Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll209. Sitzung / Seite 35

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Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Trotz des Stillstands bei den EU-Türkei-Verhandlungen erwartet sich die Menschenrechts­bewegung in der Türkei natürlich auch Unterstützung in der Menschenrechtsfrage, in der Frage der Meinungsfreiheit von der Europäischen Union. Sie haben vorhin die Frage des Verhandlungskapitels angesprochen.

Werden Sie sich auf EU-Ebene und beim EU-Gipfel Ende Juni mit Nachdruck dafür einsetzen, dass vor allem das Demokratie- und Justizkapitel mit der Türkei als nächs­tes eröffnet wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, das habe ich auch schon öffentlich gesagt, und das werde ich auch so tun. Allerdings möchte ich das, was in den nächsten Tagen in der Türkei stattfindet, natürlich auch mit meinen Kollegen diskutieren. Ich habe schon auf dieses Gesprächsangebot verwiesen, das jetzt auch der türkische Premier gemacht hat, und hoffe, dass das zu einer anderen Vorgangs­weise führt. Aber man wird auch die Türkei an ihren Taten messen, was bis zum Rat der Außenminister tatsächlich erfolgt, und davon abhängig machen, was der nächste Schritt der Europäischen Union sein wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Hübner.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Außenminister! Ich knüpfe noch einmal an die Frage des Kollegen Scheibner an, da sie leider unbeantwortet geblieben ist.

Die Frage war, ob Sie angesichts der jetzigen Gewaltentwicklung, des Verhaltens der türkischen Regierung, des Defizits an Demokratie, an Meinungs- und Versammlungs­freiheit und dergleichen nicht den Zeitpunkt gegeben sehen, die Verhandlungen abzubrechen beziehungsweise im Rahmen des für Österreich Möglichen bei den Partnern darauf zu drängen, die Verhandlungen abzubrechen.

Dies aus zwei Gründen: Erstens einmal ist die österreichische Position keine Vollmit­gliedschaft, sondern privilegierte Partnerschaft. Und zweitens ist die von Ihnen ver­tretene Position, wir wollen einen offenen Ausgang, so gut wie eine Nicht-Position, denn die Offenheit des Ausgangs ist dem Begriff einer Verhandlung immanent.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich bleibe bei dem, was die österreichische Position ist. Wenn wir sagen, offener Ausgang, dann machen wir es eben abhängig von den Verhandlungen. Wir haben auch der türkischen Regierung immer gesagt, wir werden am Ende des Prozesses, wenn das Verhandlungsergebnis vorliegt, entscheiden, ob wir für eine Aufnahme oder gegen eine Aufnahme der Türkei sind. Wir würden uns wünschen, dass bis dahin eben auch andere Möglichkeiten sondiert werden, nämlich jene einer privilegierten Partnerschaft.

Denn eines ist notwendig: Die Türkei ist ein Wirtschaftsfaktor. Wir wollen ja auch koope­rieren, auch in Sicherheitsfragen. Aber auf der anderen Seite muss es notwendig sein, dass man auch auf Rechtsstaatlichkeit, auf Menschenrechte, auf die Einhaltung der Grundrechte der Bürger Wert legt. Und das werden wir auch im Zuge eines Verhandlungsprozesses gewährleisten. Aber jetzt mit Schnellschüssen zu reagieren, wo gerade etwas im Gange ist, das halte ich nicht für richtig.

 


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