotzdem hervorragende Arbeit leisten, haben es sich verdient, aktive Sicherheitspolitik anstelle billiger Sicherheits­polemik erfahren zu dürfen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

15.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hagen gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 127

15.35.45

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Liebe Pultordner auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! (Ruf bei der ÖVP: Wasserkaraffe!) Nach Meinung der Regierung führen grenzüberschreitende Kriminalität und illegale Migration zur Notwen­digkeit, die internationale polizeiliche Zusammenarbeit zu verstärken, um diesen Bedrohungen, wie es in der Vorlage heißt, wirkungsvoll begegnen zu können.

Ziel der nun vorliegenden Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südost­europa ist es, die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu intensivieren. Strafbare Handlungen sollen verhindert und auch besser aufgedeckt werden. Es wird also nun eine alte Forderung des BZÖ, die wir hier vom Rednerpult aus öfter erhoben haben, umgesetzt. Ich kann nur sagen: Das ist ganz in unserem Sinne und findet auch unsere Unterstützung.

Zum Tagesordnungspunkt 11: Mit dem vorliegenden Vertrag wird die Staatsgrenze zwischen Slowenien und Österreich im Sinne beider Staaten neu geregelt. Auch das wird unsere Zustimmung erhalten. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

15.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der BerichterstatterInnen wird keines verlangt.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa in 915 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Vertrag zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten VIII bis XV und XXII bis XXVII in 895 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Des Weiteren gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag, dass die Anlagen dieses Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundgemacht sind, dass sie für die Dauer der Geltung des Vertrages zur öffentlichen Einsicht während der Amtsstunden aufgelegt werden, und zwar

a) alle genannten Anlagen beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen in Wien,

b) die Anlagen 1 bis 24 beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung,

c) die Anlagen 22 bis 42 beim Amt der Kärntner Landesregierung,

d) Die Anlagen 1 bis 24 beim Vermessungsamt Leibnitz,

e) die Anlagen 22 bis 33 beim Vermessungsamt Völkermarkt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 128

f) die Anlagen 31 bis 36 beim Vermessungsamt Klagenfurt,

g) die Anlagen 34 bis 42 beim Vermessungsamt Villach.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

15.39.1512. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1502/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungs­gesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (1170 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 359/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe (1171 d.B.)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


15.40.03

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, Sie haben ja heute am Vormittag das Beste ver­säumt. Das waren die Ausführungen der neuen Frau Finanzminister, was die Auswir­kungen der Krise auf die österreichische Bevölkerung betroffen hat. Sie ist nämlich zur Erkenntnis gekommen, dass es diese Krise de facto überhaupt nicht gegeben hat und dass wir uns alle nur einbilden, dass eine Million Menschen in Österreich armuts­ge­fährdet sind. Die Leute, die nicht mehr wissen, wie sie ihre Bankrechnungen bezahlen sollen, bilden sich das alles nur ein, und die Familien, denen jetzt Leistungen wegge­nommen worden sind, sind offensichtlich irgendwie halluzinatorisch veranlagt. Auf jeden Fall hat sie uns versucht zu erklären, wir leben in der besten aller möglichen Welten und diese Krise hat es nicht gegeben.

Ich sage Ihnen das deshalb, weil ja Ihre Argumentation im Zusammenhang mit dem Pleitefonds, über den wir reden, eine etwas andere gewesen ist. Die Situation ist nämlich so, dass der Pleitefonds, der eigentlich die Krisenopfer unter anderem, nach Ihren Ausführungen zumindest, unterstützen, ihnen zur Hilfe kommen soll, jetzt selbst pleite ist. Das ist eine etwas unangenehme Situation, aber Sie haben uns ja erklärt, dass sich der Finanzbedarf, der sich in den nächsten Jahren ergeben wird, sodass man diesen Topf wieder irgendwie mit Geld speisen muss, unter anderem aus den Folgen dieser Krise ergibt, die es nach Ansicht der neuen Frau Finanzminister nicht gibt. Vielleicht werden Sie sich da noch irgendwie einig.

Schlimm genug, der Pleitefonds ist also selbst pleite. Jetzt fragt man sich: Wie wird dieses Loch gestopft? Sie haben ja schon einen untauglichen Versuch hinter sich, indem Sie versucht haben, einer Institution, die selbst kein Geld hat, neue Kredite aufzubürden und damit den Pleitefonds sozusagen zu finanzieren. Das ist gescheitert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 129

Jetzt sind Sie auch auf eine gute Idee gekommen, nämlich sozusagen die Kosten für ältere Arbeitnehmer zu verteuern. Sie haben sich also nichts anderes zur Stopfung dieses Budgetlochs einfallen lassen, als dass Sie die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages nach Vollendung des 58. Lebens­jahres bis 2015 jetzt ausgesetzt haben. Interessanterweise sind das vier Jahre. Und auch die zweite Maßnahme, nämlich die für die Zeit ab 2014 vorgesehene Befreiung für diejenigen, die dann das 57. Lebensjahr vollendet haben, wird auf 2018 hinausge­schoben.

Das ist ganz interessant. Offensichtlich dauern jetzt diese Auswirkungen der Krise, die es nach Ausführung der Frau Finanzminister nicht gegeben hat, vier Jahre, und es sind diese Nachwirkungen, von denen Sie geredet haben, Cosmos und so weiter, wo uns Experten sagen, das ist nur der Gipfel des Eisberges, da gibt es ganz andere Probleme, das wäre nur die Spitze. Die tatsächlichen Probleme werde ich dann noch ganz kurz ansprechen. Aber es sind vier Jahre, und das stärkt bei mir den Verdacht, dass Sie diesen Fonds deshalb anfüllen wollen, weil Ihnen im Zusammenhang mit der Ostöffnung des Arbeitsmarktes ab dem 1. Mai einiges schwant. Das heißt, wir müssen also schauen, dass die Kriegskasse voll ist, denn nach dem 1. Mai kommt einiges auf uns zu.

Das, was Sie jetzt planen, ist sozusagen eine Verteuerung der älteren Arbeitnehmer für den Dienstgeber. Das ist etwas, was aus unserer Sicht der falsche Weg ist. Wir hätten gerne eine Vergünstigung, weil wir genau wissen, dass trotz Ihrer immer hochge­priesenen arbeitsmarktpolitischen Erfolge, die ohnehin auf sehr fragwürdigen Beinen stehen, McJobs et cetera, die Gruppe der Über-50-Jährigen auch bei denjenigen, wo profitiert wird, zu den Gruppen gehört, die am wenigsten davon profitieren. Wir haben es hier also mit einer besonders schwierigen und problematischen Gruppe auf dem Arbeitsmarkt zu tun. Dieser wird es jetzt durch diese von Ihnen geplante Maßnahme nicht leichter gemacht.

Jetzt sagen Sie nicht, dass diese Befreiung vom Arbeitslosen­versicherungs­pflicht­beitrag keine arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen hätte. Wenn es nämlich tatsächlich keine arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen hätte, dann würde ich Ihnen raten, das gleich zu streichen und nicht zu verschieben. Es ist inkonsequent, das ein paar Jahre hinauszuschieben. Dann gehörte es gleich gestrichen, wenn es keine Auswirkungen hätte. So wird es also nicht sein. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Meine Damen und Herren, ein Aspekt noch in dieser Sache: Mir hat ein Insider, der mit dieser Materie vertraut ist, gesagt, dass das Problem dieses Fonds auch in ganz anderen Bereichen liegen kann. Es liegt nämlich dort, wo wir es mit organisiertem Sozialbetrug zu tun haben. Interessanterweise haben wir da von Ihnen kein Wort dazu gehört, schon gar nicht, was die Bekämpfung dieses Sozialbetruges betrifft. Das sind nicht Einzelfälle, mit denen wir es hier zu tun haben, sondern das ist hochgradig organisiert, betrifft insbesondere das Baunebengewerbe, Fassadengeschichten, alles, was mit Unternehmen zu tun hat, die extra dazu gegründet werden, um nach drei bis sechs Monaten in den Konkurs gelassen zu werden. Da werden keine Abgaben abge­führt, weder von Arbeitnehmer- noch von Arbeitgeberseite. Meistens geht der Konkurs dann kurz vor Weihnachten, also in der Wintersaison, über die Bühne, und dann gleitet man hinein in die Arbeitslosigkeit, denn im Winter ist am Bau nicht viel zu tun. Und dann wird noch der Insolvenz-Entgelt-Fonds angezapft. Der Schaden ist also ein mannigfaltiger.

Es kommt sehr oft vor, dass in einem Bundesland eine solche Firma angemeldet wird, die Arbeiter bei der Krankenkasse sozusagen gemeldet werden. Dann wird in einem


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anderen Bundesland ein Auftrag angenommen. Der Auftrag wird mit Billigarbeitern, meistens aus dem Osten, durchgeführt, Abgaben werden keine gezahlt, dann schickt man sie in die Pleite. Wie gesagt, der Schaden ist ein mannigfaltiger.

Was mich dabei stört, ist, dass man sehr inkonsequent vorgeht, denn die Leute, die diese Firmen als Geschäftsführer betreiben, sind teilweise mehrfach aktiv, nicht nur einmal, sondern kaum machen sie dieses Spiel einmal, gründen sie schon die zweite Firma, wenn nicht unter ihrem eigenen Namen, dann meistens unter dem Namen irgendeines Verwandten oder Familienangehörigen. Wenn sie dort das gleiche Spiel wieder betrieben haben, dann geht es ein drittes und viertes Mal so weiter. So inkonsequent sind wir leider.

Ich sage Ihnen, es wäre vernünftig, diese Löcher zunächst einmal zu stopfen und hier hart hineinzugehen, bevor man auf die Idee kommt, die älteren Arbeitskräfte teurer zu machen und damit auf dem Arbeitsmarkt noch schwieriger vermittelbar.

Meine Damen und Herren, ein paar Worte noch zu unserem zweiten Antrag. Ich weiß ja nicht, warum sich die SPÖ dagegen wehrt. Etwas Vernünftigeres gibt es ja gar nicht. Und Ihr Wunschkoalitionspartner, die Grünen, unterstützt das ja auch, was wir da wollen. Es geht nämlich darum, endlich einmal durch eine kleine Maßnahme, die man sofort umsetzen kann, eine Ungerechtigkeit zu beseitigen, die insbesondere Frauen trifft.

Sie werden sich am 1. Mai wieder hinstellen und allerhand Errungenschaften bejubeln, die Sie uns seit 20 oder 30 Jahren ankündigen. Eine davon wird auch sein, dass die Frauen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind, dass es eine Einkommensschere gibt. Dass da viel getan werden muss, das ist vollkommen richtig. Aber dann nehmen wir doch diesen einen Fall her, wo Frauen konkret benachteiligt sind, und stellen wir eine Ungerechtigkeit ab, nämlich jene, dass Frauen dann, wenn sie aus dem Bezug des Arbeitslosengeldes herausfallen und einen Antrag auf Notstandshilfe stellen, entweder gar keine oder eine verminderte Notstandshilfe erhalten, und das einfach aus dem Grund, weil sie entweder verheiratet oder in einer Lebensgemeinschaft sind. Das heißt, wenn jemand das nicht ist, dann hat er trotz ganz gleicher Voraussetzungen einen Anspruch auf Notstandshilfe.

Und jetzt werden Sie mir sagen, dass das gerecht ist. Aus unserer Sicht ist das völlig ungerecht, und es wäre ein Leichtes, das abzustellen. Sie könnten sich im Übrigen am 1. Mai auf der Tribüne schon damit brüsten, wenn Sie heute unserem Antrag zustimmen und diesen Missstand abschaffen würden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich fordere Sie auf, meine Damen und Herren, den hehren Worten der Sozialde­mo­kratie zumindest in Zeiten des Niedergangs irgendetwas entgegenzusetzen, sich vielleicht da einmal einen Ruck zu geben und tatsächlich etwas zu unternehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


15.47.35

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Das, was Sie, Kollege Kickl, so eher salopp als Pleitefonds bezeichnet haben, ist der sogenannte Insolvenz-Entgelt-Fonds, der im Jahre 1978 gegründet wurde und dazu dient, dass jene Arbeitnehmer und Arbeit­nehmerinnen, die in Betrieben beschäftigt waren, die leider insolvent geworden sind, wo es früher keine Möglichkeit gab, aus der Insolvenzmasse dann die ausstehenden


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Löhne, Gehälter oder auch Abfertigungen zu bekommen, eine Absicherung haben und die Damen und Herren, die Kolleginnen und Kollegen, die nichts dafür konnten, dass die Firma bankrott gegangen ist, wenigstens zu dem Geld kommen, das ihnen zusteht. Also nicht irgendein Pleitefonds, wie Sie das abwertend nennen, sondern eine wichtige sozialpolitische Maßnahme. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Kickl: Finanzieren Sie ihn anders!)

Die Tatsache, dass aufgrund der Wirtschaftskrise in den Jahren 2009 und 2010 Firmen leider in Konkurs gehen mussten, hat natürlich auch bei diesem Fonds entsprechende Spuren hinterlassen. Daher werden wir mit der heutigen Vorlage einerseits dafür Sorge tragen, dass es wieder zu frischem Geld im Insolvenz-Entgelt-Fonds kommt, anderer­seits sollen – ich werde das gleich erläutern – auch für andere Maßnahmen mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Es handelt sich dabei, sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nicht um eine Erhöhung der Lohnnebenkosten und es wird auch keine Einschränkung der Leistungen geben, sondern es wird nur durch Abstriche bei der derzeitigen Befreiung vom Arbeits­losenversicherungsbeitrag bei älteren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zur Bereitstellung von weiteren Geldmitteln kommen, und zwar wird die Befreiung für jene Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, bis zum Jahr 2015 ausgesetzt. Die Befreiung für jene, die das 57. Lebensjahr vollendet haben, soll erst ab dem Jahr 2018 gelten.

Mir persönlich wäre es lieber gewesen, wenn es im Zusammenhang mit dieser Maßnahme keine Befristung gegeben hätte, weil ich der Auffassung bin, dass genau diese Maßnahme nicht den notwendigen Effekt hat, nämlich dass damit auch mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die älter sind, im Arbeitsprozess bleiben.

Nichtsdestotrotz freue ich mich darüber, dass durch diese Maßnahme rund 800 Mil­lionen € zur Verfügung stehen. Wichtig ist es mir, in diesem Zusammenhang auch zu erwähnen, dass je 41 Prozent jeweils dem Insolvenz-Entgelt-Fonds und Arbeitsmarkt­rücklagen zugutekommen und die restlichen 18 Prozent zur Reduktion der Abgangs­abdeckung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik verwendet werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte hier auch betonen, dass im Zusam­menhang mit diesen Mitteln auch zusätzliche arbeitsmarktpolitische Projekte, insbe­sondere für Jugendliche, für ältere Personen und für Frauen, sichergestellt werden und dass auch ein ganz besonderer Schwerpunkt auf die Lehrlingsförderung gelegt wird.

Ich möchte mich ganz herzlich beim Herrn Bundesminister und seinem Team für die guten Verhandlungen bedanken und freue mich, dass diese Maßnahme heute im Parlament beschlossen wird, denn damit ist wieder sichergestellt, dass die Arbeitsmarktpolitik, die wir unter Bundeskanzler Faymann und Sozialminister Hunds­torfer betreiben, eine erfolgreiche ist.

Wir gehören zu jenen Ländern, die eine sehr, sehr geringe Arbeitslosigkeit haben, die eine sehr geringe Jugendarbeitslosigkeit haben. Dort, wo es notwendig und wichtig ist, setzen wir rechtzeitig Maßnahmen, um jenen Menschen, die bedauerlicherweise arbeitslos geworden sind, entsprechende Hilfestellung zu geben. Dafür ist es notwendig, dann auch diese Mittel zu haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 132

15.51.33

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein schönes Beispiel, das wir jetzt zu diskutieren haben: Wenn man auf einen Murks einen Murks draufsetzt, dann wird der erste Murks nicht rückgängig, er verschwindet nicht, sondern es ist ein Doppelmurks.

Das ist der Unterschied, Kollege Kickl, zur Haltung der Freiheitlichen Partei, soweit ich das verstanden habe. Wir haben schon die Reduktion der Arbeitslosenversiche­rungs­beiträge für einen Fehler gehalten. Es hat sich dann herausgestellt, dass es durch die Reduktion der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für ältere Beschäftigte auch noch zu einer Ungleichbehandlung zwischen Vertragsbediensteten im öffentlichen Dienst und Beschäftigten in der Privatwirtschaft kommt. Das kommt noch dazu, dass sich das da unterschiedlich auswirkt. Und ich bin überzeugt davon – danke, Frau Kollegin Csörgits –, dass diese Maßnahme keinen Effekt hat, oder wenn, dann nur einen so geringen, dass er vernachlässigbar ist.

Entschuldigung, worüber diskutieren wir jetzt schon seit Monaten? Wir wissen, dass ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen oft gesundheitlich so geschädigt sind, dass sie nicht mehr arbeiten können, und somit eigentlich die Debatte um die Invaliditätspension zu führen ist. Was geschieht mit diesen Menschen, wenn sie nicht in die Pension gehen können? – Sie gehen in die Arbeitslosigkeit. Und kein Unter­nehmen wird denen sagen: Wenn wir die 3 Prozent Arbeitslosenversicherungsbeitrag wegkriegen, dann beschäftigen wir dich weiter! Sicher nicht! Oder die älteren Arbeit­nehmer – das ist die andere extreme Variante – sind so gut, dass kein Unternehmen freiwillig auf sie verzichten wird, egal, ob 3 Prozent Reduktion oder nicht.

Was macht man jetzt? – Jetzt kommt es zum Doppelmurks. Jetzt macht man befristet diese Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge rückgängig, aber nicht für alle, sondern nur für jene, die jetzt in diese Situation kommen. Das heißt, bei jenen, bei denen schon reduziert ist, ändert sich gar nichts.

Wir haben also mehrere Gruppen von älteren Beschäftigten, die in den nächsten Jahren nach unterschiedlichem Recht – Sie haben das ja richtig charakterisiert: mit 2015, 2018 haben wir wieder unterschiedliche Gruppen und Fristen – beschäftigt sein werden. Das ist eigentlich eine Katastrophe, das ist wirklich ein Murks! Es tut mir leid, ich kann Ihnen da nicht helfen. Soweit ich jetzt der Debatte entnommen habe, ist der Murks eher der ÖVP zuzurechnen, weil sie das dringender haben wollte als die Sozialdemokraten. Das ändert nichts. Es ist wirklich unerträglich.

Dann kommt noch die verteilungspolitische Komponente dazu. Die Beiträge zum Insolvenz-Entgelt-Fonds bezahlen ja ausschließlich die Unternehmen. Wenn diese Beiträge nicht erhöht werden, dann ist es günstig für die Unternehmen. Wenn die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung jetzt wieder für eine bestimmte Gruppe erhöht werden, dann betrifft das beide, Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Das ist ein Unterschied, um es ehrlich zu sagen, das macht einen Unterschied aus.

Und jetzt kann man darüber diskutieren, dass die Beitragsmehreinnahmen, die durch den Verzicht auf die Reduktion entstehen, ja wieder aufgeteilt werden, zum einen in den Insolvenzfonds hinüberwachsen sollen und zum anderen in der Arbeitsmarktpolitik bleiben. Damit können Sie mich nicht überzeugen.

Die Kosten, die im jeweiligen Fonds oder in der jeweiligen Versicherung anfallen, sind dort zu tragen, und so wäre es auch gut. Und alles, was man von dem einen Fonds in den anderen Topf verschiebt, verschleiert die eigentliche Entwicklung, durch die wir ja auf etwas aufmerksam werden sollen.


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Insofern, Herr Kollege Kickl: Sie haben heute eine bestimmte Bereitschaft vonseiten der Freiheitlichen Partei angekündigt, darüber nachzudenken, wie man jenen Unternehmen, die den Fonds missbrauchen, und davon gibt es tatsächlich mehr als genug, etwas besser auf den Pelz rücken kann, um diesen Missbrauch, den es ja tatsächlich gibt, zu verhindern. Einer meldet eine Firma an, dann geht die ein, zwei, drei Mal in Konkurs, nach dem zweiten Anmelden meldet nicht mehr er, sondern die Frau an, ohne dass jemals Beiträge bezahlt werden.

Wenn es da Maßnahmen gäbe, auf die wir uns einigen könnten, über die wir diskutieren könnten, wäre ich sofort dabei. Ich möchte wissen, wer dieses Angebot nicht unterschreiben würde, hier gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen, dass wir wirklich diese unerträglichen Formen des Sozialmissbrauchs verhindern. Wenn das ein Ergebnis wäre und wir tatsächlich im Sozialausschuss darüber weiter diskutieren könnten, dann wäre zumindest der Doppelmurks, den Sie heute ohne unsere Zustimmung beschließen, etwas gemildert. (Beifall bei den Grünen.)

15.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


15.56.44

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger, weiter diskutieren können wir jederzeit und gerne im Ausschuss, vor allem auch in Richtung ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie sagen ja richtig, dass viele anschließend an die Arbeitslosigkeit in Pension gehen. Eine Problematik stellt auch die Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension dar. Wir sollten auch einmal darüber nachdenken, dass man mit 58 Jahren grundsätzlich von einer Arbeitsmarktentscheidung redet und nicht von einer Pensionsentscheidung. Und dann müssen wir auch diese Diskussion führen.

Das vorliegende Gesetz, meine Damen und Herren, ist sicherlich eine notwendige Maßnahme und ein Kompromiss zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wir sichern aber damit die Ansprüche von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Fall der Insolvenz. Der Insolvenz-Entgelt-Fonds benötigt vor allem auf Grund der Folgen der Wirtschaftskrise neue Mittel für die Bezahlung ausstehender Löhne, Gehälter und Sozialversicherungsbeiträge im Falle der Insolvenz einer Firma.

Und diese Änderungen sind sicherlich erforderlich, meine Damen und Herren, sie sind auch im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und, wie gesagt, ein Kompromiss zwischen den Sozialpartnern.

Woher kommen nun diese neuen Mittel, die benötigt werden, beziehungsweise wie wird der Insolvenz-Entgelt-Fonds finanziert? Es wurde schon angesprochen, dass es hier einen Zuschlag gibt, durch den jetzt der Fonds gespeist wird, nämlich 0,55 Prozent Zuschlag zum Arbeitslosenversicherungsbeitrag. Dieser muss nicht erhöht werden.

Ohne diese Maßnahme müsste dieser auf etwa 0,75 Prozent erhöht werden, was natürlich eine Erhöhung der Lohnnebenkosten bedeuten würde. Und gerade jetzt, da wir Gott sei Dank relativ schnell aus der Krise herausgekommen sind und gute Daten auf dem Arbeitsmarkt haben, wäre es kontraproduktiv, diese Erhöhung vorzunehmen.

Deshalb gibt es einen Alternativvorschlag, und dieser findet sich im vorliegenden Gesetz, nämlich dahin gehend, dass die zusätzlichen Mittel durch einen befristeten Entfall der Befreiung älterer ArbeitnehmerInnen vom Arbeitslosenversicherungsbeitrag geschaffen werden. Es wurde bereits erwähnt, dass für Über-58-Jährige diese Befreiung bis Ende 2015 befristet, also ausgesetzt wird und diese für Über-57-Jährige auf das Jahr 2018 verschoben wird.


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Personen – das ist mir wichtig zu erwähnen –, die auf Grund ihres Alters schon jetzt keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge mehr leisten müssen beziehungsweise vor Juli 2011 58 Jahre alt werden, sind davon nicht betroffen.

Was bedeutet das im Klartext und auch von den Beträgen her? In diesen fünf Jahren werden dadurch rund 800 Millionen € zusätzlich in diesen Insolvenz-Entgelt-Fonds kom­men. Sie werden aufgeteilt: 41 Prozent fließen in den Fonds, 41 Prozent dienen als Arbeitsmarktrücklage, und die restlichen 18 Prozent werden zur Reduktion der Abgangsdeckung in der Arbeitsmarktpolitik verwendet. Das ist natürlich ein Kom­promiss, keine Frage, aber es ist eine notwendige Maßnahme in diesem Bereich, damit der Insolvenzentgeltfonds auch in Zukunft diese notwendigen Leistungen im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erbringen kann.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich aber auch noch zum FPÖ-Antrag einige Sätze sagen. Es ist schon bezeichnend: Wir haben heute hier eine Budgetdebatte abgeführt, und ich habe den Obmann der Freiheitlichen Partei selten dermaßen aufgeregt erlebt, wie das heute hier der Fall war. Er hat uns permanent vorgeworfen, vor allem auch der neuen Finanzministerin (Zwischenrufe bei der FPÖ), dass wir das Budget nicht im Griff haben, die Staatsschulden enorm angestiegen sind, und er ist ja fast ausgezuckt, würde man sagen, als er hier am Rednerpult gestanden ist.

Sie bringen permanent Anträge ein! (Rufe bei der FPÖ: ... von der FPÖ sind fleißig!) Permanent bringen Sie Anträge ein: im Sozialausschuss, im Gesundheitsausschuss, im Familienausschuss, in allen Ausschüssen. Wissen Sie, was wir jetzt tun werden? – Wir werden einmal zusammenrechnen und zusammenzählen, was diese Anträge in etwa kosten würden, weil es ist wie immer bei der FPÖ: Sie sagen nie dazu, wie Sie diese Maßnahmen auch finanzieren wollen. (Abg. Kickl: ... produziert, das können Sie dann gleich abziehen!)

Wir hören ja nie Lösungen von Ihnen! Mit einer Verwaltungsreform mit 6 Milliarden, heute wurden sogar 7 Milliarden € erwähnt, sollte man das alles bezahlen können und die Staatsschulden wieder auf ein Niveau bringen, das in Ordnung ist. (Abg. Kickl: Ganz einfach: ... Familienleistungen ins Ausland!)

Meine Damen und Herren von der FPÖ, ich sage Ihnen: Wir werden Sie hier entlarven, nämlich damit, dass Sie auf der einen Seite Anträge einbringen, die Milliarden kosten, und auf der anderen Seite werfen Sie der Regierung vor, dass wir ein hohes Staats­defizit haben. So geht das nicht, und das werden wir jetzt auch aufzeigen. Das muss die Bevölkerung wissen! (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Antrag geht wieder genau in diese Richtung. Herr Kickl! Sie kommen hier heraus und sagen nicht einmal ansatzweise dazu, wie wir das zahlen sollen. (Abg. Kickl: Hören Sie einmal nur damit auf, die Familienleistungen ins Ausland zu ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nicht einmal ansatzweise, weil es Sie in Wahrheit nicht interessiert, weil Sie auch an Lösungsvorschlägen nicht interessiert sind.

Abschließend, Herr Kollege Kickl, zu Ihrem Riesenschreckgespenst, dem 1. Mai 2011: Ich hoffe, dass die Leute am 1. Mai, wenn es am Sonntag schön ist, überhaupt noch hinausgehen. Wenn sie nämlich die Zeitungen aufschlagen, müssten sie eigentlich in den Häusern bleiben, denn die FPÖ inseriert ja seitenweise, dass dieser 1. Mai ein Katastrophentag für die österreichische Bevölkerung wird. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt sage ich Ihnen etwas: Sie handeln völlig unverantwortlich gegenüber der öster­reichischen Bevölkerung! Diese Angstmache, diese Hassparolen, die Sie hier verbrei­ten, verunsichern die Menschen zu Unrecht! Und ich sage Ihnen eines: Wirtschafts­kammerpräsident Leitl hat anlässlich einer Pressekonferenz in Oberösterreich einen sehr richtigen Satz gesagt, wo er auch darauf hingewiesen hat, dass schon derzeit


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90 000 Personen aus diesen osteuropäischen Ländern als Schlüsselarbeitskräfte, die unsere Firmen auch brauchen, bei uns arbeiten. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Herr Kammerpräsident Leitl hat einen Satz gesagt, und den merken Sie sich für den Sonntag, meine Damen und Herren von der FPÖ. Zitat Leitl:

„Am Sonntag ist der 1. Mai. Wenn sich dann Kolonnen von Fahrzeugen Richtung Österreich in Bewegung setzen, dann soll Strache Recht haben. Ansonsten soll er als das dastehen, was er ist, nämlich ein Schaumschläger.“

Das schreiben Sie sich hinter die Ohren, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Bravo!)

16.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolin­schek. – Bitte.

 


16.03.42

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Wöginger! Wie sich das Ganze auswirken wird, das alles werden wir in ein paar Monaten feststellen. (Abg. Eßl: Schon nächste Woche! Nächste Woche schon!) Dann schauen wir uns an, was ist, denn gewarnt wird von der österreichischen Gewerkschaft. Von der Gewerkschaft kommen die größten Warnungen, und zwar von der Gewerkschaft Bau-Holz; lesen Sie diese Berichte einmal nach! – Dann schauen wir uns an, was da herauskommt, dann werden wir ja sehen. (Beifall beim BZÖ.)

Im Budgetbegleitgesetz 2011 – das ist ja noch nicht lange her – wurde die AUVA ermächtigt, dem Insolvenzentgeltfonds ein zinsenloses Darlehen für 2011 und 2012 zu gewähren, und jetzt soll diese Regelung sozusagen wieder entfallen. Nun wird die Lösung – na ja, meiner Meinung nach ist es keine Lösung; Kollege Öllinger hat gesagt, es ist ein Murks; ich sage, es ist ein Pfusch, es ist ein politischer Pfusch, der da passiert, keine Frage; das ist ein anderer Ausdruck, aber wir meinen das Gleiche – der Finanzierung über die Arbeitslosenversicherung, über den Versicherungsbeitrag aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung sozusagen jetzt wieder auf weitere Jahre hinausgeschoben.

Mit 1. Jänner 2016 soll dann erst für jene Leute, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, dieser Arbeitslosenversicherungsbeitrag sozusagen billiger werden für die Unter­nehmer, falls es bis dorthin nicht wieder zu einer Änderung oder weiteren Auf­schiebung kommt.

Herr Bundesminister, diesbezüglich bin ich derselben Meinung, wie sie auch Kollege Kickl geäußert hat: Hätten wir das gleich einmal aufgehoben und nicht hinaus­geschoben! Das wäre meiner Meinung nach eine klare Lösung.

Auf jeden Fall ist das keine Lösung, es ist ein Pfusch! Wir werden dem daher nicht zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

16.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


16.05.27

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja verständlich, dass man nach der emotionalen Fremdenrechtsdebatte versucht, ein paar Dinge hier weiterzuentwickeln und alles dem 1. Mai zuzuordnen. Ich weiß nicht, woher die


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Freiheitlichen diese permanenten Angstparolen haben. (Abg. Mag. Stefan: Von der Gewerkschaft!)

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass sogar Ihr Parteivorsitzender vorgestern Nacht in einer Fernsehdiskussion mit mir die Kurve gekratzt hat, weil er draufgekommen ist, dass die Argumentation überhaupt nicht haltbar ist. (Abg. Ing. Höbart: Nach Ansicht des ...ministers!)

Sie ist nämlich deshalb nicht haltbar, weil schlichtweg ... (Ruf bei der FPÖ: Wo waren Sie?) – Na, ich war in der gleichen Fernsehdiskussion, wo er gesagt hat, heuer kommen sie eh nicht, sie werden erst später kommen. – Ich war nämlich live dabei, im Gegensatz zu Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wenn hier heute gesagt wurde, ... (Abg. Neubauer: Aber in einer anderen Sendung ...! ... beschweren!) Schauen Sie, Herr Abgeordneter Neubauer, Sie haben heute auch gemeint, die Sozialdemokratie wird bei der Betriebsratsnachwahl am 17. Mai in Linz ein Wunder erleben. (Abg. Neubauer: Ein blaues! Ein blaues Wunder werden Sie erleben! Der Herr Keck traut sich nicht mehr in den Saal!) Das Wunder werden Sie erleben! Das eine Mandat, das Sie jetzt dort haben, werden Sie auch nach dieser Wahl haben, aber mehr wird es nicht sein. (Abg. Ursula Haubner: ... Wahlkampf!) Dieses eine werden Sie haben! Na bitte, wir sind in einer Demokratie, wir werden das aushalten.

Hier wurde gesagt, dieser Versuch mit der AUVA ist gescheitert. Ich weiß nicht – lesen Sie einmal nach, was wir dort überhaupt beschlossen haben! Herr Abgeordneter Dolin­schek war jetzt so nett und hat diese Textpassage vorgelesen. Es wurde eine Ermäch­tigung beschlossen – eine Ermächtigung, etwas zu machen –, und diese Ermächtigung wurde nicht gezogen. Das ist es, Punkt. Und die AUVA hat kein Problem damit, diese Ermächtigung nicht zu ziehen, denn die AUVA hätte die Geldmittel, diese Ermächti­gung zu ziehen, aber aus vielen anderen Gründen ist das nicht gemacht worden.

Stellen Sie das doch nicht so dar, als ob die AUVA ein Finanzierungsproblem hätte, denn das Einzige, das Sie derzeit können, ist, die Republik dauernd schlechtzu­machen, die Republik dauernd den Bach hinunterzutragen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Das ist ja nicht wahr! – Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Stefan und Weninger.) Das ist das Einzige, das Sie können.

Hier wurde zum Beispiel auch gesagt, der Insolvenzentgeltfonds braucht wegen der Ostöffnung Rücklagen. – Meine Damen und Herren! Solch eine unverantwortliche Aussage kann man hier nicht im Raum stehen lassen, denn wenn Sie sich wirklich mit der Thematik beschäftigen würden, würden Sie wissen, worum es wirklich gegangen ist. Natürlich gab es eine Krise und einen Anstieg der Insolvenzen. Durch den Anstieg der Insolvenzen gab es natürlich auch weniger Einnahmen, und auch weil es weniger Firmen gab, gab es weniger Einnahmen, das ist doch gar keine Frage! Daher ist natürlich auch klar, dass bei der Einnahmenentwicklung ein Rückgang war.

Aber wir haben über den Insolvenzentgeltfonds noch etwas in dieser Republik, und das ist Ihnen nicht einmal eine Erwähnung wert – und daran sieht man, dass Ihnen das Thema völlig egal ist –: Wir haben die komplette betriebliche Lehrlingsförderung über diesen Fonds, und die Sanierung, die wir hier betreiben, ist primär eine Sanierung, um die betriebliche Lehrlingsförderung in diesem Land aufrechtzuerhalten – auch mit veränderten Maßnahmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ja, diese sind notwendig gewesen, denn die Auszahlungen im Insolvenzentgeltfonds in diesem Jahr sind geringer als die im Vorjahr und werden im nächsten Jahr wiederum geringer sein. Die gesamte Auszahlungsprognose ist rückläufig, aber es geht natürlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 137

primär darum, die betriebliche Lehrstellenförderung aufrechtzuerhalten, und darum geht es im Sozialpartnerkompromiss.

Wenn Sie sich wirklich um organisierte Schwarzarbeit kümmern würden (Abg. Ing. Höbart: Die FPÖ hat einen Antrag eingebracht!), dann würden Sie dabei sein, wenn wir in einigen Monaten in diesem Haus auch weitere Verschärfungen zur organi­sierten Schwarzarbeit beschließen, dann hätten Sie wahrscheinlich auch bei der General­unternehmerhaftung im Baubereich mitgestimmt, und, und, und. Wir haben auch hier mit der Anmeldung vor Arbeitsbeginn Maßnahmen gesetzt.

Sich hier herzustellen und zu sagen: Kümmern Sie sich einmal um das!, ist eine wirkliche Missachtung dessen, was dieses Haus beschlossen hat, und ist auch eine Missachtung dessen, was unsere Rechtsnorm ist. Dass wir bei der organisierten Schwarzarbeit ein Problem haben, ist vollkommen klar, dessen ist man sich vollkommen bewusst. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und was machen Sie dagegen?)

Kümmern Sie sich auch einmal darum! Gehen Sie mit uns in gemeinsame Gespräche betreffend Fragen der organisierten Schwarzarbeit – aber wirklich betreffend Fragen der organisierten Schwarzarbeit. (Abg. Neubauer: Ihre Rede ist so schlecht, dass die eigenen Abgeordneten den Saal verlassen!) Das ist keine Frage von Ausländern, sondern das ist auch eine sehr, sehr große Frage von Inländern.

Da Sie dauernd zu suggerieren versuchen, Familienleistungen würden ins Ausland transferiert: Sie wissen ganz genau, welche Familienleistungen wann ausbezahlt werden, worauf der Rechtsanspruch einer Familienleistung fußt! Das sind Menschen, die hier arbeiten, die hier leben, die ganz einfach auch für unser Gemeinwohl hier tätig sind. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Rosenkranz und Mag. Stefan.)

Es ist natürlich vollkommen klar, dass Sie auch immer wieder sagen: Es gibt eine Million Armutsgefährdete! Sie wissen es ganz genau: Es gibt 500 000 Menschen, die ein effektives Problem haben, denen unsere ganze Zuwendung gilt und für die wir sicher noch viele Dinge tun müssen, aber erklären wir doch nicht andauernd, ein Achtel der Republik sei total armutsgefährdet! Sie werden damit nicht punkten, und zwar überhaupt nicht punkten. (Abg. Neubauer: Da geht es nicht ums Punkten!) Sprechen wir doch die Zahlen so an, wie sie sind!

Was wir heute hier beschließen, ist auch eine Verbesserung, durch die wir uns bemühen, für ältere Arbeitnehmer weitere Arbeitsmarktprogramme zu entwickeln, weitere aktivierende Arbeitsmarktprogramme zu entwickeln. Was ich zum Beispiel von Ihrem Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender noch nie gehört habe, sind Vorschläge, wie man ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung halten kann, länger im Erwerbs­leben halten kann. Von Ihnen kommen keine solchen Vorschläge. (Abg. Ing. Höbart: Wo sind Ihre Vorschläge?) Bei Ihnen kommt immer nur: Da ist etwas mies, da ist etwas mies! (Ruf bei der FPÖ: Das ist mies!)

Setzen Sie sich einmal hin und zeigen Sie Konstruktivität! Unter anderem könnten Sie konstruktiv sein, indem Sie dieser heutigen Lösung zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Riepl zu Wort. – Bitte.

 



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16.12.38

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Eigentlich ist dem jetzt nicht mehr sehr viel hinzuzufügen. Herr Bundesminister Hundstorfer hat in sehr eindrucksvoller Art und Weise dargelegt, worum es dabei geht, und in kompe­tenter Weise hat das vorher schon meine Vorrednerin Renate Csörgits gemacht. – Aber vielleicht ein Wort zum Kollegen Wöginger.

Kollege Wöginger, du hast Präsident Leitl zitiert. – Ob Abgeordneter Strache ein Schaumschläger ist oder nicht, das weiß ich nicht, aber was ich weiß, ist, dass er schon seit Stunden nicht hier ist und an der Diskussion nicht teilnimmt. Ich glaube, das sollte auch irgendwo einmal festgehalten werden, weil auf der einen Seite seine Mannen sozusagen hier deutlich sagen, was alles schlecht ist, aber der Chef eigentlich ganz woanders ist. (Abg. Ing. Höbart: ... Ablinger?) Also er hat kein Interesse. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es geht um die Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik; arbeitsmarktpolitische Projekte sind angesprochen worden, die Lehrlingsförderung, die ganz wichtig ist, ist ange­sprochen worden, und vor allem Ältere auf dem Arbeitsmarkt. (Abg. Neubauer: Wo ist denn die Frau Ablinger?)

Die Praxis hat uns gezeigt – und überall dort, wo man genau hinschaut, sieht man das –, dass die Befreiung der Älteren von den Arbeitslosenversicherungsbeiträgen bisher nicht zu bemerkbarer Längerbeschäftigung geführt hat. Wir haben derzeit ja noch ein Problem, das auch einmal deutlich ausgesprochen werden sollte, nämlich dass schon 30 Prozent jener, die sozusagen älter sind, nicht von der Arbeit in die Pension kommen, sondern über den Parkplatz Arbeitslosigkeit auf die Pension warten.

Das ist genau das Problem, das jetzt auch schon angesprochen wurde und dem man, glaube ich, in der Zukunft viel mehr Bedeutung beimessen sollte – vor allem dann, wenn wieder, wie das sicher irgendwann in den nächsten Tagen und Wochen passiert, Experten kommen, die uns sagen, die Menschen müssen länger arbeiten und später in Pension gehen. – Ja, zum länger Arbeiten braucht man einen Arbeitsplatz (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Eh alles super!), und länger arbeiten heißt, dass man natürlich auch die entsprechende Möglichkeit hat, einen altersgerechten Arbeitsplatz zu haben; gerade für ältere Menschen ist das wichtig.

Wir haben die Situation einer zu geringen betrieblichen Gesundheitsförderung in vielen Bereichen. Es geschieht in einigen Betrieben sehr viel, aber flächendeckend, glaube ich, haben wir da Defizite.

Wir haben zu wenige altersgerechte Arbeitsplätze, und wir haben natürlich auch noch – das sage ich sehr vorsichtig und nicht verallgemeinernd – in manchen Bereichen eine Arbeitgeberkultur, wo es heißt: Ich nehme mir lieber einen Jungen und schaue, dass ich den Alten „anbringe“! – Das ist, glaube ich, eines der Probleme!

Wir brauchen also auf der einen Seite eine neue Kultur und auf der anderen Seite gemeinsame Strategien, um zu verhindern, dass Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, dann warten müssen, bis sie in die Pension dürfen, weil sie in Wirklichkeit zu krank für die Arbeit, aber zu wenig krank für eine Invaliditätspension sind.

Da, glaube ich, besteht für die Sozialpolitik in der nächsten Zeit Handlungsbedarf genug. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 139

16.15.52

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Insolvenz-Entgelt-Fonds ist leer. Dass er gefüllt werden muss, darüber sind wir uns offenbar alle einig, die Frage ist ja nur, welche Methode dazu angewandt wird.

Die von Ihnen vorgeschlagene Methode ist eine, der gegenüber wir Grüne eher skeptisch sind, denn es muss schon klargestellt werden, dass ja im Jahr 2008 der Beitrag der Arbeitgeber zu diesem Fonds von 0,7 auf 0,55 Prozent gesenkt worden ist. Auch dieses Geld fehlt eben jetzt. Und genau diese Senkung der Beiträge der Arbeitgeber wurde vom Rechnungshof, als Sie sie im Jahr 2008 vorgenommen haben, bereits kritisiert, weil der Rechnungshof gesagt hat: Man muss da eher langfristiger denken, denn es ist nicht klar, welche Konsequenzen diese Beitragssenkung hat! – Also: Haben Sie sich das überlegt?

Jetzt haben wir die Konsequenzen vor uns: Wir haben gestiegene Ausgaben, aber die Einnahmen sind leider zu gering. Und wir Grüne sagen: Deshalb ist für uns die logische Konsequenz aus dieser Entwicklung, dass die Beiträge wieder angehoben werden müssen! (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Das ist ja auch im Gesetz so vorgesehen.

Ich darf Ihnen dazu den § 12 Insolvenzentgeltgesetz näherbringen. Da steht:

„Zur Sicherstellung einer ausgeglichenen Gebarung des Insolvenz-Entgelt-Fonds ist der durch die letzte Verordnung festgelegte Zuschlag gemäß Abs. 1 Z 4“ et cetera „zu erhöhen, wenn der voraussichtliche Leistungsaufwand des laufenden Jahres oder des Folgejahres (...) nicht gedeckt ist“.

Vollkommen eindeutig: Wenn zu wenig Geld da ist, dann muss der Beitrag eben wieder angehoben werden. Aber das tun Sie nicht!

Kollege Wöginger sagt, es gab eben einen Sozialpartnerkompromiss. – Wir haben eine Politik, die es ermöglicht, dass Sozialpartnerkompromisse Regelungen, die in Geset­zen festgeschrieben sind, aushebeln! Das finde ich nicht in Ordnung, und schon gar nicht dann, wenn der Sozialpartnerkompromiss wieder einmal zulasten der Arbeit­nehmer und Arbeitnehmerinnen durchgeführt wird, denn die Unternehmen müssen nicht mehr Beiträge zahlen, aber bei der Arbeitslosenversicherung fehlt uns dann das Geld, das da jetzt hineininvestiert wird. Wir Grüne sagen: Erhöhen Sie diesen Beitrag!

Wenn Sie mir jetzt vorwerfen – das haben wir ja schon im Ausschuss diskutiert –, dass wir damit die Lohnnebenkosten steigern, dann sage ich Folgendes: Einerseits tun Sie das bei den älteren Arbeitnehmern ja auch, wenn sie diese jetzt quasi nicht mehr befreit haben – auch damit steigern Sie wieder die Lohnnebenkosten –, und vor allem, wenn Sie uns wirklich als Partner für eine Entlastung des Faktors Arbeit, was die Kosten betrifft, haben wollen, dann machen Sie ein gescheites Maßnahmenpaket! Wir Grüne fordern seit Langem eine ökologische Steuerreform, bei der es darum geht, Energie, Ressourcen höher zu besteuern, um eben den Faktor Arbeit entlasten zu können.

Das, was Sie hier vorlegen, ist für uns eine „Loch-auf-Loch-zu-Politik“ – Kollege Öllinger nannte es: Murks plus Murks ist Doppelmurks! –, und deshalb können wir Grüne da nicht mitgehen. (Beifall bei den Grünen.)

16.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 140

16.19.13

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist immer sehr leicht, von den anderen etwas zu fordern und hier vorwurfsvoll zu agieren.

Ich denke, die technischen Details dieser Gesetzesmaßnahmen wurden bereits hinlänglich erläutert. Erlauben Sie mir ein paar politische Bemerkungen.

Das Motiv für die Veränderungen des Jahres 2008 ist sicherlich kritisch zu hinter­fragen. Zu dieser Zeit gab es einerseits Überhänge und wir hatten zum anderen auch Beschäftigungsprobleme. Wir hatten also die ganz klare Vorgabe: Wir wollen die Lohnnebenkosten senken! – Okay.

Wir kommen heute zur Einsicht, dass wir das nicht so halten können, und deshalb muss eine Korrektur stattfinden. Dass diese an die 800 Millionen € für die nächsten Jahre kostet, ist aus dem Gesetz herauszulesen. Das ist sicherlich sehr, sehr viel Geld.

Zum Zweiten: Was die Freisetzung der Arbeits- und Versicherungsbeiträge für ältere Arbeitnehmer angeht, war die Überlegung, dass es dadurch vielleicht gelingt, ältere Arbeitnehmer länger in dem Betrieb zu halten. Und zweitens war das auch eine Begleitmaßnahme für die Pension, weil wir damit die Längerbeschäftigung fördern wollten und den Früheintritt in die Pension, wenn Sie wollen, etwas korrigieren wollten.

Gut. Die Dinge sind hinlänglich erklärt. Ich denke, positiv ist auch, dass hier arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gesetzt werden und dass auch Lehrlingsausbildung damit gefördert wird. Was ich nicht ganz verstehe, ist die Leichtzüngigkeit, mit der hier argumentiert wird über Pleitefonds und dergleichen. Die Leute sollen sich einmal der Verantwortung der Politik und vielleicht auch mancher Unternehmen stellen! Bei dieser Leichtzüngigkeit kommt mir schon ein Gedanke, nämlich: Manche Parteien drängen sich geradezu auf, dass man zur Meinung gelangen muss, dass mit ihnen kein Staat zu machen ist. – Das geht nicht, so kann man nicht umgehen! Ich glaube, dass man über diese Dinge reden sollte.

Was den 1. Mai anlangt, so erinnere mich noch sehr genau: Das war auch eine Partei, die damals mit aller Herzhaftigkeit, mit aller Überzeugungskraft agiert hat und meinte: Am 1. Jänner des Jahres 1995 – Beitritt zur Europäischen Union – werden uns die Portu­giesen überlaufen, es wird in Österreich fast nur mehr Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt geben, und die Welt geht unter! – Das Jahr 1995 haben wir überstanden, und der 1. Mai 2011 wird auch seinen Lauf nehmen. Nur: Sie werden nicht recht behalten! Und es zeigt sich einmal mehr: Nicht die Besserwisser sind gefragt, sondern die Bessermacher. Zu Letzteren gehören Sie nicht, das zeigen Sie auch mit dem zweiten Antrag.(Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Am Vormittag stehen Sie hier und erheben ganz erregt Vorwürfe wegen der Ausgabenpolitik der Regierung. Am Nachmittag stehen Sie hier mit einem Antrag und wollen verantwortungslos Geld hinauswerfen. Also, zum einen vorwerfen und dann rauswerfen, und das an einem Tag: Leute, erklärt mir, wie das gemeint ist! (Beifall bei der ÖVP.) Das ist in Wahrheit keine seriöse Vorgabe.

Wenn Sie heute die sogenannte Partneranrechnung beim Arbeitslosen- und Not­stands­anrechnungsbereich korrigieren wollen, dann müssen Sie auch über den Aus­gleichszulagenbereich in der Pension reden. Dort haben wir ja auch ... (Abg. Neubauer: 16 Prozent haben Sie gehabt bei den letzten Wahlen bei den Pensionisten! Bei den Pensionisten haben Sie schon viel verloren!) – Herr Neubauer, darauf habe ich gewartet, dass Sie jetzt sagen: Das gehört auch gemacht! Sie sind ja der Meister der Großzügigkeit, Sie sind ja der Meister der Forderer! Sie sollten bitte einmal zeigen, wie Sie all diese Dinge korrekt erledigen. Das habe ich bis heute vermisst. Und erlauben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 141

Sie mir, zu sagen: Glaubt ihnen nicht, denn sie wissen fallweise wirklich nicht, was sie tun! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Schenk ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.23.32

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich kurz auf den Antrag 359/A betreffend Anrech­nung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe. Der Antrag wurde begründet und erklärt. Es wird aufgezeigt, dass es hier wirklich eine Ungerechtigkeit gibt, die abgeschafft werden muss, weil da hauptsächlich Frauen davon betroffen sind.

Liebe Gisela Wurm, ich darf dich auch bitten, dass du mir deine Aufmerksamkeit schenkst, denn gerade du bist auch eine Vorreiterin für eine Besserstellung von Frauen. Ich möchte dich jetzt hier auch persönlich fragen, warum ihr nicht zustimmt, warum du diesem Antrag nicht zustimmst. Das ist für mich in keiner Weise erklärbar und nicht nachvollziehbar. (Beifall beim BZÖ.)

Wie viele Frauen sind davon betroffen? – Es sind nicht 150 oder 200 Frauen betroffen wie bei der Beschlussfassung zur Quotenregelung bei der Besetzung von Aufsichts­ratsgremien, sondern Tausende Frauen sind davon betroffen. Ich verstehe nicht, warum diesem Antrag nicht zugestimmt wird. Es darf keine Benachteiligung geben, es müssen klare Informationen und klare Bestimmungen für die Anrechnung geschaffen werden.

Zum Argument, das vorhin vonseiten der ÖVP kam, vom Kollegen Wöginger und vom Kollegen Donabauer, betreffend Finanzierung: Sie müssen die Budgetprioritäten anders setzen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Wenn wir Un­sum­men an Pleitestaaten und Pleitebanken zahlen und Sie das verantworten, dann ist es kein Wunder, dass wir kein Geld mehr für die österreichischen Familien und Frauen zur Verfügung haben. (Beifall beim BZÖ.)

Einer generellen Streichung der Anrechnung des Partnereinkommens im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung, wie es in der Entschließung der antragstellenden Fraktion gefordert wird, stehe ich in Bezug auf die Besserverdiener skeptisch gegenüber. Wie hoch die Kosten für diesen Verwaltungsaufwand sind, wurde heute nicht erwähnt. Vielleicht könnte das noch nachgereicht werden.

Wir stimmen diesem Antrag zu, und ich darf Sie von Rot und Schwarz bitten, dass Sie das im Sinne einer Besserstellung der Frauen in Österreich auch tun. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.26.03

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Schenk, zur Frage der Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe: Mit der zuletzt eingeführten Mindestsicherung haben wir relativ zielgenau genau diese Frauen getrof­fen und diese Frauen auch entlastet. Und zur Frage, was es kosten würde: Es würde 82 Millionen kosten, die in diesem Falle undifferenziert ausgeschüttet worden wären. Wir sind der festen Meinung, dass wir diese 82 Millionen € zielgerichtet für arbeits­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 142

markt­politische Maßnahmen vor allem in der Frauenförderung besser einsetzen kön­nen.

Frau Abgeordnete Wurm kann, wie wir alle hier, diesem Antrag nicht zustimmen, sondern wir nehmen einen negativen Ausschussbericht zur Kenntnis. Das nur zur Frage, wer hier wo zustimmen kann. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Kickl ist jetzt leider nicht da. Er war auch nicht im Ausschuss, wie leider auch der Herr Abgeordnete Hofer nicht im Ausschuss war – Sie waren beide verhindert. Wir sind ja im Normalfall gewöhnt, dass die FPÖ, wenn Sie und der Abgeordnete Kickl da sind, zumindest halbwegs zielgerichtet ihre Positionen vorbringt – ob uns diese passen oder nicht, ist etwas anderes.

Was ich Ihnen vielleicht noch zur Kenntnis bringen möchte, weil Sie ja nicht im Ausschuss waren und dieser Ausschuss ja nicht öffentlich war, sind ein paar Highlights der Aussagen, die von Ihrer Partei in diesem Ausschuss gekommen sind.

Minister Hundstorfer hat schon gesagt, Herr Abgeordneter Kickl hat die Frage der Lehrlingsförderung im Insolvenzfonds überhaupt nicht erwähnt, das heißt die Förderung unserer Jugendlichen.

Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein hat sich in der Frage der Pflegeausbildung, die auch Thema in diesem Ausschuss war, wirklich dazu verstiegen, zu sagen, dass wir nur eines im Sinne haben, nämlich Menschen besser auszubilden und sie immer höher zu qualifizieren, und dann die Frage gestellt: Und was haben Sie damit erreicht, die Menschen bleiben nicht in den Berufen, in denen wir sie haben? Sie hat die Kinder­gärtnerinnen, Kindergartenpädagoginnen angeführt und hat gesagt: Was haben wir jetzt davon? Die haben wir jetzt gut ausgebildet, die haben Matura, und was machen sie? Sie rennen aus dem Beruf davon, sie bleiben nicht! – Das ist eine wirklich entlarvende Aussage, wie die FPÖ mit der Frage umgeht, wie wir unsere Jugendlichen qualifizieren!

Die zweite Geschichte, die auch noch sehr amüsant war – Kollege Bartenstein hat da auch sehr nett repliziert –, ist, dass der Kollege Karlsböck gesagt hat, dass wir als Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer uns doch alle, die wir hier sind, ein Beispiel an Ungarn nehmen sollen, nämlich in der Frage, wie mit Abfertigungen umgegangen wird. Er hat gesagt: Schauen wir doch nach Ungarn, schauen wir, was die Ungarn machen! Die Ungarn haben die Abfertigungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem Freibetrag von 400 € besteuert! Das sollten wir doch auch in Österreich machen. (Abg. Riepl: Genauso hat er es gesagt!)

Nur so viel, damit man auch ein bisschen hört, wie es zugeht, wenn Sie (in Richtung des Abg. Ing. Hofer) nicht da sind. Ich habe schon gesagt, dann geht es meistens in eine relativ stringente und koordinierte Richtung. Das sei hier gesagt, um das auch im Protokoll zu haben, weil dieser Ausschuss eben leider nicht öffentlich war, und ich glaube, man sollte auch einmal hören, was die Partei, die sich so gerne als Vertreter der kleinen ArbeitnehmerInnen bezeichnet, in Ausschüssen, in denen leider niemand zuhören kann, wirklich sagt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie kennen die Bestimmungen. – Bitte.

 


16.29.20

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete Oberhauser hat soeben gesagt, ich hätte im Ausschuss gesagt, wir


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 143

wollen nicht, dass Pfleger jetzt in eine akademische Laufbahn kommen, damit sie nicht aus dem Beruf weggehen, ähnlich wie wir es bei den Kindergärten haben.  – Das ist nicht richtig!

Ich habe gesagt, es macht keinen Sinn, Ausbildung immer höher zu schrauben und sie akademisch zu machen, wenn gleichzeitig das Gehalt nicht nachziehen kann. Sinn­voller wäre es, das Gehalt zu erhöhen, statt die Betreffenden eine akademische Ausbil­dung absolvieren zu lassen. Diese ist nämlich viel zu lange, und damit ist die Hemmschwelle einfach eine viel höhere. (Beifall bei der FPÖ.)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Öllinger: Aber die muss stimmen, bitte!)

 


16.30.01

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Frau Kollegin Oberhauser, dass Sie das notwendig haben, sich in dieser Diskussion auf so ein Niveau hinunter zu begeben, finde ich bedenklich. (Abg. Riepl: Jetzt überlegen Sie gut, denn wir waren alle dabei! Jetzt bleiben Sie bei der Wahrheit, denn wir waren alle dort! – Jetzt wird es spannend!)

Der Inhalt meiner Aussage war wortwörtlich, dass es bei ungerechtfertigten Abfer­tigungen oder Abfertigungsansprüchen im verstaatlichten Bereich, zum Beispiel bei den ÖBB, so gehandhabt werden könnte, wie es uns die Ungarn vormachen. Die Ungarn regeln das so, dass sie ab zwei Abfertigungen da mit einem gewissen Pro­zentsatz darüber hinaus besteuern. – Das wurde gesagt, und nichts anderes! (Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

16.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich glaube, wir sollten bei Gelegenheit wieder einmal ein bisschen genauer darüber reden, was tatsächliche Berichtigungen sind. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es hat sich niemand mehr zu Wort gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsiche­rungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1170 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1171 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 144

16.32.3414. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1208/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbin­dung der durch Contergan geschädigten Menschen in das österreichische Sozialentschädigungsrecht in Form einer monatlichen Rentenzahlung (1172 d.B.)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


16.33.15

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Zum Thema Contergan – es ist bekannt, wir haben im Ausschuss bereits darüber debattiert – möchte ich hier zwei Dinge klarstellen.

Das eine ist der Antrag der Grünen im Zusammenhang mit der monatlichen Rente und deren Auszahlung. Wir wissen, in Europa gibt es bereits erfolgreiche Modelle, in Österreich haben wir das bis jetzt nicht geschafft. Was mich in diesem Zusammenhang wundert: 2010 wurde der Antrag angenommen. Versprochen wurde, 2,8 Millionen € einmalig an Contergan-geschädigte Opfer auszuzahlen. Im Jahre 2010 sollte es zu dieser Auszahlung kommen, aber bis jetzt ist das noch nicht geschehen. Das Gesundheitsministerium hat das nicht getan. Jetzt frage ich mich: Was ist los? Warum ist da noch nichts geschehen, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Haus?

Die Leute werden nicht jünger, sie werden älter. Die Familienmitglieder sterben viel­leicht auch, es gibt Frührentner. Es gab auch keine Erhebungen, wie viele Personen davon betroffen sind. Warum gibt es diese Erhebung noch nicht?

Die Gruppe der Contergan-Geschädigten hat bereits beantragt, für die Begutachtung bestimmte Experten heranzuziehen. Bei der Ärztekammer wurden im Rahmen dieser Begutachtung nach wie vor kostenlose Untersuchungen durchgeführt, aber: Wird überhaupt begutachtet? Diese Frage stellt sich für mich. Und: Wie lange wird begutachtet? Wann kommt ein Ergebnis heraus? Mich interessieren die Antworten auf diese Fragen. Wann werden diese Einmalzahlungen durchgeführt? – Das ist das eine.

Und die andere Geschichte im Zusammenhang mit der monatlichen Rentenzahlung: In Europa – ich wiederhole mich; ich habe das bereits gesagt – sind Österreich und Spanien die einzigen Länder, in denen das nicht geschieht. Die Frage an alle hier: Wer ist zuständig? Herr Sozialminister, sind Sie es? Das würde ich gerne von Ihnen erfahren.

Sehr geehrte Regierungsmitglieder, ich hoffe, dass bei den nächsten Reden einige Antworten darauf kommen, warum Versprechen, die gegeben worden sind, nicht eingehalten werden. (Beifall bei den Grünen.)

Auf der anderen Seite wundere ich mich, warum das in Europa zu schaffen ist, in Österreich aber nicht. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

16.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Spindelberger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 145

16.36.05

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Kollegin Jarmer, Sie fordern in Ihrem Antrag Herrn Bundesminister Hundstorfer auf, dass jene Menschen, die durch Einnahme von Contergan-Medikamenten dauerhafte Schäden erlitten haben, unter das Sozialentschädigungsrecht fallen sollen. Wir alle wissen um die Problematik dieses Medikaments, das vor mehr als 51 Jahren, und damals als unbedenklich eingestuft, auf den Markt gekommen ist. Es waren zum damaligen Zeitpunkt ja weit über 10 000 lei­dende Kinder, die davon betroffen waren.

Aber erlauben Sie mir im Zusammenhang damit, was Sie jetzt gerade gesagt haben, auch einen Hinweis auf die deutsche Rechtslage. Denn gemäß den Bestimmungen des deutschen Conterganstiftungsgesetzes fallen in diese Stiftungen auch jene Menschen hinein, die nicht in Deutschland wohnen, also auch Österreicherinnen und Österreicher. Und auf Betreiben der österreichischen Regierung, insbesondere des Gesundheitsministers, wurde es ermöglicht, dass auch neuere Fälle davon erfasst werden, denn das Zulassungsverfahren, wer darunter fällt, war schon abgeschlossen – jedoch muss auch ein Zusammenhang zu den damaligen Präparaten hergestellt werden. Und weil die damals in Österreich unter einem anderen Namen auf den Markt gekommenen Medikamente auch von der Firma Grünenthal als ihre anerkannt wurden, sind nunmehr auch die Österreicherinnen und Österreicher in diesem Gesetz veran­kert, sodass sie auch für ihre Schäden, die nachweislich – und das muss man immer wieder betonen! – durch die Einnahme des Medikamentes entstanden sind, in den Genuss von Kapitalentschädigungen, von monatlichen Rentenleistungen und darüber hinaus auch noch von Sonderzahlungen kommen.

Zusätzlich, wie Sie richtig erwähnt haben, zu den deutschen Entschädigungsrege­lungen haben wir im Mai des Vorjahres hier im Hohen Haus beschlossen, dass es eine Summe von 2,8 Millionen € für die betroffenen Menschen geben wird. Aber, und das ist so wie in Deutschland auch, es muss natürlich überprüft werden, ob ein Zusam­menhang zwischen der Missbildung und der Einnahme der damaligen Medikamente besteht. Und es ist nicht richtig, was Frau Kollegin Jarmer gemeint hat, dass es seither zu keinen Auszahlungen gekommen ist. Insgesamt haben in Österreich bereits 20 Menschen je eine Summe von mindestens 50 000 € als Einmalzahlung erhalten, bei 32 Menschen in Österreich läuft dieses Prüfungsverfahren noch.

Und weil es jetzt auf der einen Seite Entschädigungsleistungen aus dem deutschen Conterganstiftungsgesetz und darüber hinaus auch noch Einmalzahlungen der Republik Österreich gibt, konnten wir Ihrem Antrag nicht nähertreten, denn wir glauben, dass sich durch diese bisherigen Beschlüsse und Ansprüche auch die Lebenssituation der Contergan-Opfer gewaltig verbessert hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dolinschek. – Bitte.

 


16.39.11

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern, in denen Contergan-Geschädigte eine monatliche Rente erhalten, ist dies in Österreich nicht der Fall.

Herr Kollege Spindelberger, wir haben voriges Jahr im Juni gesagt, dass man bis zum Ende des Jahres 2010 überlegen soll, wie man da weitermacht. Ich bin der Meinung, man hätte etwas tun können, aber bisher hat man nichts gehört.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 146

Meines Erachtens haben Contergan-geschädigte Menschen ein Recht darauf, eine gesetzlich geregelte monatliche Rentenzahlung zu erhalten, um ein selbstbestimmtes Leben in Würde führen zu können. (Beifall beim BZÖ.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huainigg zu Wort. – Bitte.

 


16.40.07

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Wenn wir die Zeit zurückdrehen: 1957 kam ein Wundermittel auf den Markt, ein Schlafmittel ohne Nebenwirkungen – scheinbar ohne Nebenwirkungen –: Contergan, das vor allem Schwangere genommen haben. Es hat aber doch sehr starke Nebenwirkungen gegeben, und es wurde dann 1961 vom Markt genommen.

Insgesamt schätzt man 5 000 Contergan-geschädigte Menschen weltweit, davon 4 000 in Deutschland. Natürlich liegt die Hauptverantwortung bei der Herstellerfirma, der Firma Grünenthal in Deutschland. Und es gibt auch eine Stiftung, aus der Renten bezahlt werden, wie Kollege Spindelberger gesagt hat. Insgesamt beziehen bereits neun Contergan-geschädigte Menschen in Österreich Renten aus dem deutschen Fonds, der seit 2009 auch für nicht-deutsche Menschen geöffnet ist und wo es auch keine Befristung der Einreichung, kein Verfallsdatum mehr gibt.

Wir haben uns in Österreich dazu entschlossen, als Anerkennung 2,8 Millionen € zu zahlen. 56 Menschen haben sich gemeldet, davon sind 20 bereits anerkannt. Und 1 Million € ist bereits ausbezahlt worden. Ich glaube, das ist ein wichtiger erster Schritt, und der nächste muss sein, dass auch die weiteren Antragsteller von einem Exper­tenteam geprüft werden und dann auch diese symbolische Anerkennung bekom­men. Das wird auch den Weg ebnen zu Rentenzahlungen in Deutschland, und danach wird man auch prüfen, ob Rentenzahlungen in Österreich nötig sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Neubauer.)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort. – Bitte.

 


16.43.25

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sachlich mehr oder weniger fast alles gesagt worden, ich möchte nur ganz kurz noch einmal zusam­menfassen.

Der Entschließungsantrag, der voriges Jahr im Nationalrat beschlossen wurde, fällt in die Zuständigkeit des Gesundheitsressorts. Die 2,8 Millionen € wurden budgetmäßig gebildet, wie Sie jetzt von zwei Abgeordneten, auch von Herrn Dr. Huainigg, schon gehört haben, und 1 Million € ist bereits bei den Menschen. Herr Abgeordneter Dolinschek, 1 Million € ist bereits bei den Menschen! Ich bitte, nicht zu sagen, da geschieht nichts, denn 1 Million ist immerhin 1 Million.

Wir haben ein relativ kompliziertes Prüfverfahren für die letzten 36 Fälle. Die öster­reichische Expertenkommission ist sicher sehr bemüht, sehr rasch etwas zu tun. Man greift natürlich auch auf Österreicher, die in Deutschland bereits als Fall anerkannt worden sind, zurück. Da ist es leichter und schneller gegangen. Bei Personen, die sich erst jetzt gemeldet haben, die diesen Prüfvorgang in Deutschland noch nicht gemacht hatten, muss man das alles jetzt in Österreich aufrollen. Das geschieht. Und ich bin


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 147

zutiefst überzeugt davon, dass die restlichen 1,8 Millionen € auch sehr bald fließen werden. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass wir natürlich alles daransetzen, dass wir das wirklich raschest machen, denn die Betroffenen haben natürlich einen Anspruch darauf.

Was jedoch keine Mehrheit im Haus gefunden hat, ist der Antrag betreffend eine Rente. Das ist nicht Thema. Das ist nicht das, was die Grundlage dessen ist, was wir in der Regierung in der Umsetzung haben. In der Umsetzung haben wir, wie gesagt, diese Einmalzahlungen. Das möchte ich noch dazugesagt haben.

Das heißt, 1 Million € ist bereits geflossen, und ich hoffe, dass wir das baldigst abschließen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines verlangt.

Daher gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1172 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.46.0615. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1368/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfüh­rung einer Pflegelehre (1173 d.B.)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer zu Wort. – Bitte.

 


16.46.27

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Pflegelehre begleitet uns hier im Hohen Haus schon seit längerer Zeit. Ich kenne die Argumente gegen die Pflegelehre, nämlich dass man der Meinung ist, dass man jungen Menschen diese hohe psychische und auch physische Belastung nicht zumuten kann.

Es gibt Modellversuche in anderen Ländern, die auch durch Studien begleitet waren, und eine dieser Studien besagt, dass mehr als 50 Prozent jener jungen Menschen, die an diesem Pflegelehrversuch teilnahmen, die also wirklich diese Ausbildung gemacht haben, nach Abschluss der Lehre der Meinung waren, dass sie nicht zu jung gewesen wären, um diese anspruchsvolle Aufgabe wahrzunehmen. Und auch interessant: Ein großer Teil dieser Menschen bleibt in diesem Beruf, und von diesen macht wiederum die überwältigende Mehrheit eine weiterführende Ausbildung, hat also Gefallen gefunden an diesem Bereich und lässt sich auch weiter ausbilden.


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Ich weiß natürlich, dass Sie heute diesem Antrag nicht zustimmen werden, aber mein Vorschlag wäre doch: Versuchen wir, auch einmal in Österreich solch einen Modell­versuch umzusetzen! Machen wir einen Modellversuch mit der Pflegelehre, wo wir schauen: Wie wird das in Österreich angenommen?, und begleiten wir das auch mit einer Studie! Ich glaube, das wäre ein brauchbarer, guter Kompromiss, um festzu­stellen, ob das ein Zukunftsweg für Österreich ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Da ich dazu angehalten wurde, sehr kurz zu sprechen, nur noch ein kleiner Punkt, der aber von großer Auswirkung ist: Ich bitte Sie, Herr Bundesminister, ein ganz strenges Auge auf die Agenturen zu werfen, die in Österreich tätig sind und Pflegekräfte vermitteln. Da wird von einigen Agenturen wirklich Schindluder getrieben. Es werden pflegebedürftige Menschen ausgebeutet, aber auch das Pflegepersonal selbst ausge­beutet. Und es gibt auch private Vermittler, die nicht als Agenturen gemeldet sind. Meistens waren diese Personen selbst als Pflegekräfte in Österreich tätig und vermitteln dann Bekannte, Freunde weiter. Da ist eine wirkliche kleine Pflegemafia entstanden, da wird mit Druck auf die Familien im Heimatland gearbeitet. Da ist es dann oft so, dass die Lebensgefährten dieser „Vermittler“ – unter Anführungszeichen – die Fahrdienste zwischen den Heimatländern und Österreich durchführen, und diese Pflegekräfte müssen mit diesen Personen mitfahren und viel Geld dafür bezahlen. Hier wird also wirklich großer Druck ausgeübt – sehr zum Schaden der betroffenen pflegebedürftigen Menschen, aber auch sehr zum Schaden des Pflegepersonals. (Bei­fall bei der FPÖ.)

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Lapp ist die nächste Rednerin. – Bitte.

 


16.49.18

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Hofer hat es vorher schon angesprochen: Was diesen Antrag betrifft, den wir schon mehrere Male hier im Hohen Haus diskutiert haben und wo es eine Mehrheit in die andere Richtung gibt, so sagt man eben, dass junge Leute in diesem Alter zu jung sind, um mit all den Herausforderungen, die mit den Berufen der Pflege und der Betreuung von älteren Menschen verbunden sind, zurechtzukommen. Ich bedanke mich aber auch für die Möglichkeit, dass wir weiter darüber diskutieren und vielleicht zu Kompromissvorschlägen kommen.

Ich möchte aber darauf verweisen, dass sich meine Meinung dadurch nicht verändern wird, weil ich es nicht für gut halte, 15-Jährige, 16-Jährige gleich in diesen Bereich hineinzubringen, vor allem wenn man weiß, dass es bei all jenen Personen, die im Pflege- und Betreuungsbereich arbeiten, dass es in diesem Beruf eine hohe Fluk­tuation gibt. (Abg. Markowitz: Weil sie nicht gescheit ausgebildet sind!) Das heißt also, dass der Arbeitsprozess und der Prozess des Sich-Auseinandersetzens mit der Pflege von pflegedürftigen Menschen, von sterbenden Menschen eine große Herausforderung nicht nur für junge Menschen, sondern auch für erwachsene Menschen ist.

Ich glaube, dass es wichtig ist – und es werden ja diesbezüglich schon Maßnahmen gesetzt –, dass Ausbildungsoffensiven gestartet werden vonseiten des AMS in Wien, vonseiten des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds und dass es eine Chance für Wiedereinsteigerinnen ist, in den Bereich der Gesundheits- und Pflegeberufe einzusteigen. (Abg. Markowitz: Auf welchem Lohnniveau?)

Es gibt in diesem Bereich auch offene Arbeitsplätze. Und bezüglich der Studien, die Sie angesprochen haben, liegen mir auch Zahlen vor – weil das in der Schweiz schon einige Jahre vonstattengegangen ist –, wonach sich der Prozentsatz von jenen Leuten


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erhöht, die diese Form der Ausbildung abgeschlossen haben und die finden, dass es zu früh ist, dass sie sehr belastet waren und dass man andere Wege überlegen soll.

Ich wollte also während dieser Diskussion auch noch den anderen Teil darstellen, weil ich meine, man muss sich wirklich sehr differenziert auf dieses Thema einlassen. Ich denke, in einigen Ländern wird auch schon an Kompromissen oder entsprechenden Möglichkeiten gearbeitet. Es gibt ja verschiedene Schulen im Mittelstufenbereich, wo eine Ausbildung im sozialen und im Gesundheitsbereich erfolgt.

Für mich ist es wesentlich und wichtiger, dass wir schauen, wie die Berufsbedingungen in diesem Bereich im Allgemeinen sind und dass es hier Verbesserungen gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Haubner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.52.14

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Faktum ist, dass der Bedarf an und die Nachfrage nach Fachkräften für Pflege und Betreuung steigt. Allein in Oberösterreich sind derzeit 8 500 Menschen im Pflegebereich tätig, und im nächsten Jahr, 2012, fehlen allein 300 Fachkräfte –Tendenz steigend.

Es ist von Ausbildungsmöglichkeiten gesprochen worden, die zu akzeptieren sind: im Bereich der Diplomberufe, im Bereich der Fachberufe, im schulischen Bereich. Ich sehe es in Oberösterreich: Da werden WiedereinsteigerInnen, UmsteigerInnen geför­dert und unterstützt, auch MigrantInnen. Ich denke, von diesen Agenturen, die Kollege Hofer angesprochen hat, die Kräfte aus den umliegenden Ländern vermitteln, die auch zu sehr niedrigen Löhnen und Gehältern bei uns arbeiten, von denen alleine möchte ich in Zukunft, was die Pflege anbelangt, nicht abhängig sein.

Daher müssen wir auch jungen Menschen mehr Chancen geben, nach Absolvierung der Schulpflicht eine Ausbildung zu machen. Wir vom BZÖ unterstützen daher diesen Antrag. Wir haben ja selbst auch schon seit 2006 immer wieder Anträge in diese Richtung eingebracht, und mir ist diese Blockade aufseiten des Bundes einfach unverständlich. Es ist fast eine Ignoranz, und ich verstehe wirklich nicht, wieso man nicht ein Modell-, ein Pilotprojekt machen kann.

Manche Länder wollen das tun; es ist auch noch nichts umgesetzt worden. Ich weiß, die Volkshilfe als eine große Organisation im Pflegebereich steht hinter diesem Projekt. Die sagen, ein Lehrberuf wäre etwas Gutes. Landeshauptmann Pühringer hat in einer Pressekonferenz unlängst gesagt, na ja, man sollte sich überlegen, welche Gesundheitsberufe man bereits mit 14 Jahren machen kann.

Also es geht eigentlich in diese Richtung, und daher appelliere ich wirklich an Sie, diese Blockade aufzulösen und zu beenden und einmal diesen Entwurf eines Lehrberufes – den es gibt – in die Hand zu nehmen. Es gibt dazu ja auch schon einen Lehrplan.

Wir als BZÖ werden da nicht lockerlassen, denn es sind neue Ideen, neue Wege, und die müssen wir einfach rechtzeitig gehen. Es ist eine Investition, die sich auszahlt. Gerade der Bedarf an Pflege- und Fachkräften für zu Hause wird ja immer höher, und hier brauchen wir auch zur Bewältigung des Alltags gut ausgebildete Menschen mit entsprechender Sozialkompetenz.

Das Argument, dass jemand zu jung ist, greift meiner Meinung nach einfach zu kurz. Man traut also jungen Menschen den Umgang mit und die Arbeit an älteren Menschen


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oder an Menschen, die beeinträchtigt sind, nicht zu. Sie signalisieren damit eigentlich nur, dass Alter und Behinderung so etwas Abstraktes sind, mit dem man die Jugend nicht belasten soll. Darüber, glaube ich, sollte man einmal wirklich offen und ehrlich diskutieren, anstatt immer zu sagen: Mit 15 Jahren sind sie zu jung, da können wir nichts machen, lassen wir alles beim Alten!

Wir werden diese neuen Wege immer wieder fordern und einbringen. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Klikovits gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.55.42

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren ja diesen Antrag, glaube ich, schon über zwei Jahre, Kollege Hofer, und wir haben schon die verschiedensten Argumente ausgetauscht. Frau Kollegin Haubner, ich glaube, die Österreichische Volkspartei ist der beste Beweis dafür, dass für uns junge Menschen nicht zu jung für etwas sind, sondern dass wir ihnen eine Chance geben. Mit Staatssekretär Kurz haben wir den besten Beweis dafür erbracht. (Abg. Mag. Stadler: Der macht seine Lehre jetzt in der Regierung! Pflegelehre in der Regierung!)

Aber es ist nicht so, dass junge Menschen für alle Bereiche mit eingesetzt werden können – und Sie wissen, dass ich auch als Obmann des Burgenländischen Hilfswerks permanent mit diesem Thema zu tun habe.

Weil Sie jetzt gesagt haben, dass junge Menschen eine Chance bekommen sollen: Wir sind natürlich auch dafür, und wir wissen auch, dass uns im Pflegebereich Personal fehlt. Auch mir im Burgenland fehlt für unsere umfangreichen Tätigkeiten Personal – Herr Bundesminister, Sie wissen das –, und wir versuchen, dem auch entgegen­zu­wirken.

Nur: Dieser Antrag, der vom Kollegen Hofer eingebracht wurde, ist, glaube ich, kein taugliches Mittel. (Abg. Mag. Stadler: Bring einen!) Ich darf nur auch auf das verweisen, was Sie über die Studie gesagt haben. Es ist tatsächlich so, dass es im Jahr 2008 bereits eine Arbeitsgruppe gegeben hat, wonach Lehre in der Pflege auch dementsprechend vorbereitet ist. Es gibt da auch dieses Modul, das angeführt ist, aber Sie kennen auch die Vor- und die Nachteile, die dort stehen. (Abg. Markowitz: Macht ein Pilotprojekt! Macht einen Arbeitskreis in der Regierung! Da ist doch nichts dabei, oder?)

Alle meine KollegInnen – von der Pflegedirektorin abwärts bis hin zu den in diesem schwierigen Beruf tätigen MitarbeiterInnen und Mitarbeitern – haben uns glaubhaft und glaublich versichert, dass eine 15-, 16-Jährige noch nicht so weit ist, die große Heraus­forderung dieses Berufes tatsächlich zu bewältigen, ohne unter Umständen für die Zukunft nachhaltig ein Problem zu bekommen. (Abg. Markowitz: Sagen wir das das nächste Mal im Jugendparlament! Sagen wir es den jungen Leuten!)

Daher gibt es auch die gesetzliche Regelung, die wir ja schon seit langen Jahren haben, dass auch nach dem GuKG festgelegt ist, dass man ab dem Alter von 17 Jah­ren diese Tätigkeiten in der Pflege beginnen kann. Und das hat, glaube ich, seinen guten Grund: weil man dann annehmen kann, dass ein junger Mensch mit 18, 19, 20 Jahren so weit ist, die große Herausforderung des Pflegeberufes auch tatsächlich ohne persönliche Nachteile für sich annehmen zu können.

Deswegen gibt es auch Modellversuche, zum Beispiel in Waidhofen an der Ybbs die Handelsschule, die man dann auch mit dem Beruf der PflegehelferIn abschließt. –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 151

Wenn ich jetzt Ihre Ausbildungsschiene hernehme, die dahin gehend angedacht ist, dass man drei Jahre in einer Lehre verbringt und dann letztendlich als PflegehelferIn abschließt, so kann man das heute schon nach einem Jahr Ausbildung tun und hat dieselbe Voraussetzung.

Es geht uns in erster Linie darum, dass wir – und da haben wir alle zusammen, glaube ich, noch eine große Herausforderung vor uns – zum einen den Pflegeberuf dadurch attraktiv machen, dass wir diesen Kolleginnen und Kollegen auch den entsprechenden Lohn geben, denn da sind wir, glaube ich, in vielerlei Hinsicht noch säumig. Dadurch können wir den Beruf aufwerten, dadurch werden wir es schaffen, dass noch mehr in diesen für uns sehr wichtigen Bereich der Pflegeberufe gehen, was unser Ziel ist, weil zweifelsfrei die demographische Entwicklung das auch verlangt und diesen Bedarf mit sich bringt.

Weil Sie gesagt haben, Herr Kollege Hofer, dass die Agenturen aus dem Osten uns diese Leute hereinbringen, so kann ich Ihnen sagen: Diese Leute möchte ich nicht als Beispiel für in den Pflegeberufen Tätige anführen, denn das sind keine ausgebildeten Pfleger. Das sind bestenfalls Aufpasser, die ohne Qualifikation tätig sind.

Ich gebe Ihnen recht: Wir brauchen mehr Menschen in den Pflegeberufen. Schaffen wir das gemeinsam, indem wir ihnen mehr bezahlen, indem wir ihnen eine gute Ausbil­dung geben, indem wir ihnen das Rüstzeug mit auf den Weg geben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.00


Präsident Fritz Neugebauer (den Vorsitz übernehmend): Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


17.00.15

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Werte Bundesregierung! Hohes Haus! Was den Lehrberuf für Pflege betrifft, haben wir ja heute schon einiges gehört. Aber ich finde, man muss es auch sachlich argumentieren. Wir werden dem Antrag natürlich zustimmen, weil wir selbst schon seit Jahren fordern, dass da etwas geschehen muss. Wir brauchen einen eigenen Lehrberuf im Pflegebereich.

Wenn das jetzt so ein großes Thema ist, dass man mit 15 Jahren zu jung ist – obwohl wir ja gestern ein Zeichen für die Jugend gesetzt haben, indem wir gesagt haben, Alter ist keine Errungenschaft; ich sehe das genau so –, dann muss man das eben thematisch angehen. Dann muss man eben die Lehrzeit so gestalten, Frau Kollegin Lapp, dass man im ersten Lehrjahr nur Theorie macht. Was spricht dagegen? Man absolviert im ersten Lehrjahr die Theorie, und dann ab 16 führt man die Praxis ein. Das ist absolut gang und gäbe. (Beifall beim BZÖ.)

Ich finde, dass dies auch kein Problem darstellt, wenn man das so argumentiert, denn ich traue den jungen Menschen sehr viel zu. Ich traue ihnen auch zu, dass sie mit 15 Jahren, wenn sie einen Berufswunsch haben, sehr wohl wissen, was auf sie zukommt, denn: Wie ist es denn am Land? Am Land war es jahrelang so, dass einfach die Familie die älteren Personen gepflegt hat. Bei uns daheim war das auch so, das ist ganz normal. Da hat niemand gefragt, ob ich jetzt 10, 12, 13, 14 oder 15 bin, sondern es ist einfach so gemacht worden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Lapp und Mag. Gaßner.) Sie brauchen das jetzt nicht lächerlich zu machen! Was ist Ihr Problem? (Abg. Mag. Gaßner: Ich habe noch keinen 15-Jährigen gesehen, der die Pflege ... übernommen hat!) – Ach so, okay! Ich weiß nicht, woher Sie kommen, das ist Ihr Problem, aber das hat nichts mit mir zu tun. Schauen Sie aufs Land, schauen Sie nach Kärnten, schauen Sie in die Bundesländer, da ist das ganz normal. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 152

Ich sage nicht, dass der Jugendliche die Pflege rund um die Uhr übernimmt. – Das wird er ja auch als Lehrling nicht tun. Da gibt es auch fixe Arbeitszeiten und klare Regelun­gen. Das erwarte ich mir da einfach. Das ist ein neues Berufsbild, und das können wir ja einmal einführen. Was wird sonst passieren, Frau Kollegin Lapp? Sie haben einfach gesagt, gut, dann holen wir sie vom Arbeitsmarkt zurück, ist ja kein Problem. Das sol­len billige Arbeitskräfte sein. Was werden denn die verdienen ohne Ausbildung? 600 €, 700 €, 800 € brutto. Ja, wie schaut denn das aus? (Abg. Mag. Lapp: ... Ausbildung!)

Sie haben gesagt, sie werden zurückgeholt, und dann werden sie halt irgendeiner Arbeit nachgehen. Das ist absolut unausgegoren. (Abg. Mag. Lapp: Keine Ahnung!) Sie haben keine Ahnung, das sage ich Ihnen klipp und klar. Wir wollen ein klares Berufsbild. Wir wollen, dass die Leute ausgebildet sind, um das selber so handhaben zu können. (Beifall beim BZÖ.) Wir geben der Jugend eine Chance und werden da nicht locker lassen – genauso wie mit den Rezeptionisten im Tourismus. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

17.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


17.02.36

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: So, meine Damen und Herren! Kommen wir wieder zur Sachlichkeit des Lebens zurück und bemühen wir uns, ein wichtiges Thema einmal aufzuarbeiten! (Abg. Riepl: Höchste Zeit!) Frau Abgeordnete von den Freiheitlichen, wie schaut denn wirklich die Situation in der Schweiz aus? Damit wir uns nicht missverstehen: Natürlich besteht Handlungsbedarf, denn was Sie in der gesamten Diskussion noch nicht erwähnt haben, ist, dass wir nicht einen Anstieg der Pflegekräfte zu verzeichnen haben, sondern dass die Babyboomer-Generation auch in Pension geht. (Abg. Mag. Wurm: Das sind wir, oder? Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Natürlich besteht Handlungsbedarf, das ist überhaupt nicht mein Thema. Darum führt ja unter anderem das AMS pro Jahr allein für 5 000 Menschen Qualifikations­maß­nahmen in Gesundheits- und Sozialberufen durch. Warum gibt es denn so eine Skepsis hinsichtlich des Schweizer Modells? Das Schweizer Modell zeigt noch etwas, was gerne vergessen wird – von der Vorarlberger Landesregierung oder auch von der Kärntner Landesregierung. (Abg. Brosz: Na sagen Sie endlich, was!) 90 Prozent derer, die das in der Schweiz gemacht haben, wollen das nicht mehr machen. Nur 10 Prozent sind bereit, in diesem Berufsbild zu bleiben.

Ich habe es mir nicht leicht gemacht, Frau Abgeordnete Haubner. Ich habe 2005 eine Evaluierung machen lassen, die auch Ihnen damals zugänglich war, ich habe 2007 eine Evaluierung machen lassen, und gerade weil diese Debatte natürlich eine ist, die wir zu führen haben, habe ich das jetzt in der Eidgenössischen Republik, oder wie sie jetzt ganz genau heißt, also in der Schweiz noch einmal hinterfragen lassen. (Abg. Mag. Stadler: So wie die SPÖ: Genossenschaft! Eidgenossenschaft!) Danke schön. Ich wollte wissen: Sind die Zahlen von 2007 auch 2011 gültig? Das Ergebnis ist ernüch­ternd: Sie sind gültig.

Bei dieser Evaluierung ist noch einmal herausgekommen: 2005 haben 6 Prozent gesagt, das Alter ist eine Belastung. 2007 waren es 46 Prozent, die gesagt haben, der Einstieg in diesen Beruf ist viel zu früh. Das sind ja Fakten, die man nicht wegwischen kann, und wir haben ja nicht von ungefähr, Herr Abgeordneter Markowitz, und nicht aus Jux und Tollerei in unserem Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz die Barriere mit 17 Jahren.


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Es ist natürlich klar, dass es im Familienbereich immer wieder vorkommt, dass ein Jüngerer bei der Betreuung der Großmutter, der Urgroßmutter und so weiter mitwirkt. Es ist aber ein Riesenunterschied, den Sie in Ihrer Nonchalance gerne vergessen, zu erklären: Das ist eine temporäre Maßnahme, es besteht ein persönlicher Bezug, weil es die Großmutter, die Urgroßmutter ist, und jeder weiß, es geht um ein, zwei, drei Jahre.

Worüber wir hier aber reden, ist eine Entscheidung, mit 15 Jahren in einen Beruf einzusteigen, in dem man dann bleiben soll. (Abg. Markowitz: Was macht er in der Zwischenzeit?) Was macht man in der Zwischenzeit? Und da ist die große Frage, ob wir nicht darüber nachdenken sollten – und das tun wir auch –, ob wir nicht andere Modelle entwickeln können. Wir haben zum Beispiel auch in Oberösterreich und in Salzburg ein Fachschulmodell, und die Frage ist, ob man da nicht Dinge weiterent­wickeln kann.

Natürlich ist vollkommen klar, wir müssen das, was bei dieser Befragung auch dahin­tersteht, berücksichtigen: dass 90 Prozent sagen, sie wollen nach der Ausbildung raus und sofort etwas anderes machen, nicht da drinnen bleiben. Das ist doch auch ein Alarmsignal, und das sollten wir nicht wegschieben: dass wir Bedarf haben, darüber nachzudenken, dass wir Bedarf haben, das aufzuarbeiten, dass wir Bedarf haben, auch über die Berufsverweildauern zu reden. Jene von Ihnen, die ein bisschen mit diesem Geschäft zu tun haben, wissen ja, wie die Berufsverweildauer bei diplomiertem Personal ist und wie sie bei sogenannten Pflegehelfern ist.

Sie wissen doch auch, warum Menschen, die mit 35 Jahren in das Segment ein­steigen, eine Berufsverweildauer bis zur Pensionierung haben, und Menschen, die mit 20 Jahren eingestiegen sind, eine Berufsverweildauer bis zum 27. Lebensjahr haben. Das sind ja auch alles Alarmsignale. Demzufolge, glaube ich, sollten wir darüber nachdenken, wie wir vielleicht mit Modulen und Ähnlichem die Dinge weiterentwickeln können, aber auch zur Kenntnis nehmen, dass es Grenzen gibt. Eine dieser Grenzen ist das 17. Lebensjahr. Ich würde an dieser grundlegenden Grenze – wohlwissend, alles ist im Fluss, dynamisch und, und, und – nicht rütteln.

Dann hätte ich noch eine Riesenbitte an Sie alle. Sie alle erklären – und ich bitte, meine Worte jetzt nicht misszuverstehen –, sie kennen Agenturen, wo etwas nicht passt. Meine Damen und Herren, aufgrund der österreichischen Gesetzeslage haben wir eine ganz glasklare Gewerbeordnung. Diese ganz glasklare Gewerbeordnung sieht vor, dass die Bezirksverwaltungsbehörde tätig werden muss, wenn ein Missstand im Gewerbe besteht. Ich habe nur eine Riesenbitte an Sie: Wir müssen es wissen. Wir müssen wissen, wo ein Missstand besteht, damit die Bezirksverwaltungsbehörde tätig werden kann.

Darum bitte und ersuche ich Sie: Mir geht es nicht ums Vernadern. Um all das geht es mir nicht, sondern wenn jemand meint, irgendwo ist etwas nicht in Ordnung, dann sagen Sie uns, der Bezirksverwaltungsbehörde bitte, da ist etwas nicht in Ordnung. Im Interesse der Personen, die gepflegt werden, müssen wir natürlich permanent auf­passen, dass das auch gut funktioniert.

Wir haben zwar unser Kontrollsystem bei der SV Bauern, wo wir rund 20 000 Haus­besuche pro Jahr steuern und durchführen, aber das sind halt „nur“ – unter Anfüh­rungszeichen – 20 000. Haben wir Glück, erwischen wir durch Zufall etwas. Passiert das drei Monate später, wissen wir es nicht – nicht, weil die SV Bauern nicht gut funktioniert, sondern weil eben der Kontrollbesuch ein gewisses Datum hat.

Darum kann ich Sie nur bitten und ersuchen: Wenn Ihnen etwas bekannt ist, stellen Sie es nicht so in den Raum und sagen, da ist etwas schlecht, sondern sagen Sie auch, was und wo das ist. Mir geht es nicht ums Vernadern, sondern nur ums Aufzeigen, da


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ist etwas, wo das System nicht ganz so ist, wie es sein sollte. Wir haben den Mecha­nismus – da gibt es eine Gewerbebehörde, da gibt es eine Bezirksverwaltungs­be­hörde, und die kann und muss tätig werden.  Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Öllinger: Stimmt fast alles, Herr Minister, nur „ganz glasklare Gewerbeordnung“ nicht!)

17.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte. (Abg. Öllinger: „Glasklare Gewerbeordnung“, das war ein Fehler! Heiterkeit. Bundesminister Hundstorfer: Das war ein Fehler, ja!)

 


17.10.01

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Argumente sind schon alle auf dem Tisch. Auch wir Grüne denken, dass es mit 15 Jahren zu früh ist, praktisch in die Pflege einzusteigen. Wir glauben schon, dass die physischen und psychischen Belastungen in diesem Alter noch zu groß sind. Auch die Argumentation, man könne sozusagen den theoretischen Aspekt der Ausbildung am Anfang kumulieren, würde dazu führen, dass maximal im ersten Jahr nur theoretisch unterrichtet wird. Dann ist man aber immer noch erst 16 Jahre alt, und ich denke, dass auch das 16. Lebensjahr noch eines ist, in dem man weder physisch noch psychisch die Reife dafür hat, dass einen die Herausforderungen, mit denen man in Anbetracht der Realität von Pflegeberufen konfrontiert ist, nicht überfordern.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit nun kurz auf einen Problembereich lenken, in dem jetzt bereits sehr, sehr junge Menschen Pflegetätigkeiten ausüben, nämlich Jugend­liche, teilweise noch Kinder, die ihre unmittelbaren Angehörigen pflegen. Herr Minister, auf diese Betroffenengruppe wollte ich Sie aufmerksam machen. Es geht um Kinder, die ihre Eltern oder Großeltern pflegen, und für diese Kinder gibt es einfach de facto keine Unterstützung. Ich denke, da muss etwas gemacht werden, da braucht es eine Sensibilisierung bei den Lehrern, die oft mitbekommen, in welch belastenden Lebens­situationen diese Familien leben.

Einen anderen Aspekt, warum ich dieser Lehre so skeptisch gegenüberstehe, möchte ich auch noch kurz erwähnen: Da ja ein massiver Personalmangel und auch ein Finan­zierungsdilemma besteht, ist einfach auch zu befürchten, dass diese Lehrlinge quasi als billige Hilfskräfte missbraucht werden – eine ähnliche Situation, wie wir sie im Tourismus seit Langem haben. Insofern geht einfach unser Ansatz, wenn wir über die Bewältigung dieses Personalproblems reden, eher in Richtung Schulen, in Richtung höhere berufsbildende Schulen, die auf Pflegetätigkeiten vorbereiten.

Anders als die FPÖ glauben wir, dass eine höhere Bildung eher dazu führt, dass man eine größere Zufriedenheit mit der Tätigkeit entwickeln kann. Deshalb muss ich noch einmal ganz kurz auf die Argumentation von Frau Abgeordneter Belakowitsch-Jenewein im Ausschuss zurückkommen, die sehr wohl zum Ausdruck gebracht hat, dass sie befürchtet, dass höhere Qualifizierung – nämlich etwa eine Qualifizierung, die mit einer Matura abschließt – dazu führt, dass die Menschen eben nicht in der Pflege bleiben. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ums Studium ist es gegangen! ...  nicht akademisiert werden!)

Das heißt, die FPÖ argumentierte mehr oder weniger in die Richtung: Wir brauchen mit der Pflegelehre relativ niedrig qualifizierte PflegehelferInnen, die wir in eine berufliche Einbahn oder Sackgasse schicken, damit wir unser Pflegedilemma irgendwie in den Griff bekommen. – Ich denke, wenn diese Intention dahintersteht, kann man dieses Modell nur ablehnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Mag. Donnerbauer: Sehr dürftiger Applaus bei den Grünen! Die sind alle bei der


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Hochzeit in London! Abg. Mag. Stadler: Die sind alle fasziniert von den ökologischen Transportmitteln!)

17.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


17.13.05

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Thema Lehrberuf Pflege haben wir in diesem Haus schon des Öfteren diskutiert. Alle, die glauben, dass man mit dem Lehrberuf Pflege den Mangel an Pflegekräften in Österreich beseitigen kann, irren sich. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass, wer wirklich die Personalknappheit im Bereich Pflege und Betreuung bekämpfen möchte, bei den Arbeitsbedingungen der betroffenen Personen ansetzen muss.

Das zeigt auch eine aktuelle Studie, die von der Arbeiterkammer Niederösterreich und der Niederösterreichischen Ärztekammer im Vorjahr durchgeführt worden ist, die auch die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals untersucht hat und bei der eindeutig herausgekommen ist, dass die steigenden Arbeitsbelastungen, lange Arbeitszeiten, die Überforderung der Pflegekräfte und natürlich auch die Bezahlung für die Leistung die Hauptursachen sind, dass wir in diesem Bereich personell immer einen Engpass haben.

Wollen wir diesen Mangel beseitigen, müssen wir uns verstärkt dieser Problematik widmen. Ich glaube, wir haben in Österreich derzeit ein sehr gutes Ausbildungssystem für alle Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufe. Wir haben auch ein hervorragendes System für die Aus- und Weiterbildung. Daher gilt unser besonderes Augenmerk auch dem Bemühen, die Aufgabenfelder entsprechend abzustimmen, um wirklich auch ein geordnetes System weiterverfolgen zu können.

In diesem System ist auch die Eintrittsregelung fixiert – mit gutem Grund, wie ich meine. Es ist heute schon darauf hingewiesen worden, dass die Konfrontation mit Leid, Einsamkeit, Demenz und Sterben natürlich vor allem für junge Menschen sehr belas­tend ist. Wir wissen aus diesen Untersuchungen, dass es auch für ausgebildete Betreuerinnen und Betreuer oft persönlich belastend wirkt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich war vor einigen Monaten bei einer Diplomübergabe in einer Krankenpflegeschule, und ich habe diese Möglichkeit auch genutzt, dort mit dem Ausbildungspersonal über die Thematik Lehrberuf Pflege zu diskutieren. Die Argumentation dort ist ähnlich jener, die der Herr Bundesminister jetzt gebracht hat: Von diesem Ausbildungspersonal wird dieser Lehrberuf vor allem auf­grund der hohen psychischen und physischen Belastungen für die 15-Jährigen abgelehnt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich glaube, wenn wir die qualitativ hoch­wertige Ausbildung im Bereich Pflege und Gesundheit weiterverfolgen, werden wir auch entsprechendes Personal bekommen. Voraussetzung, das habe ich zu Beginn schon gesagt, ist, dass wir uns auch wirklich mit den Arbeitsbedingungen dieser Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter auseinandersetzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


17.16.33

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister!


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Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Pflegelehre – hm. Meine Kollegin Birgit Schatz hat ihre Standpunkte und die der Grünen bereits dargestellt; ich brauche sie nicht zu wiederholen. Ich denke, das Thema ist sehr wichtig. Herr Kollege Hofer, der Gedanke ist grundsätzlich sehr gut, aber ich glaube, besser wäre es, in eine höhere Bildung zu gehen.

Vielleicht kann man sich den Antrag noch einmal anschauen und noch einmal neu überlegen. Ich denke doch, im Zusammenhang mit der UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen ist Partizipation, wie man es besser machen kann, ein Thema. Die Situation, wie sie jetzt ist: Es wird gepflegt. Aber bei Menschen mit Mehrfachbehinde­rungen, bei demenzkranken Menschen, wie funktioniert da die Kommunikation? Bei taub-blinden Menschen, die oft Orientierungsschwierigkeiten haben, ist das Pflege­personal sehr oft überfordert. Will jemand noch essen oder nicht mehr? Was gebe ich?

Ich habe es selbst erlebt. Ich habe beobachtet, dass es da sehr viele Miss­verständnisse in der Kommunikation gibt. Menschen, die kommunizieren können, können auch gepflegt werden, und ich glaube, diese Punkte sollten wir auch berück­sichtigen und hier auch eine Adaptierung mitbedenken. Ich denke, das wäre schon sehr wichtig. – Das wäre das eine.

Das nächste Thema: Valorisierung des Pflegegeldes, auch sehr wichtig. Wir wissen, drei oder vier Mal wurde das Pflegegeld bereits erhöht. Es gab bereits Unterschriften­aktionen. Es ist wichtig, dass die Leistung für die Menschen adäquat ist, dass sie also abgesehen davon, dass die Entwertung ausgeglichen werden muss, adäquat betreut werden können.

Zum Thema Contergan möchte ich noch etwas richtigstellen: Diese 1 Million € wurde an 20 Personen ausbezahlt, ja. Das Problem dabei ist aber, dass 36 Personen – ich habe gestern mit jemandem aus der Selbsthilfegruppe telefoniert – in einer Warteschleife hängen. Das habe ich gemeint: Vielleicht können Sie mir dazu etwas sagen, Herr Minister. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.19

17.19.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1173 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

17.19.3716. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1113 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Schulaufsichtsgesetz geändert wird (1141 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1112 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz und das Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 112/2009, geändert werden (1142 d.B.)


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18. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1114 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landes­vertragslehrpersonengesetz 1966 geändert werden (1140 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe nun die Punkte 16 bis 18 der Tagesordnung auf, über welche wir die Debatte unter einem durchführen.

Eine mündliche Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz eröffnet die Debatte. – Bitte.

 


17.20.32

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Diese drei Tagesordnungspunkte wird die freiheitliche Fraktion ablehnen. Ich möchte ganz kurz die Begründung dafür geben. Wir haben im Ausschuss auch ausführlich darüber diskutiert.

Bei der Frage des Landeslehrerdienstrechtes geht es darum, dass ab jetzt Haupt­schullehrer und Landeslehrer auch an Bundesschulen unterrichten können. Der Hinter­grund ist ganz klar, es fehlen einfach Lehrer für die Neue Mittelschule. Genügend Freiwillige gibt es nicht. Daher haben wir auch einige Bedenken hinsichtlich Bezahlung und Qualität.

Beim Stichwort Qualität kann ich bereits zu den Fragen des Qualitätsmanagements überleiten. Es gibt dazu bereits zahlreiche Stellungnahmen aus Ländern oder Interes­sen­vertretungen, die meinen, dass es dadurch zu einem gewaltigen Verwaltungs­aufwand kommen wird. Jeder gelernte Österreicher weiß, dass es nicht lange halten kann, ohne dass es teurer wird, wenn Personen neben ihrer bereits angestammten Zeit zusätzliche Verwaltungstätigkeiten wie Ausfüllen von Formularen und Ähnliches übernehmen müssen.

Die Annahme, dass es zu keinen Veränderungen finanzieller Natur kommen wird, glauben wir einfach nicht. Die Frage der Qualität wurde auch in einigen Stellung­nahmen zu diesem Ministerialentwurf angesprochen, die im Parlament eingelangt sind. Wir glauben, dass wir bei Fragen des Qualitätsmanagements erst einmal schauen müssen, wie die gesamte Schulreform durchgeführt werden wird.

Wie schaut in Zukunft die Kompetenz aus? Auch das Leitbild eines Schuldirektors, die Funktion des Schuldirektors, dem eine zusätzliche Funktion aufgebürdet wird – die er an sich logischerweise machen kann –, wird überdacht. Daher glauben wir, dass das Pferd einfach vom falschen Ende aufgezäumt wird, um bei der Sprache der Pferde, in der die Frau Bundesministerin firm ist, zu bleiben. (Beifall bei der FPÖ.)

17.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


17.22.41

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe am Vormittag, als es um den Finanzrahmen gegangen ist, bereits gesagt, wie erfolgreich diese Bundesregierung und vor allem unsere Bundesministerin im Bereich der Bildung unterwegs ist.

Bei allen Differenzen, die es in einer Koalition gibt, wo unterschiedliche Weltanschau­ungen und damit auch unterschiedliche Modelle aufeinanderprallen, ist es ganz wichtig, dass kein Stillstand eintritt. Die Ministerin ist Garantin dafür, dass das so ist und dass trotz allem sehr viel weitergeht. Wir haben Dinge angesprochen, die man schon längst für selbstverständlich hält, wie die Klassenschülerhöchstzahl von 25, wie


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Bildungsstandards, die wir schon auf Schiene gebracht haben. Es folgen ganz konkret die nächsten Schritte, die wichtig sind, wenn man mit Qualität an der Schule, mit stärkeren Kompetenzen, mit Aufwertung der Schulleiter etwas erreichen will. Bis es einmal möglich ist, eine gemeinsame Schule zu machen, muss auch Bewegung in der Sekundarstufe 1, sprich in der Neuen Mittelschule, bleiben. Das, was möglich ist – leider nur das, was möglich ist –, muss getan werden, damit möglichst alle im Alter von zehn bis 14 Jahren eine gute Ausbildung bekommen.

Die Gesetze, die wir heute zu beraten oder zu beschließen haben, stellen ganz wichtige Teilschritte dar. Das eine sind die Qualitätsmanager. Das sind nicht einfach nur mehr die Bezirksschulinspektoren der Aufsicht, die man traditionell aus den bisherigen Schulpraktiken kennt. Sie werden dafür eingesetzt werden, dass die Bildungsstandards, die wir vorgegeben und beschlossen haben, von den Schulen tatsächlich eingehalten werden, dass evaluiert wird und dass dort beraten wird, wo es Defizite gibt. Nichts ist wichtiger, als dass man trotz aller unterschiedlicher Arten zu unterrichten, trotz aller unterschiedlicher Lehrer- und Lehrerinnenpersönlichkeiten, die es gibt, auf bestimmte Ziele, auf Grundkompetenzen hinarbeitet – auch in anderen Bereichen, die neue teilzentrale Matura werden wir heute noch diskutieren. Das ist die Aufgabe des neuen Qualitätsmanagements.

Die Eltern und die Schüler, die weiter an andere Schulen gehen, können sich darauf verlassen, dass sie, wenn sie die vierte Schulstufe abgeschlossen haben, diese Kompetenzen erworben haben. Das muss national vergleichbar sein. Ebenso ist es mit der achten Schulstufe. Auch da muss man sich darauf verlassen können, dass die Schüler bestimmte Grundkompetenzen in der Sprache, in Deutsch, in Mathematik, in Englisch et cetera erworben haben.

Diese Dinge sind entscheidend. Ich weiß, dass es da oft sehr viel Sozialromantik gibt – nicht negativ gemeint. Ich möchte schon, dass es Kulturinitiativen und Sportinitiativen an den Schulen gibt, aber oft ist es wichtiger, ein gutes Weihnachtsspiel aufzuführen oder eine Muttertagsfeier oder sonst etwas zu organisieren. Das sind dann die guten oder die besseren Lehrer als die, die ganz konkret auf die Grundkompetenzen hinar­beiten, die wir als Schule, als Lehrer weitergeben sollten. Das sind die zentralen Punkte. Mit diesen drei Gesetzen, die wir heute verabschieden, setzen wir ganz entscheidende Schritte in diese Richtung. Ich bedanke mich für die Präsentation dieses Ergebnisses und gratuliere der Ministerin recht herzlich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


17.26.35

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ganz kann ich den Optimismus des Kollegen Mayer nicht teilen, dass diese Trippelschrittchen ganz entscheidende Weichenstellungen sein sollen. Im Ausschuss ist das nicht einmal von der Frau Ministerin behauptet worden, sie hat das wesentlich realistischer eingeschätzt und davon gesprochen, dass es ganz kleine Schritte sind. Aus unserer Sicht gehen sie nicht einmal in die richtige Richtung. Wir werden die jetzt zur Debatte stehenden Punkte daher ablehnen.

Erfolgreich unterwegs – das ist eine Schönrederei dessen, was wir derzeit bildungs­politisch aufführen. Wir haben eine Blockade. Österreich steht nach wie vor mit beiden Füßen voll auf der Bildungsbremse. Wenden wir uns jetzt diesen Vorlagen zu: Das Bundesschulaufsichtsgesetz, beispielsweise die Einführung eines Qualitätsmanage­ments, haben sich alle Experten doch deutlich anders vorgestellt. Ich weiß, dass die


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Frau Ministerin sich das ursprünglich auch anders vorgestellt hat. Die GÖD hat entscheidende Schritte verhindert.

Ich darf oder muss leider darauf hinweisen, dass die Reform, die in diesem Bereich ansteht, im Rahmen der bestehenden Behördenstruktur durchgeführt wird, wie es so schön heißt. Das heißt, es ändert sich de facto gar nichts. Landesschulräte, Bezirksschulräte, der gesamte bürokratische Apparat, der schon jetzt erstarrt ist, der schon jetzt Initiativen mehr behindert als fördert, das alles bleibt aufrecht. Das sind nicht die Schritte, die wir brauchen.

Was wir brauchen, ist endlich ein grundlegendes Bekenntnis dazu, wohin die Reise gehen soll. Solange sich ÖVP und SPÖ darin nicht einig sind, können wir natürlich auch nicht erwarten, dass wir kleine Reformschritte in die richtige Richtung machen. Das ist ja logisch: Die einen wollen blockieren, die anderen wollen zwar, trauen sich aber nicht. Wie soll es da vorwärts gehen?

Das, was wir jetzt haben, ist leider Gottes ein GÖD-Modell. Modern ist bestenfalls die Sprache. Ich mache aus Schuldirektorinnen und Schuldirektoren Schulmanager. Kon­sequenterweise werden BezirksschulinspektorInnen und LandesschulinspektorInnen in QualitätsmanagerInnen umbenannt. De facto bleibt ihre Aufgabe aber dieselbe, denn das, was wir hier haben – strategische Begleitung von Schulleiterinnen und Schul­leitern, Kontrolle der Rechtskonformität von Entscheidungen, die an Schulen getroffen werden –, versteht sich ja wohl von selbst, das wäre jetzt auch schon notwendig gewesen.

Was wir in diesem Rahmen brauchen, ist sonnenklar und wird von allen Fachleuten entsprechend bestätigt. Wir brauchen externe Evaluationen für unsere Schulen, und zwar außerhalb des Behördenapparates. Wir brauchen Gespräche dieser Evaluie­rungskommissionen mit den jeweiligen Betroffenen vor Ort, nicht nur mit den Lehrkräften und den Schulleitungen, sondern auch mit Eltern, mit Schülern und auch – nicht zu vergessen – mit dem Verwaltungspersonal, dem Reinigungspersonal, den Schulwarten und so weiter. Alle gehören in diese Evaluationen mit einbezogen. – Das wäre der Kulturwandel, den wir anstreben.

Die vorliegende Novelle lässt uns nicht hoffen, dass es zu einem Ende des partei­politischen Einflusses in der Schulverwaltung, zu einem Ende des Proporzes im Schulwesen kommt.

Lassen Sie mich noch ein paar Worte zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz beziehungsweise zum Landesvertragslehrergesetz sagen. Es wird künftig möglich sein, dass wir das Standesdenken innerhalb der Lehrerinnen und Lehrer abbauen. Frau Ministerin! Da haben Sie unsere volle Unterstützung. Das ist sicherlich ein richti­ger Schritt und etwas, das uns nach vorne führt. Was wir aber hierfür brauchen, ist das längst versprochene und auch im Regierungsübereinkommen angekündigte neue Bundeslehrerdienstrecht. Wir brauchen ein neues Besoldungsrecht.

Wir brauchen ein neues Dienstrecht, aber ich bin wenig hoffnungsfroh, dass wir das zu einem positiven Abschluss bringen können, wenn ich höre, dass die Verhandlungen am Montag wieder einmal gestartet werden. Ursprünglich war schon das Gespräch mit Herrn Präsidenten Neugebauer als Startveranstaltung angesagt gewesen, aber es braucht offensichtlich, aus welchen Gründen auch immer, einen neuerlichen Neustart. Vielmehr bestätigt sich, was wir bei der Einführung der Neuen Mittelschule immer wieder warnend in den Raum gestellt haben, nämlich dass es zu einem Upgrading kommt.

De facto ist es so, dass Ihnen die LehrerInnen für dieses Modell Neue Mittelschule ausgehen, dass kaum Lehrkräfte mit akademischer Ausbildung bereit sind, an den


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Neuen Mittelschulen zu unterrichten. Entgegen den Anzeigen in den Tageszeitungen kann ich Ihnen eine Vielzahl von Schulen nennen – in Vorarlberg sind es fast alle der dortigen 52 Neuen Mittelschulen –, in denen keine AHS- oder BHS-LehrerInnen unterrichten. Das ist der eigentliche Grund dafür, dass es künftig einen unbeschränkten Einsatz solcher Lehrkräfte geben soll.

Alles in allem muss ich sagen, dass das nicht eine jener Reformen ist, die wir uns erhofft haben, die unsere Kinder verdienen, die unser Schulwesen braucht. Diese Regierung muss endlich runter von der Bildungsbremse. Wir brauchen eine grund­legende Reform, wir brauchen eine Zielorientierung. Wir müssen wissen, wohin die Reise geht. Erst dann kann es entsprechende sinnvolle Reformvorschläge geben. Frau Ministerin! Dann haben Sie die Grünen auf Ihrer Seite. (Beifall bei den Grünen.)

17.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. – Bitte.

 


17.33.54

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Kollege Walser, Sie haben gesagt, Sie würden gern wissen, wohin die Reise geht. Ich darf Sie auf eine Pressekonferenz verweisen, die die Frau Bundesministerin gemeinsam mit dem Bildungssprecher der ÖVP abhielt, in der der Weg, wohin die Reise gehen soll, skizziert worden ist. Das grundlegende Bekenntnis ist vorhanden, das gibt es. Jetzt geht es darum, die Maßnahmen, die Ansprüche, die man an sich selbst stellt, abzuarbeiten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.)

Sie sagen, der Weisheit letzter Schluss oder die richtige Herangehensweise wäre, das Schulsystem oder überhaupt die Bildungspolitik von Externen evaluieren zu lassen. Ich bin da gänzlich anderer Meinung. Sie bekritteln, dass es falsch war, den von Ihnen genannten und zitierten bürokratischen Apparat einzubinden. Ohne Ihnen persönlich nahe­treten zu wollen, meine ich, dass Sie wahrscheinlich noch nie in der Situation waren, Reformen in diesem Bereich in die Wege zu leiten, sonst wüssten Sie, dass es ohne die Einbindung der Schulpartner, der Schulleiter, der Personalvertreter in diesem Land gar nicht möglich ist, irgendetwas zu bewegen. Dass heute so wichtige Maßnahmen meiner Meinung nach bereits relativ rasch nach der Ankündigung der Ministerin beschlossen werden können, ist schon etwas. Das ist etwas, auf das man stolz sein kann. Deshalb finde ich es schade, dass Sie das seitens der Grünen nicht unterstützen.

Herr Kollege Rosenkranz hat auch etwas gesagt, das mich ein bisschen erschüttert hat, nämlich sein Statement, Qualitätsmanagement sei eigentlich ausschließlich Verwaltungsaufwand und diene und nütze niemandem. Ich weiß nicht, ob ich das jetzt richtig zitiere, aber sinngemäß war es so. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das ist ja nur zusätzliche Bürokratie!) Auch hierbei bin ich gänzlich anderer Meinung, denn ich denke, dass Qualitätsmanagement das Kernstück einer zukünftigen Bildungskultur, wie wir sie im neuen Bildungssystem haben wollen, sein muss. Mit der Einführung der Bildungsstandards und dieses Qualitätsmanagements wollen wir die Qualität des Bildungssystems in all ihren Facetten gewährleisten. (Abg. Dr. Rosenkranz: Eben!)

Schulinspektoren als Regionalmanager sind nur ein Punkt, um zu gewährleisten, dass in Zukunft jede Schule ihre Leistung erbringt. Es wird auch kritisiert, dass Bezirks­schulinspektoren dann Regionalmanager sind und alle andere Strukturen aufrecht­erhalten bleiben werden. – Das wird man sehen. Die Diskussion, wie es mit den Landesschulräten weitergeht, wie Beamtenapparate möglicherweise verschlankt wer­den können – also die Baustelle Verwaltungsreform –, gibt es ja. Das ist noch nicht gelöst, und auch das gehört dazu. Das ist nicht nur ein Punkt, dem sich die Ministerin


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stellen muss, sondern ich meine, dass das eine gesamtheitliche Diskussion ist, der wir uns stellen müssen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Punkt, den wir bildungspolitisch schon sehr lange diskutieren, ist die Kompetenz der Schulleiter, und ich bin froh darüber, dass wir das heute umsetzen. Nun ist es endlich soweit, dass wir die Kompetenz der Schulleiter ausweiten werden, wenn es darum geht, an der Schule mehr Autonomie zuzulassen, es der Schule möglich zu machen, ein eigenes Profil zu entwickeln. Aber vor allem wird dem Schulleiter ein Durchgriffsrecht in puncto Unterrichtsentwicklung, in puncto Schulentwicklung, aber vor allem auch in puncto Personal gegeben.

Das sind Hürden, über die wir in den letzten Wochen, Monaten, vielleicht sogar Jahren diskutiert haben. Ich bin froh, dass es heute gelingt, das in die Wege zu leiten. Es sind kleine Schritte. Niemand hat behauptet – auch die Ministerin selbst nicht –, dass das jetzt der Weisheit letzter Schluss und der große Wurf ist. Ich würde meinen: Hanteln wir uns gemeinsam vor! Ich würde die Opposition noch einmal einladen, diesen drei Vorlagen zuzustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


17.38.09

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Das sind ja, wie Sie sagen, sehr schöne Worte, die da vorkommen: Qualitätsmanagement, der Direktor soll in Zukunft auch Schulmanager heißen. In Wirklichkeit steckt etwas ganz anderes dahinter. Das hat die jetzige Finanzministerin Fekter schon in einem großen Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ verraten. Sie hat erklärt, dass die geplante Verwaltungsreform abgesagt sei, weil sie nicht notwendig sei und man das Ganze erst in den nächsten Jahren step by step machen wolle. In Wirklichkeit heißt das, dass man es gar nicht machen will und es wieder auf Jahre hinausgeschoben hat.

Das betrifft auch den Bildungsbereich, denn in Wirklichkeit ist dieses Qualitäts­management nichts anderes als der Versuch, eine Daseinsberechtigung oder Existenzberechtigung für die Bezirksschulinspektoren und die Landesschulinspektoren zu schaffen, die wir in den einzelnen Bundesländern haben. Nichts anderes ist das. Sie sollen jetzt auf einmal Qualitätsmanager werden und das Ganze überwachen, kontrollieren und gemeinsam mit den Schulen dieses Modell umsetzen. Das heißt, man versucht, Verwaltung, die man in der heutigen Zeit im Prinzip nicht mehr braucht, durch die Zuteilung neuer Aufgaben mit einer Existenzberechtigung auszustatten. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist unserer Meinung nach der falsche Weg. Wir sagen, dass die Mittel für den Bildungsbereich zu den Schülern ins Klassenzimmer kommen müssen und nicht in der Verwaltung stecken bleiben sollen. Wir haben auch schon im Ausschuss ausführlich diskutiert, weswegen wir das ablehnen.

Das Gleiche gilt auch für den Bereich der Schuldirektoren, wo ja eine massive Macht­verschiebung auch in Fragen der Personalhoheit in Richtung Schuldirektoren statt­findet, was ja nichts anderes bedeutet, als dass die Parteipolitik vermehrt auch in den Lehrapparat Einzug hält.

Bei der Bestellung von Schuldirektoren – das wissen wir, Niederösterreich ist das beste Beispiel – entscheiden nicht die Kompetenz und die Qualifikation, sondern die richtige Parteifarbe. Das heißt, gehört man zur Partei des Herrn Landeshauptmanns Pröll, wird man Schuldirektor. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Gehört man nicht zur Partei des Herrn Landeshauptmanns Pröll, wird man nicht einmal Schulwart.


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Das Problem ist: Wenn diese ausgewählten Parteipolitiker als Schuldirektoren auch die Personalhoheit erhalten, dann besteht die Gefahr, dass der gesamte Lehrapparat im Fall von Niederösterreich schwarz eingefärbt wird und im Fall von Wien zum Beispiel rot eingefärbt wird. (Abg. Prinz: Und in Kärnten? – Orange? Blau?)

Da machen wir nicht mit. Wir sagen, dass Parteipolitik in den Schulen nichts verloren hat, meine Damen und Herren, sondern dass es darum geht, dass wir die besten, kompetentesten und engagiertesten Pädagoginnen und Pädagogen für die Kinder und die Ausbildung unserer Kinder in unseren Schulen und Bildungseinrichtungen sitzen haben. (Beifall beim BZÖ.)

17.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort. – Bitte.

 


17.41.17

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst möchte ich mich für die Unterstützung beim Regierungspartner bedanken und auch für die positiven und unterstützenden Argumente von Frau Abgeordneter Fuhrmann und Herrn Abgeordneten Mayer. Ich fürchte nach den ersten Wortmeldungen, es wird mir auch heute nicht gelingen, die anderen Fraktionen von der Notwendigkeit vor allem der Novelle des Schulaufsichtsgesetzes zu überzeugen. Aber ich versuche es trotzdem noch einmal.

Das Schulaufsichtsgesetz ist nicht dazu geeignet, die Verwaltungsreformdiskussion zu führen oder zu lösen. Die Debatte haben wir im Unterausschuss zum Verfassungs­ausschuss geführt. Ich denke, Sie haben selbst mit verfolgt, in welche Richtung die Verwaltungsreformdiskussion letztlich gelaufen ist. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich stehe einer weiteren Verländerung des Bildungssystems nicht positiv gegenüber. Daher kann eine weitere Verländerung auch nicht die Lösung unserer Themen sein. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Schulaufsicht und Qualitätsmanagement sind heute Bundessache. Es liegt doch nahe, diese Bundeskompetenz in der Schulaufsicht zeitgemäß weiterzuentwickeln.

Worauf wollen wir warten, Herr Abgeordneter Walser? Wir waren gemeinsam im Rechnungshofausschuss, wo das QIBB-System für die berufsbildenden höheren Schulen ausdrücklich gelobt wurde.

Das wollen wir jetzt – Zielvereinbarungen, nationale Qualitätsrahmen – in ganz Öster­reich für das gesamte Schulwesen als Bundeskompetenz verwirklichen, und zwar im Rahmen der bestehenden Behördenstruktur, denn diese können wir einfachgesetzlich ja gar nicht regeln. Aber wir müssen sie weiterentwickeln und wir müssen an der Qualität der Schule arbeiten.

Dafür gibt es drei Gründe:

Erstens, weil wir im Jahr 2012 die Bildungsstandards einführen werden, daher Qualität das Thema an jedem Schulstandort wird. Da müssen alle Beteiligten – Direktoren, Eltern, Schüler, Lehrer, Schulaufsicht, pädagogische Hochschulen, Universitäten – zusam­menspielen. Und dazu braucht es Spielregeln.

Zweitens, weil es mir wichtig ist, dass wir von der Verordnungs- und Erlasskultur zu einer wertschätzenden Feedback-Kultur kommen. Und auch dafür brauchen wir den Rahmen. Darum ist das Schulleiterprofil in diesem Zusammenhang so wichtig.

Drittens, weil wir doch vermehrt feststellen, dass wir im öffentlichen Schulwesen ein Qualitätsproblem haben. All das sind für mich Gründe dafür, da nicht in eine Wenn-


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dann-Kette zu gehen. Da werde ich nicht müde, davor zu warnen, darauf zu warten, bis sich alles Mögliche rund um uns so verändert hat, bis wir dann bereit sind, sondern ich lade Sie einmal mehr ein, Schritt für Schritt die Reformen mit uns mitzutragen.

Entscheidend ist das Zusammensehen der Novellen Bundes-Schulaufsichtsgesetz und der Stärkung der Schulleiterprofile. Diese stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Es ist mir auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir diese Projekte gemeinsam mit den Schulpartnern in einem Stufenprozess entwickeln. Bis September 2012 wird es den Qualitätsrahmen geben, der gemeinsam erarbeitet wird. 2012/13 wird eine Pilotphase sein, und ab September 2013 erfolgt dann die Umsetzung.

Qualität ist nicht gleich mehr Bürokratie, sondern ganz im Gegenteil, der Prozess ist wichtig. Qualität können wir nicht von oben verordnen, Qualität muss gemeinsam gelebt werden. Ich spreche mich dezidiert gegen externe – unter Anführungszeichen – „Ratingagenturen“ für die öffentlichen Schulen aus. Qualität geht jeden im System etwas an. Daher müssen wir das gemeinsam auf Basis von Zielvereinbarungen, Feedback-Kriterien, die österreichweit gelten, entwickeln. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Rudas. – Bitte.

 


17.46.02

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Wir haben gesagt, dass das Jahr 2011 zum Jahr der Bildungsreform werden muss, und gehen jetzt auch diesen Schritt. Diese Novelle ist ein Schritt in Richtung Modernisierung der Schule. Sie haben gemeinsam mit dem Koalitionspartner das große Neun-Punkte-Schulreformpaket vorgestellt.

Heute beschließen wir die Novelle des Landeslehrerdienstrechts, das neue Schul­aufsichtsgesetz, die Stärkung der Schulleiterprofile. Aber wir gehen nicht vom Gas runter. Es muss natürlich weitergehen: mit dem Ausbau der Neuen Mittelschule, dem Ausbau von ganztägigen Schulen, einer neuen Oberstufe als Kurssystem, der Erwei­terung der Integration von Schülern mit erhöhtem Förderungsbedarf, mehr Mitbestim­mung der Schulpartner, damit Demokratie nicht nur ein Schlagwort bleibt, sondern auch Realität wird, und der Attraktivierung der Polytechnischen Schule.

Ich glaube, dass wir genau wissen, wohin die Schule gehen muss und wie wir jetzt in Schritten hin zu einer modernen Schule kommen. Ich verstehe, dass manche das Wort „Modernisierung“ abschreckt. Ich glaube, im Schulbereich sollte es aber nicht so sein, denn da sind wir viel zu lange in der Vergangenheit steckengeblieben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


17.47.33

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich kann mich erinnern, nach der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 gab es eine Reise der Bildungs­sprecher nach Skandinavien, genauer gesagt nach Helsinki und nach Stockholm. Damals war übrigens Kollege Amon dabei, der diese Funktion jetzt wieder innehat.

In beiden dieser Hauptstädte haben wir uns die unabhängigen Bildungsagenturen angeschaut, die Sie jetzt zu meiner völligen Überraschung und Verwunderung als „Ratingagenturen“ bezeichnen und die ein Kern des Schulsystems dort sind. Es wurde


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uns sehr klar beschrieben, dass eine der Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Arbeit eben die Unabhängigkeit von der Verwaltungsstruktur ist.

Die Unabhängigkeit dort besteht, um neutral, ohne darauf Rücksicht nehmen zu müssen, wer die Lehrer sind, die dort unterrichten, ob der Direktor, der in der Schule ist, einem passt oder nicht, Schulen anschauen zu können, Ergebnisse anschauen zu können, um unter anderem beurteilen zu können, ob das Kinder aus besonders wohlhabenden Schichten sind oder ob dort auch andere soziale Probleme dahinter stecken, und dann bewerten zu können, wie die Ergebnisse dieser Schulen sind.

Wenn Sie jetzt hergehen und sagen, Sie wollen keine „Ratingagenturen“, und sagen, das Beste ist die Schulverwaltung, wie sie bislang war, dann frage ich mich schon, ob die letzten zehn Jahre spurlos an Ihnen vorbeigegangen sind.

Wir wissen doch ganz genau, wie die Strukturen jetzt sind. Wie kommen denn die Schulinspektoren zustande? – Das ist doch im Prinzip eine Alterspyramide, die sich daraus ergibt, dass man irgendwann – in der Regel am Ende seiner Laufzeit – vom Lehrerberuf in den Schulinspektorenberuf wechselt. Wir wissen ganz genau, welche Prinzipien dahinterstehen. Wenn Sie mir ernsthaft erklären wollen, dass Schulinspek­toren in Österreich nach Qualifikation ausgewählt werden und das nichts mit Parteibuch zu tun hat, dann reden wir offenbar von unterschiedlichen Bildungs­systemen.

Sie verteidigen dieses System und sagen, alles andere ist schlecht, gerade dass Sie nicht gesagt haben: neoliberale, unabhängige Agenturen versus die guten, GÖD-geprüften – der Herr Präsident sitzt dort oben (in Richtung des den Vorsitz führenden Präsidenten Neugebauer weisend), er gibt den Stempel drauf: „Neugebauer geprüft“, dann passt das. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Wenn man ein bisschen ernsthaft über moderne Bildung reden will, dann sollte man doch davon weggehen und dieses verkrustete System, wo natürlich Parteibuchwirtschaft – ich komme aus Niederösterreich, ich weiß, wovon ich spreche (Abg. Rädler: Niederösterreich...!) – im Schulsystem gang und gäbe ist, wegbringen und endlich dazu kommen, dass man ernsthaft von Qualität und von Verbesserungen im Schulsystem reden kann. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Darum sind Sie nicht drangekommen!)

17.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


17.50.06

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde jetzt schon vieles zum Thema Qualitätsmanagement an Schulen gesagt. Kollege Walser, ich möchte Replik auf drei Argumente nehmen, die heute von dir vorgebracht wurden.

Erstens: Insgesamt ist es wichtig, dass wir die Schulbehörden mit einer neuen Rolle ausstatten. Wenn ich sehe, dass es insgesamt mit der Schulinspektion Unzufriedenheit gibt, dann bin ich froh, dass die Frau Bundesministerin jetzt den Auftrag gibt, dass man an unseren Schulen wirklich Qualitätsmanagement einführt. Das kann ja nur im Interesse von uns allen sein.

Das Zweite: Sie sind im Zivilberuf Schulleiter. Ich stelle schon fest, dass ein Schulleiter heute sehr viele Möglichkeiten hat. Ein guter Schulleiter hat die Möglichkeit, viel zu bewegen, und ein inaktiver oder wenig motivierter Schulleiter kann auch vieles versäumen. Daher bin ich froh und finde es absolut okay, dass man die Schulleiter mit mehr Kompetenzen ausstattet und sie auch mehr fordert, wie ich glaube. Es ist auch wichtig, dass wir unser System fordern.


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Das Dritte: Sie haben gesagt, dass hiebei keine externe Evaluation möglich ist. Es ist sehr wohl möglich, in gewissen Fällen und unter gewissen Umständen diese einzu­fordern.

Ich bedanke mich bei der Frau Bundesminister. Wir haben, wie ich glaube, im Frühjahr oder im Mai 2010 im Rechnungshofausschuss eben über die Qualität an unseren Schulen diskutiert. Jetzt hat der Rechnungshof die Jahre 2007 bis 2009 beleuchtet. Und heute gelingt es einmal in ersten Schritten, Empfehlungen des Rechnungshofes – wenn auch nicht alle, aber einige Schritte daraus – umzusetzen: Qualitätsmanagement an unseren Schulen, einen nationalen Qualitätsrahmen mit Zielvereinbarungen. Ohne Berichtswesen und Planungswesen können wir, wie ich glaube, nicht Grundlagen für Verbesserungen und Optimierungen darstellen.

Ich bin selbst immer so eingestellt, dass die Verwaltung nicht überbordend sein darf. Ich glaube aber, dass es auch wichtig ist, dass wir Kennzahlen haben. Die Wirtschaft lebt es uns ja vor. Wo Qualitätsmanagement und Controlling ja eigentlich ein Gebot der Stunde sind – selbst in öffentlichen Betrieben –, wird und muss dies überall Einzug halten. Daher bin ich froh, dass heute auch da das Qualitätsmanagement Einzug halten kann.

Ich persönlich bin froh darüber und finde es absolut wichtig, dass wir die Schulen zu einem Dienstleistungsbetrieb entwickeln und entsprechend ausrichten und dass wir das Schulsystem den Anforderungen der Zeit anpassen.

Wichtig ist auch – und da habe ich schon eine kleine Bitte, Frau Bundesministerin, wir werden ja auch diskutieren, und das wurde ja im Ausschuss schon berichtet –, dass wir auch viele kleine Schulen haben. Ich glaube, damit sollte man sehr sensibel umgehen, gerade was kleine Volksschulen in ländlichen Regionen betrifft. . Wir sollten, wie ich meine, die Schule auch als Struktur und als Form der Dorfkultur sehen. Daher müssen wir immer darauf Rücksicht nehmen, wenn wir darüber diskutieren, wie groß unsere Schulen sein sollen und was die Schulen leisten und bringen können. Man wird nicht jeden Schulstandort aufrechterhalten können, aber wir sollten dabei, wie ich meine, einfach auch Rücksicht nehmen. Es wird sich nicht alles immer aufs Erste rechnen, sondern insgesamt wird sich vieles rechnen und es wird auch so sein, dass wir soziale Leistungen auch wieder zurückbekommen.

Diese neue Schulaufsicht – ich glaube, das Ziel ist absolut ehrgeizig – soll nicht mehr kosten, sie soll einfach mehr bringen und soll auch dem Prinzip der Sparsamkeit in der Verwaltung Rechnung tragen.

Ich glaube, das ist ein erster Auftakt. Weitere Schritte müssen folgen, Frau Bun­desminister! Qualitätsmanagement wird uns weiterbringen. Wenn wir an der Qualität arbeiten, so können wir auch alle fordern und fördern, wie wir es von unserer Bil­dungspolitik erwarten sollten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


17.53.52

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Die Änderung des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes schafft die Basis für ein neues Qualitätsmanagement – wir haben das jetzt schon gehört –, und zwar ein transparentes und bundesweites. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass man das betont. Es ist keine Frage, dass durchgängige Qualität auch und besonders in der


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Schule von besonderer Bedeutung ist. Mit dieser Gesetzesänderung gehen wir einen weiteren Schritt in Richtung einer modernen Schule.

„Moderne Schule“ heißt nicht Auslese, sondern heißt individuelle Förderung. Individuelle Förderung braucht adäquate Rahmenbedingungen, ermöglicht durch das Zusammenspiel aller Ebenen der Schule und auch der Schulverwaltung. Erst dann können größtmögliche Kompetenzen – dazu zähle ich neben dem Wissen und den Fertigkeiten auch die soziale Kompetenz – erworben werden. Es soll eine neue Kultur des Lehrens und Lernens durch einen anderen Umgang miteinander geschaffen werden – wie gesagt auf allen Ebenen.

Schule ist oft sehr hierarchisch aufgebaut. Es gibt Druck und auch Unmut und Angst. Dass am schlechtesten unter Druck – vor allem Druck von außen oder gar Angst – gelernt wird, ist inzwischen allgemeingültiges Wissen.

Der Weg einer modernen Pädagogik geht schon längst in Richtung der Frage, wie ein Lernfeld besser individuell und effizienter bearbeitet werden kann, weg vom Anordnen und Gehorchen. Der Satz einer Pädagogin – ich glaube, sie war aus Finnland –, die gesagt hat: Wir können es uns nicht leisten, einen Schüler unterwegs zu verlieren!, zeigt ja schon das Ziel deutlich auf.

Strafe soll also zum Begleiten, zur Anleitung, zur Selbstreflektion und zu positivem Rückmelden werden und Aufsicht zu Management, zu Zielvereinbarungen, zur Evaluation, zur Beratung und, wenn notwendig, auch zur Mediation.

In den Erläuterungen des Gesetzes heißt es: „Diese Maßnahmen bedeuten einen tiefgreifenden Kulturwandel im Schulwesen, der vor dem Hintergrund der Entstehung einer Wissensgesellschaft unerlässlich erscheint.“ – Ich denke, dem können wir ja nur zustimmen. Daher ist dieses Gesetz sehr zu begrüßen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


17.56.29

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es wurde ja schon sehr viel über das Qualitätsmanagement an Schulen gesprochen. Als letzte Rednerin zu diesen Tagesordnungspunkten möchte ich nur kurz auf die Novelle des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes eingehen.

Zukünftig können Landeslehrerinnen und Landeslehrer an Bundesschulen mit verwen­det werden, natürlich nur mit Zustimmung der Betroffenen. Die derzeitige Gesetzeslage hat ja nur die Landeslehrerinnen und -lehrer zur Betreuung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Bundesschulen vorgesehen. Künftig sollen eben Landeslehrerinnen und Landeslehrer ebenso an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, aber auch an der Neuen Mittelschule unterrichten.

Dieses neue Gesetz bedeutet auf der einen Seite mehr Flexibilität, auf der anderen Seite vor allem aber eine effiziente Bekämpfung des regional stark schwankenden Lehrermangels. Dieses Gesetz ist, so meine ich, aber auch ein wichtiger Schritt der Schul- und Bildungsreform und geht in die richtige Richtung.

Ein weiteres zentrales Projekt ist aber auch das derzeit in Ausarbeitung stehende österreichweite einheitliche Dienst- und Besoldungsrecht. Abschließend möchte ich noch hervorheben, dass es sehr wohl unser aller Ziel sein muss, ein neues Arbeitsmodell zu entwickeln, ein Modell, das junge Menschen wieder für den Lehrberuf begeistert. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.58



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 167

17.58.02Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich schließe die Debatte.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Schulaufsichtsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1141 der Beila­gen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulunterrichtsgesetz und das Bundesgesetz, mit dem Schulunterrichtsgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 112/2009, geändert werden, samt Titel und Eingang in 1112 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragslehrpersonengesetz geän­dert werden, samt Titel und Eingang in 1114 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit auch in dritter Lesung angenommen.

17.59.36 19. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1063 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Prüfungstaxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen geändert wird (1138 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1070 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert wird (1139 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung. Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 168

18.00.01

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn man es vonseiten der Opposition nicht so gern hört, ist das in konsequenter Fortsetzung ein weiterer Schritt in Richtung Schulqualität und bedeutet, mehr Qualität an den Schulstandort zu bringen, mehr Einbindung der Schulpartner, mehr Einbindung der Verantwortlichen. Wir haben jetzt von den Bil­dungs­standards der 10- bis 14-Jährigen gesprochen, in der logischen Fortsetzung geht es zur teilzentrierten neuen Matura, die wir bereits beschlossen haben, und darum, das Berufsreifeprüfungsgesetz zu ändern.

Wir alle kennen die Schlagworte, die in der Zwischenzeit zur Selbstverständlichkeit geworden sind: Lehre mit Matura, um auch Berufstätigen die Möglichkeit zu bieten, zu einer höheren Ausbildung zu kommen und diese Chancen zu nützen. Hier wird der Zugang für die Absolventen von Musikhochschulen und so weiter geöffnet – durch Anerkennung von Teilprüfungen, Studienberechtigungen –, damit die Möglichkeit be­steht, dass die Menschen sich für die kommenden Herausforderungen rüsten und ausbilden können. Ich würde mich wundern, wenn die Opposition bei diesen konkreten Schritten nicht mitgehen würde, weil ich glaube, dass es wichtige Schritte sind.

Ich darf auch noch etwas zur letzten Debatte sagen. Kollege Walser ist ja alles andere als ein dummer Mensch – das Gegenteil – und weiß genau, wohin der Weg geht und unter welchen Bedingungen. Wir bekennen uns zur Koalitionsvereinbarung, auch zu den Problemen, die wir logischerweise mit dem Koalitionspartner haben. Ich glaube aber, es ist einfach beachtenswert und würde eine Würdigung vonseiten der Oppo­sition verdienen, dass es der Ministerin unter diesen klaren Voraussetzungen – wir haben im entsprechenden Ausschuss über die Schulverwaltung diskutiert – gelingt, ganz konsequent Schritt für Schritt in Richtung Qualität vorzugehen. Ich bin der Meinung, das würde von allen den notwendigen Respekt verdienen.

Bleiben wir bei der Schulaufsicht: Wenn ich denke, auch das wird umgestellt. Hier geht es weit, weit weg von Parteipolitik, weil sehr viele junge Menschen darauf pfeifen, welche Partei sie dahin schickt, denn sie wollen etwas verändern können, etwas bewirken können. Und wenn ich an Stellenbesetzungen denke – bleiben wir beim Beispiel Vorarlberg –: Früher war es undenkbar, dass der höchste Personalvertreter nicht automatisch auch die Stelle des Bezirks- oder Landesschulinspektors bekommt. Mitnichten!

Neue Beurteilungskriterien, neue Bewertungskriterien wurden eingeführt. Jetzt heißt es: Ich will den Besten oder die Beste für diese Funktion. Das geschieht, weil man die Kompetenzen – die gering sind, aber vorhanden – konsequent ausnützt. Da ist es ganz wichtig, dass wir auch in diesen Bereichen die Ministerin stärken. Die Maßnahmen, die wir hier heute beschließen, sind ein sehr wichtiger Beitrag dazu, und ich würde Sie dazu ganz, ganz herzlich einladen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. – Bitte.

 


18.03.17

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass die schritt­weise Einführung der Zentralmatura auch eine wesentliche Veränderung und einen großen Fortschritt im Bildungswesen mit sich gebracht hat.

Erste sehr gute Erfahrungen konnten wir zu Beginn an den AHS sammeln, als Zweites waren dann die BHS dran, und jetzt geht es mit diesem Gesetz um die Berufs­reifeprüfung, weil es notwendig ist, auch Externisten die Möglichkeit zu schaffen, über


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 169

diesen Weg die Matura zu absolvieren. Das heißt: Schriftliche Prüfungen sollen nach dem regulären Schema in Deutsch, Mathematik und in einer lebenden Fremdsprache abgelegt werden können.

Was die Zulassung zum Studium betrifft, so werden in Zukunft die gleichen Rahmen­bedingungen gelten, wie es auch bisher schon der Fall war. Ich möchte nur auf eine Änderung aufmerksam machen, nämlich dass in Hinkunft auch AbsolventInnen von Musikhochschulen die Möglichkeit haben werden, an einer Berufsreifeprüfung teilzunehmen, und auch jene, die eine Ausbildung zum Heilmasseur oder zur Heil­masseurin absolviert haben, werden diesen Zugang finden. Ich denke, das soll auch erwähnt werden.

Eine weitere Änderung, auf die mein Kollege und Vorredner, noch nicht eingegangen ist, die ich deshalb auch nennen möchte, ist die Änderung, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung steht, nämlich wenn es darum geht, wer berechtigt ist, daran teilzunehmen. Bisher waren nur LehramtsabsolventInnen dazu berechtigt. Mit dieser Novelle wird es möglich sein, dass auch KandidatInnen unterrichten, die über ein einschlägiges fachliches Studium verfügen, das heißt, min­des­tens zwölf Monate Berufserfahrung als Vortragende in Aus-, Fort- und Weiter­bildung haben.

Das möchte ich erwähnen, weil ich glaube, dass es die teilzentrale Matura in all ihren Facetten zu einer runden, kompletten Sache macht. Ich glaube auch, dass es in Summe das Niveau dieses Abschlusses heben wird und vor allem ein Qualitäts­kriterium dafür darstellt, wenn es darum geht, die Matura an verschiedenen Schulen in allen Bundesländern miteinander vergleichen zu können und zu wissen, dass die Absolventinnen und Absolventen entsprechend viel können.

Der zweite Punkt, der hier auf der Tagesordnung steht, ist das Prüfungstaxengesetz. Im Prinzip ist es eine Fortschreibung der geltenden Regelung, wenn es darum geht, Lehrenden für die Begutachtung einer Bachelorarbeit Prüfungsprämien auszuzahlen. Hier wird der Status quo einfach fortgesetzt und verlängert, und ich gehe davon aus, dass einer Zustimmung nichts im Wege stehen kann. In diesem Sinne: Zwei Maßnahmen, die es zu unterstützen gilt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


18.06.33

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kollege Mayer, ich kann mich lebhaft erinnern, dass Sie im Ausschuss waren und eigentlich gesehen haben müssten, dass diese beiden Anträge einstimmig beschlos­sen wurden. Also ich verstehe nicht, wo Ihre Zögerlichkeit heute herkommt, warum Sie so zittern, ob die Opposition mitstimmt oder nicht. (Abg. Elmar Mayer: Nein, gezittert habe ich nicht!) Auch die Rednerliste und dass sich nicht ein Vertreter der Oppo­sitionsparteien als Erster zu Wort gemeldet hat, müsste eigentlich darauf schließen lassen, dass es hier nur Pro-Redner gibt.

Es wurde inhaltlich schon sehr viel Richtiges gesagt. Beim Prüfungstaxengesetz geht es um die Rechtssicherheit bei den Prüfungen an den Pädagogischen Hochschulen, und bei der Berufsreifeprüfung geht es darum, dass eben auch hier die teilzentrale Matura eingeführt wird. Bei den üblichen Formen der teilzentralen Matura war es eigentlich immer die vorwissenschaftliche Arbeit, die wir abgelehnt haben. Diese Arbeit fällt bei dieser speziellen Prüfungsform weg. Daher gibt es auch hier eine Zustimmung, weil wir der Meinung sind, dass die Durchlässigkeit im Schulsystem wichtig ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 170

Lehre mit Matura, Berufsreifeprüfung et cetera – all diese Möglichkeiten müssen gefördert werden. Daher: Zustimmung – ganz einfach. Kollege Mayer, im Ausschuss aufpassen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

18.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


18.07.44

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Elmar Mayer, du weißt jetzt, wir stimmen auch zu. Das ist jetzt überdeutlich geworden. Es besteht überhaupt kein Grund, warum wir gegen die Prüfungstaxen sein sollen. Es besteht überhaupt kein Grund, warum wir gegen eine teilzentrale Matura sein sollen; dasselbe gilt für die Berufsreifeprüfung. Ganz im Gegenteil: Wir waren die Ersten, die solche Maßnahmen eingefordert haben, und dieser Weg wird von uns unterstützt.

Ich möchte aber noch kurz zumindest einen Aspekt aufgreifen: Es erstaunte schon, als Kollege Amon am Montag bei den schon erwähnten Verhandlungen um einen neues Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrkräfte als Abgeordneter aufseiten der Regierung mit der Gewerkschaft verhandelte. Ich meine, das ist ein merkwürdiges Verständnis von Gewaltenteilung. Ich glaube, Charles de Montesquieu hat sich das ein bisschen anders vorgestellt, als es derzeit in Österreich abläuft. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Ich wäre hier schon für eine saubere Trennung zwischen Legislative und Exekutive (Zwischenruf des Abg. Kickl), und ich sehe nicht ganz ein, warum es derartige Vermischungen von Zuständigkeiten gibt, so wie sich das hier abzeichnet. (Abg. Dr. Rosenkranz: Lauter Lobbyisten!)

Die Würdigung der Ministerin erfolgt zur Genüge seitens der SPÖ, glaube ich, zunehmend auch seitens der FPÖ. Das Klima scheint sich zu bessern. Frau Ministerin! Was Sie von unserer Seite haben, ist auf alle Fälle Respekt für Ihren Einsatz. Wir wissen und wir spüren, dass Sie in den wesentlichen Dingen gleich denken, dass Sie in die richtige Richtung wollen. An der Blockade, die hier vorhanden ist, ändert das aber nichts. Nach wie vor steht die ÖVP auf der Bildungsbremse. Unsere Aufgabe ist es daher nicht, die Ministerin zu würdigen, sondern die Regierung deswegen zu kritisieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


18.10.01

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Kollege Mayer, es wird Sie nicht verwundern, dass ich Ihre Einladung gar nicht annehmen muss, weil auch wir diesem Prüfungstaxengesetz und der Anpassung der Berufsreifeprüfung zustimmen werden.

Berufsreifeprüfung – das ist auch ein großer Schritt in Richtung einer durchlässigen Bildungslandschaft. Erfolgsmodell: Lehre mit Matura – es wurde auch auf unsere Initiative zu diesem Erfolgsmodell.

Wir haben selbstverständlich auch die Bildungsstandards unterstützt, alles, was Qua­lität in der Schule verbessert, natürlich auch die Zentralmatura. Hier sind wir an Ihrer Seite, Frau Bundesministerin! Hier wollen wir genau das, was die Schule braucht.

Die Schule muss zu einem sehr qualitätsvollen Dienstleistungsbetrieb ausgebaut werden. Das Geld, das wir für die Schulen brauchen, die Investitionen müssen dort


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 171

ankommen, wo sie notwendig sind: in den Schulen, bei den Schülerinnen und Schülern. Hier werden wir uns immer unterstützend einbringen.

Enttäuscht sind wir natürlich darüber, dass wir heute von der Frau Finanzministerin gehört haben, dass es in dieser Legislaturperiode keine großen Reformen geben wird, dass die Schulverwaltung, die so dringend reformbedürftig ist, nicht reformiert werden wird, dass es zu keiner Entpolitisierung kommen wird, dass Mehrgleisigkeiten bestehen bleiben. Das ist ein großer Wermutstropfen.

Aber wie gesagt: Diese Qualitätsstandards, die wir hier diskutieren, unterstützen wir natürlich. (Beifall beim BZÖ.)

18.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


18.11.42

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf es kurz machen: Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre Zustimmung zu den beiden Gesetzesmaterien, und ich möchte mich noch ausdrücklich für Ihre Flexibilität bedanken, weil wir ja den Zeitraum auf 2011/12 ausgedehnt haben, was die Über­gangs­regelung beim Prüfungstaxengesetz betrifft.

Das ist für uns sehr unterstützend und hilfreich. Wir gehen ja davon aus, dass ab September 2012 das neue Dienst- und Besoldungsrecht für die Pädagogischen Hoch­schulen wirksam wird, sodass wir dann auch keine weiteren Novellierungen mehr brauchen.

Vielen Dank für die Zustimmung und noch einmal danke für die kurzfristige Bereit­schaft, hier bis ins Jahr 2011/12 zu gehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


18.12.43

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Wir dis­kutieren jetzt die Änderungen im Berufsreifeprüfungsgesetz. Ich glaube, es ist eine positive Vorlage: Öffnung des Zuganges, weniger Sackgassen in der Bildung, weniger Bildungsbarrieren, Erhöhung der Durchlässigkeit – es wurde schon gesagt –, zum Beispiel durch die Anerkennung von Teilprüfungen bei der Studienberechtigungs­prüfung, und einiges mehr.

Frau Minister! Ich glaube, man kann das in einem Satz zusammenfassen: Es geht etwas weiter in der Bildungspolitik. Ist das nicht schön? Es ist doch eigentlich schön, dass wir das gemeinsam feststellen können.

Ich möchte aber noch einen Punkt hinzufügen, bei dem wir momentan vielleicht noch Handlungsbedarf haben. Es geht darum, nicht nur nach oben hin Durchlässigkeit zu schaffen, sondern auch von unten her Durchlässigkeit zu schaffen. Ich denke dabei zum Beispiel an das Thema Facharbeitermangel und gleichzeitig an die vielen Lehrlinge, die ihre Lehrzeit unterbrochen haben, die aus irgendeinem Grund nicht zur Lehrabschlussprüfung gekommen sind. In diesen Fällen kann die Berufsschule aufgrund der gesetzlichen Grundlage beispielsweise nicht unterstützend wirken, sodass eine Lehrabschlussprüfung abgelegt wird.

Hier kann die Berufsschule derzeit nicht unterstützen. Das Schulorganisationsgesetz ist hier eine kleine Barriere, und es geht darum, in den nächsten Wochen und Monaten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 172

darüber nachzudenken, wie wir diese Barriere überwinden können. Ein entsprechender Antrag liegt im Petitionsausschuss, und ich weise alle Fraktionen darauf hin, dass wir uns das gemeinsam anschauen könnten und schauen könnten, ob wir diese kleine Barriere niederreißen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


18.14.26

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Prüfungstaxengesetz schaffen wir eine Rechtsgrundlage, um Lehrenden an einer Pädagogischen Hochschule für die Begutachtung einer Bachelorarbeit oder auch für Leistungen im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeiten eine Prämie zu gewähren. Diese Prämie beträgt pro Studierendem 110 €. Es wurde eigentlich schon sehr viel darüber gesagt.

Ich möchte aber noch zum Berufsreifeprüfungsgesetz Stellung nehmen. Es ist die logische Fortführung der standardisierten Reifeprüfung, die wir schon an den AHS, BHS und an den höheren Anstalten für Lehrer- und Erzieherbildung eingeführt haben. Es ist wichtig, dass das jetzt auch für die Externistenprüfung gilt. Ich bin froh, denn damit wird die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems deutlich erhöht. Das ist gut so, denn es soll ja keinen Abschluss ohne Anschluss geben.

Frau Ministerin, abschließend möchte ich noch eine Bitte an Sie richten. Ich wäre froh, wenn wir mit Tempo in die Verhandlungen um dieses neue Lehrer-Dienst- und Besoldungsrecht gehen und konsequent verhandeln (Abg. Dr. Rosenkranz: Präsident Neugebauer hat schon die Springschuhe an!), denn es ist dringend notwendig, dass wir ein leistungsgerechtes und modernes Dienst- und Besoldungsrecht bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.15

18.15.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Da keine weitere Wortmeldung mehr vorliegt, schließe ich die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Abstimmung über einen Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Prüfungs­taxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen geändert wird, samt Titel und Ein­gang in 1138 der Beilagen.

Wenn Sie für diesen Entwurf sind, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig.

Wenn Sie dem auch in dritter Lesung zustimmen, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1139 der Beilagen.

Wenn Sie für diesen Entwurf sind, bitte ich um ein Zeichen. Das ist einstimmig ange­nommen. (Abg. Riepl: Da ist einer gesessen! – Gegenruf des Abg. Ing. Westen­thaler.)

Bitte um Ihre Zustimmung auch in dritter Lesung. – Auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 173

18.17.0821. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1397/A(E) der Abgeord­neten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (1143 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


18.17.32

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bildung ist aus meiner Sicht ein unabdingbares Muss für ein selbstbestimmtes Leben. Das gilt für alle Menschen, demnach sicher auch für Menschen mit Behinderungen.

Unsere Frau Ministerin ist ja gerade dabei, im Bildungssystem große Fortschritte dahin gehend zu machen, dass Chancen für alle Kinder gegeben sind, dass es am Ende eine gemeinsame Schule für alle Kinder gibt, mit einer starken inneren Differenzierung, in der Stärken gestärkt werden und bei Schwächen ganz besonders gefördert wird. (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.) Fördern und fordern steht dabei im Mittel­punkt. Die Chancengleichheit ist aus meiner Sicht der Motor für unsere Frau Ministerin.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Diese Chancengleichheit muss im Schulsystem natürlich auch für Kinder mit Behinderungen gelten. Aus meiner Sicht gibt es auf dem Weg zur Chancengleichheit für Kinder mit Behinderungen im Schulsystem noch viel zu tun. Neben den baulichen Barrieren, über die wir ja auch in diesem Antrag sprechen, gilt es auch, die Barrieren in den Köpfen von PädagogInnen und MitschülerInnen abzubauen.

Es gilt auch, den Eltern die Angst zu nehmen, dass Kinder in Regelschulen vielleicht verspottet oder nicht so gefördert werden wie in sonderpädagogischen Zentren. Es gilt, Lehrpläne zu adaptieren. Lehrpläne müssen umgestaltet werden, und auch bei der Ausbildung von PädagogInnen sollte die Sonderpädagogik aus meiner Sicht einen ganz, ganz großen Stellenwert einnehmen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Integration und Inklusion dürfen nach der achten Schulstufe nicht enden. Ich finde es daher ganz besonders gut und wichtig, dass die Frau Ministerin in ihrem Ministerium im Wege der Arbeit und des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Behinderung einen eigenen Aktionsplan im Bildungs­system auf die Beine stellen möchte, in dem alle diese Punkte, die ich jetzt angesprochen habe, ganz sicher auch berücksichtigt werden.

Die Verzögerung bei der Beseitigung von baulichen Barrieren beziehungsweise die Verlängerung – so muss man sagen – der Übergangsfristen bis in das Jahr 2019 ist sicher ein kleiner Wermutstropfen auf dem Weg zur barrierefreien Schule. Deshalb finde ich es umso erfreulicher, dass der Antrag, der heute von allen Parteien beschlos­sen wird, und die Frau Ministerin sicherstellen, dass Kinder mit Behinderungen aufgrund einer Barriere im Schulbereich sicher nicht vom Schulbesuch in Bundes­schulen ausgeschlossen werden.

Das zeigt mir auch, wie wichtig unserer Frau Ministerin die Chancengleichheit für alle Kinder im Schulbereich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 174

18.20.19

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Eine kleine Geschichte aus meinem Leben: Als ich vor Kurzem an einem Sonntagabend mit dem Zug nach Innsbruck gefahren bin, bin ich am Rollstuhlstellplatz neben einem jungen Burschen gesessen, der in Oberösterreich zugestiegen ist. Ich habe ihn gefragt, wohin er fährt, und er hat gesagt, dass er nach Innsbruck ins Elisabethinum fährt, denn diese Schule ist barrierefrei, dort gibt es keine Stufen.

Ich habe diesen Burschen gefragt  er war elf Jahre alt , ob das wirklich an den Stufen liegt, ob es bei ihm zu Hause keine Schule gibt, die barrierefrei ist. Da hat er gesagt, dass es die Volksschule gibt, dort ist er in die Schule gegangen, aber die Hauptschule und das Gymnasium sind eben nicht barrierefrei. Ich glaube, das sollte nicht mehr vorkommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb unser Antrag, dass man, auch wenn die Barrierefreiheit und der dafür zu tätigende Umbau noch länger dauern, individuelle Lösungen treffen muss, damit Schülerinnen und Schüler in die Schule gehen können. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

18.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


18.24.01

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir heute hier beschließen, ist eine Notmaßnahme, weil wir leider die Investitionen in die Barrierefreiheit nach hinten verschoben haben. Ich bin der Meinung, dass es eigentlich besser gewesen wäre, Maßnahmen in die Infrastruktur, die man sowieso setzen muss, Investitionen, die man tätigen muss, in einer Phase hoher Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Schwäche zu tätigen, weil das eigentlich der klügere Weg gewesen wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher tut es mir sehr leid, dass wir diesen Weg wählen müssen, aber wir werden natürlich dieser Maßnahme unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Königsberger-Ludwig.)

18.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


18.24.55

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich weiß, dass ich dran bin, danke schön. Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema Bildung  ich weiß, ich kann es nicht oft genug sagen –, zu einem Antrag zum Thema Barrierefreiheit und Barrierefreiheit von Schulgebäuden: Das ist auch in der UN-Konvention, und das wiederhole ich gerne, für Menschen mit Behinderungen verankert. Es gibt da ja auch einige aktuelle Fälle. Vielleicht kennen Sie den Fall Zoe bereits.

Zoe Springer hatte das Problem, dass sie spastisch und körperlich behindert ist. Eine HTL für touristische Berufe hat ihren Zugang zuerst beschränkt und dann zugelassen.

Ein anderes Beispiel betrifft das Thema Beruf und Fachschule. Für einen Rollstuhl­fahrer sollte die Prüfungszeit verlängert werden, weil er motorisch eingeschränkt ist. Das wurde nicht gewährleistet, der Fall wurde nicht gelöst. Das Argument war, dass man nicht dem einen Kollegen mehr Zeit geben kann als den anderen.

Der nächste Fall betrifft ein aktuelles Thema: Eine Lehrerin, die in einem Gymnasium in der Unterstufe unterrichtet, spricht selbst Gebärdensprache. Es war nicht optimal, die Eltern sind mit ihr nicht zufrieden. Sie wird in eine andere Schule in Wien versetzt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 175

und kriegt eine neue Chance mit einer neuen Klasse. Viele Eltern möchten ihre Kinder, weil da eben schlechte Erfahrungen in der Unterstufe waren, nicht mehr zu dieser Lehrerin geben. Der Stadtschulrat sagt: Nein, aus, der Fall ist abgeschlossen. Die Eltern müssen diese Lehrerin akzeptieren und eine andere Möglichkeit gibt es nicht.

Ein anderes Kind wurde von einer bereits bewilligten Schule, einer Integrationsschule, abgemeldet und in dieser Schule, mit dieser Lehrerin, angemeldet, ohne die Eltern zu fragen. Meine Sorge dabei ist: Grundsätzlich ist es ja ganz gut, sich darum zu küm­mern, was Kinder brauchen, aber wir haben in der Praxis so viele Fälle, so viele Beispiele, wo es Barrieren gibt  Beschränkungen beim Zugang, bei der Prüfungszeit.

Ich frage mich: Wie lösen wir die Praxis? Wie machen wir das in der Zukunft? Das möchte ich einfach gerne beantwortet haben. Gibt es da eine Stelle, die wirklich als Anlaufstelle fungiert und wo die Bedürfnisse deponiert werden? Es ist nirgendwo geschrieben, dass es eine Verlängerung der Prüfungsbestimmung geben muss. Ich glaube, dass Behindertenanwalt Buchinger da überfordert ist. Das ist ein Angebot, aber es ist nicht genug.

In der Zukunft sollten wir uns überlegen, uns vielleicht auch das deutsche Modell anzuschauen. Es gibt ja den Inklusiven-Fahrplan bereits als Handbuch für den Bereich Bildung. Da sind alle Punkte schön aufgelistet und beschrieben. Bitte, wann kommt das auch endlich in Österreich zustande? Wichtig ist auch, dass wir eine Stelle, eine Behörde brauchen, die diese Fälle behandelt. Das wäre für mich einfach sehr wichtig. Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

18.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


18.28.21

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Bei der Diskussion zu diesem heutigen Tagesordnungspunkt erinnere ich mich sehr genau an die Einführung des Behindertengleichstellungsgesetzes mit 1. Jänner 2006 und an die damaligen Aussagen von Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion, dass das viel zu lange Übergangsfristen sind, dass man das nicht zumuten kann und dass das Gesetz ein Pfusch ist – und so weiter.

Jetzt sind wir im Jahr 2011 und jetzt diskutieren wir anhand eines Entschließungs­antrages, dass es keine baulichen Barrieren geben darf, die Kinder von Schulbesuchen abhalten. Das ist ein Armutszeugnis, meine sehr geehrten Damen und Herren. Daher sage ich: Das ist ein typischer Pfusch dieser Regierung, dass man diese Verlänge­rungs­fristen wieder bis 2019 macht.

Es ist auch eine typische Missachtung der Menschen, die Behinderungen und Beein­trächtigungen haben; rein aus Spargründen sparen Sie jetzt wieder bei denen, die es am meisten brauchen.

Dieser Entschließungsantrag – dem wir unsere Zustimmung geben, weil natürlich im Einzelfall hoffentlich Lösungen getroffen werden – ist nichts anderes als eine Good-will-Aktion. Es ist gut gemeint, aber wir werden sehen, wie man mit Einzelfalllösungen umgehen wird. – Danke. (Beifall beim BZÖ. Abg. Königsberger-Ludwig: Pro­fessionell und gut!)

18.29

18.29.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt hiezu keine weitere Wortmeldung mehr vor. Ich schließe die Debatte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 176

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1143 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz.

Wenn Sie das unterstützen, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist einstimmig angenom­men. (E 161.)

18.30.16 22. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 1425/A der Abge­ordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minister­anklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b wider den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos (1152 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte. (Abg. Dr. Matznetter: Ist nicht da, nächster Redner! Abg. Ing. Westenthaler: Die Wortmeldung wird aus­fallen!)

Zu Wort gelangt also Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


18.31.02

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Überraschung ist auf meiner Seite, ich bin davon ausgegangen, dass Kollege Fichtenbauer hier beginnt. Es ist aber kein Problem. Ich darf gleich zu Beginn sagen, dass wir den negativen Ausschussbericht zur Kenntnis nehmen werden und keinen Grund für eine Anklage des Verteidigungsministers erkennen können – aus seiner Arbeit heraus und aus seinem Vorgehen, General Entacher abzuberufen.

Selbstverständlich sollte es im Ermessen eines Ministers sein, in seinem Bereich entsprechend Posten mit Leuten zu besetzen, denen er Vertrauen entgegenbringen kann, auf die er sich auch verlassen kann. Warum es zu dieser Entscheidung kam, ist eine Sache des Herrn Bundesministers und auch nicht meine Angelegenheit, aber ich habe in der Vergangenheit schon oft Anwürfe in Richtung des Verteidigungsministers gehört, die haltlos sind.

Ich möchte nur einen Punkt herausnehmen, weil er so einfach zu verstehen ist. Man wirft ihm vor, von diesen Eurofightern drei Flieger eingespart zu haben. In den Zeitungen ist zu lesen, gerade gestern wieder im „FORMAT“, dass dies derselbe Preis war, den 18 Jets gekostet hätten.

Meine Damen und Herren, das ist schlichtweg Unsinn, nicht wahr, und es gereicht dem Herrn Bundesminister eigentlich zur Ehre, wenn man das wirkliche Ergebnis zur Kenntnis nehmen darf. Ich werde mich bemühen, Ihnen das einmal aufzulisten, damit wir auch miteinander in der Lage sind, den Umfang an Positivem zu begreifen, der letztendlich durch Einsparung von drei Fliegern für die Republik übrig geblieben ist.

Wir wissen, und es sind ja einige im Haus, die im Untersuchungsausschuss Eurofighter gesessen sind, dass die Republik zuerst 21, dann 18 Flieger bestellt hat. Wir wissen, dass, nachdem Verteidigungsminister Darabos ins Amt eingeführt wurde, versucht wurde, die sehr teuren Flieger – wie sich heute herausstellt, jene Flieger, die das Budget des Heeres gehörig durcheinanderbringen – abzubestellen, was nicht möglich war, weil die Verträge so konstruiert waren, dass das schlichtweg unmöglich war.

Wir wissen aber auch, dass drei Flieger weniger letztendlich, wenn man es nach­rechnet, genau das an Ersparnis bringen, was man uns beim Kauf der Flieger beim Preis vorgegaukelt hat, meine Damen und Herren. Da geht es um 600 Millionen €, die


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Darabos in zehn Jahren durch die Einsparungen der Republik erspart. Das ist genau jener Betrag, den wir uns hätten ersparen können, wenn die Auskünfte des damaligen Ministers – BZÖ-, dann ÖVP-Minister, Finanzminister Grasser – und des Bundes­kanzlers gestimmt hätten, nämlich dass die Betriebsstunde eines Fliegers nicht 45 000 € betragen würde, sondern, wie wir damals schon befürchtet haben, 75 000 €. Das wissen wir heute ganz genau. Der Draken hat bis dorthin 15 000 € in der Stunde gekostet, und man braucht nicht sehr viel Phantasie zu haben und nur zu multi­plizieren, um zu sehen, dass sich das letztendlich bei einem Budget von 2,6 Milliar­den € in neun Jahren gewaltig zu Buche schlagen wird.

Das hat der Herr Bundesminister zuwege gebracht, und ich glaube, man sollte ihm auch für seine Arbeit, die noch vor ihm liegt, entsprechendes Vertrauen entgegen­bringen, denn das, was er letztendlich vollzieht, hat bisher immer positive Auswirkun­gen gehabt. Ich halte nichts davon, einen Minister täglich zu verunglimpfen, der seine Arbeit gut macht, der versucht, das Beste daraus zu machen – nur die Latte wurde für das Verteidigungsministerium von anderen sehr, sehr hoch gelegt, wo wir miteinander eher unten durchlaufen statt darüber springen können.

Heute weiß man, dass wir mindestens 2,1 Milliarden € brauchen, um das Heer in der heutigen Form, wenn auch effizienter, zu gestalten, möglicherweise aber nur 1,9 Milliar­den € zur Verfügung stehen – und ich behaupte, es wird vielleicht noch weniger sein –, gleichzeitig aber hat man dem Heer ein Fluggerät aufgezwungen, das in zehn Jahren das Ministerium letztendlich einen Jahresetat kostet.

Das Versprechen war, das Ministerium werde mit den Fliegern nicht belastet, das mache das Finanzministerium außerbudgetär. Die Worte können wir nachlesen. Es gibt genug Unterlagen in diesem Haus. Aber heute dem Herrn Minister etwas vorzu­werfen, was ihm eigentlich andere eingebrockt haben, das halte ich für nicht zielführend, das ist auch nicht fair. (Abg. List: Das ist ja absurd, bitte!)

Herr Kollege List, jeder Sektionschef hat seinen Bereich, jeder Minister hat seinen Bereich und ist dafür verantwortlich, und wenn dort Entscheidungen gefällt werden, steht der Minister dazu, und mit gutem Recht haben wir ihn dabei zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Mag. Wurm: So ist es!)

18.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


18.36.04

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Aus zeitökonomischen Gründen einen Satz zum Kollegen Prähauser über den dubiosen Eurofightervertrag, den der Minister allein ausgehandelt hat: Der ist sowieso eine Farce, darüber werden wir ein anderes Mal diskutieren.

Zur FPÖ: Das zeigt eindeutig, wie ernst die FPÖ diese Debatte über den Fall Entacher nimmt, wenn sie nicht einmal anwesend ist, wenn der Redner der FPÖ nicht einmal anwesend ist, wenn er zu seiner Wortmeldung aufgerufen wird. (Beifall beim BZÖ. Ruf bei der SPÖ: Traurig!)

Geschätzte Damen und Herren, es ist selbstverständlich die verdammte Pflicht jedes Soldaten, auf Missstände im Bundesheer hinzuweisen. General Entacher war pflicht­bewusst, er hat nämlich endlich die chaotischen Zustände im Ressort aufgezeigt. Für diese Katastrophe im Bundesheer tragen Sie als Bundesminister die alleinige politische Verantwortung.

Sie haben das Verteidigungsressort überhaupt nicht im Griff. Sie sind völlig orien­tierungslos und handlungsunfähig. Auch im Fall Entacher wird Ihre mangelnde Führungskompetenz bestätigt. Als schwächster Verteidigungsminister aller Zeiten


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haben Sie beim Kader die letzte Glaubwürdigkeit verloren. Herr Bundesminister, Ihr Ministersessel wackelt gewaltig. (Beifall beim BZÖ. Ruf bei der SPÖ: Und tschüss! Abg. Mag. Gaßner in Richtung des Bundesministers Mag. Darabos –: Der hat’s dir aber jetzt hineingesagt!)

18.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. – Bitte.

 


18.37.26

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte KollegInnen! Hohes Haus! Wie ernst diese Ministeranklage zu nehmen ist, und sie ist ja nur eine von vielen aus der Vergangenheit, zeigt der Umstand, dass der Herr General Fichtenbauer (Bundesminister Mag. Darabos: Briga­dier!) – Entschuldigung: Brigadier – gar nicht hier ist bei seiner Anklagerede gegen­über dem Herrn Bundesminister. (Abg. Dr. Fichtenbauer: He, neue Brille bei Fielmann! Abg. Dr. Graf: Wir weinen dem Kapeller schon nach!)

Diese Ministeranklage ist ja nur eine Vielzahl dessen, was wir an Kritik gegenüber dem Minister hören, natürlich auch einer Kritik, der wir uns in manchen Bereichen anschließen. Herr Bundesminister, ich möchte jetzt gar nicht auf meinen Vorredner, Kollegen Prähauser, und den leidigen Streit um die Eurofighter eingehen. Ich glaube, dass jede Zeit ihre richtigen Entscheidungen hat und dass das damals richtig ent­schieden wurde. Was wir heute an Ergebnissen haben, das, was jetzt daraus gemacht wurde, stimmt mit unseren Vorstellungen nicht überein, aber das will ich jetzt nicht diskutieren.

Herr Bundesminister Darabos, Sie haben sich heute neuerlich mit einer Minister­anklage wahrscheinlich deswegen auseinanderzusetzen, weil Sie leider Gottes auch im vergangenen Jahr viel zu oft die politischen Vorgaben für das österreichische Bundesheer verändert haben. Ich könnte jetzt viele Zitate anführen, bei denen Sie gesagt haben, dass das, was vorher noch „in Stein gemeißelt“ war, heute sozusagen keine Gültigkeit mehr hat.

Ich möchte diese Möglichkeit nutzen, um vielleicht einen positiven Aspekt in der Frage des Bundesheeres zu sehen, denn wir als Koalition sind gerade, natürlich auch mit den Oppositionsparteien, dabei, die Sicherheitsstrategien festzulegen. Die Sicherheits­strategien sind auch die Voraussetzung dafür, dass wir uns gemeinsam überlegen, wie das Bundesheer-Neu ausschauen soll. Aus Sicht der Österreichischen Volkspartei ist klargestellt, wie das Bundesheer-Neu aussehen soll. Wir wollen eine starke Berufs­komponente, wir wollen eine starke Milizkomponente, und wir sind für die Beibehaltung der Wehrpflicht, um alle unsere Aufgaben, die wir hier definieren, auch dement­sprechend umsetzen zu können. Da macht es wenig Sinn – und das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass es viel Misstrauen gegen Sie gibt –, dass nicht ganz klar ist, wie die Linie der SPÖ in dieser Frage aussieht.

Ich möchte hier nicht anklagen, sondern versuchen, auch in Zukunft einen gemein­samen Weg zu überlegen, wie wir aus dieser Misere herauskommen, denn letztendlich geht es um die Sicherheit der Republik Österreich, und die ist ein derart hohes Gut, dass hier politische Spielchen keine Chance haben sollten.

Ich möchte, dass im Zusammenhang mit dem österreichischen Bundesheer und dem, was passiert ist – und das haben Sie zu verantworten: Entacher, Eurofighter-Fragen letztendlich auch –, diese Fragen von Ihrer Seite her geklärt werden. Ich nehme an, das werden Sie auch tun können. Und es geht auch um viele andere Dinge, die beim Bundesheer derzeit passieren.


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Mir ist es wichtig und uns von der Österreichischen Volkspartei ist es wichtig, dass wir die staatspolitische Aufgabe wahrnehmen, dass wir ein Bundesheer schaffen, das die Aufgaben des Katastrophenschutzes, des Einsatzes im Ausland, natürlich auch des Objektschutzes und der öffentlichen Sicherheit weiterhin ordnungsgemäß erfüllt. Das ist unser Ziel, Herr Bundesminister, und da haben wir nicht immer den Eindruck, dass Sie die Richtung für unsere Soldatinnen und Soldaten ganz klar vorgeben.

Daher sage ich: Wir werden dieser Ministeranklage natürlich nicht unsere Zustimmung geben. Ich darf Sie aber ersuchen, dass Sie in jedem Fall auch für sich überlegen, ob das, was für Sie noch vor einem Jahr gegolten hat – dass nämlich die Wehrpflicht beim österreichischen Bundesheer „in Stein gemeißelt“ ist –, nicht auch noch jetzt, nach dieser einjährigen Nachdenkphase, Gültigkeit hat und ob Sie nicht wieder auf den Pfad der Tugend zurückkehren wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


18.42.28

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ich mache Ihnen an und für sich nicht zum Vorwurf, dass Sie sich seinerzeit für den Zivildienst entschieden und einer Gewissensprüfung unterworfen haben. (Bundesminister Mag. Darabos: Wie ihr glaubt!) Aber in der Funktion als Verteidigungsminister sind Sie aus unserer Sicht eine absolute Fehlbesetzung! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Mag. Darabos: Kann man nichts machen!)

Was die Begründung der Ministeranklage anbelangt, wird das mein Kollege Fichten­bauer noch genau darlegen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber aus meiner Sicht sind Sie in dieser Funktion eher vergleichbar mit einem Fleischhauer, der zum Berater für vegetarische Ernährung ernannt wurde. Das kann nicht gut gehen!

Ihre Freiwilligenmiliz, wie Sie sie immer propagieren, kann nicht funktionieren und wird auch nicht funktionieren. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Ich möchte nur ein Beispiel geben, ein Beispiel, wie es sich derzeit in der Bundesrepublik Deutschland darstellt, nämlich: Neueste Zahlen aus dem deutschen Verteidigungsministerium alarmieren die Truppe. Von den 498 000 jungen Männern, die im März und April angeschrieben wurden, reagierten nach internem Bericht nur 1 800, das sind 0,4 Prozent.

Lieber Herr Verteidigungsminister! Gehen Sie weg von Ihrer Vorstellung, dass Sie in Österreich ein Freiwilligenheer installieren können. Bleiben Sie bei der Wehrpflicht, und treten Sie zurück, dann ist die Republik Österreich vor künftigem Schaden bewahrt! (Beifall bei der FPÖ.)

18.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


18.44.19

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ui, das war holprig! (Heiterkeit des Redners.) Vielleicht war das eine dieser Reden, die eine Fraktionskollegin von mir heute angesprochen hat – aber keine Sorge, es wird keinen Test geben! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Uns liegt ein Antrag des Abgeordneten Strache vor, Ministeranklage gegen Verteidi­gungsminister Darabos zu erheben. (Abg. Dr. Graf: Das ist eine Unglaublichkeit, dass Sie von Steinhauser sagen, er ist eine Frau! Das ist unglaublich! Er ist ein Mann!) Nur, Herr Strache ist nicht da. Herr Kollege Fichtenbauer wollte begründen – Herr Kollege Fichtenbauer war auch nicht da. Aus der Partei der Anständigen und Tüchtigen ist


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wieder die Partei der Abgängigen und Flüchtigen geworden. (Heiterkeit bei SPÖ und Grünen. – Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Es ist ein Jammer! (Heiterkeit des Redners.) Jetzt wissen wir es noch immer nicht. Da es der freiheitliche Kollege, mein Vorredner, auch nicht gewusst hat, wissen wir jetzt noch immer nicht, warum hier Ministeranklage erhoben werden soll. (Abg. Mag. Stefan: Weil Sie nie da sind! Das haben wir drei Mal erklärt ...!) Wegen der Wehrpflicht, auf die mein Vorredner eingegangen ist, offensichtlich nicht.

Ich tue mir jetzt umso leichter, es zu sagen: Ich bin wirklich kein Verteidiger des Verteidigungsministers, ich habe ihm schon einige Male an diesem Pult aus sachlichen Gründen großes politisches Misstrauen ausgesprochen. Nur, hier handelt es sich um ein offenes Verfahren. Ich weiß bis heute nicht, ob der Verteidigungsminister recht hatte, General Entacher aus seiner Funktion als Generalstabschef zu entlassen. Ich habe auch öffentlich gesagt, es gibt einige Hinweise darauf, dass bei General Entacher als einem alten Gegner einer konsequenten Bundesheerreform einige dieser Gründe vorliegen dürften. (Abg. Mag. Stefan: ... doch kein Ergebnis! Das ist für Pilz seine Entscheidung, das genügt! Das reicht ja für Pilz!)

Das ist jetzt ein anhängiges Verfahren (Abg. Dr. Graf: ... nach Abschluss des Verfah­rens!), und wir werden am Ende sehen, was bei diesem Verfahren herauskommt. Aber dass die Freiheitliche Partei sagt: Egal, wer dieses Verfahren gewinnt, wir wollen jetzt freiheitliche Schnelljustiz im österreichischen Nationalrat! (Heiterkeit bei der FPÖ), das geht mit Sicherheit nicht! (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Verstehen Sie mich nicht falsch! Wenn wir heute gegen die Ministeranklage stimmen, ist dies überhaupt kein Vertrauensbeweis für den Verteidigungsminister. Wir werden in den nächsten Wochen einige neue Fakten im Zusammenhang mit Eurofighter auf dem Tisch haben. Es hat in diesem Zusammenhang in einem Nachbarstaat Österreichs vor Kurzem die erste Verhaftung gegeben. Es gibt die ersten Hinweise darauf, dass es Schmiergelder in der Höhe von zumindest 84 Millionen € gegeben hat.

Da werden wir sehr genaue Fragen nicht nur an den Verteidigungsminister, sondern auch an einige andere, insbesondere in ÖVP und FPÖ, stellen. Da werden wir dann über Korruption und Parteienfinanzierung reden, und da wird es wirklich spannend. Aber das warte ich ab. Und wenn das Verfahren Entacher versus Darabos beendet ist, dann wird sich dieses Haus auch ein Bild machen müssen und zu einem Urteil kommen müssen.

Heute werden wir dieser Initiative der abgängigen und flüchtigen Kollegen mit Sicher­heit nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

18.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kunasek. – Bitte.

 


18.48.10

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Es wird kaum überraschen, dass wir es ein bisschen anders als Kollege Pilz sehen. Ich sage es ganz offen: Wir sehen hier einen Bruch des Beamten-Dienstrechts­gesetzes – §§ 40, 38. Wir sehen hier auch, dass der höchste Offizier des Bundes­heeres aufgrund seiner verfassungsmäßig geschützten freien Meinungsäußerung abberufen worden ist von einem Bundesminister, meine sehr geehrten Damen und Herren, der ja nicht zum ersten Mal durch solche Maßnahmen auffällig geworden ist.

Wir haben das schon einige Male auch hier in diesem Haus diskutiert, überraschend kann also diese Ministeranklage nicht wirklich sein. Es wundert mich schon, wenn man hier jetzt den großen Verteidiger des Bundesministers Darabos spielt. (Beifall bei der FPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage es jetzt ganz offen und ganz bewusst, auch als Personalvertreter und als Bediensteter des Heeres: Diese Maß­nahme, Herr Bundesminister, war ein Schlag ins Gesicht aller Soldaten, aller Bediens­teten des Bundesheeres. So geht man mit einem Bediensteten und mit einem tadellosen Offizier nicht um! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben hier bewiesen, Herr Bundesminister, dass unsere Vorwürfe Ihnen gegen­über, dass Sie mit Ihrer Aufgabe überfordert sind, wirklich zutreffend sind. Aber ich kann Sie beruhigen, Herr Bundesminister: Diese Maßnahme hat das Bundesheer in Wirklichkeit intern nur gestärkt! Es wird Ihnen nicht gelingen, mit Mundtotmachen, mit Zensurieren und mit anderen, auch Druckmitteln auf Offiziere und Bedienstete (Beifall bei der FPÖ), ich sage jetzt einmal, vielleicht auch Unterstützer Ihrer durchaus kritisch zu sehenden Wehrsysteme oder Heeressysteme-Neu entsprechend zu lukrieren.

Im Gegenteil, Herr Bundesminister – wir sagen es auch ganz offen –: Nicht die Wehr­systeme gehören ausgetauscht, nicht die Offiziere gehören ausgetauscht, sondern ganz offensichtlich Sie als Verteidigungsminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Schluss jetzt nur ganz kurz – ich möchte Peter Fichtenbauer nicht die Zeit rauben (Heiterkeit bei der SPÖ) –: Faktum ist auch, sehr geehrter Herr Bundesminister, dass Sie als Hüter der Allgemeinen Dienstvorschrift, als der oberste Hüter der ADV auch jener waren, der sie als Erster gebrochen hat. Da steht nämlich dezidiert drinnen, dass, wenn ein Vorgesetzter Mängel oder Übelstände feststellt, er unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung des vorschriftsmäßigen Zustandes zu treffen hat.

Ich sage das deshalb, weil der Gipfel Ihrer Maßnahmen ein 90-seitiges Dossier über angebliche Missstände des Generals Entacher sein soll, und ich frage mich, über welchen Zeitraum diese Missstände angefallen sind. Ich frage mich auch, welche Spitzel Sie installieren, um Bedienstete, die guten Dienst im österreichischen Bundes­heer leisten, auch entsprechend zu bespitzeln.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass diese Anklage entsprechend gerechtfertigt ist. Und zum Abgeordneten Klikovits am Schluss: Wir nehmen unsere Verantwortung der Landesverteidigung gegenüber sehr wohl ernst. Sie nehmen sie nicht ernst, denn sonst wäre es nicht möglich, dass Ihnen Ihr Regierungspartner und Koalitionspartner, dieser Herr Bundesminister, seit Jahren in Wirklichkeit auf der Nase herumtanzt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


18.51.57

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Na der Bauchfleck der FPÖ war wirklich beein­druckend! Kollege Pilz hat das ja vorhin schon sehr pointiert ausformuliert. Sie bringen eine Anklage ein und finden dann nicht Ihre Redner im Saal, die dazu Stellung nehmen können. Drei Redner später kommen wir dann zum Kern der Sache.

Kollege Kunasek hat es jetzt eigentlich auf den Punkt gebracht: Minister Darabos wird von vielen Seiten, von freiheitlicher Seite kein Vertrauen entgegengebracht. (Zwischen­rufe bei der FPÖ.) Das ist in einer Demokratie natürlich möglich, aber, werte Kollegin­nen und Kollegen, ich möchte hier nur drei Punkte festhalten, die für mich schon in der geschichtlichen Darstellung sehr wichtig sind.

Der Kauf der Eurofighter gestaltete sich so, dass in einer Nacht-und-Nebel-Aktion der damalige Finanzminister Grasser umgefallen ist und sich für ein anderes Modell


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entschieden hat, dass auch der damalige Verteidigungsminister sich für ein anderes Modell entschieden hat. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Und so, wie Kollege Pilz vorhin ausgeführt hat, ist da sicherlich noch sehr viel Aufklärung zu betreiben. (Abg. Dr. Graf: Ewiggestrig sind Sie! Uns geht es um die Zukunft, Ihnen nur um die Vergangenheit!)

Sehr geehrte Damen und Herren, gerade Sie von den Freiheitlichen, die Sie sich jetzt auf einmal für die Freiwilligenarmee und für die allgemeine Wehrpflicht so sehr ins Zeug legen: Das finde ich wirklich sehr interessant, denn vor einigen Jahren waren Sie für ein Berufsheer! Sie haben einen Schwenk vollzogen, der wirklich abenteuerlich ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit Ihren Initiativen und Aktionen ist es so, dass Sie das Bundesheer in die Richtung bringen, dass man die hohe Effizienz der Leistungen des Bundesheeres gar nicht darstellen kann: dass der Einsatz in Krisen­herden wie in der vergangenen Zeit optimal abgewickelt wurde, dass Österreicherinnen und Österreicher, EU-StaatsbürgerInnen nach Österreich heimgeholt werden. Inter­nationale Übungen werden erfolgreich unter österreichischer Führung eingesetzt. Das alles ist möglich unter Minister Darabos! (Abg. Mag. Stefan: Trotz des Ministers!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bedenken Sie Ihre Strategie! Im Sinne Österreichs ist es wichtig, dass wir daran denken, dass die Erarbeitung einer neuen Sicherheitsstrategie in die Richtung geht, dass wir für Österreich und für das österreichische Bundesheer arbeiten und nicht politisches Kleingeld zahlen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. – Bitte.

 


18.53.45

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Fan-Gemeinde! Wir haben in der Schule einen Professor gehabt, der gesagt hat: Grölt nicht so! Daran erinnert mich das. Grölen Sie nicht so, hören Sie zu! (Abg. Mag. Gaßner: ... nicht zu spät kommen!)

Herr Abgeordneter Klikovits, wenn man sich als Wehrsprecher anstellen lässt, ist es sinnvoll, etwas von Taktik zu verstehen. Ganz einfache Gruppentaktik, da brauchen wir noch gar nicht die höhere Taktik anzuwenden. Die einfache Taktik ist es, in so einer Sache vor der Abstimmung zu sprechen, da sind nämlich alle da. Dann hat man die Chance, etwas höheren, intensiveren Belehrungsinhalt zu haben. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist einfache angewandte Taktik niederster Ebene – aber mehr brauchen wir hier in diesem Zusammenhang nicht –, um einen höheren Aufmerksamkeitsgrad zu erlangen. (Unruhe im Saal. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Kollege Schüssel hat einmal gesagt: Sie können schreien, was Sie wollen, hier bin ich Herr des Mikrophons, Sie werden mich nicht übertönen! – Auch Ihre krampfhaften Herbeibemühungen von „Bauchfleck“ und sonstigen hochliterarischen Erklärungen machen die Sache nicht besser.

Warum haben wir den Antrag eingebracht? – Kollegen von der ÖVP, es wundert mich nicht, dass Sie heute dagegen stimmen. Sie haben das ja auch schon im Verteidi­gungsausschuss getan – warum sollten Sie sich so schnell, so beweglich und dynamisch verändern?! Das erwarte ich gar nicht.


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Es gibt daher die Debatte über die Begründung, die Heinz-Christian Strache und meine Wenigkeit dem Parlament vorgeschlagen haben. Der Grund liegt darin, dass in einer offenkundigen und weiter gar nicht ausmessbaren Form des Unrechtes gegen den Generalstabschef Entacher vorgegangen worden ist! (Beifall bei der FPÖ.)

Zusammengefasst in einem Punkt: Das war eine bestellte Aktion von der „Kronen Zeitung“, die der Verteidigungsminister, nachdem es in der „Kronen Zeitung“ als Faktum berichtet worden war, erst umsetzen ließ. Er hat selber nicht die Fähigkeit und die Kraft gehabt, das dem Betroffenen überhaupt ins Gesicht zu sagen. Dieser Wirkungszusammenhang: herbeigerufenes Handeln durch die „Kronen Zeitung“, Erfüllungshandlung durch den Minister und bis heute keinen Bescheid, das ist ein Kontinuum der Rechtswidrigkeit! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Pilz, neben Ihren sonstigen Fähigkeiten, die Sie als Kabarettist haben sollen – wenngleich ich jedem abraten würde, eine Kabarett-Eintrittskarte für eine derartige Performance zu erwerben, das Geld wäre wahrscheinlich mangels Unterhaltungskraft verschwendet –, haben Sie das ja selber schon zum Ausdruck gebracht: Darabos handelt über Befehl der „Kronen Zeitung“! – Das waren Ihre Worte! Heute wollen Sie davon nichts mehr wissen.

Wenn von manchen eine Vergangenheitsbewältigung der Fliegerbeschaffung eingefor­dert wird, dann sage ich: Die ist uns jeden Tag recht. Wir haben seinerzeit auch der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zugestimmt, und ich persönlich war dafür verantwortlich, dass Kollege Pilz zum Vorsitzenden dieses Ausschusses gewählt worden ist, wenn ich daran erinnern darf. Da haben wir also nicht das geringste Problem.

Ich bringe die Sache noch einmal auf den Punkt: Es ist ein noch nie dagewesener Affront gegen einen hervorragenden Offizier, der an Lauterkeit nicht zu kritisieren war (Beifall bei der FPÖ), der seinen Berufspflichten als Beamter gerecht wurde, nämlich eine Warnpflicht wahrzunehmen bei von ihm erkannten Fehlentwicklungen oder fehlerhaften Entschlüssen, die die Ressortführung begehen würde. Entacher hat lauter gehandelt; Darabos hat fehlerhaft, ja sogar anklagewürdig gehandelt! Das ist die Begründung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Mag. Darabos. – Bitte.

 


18.58.02

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bitte um Entschuldigung, dass ich mich erst zum Ende der Debatte zu Wort melde. Aber da Herr Abgeordneter Fichtenbauer hier erst am Ende seine Begründung kundgetan hat, ist das, glaube ich, legitim. Ich möchte ganz kurz auf einige Wortmeldungen replizieren.

Die Frage Eurofighter: Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass ich der Republik Österreich 250 Millionen € erspart habe, und zwar Cash auf die Hand und mit 120 Millionen € bei den Verträgen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hornek: Das ist ein Märchen!) Ich darf dem Hohen Haus auch mitteilen, dass die neuen ISS-Verträge so ausverhandelt worden sind, dass wir bei den Eurofightern noch ein Sparvolumen gefunden haben, auf das ich stolz bin.

Der zweite Punkt ist die Frage, die mit den Eurofightern zusammenhängt. Das möchte ich auch hier ansprechen, nachdem ja heute das Finanzrahmengesetz von Ihnen im Parlament verhandelt worden ist. Ich habe mit dem Regierungspartner, mit dem


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Finanz­minister – in den Personen der Staatssekretäre Lopatka und Schieder, weil Josef Pröll ja nicht zur Verfügung gestanden ist –, aber auch mit der jetzigen Finanzministerin Fekter ausverhandelt, dass wir ab 2015 130 Millionen € mehr fürs österreichische Bundesheer zur Verfügung haben, und zwar auf der Grundlage des Entfalls der Eurofighter-Raten, die ja in das Budget des österreichischen Bundes­heeres, des Verteidigungsministeriums bis 2014 eingeflossen sind. Ich würde es schon als großen Erfolg für das österreichische Bundesheer, für das Landes­verteidi­gungsministerium einstufen, dass wir 130 Millionen € mehr ab 2015 haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Der dritte Punkt: Wir haben auch 200 Millionen € Rücklagen geschaffen. Auch mit diesen Rücklagen werden wir die Herausforderungen der Zukunft des österreichischen Bundesheeres besser bewältigen können als bisher. (Abg. Kickl: Wie haben Sie denn die Rücklagen gebildet?)

Heute ist ja nicht die Frage: Wehrpflicht – ja oder nein? Aber ich möchte ganz offen dazu sagen: Es hat sehr konstruktive Verhandlungen mit Vizekanzler Spindelegger sowie mit der jetzigen Finanzministerin und damaligen Innenministerin Fekter gegeben. Wir sind da auf einem guten Weg, uns abzugleichen, dafür zu sorgen, dass genügend Soldatinnen und Soldaten da sind – für den Katastrophenschutz und die Auslands­einsätze.

Es wird ein schwieriger Weg werden, weil die Positionen nach wie vor nicht ganz kompatibel sind. Aber ich bin der Meinung, dass es in den letzten Wochen gelungen ist, da einige Luft herauszunehmen und dafür zu sorgen, dass die Verhandlungen seriös und sachlich geführt werden. Ich freue mich auf diese Verhandlungen in den nächsten Wochen mit dem Koalitionspartner und natürlich in weiterer Folge auch mit dem österreichischen Parlament. (Beifall bei der SPÖ.)

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte: Ich bin ganz selten einer Meinung mit dem Kollegen Pilz, aber er hat eigentlich alles dazu gesagt. Ich habe beim Herrn General Entacher einen Vertrauensverlust konstatiert. Auf Grundlage der §§ 38 und 40 des Beamtendienstrechtes habe ich für mich diese Entscheidung getroffen. Diese Entscheidung ist jetzt in einem laufenden Verfahren, und wie ein laufendes Verfahren eben so abläuft, ist es nicht abgeschlossen.

Herr Kollege Fichtenbauer, Sie sind Jurist und Obmann des Landes­verteidigungs­ausschusses, und wir haben grundsätzlich eine ganz gute Gesprächsbasis gehabt. Sie wissen ganz genau, dass die Bescheidausstellung nicht an mir hängt, sondern an den Einwendungen des Generals Entacher. Das ist zu akzeptieren. Wenn diese Einwen­dungen behandelt sind, wird er auch seinen Bescheid bekommen. (Abg. Hornek: Und was machen Sie dann?)

Ich sage jetzt auch einmal offen in diesem Hohen Haus, auch an die Kollegen des BZÖ gerichtet: In der Privatwirtschaft wäre eine solche Sache längst anders erledigt worden. Das höre ich auch in der Bevölkerung. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Nicht im Kreis der Abgeordneten, aber in der Bevölkerung. Wenn ein Vertrauensverlust da ist, dann ist dieser zu dokumentieren. Dieser Vertrauensverlust ist von mir dokumentiert worden, deswegen habe ich diesen Schritt gesetzt. (Abg. Hornek: Herr Bundesminister, kennen Sie das Beamtendienstrecht?) – Ich kenne es gut, ja.

Wir haben ein Verfahren und werden sehen, wie es ausgeht. Ich habe Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit in Österreich. Wir werden sehen, wie das weiter vonstattengeht. Ich bin sicher, dass meine Argumente die richtigen sind. (Abg. Grosz: Als ... haben Sie andere Argumente gehabt!)


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Abschließend möchte ich dazu sagen – ohne noch Öl ins Feuer gießen zu wollen, aber das ist mir jetzt aufgefallen –: General Entacher war der Kommandant der Landstreit­kräfte. Er wurde aber nicht von einem Sozialdemokraten zum Milizbeauftragten degradiert, sondern er wurde von einer anderen Regierung in diese Funktion geschickt. Ich bitte nur, das zu beachten, wenn Sie hier klatschen und seine Leistungen hochleben lassen, dass Sie, die Sie hier sitzen, damals dafür verantwortlich waren, dass er von seiner wichtigen Führungsfunktion in der Truppe, wo er gute Arbeit geleis­tet hat, abberufen wurde. (Abg. Kickl: Was hat das jetzt mit dem zu tun?) Das möchte ich nur zum Abschluss hier feststellen. (Abg. Grosz: Warum solidarisiert sich der Bundespräsident mit Entacher?)

Ich sehe diesem Verfahren gelassen entgegen. Es ist kein angenehmer Prozess, das sage ich ganz offen, aber ich bin der Meinung, dass die politische Führung eines Ressorts auch die Chance haben muss, Vertrauen in die Führungsspitze zu haben. Dieses Vertrauen ist verloren gegangen, deswegen dieser Prozess. (Abg. Grosz: Dann müsste der Bundespräsident als Oberbefehlshaber Sie entlassen!) Die Minister­anklage kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachvollziehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.03

19.03.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungsausschusses, seinen Bericht 1152 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie hiezu Ihre Zustimmung geben, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.04.0323. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 1071/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beendigung des Assistenzeinsatzes in der Grenzregion (1153 d.B.)


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kunasek. – Bitte.

 


19.04.27

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich kann es vorwegnehmen: Wir werden diesem negativen Ausschussbericht nicht zustimmen. Wir teilen da ausnahmsweise einmal die Meinung der grünen Fraktion. Auch wir haben bereits vor Jahren, spätestens seit Wegfall der Schengen-Außengrenze, festgestellt, dass dieser Assistenzeinsatz in dieser Form, wie er jetzt an der Ostgrenze durch­geführt wird, sicherheitspolitisch völlig wertlos ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In seiner jetzigen Form beschränkt sich dieser Einsatz auf reines Beobachten und Melden, ohne weitere Kompetenzen für die eingesetzten Kräfte. Vor einigen Monaten hat der Abgeordnete Harald Vilimsky eine parlamentarische Anfrage zum Erfolg des Assistenzeinsatzes im Jahre 2010 einge­bracht, und zwar mit einer für uns wieder durchaus bestärkenden Antwort der Frau Innenminister: Insgesamt hat es im Einsatzraum aufgrund von Meldungen des Bundes­


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heeres 18 Festnahmen gegeben, weiters wurden 71 Anzeigen wegen gerichtlich straf­barer Sachverhalte eingebracht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das bedeutet, dass eine Festnahme aufgrund einer Meldung des Bundesheeres rund 1,1 Millionen € kostet! Wir Freiheitliche werden da nicht weiter mitspielen! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister Darabos, ich fordere Sie auf, diesen sicherheitspolitischen Un­sinn, so wie es im Ministerrat bereits beschlossen ist, mit dem Jahr 2011 auch ent­sprechend auslaufen zu lassen!

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass dieser Assistenzeinsatz, was die Einsatzvor­bereitung, den Einsatz an sich und natürlich auch die Einsatznachbereitung betrifft, unseren Grundwehrdienern wertvolle Ausbildungszeit gestohlen hat, zumindest seit 2007. Wenn wir von der Attraktivierung des Grundwehrdienstes sprechen, dann hätten wir, glaube ich, diesen Einsatz in dieser Form längst nicht mehr fortführen können! (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz allem war der Assistenzeinsatz von 1990 bis 2007 ein sehr, sehr großer Erfolg. Es ist eine Erfolgsgeschichte, die das Bundesheer im Burgenland und in Niederösterreich geschrieben hat. Ich möchte mich auch an dieser Stelle ganz, ganz herzlich bei den Tausenden Rekruten, Grundwehr­dienern, Chargen, Unteroffizieren und Offizieren bedanken, die 365 Tage im Jahr bei Wind und Wetter 24 Stunden am Tag sehr, sehr gute Arbeit und einen sehr, sehr großen Beitrag zur Sicherheit Österreichs geleistet haben! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dr. Schüssel.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort. – Bitte.

 


19.07.00

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mein Vorredner hat sich bedankt bei den Präsenzdienern, die von 1990 bis 2007 diesen Dienst an der Grenze geleistet haben. Was ist mit denen von 2007 bis heute? – Ich bedanke mich auch bei denen, mein sehr geehrter Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur vorigen Debatte noch zwei Bemerkungen: Herr Brigadier! Ihr Professor hat Sie gelehrt, nicht zu brüllen (Abg. Dr. Fichtenbauer: Nicht zu grölen!) beziehungsweise nicht zu grölen. Er hat aber verabsäumt, Sie zu belehren, dass man pünktlich ist. (Abg. Dr. Fichtenbauer: Aber nein! – Beifall bei der SPÖ.)

Eine Bemerkung noch: Als der Herr Landesverteidigungsminister vorhin gemeint hat, er hätte bei den Eurofightern 280 Millionen € eingespart, war beim Herrn Abgeordneten Schüssel ein sehr spöttisches Grinsen zu sehen. Allerdings hat der Altbundeskanzler, damals Bundeskanzler, uns versprochen, dass die Eurofighter von einer Wirtschafts­plattform finanziert werden und den Steuerzahlern nichts kosten würden! Da haben wir nicht gegrinst, da ist uns leider Gottes das Grinsen erstarrt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun zum Antrag des Herrn Kollegen Pilz, der dafür ist, dass dieser Assistenzeinsatz an der Grenze beendet wird. Der Antrag wurde im Ausschuss bereits abgelehnt – zunächst einmal vertagt, jetzt abgelehnt. Ich glaube, die Debatte ist in diesem Zusammenhang hinfällig, weil wir ganz genau wissen – und Sie wissen das besser als alle anderen –, dass der Einsatz jetzt im Abnehmen ist. Er wird stufenweise abgebaut. Mit Ende des Jahres ist er vorbei, und damit ist, glaube ich, auch die Debatte hier herinnen zu beenden. (Beifall bei der SPÖ.)

19.09



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 187

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.09.12

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Kolleginnen und Kollegen! Es gibt eine sozial­demokratische Logik, die so kompliziert ist, dass es einige Zeit braucht, das nachzu­zeichnen. Versuchen wir es an diesem Beispiel, Herr Kollege Gaßner! Ich habe den Antrag gestellt, der Assistenzeinsatz möge beendet werden. Sie sagen jetzt, der Assistenzeinsatz wird beendet – und nehmen das als Begründung, den Antrag auf Beendigung des Assistenzeinsatzes abzulehnen! Ist das logisch? (Abg. Ing. Westen­thaler: Tja, eine gewisse Unschärfe! – Abg. Kopf: Jetzt sei nicht so! – Heiterkeit im Saal.) – Sagen wir, es gibt eine gewisse Logikunschärfe bei der Sozialdemokratie. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) – Kollege Gaßner, reden wir doch über den Kern dieser ganzen Geschichte!

Fast alle in diesem Haus wissen seit Jahren, dass es sich beim Assistenzeinsatz, insbesondere bei dem an der burgenländischen Grenze, um den größten anzunehmenden sicherheitspolitischen Unfug handelt.

Wir alle haben immer gewusst: Die Soldaten, die dort mit Sturmgewehren ratlos durch die Gegend marschieren, haben überhaupt keine sicherheitspolizeilichen Befugnisse – sinnvollerweise. Sie können Kriminalbeamte nicht ersetzen, sondern nur die Polizei anrufen, wenn sie irgendetwas Verdächtiges feststellen. Wir haben längst vorgeschla­gen, nachdem das Ganze in der Blüte des Assistenzeinsatzunwesens etwa die Hälfte eines Jahresetats des Bundeskriminalamtes gekostet hat, das zu beendigen. (Abg. Kickl: Das wissen die Asylanten alle!)

Auf sehr komplizierten Wegen ist jetzt die Vernunft zu Ihnen gekommen. Ich glaube, die Vernunft war schlicht und einfach das Absolvieren der burgenländischen Landtagswahl. Vor der burgenländischen Landtagswahl hat es keine Vernunft gege­ben, jetzt gibt es plötzlich Vernunft, nachdem Sie nach wie vor den Landeshauptmann haben. – Geschenkt.

Mir ist aber etwas anderes mindestens genauso wichtig. Überlegen Sie sich einmal, ob es sich wirklich lohnt, sich in diesem Haus lächerlich zu machen, nur um routinemäßig einen Antrag der Opposition, den man selbst erfüllen will, ablehnen zu können! Wenn Sie ohnehin dasselbe vorhaben, warum schaffen Sie es dann nicht, einmal einem Antrag der Opposition zuzustimmen?! Das müssen Sie uns erklären.

Wenn der Klubzwang dazu führt, dass man sich geschlossen lächerlich macht, dann sollten Sie einmal darüber nachdenken, ob Sie zumindest einen Klubzwang der Vernunft zulassen. Das wäre noch nicht die Lösung, aber ein gewisser Fortschritt, den ich der Sozialdemokratie von Herzen wünsche. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Höfinger zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.12.04

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sollten zunächst festhalten, dass dieser Assistenzeinsatz in den letzten 20 Jahren einen enorm großen Dienst zur Sicherheit dieses Landes geleistet hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Seit dem Jahre 1990 waren es insgesamt 100 000 Illegale, die über die Grenze wollten und bei diesem Assistenzeinsatz angehalten wurden. Es gab Zigtausende


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 188

Zurückweisungen. Alleine diese Zahlen zeigen, wie sehr dieser Einsatz in den letzten Jahren anerkannt werden muss.

Wir wissen, dass sich die Zeiten seit 1990 verändert haben, die Umstände, was diesen Assistenzeinsatz betrifft, natürlich auch. Daher sind an die Stelle der unmittelbaren Bewachung andere Aufgaben gerückt. Das ist einerseits die Unterstützung der Polizei. Auch dazu sollte man wissen: In den letzten Jahren gab es fast 500 Meldungen von der Polizei zu Unterstützungsleistungen und fast 3 000 Meldungen vom Bundes­heer an die Polizei zurück. Eine weitere wesentliche Funktion dieses Assistenz­einsatzes in den letzten Jahren war es, der Bevölkerung das Sicherheitsgefühl wieder­zugeben. Das ist etwas Wertvolles und hat sich wirklich bewährt.

Eines möchte ich nicht außer Acht lassen, auch das sollten Sie wissen: Es geht auch um die zivilen Einsatzmöglichkeiten des Bundesheeres. Nahezu 80 Mal hat das österreichische Bundesheer beziehungsweise haben die Soldatinnen und Soldaten lebensrettende Maßnahmen im zivilen Bereich gesetzt. Ich glaube, auch dafür sollten wir herzlich Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Ausstieg selbst: Auch das ist nichts Neues. Die Bundesregierung hat im ver­gangenen November beschlossen, den Assistenzeinsatz am Ende dieses laufenden Jahres zu beenden; aber – das ist jetzt der Unterschied, Herr Kollege Pilz – nicht abrupt von heute auf morgen, sondern geordnet, so nennt man das, in einem Stufen­plan. Dieser Stufenplan wird umgesetzt, den wollen wir auch unterstützen.

Jetzt möchte ich an dieser Stelle nochmals den – das waren mittlerweile Hundert­tausende – Soldatinnen und Soldaten Danke sagen, die in den letzten fast 21 Jahren bei Wind und Wetter an dieser Grenze gestanden sind und einen Riesenbeitrag zur Sicherheit und zum Schutz unseres Landes geleistet haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Lapp.)

19.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter List zu Wort. 1 Minute Redezeit. – Bitte.

 


19.14.34

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Hohes Haus! Ein Stufenplan der ÖVP ist nicht möglich. Richtig und wichtig wäre es, den Assistenzeinsatz sofort zu beenden, und das, Herr Bundesminister, könnten Sie, wenn Sie es wollten. Sie brauchten nur im Ministerrat aktiv, tätig zu werden, dann könnte man diesen leidigen Assistenzeinsatz sofort, schon morgen, beenden.

Allein mir fehlt der Glaube, geschätzte Damen und Herren, dass SPÖ und ÖVP diesen Assistenzeinsatz mit Jahresende beenden wollen; und wenn der Landeshauptmann von Niederösterreich auf die absurde Idee kommt, für 2013 wieder einen Assistenz­einsatz als Wahlzuckerl für seine Landtagswahl zu verlangen, dann haben wir wieder das Dilemma.

Wir vom BZÖ stellen fest: Es ist höchste Zeit, dass die Fortführung des Assistenz­einsatzes eingestellt wird. Wir sagen: Genug gezahlt! Genug gezahlt für einen sinnlosen Assistenzeinsatz als ÖVP- und SPÖ-Wahlzuckerln! (Beifall beim BZÖ.)

19.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krist. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.15.44

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lieber Kollege Pilz, wenn etwas logisch wäre, dann der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 189

Umstand, dass Sie den Antrag zurückziehen, weil Sie ja wissen, dass seit Novem­ber 2010 die Bundesregierung das Ende mit 2011 fixiert hat! Soviel zur Logik, die Sie angesprochen haben.

Meine Damen und Herren, dieser Einsatz diente, das wissen alle, im erweiterten Schengen-Raum der Sicherstellung eines reibungslosen organisatorisch-operativen Über­gangs von der notwendigen früheren Grenzkontrolle zu entsprechenden polizei­lichen Ausgleichsmaßnahmen. Er diente auch zur Unterstützung der Sicherheits­behörden, das ist auch allgemein bekannt, durch die mobile und stationäre Beobach­tung. Ich möchte nur an 2008 erinnern: Damals war der Einsatz ein wichtiger Beitrag und eine Unterstützung im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft.

Dieser Assistenzeinsatz hat das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in der Grenzregion positiv beeinflusst und ist daher nicht nur bei der Bevölkerung, sondern auch – diese Rückmeldungen haben unsere Abgeordneten bekommen – vom ansässigen Unter­nehmertum in diesen Bereichen auf sehr große Akzeptanz gestoßen. Dieser Einsatz war enorm hilfreich beim Entwickeln und bei der Umsetzung von kriminal- und fremdenpolizeilichen Strategien, und auf deren Basis und Erkenntnisse kann man künftig aufbauen.

Meine Damen und Herren, ohne Zweifel war dieser Assistenzeinsatz eine wertvolle Hilfestellung für die Exekutive und durch die sichtbare Präsenz für kriminelle Aktivitäten erwiesenermaßen abschreckend und vorbeugend gegen sie zugleich.

Zusammengefasst kann man, ja muss man eigentlich sagen, dass dieser Einsatz in Summe eine Erfolgsgeschichte war, dass die Soldaten des österreichischen Bun­desheeres für mehr objektive und subjektive Sicherheit gesorgt haben. Sie waren nicht nur präventiv, sondern auch operativ daran beteiligt, Verbrechen zu verhindern. Unser Verteidigungsminister ist immer mit voller Überzeugung zu diesem Einsatz gestanden, und das war gut so.

Daher auf diesem Weg auch von unserer Seite – und ich möchte da auch die Abgeordneten aus den angesprochenen Regionen mitnehmen, weil sehr viele positive Reaktionen von der Bevölkerung an diese Abgeordneten gekommen sind – ein aufrichtiges Danke, Herr Minister, für Ihren Einsatz und Ihre Unterstützung in diesem Bereich! (Beifall bei der SPÖ.)

Danke vor allem auch an die vielen Bundesheersoldaten, die ausgezeichnete Arbeit geleistet und dazu beigetragen haben, dass die Menschen in diesen Grenzregionen, zuletzt eben im Burgenland, wie wir wissen, und in Teilen Niederösterreichs, sich sicher fühlen konnten und auch weiterhin sicher fühlen können! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rädler.)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Mag. Darabos. – Bitte.

 


19.18.45

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! In aller Kürze: Auch ich möchte den 335 000 Sol­datinnen und Soldaten, die diesen Assistenzeinsatz seit 1990 bewerk­stelligt haben, herzlich Danke sagen. Es ist ein harter Job gewesen, aber wie mir von den Soldatinnen und Soldaten mitgeteilt wurde, einer, den sie gerne gemacht haben und der – da bin ich nicht beim Herrn Kollegen Kunasek – durchaus auch Kreativität erfordert und dem Grundwehrdienst und der Milizidee Sinn gegeben hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 190

Wir haben seit dem Jahr 1990 über 90 000 illegale Grenzübertritte verhindert. Wir haben – im Gegensatz zu dem, was vorher angesprochen wurde – auch dafür sorgen können, dass seit 2007 mit diesem „Assistenzeinsatz neu“ sehr viele Meldungen an die Polizei weitergeleitet worden sind, die die Polizei seriös bearbeitet hat. Wir haben in der Regierung vereinbart, dass das Innenministerium sukzessive versucht – bezie­hungsweise nicht nur versucht, sondern auch in die Tat umsetzt –, diese Aufgaben des Bundesheeres zu übernehmen.

Ich könnte den Antrag des Kollegen Pilz, wenn ich noch Abgeordneter dieses Hauses wäre (Abg. Scheibner: Sie können es ja wieder werden!), hundertprozentig unter­stützen, wenn das Wort „unverzüglich“ nicht drinstehen würde. Wir haben beschlossen, mit Ende des Jahres diesen Assistenzeinsatz, der, wie gesagt, über 21 Jahre gut gelaufen ist, zu beenden und die Agenden wieder an das Innenministerium rückzu­führen. Es ist dies eine Erfolgsgeschichte des österreichischen Bundesheeres gewe­sen. Es hat sich auch gezeigt, dass über 90 Prozent der Bevölkerung der betroffenen Regionen in Niederösterreich – ich betone ganz besonders auch Niederösterreich – und Burgenland diesen Assistenzeinsatz goutiert haben. – Insofern noch einmal mein Dank an die Soldatinnen und Soldaten und an die Bevölkerung.

19.20

19.20.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungs­aus­schusses, seinen Bericht 1153 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Dr. Jarolim: Herr Strache hätte gerne eine Feldmiliz! – Abg. Grosz: Jarolim möchte gerne zurücktreten, davor aber noch der Frau Präsidentin Unterlagen zu seiner beruflichen Tätigkeit übergeben, und zwar alle!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

19.20.5424. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 822/A(E) der Abgeordneten Kurt List, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenersatz für Alarmstarts durch den jeweiligen Verursacher (1154 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Lausch. 3 Minuten freiwillige Redezeit­beschränkung. – Bitte.

 


19.21.55

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie wissen sicherlich ganz genau, dass es immer wieder zu sogenannten Alarmstarts kommt. Die sogenannten „No Radio Control-Flüge“ werden da durchgeführt, und das verursacht Kosten. Flugstunden sind Kosten. Das sind Kosten, die sich das Bundesheer eigentlich nicht leisten kann. Das Bundesheer ist ja budgetär nicht sehr gut gebettet, und das müsste man sich auch nicht leisten. Sie müssten nur eine Regelung mit den Fluglinien treffen, um diesen die Kosten für die Alarmstarts zu verrechnen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 191

Die Kosten sind nämlich immer das Problem. Auch der Grenzeinsatz des Bundes­heeres, über den wir vorhin diskutiert haben, hat schon Sinn gemacht, wie sie gesagt haben, Kollege Höfinger. Die ÖVP lebt aber auch da ein bisschen in der Vergan­genheit, denn in den neunziger Jahren hat das schon absolut Sinn gemacht, aber in den letzten Jahren hätte man dafür sicher 270 Exekutivbeamte, Polizisten einstellen können, und das hätte der Bevölkerung dieser Regionen im Burgenland und in Niederösterreich weit, weit mehr gebracht. Das muss man einfach bei dieser Gelegenheit noch richtigstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, man erwartet von der Bevölkerung in Zeiten wie diesen, dass sie spart, den Gürtel enger schnallt. Wir würden das auch von Ihnen verlangen, wir würden auch von Ihnen erwarten, dabei als gutes Beispiel voranzugehen und endlich zu versuchen, eine Regelung mit den Fluglinien zu finden, damit man im Zusammenhang mit den Alarmstarts Geld für das österreichische Bundesheer lukrieren kann. Jeder Euro für das österreichische Bundesheer ist in der derzeit prekären Lage wichtig.

Aus all diesen Gründen unterstützen wir den Antrag 822/A(E) und werden den negativen Ausschussbericht ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Stauber zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.24.04

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hintergrund dieses Entschließungs­antrages ist also die an und für sich durchaus diskussionswürdige Forderung nach Kostenübernahme für die recht teuren Eurofighter-Alarmstarts durch die sie verur­sachenden Fluglinien. Wir von der SPÖ nehmen parlamentarische Anträge der Opposition durchaus ernst, und wir haben daher im Ausschuss auch eine Rückstellung beantragt, um weitere Informationen einzuholen und um international prüfen zu lassen, wie es in dieser Causa aussieht, und das haben wir auch getan.

Grundsätzlich werden diese Alarmstarts, sogenannte  COMMLOSS-Flüge oder, wie vorhin erwähnt, „No Radio Contact“-Flüge, durch nicht registrierte Luftfahrzeuge ausgelöst (Abg. Ing. Westenthaler: Es spricht der künftige Finanzminister! – Abg. Grosz: Der Minister of Finance!), mit denen die zuständigen Flugsicherungs­dienststellen über einen längeren Zeitraum hinweg keinen Funkkontakt herstellen können. In einem solchen Fall wird ein Flugzeug als Sicherheitsproblem angesehen, und durch den Einsatz von Luftraumüberwachungsflugzeugen soll die Ursache für den Kontaktverlust festgestellt und geklärt werden. Die zur Identitätsfeststellung dieser nicht registrierten Flugzeuge eingesetzten Flugzeuge des österreichischen Bundes­heeres fangen die unbekannten Maschinen ab und geleiten sie zur österreichischen Grenze.

Wie Sie alle wissen, benötigen Piloten zur Ausübung ihres Berufs eine bestimmte Anzahl von Flugstunden, die sie absolvieren müssen. Dies gilt natürlich in besonderem Maße auch für unsere Bundesheerpiloten. COMMLOSS-Einsätze eignen sich durch­aus auch als praktische Übungseinsätze für unsere Bundesheerpiloten, und daher kann man den finanziellen Verlust in diesen Fällen ein bisschen geringer veranschlagen und auch etwas Positives in diesen Einsätzen sehen, wenn sie eben als Trainingseinsätze für unsere Piloten angesehen werden.

Obwohl diese COMMLOSS-Flüge dem Bundesministerium also zweifellos Kosten verursachen, kann eine Verrechnung der anfallenden Kosten nach dem Verursacher­prinzip realistischerweise nur auf gesamteuropäischer Ebene geregelt werden. Das ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 192

das Problem, das wir zurzeit haben. Auf europäischer Ebene wird diese Angelegenheit momentan nicht weiterverfolgt. Es hat im Jahr 2008 eine Airspace Security Conference in Brüssel stattgefunden, und dort wurde das als No Option beurteilt. (Abg. Grosz: Nur nicht zu viel!)

Das ist nach wie vor der Stand der Dinge. Unser Herr Bundesminister wird sich sicherlich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dieses Problem zu lösen. Heute sollten wir aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nicht etwas beschließen, was bloß totes Recht wäre. (Abg. Grosz: Dead Law! Totes Recht Dead Law! Ein großartiger Anglistiker!) Also warten wir ab, was die EU macht. In diesem Sinne, Herr Bundesminister, vielen Dank! (Beifall bei der SPÖ.)

19.27

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Pilz. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.27.14

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Kollege Darabos! Wir werden ja in diesem Haus – und auch außerhalb – demnächst wieder eine größere Eurofighter-Diskussion haben, weil sich in fünf europäischen Staaten einiges, und zwar Bemerkenswertes, getan hat. Heute möchte ich Sie nur daran erinnern, dass Sie uns noch einiges schuldig sind:

Erstens Ihren Eurofighter-Vertrag. Es gibt seit Jahren das Versprechen, dass dieser Vertrag dem Nationalrat vorgelegt wird. Sie sind maßlos stolz auf diesen Vertrag. Lassen Sie uns endlich an Ihrem Stolz teilhaben!

Zweitens sind Sie uns den Bericht über die Kostenüberschreitungen am Flugplatz Zeltweg schuldig. Sie haben dem Nationalrat diesen Bericht zugesagt. Warum haben wir diesen Bericht bis heute nicht zu sehen bekommen?

Drittens warten wir noch auf einen Bericht über sämtliche Pannen beim Betrieb des Systems Eurofighter. Wir hatten bereits einige absolut lebensgefährliche Situationen über und in der Nähe von Zeltweg. Sie sollten diesem Haus endlich darüber berichten, weil wir das Recht haben, auch das zu kontrollieren.

Das sind drei wesentliche Berichte, und ich erwarte mir diese, noch bevor die nächste große Eurofighter-Diskussion öffentlich beginnt.

Ansonsten halte ich den Vorschlag des BZÖ für ausgesprochen vernünftig. Die sollen wirklich den Treibstoff zahlen. Ich bin dafür, dass es ein einziges Mal Gratistreibstoff gibt, und zwar, wenn die Korruption nachgewiesen ist und die Eurofighter nach Deutschland zurückfliegen. Da bin ich dafür, dass der Verteidigungsminister den Treibstoff dazu spendiert. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Grosz.)

19.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Höfinger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.29.16

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, das ist sicherlich ein Thema, über das man diskutieren kann, ein Problem über dessen Lösung man nachdenken kann. Es ist jedoch in diesem Zusammenhang wichtig, zu wissen, dass die Überwachung des Luftraums eine internationale Frage ist, weil Lufträume auch staatsübergreifend durch die diversen Alarmrotten bewacht werden. – Das ist der eine Punkt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 193

Der zweite Punkt ist, dass es keine gesetzliche Grundlage gibt, um in diesem Fall eine Verrechnung durchzuführen, und daher natürlich auch keine Gewähr für die Einbring­lichkeit allfälliger Forderungen.

Zum Schluss: Ja, Herr Bundesminister, Sie haben es gesagt und Sie werden es tun. Auch ich sehe, dass es wichtig ist, diese Sache international im europäischen Kontext abzuklären, denn das ist eine länderübergreifende Thematik. Ich würde Sie bitten, das, was Sie ankündigt haben, auch umzusetzen, nämlich auf europäischer Ebene die Erörterung dieses Themas wirklich voranzutreiben und uns dann Ihr Ergebnis, Ihre Lösung zu präsentieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.30

19.30.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungs­aus­schusses, seinen Bericht 1154 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.30.5625. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (501 St 10/11m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz (1175 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


19.31.20

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst möchte ich mich beim Abgeordneten Pilz dafür bedanken (Ruf bei der ÖVP: Da schau her!), dass er dieses Protokoll auf seiner Website veröffentlicht hat. Ich bedanke mich ferner bei all jenen, die den Kollegen Pilz angezeigt haben, weil sie uns so die Möglichkeit gegeben haben, dass dieses Protokoll hier veraktet wird (Ruf bei der ÖVP: Koalition!) und ich letztlich die Möglichkeit habe, dieses Protokoll dem Hohen Haus zur Kenntnis zu bringen.

Was hat Kollege Pilz auf seiner Website veröffentlicht? – Ich zitiere:

„Das Geständnis

Erst drei Jahre später ist Karl Mahrer zu einer umfassenden Darstellung bereit. Am 13. Juli 2009 muss er vor der Disziplinarkommission, die die Vorwürfe gegen Herwig Haidinger prüft, aussagen. Im Gegensatz zu Treibenreif und Lang, die vor der Soko Vorarlberg als Beschuldigte ausgesagt haben, steht er jetzt als Zeuge unter Wahr­heitspflicht.

Um 12.45 Uhr beginnt seine Vernehmung. Mahrer erklärt: ,Wenn mir vorgehalten wird, dass ich bei der Soko Marent ausgesagt hätte, in der Causa Kampusch aber sehr wohl eine Weisung erhalten zu haben, gebe ich an, dass nach der bereits erfolgten Kontaktaufnahme zwischen Soko Kampusch und dem Hundeführer keine weiteren


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 194

Maßnahmen durch mich zu setzen seien und war dies auch der Inhalt der mir von Brigadier Treibenreif und General Lang erteilten Weisung.‘

Haidingers Verteidiger fragt nach. Er will wissen, ob es eine Weisung gegeben habe, die Ermittlungen zu stoppen. Das Protokoll vermerkt: ,Auf die Frage, ob ich die beiden konfrontiert habe mit der Frage, ob noch Ermittlungen durchzuführen wären, gebe ich an, dies Treibenreif und Lang gefragt zu haben und von diesen die Weisung erhalten habe, dass dies nicht notwendig sei.‘

Dann beschreibt Mahrer, wer alles an der Weisung, die Ermittlungen zu stoppen, mitgewirkt hat: ,Lang war als Angehöriger der GenDirektion befugt, mir diesbezüglich Weisungen zu erteilen. Ob Treibenreif als Mitglied des Kabinetts eine Weisung erteilen kann, darüber kann man diskutieren, aber es wurden auf der Ebene BK, Generaldirektion und Kabinett diesbezüglich Gespräche geführt und es hat geheißen, dass ich keine Erhebungen mehr zu führen hätte.’“

Meine Damen und Herren, damit ist erwiesen, dass es ganz eindeutig aus dem Kabinett der damaligen Innenministerin Prokop eine Weisung gegeben hat, keine Ermittlungen mehr durchzuführen, und das hat man früher konsequent abgestritten. Ganz im Gegenteil: Man hat damit sogar gezielt versucht, die Ermittlungen zu behin­dern. Das passt nahtlos in das Bild, das wir heute durch die neue vom Kollegen Pilz eingebrachte parlamentarische Anfrage bekommen haben, wonach man im Innen­ministerium ungeniert die Gendarmerie für Dirty Campaigning in einem Nationalrats­wahlkampf einsetzt.

Das ist glatter Amtsmissbrauch! (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Bitte, was ist das, Herr Kollege Rädler? (Abg. Rädler: Nein, das steht nicht drinnen!) Das steht hier drinnen! Nachweislich! Und es deckt sich mit allen Erfahrungen, die wir mit euch gemacht haben. (Beifall beim BZÖ.)

Euch den Sicherheitsapparat zu überlassen, war der größte Fehler, den man jemals machen konnte. Glaubt mir das! Seit Caspar Einem hat niemand so unverschämt ver­sucht, den Polizeiapparat und den staatsanwaltschaftlichen Apparat für machtpolitische Zwecke zu missbrauchen, wie ihr von der ÖVP das gemacht habt.

Aber gehen wir weiter im Text. Meine Damen und Herren, Sie können das alles in den heutigen Tageszeitungen nachlesen.

„Kronen Zeitung“: „Für Vergewaltigung sollte Mädchen entführt werden“.

Das Gleiche: „Sadist machte Jagd auf Mädchen“. – Heutige Tageszeitungen. Ein 17-jähriges Mädchen sollte in einen SM-Klub verschleppt, dort schwerst vergewaltigt und dabei gefilmt werden, meine Damen und Herren!

Das alles hat nur Herr Dr. Rzeszut auf Seite 21 seines Berichtes an das Hohe Haus, an die Klubobleute geschildert – auf Seite 21, letzter Absatz. Ich habe nachgefragt, wer dieser Fall ist, er hat das anonymisiert an das Parlament hier berichtet, habe dann hier von dieser Rostra aus die Ministerin – damals noch Bandion-Ortner – aufgefordert, da tätig zu werden. Meine Damen und Herren, jetzt endlich hat man Anklage erhoben, beide waren nämlich geständig, alle drei Beschuldigten.

Diese Straftat liegt bereits neun Jahre zurück und war seit Jänner 2009 von Oberst Kröll veraktet. Die waren damals bereits geständig, und man hat keine Anklage erhoben. Können Sie mir erklären, wieso schwere Sexualdelikte in diesem Land nicht angeklagt werden, sobald es irgendwie in die Nähe der Politik gerät? Können Sie mir das erklären?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 195

Nur weil ich hier von diesem Rednerpult aus Druck gemacht habe – Sie können das heute nachlesen –, war Ministerin Bandion-Ortner bereit, mit einer Weisung – und deswegen bin ich für die Weisung gegenüber der Staatsanwaltschaft – sicherzustellen, dass endlich Anklage erhoben wird gegen diese Perverslinge, die versucht haben, ein 17-jähriges Mädchen niederzuschlagen. Da haben sie gesagt, sie hätten sie nicht umgebracht, sie hätten sie nach der Vergewaltigung nur rausgeschmissen. Diese Leute wären nie unter Anklage gestellt worden. Ist das der Schutz, den Sie der Jugend dieses Landes angedeihen lassen wollen?

Wenn die Frau Bundesminister Karl da nicht rigoros durchgreift, dann wird sie, das schwöre ich Ihnen von dieser Rostra aus, von mir keine ruhige Minute mehr haben. Wenn sie bereit ist, diese Politik fortzusetzen, der Staatsanwaltschaft zu gestatten, dass sie willkürlich entscheidet, wann im politischen Interesse angeklagt wird – vor allem gegen die Opposition – und wann nicht, wann es etwa schwarze Sphären trifft und wann nicht, dann wird von dieser Rostra aus alles von mir aufgeboten werden, um zu verhindern, dass derartige Dinge unter den Tisch gekehrt werden. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Ich kann Ihnen das jetzt lückenlos nachzeichnen. Sie können es selber nachlesen. Seite 21, Rzeszut-Bericht, letzter Absatz. Und das sind die Delikte, die gestern abgeurteilt wurden, über die die Medien heute berichten. Es wäre niemals zur Anklage gekommen!

Der Justizsprecher der ÖVP sagt: Geh, bitte! Es ist ja nicht zur Anklage gekommen! Der Justizsprecher der ÖVP sagt: Geh, bitte! Wen interessiert denn das? – Es wäre gar nicht zur Anklage gekommen, wenn die Ministerin von mir nicht gezwungen worden wäre, aufgrund des Rzeszut-Berichtes Anklage zu erheben.

Letztlich sage ich Ihnen jetzt einmal, mit wem Sie es zu tun haben. Ich bin am 5. April aufgrund meiner Rede bei einer Einvernahme gewesen, und man wollte wissen, wer der Kinderschänderring ist. Ich habe dort Angaben gemacht. Am nächsten Tag ruft der feine Herr Pleischl – das muss man euch zugutehalten, gegen den wart ihr damals; der ist damals noch über Druck Böhmdorfers überhaupt das geworden, was er heute ist – bei der Staatsanwältin an und will wissen, was der Stadler ausgesagt hat. Er hat dann – und jetzt müssen Sie sich anschnallen – dieser Staatsanwältin die Weisung erteilt, sie solle meine Aussage in Kopie dem Herrn Staatsanwalt Kronawetter geben – das ist zufällig jener, der seinerzeit die Strasser-Akten im Akt übersehen hat, bis sie verjährt waren, meine Damen und Herren. (Abg. Ing. Westenthaler: Ungeheuerlich!)

Sie können das in einer parlamentarischen Anfrage nachlesen, die ich vor wenigen Tagen eingebracht habe. Das sind die Zustände in der Staatsanwaltschaft!

Das ist überhaupt das Größte! Lesen Sie bitte im „Standard“ vom 21. April, also jüngsten Datums, nach: Da fordert Herr Staatsanwalt Mühlbacher, der in der Kampusch-Kommission mit versagt hat, der derzeit Gegenstand von Ermittlungen in Innsbruck ist, unter dem Titel „Mit besten Empfehlungen an Beatrix Karl ...“ diese auf, sie soll verhindern, dass das Parlament die Staatsanwälte untersuchen kann, weil der Untersuchungsausschuss schon so ein Skandal gewesen sei. – Nachzulesen im „Standard“ vom 21. April, meine Damen und Herren.

So, wer ist hier der Staat im Staat? – Jedenfalls habe ich Hoffnung, dass Frau Minister Karl das macht (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen), aber zuversichtlich bin ich nicht, weil die Frau Minister Karl schon als Wissenschaftsministerin keine wirklich starke Persönlichkeit war.

Ich fordere jedoch Sie von der Österreichischen Volkspartei auf, dafür zu sorgen – Sie werden meine Unterstützung dafür bekommen –, dass mit diesen Untugenden in der


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Staatsanwaltschaft vor allem in Wien aufgeräumt wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen.)

Ich fordere Sie auf 

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Stadler, bitte den Schlusssatz! Die Gesamtredezeit ist gleich aufgebraucht.

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Ich fordere Sie auf, im Interesse aller potentiellen Opfer von Sexualdelikten hier rigoros durchzugreifen. (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen.)

19.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Pilz. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler in Richtung ÖVP : Die Staats­anwaltschaft Wien, das ist eine Verbrecherpartie in Wahrheit, und ihr wisst das ganz genau!)

 


19.40.03

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Selbst­verständlich werde ich mich als Betroffener zum laufenden Immunitätsverfahren, über das Sie zu befinden haben, nicht äußern. Ich werde aber sehr wohl etwas zum Inhalt und zur Sache sagen.

Es geht um ein Protokoll einer Disziplinarverhandlung, und es geht um den Umstand, dass mir eine Kopie dieses Protokolls übermittelt wurde. Dieses Protokoll enthält den ersten Beweis – Hinweise hat es viele gegeben –, dass in der Causa Kampusch von der politischen Spitze des Innenministeriums der Stopp der Ermittlungen angeordnet wurde, und zwar über Weisung.

Das ist ein ganz entscheidender Punkt, weil es hier um politische Verantwortung geht, zum Teil von Personen, die nach wie vor höchste Funktionen im Innenministerium innehaben.

Als ich von der Einleitung des Verfahrens gegen mich erfahren habe, habe ich mich gefragt: Was könnte das Delikt sein, das mir vorgeworfen wird? Ich bin ja kein Beamter und stehe nicht im Verdacht, dieses Protokoll weitergegeben zu haben. Die Erklärung war ganz einfach. Wir haben sie in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss immer wieder gefunden, der Abgeordnete aller Fraktionen, die daran teilgenommen haben, mit nicht geringer Sorge erfüllt hat, nämlich: Ohne einen konkreten Hinweis zu haben, wurde mir als Abgeordnetem Beitragstäterschaft unterstellt, also die Anstiftung. Es gibt aber keinen Hinweis darauf. Bis heute ist der Staatsanwalt nicht in der Lage, auch nur einen einzigen Hinweis darauf zu geben, ich könnte einen Beamten ange­stiftet haben, weil nicht einmal ein konkreter Beamter verdächtigt wird.

Und wie soll ein Abgeordneter, auf den es keinen Hinweis gibt, einen völlig unbekannten Beamten angestiftet haben? Das heißt, ohne jeden konkreten Verdacht wurde ein Verfahren gegen einen Abgeordneten eingeleitet. (Abg. Mag. Stadler: Das kennen wir! – Abg. Ing. Westenthaler: Das kennen wir alles!)

Jetzt verlange ich keine anderen Rechte als alle Bürgerinnen und Bürger dieser Republik. Ich verlange schlicht und einfach, den Gesetzen entsprechend behandelt zu werden. Und sollte es einen konkreten Tatverdacht geben, dann hat sich gemäß unseren Gesetzen der Nationalrat in der jetzt vorliegenden Form damit zu befassen. Das ist dann nicht meine Angelegenheit, sondern eine Angelegenheit des gesamten Hauses.


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Und das war nicht der einzige Vorfall. Der zweite Vorfall war: Vor etwa einem Drei­vierteljahr hat sich der Bruder des verstorbenen Oberst Kröll, der in der Causa Kampusch die letzten polizeilichen Ermittlungen durchgeführt hat, an mich persönlich gewandt – wie auch an Journalisten, an den Kollegen Stadler, an etliche andere – und wollte mich treffen. Er hat mir angekündigt, er hat für mich eine Reihe brisanter Informationen in der Causa Kampusch, die nicht nur, aber zum Großteil wahr­scheinlich – das ist jetzt meine persönliche Annahme – die Ermittlungen und auch die Erfahrungen seines verstorbenen Bruders betreffen.

Dann ist der Herr Kröll verhaftet worden. Und im Haftbefehl steht, der Grund dafür ist, weil er sich mit mir treffen wollte. (Abg. Ing. Westenthaler: Unglaublich! Das ist ja DDR, Moskau ...!) Das ist ja schon einmal in diesem Haus kurz verlesen worden.

Werden Personen, die nicht Beamte sind, in diesem Lande bereits verhaftet, wenn bekannt wird, dass sie sich an einen Abgeordneten wenden wollen?!

Und dann geht es noch weiter. – Wir wissen inzwischen, dass ein Beamter des Innenministeriums auf den Herrn Kröll angesetzt war. (Abg. Mag. Stadler: Der wollte bei meiner Einvernahme dabei sein! Gut, dass du den erwähnst!) Dieser Beamte heißt Linzer. Und dieser Herr Linzer hat ständig versucht, herauszubekommen, ob sich Herr Kröll mit jemandem in dieser Sache treffen will. Unter Vortäuschung, er würde den Herrn Kröll bei Ermittlungen in dem Todesfall seines Bruders unterstützen, hat er ihn immer gefragt: Wollen Sie sich mit irgendjemandem treffen? Und der hat ihm das gutgläubig erzählt – und ist daraufhin verhaftet worden. Das ist alles den Unterlagen der Staatsanwaltschaft Graz und des zuständigen Gerichtes in Graz zu entnehmen.

Meine Damen und Herren dieses Hauses, da geht es nicht um mich persönlich, da geht es nicht um den Kollegen Stadler persönlich – ich kann mich wirklich wehren, wenn ich der Meinung bin, dass ich irgendwo ungerecht behandelt werde –, sondern da geht es darum, ob die Justiz und das Innenministerium das Recht haben, in dieser Art und Weise mit Abgeordneten, die ihrer Kontrolltätigkeit nachkommen, umzugehen.

Ich empfehle wirklich: Schauen wir uns das gemeinsam an! Schauen wir uns das gemeinsam an, denn dieser Fall geht über die Anlassfälle, die zu einem Unter­suchungs­ausschuss in diesem Haus geführt haben, weit hinaus. Das geht weit hinaus! (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.)

Ich ersuche Sie nur – wir werden das dokumentieren –, das genau zu studieren, und wir werden Sie dann einladen, dass wir, alle Fraktionen, gemeinsam besprechen, welche Folgen das haben muss – zum Schutz von Menschen, die sich an uns im guten Glauben wenden, und auch zum Schutze unserer Tätigkeit als gewählte Abgeord­nete. – Danke. (Beifall bei Grünen und BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.46

19.46.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1175 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz wird im Sinne des Artikel 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum National­rat Dr. Peter Pilz besteht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 198

Daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz nicht zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

19.47.04Einlauf

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1514/A(E) bis 1536/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 8362/J bis 8410/J eingelangt.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.47 Uhr  das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung  ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.47.21Schluss der Sitzung: 19.47 Uhr

 

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