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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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213. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 3., und Donnerstag, 4. Juli 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

213. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 3., und Donnerstag, 4. Juli 2013

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 3. Juli 2013: 9.06 – 24.00 Uhr

                                             Donnerstag, 4. Juli 2013: 0.00  – 0.50 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: 2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich, Oberösterreich und Wien über Vorhaben des Hochwasser­schutzes im Bereich der österreichischen Donau

2. Punkt: Bericht über den Antrag 2355/A(E) der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Mar­tin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend 2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über Vorhaben des Hochwasserschutzes im Bereich der österreichi­schen Donau, beschleunigte Abwicklung der geplanten Projekte

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrts­gesetz geändert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2013)

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2339/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Anton Heinzl, Mag. Karin Hakl, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Mag. Rainer Widmann, Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend barrierefreie Telekom­munikation als wichtiger Beitrag zur Gleichstellung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen und über den

Antrag 750/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Telefonvermittlungszentrale für gehörlose, hör- und sprechbehinderte sowie taubblinde Menschen

5. Punkt: Bericht über den Bericht der Bundesregierung betreffend Österreichische Sicherheitsstrategie Sicherheit in einer neuen Dekade – Sicherheit gestalten

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdiszi­plinar­ge­setz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 sowie das Truppenaufenthaltsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport – VwGAnpG-BMLVS)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 2

7. Punkt: Bericht über den Antrag 2360/A der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Psychologengesetz geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Kinderbetreuungs­geldgesetz geändert werden

9. Punkt: Bericht über den Antrag 2356/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende Untersuchungen durch einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten und verpflichtende zahn­ärztliche Untersuchung im Rahmen des Mutter-Kind-Passes

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird

11. Punkt: Bericht über den Antrag 2307/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend rasche Umsetzung der Gesundheitsberufe-Registrierung durch die überbetriebliche Interessenvertretung der zuständigen Berufsverbände im Gesund­heits­bereich

12. Punkt: Bericht über den Antrag 2328/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheitsberufe-Register durch überbetrieb­liche Interessenvertretungen

13. Punkt: Bericht über den Antrag 2324/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheitsberufe-Registrierung durch MTD-Austria

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2013) und mit dem das MTD-Gesetz geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2013)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwarenein­fuhr­gesetz 2010, das Gewebesicherheitsgesetz, das Rezeptpflichtgesetz und das Gesund­heits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden

16. Punkt: Bericht über den Antrag 2327/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Verbesserung der Situation der chronischen Schmerzpatienten in Österreich

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gehaltskassengesetz 2002 geändert wird

18. Punkt: Bericht über den Antrag 2135/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Einführung eines Gesundheitsbonus

19. Punkt: Bericht über den Antrag 2306/A(E) der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Kostenbeteiligung in der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft

20. Punkt: Bericht über den Antrag 2030/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gratisabgabe von Kondomen für Jugendliche bis 18 Jahren

21. Punkt: Bericht über den Antrag 2346/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung des Perso­nenkreises der entschädigungsberechtigten Thalidomid- beziehungsweise Contergan-Geschädigten

22. Punkt: Bericht über den Antrag 2290/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung der Hausärztin/des Hausarztes


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 3

23. Punkt: Bericht über den Antrag 2347/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konzept „Gesundheit“

24. Punkt: Bericht über den Antrag 1070/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakkonsum und dessen negativen gesundheitlichen Folgen

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetz geändert wird

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bangseuchen-Gesetz, das Rinderleu­kose­gesetz und das Bundesgesetz zur Bekämpfung der Infektiösen Bovinen Rhinotracheitis und der Infektiösen Pustulösen Vulvovaginitis aufgehoben wird

27. Punkt: Bericht über den Antrag 2323/A der Abgeordneten Peter Haubner, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschafts­gesetz 2011 und das Energie-Control-Gesetz geändert werden

28. Punkt: Bericht über den Antrag 2353/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Unterstützung der durch die jüngsten Naturkatastrophen beeinträchtigten Tourismusbetriebe

29. Punkt: Bericht über den Antrag 2352/A(E) der Abgeordneten Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Gabriel Obernosterer, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Gerhard Huber, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesamtkonzept Touris­mus im ländlichen Raum

30. Punkt: Bericht über den Antrag 1226/A der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WGG) geändert wird

31. Punkt: Bericht über den Antrag 2228/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Besteuerung von Rücklagen gemeinnütziger Wohnbaugenossenschaften, die die Grenze von 10 Prozent der Bilanzsumme überschreiten

32. Punkt: Bericht über den Antrag 2229/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Zwangszugehörigkeit gemein­nütziger Wohnbaugenossenschaften zu nach Art. 1 § 5 (2) WGG definierten Revisions­verbänden

33. Punkt: Bericht über den Antrag 2255/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die unangemessen hohe Verzinsung von Eigenmitteln gemeinnütziger Wohnbauträger

34. Punkt: Bericht über den Antrag 2256/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen den Drehtüreffekt im gemeinnützigen Wohnbau

35. Punkt: Bericht über den Antrag 2263/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Platz für Spekulanten im gemein­nützigen Wohnbau

36. Punkt: Bericht über den Antrag 2264/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennung von Gemeinnützigkeit und Privatwirtschaft


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 4

37. Punkt: Bericht über den Antrag 2343/A(E) der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spekulationsverbot für gemeinnützige Bauvereini­gungen

38. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Entwicklungshelfergesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden

39. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Agen­tur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts über den Sitz des Back-up-Systems der Agentur

40. Punkt: Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 2304/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Dr. Peter Fichten­bauer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird

41. Punkt: Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 2305/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Dr. Peter Fichten­bauer, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, sowie über den

Antrag 1623/A der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen be­tref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Dr. Peter Fichtenbauer                            26

Angelobung der Abgeordneten Mag. Karin Greiner und Hans-Jörg Jenewein ....... 26

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 26

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung – Einwendungen finden keine Mehrheit ......................  26, 27

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 14186/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 51

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 189

Redner/Rednerinnen:

Christoph Hagen ...............................................................................................  189, 199

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 191

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 192

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 193

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 195


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 5

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 196

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 198

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 51

Antrag der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen, den Bericht des Ge­sund­heitsausschusses über die Regierungsvorlage (2445 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen (Ge­sund­heits­beruferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Kran­ken­pflegegesetz geändert wird (2555 d.B.), gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Ge­schäfts­ordnung an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung .....................................  229, 230

Antrag der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen, den Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2444 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2013) und mit dem das MTD-Gesetz geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2013) (2559 d.B.), gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ............................................................................  230, 230

Aktuelle Stunde (56.)

Thema: „Väter sind kein Bankomat!“ ........................................................................ 27

Redner/Rednerinnen:

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 27

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................. ..... 30

Gabriele Binder-Maier ................................................................................................. 33

Ridi Maria Steibl ........................................................................................................... 34

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 35

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ..... 37

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 39

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 40

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 42

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ..... 43

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ..... 44

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 46

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 48

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 26

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 49

Auslieferungsbegehren

gegen die Abgeordnete Dr. Gabriela Moser ................................................................. 50

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an den Bundes­minister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend: Gewerkschaft blockiert – Wirtschaft verliert (15326/J)                131

Begründung: Ing. Robert Lugar .................................................................................. 135


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 6

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 141

Debatte:

Martina Schenk ........................................................................................................... 148

Dr. Sabine Oberhauser, MAS (tatsächliche Berichtigung) ....................................... 150

Wolfgang Katzian .................................................................................................... ... 151

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 153

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 155

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 158

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 161

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 163

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 164

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 165

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 167

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 169

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 171

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 173

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 175

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 176

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 178

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 180

Ing. Franz Windisch ................................................................................................ ... 181

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 183

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 184

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 186

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2361 d.B.): 2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich, Oberösterreich und Wien über Vorhaben des Hochwasserschutzes im Bereich der österreichischen Donau (2471 d.B.)                          51

2. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2355/A(E) der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend 2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über Vorhaben des Hoch­wasserschutzes im Bereich der österreichischen Donau, beschleunigte Ab­wick­lung der geplanten Projekte (2472 d.B.) ....................................................................................... 51

Redner/Rednerinnen:

Anton Heinzl ............................................................................................................ ..... 52

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ..... 53

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 55

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 56

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 57

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 58

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ..... 61

Dietmar Keck ........................................................................................................... ..... 63

Dorothea Schittenhelm ............................................................................................... 64

Christoph Hagen (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 66

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ..... 66

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 68

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 71

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ..... 72

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ..... 74

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ..... 76


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 7

Angela Lueger (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 77

Karl Donabauer (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 77

Mag. Josef Auer (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) .............................. 78

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kollegin und Kolle­gen betreffend Rücknahme der Erhöhung der Parteienförderung von 2,41 € auf 4,60 € pro Wahlberechtigten zugunsten der Hochwasseropfer – Ablehnung................................................................................ 60, 78

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hochwasserschutzversicherung – Ablehnung .......................................................  70, 78

Genehmigung der Vereinbarung in 2471 d.B. ................................................................ 78

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2472 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend 2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über Vorhaben des Hochwasserschutzes im Bereich der österreichischen Donau, beschleunigte Abwicklung der geplanten Projekte (E 311)                        78

3. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2443 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschiff­fahrts­gesetz geändert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2013) (2473 d.B.) ...................................................................................................................... 79

Redner/Rednerinnen:

Peter Stauber .......................................................................................................... ..... 79

Johann Singer ......................................................................................................... ..... 80

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ..... 80

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 81

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 81

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ..... 82

Johann Hell .............................................................................................................. ..... 83

Johann Rädler ......................................................................................................... ..... 85

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 85

4. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2339/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Anton Heinzl, Mag. Karin Hakl, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Mag. Rainer Widmann, Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend barrierefreie Telekommunikation als wichtiger Beitrag zur Gleichstellung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen und über den

Antrag 750/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Schaffung einer Telefonvermittlungszentrale für gehörlose, hör- und sprechbehinderte sowie taubblinde Menschen (2474 d.B.) ......................................................................................................................................... 86

Redner/Rednerinnen:

Mag. Rosa Lohfeyer ..................................................................................................... 86

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 87

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ..... 88

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 88

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 89

Stefan Markowitz .................................................................................................... ..... 89

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ..... 90

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2474 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend barrierefreie Telekommunikation als wichtiger Beitrag zur Gleichstellung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen (E 312) .................................................................................................. 91


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 8

5. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Bericht der Bundesregierung betreffend Österreichische Sicherheitsstrategie Sicherheit in einer neuen Dekade – Sicherheit gestalten (III-218/2524 d.B.) ................................................................................................................ 91

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ..... 91

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 93

Kurt List ................................................................................................................... ..... 95

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ..... 96

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ..... 97

Mario Kunasek ........................................................................................................ ..... 98

Herbert Scheibner .............................................................................................  100, 106

Bundesminister Mag. Gerald Klug ....................................................................... ... 102

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 105

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 107

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 109

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ... 110

Otto Pendl ................................................................................................................... 111

Günter Kößl ................................................................................................................ 112

Mag. Christine Lapp, MA ........................................................................................... 113

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 114

Kenntnisnahme des Berichtes III-218 d.B. ................................................................... 115

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2524 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend eine neue Österreichische Sicherheitsstrategie (E 313) ..................................................... 115

6. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungs­vorlage (2200 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeres­disziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatz­gesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Muni­tions­lagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 sowie das Truppen­auf­enthaltsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungs­gesetz – Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport – VwGAnpG-BMLVS) (2523 d.B.)               115

Redner/Rednerinnen:

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 116

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 120

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 122

Kurt List ................................................................................................................... ... 122

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 124

Bundesminister Mag. Gerald Klug ....................................................................... ... 124

Peter Stauber .......................................................................................................... ... 125

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ... 126

Entschließungsantrag der Abgeordneten Oswald Klikovits, Stefan Prä­hau­ser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Legislativmaßnahmen im Zusammenhang mit der Wehrdienstreform – Annahme (E 314) .................................................................................................................  121, 127

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 127

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2360/A der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Psychologengesetz geändert wird (2572 d.B.) ............................................................ 128


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 9

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2398 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Kinderbe­treuungsgeldgesetz geändert werden (2553 d.B.)             ............................................................................................................................. 128

9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2356/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende Untersuchungen durch einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten und verpflichtende zahnärztliche Untersuchung im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (2554 d.B.) ............................................................................ 128

Redner/Rednerinnen:

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 128

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 129

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 199

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 201

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 204

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 205

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 206

Johann Hechtl ............................................................................................................. 207

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 209

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 209

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 211

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme der Arbeits- und Organisationspsychologie in das Psychologengesetz – Ablehnung  203, 213

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2572 und 2553 d.B. ..................................... 213

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2554 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend verpflichtende Hals-, Nasen- und Ohrenuntersuchung durch einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenerkrankungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (E 315) ............................ 214

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2445 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlas­sen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (2555 d.B.)               ............................................................................................................................. 214

11. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2307/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend rasche Umsetzung der Gesundheitsberufe-Registrierung durch die überbetriebliche Interessenvertretung der zuständigen Berufsverbände im Gesundheitsbereich (2556 d.B.)     ............................................................................................................................. 214

12. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2328/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesund­heitsberufe-Register durch überbetriebliche Interessenvertretungen (2557 d.B.) .............................................................................. 215

13. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2324/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheitsberufe-Registrierung durch MTD-Austria (2558 d.B.) ........................................................................................................ 215

14. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2444 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2013) und mit dem das MTD-Gesetz geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2013) (2559 d.B.) .................................. 215


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 10

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 215

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 216

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 217

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 219

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 221

Wilhelm Haberzettl ................................................................................................. ... 222

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 223

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 224

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 225

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 226

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 228

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 228

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheitsberufe­register-Gesetz – Annahme (E 316)  200, 231

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2555 und 2559 d.B. ..................................... 230

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 2556, 2557 und 2558 d.B. .................... 231

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2446 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwaren­ein­fuhrgesetz 2010, das Gewebesicherheitsgesetz, das Rezeptpflichtgesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden (2560 d.B.)    ............................................................................................................................. 231

16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2327/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Verbes­se­rung der Situation der chronischen Schmerzpatienten in Österreich (2561 d.B.) .................................................................................................. 231

17. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2377 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gehaltskassengesetz 2002 geändert wird (2562 d.B.) ................................ 231

18. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2135/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Einführung eines Gesundheitsbonus (2563 d.B.)                     232

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2306/A(E) der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Kostenbeteiligung in der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) (2564 d.B.) .............. 232

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2030/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gratisabgabe von Kondomen für Jugendliche bis 18 Jahren (2565 d.B.) ................................................................................................... 232

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2346/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung des Personenkreises der entschädigungsberechtigten Thalidomid- beziehungsweise Contergan-Geschädigten (2566 d. B.)         ............................................................................................................................. 232

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2290/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwer­tung der Hausärztin/des Hausarztes (2567 d.B.)          ............................................................................................................................. 232


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 11

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2347/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kon­zept „Gesundheit“ (2568 d.B.)                         232

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1070/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakkonsum und dessen negativen gesundheitlichen Folgen (2569 d.B.) ............... 232

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 233

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 234

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 235

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 236

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 238

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 240

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 241

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 242

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 243

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 243

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 244

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 245

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 245

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 246

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 247

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 248

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Sicherstellung des Rettungswesens für Versicherte der steirischen Gebietskrankenkasse – Ablehnung              239, 249

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2560 und 2562 d.B. ..................................... 249

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2561 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Verbesserung der Situation der SchmerzpatientInnen in Österreich (E 317) ............. 249

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 2563, 2564, 2566 und 2568 d.B. ........... 250

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2565 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Aufklärung und Prävention zum Schutz von Jugendlichen und Kindern (E 318) ........ 250

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2567 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Aufwertung der Hausärztin/des Hausarztes (E 319) ................................................... 250

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2569 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakkonsum und dessen negativen gesundheitlichen Folgen (E 320)         ............................................................................................................................. 250

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2400 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Ver­braucher­schutzgesetz geändert wird (2570 d.B.)                     251

26. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2376 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bangseuchen-Gesetz, das Rinderleu-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 12

kose­gesetz und das Bundesgesetz zur Bekämpfung der Infektiösen Bovinen Rhinotracheitis und der Infektiösen Pustulösen Vulvovaginitis aufgehoben wird (2571 d.B.) ....................................................................................................................................... 251

Redner/Rednerinnen:

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 251

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 252

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 253

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 254

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 255

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 255

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2570 und 2571 d.B. ..................................... 256

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 2323/A der Abgeordneten Peter Haubner, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011 und das Energie-Control-Gesetz geändert werden (2389 d.B.) .............................................................. 257

Redner/Rednerinnen:

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 257

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 258

Wolfgang Katzian .................................................................................................... ... 307

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 308

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 309

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 310

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 311

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 313

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 314

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 316

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 316

Gemeinsame Beratung über

28. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 2353/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Maßnahmen zur Unterstützung der durch die jüngsten Naturkatastrophen beeinträchtigten Tourismusbetriebe (2476 d.B.) .......................................................... 317

29. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 2352/A(E) der Abgeordneten Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Gabriel Obernosterer, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Gerhard Huber, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesamtkonzept Tourismus im ländlichen Raum (2477 d.B.)   ............................................................................................................................. 317

Redner/Rednerinnen:

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 317

Johann Hell .............................................................................................................. ... 319

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 320

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 321

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 323

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 324

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 326

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 328

Mag. Rosa Lohfeyer ............................................................................................... ... 329


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 13

Maximilian Linder ................................................................................................... ... 330

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 331

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Unterstützung für die von den Alpinvereinen bereitgestellte Infrastruktur für nachhaltigen Alpintourismus – Ablehnung ............................................................................................................  322, 332

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend keine Mehrwertsteuererhöhung auf Logis – Ablehnung ................................................  325, 332

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2476 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen zur Unterstützung der durch die jüngsten Naturkatastrophen beeinträchtigten Tourismusbetriebe (E 321) .......................................................................................................................... 332

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2477 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Gesamtkonzept Tourismus im ländlichen Raum (E 322) ........................................... 332

Gemeinsame Beratung über

30. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 1226/A der Abge­ordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungs­wesen (WGG) geändert wird (2478 d.B.) ................. 332

31. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2228/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein­führung einer Besteuerung von Rücklagen gemeinnütziger Wohnbaugenossen­schaften, die die Grenze von 10 Prozent der Bilanzsumme überschreiten (2479 d.B.)         ............................................................................................................................. 332

32. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2229/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auf­hebung der Zwangszugehörigkeit gemeinnütziger Wohnbaugenossenschaften zu nach Art. 1 § 5 (2) WGG definierten Revisionsverbänden (2480 d.B.)   ............................................................................................................................. 332

33. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2255/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die unangemessen hohe Verzinsung von Eigenmitteln gemeinnütziger Wohnbau­träger (2481 d.B.) ................................................................ 333

34. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2256/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen den Drehtüreffekt im gemeinnützigen Wohnbau (2482 d.B.) ................................................................................................... 333

35. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2263/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Platz für Spekulanten im gemeinnützigen Wohnbau (2483 d.B.) .................................................................................................................... 333

36. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2264/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennung von Gemeinnützigkeit und Privatwirtschaft (2484 d.B.) ................................................................................................................................... ... 333

37. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2343/A(E) der Ab­ge­ordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Speku­lationsverbot für gemeinnützige Bauvereinigungen (2485 d.B.) .................................................................................................................... 333

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 333

Johann Singer ......................................................................................................... ... 335


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 14

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 336

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 338

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 339

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 340

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 341

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 342

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 343

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 343

Johann Hell .............................................................................................................. ... 344

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 344

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 345

Kenntnisnahme der acht Ausschussberichte 2478, 2479, 2480, 2481, 2482, 2483, 2484 und 2485 d.B.              ............................................................................................................................. 346

38. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (2375 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Entwicklungshelfergesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2450 d.B.) ........................................................................................ 347

Redner/Rednerinnen:

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 347

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 349

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 350

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 351

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 351

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 352

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 352

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 353

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Bayr, Franz Glaser, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eindämmung von Nahrungsmittelspekulation und stärkere Regulierung des Derivathandels mit landwirtschaftlichen Rohstoffen – Annahme (E 323)          348, 354

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 353

39. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (2363 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Euro­päischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts über den Sitz des Back-up-Systems der Agentur (2451 d.B.) ...................................................................................................... 354

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 354

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ............................................................................... ... 355

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 356

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 356

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 357

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 357

Gemeinsame Beratung über

40. Punkt: Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 2304/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Dr. Peter Fichten­bauer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (2494 d.B.) ............................................................. 357


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 15

41. Punkt: Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 2305/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Dr. Peter Fichtenbauer, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, sowie über den

Antrag 1623/A der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geän­dert wird (2495 d.B.) ................... 357

Redner/Rednerinnen:

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ... 357

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 358

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ... 359

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 359

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 359

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2494 und 2495 d.B. in zweiter Lesung ........ 359

Eingebracht wurden

Berichte ......................................................................................................................... 50

Vorlage 136 BA: Monatserfolg Mai 2013; BM f. Finanzen

III-430: Lebensmittelsicherheitsbericht 2012; BM f. Gesundheit

III-431: Kulturbericht 2012; BM f. Unterricht, Kunst und Kultur

III-432: Kunstbericht 2012; Bundesregierung

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................. 50

Aufnahme der Verhandlungen zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 23. Juni 1977 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Tunesien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 516/1978

Aufnahme der Verhandlungen zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 4. August 2005 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppel­besteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 49/2007

Aufnahme der Verhandlungen zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 9. April 1981 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Öster­reich und der Republik der Philippinen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, BGBl. Nr. 107/1982

Antrag der Abgeordneten

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen betreffend Mindestgeschwindigkeit von 110 km/h auf der Überholspur bei zweispurigen Autobahnen (2371/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 16

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Verzugszinssatz bei ausste­henden Versicherungsbeiträgen der SVA 2012 (15282/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Freiwillige Arbeitslosen­versiche­rung für Selbständige (15283/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Befreiung vom Kostenanteil bei geringen Einkünften in der SVA 2012 (15284/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Beantwortung von Anfragen zur Bundesbeschaffung GmbH (BBG) (15285/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Offenlegung möglicher Kontakte des Innenministeriums zum US-Geheimdienst NSA (15286/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend aktuelles Führerscheingesetz (15287/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend derzeitigen Verhandlungsstand mit dem deutschen Finanzministerium bezüglich Bezieher deutscher Renten (15288/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15289/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15290/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15291/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15292/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15293/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15294/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15295/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15296/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15297/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 17

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Besetzung von Leitungsfunk­tionen (15298/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15299/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15300/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15301/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Besetzung von Leitungsfunktionen (15302/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Zahlungen im Zusammenhang mit den Privatisierungen 2000 bis 2006/Börsegang der Post AG (15303/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zahlungen im Zusammenhang mit den Privatisierungen 2000 bis 2006/Bör­se­gang der Post AG (15304/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundeskanzleramts beziehungsweise der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst im Jahr 2013 und darüber hinaus (15305/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes­ministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten im Jahr 2013 und darüber hinaus (15306/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundesminis­teriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz im Jahr 2013 und darüber hinaus (15307/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finan­zen betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Finanzen im Jahr 2013 und darüber hinaus (15308/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Gesundheit im Jahr 2013 und darüber hinaus (15309/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Inneres beziehungsweise des Integrationsstaatssekretariats im Jahr 2013 und darüber hinaus (15310/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Justiz im Jahr 2013 und darüber hinaus (15311/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport im Jahr 2013 und darüber hinaus (15312/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 18

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Jahr 2013 und darüber hinaus (15313/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur im Jahr 2013 und darüber hinaus (15314/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundesminis­teriums für Verkehr, Innovation und Technologie im Jahr 2013 und darüber hinaus (15315/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministe­riums für Wirtschaft, Familie und Jugend im Jahr 2013 und darüber hinaus (15316/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Umsetzung des SP/VP-Regierungsprogrammes für die XXIV. Gesetzgebungsperiode im Bereich Wissenschaft und Forschung: „Weiter­entwicklung des Universitätsgesetzes 2002“ (15317/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Umsetzung des SP/VP-Regierungsprogrammes für die XXIV. Gesetzgebungsperiode im Bereich Wissenschaft und Forschung: „Bekenntnis zum Ziel 2% BIP in tertiäre Bildung“ (15318/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Umsetzung des SP/VP-Regierungsprogrammes für die XXIV. Gesetzgebungsperiode im Bereich Wissenschaft und Forschung: „Neue Wege in der Qualitätssicherung nach europäischen Maßstäben“ (15319/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Umsetzung des SP/VP-Regierungsprogrammes für die XXIV. Gesetzgebungsperiode im Bereich Wissenschaft und Forschung: „Ein Österreichischer Hochschulplan“ (15320/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Umsetzung des SP/VP-Regierungsprogrammes für die XXIV. Gesetzgebungsperiode im Bereich Wissenschaft und Forschung: „Fortset­zung der Generalsanierungsoffensive für eine moderne Universitätsstruktur“ (15321/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend „Freier Eintritt“ – Inserat des BMUKK in „Österreich“ am 26. Juni 2013 (15322/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend düstere Bilanzaussichten für die Jahre 2014 und 2015 bei der WGKK (15323/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend N.N.’s Angaben bezüglich angeblich belegbarer Kontakte des Verfassungs­schutzes zu Neonazis (15324/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend menschenrechtliche Bedenken zu Verkauf von österreichischen Jagd-Panzern (15325/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 19

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend: Gewerkschaft blockiert – Wirtschaft verliert (15326/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend unzureichende Anfragebeantwortung 14327/AB (15327/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Inklusionspädagogik trotz „LehrerInnenbildung Neu“ (15328/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Nachhilfe für Lehrlinge (15329/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Nachhilfe für Lehrlinge (15330/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Nachhilfe für Lehrlinge (15331/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Durchgriffsrechte für Eltern gegen schlechte Lehrer (15332/J)

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ungereimtheiten bei Bohrungen in Hohenau bei den March-Thaya-Auen (15333/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Haltungsschäden bei Schulkindern (15334/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Haltungsschäden bei Schulkindern (15335/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Folgen bei Wegfall der Gebührenrefundierung für den ORF (15336/J)

Martina Schenk und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend „Keine diskriminierenden Angaben hinsichtlich des Personenstandes“ (15337/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend geleistete Arbeitsstunden für Verkehrsregelungen in der Polizeidirektion Wien (15338/J)

Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend mangelnde Unterstützung des Ent­schließungs­­antrages betreffend die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zusam­menarbeit zwischen Schulen und dem organisierten Sport bei Bewegungsangeboten im Rahmen von Betreuungsformen in den Schulen außerhalb des Regelunterrichts (15339/J)

Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend mangelnde Unterstützung des Ent­schließungs­antrages betreffend die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen Schulen und dem organisierten Sport bei Bewe­gungs­angeboten im Rahmen von Betreuungsformen in den Schulen außerhalb des Regelunterrichts (15340/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 20

Mag. Josef Lettenbichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Aufnahme der Vignettenkontrolle auf der A 12 Inntal Autobahn zwischen der Staatsgrenze bei Kiefersfelden und der Anschlussstelle Kufstein-Süd ab 1. Dezember 2013 (15341/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Missstände im Bereich des Landesschulrates für Nieder­österreich und Mobbing durch Beamte des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (15342/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Ausbau der Tagesbetreuung (15343/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend schwere Missstände im Jugendstrafvollzug (15344/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Aufträge an Demner, Merlicek & Bergmann (15345/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aufträge an Demner, Merlicek & Bergmann (15346/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Aufträge an Demner, Merlicek & Bergmann (15347/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Aufträge an Demner, Merlicek & Bergmann (15348/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Aufträge an Demner, Merlicek & Bergmann (15349/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Aufträge an Demner, Merlicek & Bergmann (15350/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Aufträge an Demner, Merlicek & Bergmann (15351/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend geplante Finanzierung des sozialen Wohnbau mit Pensionskassengeld (15352/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Entwicklung der Gemeinwirtschaft­lichen Leistungen (15353/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Reform des Wehrdienstes – Überarbeitung der Kriterien für die Tauglichkeit (15354/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Eigentumsdelikte im ersten Halbjahr 2013 in den Landeshauptstädten (15355/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Asylwesen im ersten Halbjahr 2013 (15356/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend unrechtmäßige Inanspruchnahme von sozialen Leistungen im ersten Halb­jahr 2013 (15357/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 21

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minis­ter für Gesundheit betreffend tatsächliche Zahl der Drogentoten (15358/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Teleradiologie (15359/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Auslastung der Betreuungseinrichtungen Juli 2013 (15360/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Untersuchungen zur Altersdiagnose im ersten Halbjahr 2013 (15361/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Fremdenkriminalität im ersten Halbjahr 2013 (15362/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Flugabgabe – Zusammensetzung und Entwicklung (15363/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gewaltdelikte im ersten Halbjahr 2013 in den Landeshauptstädten (15364/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gesamtkriminalität in Österreich im ersten Halbjahr 2013 (15365/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend Bilanzaussichten der Gebietskrankenkassen für die Jahre 2014 und 2015 (15366/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Kündigungen im Krankenstand (15367/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend die Kontamination von Obst und Gemüse mit Perchlorat (15368/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend österreichische Teilnahme an der Universiade in Kazan (RUS) (15369/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Überprüfung eines behaupteten Verwandtschaftsverhältnisses im ersten Halbjahr 2013 (15370/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend verschwundene Asylwerber im ersten Halbjahr 2013 (15371/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Aufenthaltsehen im ersten Halbjahr 2013 (15372/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Team­training/Teambildung (15373/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Teamtraining/Teambildung (15374/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Teamtraining/Teambildung (15375/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Teamtraining/Teambildung (15376/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 22

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Teamtraining/Teambildung (15377/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Teamtraining/Teambildung (15378/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Teamtraining/Teambildung (15379/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Teamtraining/Teambildung (15380/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport betreffend Teamtraining/Teambildung (15381/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Teamtraining/Teambildung (15382/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Teamtraining/Teambildung (15383/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Teamtraining/Teambildung (15384/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Teamtraining/Teambildung (15385/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Teamtraining/Teambildung (15386/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Sprach­kurse (15387/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Sprachkurse (15388/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Sprachkurse (15389/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Sprachkurse (15390/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Sprachkurse (15391/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Sprachkurse (15392/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Sprachkurse (15393/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Sprachkurse (15394/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Sprachkurse (15395/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 23

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Sprachkurse (15396/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sprachkurse (15397/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Sprachkurse (15398/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Sprachkurse (15399/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Sprachkurse (15400/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Coaching (15401/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Coaching (15402/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Coaching (15403/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Coaching (15404/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Coaching (15405/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Coaching (15406/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Coaching (15407/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Coaching (15408/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Coaching (15409/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Coaching (15410/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Coaching (15411/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Coaching (15412/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Coaching (15413/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Coaching (15414/J)

Ing. Hermann Schultes, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend dringenden Handlungsbedarf von Sa-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 24

nie­rung und Anpassung an den Stand der Technik der Hochwasserschutzbauten Marchfeld (15415/J)

Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Verkauf von heereseigenen Liegenschaften (15416/J)

Oswald Klikovits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Reform der Zentralstelle (15417/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolle­ginnen und Kollegen (14350/AB zu 14656/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (14351/AB zu 14657/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (14352/AB zu 14658/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (14353/AB zu 14669/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen (14354/AB zu 14651/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen (14355/AB zu 14652/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (14356/AB zu 14662/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen (14357/AB zu 14673/J, 14674/J, 14675/J, 14676/J, 14677/J, 14678/J, 14679/J, 14680/J, 14681/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (14358/AB zu 14660/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen (14359/AB zu 14671/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen (14360/AB zu 14672/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (14361/AB zu 14650/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Kolleginnen und Kollegen (14362/AB zu 14653/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (14363/AB zu 14666/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (14364/AB zu 14667/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 25

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (14365/AB zu 14663/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (14366/AB zu 14733/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (14367/AB zu 14739/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (14368/AB zu 14682/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Erich Tadler, Kollegin und Kollegen (14369/AB zu 14809/J)

*****

der Präsidentin des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (97/ABPR zu 98/JPR)

der Präsidentin des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (98/ABPR zu 99/JPR)

der Präsidentin des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (99/ABPR zu 100/JPR)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 26

09.05.38 Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren!

Ich eröffne die Sitzung und darf Sie bitten, sich auf Ihre Plätze zu begeben.

Die Amtlichen Protokolle der 211. und 212. Sitzung vom 27. Juni 2013 sind in der Parla­mentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Großruck, Kickl, Mag. Unterreiner, Zanger, Mag. Schatz und Ing. Westenthaler.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer heute durch Bundes­minister Alois Stöger vertreten wird.

09.06.19Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde sind die Mittei­lungen eingelangt, dass die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Dr. Peter Fich­ten­bauer auf ihre Mandate verzichtet haben und Frau Mag. Karin Greiner sowie Herr Hans-Jörg Jenewein neu in den Nationalrat berufen wurden.

Da die Wahlscheine bereits vorliegen und die Genannten im Hause anwesend sind, werde ich sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel und über Namensaufruf durch die Schriftführung werden die neuen Mandatare ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nun die Schriftführerin, Frau Mag. Lohfeyer, um die Verlesung der Gelöb­nisformel. – Bitte.

 


9.07.01

Schriftführerin Mag. Rosa Lohfeyer: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Mag. Lohfeyer leisten die Abgeordneten Mag. Karin Greiner (SPÖ) und Hans-Jörg Jenewein (FPÖ) die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich begrüße die neuen Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

09.07.30Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klubob­mann Bucher zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 27

9.07.49

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir erheben Einwendung gegen die Tagesordnung, weil wir seit mittler­weile über einem halben Jahr in diesem Haus darüber diskutieren und verhandeln, ein verfassungsrechtliches Spekulationsverbot zustande zu bringen.

Die Aufregung war anfangs sehr groß, das Bemühen war ebenfalls sehr groß. Letzt­endlich hat aber die Regierungsparteien Rot und Schwarz der Mut verlassen, sich gegen die Landeshauptleute und Landesfürsten durchzusetzen und ein Spekulations­verbot auch in die Verfassung zu schreiben.

Wir wollen, dass dieses Spekulationsverbot auch behandelt wird hier im Nationalrat, dass es auf die Tagesordnung kommt, ganz vorne hinkommt, an prominente Stelle, damit wir das im Interesse der Staatsbürger, der Steuerzahler in Österreich auch tat­sächlich umsetzen können! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

9.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Sie haben die Einwendungen gehört.

Herr Klubobmann Bucher hat im Sinne des § 50 der Geschäftsordnung schriftlich Ein­wen­dungen gegen die schriftlich mitgeteilte Tagesordnung der heutigen Sitzung erho­ben. Die Einwendungen bezwecken, die Berichte des Budgetausschusses 2183 bis 2187 der Beilagen als Tagesordnungspunkte auf die heutige Tagesordnung zu setzen.

Ich trete diesen Einwendungen nicht bei, weshalb der Nationalrat zu entscheiden hat. Da es keine Wortmeldungen dazu gibt, lasse ich auch gleich abstimmen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die den Einwendungen Rechnung tragen wollen – das heißt, die eben genannten Berichte des Budgetausschusses als Tagesordnungs­punkte 1 bis 5 auf die heutige Tagesordnung zu setzen –, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das findet nicht die Mehrheit.

Somit bleibt es bei der schriftlich mitgeteilten Tagesordnung für die heutige Sitzung.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III in voller Länge live übertragen wird.

09.09.59Aktuelle Stunde

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Väter sind kein Bankomat!“

(Ruf: Und Mütter sind keine Bumsmaschinen!)

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Bucher. Die Redezeit beträgt 10 Minu­ten. – Bitte.

 


9.10.01

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben für die heutige Aktuelle Stunde ein Thema gewählt, das eigent­lich eine sehr hohe Betroffenheit in Österreich auslöst, wenn man sich die familien­politischen Verhältnisse in unserem Land genauer ansieht. Es geht um die Situation der geschiedenen Väter, es geht darum, auch einmal das Blitzlicht auf jene Bevölke-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 28

rungs­gruppe zu richten, die oftmals bei familienpolitischen Überlegungen und vor allem familienpolitischen Entscheidungen unter den Tisch gekehrt wird.

Das ist notwendig im Sinne einer gleichberechtigten Gesellschaft und vor allem einer gleichberechtigten Familienpolitik, wo das Kindeswohl, wo auch das Wohl der Mütter, aber natürlich auch das Wohl der Väter gleichermaßen berücksichtigt werden muss. Und die Situation der geschiedenen Väter, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist oft geprägt von Nöten und Leid. Viele Väter, die geschieden sind, haben oft keine Exis­tenzgrundlage und sind oft auch nicht mehr in der Lage, eine neue Familie zu gründen. Daher wollen wir heute in der Aktuellen Stunde einmal den Scheinwerfer auf jene Bevöl­kerungsgruppe in unserem Land richten, die in den letzten Jahren vernach­lässigt worden ist und auf die tatsächlich niemand geschaut hat. (Beifall beim BZÖ sowie der Abgeordneten Strache und Ing. Hofer.)

Es ist so, dass wir ein Unterhaltsrecht haben und auch eine Familienpolitik betreiben, die nicht mehr nahe genug am Leben ist – am Leben der Menschen, am Leben der Familie, an der Lebenswirklichkeit unserer Bürger. Daher wollen wir einiges im Unter­halts­recht ändern und darauf hinweisen, dass wir in Österreich derzeit 1,1 Millionen Personen haben, die in Patchworkfamilien leben. Es ist nicht mehr so, dass das alte Familienbild des letzten Jahrtausends Anwendung findet, sondern wir müssen uns darauf konzentrieren, die veränderten Formen, Bedingungen des menschlichen Zu­sammenlebens, der Familiengründung auch in den politischen Fokus zu rücken, um daraus die richtigen Maßnahmen abzuleiten und Entscheidungen zu treffen.

17 000 Scheidungen pro Jahr, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei denen 19 000 Kinder betroffen sind, sind ein Faktum und ein Indiz dafür, dass sich die Gesellschaft verändert und wir diesen Veränderungen Rechnung tragen müssen. (Beifall beim BZÖ.) Über all diesen Ungerechtigkeiten im Familienrecht, im Unterhalts­recht steht für uns der einzig wichtige und richtige Grundsatz: Eine gemeinsame Obsorge muss umgesetzt werden! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kinder haben Anrecht auf Mutter und Vater. Wenn es uns gelingt, allen Parteien in diesem Haus gelingt, das Kindeswohl ins Zentrum aller familienpolitischen Überlegungen und Maßnahmen zu rücken, dann liegen wir richtig; denn die Kinder wollen eine intakte Familie, und sie wollen eine Mutter und einen Vater haben. Sie wollen keinen verstoßenen, geschiedenen Vater haben, sondern sie wollen einen aktiven Vater haben – mit Besuchsrecht, meine sehr geehrten Damen und Herren, für seine eigenen Kinder. Das ist heute keine Selbst­verständlichkeit, und wir wollen das zum Regelfall machen.

Der Regelfall muss es daher sein, dass geschiedene Väter auch Zugang zu ihren Kindern bekommen und dass sie auch gleichberechtigt als Erziehungsberechtigte angesehen werden. Wahrscheinlich kennt jeder von Ihnen eine geschiedene Mutter oder einen geschiedenen Vater, kennt die Sorgen und die Nöte, kennt die Lebens­umstände, in die sie dann gedrängt werden. Und wir sollten es uns zum Ziel machen, dass wir, was das Kindeswohl betrifft, keine Unterscheidung machen, ob das Kind aus einer ersten Ehe stammt oder in einer zweiten Lebensbeziehung auf die Welt gekom­men ist. Jedes Kind muss gleich viel wert sein  und das geradezu selbstverständlich vor dem Gesetz! (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen für diese geschiedenen Väter eine Existenzgrundlage schaffen, auf der sie ein neues Leben in einer neuen Partnerschaft aufbauen können, und ihnen nicht eine Existenz verweigern, indem wir ihnen keine finanziellen Grundlagen übrig lassen, um eine neue Beziehung einzugehen, eine neue Familie gründen zu können.


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Daher ist es wichtig, die Unterhaltsleistungen auf 50 Prozent des Einkommens zu begrenzen. Maximal 50 Prozent des Einkommens dürfen für Unterhalt zur Verfügung stehen. Derzeit haben wir in Österreich ein Existenzminimum von 783 €, in der Bun­des­republik Deutschland sind es 1 150 €. Daher ist es auch notwendig, das Existenz­minimum anzuheben. Ich gebe Ihnen ein Beispiel eines geschiedenen Vaters mit zwei Kindern, der netto eigentlich zu den etwas besser Verdienenden zählt. Er bekommt 1 800 € netto und muss pro Monat 684 € für seine beiden Kinder bezahlen. Ihm bleiben für die Neugründung einer Familie lediglich 1 116 € zur Verfügung. Jetzt frage ich Sie: Wie soll ein geschiedener Vater mit 1 116 € pro Monat eine Familie gründen? Wie soll das funktionieren? – Das ist unmöglich!

Das heißt, wir lassen es nicht zu, dass ein geschiedener Vater – aufgrund seiner Ver­pflich­tungen, die er zu leisten hat – eine weitere Lebensbeziehung und eine glückliche Familie gründen kann. Daher ist es notwendig, dass wir nach Abzug des Existenz­minimums alle Kinder gleich behandeln – egal, ob sie aus einer ersten Ehe stammen oder aus einer zweiten Lebensbeziehung hervorgehen.

Jedes Kind muss gleich viel wert sein – das ist unsere Devise und unserer politischer Ansatz! (Beifall beim BZÖ.)

Auf der anderen Seite gibt es armutsgefährdete Mütter (Zwischenruf bei der SPÖ), viele Mütter, die von dem Unterhalt, den sie vom Vater bekommen oder oftmals auch nicht bekommen, natürlich nicht leben können – völlig richtig. Wir wollen ja mit unserem neuen Familienmodell niemandem etwas wegnehmen. Wir wollen nur für eine Gleichberechtigung sorgen. Das ist der Ansatz, den wir haben, denn viele Mütter haben keinen Zugang zu den Unterhaltsleistungen des Vaters, weil er sie entweder nicht erfüllen kann oder arbeitslos ist. Das heißt, da muss der Staat in die Vorleistung springen. Da muss der Staat dafür sorgen, dass diese Mütter auch Geld haben für ihre Kinder, und da muss es eine Unterhaltsbevorschussung durch den Staat geben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine wichtige sozialpolitische Maßnahme, denn was kann wichtiger sein als eine Familie oder ein Kind? Daher ist es ganz entscheidend und wichtig, das auch umzusetzen. (Beifall beim BZÖ.)

Viele Väter leiden darunter, dass sie aufgrund der hohen Unterhaltsleistungen kein Geld für ihre zweite Familie mehr haben. Daher ist es notwendig, dass der Staat auch da unterstützt, indem man eines macht, nämlich dass Unterhaltsleistungen zumindest zu 50 Prozent von der Steuer abzugsfähig sind. Eine 50-prozentige Abzugsfähigkeit schafft einen größeren finanziellen Freiraum, um die zweite Familie auch finanzieren zu können. Das ist eine aus unserer Sicht wichtige familienpolitische Maßnahme, um jenen, die in einer neuen Gründungsituation nach einer Scheidung sind, auch finanziell auf die Beine zu helfen.

Wir wollen also eine Besserstellung für Mütter, Väter und natürlich Kinder. Das ist unser familienpolitischer Ansatz. Wir wollen diese Väterarmut in Österreich bekämpfen und dafür sorgen, dass der Väteranteil wieder steigt, dass Väter wieder Mut schöpfen dadurch, dass sie diese finanziellen Freiräume bekommen. Wir wollen, dass diese betrof­fenen Väter sich in einer gleichberechtigten Gesellschaft weiterentwickeln kön­nen und sie ein Recht darauf haben, dass ihnen geholfen und zugehört wird und dass ihren Lebensumständen auch vonseiten der Politik endlich einmal Rechnung getragen wird! (Beifall beim BZÖ.)

9.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Karl zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

 



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9.20.27

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Klubobmann Bucher hat angesprochen, dass es heute eine große Zahl an Patchworkfamilien gibt. – Sie haben völlig recht: Die familiären Strukturen haben sich verändert. Das ist ein Faktum, ob uns das gefällt oder nicht, ob wir das wollen oder nicht: Es ist die Realität. An diese Realität müssen sich natürlich auch die familienrechtlichen Regelungen anpassen, und das haben wir auch mit dem Familienrechtspaket getan.

Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie im Dezember des Vorjahres hier im Nationalrat das Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 beschlossen haben. Sie haben sich damit ganz bewusst der Thematik angenommen, dass es das Beste für das Kind ist, wenn Mutter und Vater für das Kind da sind. Auf das heutige Thema bezogen bedeutet das auch, dass die Vater-Kind-Beziehung, wie natürlich auch die Mutter-Kind-Beziehung, eben nicht bloß auf die Leistung des Unterhalts zu reduzieren ist.

In diesem Sinne sieht das Gesetz seit 1. Februar 2013 daher auch ausdrücklich vor, dass für das Kindeswohl verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen von ganz zentraler Bedeutung sind. Dem Umstand, dass Väter und auch Mütter bloß Geldmaschinen wären, die auf Abruf für ihre Kinder zahlen müssen, ohne irgend­welche Rechte zu haben, hat der österreichische Gesetzgeber daher ganz deutlich eine Absage erteilt.

Herr Klubobmann Bucher hat auch angesprochen, dass das Kindeswohl in das Zen­trum der gerichtlichen Entscheidung gerückt werden muss. – Da gebe ich Ihnen völlig recht. Und auch das haben wir mit dem bereits angesprochenen Familienrechtspaket umgesetzt. Wir haben erstmals das Kindeswohl ausführlich gesetzlich definiert. Damit ist das Kindeswohl der Maßstab für alle Entscheidungen beim Familiengericht – gleichgültig, ob es etwa um das Kontaktrecht geht, ob es um die Obsorge geht, et cetera.

Aber lassen Sie mich zu diesem so wichtigen Thema ein bisschen weiter ausholen. Das österreichische Familienrecht unterscheidet im Bereich der Obsorge, des Kontakt­rechts und des Unterhaltes nicht zwischen Vätern und Müttern; beide sind gleich zu behandeln. Es ist daher nicht so, dass Mütter automatisch mehr Rechte und Väter automatisch mehr Pflichten im Hinblick auf die Kinder haben. – Nein, dazu ist unsere Rechtslage wirklich ganz eindeutig: Die Rechte und Pflichten der Eltern sind für Väter und Mütter gleich!

Das gilt auch für das Verhältnis der Kinder zu ihren Eltern. Ein Kind hat ein Recht auf Vater und Mutter gleichermaßen. Natürlich weiß ich auch, dass das klassische Rollen­bild – die Mutter kümmert sich um die Kinder, der Vater arbeitet – vielfach, wenn auch nicht immer, gelebt wird. Das spiegelt sich dann auch in der Verteilung der rechtlichen Rollen bei oder nach der Trennung der Eltern wider. Vielfach betreut primär die Mutter die Kinder und kommt damit auch ihrer Unterhaltsverpflichtung nach. Der Vater leistet Geldunterhalt und hat Kontakt- und Informationsrechte. Dieses Klischee ist aber durch das Familienrecht keineswegs vorgegeben oder begünstigt. Genauso gibt es – das zeigt die Praxis ja auch in immer häufigeren Fällen – vermehrt Fälle mit umgekehrten Vorzeichen. Das heißt, der Vater betreut in erster Linie die Kinder, die Mutter arbeitet und zahlt Alimente. Auch diese Fälle gibt es natürlich.

Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang vor allem auch die Feststellung, dass Ob­sorge und Kontaktrecht einerseits und der Unterhalt für die Kinder andererseits ganz unterschiedliche Paar Schuhe sind. Das Funktionieren oder Nichtfunktionieren der Kontakt- oder der Informationsrechte kann nicht entscheidend für die Unterhalts-


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leistung sein, denn Streitigkeiten der Eltern dürfen nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden. Und sie dürfen vor allem nicht zulasten der Kinder gehen. Unter­halt ist natürlich etwas ganz anderes als etwa eine Prämie für das Wohlverhalten des Kindes oder für das Wohlverhalten des andern Elternteiles. Beide Aspekte müssen insofern getrennt gesehen werden. Andernfalls geraten Kinder in die Gefahr, durch die Auseinandersetzung ihrer Eltern auch materiell unter die Räder zu kommen.

Mir ist durchaus bewusst, dass es beim Besuchsrecht in der Praxis in der Vergan­genheit mitunter massive Probleme gegeben hat. Deshalb waren gerade auch Verbes­serungen in diesem Bereich ein ganz wichtiger Fokus bei der Familienrechtsreform. Aus dem Besuchsrecht wurde das Kontaktrecht – Kontaktrecht deshalb, weil ich der Meinung bin, kein Elternteil soll ein bloßer Besucher eines Kindes sein. Ein Elternteil muss mehr als ein Besucher sein. Ein Elternteil muss auch die Möglichkeit haben, den Alltag mit dem Kind zu leben.

So findet sich im neuen Familienrecht auch ein neuer Maßnahmenkatalog, der das Kontaktrecht besser durchsetzbar macht, denn das war ja immer ein großer Kritik­punkt: Wie kann man das frühere Besuchsrecht, das heutige Kontaktrecht besser durch­setzbar machen, und zwar in beide Richtungen? – Mit dem Familienrechtspaket ist das Kindschaftsrecht wirklich gerade im Bereich Kontaktrecht und Obsorge ganz entscheidend verbessert worden – immer mit dem Fokus, was das Beste für das Kind ist und was dem Kindeswohl am besten entspricht.

Aber lassen Sie mich noch einmal näher auf drei ganz zentrale Punkte dieses neuen Familienrechts eingehen. Erstens: die Schaffung der Familiengerichtshilfe. Diese ist ein ganz wichtiges Instrument zur Unterstützung der Familien und der Familienrichterinnen und -richter. Die Familiengerichtshilfe besteht aus Sozialarbeitern und Sozialarbei­terinnen, Psychologen und Psychologinnen, Pädagogen und Pädagoginnen. Sie haben die Aufgabe, bereits zu Beginn des Verfahrens auf die Eltern einzuwirken, dass sich die Eltern wieder mehr auf die Bedürfnisse der Kinder konzentrieren sollen. Sie dürfen nicht vergessen, dass es im Zuge einer Auseinandersetzung bei den Eltern zu Krän­kungen, zu Verletzungen kommt, und mit Hilfe der Familiengerichtshilfe soll es gelingen, dass die Eltern diese Verletzungen und Kränkungen zurückstellen und sich wieder mehr auf die Kinder, auf die Bedürfnisse der Kinder konzentrieren.

Es ist eben Aufgabe der Familiengerichtshilfe, möglichst zu Beginn des Verfahrens auf eine einvernehmliche Lösung der Eltern hinzuwirken, denn es ist das Beste für die Kinder, wenn es rasch eine gemeinsame Lösung der Eltern gibt.

Mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2013 hat die erste Etappe des bundesweiten Ausbaus der Familiengerichtshilfe begonnen. Wir haben nun in allen Ballungsräumen in Österreich die Familiengerichtshilfe eingerichtet, und bis zum 1. Juli 2014 soll die Familien­gerichts­hilfe österreichweit eingerichtet sein.

Wir haben auch ein neues Instrument eingeführt, nämlich den sogenannten Besuchs­mittler. Der Besuchsmittler hat die Aufgabe, die Eltern dabei zu unterstützen, das Besuchsrecht, neu: das Kontaktrecht auch wirklich umsetzen und in der Praxis leben zu können. Wir sehen sehr häufig, dass zwar vom Gericht das Kontaktrecht festgelegt wird, in der Praxis aber nicht von den Eltern gelebt wird, weil es Ressentiments oder Probleme gibt. Hier setzt der Besuchsmittler an. Der Besuchsmittler soll helfen, dass das Kontaktrecht in der Praxis tatsächlich umgesetzt, tatsächlich gelebt wird.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die neue Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung. Hier geht es ganz einfach darum, dass rasch eine vorläufige Entschei­dung getroffen werden soll, damit es nicht aufgrund eines langen Gerichtsverfahrens zur Entfremdung des Kindes von einem Elternteil kommt. Wir wollen, dass das Kind auch während dieser Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung Kontakt zu bei-


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den Elternteilen hat. Da ist es eben auch ganz wichtig, dass in dieser Phase beide Elternteile Verantwortung übernehmen. Beide Elternteile sollen Rechte und Pflichten für das Kind wahrnehmen, denn Verantwortung übernehmen heißt natürlich Rechte und Pflichten wahrnehmen. Und beide Elternteile haben Interesse daran, sich kon­struktiv in dieser Phase einzubringen, weil ihr Verhalten in dieser Phase auch in die endgültige Entscheidung betreffend die Obsorge einfließen wird.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die gemeinsame Obsorge als Regelfall. Ich habe schon erwähnt: Ich bin überzeugt davon, dass es für das Kind am besten ist, wenn Mutter und Vater für das Kind da sind. Und deshalb bin ich überzeugt davon, dass in der Regel die gemeinsame Obsorge für das Kind am besten ist. Des­wegen haben wir Regelungen geschaffen, durch die die gemeinsame Obsorge zum Regelfall wird, weil nunmehr im Gegensatz zu früher auch bei streitigen Schei­dungen das Gericht die Möglichkeit hat, die Eltern mit der gemeinsamen Obsorge zu betrauen. Früher gab es ja im Falle einer streitigen Scheidung nur die Möglichkeit, entweder Mutter oder Vater mit der Obsorge zu betrauen. Nunmehr gibt es eben auch die Möglichkeit, beide Elternteile mit der gemeinsamen Obsorge zu betrauen, und das wird auch zum Regelfall werden.

Das ergibt sich auch bereits aus der Literatur zum Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013, wo davon gesprochen wird, dass mangels anderer Anhalts­punkte im Zweifel vom Gericht die gemeinsame Obsorge, nicht die alleinige Obsorge eines Elternteiles anzuordnen ist. – Dieser Literatur stimme ich natürlich vollinhaltlich zu.

Der dritte Punkt, den ich aus dem Familienrechtspaket ansprechen möchte, betrifft das uneingeschränkte Antragsrecht der ledigen Väter. Erinnern Sie sich, dass wir vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und vom Verfassungsgericht verurteilt worden sind, weil es bei ledigen Kindern die Mutter verhindern konnte, dass der Vater einen Antrag auf Obsorge stellt. Nunmehr wurde dieses Vetorecht der Mutter beseitigt, der Vater kann auch gegen den Willen der Mutter einen Antrag auf Obsorge stellen. Und es liegt dann am Familienrichter, an der Familienrichterin, zu entscheiden, was dem Kindeswohl in einem solchen Fall am besten entspricht. Entspricht die gemein­same Obsorge oder die alleinige Obsorge eines der beiden Elternteile dem Kindeswohl am besten? – Das ist allein vom unabhängigen Richter, von der unabhängigen Richterin zu entscheiden. Diese Entscheidung wird natürlich auch durch die bereits angesprochenen begleitenden Maßnahmen, wie die Familiengerichtshilfe oder den Besuchsmittler erleichtert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen also, es wurden sehr vielfältige Schritte unternommen, um das Kindschaftsrecht und ganz besonders das Kontaktrecht und auch das Kindeswohl noch weiter zu stärken. Diese Maßnahmen werden aber natürlich nicht von heute auf morgen alle Probleme in diesem Bereich lösen können, auch das ist völlig klar, aber diese Maßnahmen werden ganz wesentlich zur Verbes­serung der Situation aller Beteiligten beitragen. Das zeigen auch schon die Rückmel­dungen aus der Praxis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Kindeswohl erfordert aber nicht nur Vater und Mutter, die sich um das Kind persönlich kümmern, sondern es müssen natürlich auch die materiellen Bedürfnisse des Kindes gesichert sein. Und damit bin ich beim Thema Kindesunterhalt. Unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls muss es das primäre Anliegen sein, Kinder aus gescheiterten Beziehungen gegenüber Kindern aus funktionierenden Beziehungen nicht zu benachteiligen. Faktisch wird sich das vielfach nicht vermeiden lassen, weil eine Trennung auch das Auseinanderfallen der – unter Anführungszeichen – „Wirtschaftsgemeinschaft Familie“ bedeutet, was auch mit Ver­lusten in diesem Bereich verbunden ist.


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Das Bestreben ist aber klar: Wir müssen diese Verluste – und damit meine ich Verluste im materiellen Sinn, aber auch immaterielle Verluste – so weit wie möglich in Grenzen halten, denn wir müssen uns immer vor Augen halten, Kinder müssen in ihrer Exis­tenz – und das betrifft zu einem wesentlichen Anteil auch die materielle Existenz – gesichert werden. Die Verantwortung für die Kinder muss unabhängig von einer Tren­nung der Eltern aufrechterhalten werden – und das gilt natürlich für Väter und Mütter wiederum gleichermaßen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

9.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde gemäß § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


9.33.08

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der Titel der Aktuellen Stunde hat mich doch etwas befremdet, denn ich gehe davon aus, dass Männer wahrlich keine Geldscheine spuckenden Maschinen sind, sondern dass sie Menschen sind, die mitleidsfähig sind, die Verantwortungsbewusstsein und auch Gefühle haben und auch dementsprechend handeln. Denn, meine Damen und Herren, nach Trennungen, nach Scheidungen, würde ich meinen, gibt es drei Kategorien von Vätern: Väter, die ihre Pflichten, ihre Unterhaltsleistungen sehr ernst nehmen und diesen auch nachkommen; Väter, die diese Pflichten völlig missachten, durch Abwesenheit glänzen und auch nicht bezahlen; und Väter, die sich selber im Unrecht sehen.

Meine Damen und Herren, es wurde schon erwähnt, dass 90 Prozent der Trennungen in Österreich einvernehmlich sind, bei 10 Prozent der Trennungen jährlich gibt es Probleme, die nicht wegzuwischen sind, aber grundsätzlich geht es um Unterstützung, um Hilfestellung und vor allen Dingen auch um Verpflichtungen Kindern gegenüber. Diese haben auch ein Recht darauf.

Herr Klubobmann Bucher, da Sie gemeint haben, es darf nicht Kinder unterschiedlicher Kategorien geben: Das Familienfördersystem in Österreich macht keine Unterschiede. (Abg. Scheibner: Aber beim Unterhalt!)

Auch wenn sich Väter, Mütter, Eltern trennen, bleibt die Verantwortung für Kinder aufrecht. Meiner Meinung nach ist es selbstverständlich, dass auf Erwachsenenebene zu gemeinsamen Lösungen gekommen werden muss. Befindlichkeiten – die Frau Ministerin hat darauf hingewiesen – wie Kränkungen, Enttäuschungen, Verletzungen sind natürlich bei einer Trennung da, aber die gemeinsamen Kinder dürfen nicht zu einem Spielball im Match der Unvernünftigen gemacht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dieses Thema ist nicht dazu da, um populistisch zu agieren und zu argumentieren, ich denke, es ist an der Zeit, dass wir im Unterhaltsrecht Änderungen herbeiführen müssen, bestehende Lücken schließen müssen und Unge­rechtigkeiten beseitigen müssen. Zum Beispiel: die Gewährung des Unterhaltsvor­schusses bis zum Ende der Ausbildung der Kinder oder die Gewährung des Unter­halts­vorschusses, wenn sich der zum Zahlen Verpflichtete in Haft befindet, oder die Aufnahme von Standards der Beweisführung bei der Festsetzung des Unterhaltes. Natürlich kann über die Höhe und die Berechnung des Regelbedarfs diskutiert werden, aber auf keinen Fall, meine Damen und Herren, zu Ungunsten der Kinder oder zu Ungunsten der Frauen.

Selbstverständlich haben Väter und Mütter das Recht auf ein Leben nach einer Trennung, Herr Klubobmann, keine Frage, aber die Verantwortung für das Leben, das


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bis dahin geführt wurde, kann und darf nicht einfach abgegeben werden, vergessen werden oder verleugnet werden, noch dazu, wenn Kinder in dieser Beziehung sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Modell einer Bevorschussung durch den Staat in allen Fällen ist meiner Ansicht nach diskussionswürdig. Der Staat zahlt in erster Instanz und holt sich das ausbezahlte Geld vom jeweiligen Unterhaltszahler, von der Unterhaltszahlerin zurück. Ich bin der Meinung, das wäre ein positiver Ansatz – und viele Unannehmlichkeiten würden dadurch beseitigt werden.

Tatsache ist, dass die Höhe des Unterhaltsanspruches von der Leistungsfähigkeit der Eltern und dem Bedarf sowie dem Alter des Kindes abhängt und einerseits ein Elternteil, bei dem das Kind lebt, betreut und versorgt wird, dadurch seinen Beitrag leistet, der andere Elternteil zur Leistung von Geldunterhalt, von sogenannten Alimen­ten, verpflichtet wird. Es sind immer Einzelfallentscheidungen. Das ist gut und richtig und auch unter dem Aspekt zu betrachten, meine Damen und Herren, dass sich auch in aufrechten Beziehungen die Männer oft sehr nobel zurückhalten, wenn es darum geht, Hausarbeit oder Kinderbetreuung zu übernehmen. Wir wissen, dass die unbe­zahlte Arbeit nach wie vor in den Händen der Frauen liegt.

Die Frau Ministerin hat schon auf die neue Familienrechtsnovelle hingewiesen und deren wesentlichen Punkte hervorgehoben. Ich möchte meine Ausführungen mit einem Beitrag von Elfriede Hammerl im „profil“ beenden. Ich zitiere: „Heißt kurz gesagt: Die Männerrechtler wollen keine tradierten Pflichten, aber offenbar die alten Vorrechte wieder zurück.“

Für uns geht es um ein Vorwärts und um Gerechtigkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Musiol.)

9.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Steibl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.38.49

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Verehrte ZuseherInnen zu Hause! In Österreich gab es laut Statistik des Österreichischen Institutes für Familienforschung Ende 2012 780 000 Paare, also Ehe- und Lebensgemeinschaften, mit Kindern unter 18 Jahren im Haus­halt, dazu 73 000 Stief- und Patchworkfamilien und 145 000 alleinerziehende Mütter, davon 9 000 alleinerziehende Väter, um einmal das Bild hier gerade zu rücken.

All diese Familien, in welcher Form auch immer, haben dies nach ihren Umständen, nach ihren Möglichkeiten für sich selbst so entschieden, und ich gehe davon aus: für das Kindeswohl, wissend, dass die Realität manchmal anders gelagert ist. Aus Ver­zweif­lung über eine gescheiterte Beziehung, aus Sehnsucht danach, miteinander in einer Familie zu leben, werden Kinder – das stimmt – oft als Druckmittel gegenüber dem Partner eingesetzt, von Mutter zu Vater, von Vater zu Mutter.

Und da vergessen wir in unserer materialistischen Gesellschaft immer wieder, dass wir verstärkt auf Elternverantwortung hinarbeiten sollen und auch Partner- und Elternbildung forcieren sollten.

In diesem Zusammenhang möchte ich von dieser Stelle aus ein großes Dankeschön an die Beratungsstellen in Österreich zum Ausdruck bringen. Wir haben 21 Männer­beratungsstellen, 437 geförderte Familienberatungsstellen, 10 Gewaltschutzzentren und 87 geförderte Frauenservicestellen. Wenn man diese auch für die Prävention nützen würde, so könnte man hier auch einiges abfangen, weil diese Stellen dann


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eben in einer Situation, in der es nicht immer nur um Glück und Zufriedenheit geht, auch unterstützend eingreifen könnten.

Die Unterhaltsleistungen für die Kinder, für die Partner sind oft ein Zankapfel. Ja, ich weiß es auch aus vielen Sprechstunden: Für Väter ist es oft schwieriger, wenn sie es erst nach einer Trennung ernst mit der Begleitung des Kindes, der Kinder meinen, wenn es darum geht, das Besuchsrecht zu bekommen oder auch die gemeinsame Obsorge festzuschreiben oder zu praktizieren. Aber in unseren Gesetzen ist dies klar geregelt, das muss man sagen. Dabei haben die Elternteile ihren Kindern gegenüber auch gleiche Rechte und Pflichten. Wer bringt die Naturalleistungen ein? Wer ist für Geldleistungen zuständig? – Hier ist meiner Meinung nach, unserer Meinung nach keine Einmischung vonseiten der Politik angemessen. Keine Rezeptvergabe hat hier etwas zu suchen.

Was die Politik aber als Aufgabe zu sehen hat, ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, Prioritäten zu setzen in der Familienpolitik. Und für die ÖVP ist die Familie der Kern unserer Gesellschaft, für uns sind die Familien eine Herzensangelegenheit. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur drei Punkte nennen:

An erster Stelle steht für uns natürlich das Kindeswohl. Das ist das Ziel, um Kindern die besten Startvoraussetzung mit auf den Weg zu geben. Zweitens: die Wahlfreiheit. Und was natürlich in die Familie sehr stark hineinspielt, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Es geht nicht um verpflichtende Aufteilung der Hausarbeit, sondern es geht darum, miteinander ein Leben gestalten zu können – in einer Berufswelt, in einer Familienwelt. Und dazu gehört die Vereinbarkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe gesagt, Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, und dazu gehört natürlich auch ein Mix aus Geld- und Sachleistungen. Dafür, sage ich Ihnen, ist die ÖVP mit ihrem Familienminister und ihrer Justizministerin ein verläss­licher Partner. Wir wollen zum Beispiel die Schieflage im Steuersystem beseitigen und Mut zum Kind, zu einer Familie machen. Wir wollen in Zukunft einen Kinder- und Jugendfreibetrag von 7 000 € pro Kind, also sozusagen pro Elternteil und pro Kind einen Freibetrag von 3 500 €. Dadurch wird zum Beispiel der Kindesunterhalt auch steuerlich entlastet.

Oder: Wir haben nun auch für alle Eltern einen Anspruch – nur um auch das zu erwähnen, was wir erledigt haben – auf Pflegefreistellung geschaffen. Es bekommen jetzt nämlich auch geschiedene Väter beziehungsweise Mütter, die nicht im Haushalt leben, eine Pflegefreistellung. Die Frau Bundesministerin hat schon die gemeinsame Obsorge genannt. Das neue Kindschafts- und Namenrechts-Änderungsgesetz, das jetzt in Kraft getreten ist, bringt neue Sorgerechts- und Besuchsregelungen. So bekommen ledige Väter ein Antragsrecht auf Obsorge. Bei strittigen Trennungen kann das Gericht auch gegen den Willen der Eltern ein gemeinsames Sorgerecht verfügen.

Ja, und das derzeitige System der Unterhaltsberechnung sollte natürlich verbessert werden. Wir hatten dazu ja auch eine gemeinsame Enquete geplant, die aber nicht mehr zustande gekommen ist. Alles in allem ein wichtiges Anliegen für die neue Arbeitsperiode beziehungsweise für ein Regierungsprogramm, wo es um das Wohl des Kindes und um das Wohl unserer österreichischen Familien geht. (Beifall bei der ÖVP.)

9.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


9.45.00

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, die Familie ist natürlich


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geprägt von der notwendigen und wichtigen gelebten gegenseitigen Verantwortung aller Betroffenen in der Familie, von Müttern und Vätern gegenüber ihren Kinder, die ein Recht darauf haben, dass Eltern in Verantwortung für ihr Kind auch ihre soziale Verantwortung als sozialer Kern der Familie leben. Und ich denke, in der Regel ist auch jeder Elternteil, jede Mutter und jeder Vater, selbstverständlich in dieser gelebten Verantwortung. Leider gibt es aber da oder dort, wie angesprochen, natürlich auch Probleme. Und das sind oftmals zutiefst persönliche und emotionale Probleme, verur­sacht durch Trennungen, wo Verletzungen eine Rolle spielen und wo dann oftmals leider Gottes auf dem Rücken der Kinder diese Verletzungen der Erwachsenen aus­getragen werden.

Und genau darum geht es, und genau dort muss man letztlich versuchen, ungerechte Entwicklungen, die auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden, hintanzuhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist natürlich ein sehr persönliches und emotionales Thema, aber ein wichtiges Thema, weil leider viele Väter, Elternteile davon betroffen sind, dass sie in der Realität darauf reduziert werden, letztlich nur Unterhaltsleistungen zu geben, aber ihre Rechte oftmals nicht erhalten. Es ist diesbezüglich jetzt gesetzlich das eine oder andere auch getan und umgesetzt worden, aber man wird erst sehen, ob sich das in der Realität auch bewährt. Denn wir kennen unglaublich viele Fälle, und es sind ja Zigtausende Väter, Großmütter, Großväter davon betroffen, dass Kinder ihren Vätern vorenthalten werden, dass Väter zwar Rechte hätten auf ihr Kind, Besuchsrechte – die jetzt zum Glück nicht nur auf das Besuchsrecht reduziert worden sind, sondern das Kontaktrecht bedeuten –, aber, und das ist das Entscheidende, in der Realität oftmals vor Gericht jahrelang kämpfen und eine Entfremdung stattfindet, wenn nach sechs, sieben Jahren noch immer kein Urteil vorliegt und keine Umsetzung des Besuchs- und Kontaktrechts erfolgt, das jeder Elternteil, und damit natürlich auch der Vater, haben sollte, weil es eben um das Recht des Kindes geht, das immer wieder aus den Augen verloren wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Recht des Kindes auf beide Elternteile ist sehr wichtig, und deshalb muss sich das in der Realität jetzt bewähren. Und ich hoffe, dass die gesetzlichen Mechanismen in diese Richtung in der Praxis dann auch funktionieren werden.

Was man schon sagen muss: Bei der gemeinsamen Obsorge sind wir nicht dort, wo wir hin sollten, bei Weitem nicht – weil es eben im Falle einer Scheidung nicht auto­matisch das gemeinsame Obsorgerecht gibt, wie es vernünftig wäre und in der Bundesrepublik Deutschland auch gesetzliche Realität ist. Das haben Sie vonseiten der Bundesregierung leider verweigert. Es wird also wieder ein Richter sozusagen eingeschaltet, der dann diese Entscheidung zu treffen hat. Es sollte umgekehrt sein: Es sollte ein automatisches gemeinsames Obsorgerecht geben – und wenn es dann Probleme gibt, dann sind diese Probleme zu beurteilen, und dort, wo es notwendig ist, ist dieses gemeinsame Obsorgerecht zu entziehen. Das sollte in der Regel Realität sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Und natürlich haben wir heute viele alleinerziehende Mütter – wir haben es heute gehört: 145 000 alleinerziehende Mütter –, 10 000, aufgerundet, alleinerziehende Väter. Dort ist in der Regel auch die Armut beheimatet, nämlich dort, wo Kinder vor­han­den sind, wo Familien vorhanden sind und wo es zu Trennungen kommt. Dort ist heute in unserer Gesellschaft die Armut vorhanden, und das müssen wir ernst neh­men. Es ist nämlich auch bei den Gehaltsunterschieden von Frauen sichtbar, dass Frauen mit Kindern in der Regel wesentlich weniger verdienen als Frauen ohne Kinder. Dort ist in der Regel auch die Schieflage in der Gesellschaft gegeben. (Beifall bei der FPÖ.)


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Wir müssen daher viel stärker dafür Sorge tragen, dass Familien unterstützt werden!

Und natürlich endet eine Familie nicht im Falle einer Scheidung. 50 Prozent aller Ehen werden leider heute in unserer Gesellschaft geschieden, aber damit endet natürlich die Familie nicht, sondern sie begibt sich auf eine andere Beziehungsebene. Die Familie bleibt. Und wir müssen natürlich auch politisch dafür Sorge tragen, diese Armutsfalle Familie im Allgemeinen – ob Familien in einer aufrechten Ehe oder, nach einer Schei­dung, Familien mit Alleinerziehenden – letztlich hintanzuhalten.

Und dazu braucht es Entlastungen! Da braucht es beim Unterhalt selbstverständlich Entlastungen steuerrechtlicher Art, da braucht es aber auch entsprechende Überle­gungen dahin gehend, dass man Kindererziehung auch endlich wertschätzt (Beifall bei der FPÖ) – und nicht immer herunterspielt und so tut, als wären Mütter quasi Heimchen am Herd. Nein, das ist eine unglaubliche Arbeit und Verantwortung für unsere Gesellschaft, wo viel, viel Positives geleistet wird, das man auch viel stärker wertschätzen muss und auch entsprechend entlasten muss.

Und ich denke, da haben wir in unserer Gesellschaft noch viel zu tun. Da ist noch nicht alles so optimal, Frau Minister, wie Sie es beschrieben haben. (Beifall bei der FPÖ.)

9.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Musiol gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.50.03

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die VorrednerInnen haben alle davon gesprochen, dass das Kindeswohl im Vordergrund steht. Alle haben auch davon gesprochen, dass im Zuge von Trennungen, Scheidungen sowohl emotionale Schmerzen und Hürden zu überwinden sind als auch finanzielle.

Natürlich ist es so, dass in vielen Fällen hier auch wirklich finanzielle Schwierigkeiten eintreten, aber außer der Überschrift, das Kindeswohl müsse im Vordergrund stehen, habe ich keine Vorschläge oder keine Argumente dazu gehört, wie denn dieses Kindes­wohl zu erlangen ist. Und gerade an Sie beide, Herr Strache und Herr Bucher, ist der Hinweis zu richten: Wenn Sie sagen, das Kindeswohl muss im Vordergrund stehen, und im nächsten Satz dann über die Väter sprechen, dann ist das nicht sehr glaubwürdig. (Abg. Strache: Das ist nicht glaubwürdig, wenn Väter ihren Kindern vorenthalten werden? – Das Kind hat ein Recht auf beide Elternteile! Was ist daran böse?) – Wenn Sie über das Kindeswohl sprechen und im nächsten Moment über die Situation der Väter sprechen, dann ist das nicht argumentativ schlüssig.

Denn: Sie selber haben von der Armutsfalle gesprochen. – Ja, wir wissen, dass zahlreiche Kinder, zahlreiche Familien in Österreich in Armut leben. Wir wissen, dass ein erhöhtes Armutsrisiko dann besteht, wenn es um Einpersonen-, Einelternhaushalte geht – Sie selber haben davon gesprochen, dass das 145 000 Frauen und 9 000 Men­schen betrifft (Abg. Strache: „Menschen“? – Ruf bei der FPÖ: Sind Frauen keine Menschen?) –, und wir wissen auch, dass 31 Prozent der Alleinerziehenden tatsächlich unter der Armutsgrenze leben. Wenn Sie dann hier eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Väter sind kein Bankomat!“ machen, dann verkennen Sie absolut, dass das erste Bedürfnis, wenn es um das Kindeswohl – also das Wohl der Kinder – geht, wohl sein muss, die Existenz dieser Kinder zu sichern! Und wenn wir wissen, dass 17 Prozent der Kinder überhaupt keinen Geldunterhalt bekommen, entweder weil der andere Elternteil, und in der Regel ist es der Vater, nicht zahlt, oder aber natürlich auch, weil er oft nicht zahlen kann, dann muss man dort ansetzen und dann geht es hier nicht


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darum, lange und breit über die vorenthaltenen Besuchsrechte der Väter zu disku­tieren, sondern dann geht es darum, in erster Linie einmal die Existenzsicherung der Kinder und der Mütter, aber auch der Väter zu gewährleisten.

In diesem Sinne verstehe ich daher Ihre Argumentation in diesem Zusammenhang gar nicht, außer als einen weiteren Versuch, hier bezüglich einer Situation, die für alle Beteiligten schwierig ist, Schwarz-Weiß-Malerei zu betreiben und aus der Diskussion sozusagen eine Opferdebatte für Väter zu machen.

Ein Problem ist natürlich das Unterhaltsrecht. Wir wissen, dass es zahlreiche Lücken in diesem Bereich gibt. So gibt es zum Beispiel, wenn Väter unverschuldet nicht zahlen können, wenn Väter verstorben sind – oder eben jene Elternteile, bei denen die Kinder nicht leben, aber in der Regel sind es eben die Väter –, keinen Unterhaltsvorschuss. Es gibt in einem solchen Fall maximal die Mindestsicherung. Diese ist aber absolut nicht in der Höhe, in der der Regelbedarf der Kinder normalerweise gewährt wird.

Wir wissen also, dass hier dringender Bedarf besteht. Wir wissen, dass die Verfahren viel zu lange dauern und dass hier dringend etwas zu tun ist. Das sind durchaus Aufträge an diese Bundesregierung oder auch an die nächste Bundesregierung. Wir Grüne haben in der letzten Legislaturperiode hier mehrfach angeregt, über dieses Thema wirklich eine intensive Diskussion zu starten, eine Unterhaltsenquete abzuhalten. Wir waren die Einzigen, die das vorangetrieben haben. Zustande gekom­men ist es nicht. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Es hat sich niemand darum gekümmert außer uns. Und letztendlich ist es so, dass wir jetzt knapp vor der Wahl hier stehen und eine familienpolitische Debatte führen über die Väter, über die Armut, obwohl wir die ganze Legislaturperiode über Zeit hatten, das Unterhaltsrecht zu verän­dern, die Lücken zu schließen, aber auch ein Familienrecht und vor allem ein Obsor­gerecht zu machen, das im Gegensatz zu dem, was wir jetzt haben, noch mehr ermöglicht, dass Eltern nach einer Trennung sich in dieser Frage einigen, dass hier eben nicht weitere Probleme entstehen und dass vor allem für die existenzielle Sicherung der Kinder gesorgt ist. (Beifall bei den Grünen.)

Also wenn wir über dieses Thema sprechen, dann lassen wir bitte das Thema Kindeswohl dort, wo es hingehört, nämlich bei der Existenzsicherung der Kinder. Solange das nicht geregelt ist, brauchen wir über andere Rechte und Pflichten überhaupt nicht weiter zu diskutieren. Denn wenn eine Mutter nicht weiß, was sie ihrem Kind in die Schule mitgeben soll, wie es seine Kleidung bezahlen soll, wie es für seine Nahrung aufkommen soll, ist die Frage, ob der Vater ausreichend Zeit mit den Kindern verbringen kann, ob die Großeltern Kontakt zu dem Kind haben können nachvollzieh­barerweise nicht der erste Punkt auf der Tagesordnung. (Abg. Strache: Sie wissen aber schon, dass Väter zahlen und ihre Kinder nicht sehen dürfen? Sie wissen schon, dass diese Väter zahlen und ihren Kindern vorenthalten werden? – So ein Quatsch! Sie vertreten offenbar nur Ihre eigenen Interessen! – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ein letzter Satz, Frau Präsidentin. – Um bei Ihrem Bild des Bankomats zu bleiben, das absolut unpassend ist: Sie wissen aber schon auch, dass es manchmal passiert, dass man zu einem Bankomaten geht und dort steht „Außer Betrieb“? – Und das erleben viele Kinder, wenn es darum geht, Kontakt zu ihren Vätern haben zu wollen. (Beifall bei den Grünen.)

9.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 



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9.55.35

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Musiol, wenn Sie unserem Bundesobmann bei seiner Rede zugehört haben, dann wissen Sie, dass es hier nicht um eine Opferdebatte geht, dass es nicht um Schwarz-Weiß-Malerei geht, sondern es geht darum, ein Problem aufzuzeigen, das im Rahmen eines Familienrechtspakets nicht gelöst worden ist. (Beifall beim BZÖ.)

Daher verwahre ich mich auch dagegen, das jetzt so in ein Eck zu drängen, sondern ich glaube, es ist richtig, dass wir diesen provokanten Titel gewählt haben.

Und, Frau Kollegin Musiol, Sie haben vollkommen richtig gesagt, fünf Jahre hätten wir Zeit gehabt, ein modernes, zeitgemäßes Unterhaltsrecht zu machen – und geschehen ist null. Und das ist das Problem. Wir haben zwar einige Adaptierungen bei der gemeinsamen Obsorge vorgenommen, die aber nicht zu einer gemeinsamen Obsorge im Regelfall geführt haben. Das ist sozusagen einer der vielen ersten Schritte, die bei den Gesetzen immer wieder angekündigt werden – und darin sind die Regierungs­parteien eigentlich sehr großartig, erste Schritte zu machen, aber nie vollständige Schritte, sondern immer nur Halbherzigkeiten und Kompromisse. (Beifall beim BZÖ.)

Auch hier, bei diesem Familienrechtspaket, hätte man das Unterhaltsrecht mitver­han­deln müssen. Das ist dringend notwendig. Wenn man sich anschaut, dann stellt man fest, dass sich am Basisgesetz des Kindschaftsrechtes seit 1977 eigentlich nie mehr etwas geändert hat. Wenn man das durchliest, dann glaubt man, man ist in einem anderen Zeitalter! Da muss man der Regierung, den beiden Regierungsparteien wirk­lich den Vorwurf machen, dass sie in diesem Bereich geschlafen haben und nichts getan haben. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Familienbild, das Familienbild des BZÖ, orientiert sich am Kindeswohl – das ist so –, und daher ist es unabhängig davon, in welche Beziehungen Kinder hineingeboren werden beziehungsweise in welchen Beziehungen sie leben. Aber eines ist für uns auch ganz klar: Das Recht auf Vater und Mutter besteht für alle Kinder. Und dieses Recht auf Vater und Mutter muss geschützt werden, dieses Recht muss ständig eingefordert werden, auch von der Politik, und es muss auch lebbar sein.

Wir haben eben Situationen oder viele Situationen, wo es nicht lebbar ist. Jetzt kann man sagen, na ja, das sind individuelle Situationen, das sind individuelle Gegeben­heiten, aber ich glaube, so leicht kann man es sich nicht machen. Es müssen die Rahmen allgemein passen.

Erfreulich für uns alle, glaube ich, ist, dass sich in den letzten Jahrzehnten die Väter in Richtung Familie sehr positiv entwickelt haben. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird immer mehr auch eine Frage der Eltern und ist nicht nur eine Frage der Mütter. Vor allem wollen die Väter auch mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, mehr Verantwortung übernehmen. Und das muss letztendlich auch möglich sein, denn, auch wenn sich Partner trennen, Eltern bleiben sie ein ganzes Leben lang, und da ist es egal, ob es sich um Kinder aus einer Erstehe handelt oder aus weiteren Beziehungen.

Frau Bundesministerin, Sie haben jetzt das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz, das wir im Dezember 2012 beschlossen haben, sehr umfangreich gelobt, aber ich muss sagen, Sie haben dort so viele Chancen vertan, etwa die Chance, dass wir die gemein­same Obsorge als Regelfall und die alleinige Obsorge nur im Ausnahmefall fest­geschrieben hätten. Sie haben auch die Chance vertan, wie ich schon gesagt habe, gleichzeitig ein modernes Unterhaltsrecht zu schaffen, in dem sich der Unterhalt nicht nur am Einkommen des Vaters ausrichtet, sondern letztendlich auch an den Betreu­ungs­leistungen – die wir ja alle einfordern, dass die Väter mehr für ihre Kinder da sind.


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Wir haben hier eine absolut unklare Rechtslage, die dringend geregelt gehört, denn: Einerseits Verantwortung einzufordern, Betreuungszeit von Vätern einzufordern, aber andererseits das Unterhaltsrecht nach dem alten Schema beizubehalten – Sie haben es eh gesagt: Mutter betreut und Vater zahlt –, das kann nicht funktionieren.

Sie haben auch die Chance bei diesem neuen Familienrechtspaket vertan, dass man auch einmal seriös über das Modell einer Doppelresidenz diskutiert. Das ist irgendwie bei uns tabu. Warum soll man das nicht als eine Möglichkeit ins Auge fassen?

Es gibt eine Studie, in der Expertinnen und Experten ganz klar sagen: Es gibt Vorteile, es gibt auch Nachteile, und das ist nicht für jedes Kind und für jede Familie gleich gut geeignet. Dieses Thema sollte man einmal diskutieren, aber darüber wird nicht einmal geredet.

Zum Abschluss noch einmal unsere Forderungen – unser Bündnisobmann hat es schon gesagt –: Unterhaltsrecht, bei dem das Existenzminimum für Zahlende und Un­ter­haltspflichtige nicht unterschritten wird, eine generelle Unterhaltsbevorschussung durch den Staat – dazu höre ich allgemeine beziehungsweise mehrfache Zustim­mung – und vor allem ein kinderfreundliches Steuersystem mit einem Kinderabsetz­betrag, der auch zwischen den einzelnen Partnern, Mutter und Vater, gesplittet werden kann. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Daher ist es dringend notwendig, ein neues reformiertes ...

10.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeord­nete, ich habe Ihnen schon ziemlich Zeit darüber gegeben.

(Beifall beim BZÖ für die das Rednerpult verlassende Abg. Haubner.)

Herr Abgeordneter Hagen gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.01.30

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Wir sprechen heute über ein durchaus ernstes Thema. Es gibt sehr viele Betroffene, aber dazu werde ich später noch kommen.

Ich möchte einmal grundsätzlich sagen, dass dieses Familienpaket, das im Februar hier beschlossen wurde, für die gemeinsame Obsorge ein Schritt in die richtige Rich­tung war. Man hat erkannt, dass es in diesem Bereich sehr große Probleme gibt und dass das Kindeswohl in den Vordergrund gestellt werden muss, und das ist hier in ersten Schritten sicherlich richtig angegangen worden.

Eine einvernehmliche Lösung ist – wie Sie, Frau Minister, gesagt haben – etwas Ver­nünf­tiges, wobei man davon ausgeht, dass das Problem dann auch gut gelöst sein sollte. Und jetzt bin ich beim Punkt: Es sollte gut gelöst sein! – Frau Binder‑Maier hat angesprochen, dass rund 90 Prozent der Scheidungen einvernehmlich gelöst werden, es ist nur so, dass das Verfahren nach dem Gesetz zwar einvernehmlich abge­schlossen wird, dass dann aber erst die Probleme beginnen.

Dazu muss man sagen, dass es sich oft um vom System erzwungene einvernehmliche Scheidungen handelt, bei welchen nicht wirklich beiden Partnern gleiche Rechte eingeräumt werden und es letztlich keine vernünftige Lösung gibt. Und dann kommen die Probleme, und wenn auch Kinder im Spiel sind, dann wird es ganz problematisch, denn dann kommt das Problem des Kontaktrechts, das ausverhandelt und oft nicht eingehalten wird.

Die Problematik dabei ist, dass dann die Kinder zum Spielball der Ex-Partner werden und das Kindeswohl nicht mehr im Vordergrund steht. So werden Kinder oft bewusst


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dem Ex-Partner vorenthalten, es wird zum Beispiel vorgetäuscht, das Kind sei krank. Jedenfalls kann das Besuchsrecht oft nicht wahrgenommen werden, und die dies­bezüglichen Durchsetzungsmöglichkeiten sind sehr beschränkt. – Ich habe in meinem Zivilberuf als Polizeibeamter oft mit solchen Problematiken zu tun. Dafür ist allerdings nicht die Polizei zuständig, weil das eine Privatrechtsangelegenheit ist, und dann fangen die Probleme an.

Ich möchte jetzt wirklich einmal auf die konkreten Probleme eingehen. Die Problematik, wenn ein Kind vorenthalten und das Besuchsrecht nicht eingehalten wird, besteht darin, dass der betroffene Ex-Partner sich rechtlich nirgends wirklich hinwenden bezie­hungs­weise erst zu einem späteren Zeitpunkt rechtliche Maßnahmen ergreifen kann, und dann ist es natürlich schwierig, zu beweisen, dass das Kind tatsächlich vorent­halten wurde. – Auf diese Weise kommt es zu großen Problemen.

Meine Damen und Herren, ich bringe jetzt ein Beispiel aus der Praxis. Stellen wir uns vor, der Kindesvater steht vor der Haustür und möchte das Kind abholen – das ist gesetzlich geregelt, das wurde vom Richter so beschlossen –, die Kindesmutter gibt das Kind aber nicht heraus. Dann hat der Vater halt die Möglichkeit, über Einschaltung eines Anwalts um teures Geld bei Gericht das Besuchsrecht zu erzwingen, und dabei ist es natürlich immer schwierig, zu beweisen, warum das Kind vorenthalten wurde. Ich habe das vorhin schon einmal angesprochen: Oft wird behauptet, das Kind sei krank oder was auch immer.

Ich sehe da große Problematiken. Nach dem SPG gibt es im Zusammenhang mit der Wegweisung einen Journalrichter, der darüber entscheidet. Warum ist das nicht beim Besuchsrecht auch möglich? Ich finde, das wäre ein richtiger Schritt und ein guter Tipp für Sie, Frau Minister: Sie könnten umsetzen, dass dieser Journalrichter bei den Bezirks­gerichten auch die Möglichkeit hat, in solchen Angelegenheiten zur Verfügung zu stehen und einstweilige Verfügungen zu treffen. So könnte wirklich bewiesen werden, dass ein Kind vorenthalten wurde.

Ich möchte noch einige Beispiele aus der Praxis nennen. Ein Bekannter hat sich an mich gewandt: Er hat die Kinder ungefähr für eine Hälfte des Monats, zahlt aber voll für die Kinder. (Abg. Lueger: Das gibt es nicht!) – Doch, das ist so! Die Mutter gibt die Kinder, wenn sie bei ihr sind, zu den Großeltern und kümmert sich fast nicht um sie. Er hat dann bei Gericht vorgesprochen und versucht, die Obsorge für die Kinder zu bekommen, weil sie ohnedies meist bei ihm sind. Die Mutter wollte dann noch eine Erhöhung, und als er diesen Schritt gesetzt hat, um seine Kinder ganz zu bekommen, ist die Dame hergegangen und hat den Kindern gesagt, dass sie nicht mehr zum Papa dürfen, weil der Papa ihnen sonst kein Geld mehr gibt, damit sie etwas zu essen kaufen können. – Meine Damen und Herren! Das sind Beispiele, wie es in der Praxis tatsächlich läuft. Das sollte man sich einmal anschauen! Da liegen nämlich die Prob­leme, und diese sind nicht gelöst.

Frau Minister, da könnten Sie über Weisungen und über interne Regelungen bei den Bezirksgerichten den Menschen helfen, dass diese zu ihrem Recht kommen und dass vor allem die Kinder zu ihrem Recht kommen, Vater oder Mutter, je nachdem, wie die Lage ist, auch wirklich zu sehen. Die Kinder haben nämlich dieses Bedürfnis.

Ich kenne noch einen zweiten Fall, den ich Ihnen kurz schildern möchte: Auch diesfalls hat der Vater keine Chance, das Kind zu sehen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Die Mutter sagt immer, dass das Kind den Vater nicht sehen will. Dem Kind wird immer irgendetwas eingeredet. Der Vater kommt nicht zu seinem Recht, er kann nur über die Schule Kontakt mit dem Kind aufnehmen, und das ist der falsche Weg.


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Meine Damen und Herren, diesbezüglich gehört etwas geändert! (Beifall beim Team Stronach.)

10.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


10.07.34

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kol­legIn­nen des Hohen Hauses! Ich möchte noch einmal auf das Thema zurückkommen, welches das BZÖ heute mit Kollegem Bucher aufgeworfen hat, und noch einmal ein paar Fakten bringen.

Ja, es gibt 1,1 Millionen Patchworkfamilien. Es gibt 17 000 Scheidungen pro Jahr. Und es stimmt, Herr Kollege Hagen: 90 Prozent dieser Scheidungen sind einvernehmlich, und Sie können mit keinem Gesetz der Welt regeln, dass die Eltern ihre persönlichen Kränkungen nicht auf dem Rücken der Kinder austragen. Das werden Sie leider nicht schaffen! Und das Schlimmste dabei ist für mich: Davon sind 19 000 Kinder betroffen.

Es gibt in Summe 176 000 Alleinerziehende, wie ich jetzt bewusst neutral sage. 30 Prozent der Alleinerziehenden sind von Armut bedroht, und 12 Prozent davon leben in manifester Armut. Herr Kollege Bucher! Sie haben gestern in Ihrer Pressekonferenz gesagt, dass Sie für den Kindesunterhalt keinen Regelbedarf wollen, sondern diese Düsseldorfer Liste oder Düsseldorfer Tabelle zur Anwendung kommen soll. Zwei Absätze weiter schreiben Sie jedoch: Wenn der Vater nicht zahlt, dann soll für das Kind doch der Regelbedarf gelten. – Im Hinblick darauf denke ich mir: Sie haben das Ganze nicht ganz durchdacht und sind sehr polemisch!

Kommen wir zu den Fakten zurück. Geldunterhaltspflicht obliegt jenem Elternteil, der nicht im Haushalt mit dem gemeinsamen Kind wohnt, und der andere Elternteil erbringt seinen Anteil durch die Betreuung. Die Geldunterhaltsverpflichtung – und da liegt der zweite Fehler, als Sie gesagt haben, dass ein Vater nicht über sein Ein­kommen hinaus belastet werden darf – wird von der Höhe des Durchschnitts­einkom­mens berechnet und beträgt bei Null- bis Sechsjährigen 18 Prozent, bei Sechs- bis Zehnjährigen 20 Prozent und bei Zehn- bis 15-Jährigen 22 Prozent. Das ist die Basis, von der gerechnet wird, und davon kann auch noch etwas abgezogen werden; dazu komme ich aber noch.

Die Abgeordneten des BZÖ meinen, dass Väter nicht nur Unterhalt zahlen, sondern auch ihre Kinder betreuen müssten. – Ja. Dazu haben wir das Kindschaftsrechts-Ände­rungsgesetz. Dieses gilt – das hat Kollegin Haubner anscheinend vergessen – seit 1. Februar dieses Jahres, und danach hätten die Männer die Möglichkeit, für die Betreuung im Alltag ihrer Kinder zu sorgen, und dafür gäbe es jede Menge Gelegen­heit.

Leider bestätigt eine Mikrozensuserhebung, dass es eine absolut ungleiche Behand­lung zwischen Frauen und Männern bei der familiären Aufgabe gibt: Nicht einmal Väter in aufrechter Ehe beteiligen sich annähernd zu gleichen Teilen an der Kinderbe­treuung. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Woher haben Sie das? Was erzählen Sie das? Das ist wohl Ihre eigene Meinung!)

Wenn Sie jedoch meinen, dass von ihrer Familie getrennt lebende Männer zu viel an Unterhalt zahlen müssen, dann möchte ich Folgendes entgegenhalten: Die Unterhalts­höchst­grenzen für Kinder basieren auf einer Konsumerhebung von 1964, und ich habe schon eine Anfrage an Sie, Frau Ministerin, gestellt, warum dieser Wert nicht erneuert wurde. Die Werte des Warenkorbs – Sie wissen das ganz genau, denn wir reden ja


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immer vom Verbraucherpreisindex – werden alle fünf Jahre erhöht. Die Werte der Konsumerhebung von 1964 wurden jedoch nie verändert.

Durch die Anrechnung der Familienbeihilfe werden speziell gut verdienende Väter jetzt schon steuerlich begünstigt, und diese steuerliche Entlastung wird zulasten der Kinder abgezogen.

Die Judikatur hinsichtlich des Sonderbedarfs ist sehr restriktiv, das heißt, Schulschi­kurse oder außerordentliche Förderungen werden maximal Vätern auferlegt, die nur den Regelbedarf bezahlen. Und wenn es ein Vater absichtlich unterlässt, für eine Möglichkeit des Verdienens zu sorgen, dann bekommt das Kind sowieso nur den ein­fachen Regelbedarf. Betreuungskosten, die die Mutter zusätzlich hat, wenn sie vielleicht arbeiten geht, muss sie allein tragen.

Außerdem dürfen Väter eine fiktive Miete vom Unterhalt für das Kind nur dann ab­ziehen, wenn Frau und Kind in der ehemaligen Wohnung geblieben sind. Das reduziert diesen Regelbedarf, den ich Ihnen vorher erläutert habe. Bei überdurchschnittlicher Betreuung, das heißt, wenn es mehr als fünf Besuchstage pro Monat durch den Vater gibt, wenn er nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, kann es auch zu einer Reduktion des Geldunterhalts kommen, und zwar bis zu einer Höhe von 20 Prozent.

Außerdem gibt es auch noch diese sogenannte Playboygrenze, damit es zu keiner Überalimentation für Kinder kommen kann. Das ist bei bis zu Zehnjährigen das Zweifache des Regelbedarfs und bei den über Zehnjährigen das Zweieinhalbfache des Regelbedarfs. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Positiv an der ganzen Geschichte ist, dass das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz auf das Kindeswohl abzielt. Unterhaltsvorschusslücken gehören geschlossen, und die Minister Mitterlehner und Hundstorfer haben im letzten Ministerrat vor allem die Herausforderungen an die Familienpolitik wieder mit neuen Forderungen belebt. (Beifall bei der SPÖ.)

10.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


10.13.12

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde das schon mehrfach ange­sprochen, und ich möchte es für die ÖVP noch einmal präzisieren. Wir versuchen, die gesamte Gesetzgebung, die mit Kindern zu tun hat, so zu gestalten, dass das Kindes­wohl immer im Mittelpunkt steht. Unser erster Grundsatz lautet: Das Kindeswohl ist der Maßstab für sämtliche gesetzlichen Gestaltungen.

Der zweite Grundsatz lautet: Wir wollen, dass Kinder auch im Fall einer gescheiterten Beziehung ihrer Eltern weiter Vater und Mutter haben.

Der dritte Grundsatz ist: Väter und Mütter sollen und müssen gleiche Rechte und gleiche Pflichten haben.

An diesen Ankerpunkten haben wir in der jetzt ablaufenden Gesetzesperiode gemein­sam ganz wesentliche Verbesserungen vornehmen können. Wir haben zwölf Punkte definiert, an die die Gerichte in der Beurteilung des Kindeswohls gebunden sind, und so sind die Gerichte künftig sehr präzise festgelegt.

Es wurde zu Recht mehrfach kritisiert, dass Verfahren zu lange dauern, und wir haben Maßnahmen gesetzt, um Verfahren zu beschleunigen. Es wurden 140 Familienrichter mehr eingestellt, und es wurden die Institutionen der Familiengerichtshilfe und der Besuchsmittler geschaffen.


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Ein Vorredner hat kritisch angemerkt, dass auch das Kontaktrecht, das wir an die Stelle des Besuchsrechts gesetzt haben, vor allem für Väter bisweilen schwer durchsetzbar ist, wenn Mütter keine Bereitschaft zeigen, dem Vater seine Rechte einzuräumen. – Dafür gibt es jetzt die Institution des Besuchsmittlers. Diese hat sich ansatzweise schon bewährt. Besuchsmittler sind Menschen, die entsprechend geschult sind, als Mediatoren das Vertrauen beider Seiten genießen und sicherstellen können, dass das für das Kind so wichtige Kontakterlebnis mit beiden Elternteilen auch tatsächlich um­gesetzt wird. – Das hat sicherlich im Regelfall für Väter mehr Bedeutung als für Mütter.

Wir haben durch die gemeinsame Obsorge und dieses Kontaktrecht sichergestellt, dass künftig im Regelfall Kindern auch im Zuge von Scheidungen und vor allem strittigen Scheidungen eine gemeinsame Obsorge zugutekommen soll. Zudem gibt es eine ganz wesentliche Verbesserung für die Väter. Diesbezüglich hatten wir ein Rege­lungs­defizit, das sich in den letzten Jahren für Väter immer wieder als schmerzhaft erwiesen hat. Nun wurde auch ledigen Vätern ein Antragsrecht, und zwar ein unein­geschränktes Antragsrecht, auf Obsorge eingeräumt, und es sind die Gerichte und nicht mehr die Mütter, die darüber entscheiden, ob einem solchen Antrag stattgegeben wird. – Kollege Strache ist jetzt nicht mehr da: Er äußerte unter anderem diesbezüglich Sorgen, ich kann ihm aber sagen, dass dieser Sorge bereits Rechnung getragen wur­de.

Lassen Sie mich abschließend noch zum Thema Kindesunterhaltsrecht, das vor allem auch von Kollegin Haubner angesprochen wurde, kommen: Ja. Ich bedaure auch, dass wir zu einer umfassenden Reform, die notwendig ist, nicht mehr gekommen sind und dass wir die geplante Enquete, die in den Grundzügen durch das Justizministerium schon kompetent und richtungsweisend vorbereitet wurde, nicht mehr umsetzen konn­ten. Aber das wird mit Sicherheit eine der ersten Prioritäten im Familien- und Kindes­recht in der neuen Legislaturperiode sein. Klar ist nämlich: Kinder müssen in ihrer Existenz psychisch, aber auch materiell gesichert sein, und es darf nicht das Scheitern der Beziehung der Eltern dazu führen, dass das Kind materiell schlechter gestellt oder gar in seiner wirtschaftlichen Grundlage gefährdet wird.

Es gilt in einer Reform insbesondere das Verfahrensrecht massiv zu ändern und zu vereinfachen. So sollen etwa unterschiedliche künftige Beschleunigungsmöglichkeiten von uns diskutiert und dann auch eingeführt werden.

Alles in allem ist es richtig, dass noch einiges offen ist, vor allem im Unterhaltsrecht. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Ebenso richtig ist es jedoch, dass uns in dieser Legislaturperiode eine Fülle entscheidender Verbesserungen gelun­gen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

10.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


10.18.57

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ehrlicherweise muss ich sagen: Es ist eine etwas beschämende Diskussion, die wir heute hier führen.

Wir haben in diesem Zusammenhang ein ganz großes Problem: Es ist sicherlich wahr, wenn auch der Titel etwas – wie ich einmal sagen möchte – gewöhnungsbedürftig war, dass sich einige Väter einfach nur als Bankomat empfinden. Das liegt aber nicht daran, dass die Väter so böse sind und nur zahlen müssen oder nicht zahlen sollen. Und das ist genau die Kritik, die ich an der heutigen Debatte übe. Wir haben hier Ideologien, die aufeinanderprallen. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass vor allem vonseiten der


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SPÖ nur Väterhasserinnen am Wort waren, die nichts anderes zu tun haben, als hier zu schimpfen, wie böse die Väter sind, die sich an nichts beteiligen und quasi auch nicht zahlen. (Zwischenruf der Abg. Hakel.)

Prinzipiell sollten wir, glaube ich, diese Diskussion überhaupt einmal aufteilen. Einer­seits geht es um das Unterhaltsrecht. Dabei geht es um die Fragen: Wie bezahlen Väter? Sind Väter willens und bereit, auch regelmäßig zu bezahlen? Andererseits geht es um die Betreuungseinheiten. Das soll natürlich nicht geschehen, dass Väter, die einerseits sagen, jetzt sehe ich mein Kind nicht mehr, darum zahle ich nichts mehr, oder andererseits sagen, das ist mir eh alles zu viel, das Kind zum Spielball machen. Das ist zutiefst abzulehnen, aber auch so etwas kommt vor. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher glaube ich, dass wir diese zwei Punkte voneinander entkoppeln müssen, damit wir einmal eine Stoßrichtung haben und die Unterhaltsleistung getrennt davon gesehen wird.

Prinzipiell zeigt die Diskussion aber auch noch eines: dass Kinder generell zur Armut führen, dass unsere Familienförderung in der Art und Weise, wie wir sie heute haben, offensichtlich nicht ausreichend ist. Kollegin Lueger hat, glaube ich, die Zahlen genannt: 19 000 Scheidungskinder leben in Armut. Das darf in Österreich eigentlich nicht der Fall sein! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Da zeigt sich ein Versagen, nämlich ein Gesamtversagen in der österreichischen Familienpolitik. Da müssen wir schon auch ansetzen, und da ist Handlungsbedarf gegeben. Ich weiß, Frau Minister Karl, da sind Sie jetzt nicht direkt zuständig, Sie sind nicht die Familienministerin; aber da ist wirklich Handlungsbedarf gegeben, und darüber müssen wir uns auch intensiv unterhalten.

Aber jetzt zur juristischen Seite und zum Thema gemeinsame Obsorge: Es gibt bis heute keine automatische gemeinsame Obsorge in Österreich. Das hat auch Ihre Männerhasserin, Frau Heinisch-Hosek verhindert. Das ist eine Tatsache. Wir hätten die automatische gemeinsame Obsorge gerne für alle Kinder gehabt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube auch, dass das der richtige Weg wäre, denn die Bundesrepublik Deutsch­land zeigt vor, dass es funktioniert. Und es funktioniert dort auch, denn Eltern haben verdammt noch einmal die Pflicht, sich gemeinsam um ihre Kinder zu kümmern. (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.) – Sie können gerne noch einmal herauskommen und hier reden, aber sparen Sie sich Ihre Zwischenrufe, man versteht sie ohnehin nicht.

Dies ist also wirklich ein Manko in Österreich. Und ich zeige Ihnen das jetzt anhand eines Beispiels, Frau Bundesminister, anhand einer Familie. Die Eltern lassen sich scheiden. Die Mutter stellt den Antrag auf alleinige Obsorge, dieser wird vom Gericht abgelehnt, und die alleinige Obsorge wird dem Vater übertragen. Das ist in Österreich an und für sich schon sehr selten, dass so etwas überhaupt vorkommt. (Abg. Binder-Maier: Arme Frau!) – Arme Frau! Das glaube ich Ihnen sofort, dass Sie sagen „arme Frau“.

Die Frau erklärt bei Gericht: Der Mann ist gewalttätig, er schlägt mich, ich will die alleinige Obsorge. Das Gericht bestellt einen Gutachter, der zu einem völlig anderen Ergebnis kommt. Die Sache ist nämlich genau umgekehrt: Die Frau ist gewalttätig gewesen gegen die Kinder – aber für Sie ist das die „arme Frau“. Das ist genau der Zeitgeist, in dem Sie leben! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist Ihre Familienpolitik, und darum stehen wir ja heute da, wo wir stehen. Und darum müssen wir solche Debatten hier heute führen, weil Ihre Familienpolitik eine von Ideologien geprägte ist, die völlig an den Familien vorbeigeht, die völlig an den Inter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 46

essen der Kinder vorbeigeht. (Beifall bei der FPÖ.) Für Sie sind Kinder nur ein Mittel zum Zweck, nur ein Druckmittel, das Sie den Frauen in die Hand geben. Und das ist falsch, denn damit machen Sie die Seelen der Kinder kaputt, und zwar nachhaltig. Das sollten Sie in Ihrer Ideologie auch einmal bedenken. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, noch kurz zu diesem Fall: Der Vater bekommt vom Gericht die alleinige Obsorge zugesprochen, die Mutter verweigert jedoch dem Vater die Kinder. Zwei Jahre lang zieht sich diese Geschichte hin und her. Und schließlich, in zweiter Instanz, heißt es dann – und das steht wörtlich drinnen –, dass aufgrund der Bindungs­situation der Mutter an die Kinder die Maßnahmen nicht gesetzt und der bestehenden Obsorgeregelung leider Gottes nicht stattgegeben werden konnte, weil der Vater den Kindern entfremdet ist, und zwar hat dies zur gänzlichen Väterentbehrung geführt; obwohl dem Vater ursprünglich die alleinige Obsorge zugesprochen worden war, dieser aber entfremdet ist, kommen die Kinder jetzt zur Mutter.

Das ist der eigentliche Skandal, und da reden Sie von der „armen Frau“ – also da frage ich mich schon wirklich! (Beifall bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Glauben Sie denn eigentlich, dass diese Kinder wirklich seelisch gesund sein können in einer solchen Situation, in der die Mutter nachweislich gewalttätig ist?

Frau Bundesminister, das zeigt, dass Ihre Gerichte in diesem Fall offensichtlich ver­sagen. Es gibt Urteile, die aber nicht exekutiert werden. Da ist Handlungsbedarf gegeben, Frau Minister, und da sind wir noch lange nicht am Ende. (Beifall bei der FPÖ.)

10.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.24.30

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrtes BZÖ, der Titel „Väter sind kein Bankomat!“ ist Ihnen komplett miss­glückt. Hören Sie sich um! Väter sehen sich nicht als Bankomaten, Väter werden von Müttern und Kindern nicht als Bankomaten gesehen, und Väter sind auch tatsächlich keine Bankomaten. Das ist eine Schwarz-Weiß-Malerei, die uns nicht weiterhilft, die gleiche Schwarz-Weiß-Malerei, wie wenn Kollegin Belakowitsch-Jenewein herausgeht und SPÖ-Abgeordnete, die eine Sicht der Frauen einbringen, als Männerhasser hinstellt. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Das ist eine Schwarz-Weiß-Malerei, wo wir uns in Gräben einbunkern und zu keinen Lösungen kommen. Das ist unseriös.

Herr Klubobmann Bucher, wenn wir über Väterrechte reden, dann müssen wir auch über Ihren „Berufsväterrechtler“ Stiglmayr reden; er ist stellvertretender BZÖ-Obmann in Niederösterreich. Dieser Mann hat sich bei einer Gegendemonstration zur Regen­bogenparade zu folgender Aussage gegenüber Schwulen hinreißen lassen:

„Alle diese Menschen haben nur ein Glück. Sie leben in einem Land, das ihnen die Freiheit gibt, diese naturwidrigen Gelüste, diese Abnormalität auch leben zu können.“

Weiters sagt er: „Wir bringen euch nicht um“. – Na wie großzügig!

Abgeordneter Widmann wird ja noch zu Wort kommen; ich erwarte, dass es hier eine Distanzierung des BZÖ gibt, ich erwarte auch, dass es personelle Konsequenzen gibt.

Ich sage Ihnen etwas: Mir schreiben Väter, die sicherstellen wollen, dass ich als grüner Justizsprecher weiß, dass sie mit solchen Leuten wie dem Herrn Stiglmayr nichts zu


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tun haben wollen, weil sie finden, dass solche Leute den Vätern schaden. Das ist die Tatsache. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, zurück zum Thema: Der Schlüssel zur Väterbeteiligung liegt darin, dass es möglich wird, dass sich Väter von Anfang an an der Familienarbeit beteiligen. Die Beziehungsarbeit am Beginn, wenn es noch gar nicht um die Trennung geht, wenn es in der Regel darum geht, dass Kinder auf die Welt kommen, dass sich Väter in gleicher Form in die Familienarbeit einbringen, das ist die Erfolgsgarantie, dass ein Verhältnis zu den Vätern entsteht. Das heißt 50/50 bei der Erziehung. Das heißt 50/50 bei der Betreuung und Versorgung, beim Kochen, beim Putzen, beim Wäschewaschen. Das heißt 50/50, wenn es Schulprobleme gibt. Meine Damen und Herren, da entstehen Beziehungen zwischen den Kindern und den Vätern.

Wenn wir uns aber die Zahlen anschauen, dann sehen wir, dass es leider immer noch so ist, dass nur ein sehr kleiner Teil der Väter in Karenz oder Teilkarenz geht. Ich will, dass es selbstverständlich wird, dass Väter genauso wie Mütter in Karenz gehen. Ich weiß, das ist nicht immer einfach, nicht alle Dienstgeber haben Verständnis dafür. Mir sind die Geschichten bekannt, wo mit Kündigung gedroht wird, wo Karriereeinbußen in den Raum gestellt werden. Aber all das sind Schicksale, die natürlich auch Frauen betreffen. Und wir im Parlament müssen dafür sorgen, dass es selbstverständlich wird, dass Väter in Karenz gehen und dadurch eine Bindung zu den Kindern entsteht, die dann auch in schwierigen familiären Situationen hält. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn es zur Trennung kommt, dann ist dies tatsächlich keine einfache Situation, und wir müssen feststellen, dass es immer wieder zu einem Abbruch der Beziehung zwischen den Kindern und den Vätern kommt. Es gibt viele Gründe dafür, etwa beruf­liche Gründe – Väter orientieren sich neu und ziehen weg – oder familiäre Gründe – Väter heiraten wieder, und der Kontakt zur alten Familie reißt ab.

Ein Grund sind auch Hochkonflikttrennungen, wo diese Konflikte dann in Besuchs­rechts- und Obsorgestreitigkeiten ausgetragen werden. Aber auch hier gilt: Einseitige Darstellungen helfen uns nicht weiter. Es wird nicht reichen, den Müttern die Schuld in die Schuhe zu schieben. Wir müssen in Hochkonfliktfällen an Lösungen arbeiten. Und wir haben immer vorgeschlagen, zu versuchen, diese Probleme in einer Familien­schlichtungsstelle und nicht vor Gericht zu lösen, weil wir wissen, die besten Lösungen sind die, die von Vätern und Müttern gemeinsam erarbeitet werden.

Noch einmal zum Thema „Bankomat“: Die Unterhaltsverpflichtung ist keine Bankomat­funktion, sondern eine wichtige Voraussetzung für das Aufwachsen von Kindern. Natürlich haben wir ein Problem: geringe Unterhaltshöhen, Unterhalt, der nicht bezahlt wird, auf der einen Seite, und auf der anderen Seite – und da sehe ich schon auch einen Änderungsbedarf bei den Vätern – die Möglichkeit, dass bei Unterhaltsschulden unter das Existenzminimum exekutiert wird. Das heißt, dass Väter noch einmal unter das Existenzminimum exekutiert werden können und dann tatsächlich wenig zum Leben übrig bleibt. Da habe ich eine relativ klare Position: Unterhaltsschulden vor Versandschulden. Das Existenzminimum muss absolut gelten, und Unterhaltsschulden müssen gegenüber anderen Schulden bevorrechtet sein. Das wäre die Lösung. Damit wäre auch Vätern in schwierigen finanziellen Situationen, die Scheidungen immer darstellen, geholfen.

In diesem Sinne muss man das Thema mit der nötigen Seriosität weiter diskutieren. Schwarz-Weiß-Malerei hilft jedenfalls nicht weiter. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

10.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 48

10.30.01

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Das war jetzt zu erwarten, Kollege Steinhauser, aber ich sage in Richtung der Grünen ganz klar: Wer eine Causa Dönmez mit all ihren Facetten in dieser grünen, angeblich demo­kratischen Partei hat, der sollte sich über die Causa Stiglmayr nicht äußern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mit Kollegem Stiglmayr ganz kurz gesprochen und ihm gesagt, dass die Wortwahl, die er getroffen hat, völlig inakzeptabel ist, von uns nicht toleriert wird und auch nicht Parteilinie ist. – Punkt eins.

Punkt zwei: Kollege Stiglmayr hat mir gesagt, er entschuldigt sich dafür und es wird nicht mehr vorkommen.

Sie werden – Punkt drei – von uns nicht verlangen können, dass wir einen jungen Familienvater, der selbst Versorgungspflichten hat, auf Zuruf der Grünen nunmehr auf die Straße setzen. Das werden wir mit Sicherheit nicht machen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Und um das geht es in Wirklichkeit. Da müssen Sie einmal schauen, was in der Causa Dönmez auf Facebook gepostet worden ist, bis hin zu Vergleichen mit dem Dritten Reich, wo es seitens der Grünen keine Entschuldigung gab. Also kehren Sie einmal vor Ihrer eigenen Tür!

Aber jetzt zum Thema selbst: 1,1 Millionen betroffene Patchworkfamilien – Frau Minis­ter, das ist ein großes Thema. Ich frage mich manchmal, wo die Vertreter von der SPÖ und auch von den Grünen leben. In welcher Welt leben Sie? Wir kennen das von Sprechtagen auf der Straße, wo Väter zu uns kommen und sagen: Ich kann mir das Leben nicht mehr leisten, ich werde auf bis zu 25 Prozent unter dem Existenzminimum gepfändet. Warum lässt mich die Politik im Stich, nur weil ich Vater bin? Und ich bekenne mich zu meinen Kindern – das sagen die Väter auch –, ich will für meine Kinder da sein, und ich will auch Verantwortung übernehmen. Und ich will auch dafür zahlen.

Man muss auch die Väter in diesem Land leben lassen. Und genau um das geht es. (Beifall beim BZÖ.)

Natürlich beginnt die ganze Geschichte meistens vor der Eheschließung. Da schwört man einander, man werde einander schätzen, lieben und ehren. Dann kommt in vielen Ehen mit der Kindererziehung die Pragmatik der Ehe dazu. Und manche Ehen scheitern, aus welchen Gründen auch immer. Aber es muss auch ein Leben danach geben, für alle – für die Männer, für die Frauen, aber insbesondere für die Kinder. Über das Kindeswohl ist heute hier oft gesprochen worden, und das muss auch im Mittel­punkt stehen. Was ich aber nicht will, ist ein Geschlechterkampf. Was ich nicht will, sind parteipolitische Parolen wie vonseiten der Grünen. Ich will ein ordentliches Eherecht, ein Familienrecht und auch ein Obsorgerecht, das in Zukunft auch alle leben lässt.

Frau Minister, da haben Sie viel zu tun, denn das Kindschaftsrechts-Änderungs­gesetz 2013 hat viele Lücken hinterlassen. Wir haben das bereits angesprochen. Der Begriff „Kindeswohl“ ist definiert worden – positiv. Es gibt die gemeinsame Obsorge, aber nur in Teilbereichen. Sie hat viele Lücken. Manche Männer müssen sich bis zu sechs Monate bewähren, ledige Väter müssen sie erst beantragen.

Es gibt auch keine Durchsetzung des Besuchsrechts oder Kontaktrechts, wie Sie sagen. Die Begrifflichkeit ist es nicht. Es geht tatsächlich darum, dass Väter mit ihren Kindern auch Zeit verbringen dürfen, wenn sie dafür zahlen. Und es gibt den Spruch „Wer anschafft, der zahlt!“ – oder auch umgekehrt – und daher der natürlich markante


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 49

Vergleich mit dem Bankomaten. Viele Väter sehen sich einfach so, und das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.

Oder: Warum gibt es in diesem neuen Recht nicht die Doppelresidenz? Warum wird dem Prinzip der Anspannung nicht endlich entgegengetreten, wenn man Väter bis 25 Prozent unter das Existenzminimum pfändet? Dieses liegt derzeit bei 783 € – 25 Prozent weniger. Also wie soll da jemand auskommen? – Das geht einfach nicht! Und warum sollte in einem solchen Fall jemand überhaupt noch arbeiten?

Daher wird zu regeln sein, wie wir in Zukunft auf der einen Seite den Kindern gerecht werden, dass sie einen Mindeststandard haben, selbstverständlich. Aber es kann nicht sein, dass man bis zum doppelten oder zweieinhalbfachen Regelbedarf zahlen muss – die sogenannte Playboygrenze –, dass Studenten vom Vater 1 300 € bekommen und der Vater nicht mehr weiß, wie er das Geld herbeischaffen soll, wenn er vielleicht 2 500 € oder 3 000 €, wenn überhaupt, verdient. Das sind die Themen.

Das Nächste: die Partnerin. Es kann auch nicht sein, dass jemand, wenn er einmal geheiratet hat, dann den Mann bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag sozusagen als Lebens­versicherung sieht. Auch das ist ungerecht. Das verstehen auch sehr viele Frauen, insbesondere die Zweitfrauen der Männer, die dann in die Situation kommen, dass sie Frauen zweiter Klasse sind und auch die Kinder aus Zweitbeziehungen Kinder zweiter Klasse sind. Das wollen wir nicht. Das sind Dinge, über die wir werden diskutieren müssen.

Daher ist es uns wichtig, dass wir das Obsorgeverfahren vom Scheidungsverfahren trennen, ich glaube, das wäre auch im Sinne einer Objektivität durchaus wünschens­wert, dass wir den Familienrichterstand aufwerten, auch durch eine bessere Ausbil­dung, dass wir die Unterhaltsleistungen überdenken. Machen wir dazu eine Enquete und beschäftigen wir uns mit folgenden Fragen: Wie schaut es denn mit der Gerech­tigkeit, mit dem Bedarf aus? Wie schaut es mit Missbrauch aus? Wollen wir wirklich, dass Kinder und Mütter in zweiter Ehe benachteiligt sind? – Das wollen wir nicht.

Wir meinen, dass die Regelung so aussehen sollte, dass der Unterhalt der Ehefrau maximal 30 Mal bezahlt werden muss. Der Staat macht das umgekehrt, der Staat zahlt das Kindergeld auch 30 Monate, dann ist die Versorgungspflicht aus. Und dann wird man darüber diskutieren müssen, ob eine Frau lebenslang einen Unterhalt bekommen kann oder ob das auch irgendwann vorbei ist. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Da gibt es sehr viele Baustellen. Es gibt Missbrauch. Es gibt Dinge, wo die Eltern und Kinder viel zahlen – bei den Gerichtsgebühren, bei der Jugendwohlfahrt. Es gibt eine ganze Scheidungsindustrie. Und daher müssen wir viel tun, um Kindern, Müttern und Vätern in Zukunft ein besseres Auskommen zu geben. (Beifall beim BZÖ.)

10.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.35.35Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:


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1. Schriftliche Anfragen: 15282/J bis 15325/J;

2. Anfragebeantwortungen: 14350/AB bis 14369/AB;

Anfragebeantwortungen (Präsidentin des Nationalrates): 97/ABPR bis 99/ABPR.

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Mai 2013, vorgelegt von der Bundesministerin für Finanzen (Vorlage 136 BA);

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, 92 HV 52/13k, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Gabriela Moser wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Ent­scheidung des Ausschusses):

Gesundheitsausschuss:

Lebensmittelsicherheitsbericht 2012 des Bundesministers für Gesundheit (III-430 d.B.);

Kulturausschuss:

Kulturbericht 2012 der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur (III-431 d.B.),

Kunstbericht 2012 der Bundesregierung (III-432 d.B.).

C. Unterrichtungen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 23. Juni 1977 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Tunesien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 516/1978,

Aufnahme der Verhandlungen zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 4. August 2005 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 49/2007,

Aufnahme der Verhandlungen zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 9. April 1981 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, BGBl. Nr. 107/1982.

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 7 bis 9, 10 bis 14, 15 bis 24, 25 und 26, 28 und 29, 30 bis 37 sowie 40 und 41 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 51

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Klub Team Stronach hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tages­ordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 15326/J der Abgeordneten Ing. Lugar, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumenten­schutz betreffend: Gewerkschaft blockiert – Wirtschaft verliert, dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte
über die Anfragebeantwortung 14186/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 14186/AB der Anfrage 14499/J der Abge­ordneten Hagen, Kollegin und Kollegen betreffend Immissionsschutzgesetz-Luft durch den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

*****

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidial­kon­ferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8,5 „Wiener Stunden“ vereinbart. Entsprechend der vorläufigen Neuverteilung der Redezeit innerhalb einer „Wiener Stunde“ ergeben sich für 8,5 „Wie­ner Stunden“ folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP je 119, FPÖ 106, Grüne 94, BZÖ 81 sowie Stronach 68 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Wer diesen die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist ein­stim­mig angenommen.

10.37.521. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2361 d.B.): 2. Ver­einbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich, Oberösterreich und Wien über Vorhaben des Hochwasser­schutzes im Bereich der österreichischen Donau (2471 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2355/A(E) der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend 2. Ver-


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einbarung gemäß Artikel 15a B-VG über Vorhaben des Hochwasserschutzes im Bereich der österreichischen Donau, beschleunigte Abwicklung der geplanten Projekte (2472 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Heinzl, dem ich zu seinem heutigen 60. Ge-burtstag herzlich gratuliere. (Allgemeiner Beifall.)

 


10.38.54

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Vielen herzlichen Dank, sehr geehrte Frau Prä­sidentin, für die Glückwünsche!

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Gerade die letzten Wochen haben gezeigt, wie wichtig es ist, Maßnahmen zu setzen und die nötigen Mittel für den Hochwasserschutz zur Verfügung zu stellen. Das Hochwasser im Juni 2013 hat uns nämlich allen klar vor Augen geführt, dass Katastrophen wie die sogenannten hundertjährigen Hochwässer in relativ kurzen Abständen voneinander auftreten können. Und eine wichtige Lektion aus diesem zweiten riesigen Hochwasser in nur elf Jahren ist, dass ein wirkungsvoller Schutz vor Hochwasser einen Wettlauf mit der Zeit bedeutet, um wahrlich menschliches Leid zu verhindern.

Wir alle hier im Hohen Haus ziehen jetzt zum Schutze der Menschen in Österreich gemeinsam an einem Strang und sorgen dafür, dass die geplanten Hochwasser­schutz­projekte entlang der Donau deutlich rascher als geplant umgesetzt werden. Im letzten Verkehrsausschuss am 19. Juni haben wir deshalb mit Unterstützung aller Fraktionen hier im Hohen Haus einen Entschließungsantrag beschlossen, in dem wir die Bundes­regierung um Vorziehung der Finanzierung und eine beschleunigte Abwicklung der geplanten Projekte ersuchen.

Hohes Haus! Die Bundesregierung hat auch wegen der schlechter werdenden Wirt­schafts­lage wirklich rasch reagiert. Die Vorziehung des Hochwasserschutzes ist in das Konjunkturprogramm aufgenommen worden, und dieses Konjunkturpaket zeigt aus meiner Sicht sehr deutlich, dass bei uns die wirtschaftliche Entwicklung und die Arbeits­plätze an erster Stelle stehen. Nicht umsonst, sehr geehrte Damen und Herren, hat Österreich in der Europäischen Union die niedrigste Arbeitslosigkeit und ist inzwi­schen zweitstärkste Wirtschaftskraft in der Europäischen Union. Mit diesem Konjunk­turpaket wird der Schwerpunkt auf Beschäftigung noch weiter verstärkt; über 60 000 Arbeits­plätze sollen durch gezielte Investitionen im Rahmen des Konjunktur­paketes geschaffen werden.

Auch die Hochwasserschutzmaßnahmen schaffen Beschäftigung. Allein das Vorziehen der Schutzmaßnahmen an der Donau schafft 1 100 zusätzliche Arbeitsplätze. Sehr geehrte Damen und Herren! Unsere Frau Bundesministerin Bures hat dieses Vor­ziehen angeregt nach der Devise: Wer schnell hilft, hilft doppelt. Weitere Investitionen in den Hochwasserschutz lohnen sich nämlich doppelt und dreifach. Arbeitsplätze wer­den geschaffen, und wir schützen die Menschen in den betroffenen Gebieten.

Die Fertigstellung der im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Donau sollen durch eine vorgezogene Ausschüttung der Mittel um vier Jahre früher realisiert werden; das heißt, dass die Schutzmaßnahmen schon im Jahr 2019 – statt wie bisher geplant im Jahr 2023 – fertiggestellt werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 53

Wir bauen beim Hochwasserschutz ja auf guten Vorarbeiten auf. 17 Hochwas­ser­schutzprojekte entlang der Donau mit einem tatsächlichen Gesamtvolumen von 279,4 Millionen € sind bereits fertiggestellt und haben ihre Bewährungsprobe beim Jahrhunderthochwasser im Juni dieses Jahres bestanden. 17 weitere Projekte sind derzeit in Bau, Planung oder in Vorbereitung; sie sollen den 15a-Vereinbarungen zwi­schen dem Bund und den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich und Wien zufolge in den kommenden zehn Jahren, bis 2023, gebaut werden. Diese Frist – und das ist das Wichtigste – wird jetzt verkürzt. 400 Millionen € sollen bis 2019 von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam in den Hochwasserschutz an der Donau investiert werden. Das schützt Zehntausende Menschen in den Gemeinden, die heute noch nicht über einen wirksamen Schutz verfügen.

Für die Hochwassergefährdeten und Hochwasseropfer finden sich aber noch einige andere Maßnahmen im Konjunkturpaket. So wird beispielsweise das Budget für Bun­deswasserbau sowie die Wildbach- und Lawinenverbauung für zehn Jahre auf 200 Millionen € jährlich aufgestockt. Für vom Hochwasser betroffene Unternehmen im Bereich der Produktion, des Tourismus soll es bis zu 400 Millionen € zinsenfreie Kre­dite geben. Diese Kredite starten bei 10 000 € und gehen bis zu einem Rahmen von 7,5 Millionen €. Für die thermische Sanierung vorgesehene Fördermittel werden außer­dem für bestimmte Hochwasserschutzmaßnahmen beziehungsweise die Behebung bestimmter Hochwasserschäden geöffnet.

Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass wir jetzt lange Zeit keine solchen Hochwässer mehr erleben müssen, und falls ja, sind wir doppelt gewappnet. Vor allem die zahllosen Helferinnen und Helfer haben mit ihrem ehrenamtlichen Enga­gement – ein herzliches Danke dafür – im Katastropheneinsatz gezeigt, dass die Österreicherinnen und Österreicher zusammenhalten und einander in schwierigen Situationen helfen. Aber auch die Politik, sehr geehrte Damen und Herren, kann mit Maßnahmen zum Schutz vor Hochwasser – wie jene, die wir heute hier beschließen – ihren Teil dazu beitragen, dass die Menschen in Österreich weiterhin sicher leben und wohnen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Barten­stein. – Bitte.

 


10.45.39

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Lieber Anton Heinzl, auch von mir alles Gute zum Sechziger! Willkommen im Klub! Ich bin auf den Tag genau einen Monat älter als du – ich weiß, man sieht das (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek) –, und ich sage nur eines: Ich könnte mir keinen schöneren Platz vorstellen, an dem man seinen Sechziger feiern kann, als hier im Hohen Haus, noch dazu mit einer Rede so früh am Morgen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.) – Bis jetzt nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insgesamt 675 Millionen € wurden und wer­den in diesen Jahren an der und rund um die Donau zum Hochwasserschutz verbaut. Anton Heinzl hat gesagt, er hoffe, dass es nicht so bald wieder zu einem derartigen Hochwasser kommt. – Das haben wir im Jahr 2002 auch gesagt. Elf Jahre sind vergangen. Ob es jetzt hundertjährig oder hundertjährlich heißt, weiß ich nicht, aber eigentlich sollte es nach der Statistik nur alle 100 Jahre vorkommen.

Gerade Statistiker würden Ihnen da sagen: Das kann reiner Zufall sein, denn im Durchschnitt, über 1 000 Jahre betrachtet, kommt das alle 100 Jahre vor; da kann es schon einmal alle elf Jahre passieren. Ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 54

haben wir aber schon, dass sich nach elf Jahren Ähnliches wiederholt hat, und zum Teil war es ja dramatischer, zum Teil weniger dramatisch, auch aufgrund der Wirk­samkeit der mobilen Hochwasserschutzbauten. Im Eferdinger Becken war es aber dramatischer, deutlich dramatischer; dort gibt es ja auch eine Diskussion darüber, wie das denn mit den Maßnahmen war, und es sind auch Untersuchungen der Ministerien im Gange.

So gesehen ist es also nachvollziehbar, dass Vertreter des Bundes und der betrof­fenen Länder Oberösterreich, Niederösterreich und Wien sich schon vor Monaten zusammengesetzt haben, um den aktuellen Stand in Sachen Hochwasserschutz­bauten auf der Basis der Maßnahmen aus dem Jahr 2006 zu erheben. Es ist ein Zufall, dass man damit, mit dieser Artikel-15a-Vereinbarung, jetzt fertig wurde, bevor dieses neuerliche Hochwasser eingetreten ist.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, die von Ihnen einmal eingenommene Position, unter Bundeskanzler Schüssel wäre in Sachen Hochwasserschutz nichts geschehen, ist für mich übrigens absolut nicht nachvollziehbar. Ganz im Gegenteil: 2006 sind eben diese 420 Millionen € beschlossen worden; damals ist die mobile Hochwasserhilfe entwickelt worden, die sich jetzt als so sinnvoll und schützend erwiesen hat. Also da würde ich bitten, bei den Fakten zu bleiben und nicht politisches Kleingeld wechseln zu wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt haben Bund und Länder das also aktualisiert. Vorgesehen war ein Zeitraum bis 2023 – Anton Heinzl hat es schon gesagt –; es ist klar, dass man das im Lichte der Ereignisse der letzten Wochen und des Hochwassers vorziehen sollte, auch die Minis­terin hat das in einem Ministerratsvortrag schon so formuliert: Bis 2019 soll das jetzt geschehen, weitere 20 Bauten sind vorgesehen, wie gesagt, mit einem Volumen von 255 Millionen zusätzlich zu den 420 Millionen, die schon beschlossen sind. – Gut so!

Es sind die Tage vorbei, an denen die Medien Bilder – erschütternde und bedrückende Bilder – aus den Hochwassergebieten senden konnten, senden mussten. Jetzt geht es im wahrsten Sinne des Wortes ans Aufräumen. Jetzt wird erst das tatsächliche Ausmaß des Schadens und der Schäden bekannt. Jetzt geht man in die muffigen, schimmligen Keller und Häuser hinein und sieht, was da alles kaputt ist, was da alles zum Totalschaden geworden ist.

Die Menschen brauchen Hilfe und erfahren auch in einmaliger Art und Weise Hilfe: Nachbarschaftshilfe, Hilfe von den Feuerwehren, Hilfe von unseren Soldaten und Soldatinnen – Grundwehrdiener sind es vor allem – und Hilfe auch von politisch verant­wortlichen Stellen und – das füge ich hinzu – den Versicherungen.

So gesehen ist das alles also gut im Laufen, aber der beste Hochwasserschutz ist natürlich der vorbeugende, nicht der nachsorgende, die Hilfe. Wenn dieses Paket um­ge­setzt ist, dann wird man nicht zu einem hundertprozentigen Schutz kommen – das wird es nie geben –, aber doch zu einem sehr, sehr weitgehenden Schutz vor neuerlichen Hochwässern an der Donau.

Diese Artikel-15a-Vereinbarung, die wir beschließen, und der Entschließungsantrag von Abgeordnetem Heinzl und mir – und dem Hohen Haus, wie ich hoffe – in Richtung der Bundesregierung, die Sache voranzutreiben und das bis 2019 mit den drei betrof­fenen Bundesländern auch abgeschlossen zu haben, gehen in die richtige Richtung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Podgorschek zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 55

10.50.33

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ich darf namens meines Parlamentsklubs noch einmal meinen Dank aussprechen: allen Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehren, des Roten Kreuzes, des Samariter­bundes und allen zivilen privaten Institutionen, Helfern und sonstigen Hilfsorgani­satio­nen, die aufopfernd Solidarität mit unserer Gesellschaft gezeigt (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP) und damit auch dokumentiert haben, dass Solidarität in unserer Gesellschaft keine leere Worthülse ist. Es ist aber auch an der Zeit, dem österreichischen Bundesheer und den jungen Soldatinnen und Soldaten für ihren Einsatz Dank zu sagen.

Folgendes ist mir unverständlich: Uns, der Landesgeschäftsstelle Oberösterreich, wurde ein Brief zugesandt, der äußerst befremdend ist, und ich darf Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, diesen Brief – er ist datiert mit dem 18. Juni 2013 – zur Kenntnis bringen und vorlesen:

Sehr geehrte Damen und Herren der FPÖ! „Ich bringe Ihnen hiermit, als amtierender Bürgermeister, einen skandalösen Sachverhalt zu Ihrer geschätzten Kenntnis und bitte um entsprechende Initiative Ihrerseits.

Als vom Hochwasser im Juni 2013 betroffene Gemeinde bekamen wir, wenige Stunden nachdem die ersten Keller in Wassernähe vom eintretenden Wasser erfasst wurden, Anweisung ‚von der SPÖ-Parteispitze‘ unter keinen Umständen das Bundesheer für Hilfeleistungen anzufordern.“ (Oh-Rufe bei der FPÖ.)

Und weiter: „Das Bundesheer durfte keine Hilfestellung leisten! So die unglaubliche Anweisung. Als mein Gemeindesekretär mich am Handy von diesem Anruf informierte, hielt ich dies für einen schlechten Scherz. Auf Nachfrage in Wien ergab sich leider die Richtigkeit: kein Bundesheer ... von ganz Oben!“

Weiters heißt es: „Ich will nicht sagen, dass ein paar Präsenzdiener mit Sandsäcken die Wassermassen aufgehalten hätten. Aber die Anweisung, aus politischem Kalkül und Rachsucht, unter Miteinbeziehung der menschlichen und materiellen Opfer, ist Wahnsinn.“ (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Neugebauer.)

„Sie werden die Anonymität meines Schreibens verstehen. Sie werden verstehen, dass dies mein letzter Versuch ist, die Sache an die Öffentlichkeit zu bringen. In den Feuer­wehren ist das weitest bekannt. Die regionalen Medienvertreter müssen schweigen – das ist eigentlich ein weiterer Skandal.

Mit freundlichen Grüßen

Ein ziemlich frustrierter ,noch roter‘ Bürgermeister.“ – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, ich gehe davon aus, dass auch Ihnen dieser Bürgermeister bekannt sein wird. Sollten sich aber diese Vorwürfe wirklich bewahrheiten, dann ist das für mich ein Mega-Skandal. (Beifall bei der FPÖ, bei Abge­ordneten der ÖVP sowie der Abg. Ursula Haubner.) Das heißt nämlich, dass billige Parteipolitik auf Kosten der betroffenen Bevölkerung gemacht wurde; bewusst wurde der materielle und personelle Schaden in Kauf genommen, um sich für das Ergebnis der Volksabstimmung zu rächen, und das auf Kosten der Bevölkerung. – So kann es nicht sein, und diese Vorgangsweise ist unverantwortlich!

Verantwortlich ist in diesem Fall der Obmann der SPÖ, nämlich Bundeskanzler Faymann. Das ist eigentlich eine Schande für die Republik. (Beifall bei der FPÖ.)

Für mich hat die SPÖ mit dieser Vorgangsweise jedes Recht verloren, sich als staats­tragend zu bezeichnen, und ich fordere daher eine lückenlose Aufklärung dieser Vor-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 56

würfe. Die Soldaten und Soldatinnen des österreichischen Bundesheeres haben es sich nicht verdient, dass sie so behandelt werden. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

10.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


10.54.56

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bun­des­ministerin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Kollege Abgeordneter Bartenstein hat es gesagt: Er hat von einem Unbehagen gesprochen angesichts der Tatsache, dass uns ein Jahrhunderthochwasser jetzt zweimal in einem Jahrzehnt heimgesucht hat.

Dieses Unbehagen lässt sich, wie ich glaube, schon auch auf einen Punkt bringen: Wir werden es in Zukunft aufgrund des Klimawandels verstärkt mit Wetterextremen auch in Österreich zu tun haben; das ist unbestreitbar. Starkregen, Murenabgänge – das sind Auswirkungen des Klimawandels, das sagen uns viele Wissenschaftler und Wissen­schaftlerinnen, und deswegen muss man Energiewende und Klimaschutz auch poli­tisch sehr, sehr ernst nehmen, nicht nur national, sondern auch international.

Ich glaube, dass die Frage, wie man so eine Katastrophe verhindern kann, natürlich viele beschäftigt. Letztendlich wird es nie zu 100 Prozent Sicherheit geben, aber ich denke, man kann doch einen Schritt weiter gehen, als es die Bundesregierung jetzt tut.

Frau Bundesministerin, ich darf Sie hier an dieser Stelle zwar ausdrücklich für das Einhalten aller Ihrer Zusagen auf Punkt und Beistrich und auch für das Vorziehen des Projektes loben, aber diese Artikel-15a-Vereinbarung wurde bereits vor dem Donau-Hochwasser verhandelt, und es wird im Wesentlichen der Weg von vorher fortgesetzt.

Wir hätten uns gewünscht und erwartet, dass man jetzt aus dieser zusätzlichen Katastrophe auch weitere Lehren und Schlüsse zieht und dass man vor allem in diesem Bereich auch forcierter in den Hochwasserschutz investiert. Sie haben keine Mittel gekürzt; der Umweltminister hat Mittel gekürzt, und diese Kürzungen sind leider auch nicht zurückgenommen worden. Das bedauern wir und das kritisieren wir auch heftig.

Ich denke, dass auch die Frage, wie mit den freiwilligen Helfern umgegangen wird, unerledigt bleiben wird. Es wird vor der Nationalratswahl offensichtlich keine Verbes­serung der Situation geben. Es haben sich sehr viele bei den freiwilligen Helferinnen und Helfern bedankt – auch wir tun das beziehungsweise haben das getan –, aber die rechtliche Situation bleibt eigentlich so, wie sie war. Und auch das ist äußerst unbefriedigend.

Der dritte Punkt, der uns sehr wichtig ist, ist folgender: Was geschieht jetzt mit den zukünftigen Bauten? Wird man da den Weg gehen, auch tatsächlich ökologischen Hochwasserschutz zu betreiben, das heißt, den Flüssen wieder mehr Platz zu geben, Raum zu geben, in der Raumplanung darauf zu achten, nicht alle Flächen zuzubeto­nieren, sondern wirklich wieder Flächen freizumachen? Es gibt besorgniserregende Zahlen, wonach jeden Tag zehn Fußballfelder zubetoniert werden. Das ist, was Hoch­wasserschutz betrifft, natürlich dramatisch und verschlechtert die Situation. Auch da gibt es leider keine Verbesserungen und keine zusätzlichen Maßnahmen.

Der letzte Punkt betrifft die berühmten roten Zonen; über diese haben wir sehr viel diskutiert. Es ist nach wie vor möglich, dass in manchen Bundesländern das Bauen in roten Zonen genehmigt wird. Wir haben Bauobjekte in diesen akut bedrohten Zonen, wo Menschen sich gewärtig sein müssen, dass jederzeit ein ganz dramatisches


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 57

Hochwasser sie erreichen kann, dass es keinen Schutz für sie gibt. Auch da vermisse ich so etwas wie ein absolutes Bauverbot in den roten Zonen über die bundesweit einheitliche Koordinierung der Raumordnung.

Es hätte also eine Fülle von Maßnahmen gegeben, die über dieses Paket hinaus­gehen. Dieses Paket ist – das muss ich noch einmal sagen – begrüßenswert, und es ist sehr in Ordnung, was Sie hier gemacht haben. Aber all das, was wir bei der letzten Sitzung diskutiert haben, wo ich gesagt habe, dass mit sinkendem Pegelstand auch das Interesse der Politik, einen Schritt weiter zu gehen, wieder sinkt, ist leider einge­troffen: Es fehlen die großen, vorausschauenden Projekte, es fehlt die Hilfe für die Helfer. Es fehlt die Priorisierung, dass man ausschließlich – oder sofern es möglich ist – in ökologischen Hochwasserschutz investiert, und es fehlt auch ein engagiertes Vorgehen im Bereich Klimaschutz und Energiewende.

Es ist schade, dass heute der Umweltminister nicht da ist. Er hat sich in dieser Hochwasserdebatte kein einziges Mal ausführlich dem Hohen Haus gestellt. Gerade die Kürzungen in seinem Bereich waren dramatisch, das haben manche in den Bundesländern auch heftig kritisiert – das hat das Land Vorarlberg kritisiert, das hat das Land Oberösterreich kritisiert. Ich hätte mir von ihm jetzt einmal eine Recht­fertigung gewünscht, wie er es argumentieren kann, in diesem Bereich diese Kürzungen nicht zurückzunehmen – gerade auch vor dem Hintergrund der Pleiten im Baubereich. Das sind ganz tolle Konjunkturprojekte, sehr arbeitskräfteintensiv. Einen Schwerpunkt beim ökologischen Hochwasserschutz zu setzen, auch bei der Wildbachverbauung anzusetzen, wäre eigentlich ein sehr, sehr gutes Projekt gewesen, aber wie so oft in diesen Fragen stellt sich der Umweltminister auf die falsche Seite.

Sie, Frau Ministerin – das sage ich ausdrücklich noch einmal –, haben das nicht getan, Sie haben auf Punkt und Beistrich alles eingehalten. Wir hoffen, dass es gerade für Oberösterreich, für das Eferdinger Becken, auch zügig zu einer zweiten Vereinbarung kommt, dass sich die Situation, die es dort vor Ort gegeben hat, nicht mehr wiederholen kann.

Wir als Grüne werden aber, was den Bereich Hochwasserschutz betrifft, nicht locker lassen. Unsere fünf Punkte – Ökologie, Klimaschutz und Energiewende ernst nehmen, Hilfe für die Helfer und auch die roten Zonen – werden wir weiter verfolgen, und ich wünsche mir da von Ihnen, Frau Ministerin, auch stärkere Unterstützung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort. – Bitte.

 


11.00.19

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Hochwasser im Juni dieses Jahres hat uns vor Augen geführt, dass sogenannte hundertjährige Hochwasser auch in kürzeren Abständen vorkommen können und dass es unbedingt notwendig ist, diese Schutzbauten, die man andiskutiert hat und zum Teil auch schon umgesetzt oder zu bauen begonnen hat, nach dem, was im Jahr 2002 passiert ist, zu realisieren. Das ist von großer Bedeutung. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin auch froh, dass jetzt von den 34 Projekten betreffend Schutzbauten, die wir ja haben, einige vorgezogen und die Bauten schneller errichtet werden, denn es hat sich auch bewahrheitet, dass dort, wo diese Schutzbauten errichtet wurden, die Kosten dieser Bauten weit unter den Kosten für Schäden gelegen sind, das ist keine Frage. Ich bin froh, dass das so ist und dass man das vorzieht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 58

Einen hundertprozentigen Schutz wird man natürlich nie haben, aber ich bin schon froh, dass jetzt diese Vereinbarungen, vor allem diese Artikel-15a-Vereinbarung, zwischen dem Bund und den betroffenen Ländern die Donau entlang – Oberösterreich, Niederösterreich und Wien – gefruchtet haben. Und dass jetzt von diesen Mitteln, die dort eingesetzt werden, diesen 255,1 Millionen, der Bund 50 Prozent trägt, die Länder 30 Prozent und 20 Prozent die Gemeinden und die Interessenten, ist in Ordnung, das ist auch gut so.

Was die Situation der freiwilligen Helfer betrifft, so muss ich sagen – da kann ich meiner Vorrednerin völlig recht geben; auch ich bin ihrer Meinung –, dass da noch einiges zu tun ist. Ich weiß zwar, dass die Zuständigkeit in vielen Bereichen bei den Ländern liegt, aber da sollte sich doch der Bund mit den Ländern zusammensetzen, damit für die freiwilligen Helfer – und diese Hilfe, die sie uns angedeihen lassen, ist ja unbezahlbar und auf die sind wir in Österreich stolz –, also für alle, die diese Leis­tungen vollbringen, in diesen Bereichen Entgeltfortzahlung möglich ist und dass diese vielen anderen Dinge, beispielsweise Schutzimpfungen, die notwendig sind und so weiter, auch bezahlt werden. (Beifall des Abg. Scheibner.) Das sollte eben zwischen dem Bund und den Ländern geregelt werden.

Ein kurzer Satz noch zur Dramatik bei der Hochwasserkatastrophe und den Vorgängen in der Nacht vom 3. auf 4. Juni im Eferdinger Becken. Wir haben einen Antrag einge­bracht – der bedauerlicherweise im Verkehrsausschuss, Frau Bundesminister, das letzte Mal vertagt worden ist –, in dem wir Aufklärung durch eine internationale Exper­ten­kommission fordern, die die Vorkommnisse dort prüft, wo offenbar eine schlecht koordinierte Öffnung der Schleusen in Aschbach und in Ottensheim die Situation verschärft hat und die Leute im Eferdinger Becken und im oberen Mühlviertel sozu­sagen zu Schaden gekommen sind. Da fordern wir Aufklärung, da ist einiges noch nicht getan worden. (Beifall des Abg. Scheibner. – Abg. Mag. Haider: Das heißt Aschach, nicht Aschbach, Herr Kollege! Das ist ein anderes Bundesland!)

11.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


11.04.09

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Der Abgeordnete Podgorschek hat hier vorhin etwas schier Unglaubliches gesagt beziehungsweise vorgelesen. Es ist wirklich ein Skandal, meine Damen und Herren, wenn aus dem roten Parteibüro eine Weisung kommt, unterlas­sene Hilfeleistung durchzuführen. Das heißt, hier ist ein Strafrechtsdelikt aufgeklärt worden, und ich erwarte mir, dass die Justiz auch dementsprechend einschreitet, denn hier hat man die Menschen im Regen stehen lassen, das Wasser bis zum Hals. Es ist wirklich extrem, was hier passiert! Das ist strafrechtlich zu verfolgen, meine Damen und Herren, und hier gehört durch die Justiz eingegriffen.

Ich habe gerade vorhin noch kurz im Internet auf ORF.at etwas gelesen, das mich gleichfalls sehr bedrückt. Schauen wir nach Radstadt! Dort hat jetzt die ganze Feuerwehrführung ihre Funktionen zurückgelegt wegen des Hochwassers, weil die Feuerwehrleute im Regen stehen gelassen werden. Das heißt, die Aufwendungen, die sie haben, werden nicht ersetzt, obwohl es Zusagen der ÖVP/SPÖ-Gemeinde­vertre­tung gegeben hat. Also auch hier sieht man wieder, wo es hapert, wie notwendig es ist, dass man auf die Hilfsorganisationen und auf die Freiwilligen schaut und diesbezüglich gute Bedingungen schafft, meine Damen und Herren. Und da wären schon wir hier im Hohen Haus gefordert, denn entsprechende Anträge liegen vor, diese auch umzu­setzen. Die Politik beziehungsweise die Regierung sollte hier einmal Nägel mit Köpfen machen und nicht immer nur mit schönen Worten alles gutreden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 59

Meine Damen und Herren! Dieses hundertjährige Hochwasser hat wieder einmal die Grenzen aufgezeigt, wenn die Menschheit eingreift durch Flussbegradigungen und Bebauungen von Gefahrenzonen und tiefe Eingriffe in die Natur – anders kann man das nicht erklären. Durch Flussbegradigungen wird das Wasser beschleunigt, das heißt, die Flusszubauten beschleunigen den Abfluss, dadurch wird das Wasser immer schneller, es baut sich schneller auf, und diese Hochwasser sind dann eine Folge davon. Hochwasserbauten zum Schutz der Bevölkerung in Gefahrenzonen – und da im Speziellen im Bereich der Donau – sind gut und notwendig, und diese Vorziehung dieser Hochwasserbauten ist der richtige Weg, und deshalb wird das auch von uns sehr begrüßt.

Wichtig wäre es natürlich auch, die nötigen finanziellen Mittel schnell und unbüro­kratisch zur Verfügung zu stellen. Sie erinnern sich, meine Damen und Herren, wir hatten hier vor einigen Wochen eine Aktuelle Stunde zum Thema Hochwasser, und ich habe dort mitgeteilt, dass mir zugetragen worden ist, dass das Landwirtschafts- bezie­hungsweise Umweltministerium über die Kommunalkredit diese Hochwasser­bauten beziehungsweise Lawinenverbauungen und so weiter nicht beschleunigt, sondern verlangsamt, indem man Geld hin und her scheffelt, um der Raiffeisen Ober­öster­reich – der Bad Bank der Raiffeisen Oberösterreich, der Nachfolgebank der Kom­munalkredit – ein Geschäft zu ermöglichen, und viele dieser Gelder, die da vorgesehen wären, werden dann in der Bürokratie verschwinden.

Auch da, meine Damen und Herren, ist Aufklärung gefordert, denn hier sollte wirklich jeder Cent in die Hochwasserbauten investiert und nicht durch eine Bürokratie verschlungen werden. Meine Damen und Herren, auch da haben wir wieder Hand­lungsbedarf! Ich kann nur hoffen, dass die Wählerinnen und Wähler im Herbst dement­sprechend entscheiden und diese Regierung abwählen.

Ich möchte noch ein Beispiel bringen – gleichfalls im Zusammenhang mit der Hoch­wassersituation –, wie langsam das teilweise mit den Aufräumungsarbeiten bezie­hungs­weise mit den notwendigen Arbeiten geht. Im Bereich Stockerau-Umgebung ist die Trinkwasserversorgung durch das Hochwasser betroffen; das Wasser ist verunreinigt, es sind Fäkalien im Trinkwasser drinnen. Das ist bis heute nicht gelöst, meine Damen und Herren! Ich glaube, Trinkwasser ist ein notwendiges Gut, und hier sollte von den Verantwortlichen schnell und unbürokratisch gearbeitet und vor allem gleich einmal das Geld in die Hand genommen werden, damit hier die Situation verbes­sert werden kann.

Damit sind wir auch schon beim Geld, meine Damen und Herren. – Sie erinnern sich sicher auch daran: Vor einigen Wochen habe ich bei der Diskussion hier berichtet, dass Frank Stronach eine Sofortspende von 500 000 € für die Hochwasser­geschä­digten zur Verfügung gestellt hat, und ich habe versucht, hier einen Antrag einzu­bringen, der nur vier Unterschriften getragen hat, weil der Kollege Tadler selbst vom Hochwasser betroffen und zu Hause am Schaufeln war. (Abg. Mag. Widmann: ... die Plakate ... die Inserate!) Deswegen habe ich hier die Unterstützungsfrage gestellt, und keiner der 178 Abgeordneten der anderen Fraktionen hat mitgestimmt.

Dabei ist es darum gegangen, dass man die Parteienförderung, die man letztes Jahr wirklich zu Unrecht erhöht hat – hier war die Empörung groß –, zurückzahlt und diese knapp 14 Millionen € für die Hochwassergeschädigten als Soforthilfe zur Verfügung stellt, meine Damen und Herren. Das wäre ein wirklich edler Schachzug gewesen, der Bevölkerung wirklich ihr Steuergeld zurückzugeben, es nicht für Parteiproporz zu verwenden, sondern es wirklich den Menschen, denen man es ja vorher als Steuer abgenommen hat, wieder zurückzugeben. Und keiner dieser 178 Abgeordneten der anderen Fraktionen hier herinnen – außer dem Team Stronach – hat diesem Antrag zugestimmt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 60

Ich habe jetzt die fünfte Unterschrift und bringe den Antrag noch einmal ein. Sie können jetzt hier wirklich Nägel mit Köpfen machen, meine Damen und Herren. Haben Sie Anstand! Gehen Sie her, nehmen Sie die Erhöhung der Parteienförderung zurück und geben Sie das Geld den Hochwassergeschädigten, die es dringender brauchen! (Abg. Scheibner: Was ist mit der Spende Ihrer Klubförderung, die Sie angekündigt haben?)

Deshalb will ich diesen Entschließungsantrag jetzt auch formell einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Ing. Lugar, Schenk, Markowitz und Kollege betreffend Rück­nahme der Erhöhung der Parteienförderung von 2,41 € auf 4,60 € pro Wahlberech­tigten zugunsten der Hochwasseropfer

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Erhöhung der Parteienförderung von 2,41 € auf 4,60 € pro Wahlberechtigten umgehend rückgängig zu machen und die dadurch frei werdenden Budgetmittel von 13,9 Millionen € für die Betroffenen der Hochwasserkatastrophe einzusetzen.“

*****

Meine Damen und Herren! Ich lade Sie ein: Setzen Sie ein Zeichen für die Öster­reicherinnen und Österreicher und reden Sie nicht immer davon! (Beifall der Abg. Schenk. – Abg. Stauber: ... Klubförderung!)

11.10


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird mit ver­handelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Ing. Lugar, Schenk, Markowitz betreffend Rücknahme der Erhöhung der Parteienförderung von 2,41 Euro auf 4,60 Euro pro Wahlberechtigten zu Gunsten der Hochwasseropfer

Eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2361 d.B.): 2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich, Oberösterreich und Wien über Vorhaben des Hochwasserschutzes im Bereich der österreichischen Donau (2471 d.B.) TOP: 1

Im Jahr 2012 haben sich SPÖ und ÖVP eine besondere Maßnahme auf Kosten der Steuerzahler geleistet, nämlich eine Verdopplung der öffentlichen Parteienförderung.

Im Jahr 2012 wurden 15,259 Mio. Euro an Parteienförderung ausgeschüttet. Jetzt sollen es 29,13 Mio. Euro sein, und zwar 4,6 Euro für jeden einzelnen der 6,3 Millionen wahlberechtigten Österreicher anstatt wie bisher 2,41 Euro pro Wahlberechtigtem.

Im Lichte der aktuellen Hochwasserkatastrophe in Österreich, und da davon aus­zugehen ist, dass auch in Zukunft vermehrt Katastrophen zu erwarten sind, ist es aus der Sicht der Antragsteller dringend erforderlich, dass diese Erhöhung der Parteien­förderung umgehend zurückgenommen wird - und dass diese bereits budgetierten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 61

Mitteln an die Hochwasseropfer sofort weitergegeben werden. Das bedeutet netto 13,9 Millionen Euro für die Hochwasseropfer!

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Erhöhung der Parteienförderung von 2,41 Euro auf 4,60 Euro pro Wahlberechtigtem umgehend rückgängig zu machen und die dadurch freiwerdenden Budgetmittel von 13,9 Millionen Euro für die Betroffenen der Hochwasserkatastrophe einzusetzen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bures. – Bitte.

 


11.10.43

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es ist so: Elf Jahre nach dem letzten sogenannten Jahrhunderthochwasser haben wir wieder dramatische Bilder gesehen. Es wurden Ortschaften in Österreich überschwemmt, es wurden Städte überflutet, und wir alle konnten sehen, was das für die Menschen, die an der Donau leben, bedeutet.

Ich glaube aber – und das möchte ich auch erwähnen –, dass wir gleichzeitig gesehen haben, wie Österreich zusammenhält, wie sich die Helferinnen und Helfer sofort die Ärmel hochgekrempelt haben und begonnen haben, die Schlammmassen zu beseitigen, wie sofort Rettung, Feuerwehr, das Bundesheer zur Stelle waren. Im Übrigen, Herr Abgeordneter, waren 12 000 junge Soldaten im Assistenzeinsatz. All jene, die von den Bürgermeistern, von den Landeshauptleuten, von den Bezirkshaupt­leuten abberufen wurden, sind zum Einsatz gekommen. Und es hat überhaupt nieman­den in diesem Land gegeben, der Interesse daran gehabt hätte, den Menschen nicht so schnell wie irgendwie möglich zu helfen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich glaube, dass wir in Österreich auch wirklich gesehen haben, dass man in der Not zusammensteht und dass Solidarität und Zusammenhalt Werte sind, auf die wir in unserer Gesellschaft stolz sein können.

Die österreichische Bundesregierung, die Politik hat hier auch eine Verpflichtung, so rasch wie möglich zu helfen – ob das im Bereich des Katastrophenfonds ist oder ob wir die Zeit nicht verstreichen lassen, die wir leider in der Vergangenheit nach dem Jahr 2002 haben verstreichen lassen, indem wir jetzt sofort beginnen, alle Maßnahmen zu setzen, um die Menschen in Österreich in Zukunft – wann immer dieses Hochwas­ser kommt; das ist ein Wettlauf mit der Zeit – auch vor dem Hochwasser zu schützen.

Ich möchte Ihnen die Bilder, die Sie sicher auch gesehen haben, in Erinnerung rufen. Dort, wo es uns in den letzten Jahren mit einer wirklichen Kraftanstrengung gelungen ist, wo die Arbeiter alles Menschenmögliche getan haben, um die Projekte rechtzeitig fertigzustellen – und seit dem Jahr 2006 ist es gelungen, 17 Projekte fertigzustellen –, dort haben wir die Menschen geschützt. Wir haben die Menschen in der Wachau mit mobilen Wänden – das sind technologische Wunder, kleine bautechnische Wunder mit Pumpsystemen in 20 Metern Tiefe – vor dem Hochwasser geschützt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 62

Und wir haben dort, wo es möglich ist, dem Wasser den Raum zu geben, dem Fluss wieder den Flusslauf zurückzugeben, mit diesen Maßnahmen auf das Hochwasser geantwortet. Wir mauern die Donau nicht ein! Wir schützen historische Städte und Orte, wo Menschen seit Jahrhunderten leben. Wir schützen sie mit neuen Tech­nolo­gien, mit mobilen Wänden, damit die Donau nicht eingemauert wird und der Blick auf die Landschaft erhalten bleibt, und wir errichten Dämme, wir errichten Überschwem­mungsgebiete.

Erlauben Sie mir, auch da ein Beispiel zu bringen: den Machlanddamm. Auch dieser Bereich hat gehalten, auch da haben wir keine Schäden. Wir haben da Überflutungs­flächen zur Verfügung gestellt. Das klingt immer so leicht, als würden wir das Wasser über die Wiese laufen lassen. – Dort war aber keine Wiese! Dort haben 250 Familien gewohnt, dort sind Häuser gestanden. Den Familien dort wäre bei diesem Hochwasser wieder das Wasser bis zum Hals gestanden. Wir haben 250 Familien abgesiedelt. Wir haben das in enger Kooperation mit den Bürgermeistern, dem Land und den Gemein­den getan, und wir haben dem Fluss neuen Raum gegeben.

Genau so werden wir den Hochwasserschutz mit den 17 Projekten, die noch anstehen, auch in Zukunft durchführen: Dort, wo es möglich ist, zu renaturieren, dort, wo es möglich ist, Überflutungsräume zur Verfügung zu stellen, dort werden wir das machen, und dort, wo man mit technologischen Möglichkeiten, mit mobilen Hochwasserwänden arbeiten kann wie in Grein – Sie haben die Bilder sicher gesehen –, werden wir das in dieser Form vornehmen.

Ich bedanke mich hier auch für die breite Zustimmung, durch die wir im Zuge eines Konjunkturpaketes jetzt ein Beschleunigungsprogramm vornehmen können. Wir hatten ursprünglich vor, diesen Ausbau innerhalb von zehn Jahren vorzunehmen; wir werden das auf sechs Jahre reduzieren. Das ist aber auch eine große Herausforderung, was Grundstücksflächen, was Projekteinreichungen, was technische Anwendungen be­trifft – eine wirklich große Herausforderung! Das funktioniert nur dann, wenn in solchen Notsituationen auch wir in der Politik zusammenhalten und wenn wir, der Bund, gemeinsam mit den Ländern Oberösterreich, Niederösterreich und Wien diese Mittel zur Verfügung stellen, um dieses Beschleunigungsprogramm auch tatsächlich umzu­setzen. – Das ist, wie gesagt, unser Ziel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir auch, zu den Vorwürfen der Flutungen im Eferdinger Becken etwas zu sagen: Ich glaube, es steht außer Zweifel, dass die Menschen, die dort leben, ein Recht darauf haben, eine wirkliche lückenlose Aufklärung darüber zu bekommen. Ich habe in meinem Bereich alle Schleusenbewe­gungen, die seitens der via donau aufgezeichnet wurden, auch der Obersten Wasser­behörde als zuständiger Behörde übermittelt. Ich weiß, dass im Land Oberösterreich Landesrat Anschober eine deutsche Universität beauftragt hat, sich mittels eines Gutachtens anzusehen, was wirklich geschehen ist. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Alles, was mir möglich war, habe ich an Informationen an die zuständige Oberste Was­ser­rechtsbehörde übermittelt, und das werde ich auch in Zukunft tun, weil die Menschen ein Recht auf lückenlose Aufklärung haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Abgeordneter Heinzl hat gesagt, wer schnell hilft, hilft doppelt. – Das ist im Be­reich des Hochwasserschutzes im Besonderen der Fall. Das führt dazu, dass wir die Menschen in Zukunft vor Hochwasser schützen, das führt aber auch dazu, dass wir nicht Millionen in die Hand nehmen müssen, um danach Schäden zu beseitigen, wie das nach dem Hochwasser 2002 war, sondern Geld in die Hand nehmen, um auch die Beschäftigung anzukurbeln.

Deshalb bin ich sehr froh, dass es gelungen ist, zu sagen: Nein, wir haben möglicher­weise nicht zehn Jahre Zeit, diese 17 Projekte fertigzustellen, sondern wir versuchen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 63

es in sechs Jahren. Wir schnüren noch einmal ein Konjunkturpaket, um in den Hochwasserschutz zu investieren, um die Menschen vor diesem Hochwasser zu schützen. Wir machen das mit jenen Methoden, die am umweltfreundlichsten sind und die auch Rücksicht auf Mensch und Natur nehmen. – Es ist auch das richtige Instru­ment, Konjunkturpakete zu schnüren, bei denen man Geld in die Hand nimmt, um positive Dinge tatsächlich umzusetzen.

Erlauben Sie mir daher auch zu sagen, dass ich sehr froh darüber bin, dass wir eben im Bereich des Hochwasserschutzes Geld in die Hand nehmen, dass wir im Bereich des Wohnbaus mit einem Konjunkturpaket Geld in die Hand nehmen, damit junge Familien in Zukunft auch ein Angebot an leistbaren Wohnungen haben, dass wir Geld in die Hand nehmen, um Kindergärten auszubauen, um Pflegeheime auszubauen. Das sind Konjunkturpakete, die etwas bewirken!

Gestern ist der OECD-Bericht gekommen, in dem Österreich im Ranking ganz positiv bewertet wurde. Darin wurde gesagt, wir haben gegengehalten, wir haben das Land nicht kaputtgespart. – Wir haben investiert. Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit in Europa. Wir sind das fünftreichste Land. Wir hören aber nicht auf, sondern wir haben aus den Erfolgen der Konjunkturpakete des Jahres 2008 gelernt und wissen, dass wir genau heute in einer für die österreichische Wirtschaft sehr sensiblen Branche, nämlich im Bau- und Baunebengewerbe, Impulse für Beschäftigung setzen sollten und in Zukunft Werte schaffen, die, wie gesagt, den Familien beim Wohnen helfen, den älteren Menschen bei Pflegeheimen und die vor allem die Menschen vor dem Wasser schützen sollen. – Danke vielmals. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.19


Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


11.20.06

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Winston Churchill hat einmal gemeint, wenn man eine Katastrophe will, muss man nur die Pflicht erfüllen. Kollege Podgorschek, das anonyme Schreiben, das du vorgelesen hast, ist für mich nur ein Ablenken von der Wahrheit, denn anonyme Schreiben kann man jederzeit vorlegen. Das erinnert mich etwa an Anzeigen von freiheitlichen Funk­tionären gegen Sozialdemokraten, die angeblich in öffentlichen Gebäuden geraucht haben. Nur, es wurde nicht richtig recherchiert, sie haben Nichtraucher angezeigt. Genau so ist das mit diesem anonymen Schreiben. Du liest etwas vor, kannst nicht sagen, wer das ist, oder willst es nicht sagen. – Leg den Namen auf den Tisch, sag, wer das ist, dann kann man dem Ganzen nachgehen! Nur Behauptungen in den Raum zu stellen, das kann es nicht sein.

Was ist denn in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni 2013 wirklich passiert? – In den oberösterreichischen Gemeinden Goldwörth, Feldkirchen, Walding, Ottensheim wurde dieser Ausspruch von Winston Churchill, den ich vorhin erwähnt habe, tragisch vor Augen geführt, denn dort wurden Hunderte Häuser absichtlich geflutet. Das Tragische dabei: Die Bevölkerung des Eferdinger Beckens wurde nicht einmal informiert von der drohenden Gefahr, davon, dass dort geflutet wird. – Weil alle nur ihre Pflicht getan haben, wie wir lesen konnten und wie wir aus den Medien erfahren haben. Alle haben sich nur an Vorgaben gehalten. Das ist, auf den Punkt gebracht, das, was im Efer­dinger Becken passiert ist.

Das ist katastrophal, meine Damen und Herren, doch mit jedem Tag, der vergeht, wird das Kopfschütteln noch stärker. Die „Oberösterreichischen Nachrichten“ haben am 2. Juli über unglaubliche Schlampereien berichtet, die in diesem Zusammenhang pas­siert seien. Es hat abgestürzte Computer gegeben, es hat fehlende Messdaten gege-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 64

ben. Das heißt, es ist der gesamte Dilettantismus, der dort vorherrschte, offengelegt worden.

Auch – und das steht auch in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ – die Haltung der oberösterreichischen Landespolitik ist fragwürdig, und ebenso hat das Lebensministerium Aufklärungsbedarf, denn die sogenannte Wehrbetriebsordnung, auf die sich zum Beispiel der Verbund in Bezug auf die Flutung beruft, ist eine Verordnung dieses Hauses.

Das heißt, jeder hat seine Pflicht erfüllt, jeder hat etwas getan, und Hunderte Häuser sind absichtlich geflutet worden. – Es liegt hier vieles im Argen, meine Damen und Herren! Ich fordere im Sinne der betroffenen Menschen nicht nur zum raschen Handeln auf, sondern auch zu umfassender Transparenz und zu einem Ersatz für den Schaden, den die Betroffenen durch diese absichtliche Flutung genommen haben.

Meine Damen und Herren! Dringend notwendig – nach allem, was passiert ist – sind natürlich auch Ausbau- und Schutzmaßnahmen für die Zukunft. Das letzte Jahrhun­derthochwasser liegt, wie wir heute schon mehrfach gehört haben, noch nicht einmal elf Jahre zurück. Dort, wo wir seither Schutzräume und Retentionsbecken gebaut ha­ben, konnte diesmal das Schlimmste verhindert werden. Im Linzer Stadtteil Alt-Urfahr-Ost oder im oberösterreichischen Mauthausen zum Beispiel hat sich gezeigt, wie wertvoll und wichtig diese Schutzbaumaßnahmen waren, denn diese Orte und Stadt­teile konnten von einer Überflutung freigehalten werden. An anderen Stellen, meine Damen und Herren, hat die Natur voll zugeschlagen. Es hat höchste Pegelstände gegeben, es hat unermessliches menschliches Leid gegeben, immensen materiellen Schaden.

Mit der Realisierung der 17 von 34 geplanten Projekten konnte zumindest größt­mög­licher Schutz gewährleistet werden. Diese 17 Projekte, die bereits umgesetzt wor­den sind, zeigen uns eindrucksvoll, wie wichtig es ist, dass diese Schutzbauten errich­tet werden. Daher heißt es, auf die Tube zu drücken, Tempo zu machen, denn der Ausbau der Schutzvorrichtungen ist wirklich sehr, sehr wichtig. Egal, ob Enns-Eng­hagen oder die St. Georgener Bucht: Diese Gebiete sollten ebenso sicher werden wie jene, die schon heute vom Machland-Damm profitieren.

Ich danke der Frau Bundesminister, dass sie Druck macht und somit viele Vorhaben, die eigentlich erst für den Zeitraum 2019 bis 2023 budgetiert sind, bereits ab 2014 in Angriff genommen werden können. Das ist die richtige Hilfe zur richtigen Zeit, denn das schafft Sicherheit für die Menschen und trägt sogar zur Konjunktur bei. Es ist eine Win-win-Situation, die allen hilft.

Frau Bundesminister, ein herzliches Danke, du bist wie immer am Ball und weißt, wie man schnell und richtig für die österreichische Bevölkerung, für die Menschen in diesem Land reagiert! (Beifall bei der SPÖ.)

11.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


11.25.00

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zunächst freue ich mich, dass ich, bevor ich mit meiner Rede beginne, als Frauensprecherin der ÖVP eine Abordnung der Frauenbewegung aus Leibnitz und eine Abordnung der „Frau in der Wirtschaft Voitsberg“ sehr herzlich begrüßen und willkommen heißen darf. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 65

Meine geschätzten Damen und Herren! Kollege Hagen hat sich hierher ans Rednerpult gestellt und furchtbar darüber geschimpft, wie schlimm das alles gewesen ist, dass nichts funktioniert hat. Er hat dieses Hochwasser, diese Naturkatastrophe und die Menschen, die betroffen sind, die heute und noch viele Jahre daran leiden werden, benutzt, missbraucht für seine Wahlkampftaktik. Ich muss Ihnen sagen, Herr Hagen, ich finde das schändlich von Ihnen, sich hier herzustellen und das zu sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe beim Team Stronach.)

Wir reden ja so viel von Werten, von Werten und Wahrheiten, und ich darf Ihnen sagen, was wahr ist, die Situation im Stockerauer Raum betreffend, Herr Kollege Hagen! Tatsache ist, dass die Stadt Stockerau am 21. Juni das Trinkwasser freige­geben hat. Tatsache ist, dass Wochen vorher nahezu täglich Proben genommen wor­den sind, dass die Zertifizierung natürlich vorliegen muss. Auch die ABC-Abwehrschule hat mitgearbeitet, mit dazu beigetragen, mit unterstützt, dass es wieder Trinkwasser für die Bürgerinnen und Bürger gibt. Es ist nicht so, wie Sie hier erzählen, um Panik zu verbreiten. (Abg. Hagen verlässt seinen Sitzplatz in Richtung Präsidium.) – Sie können ruhig gehen, Sie halten eben die Wahrheit nicht aus, das ist Ihr Problem!

Die Behörden haben hervorragend zusammengearbeitet, die Bezirkshauptmannschaft, das Land Niederösterreich mit seinen Experten, natürlich unsere Feuerwehrmänner und ‑frauen, natürlich auch die Soldatinnen und Soldaten, vor allem auch der ABC-Abwehrschule. Es ist großartig gearbeitet worden.

Eines müssen wir auch wissen, geschätzte Damen und Herren: 2002, nach diesem furchtbaren Hochwasser, den Überflutungen in Niederösterreich, auch in meiner Heimatgemeinde Bisamberg, haben wir gedacht, das war es jetzt für die nächsten Jahrzehnte. – Nein, das war es nicht! Wir haben damals darauf reagiert, sowohl der Bund als auch Oberösterreich, Niederösterreich, wir, die Gemeinden. Wir haben ent­lang der Donau – heute schon angesprochen – 34 Hochwasserprojekte definiert und zum Teil auch gebaut; auch in meiner Marktgemeinde zwei Hochwasserschutzdämme, immerhin eine Investition von 1 Million € für eine kleine Gemeinde.

Wir haben auch weiterhin darauf reagiert. Im Jahr 2006 wurde wiederum eine Artikel-15a-Vereinbarung getroffen, es wurden wiederum Mittel zur Verfügung gestellt: 420 Millionen €, damit in den Jahren 2007–2016 die Schutzbauten realisiert werden können.

Wir haben erst im Februar dieses Jahres wiederum ein Paket von 255 Millionen € verabschiedet, aber das Hochwasser war schneller als wir in der Umsetzung und Ausschüttung dieser Mittel. Es ist daher wichtig und richtig, dass wir diesen Ent­schließungs­antrag gestellt und auch beschlossen haben. Ich danke unserem Aus­schuss-Vorsitzenden, Abgeordnetem Bartenstein, dass er so vehement darauf Bedacht genommen hat, dass das in dieser Form funktioniert, denn wir brauchen dieses Geld in den Ländern, in den Gemeinden, um rasch zu reagieren und die entsprechenden Maß­nahmen rasch realisieren zu können.

Nun zu den Betroffenen selbst, meine Damen und Herren! Wenn man so wie ich mitten drin in diesem Geschehen war, dann weiß man, was so etwas für die Familien bedeutet, wenn die persönlichen Gegenstände irgendwo herumschwimmen, wenn die Felder in den nächsten Jahren, ja Jahrzehnten, könnte man fast sagen, nicht mehr bebaubar sein werden, weil das Wasser darin wie in Badewannen steht. Das Trocknen der Flächen, um wieder anbauen zu können, wird einige Zeit dauern.

Das heißt, Hilfe von uns kommt, sie ist da, aber das Leid der Menschen können wir leider Gottes nicht in dem Ausmaß lindern, wie wir das gerne möchten. Aber auch hier haben wir eine Aufgabe, die zu erledigen ist, auch wenn zum Zeitpunkt des Hoch­wassers, wie gesagt, alle Beteiligten sich nicht nur bemüht, sondern professionell gear-


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beitet haben. Unsere Frau Bezirkshauptmann im Bezirk Korneuburg, Frau Dr. Müllner-Toifl, hat eine ganze Woche lang gemanagt, es gab Einsatzgespräche im Zwei-Stunden-Takt mit Feuerwehren, Bundesheer, Bürgermeistern bis hinunter in die kleins­ten Gemeinden, mit den Bauhofleitern, weil natürlich auch im nicht unmittelbaren Umfeld ein Rückstau der Donau in die Seitenarme der Donau erfolgt ist. Ganz klar, es war eine gewaltige Menge an Wasser, eine enorme Geschwindigkeit des Wassers zu verzeichnen, und das Wasser der Donau ist natürlich zurückgedrängt worden in die Seitenarme. Dort sind 24-Stunden-Wachen geschoben worden von der Feuerwehr, von unseren Gemeindemitarbeiterinnen und ‑mitarbeitern. Sie haben Großartiges geleistet.

Für uns Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bleibt eine Frage: Wie werden wir das nächste Hochwasser bewältigen? Was ist noch zu tun? – Wir haben noch einiges zu tun. Das heißt, sehr geehrte Frau Bundesministerin, wir müssen unser Augenmerk auch verstärkt auf die Seitenarme der Donau legen. Der Schutz an der Donau direkt, im Kremser Raum etwa, durch die mobilen Wände ist hervorragend geglückt. Ich hätte nicht gedacht, dass das wirklich so gut funktioniert. Es hat funktioniert, die Experten haben recht gehabt. Aber jetzt gilt es, sich auch die Seitenarme der Donau anzu­schauen, so etwa in meiner Heimatgemeinde, wo ein kleines Bacherl mit 30 Zentimeter Wasserstand im Normalfall innerhalb eines Tages auf 7,40 Meter angestiegen ist.

Das ist der Punkt: Was müssen wir tun? Wie schaut es aus für unsere Gemeinden? Wie können wir 1 500 Leute evakuieren? Wohin? Welche Maßnahmen müssen wir im Zivilschutzbereich für uns in den Gemeinden treffen? Ich glaube, ebenso wie wir jetzt schon vorplanen, müssen wir auch die Nachbereitung sehr sensibel und genau durchführen, um zu wissen, welche Maßnahmen wir im Hinblick auf ein weiteres Hoch­wasser, auf eine weitere Naturkatastrophe ergreifen können.

In diesem Sinne noch einmal meinen Dank an alle, die bei der Bewältigung dieser großen Herausforderung in dieser sehr schwierigen Zeit mitgeholfen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

11.30


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Hagen möchte eine tatsächliche Berichtigung vorbringen. – Bitte.

 


11.30.42

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Schittenhelm hat vorhin behauptet, ich hätte hier auf dem Rücken der Hochwasseropfer Wahlkampf betrieben und darüber geschimpft, was alles nicht funktioniert hat. (Abg. Steibl: Ist ja so!)

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe lediglich die Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus aufgefordert, meinem Antrag zur Rücknahme der Erhöhung der Parteien­förderung zuzustimmen und dieses Geld den Hochwasseropfern zu spenden, um ein Zeichen für die Hochwasseropfer zu setzen. – Danke schön. (Beifall der Abg. Schenk.)

11.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


11.31.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Der in Verhandlung stehende Tagesordnungspunkt umfasst an und für sich eine Artikel-15a-Vereinbarung für eine kurzfristige und gemeinsame Finanzierung von Hochwasserprojekten. Von diesem Grundsatz her ist dem nur zuzustimmen. Aber es gibt, wie schon meine Vorredner gesagt haben, eine sehr breite Themenstellung, und


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dieses Hochwasser ist in all seinen Aspekten auch entsprechend zu beleuchten, um für die Zukunft gerüstet zu sein.

Es sind schon einige Gründe für das Hochwasser angeführt worden, ich nenne nur beispielsweise den Klimawandel. – Ich finde, neben dem absolut nicht bestreitbaren Klimawandel ist es durchaus diskussionswürdig, ob dieser wirklich menschengemacht ist. Es gibt nämlich sehr viele wissenschaftliche Ansichten, die besagen, er ist nicht menschengemacht (Beifall bei der FPÖ), und daher finde ich, es ist furchtbar, es geht gar nicht, damit ein Geschäft wie mit den Emissionszertifikaten zu machen oder auf dem Rücken der Opfer politisches Kleingeld zu wechseln. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Aber nehmen wir einmal eine detailliertere Gliederung der diversen Stellen vor, und ich danke dem oberösterreichischen Klubobmann Steinkellner, der genau aufgezählt und aufgelistet hat, wer aller daran beteiligt war! – Es haben die Bundesregierung selbst beziehungsweise die Bundesfirma Verbund etwas eigenartig agiert, ebenso die Landesregierung mit ihrem Krisenmanagement, durchaus auch hinterfragenswert, vor allem dort, wo sie auch Aufsicht für die Gemeinden ist, und auch einzelne Bürger­meister. Daher sollte sich Kollege Keck einmal erkundigen, ob beispielsweise auch Walding abgesoffen ist, er sollte vielleicht den dortigen Bürgermeister nach seiner Meinung fragen. – Das nur im Zusammenhang mit diesem Schreiben, das Kollege Podgorschek zitiert hat.

Wie geht es weiter mit den Unregelmäßigkeiten, mit den Missständen? – 1970 wurde beim Kraftwerksbau ganz genau festgelegt, dass das Eferdinger Becken beispiels­weise ein Flutungsbereich ist. Der Verbund meldet regelmäßig an den Krisenstab, dass mit entsprechend steigenden Pegelständen zu rechnen ist, aber der Verbund schickt das an die falsche E-Mail-Adresse. Weil ein Rechner abgestürzt ist, ist die Mail an eine falsche Adresse gegangen, den Empfänger gibt es gar nicht. Es schaut aber kein Mensch beim Verbund nach, ob vielleicht eine Fehlermeldung zurückkommt, ob es den Adressaten überhaupt gibt. – In einer Krisensituation völlig untragbar!

Auf der anderen Seite: Der Krisenstab erhält bis zu einem gewissen Zeitpunkt regel­mäßig Pegelmeldungen, dann reißen die Meldungen ab. Einen richtigen Krisenplan, einen richtigen Stab, der auch entsprechend arbeitet, dürfte es in Oberösterreich zumindest nicht geben, denn der könnte ja auf die Idee kommen, beim Verbund anzurufen und nachzufragen, was mit den Mails ist. Das macht man nicht. Man sitzt fesch hinten, man ist ja beamtet oder was immer, und wartet darauf, dass die Sonne aufgeht. Das ist auch absolut untragbar! (Beifall bei der FPÖ.)

Gibt es eigentlich einen Plan, der genau vorsieht, was zu tun ist? Gibt es aktualisierte Telefonnummern? Gibt es aktualisierte E-Mail-Adressen?

Das Nächste ist die Evakuierung. Die Evakuierung ist zum Beispiel zu früh diskutiert worden und dann zu spät nicht durchgeführt worden.

Also Versagen von vorne bis hinten, quer durch sämtliche Hierarchieebenen!

Wenn wir heute dieses Paket beschließen, dann sollten wir wirklich auch einmal an die Opfer denken, denn die bekommen jetzt im Nachhinein einen kalten Händedruck. Für einen warmen reicht es offensichtlich nicht mehr, denn das Geld haben wir mittlerweile in der EU versenkt, in griechische Schrottanleihen, zusammen mit den Familien. In den Familien in den Gemeinden gibt es Solidarität, aber die Solidarität der Geldgeber, der Financiers, des Bundes mit den Familien gibt es nicht. Die Regierung ist nicht für die Menschen, sondern für die Banken da, das wissen wir (Hö-Rufe bei der ÖVP), sie ist


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von den Märkten gekauft, aber von den Menschen gewählt – und die Menschen werden am Wahltag sicher darüber nachdenken. (Beifall bei der FPÖ.)

11.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte. (Abg. Amon: Eine Zumutung! Billiger geht es nicht mehr! – Abg. Dr. Moser – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja, das stimmt!)

 


11.35.54

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Werte ZuhörerInnen und ZuschauerInnen auf den Rängen! Die Schüler des Akademischen Gymnasiums Linz mit ihren Lehrkräften seien herzlich begrüßt! Ein Akt politischer Bildung in der letzten Schulwoche, danke! (Allgemeiner Beifall. – Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) – Sind ja meine Schüler, zufälliger­weise! Herr Kollege Bartenstein, Ihnen habe ich es zu verdanken, dass ich jetzt reden kann, denn Sie haben glücklicherweise nicht Ihre gesamte Redezeit verbraucht.

Kommen wir zum Thema, Frau Ministerin! In elf Jahren zwei Jahrhunderthochwasser. Da schrillen nicht nur die Alarmsirenen, da ist es nicht nur notwendig, Geld in die Hand zu nehmen – wie wir gehört haben, 420 Millionen bis 2017 und dann noch einmal 255 Millionen bis zum Jahr 2023; aber nicht nur das Geld macht es aus –, sondern auch, es in erster Linie sinnvoll einzusetzen und vorsorgende Maßnahmen zu treffen. Darin sind wir Gott sei Dank alle einer Meinung, Herr Kollege Auer oder auch Sie von der SPÖ.

Die Frau Ministerin hat es sehr gut herausgearbeitet: Wir brauchen Platz, wir brauchen Raum fürs Wasser, wir brauchen Überflutungszonen. Deshalb ist auch das Machland-Projekt so gut gelungen. Es ist Geld eingesetzt worden mit Herz und Verstand. Die Menschen haben teilweise freiwillig – es waren 280 Familien – den Raum verlassen, weil er eben eine rote Zone ist.

Wir haben aber auch andere Beispiele, etwa in Niederösterreich. Frau Bürgermeisterin, Sie haben von den Bächen gesprochen! – Ja, auch ein Problem, aber schauen Sie sich den Geldmitteleinsatz entlang der March an! Auch dort wurde ein Hochwasser­damm errichtet, nur eigenartigerweise – das sage ich sehr höflich – zwischen Fluss und Au. Wo soll dann das Wasser hin? Ein Damm zwischen Fluss und Au, das Wasser rinnt dann halt weiter nach unten, dorthin, wo kein Damm mehr ist. Wir haben hier das Problem, dass der Fluss keinen Raum bekommen hat, sondern dass dieser Dammbau in erster Linie der Trockenlegung von landwirtschaftlichen Flächen dient. Durchaus auch legitim, sage ich, aber Hochwasserschutz ist das nicht, nicht nach den neuesten Erkenntnissen, nicht nach dem Stand der Technik und nicht nach ökonomischen Kriterien. Also: Machen wir es gut!

Frau Ministerin, auch nicht geklärt mit unserem heutigen Finanzbeschluss ist, welche Mittel für den Eferdinger Raum, der heute schon öfter angesprochen worden ist, zur Verfügung stehen, auch für den Raum Feldkirchen, Goldwörth. Die Menschen dort sind nicht gewarnt worden, dass seit dem Kraftwerksbau durch die Kraftwerkskette an der Donau klar ist, dass das Überflutungszone ist. Auf die Baubewilligungen hat das keinen Einfluss genommen, die Menschen konnten sich in einem Raum ansiedeln, der an sich von vornherein vom Verbund her als Überflutungszone geplant war.

Das ist auch ein Informationsdefizit, Herr Kollege Deimek, nicht nur – und da gebe ich Ihnen vollkommen recht – das mit der falschen E-Mail-Adresse, nicht nur das mit dem nicht erfolgten Nachtelefonieren, nicht nur das mit den fehlenden Warnungen! Es ist prinzipiell in der Siedlungspolitik, in der Raumordnungspolitik ein massiver Fehler


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gemacht worden, für den nicht nur die Menschen dort bezahlen aufgrund der ihnen entstandenen Schäden, sondern für den auch wir als Steuerzahler zahlen und den Sie, Frau Ministerin, mit entsprechenden Maßnahmen jetzt wieder einigermaßen bereinigen sollen. Deshalb ist es für uns ganz, ganz wichtig, dass man in der Raumordnung – und da spreche ich mit föderalistisch gesinnten Abgeordneten wirklich in einem ernsten Dialog –, dass man in der Raumordnung Schutzzonen definiert, wenn man Kraftwerks­bauten vornimmt, weil nur so die Retentionsräume, die Flutungsräume gewährleistet sein können.

Gerade, wenn Kraftwerke schnell ihre Schotten hochziehen, sozusagen nach dieser Wehrbetriebsordnung das Wasser durchlassen, gibt es das Problem mit dem Schlamm, und mit dem Schlamm kämpft die Landwirtschaft genauso wie die betroffene Bevölkerung, die nicht nur das Wasser im Keller hat, sondern auch den Schlamm, wobei dieser ja, wie wir wissen, noch viel ärger ist.

Dieser Schlamm ist ja mehr oder weniger Geschiebeschlamm. Und da sind wir bei einem Grundproblem, das auch Sie, Frau Ministerin, betrifft: Was geschieht mit dem Geschiebe, mit dem Schlamm, der durch die Flüsse aus dem Gebirge in die Stauräume kommt? Das ist auch ein energiewirtschaftliches Problem, der Stauraum wird kleiner, die Effektivität der Wasserkraft geringer. Der Schlamm verhindert bei Hochwasser, dass zusätzliches Wasser entsprechend aufgenommen wird, und der Schlamm liegt, wenn dann geöffnet wird, auf den Feldern, verstopft die Häuser.

Frau Ministerin, warum – das ist meine Frage und ein Ansatz zur Problemlösung – bekommt die via donau – Sie sind ja zuständig für den Wasserstraßenbau – als nachgeordnetes Organ nicht die Verpflichtung oder den Auftrag, die Staubecken zu entschlammen, rechtzeitig auszubaggern, auszusaugen und das dann mit Schiffen in das Schwarze Meer zu transportieren, wenn es schon durch die Kraftwerke nicht auf dem natürlichen Weg geht? Irgendwohin muss ja der Schlamm – entschuldigen Sie, aber so ist es halt.

Frau Ministerin, ich darf Ihnen noch ein zweites Beispiel bringen. Auch in Hallstatt ist sehr, sehr schnell Hochwasser über einen Gebirgsbach mitten durch den Ort geflos­sen, das konnte sich niemand vorstellen. Wir müssen auch bei der Wildwasser­verbau­ung dafür sorgen, dass die Bäche nicht nur kanalisiert werden, sondern dass auch Ausweichzonen vorhanden sind, vor allem aber auch dafür, dass die Bäche gesäubert werden. Dort sind nämlich nicht nur verschiedene Muren stauend tätig gewesen, sondern auch Baumstämme von vorhergegangenen Windbrüchen, und das hat zu diesen Katastrophensituationen in Hallstatt geführt.

Frau Ministerin und Frau Kollegin Schittenhelm, Frau Bürgermeisterin, es geht, wie Sie gesagt haben, auch darum, den Menschen persönlich zu helfen. Unser Dank gilt den Feuerwehrleuten, aber wir haben nicht nur die finanzielle Verpflichtung, sondern auch die rechtliche Verpflichtung, einen neuen Schutzmechanismus zu etablieren. Wir brauchen einen Schutzmechanismus nicht nur in Form von Dämmen, sondern auch in Form von Versicherungsmöglichkeiten. (Zwischenruf der Abg. Schittenhelm.)

Damit bin ich bei einem kritischen Punkt, und deshalb bin ich sehr, sehr vorsichtig, ich bringe den folgenden Antrag ein und ersuche die Bundesregierung um Folgendes:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Moser, Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Hochwasserschutzversicherung


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Bericht über verschie­dene Möglichkeiten zur Einführung einer Pflichtversicherung für Hochwasserschäden vorzulegen.“

*****

Es geht darum, damit komme ich schon zum Ende meiner Ausführungen, die Möglich­keit zu schaffen, sich zu versichern. Es geht darum, dass wie in der Schweiz ein umfassender Versicherungsschutz möglich wird, auch wie die Europäische Kommis­sion es beantragt, denn ich verantworte nicht, dass Menschen, die nicht in der roten Zone sind, die aber trotzdem Wasser und Schlamm in den Häusern haben, teilweise mehr als 50 Prozent ihres Vermögens verlieren.

Bitte, helfen Sie uns und stimmen Sie diesem Entschließungsantrag zu. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Moser, Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Hochwasserschutzversicherung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2361 d.B.): 2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich, Oberösterreich und Wien über Vorhaben des Hochwasserschutzes im Bereich der österreichischen Donau (2471 d.B.)

Begründung

Das zweite „Jahrhunderthochwasser“ innerhalb von 11 Jahren hat neben der Notwen­digkeit für verstärkten ökologischen Hochwasserschutz vor allem auch viele Fragen über die Höhe und den Anspruch auf Entschädigungszahlungen der Betroffenen aufge­worfen. Neben den bundesländerweise unterschiedlichen Entschädigungen aus dem Katastrophenfonds gibt es auch große Unsicherheiten in Bezug auf den Versiche­rungsschutz und die Entschädigungshöhe bei privat Versicherten. Außerdem wirft die „Jahrhundertkatastrophe“ die grundsätzlichen Fragen auf, in welchen Zeitabständen mit solchen Katastrophen zu rechnen ist, und inwiefern private Versicherungen die Schäden abdecken (können). Die geteilte Abdeckung der Schäden durch Katastro­phenfonds und private Versicherungen wirft weitere Fragen auf.

In Österreich liegt die Versicherungsdichte für Elementarschäden bei ca. 15%. In der Schweiz beispielsweise gibt es in allen Kantonen eine solidarische Versicherungs­pflicht gegen Feuer- und Elementarschäden. Die Versicherungsdichte beträgt in der Schweiz demnach nahezu 100%. Die Europäische Kommission veröffentlichte am 16.4.2013 ein Grünbuch mit dem Titel „Versicherung gegen Naturkatastrophen und von Menschen verursachte Katastrophen“, das sich ebenfalls mit solchen Themenstel­lun­gen beschäftigt. 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Bericht über ver­schie­dene Möglichkeiten zur Einführung einer Pflichtversicherung für Hochwasserschäden vorzulegen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


11.43.17

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Es ist immer das Gleiche nach einem Hochwasser: Im Nachhinein sind alle gescheiter! Das wissen wir alle. Wichtig ist jedoch, dass den Betroffenen geholfen wird. (Abg. Dr. Moser: Stimmen Sie zu!) Ich glaube, darin sind wir uns hier in diesem Hohen Haus einig. Nicht nur den Betroffenen, den Häuslbauern und den Unternehmen, die dadurch Schaden erlitten haben, muss geholfen werden, sondern auch den Helfern wird man helfen müssen, der Feuerwehr, der Rettung, den Einsatzkräften, um ihnen gewisse Materialkosten, Be­triebs­kosten zu ersetzen, bis hin zu ganzen Paketen, zu Versicherungen, Impfungen. Das, was in diesem Zusammenhang notwendig wäre, haben wir seitens des BZÖ hier schon einmal dargelegt.

Wer rasch hilft, hilft doppelt – das war auch der Succus meiner Besuche bei den Hochwasseropfern; die Zahl der Besuche haben wir in Oberösterreich sehr bewusst bescheiden gehalten. Mein Bürgermeisterkollege Sigi Berlinger vom BZÖ aus St. Roman und ich waren entlang der Donau, entlang des Inns unterwegs und haben dort mit den Menschen darüber gesprochen, was wichtig ist. Zwei Dinge wurden genannt, nämlich erstens: rasche unbürokratische Hilfe ohne Zettelwirtschaft, und zweitens: dass man den Helfern entsprechend unter die Arme greift. Außerdem wur­de – drittens – gesagt, dass alles getan werden muss, beginnend beim technischen Hochwasserschutz bis hin zur Raumordnung, um künftig derartige Katastrophen weitestgehend zu vermeiden. Ganz vermeiden werden wir sie ja nie können.

Das sind die Dinge, die ich von dort mitgenommen habe. Natürlich haben wir den Menschen auch ein bisschen Mut zugesprochen und eine gute Jause und etwas zum Trinken vorbeigebracht, weil das wichtig ist, um Anerkennung, Unterstützung und Solidarität zum Ausdruck zu bringen.

Aber das, was das Team Stronach aufführt, ist nicht in Ordnung: dass man 500 000 € für einige wenige Ausgewählte zur Verfügung stellt – das sei ihm unbenommen –, aber im Gegenzug eine Werbekampagne fährt, die wahrscheinlich das Doppelte oder Dreifache kostet. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das braucht Österreich nicht, diese Polit­shows aus Kanada, die darauf abzielen, billigen Populismus zu machen und Menschen einzukaufen. Darauf können wir in Österreich verzichten!

Es wurde auch, das muss ich leider Gottes auch sagen, der Vizekanzler in nagelneuen Gummistiefeln – das Preispickerl war noch hinten drauf – im Hochwassergebiet gesichtet, mit dem 20, 30 Menschen mit waren, die ihm hinterhergelaufen sind. Man sollte sich überlegen, ob das noch angebracht ist.

Zum Thema Oberösterreich, Eferdinger Becken, Urfahr ist bereits viel gesagt worden. Ich habe im Verkehrsausschuss auch beantragt, das zu untersuchen. Der ent-


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sprechende Antrag wurde von ÖVP und SPÖ vertagt. Das verstehe ich nicht ganz, denn diese Schleusenproblematik in Aschach und Ottensheim gilt es zu klären. Die Menschen haben ein Recht darauf, zu wissen, warum sie nicht informiert wurden. Die Menschen im Eferdinger Becken und in Urfahr haben auch ein Recht darauf, denselben Hochwasserschutz zu bekommen, wie es ihn beispielsweise im Machland gibt. Ja warum denn nicht?

Und wenn man nichts machen kann, weil zu viel Wasser da ist, dann haben sie ein Recht auf rechtzeitige Information und auch auf entsprechende Absiedelungs­maß­nahmen, falls das stattfinden kann. Was man aber nicht machen kann, ist, dass man zuerst einmal schweigt seitens des Verbundes und auch des Landes und schaut, was passiert. Aber Gott sei Dank gibt es einige mutige Bürgermeister in der Region und Menschen, die sagen, da hat etwas nicht funktioniert, und Aufklärung verlangen. Und ich habe diesen Bürgermeistern und Menschen Unterstützung zugesagt und verlange auch lückenlose Aufklärung: Wo im System sind die Fehler passiert?

Man kann schon Schuldige festmachen, auch das wird wichtig und richtig sein, aber das Wichtigste werden die Lehren daraus sein. Das ist das Entscheidende. Kann man die Wehrordnung umgestalten? Kann etwa der Verbund die Kraftwerke schon früher ablassen? Natürlich verzichtet der Verbund dann auf ein bisschen Strom – im Wert von zirka 2 Millionen € pro Tag –, aber der Schaden, der dort angerichtet wurde, beträgt ja Hunderte Millionen. 250 Millionen für Betroffene.

Das sind die Dinge, die man ganz pragmatisch abarbeiten sollte, um solche Sachen in Hinkunft zu vermeiden. Daher habe ich es nicht verstanden, dass man diesem Antrag nicht zustimmt und wieder wartet, bis irgendwann irgendwo etwas passiert.

Eines habe ich auch nicht verstanden: Warum hat man die strukturierte Miliz, die man ja für solche Fälle eingerichtet hat, nicht beim Hochwassereinsatz eingesetzt?! Wir zahlen Hunderten Menschen 5 000 € pro Jahr dafür, dass sie bei genau solchen Katastrophenfällen zum Einsatz gelangen. Man hat sie nicht gerufen. Das versteht der Steuerzahler nicht.

Ich meine daher, da gibt es Verbesserungspotenzial, Verbesserungsbedarf, da sind auch Verbesserungen durchzuführen, aber, wie gesagt, das Wichtigste wird sein, den Betroffenen rasch zu helfen und in Zukunft Maßnahmen zu setzen, dass man solche Auswirkungen abwenden kann. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

11.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


11.48.03

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir alle sind der Meinung, dass wir in einer sehr schnelllebigen Zeit leben. Wenn ich mir heute ein Handy kaufe, dann ist es in einem halben Jahr oder noch früher schon alt. Und diese Schnelllebigkeit hat sich leider Gottes auch auf die Natur übertragen. Der Begriff „hundertjährliches Hochwasser“ ist schon längst überholt, leider Gottes kommt das Ganze immer schneller wieder. Deshalb sind auch wir alle in diesem Haus dahin gehend einer Meinung – das hat sich in der Diskussion im Ausschuss und auch heute wieder ge­zeigt –, dass es eine sehr gute Entscheidung ist, dass wir die geplanten Projekte in den Zeitraum 2014 bis 2019 vorziehen.

Wie die Realität zeigt, wird nach einem Hochwasser leider auch politisch nachge­wassert. Lassen Sie mich nur auf einen Punkt eingehen, der heute hier gesagt worden ist. Kollege Hagen, du hast gesagt, du glaubst, dass Trinkwasser wichtig ist, und du hast gesagt, du weißt, dass die Vorwürfe des Kollegen Podgorschek aufgrund eines


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anonymen Schreibens richtig sind. Da kann ich dir nur sagen, ich weiß, dass Trink­wasser wichtig ist, und ich glaube nicht jeden anonymen Vorwurf. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein paar allgemeine Punkte möchte ich zu diesem sehr wichtigen Thema bringen. Ich bin selbst in meiner Jugendzeit von einem großen Hochwasser – ich lebe im Inntal – getroffen worden. Meine Eltern haben einen Gasthof mit Pension betrieben. Hinten in der Küche ist der Inn hineingeflossen und vorne beim Speisesaal ist er hinausge­flossen. Durch den ganzen Ort ist der Inn einen halben Meter oder einen Meter hoch wie ein reißender Fluss geflossen. Glauben Sie mir daher, dass ich die Sorgen der Menschen in Österreich, die davon betroffen sind, oder auch in anderen Ländern sehr ernst nehme.

Wir müssen die erforderlichen Schutzbauten errichten und alle möglichen sonstigen Maßnahmen treffen, weil den Menschen nur so großes Leid erspart werden kann. Ganze Existenzen sind betroffen. In den Gemeinden, in denen diese Schutzbauten gemacht wurden, zum Beispiel entlang der Donau, hat sich gezeigt, dass sich dieser Schutz natürlich volkswirtschaftlich rechnet, weil die Ausgaben für die Schutzbauten und sonstigen Maßnahmen natürlich viel, viel geringer sind als der Schaden, der angerichtet worden wäre, wenn die Schutzbauten nicht gemacht worden wären.

Erlauben Sie mir als Tiroler Abgeordnetem, zu sagen, dass Österreich nicht mit Oberösterreich oder Salzburg endet – das zieht sich teilweise durch die Politik. Ich appelliere an Sie, auch weiterhin die entsprechenden Maßnahmen bei uns in Tirol zu setzen, weil auch wir stark betroffen sind. Gerade vom letzten Hochwasser war mein Wahlkreis Kufstein-Kitzbühel sehr stark betroffen.

Die Ursachen sind vielschichtig. Es gibt Leute, die reden mehr oder weniger nur vom Zupflastern, andere geben nur dem Klimawandel die Schuld. Wieder andere sehen die Schuld nur in der Landwirtschaft, was meiner Meinung nach nicht stimmt. Da gebe ich Herrn Kollegen Schmuckenschlager recht, der sich im Ausschuss zu Recht dagegen gewehrt hat; der Vorwurf kam vom Kollegen Hagen.

Meiner Meinung nach – das sagen auch die Experten – ist es ein Konglomerat von Ursachen, wobei manchmal das Zupflastern sogar eine Hilfe sein kann. Bei uns ist Ende der sechziger Jahre die Autobahn gebaut worden. Sie ist für viele Orte sogar ein Schutz, weil dadurch ein Schutzdamm errichtet wurde.

Das Thema ist also vielschichtiger, wie es im Leben so ist. Man darf nicht immer nur eine Ursache sehen, sondern das Ganze ist komplizierter. Manche malen halt gerne schwarz-weiß.

Die Frau Minister hat es ja schon gesagt, es wurden viele Maßnahmen gesetzt: Dämme gebaut, Absiedelungen durchgeführt und so weiter. Und in diesem Zusam­menhang möchte ich schon darauf hinweisen, dass – ich habe mir die entsprechende Grafik ausdrucken lassen – in den Jahren 2002 bis 2006 – wir alle wissen, wer damals politisch verantwortlich war – die durchschnittlichen Jahresausgaben für den Hochwas­serschutz Donau-March 21 Millionen € betragen haben, seit 2006 sind sie um das Zweieinhalbfache erhöht worden. Das bedarf keiner weiteren Worte!

Kollege Hagen, wir haben Zeichen gesetzt. Du hast heute gesagt, dass wir nicht reden, sondern Zeichen setzen sollen.

Herrn Minister Berlakovich möchte ich sagen – das betrifft die Zuflüsse zur Donau –, dass er da nicht umschichten soll, so wie das oft in der Vergangenheit gemacht wurde, sondern es dorthin geben soll, wohin es gehört, nämlich zum Hochwasserschutz. (Beifall bei der SPÖ.)


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Erlauben Sie mir nur noch einen Gedanken. Wenn wir Steuergerechtigkeit in Öster­reich schaffen würden, könnten wir schneller Hochwasserschutzbauten errichten. (Zwi­schenruf des Abg. Amon.) Nur ein Beispiel: Die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich hat in drei Jahren einen Gewinn von 739 Millionen € gemacht und hat keine Steuern bezahlt, sondern eine Gutschrift von 21,6 Millionen €. Oder die Gruppenbesteuerung: Die RZB hat in acht Jahren das Vermögen von 36 Milliarden auf 157 Milliarden erhöht (Zwischenruf des Abg. Rädler) und im selben Zeitraum aber nur 2,3 Prozent Steuern bezahlt. Die Ausweitung des Raiffeisen-Konzerns in den Osten – man sagt nicht „nahen Osten“, obwohl es auch ein naher Osten ist –, wurde also vom österreichischen Steuerzahler finanziert. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kollegen von der ÖVP-Seite, lasst euch endlich überzeugen, dass wir Steuer­gerechtig­keit brauchen. Dann gibt es auch mehr Hochwasserschutz in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

11.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. – Bitte.

 


11.54.00

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zunächst, Herr Kollege Auer, herzlichen Dank für das Lob, das Sie mir für meine Arbeit im Ausschuss ausge­sprochen haben, aber wenn Sie hier von Steuergerechtigkeit sprechen, dann möchte ich schon anführen, dass es auch mit Gerechtigkeit zu tun hat, jene Unternehmen, die viele Steuern zahlen und vielen Arbeitnehmern in unserem Land Arbeit geben, auch zu loben und nicht immer über sie herzufallen, egal, aus welchem Sektor sie kommen, ob es aus der Bankenbranche, der Baubranche, der Landwirtschaft et cetera ist. Das kann man nicht machen. Gerechtigkeit erfordert auch Respekt voreinander. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir alle haben noch die Bilder der Schäden vor Augen, aber auch die Bilder jener Hoch­wasserschutzmaßnahmen, die gehalten haben. Besonders prägnant waren da wohl die Bilder der Wände entlang der Donau in der Wachau. Durch diese Wände konnte wertvolles Kulturgut erhalten werden. Daher freut es mich besonders, dass wir heute einen Antrag, der auf Initiative des Umweltlandesrates aus Niederösterreich, Dr. Stephan Pernkopf, hier initiiert wurde, beschließen werden, wonach wir die Gelder für den Hochwasserschutz vorziehen, sodass wir den Schutz schneller verwirklichen können, weil wir in Niederösterreich gesehen haben, wie sehr dieser Schutz geholfen hat. Wir konnten nicht alles schützen, aber wir haben gesehen, dort, wo der Schutz vor­handen ist, konnten wichtige wirtschaftliche Ressourcen geschützt und viel mensch­liches Leid verhindert werden, und das ist enorm wichtig.

Wir haben aber auch die Kritikpunkte, die Knackpunkte gesehen. Die Krisenstäbe haben gut gearbeitet.

Ich möchte hier auch erwähnen, dass sich all jene Menschen, die am 20. Jänner dieses Jahres mit einem Ja zum Präsenzdienst gestimmt haben, bestätigt fühlen, denn es waren vorwiegend Präsenzdiener, die im Hochwassereinsatz waren, und keine sonstigen Truppen, vor allem keine Offiziere, die beim Schaufeln waren, sondern die Präsenzdiener. Das hätte ich mir angeschaut, wie das funktioniert hätte, hätten wir nicht dieses System.

Wir haben aber auch den Schwachpunkt der Wehrordnung und die große Problematik, dass wir die Krisenstäbe nicht zu 100 Prozent eingebunden haben. Das müssen wir noch genauer erörtern, nämlich wie wir da die Koordination noch verbessern können,


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denn es sind schon die Kraftwerksbetreiber, die auch Verantwortung haben, seien es nun der Verbund als einer der größten oder andere, wie wir da die Information verbes­sern. Denn ich komme aus einem Gebiet nördlich von Wien, unterhalb des Kraftwerkes Greifenstein, wo wir das große Problem hatten, dass die Schleusen in Greifenstein weit geöffnet wurden, Wien jedoch das Wehr zur Neuen Donau nicht entsprechend aufge­macht hat.

Da steht auch der Vorwurf im Raum, dass da ein Zusammenhang mit dem zeitlich nahe gelegenen Donauinselfest bestanden hat. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber es kann nicht sein, dass eine Region absäuft, und zwar mit Pegelständen, die höher waren als 2002, und andere Regionen dadurch gesichert werden.

Wir müssen die Wehrordnung durchgängig machen, sodass wir da wirklich Ordnung haben. Es ist nicht das Wasser – wir haben weit reichende Augebiete, in die das Wasser fluten kann –, sondern es ist vor allem der Schlamm. Frau Abgeordnete Moser hat schon darauf hingewiesen: Das Geschiebe ist vorhanden, es sammelt sich in den Staubecken (Abg. Krainer: Das trauen Sie sich nur vom Rednerpult aus, weil Sie immun sind!), und die Kraftwerksbetreiber nutzen dann insbesondere Hochwässer, das relativ kostengünstig weiterzubefördern.

Selbstverständlich traue ich mich, das vom Rednerpult aus zu sagen, aber das traue ich mich auch woanders zu sagen, da brauchen Sie keine Angst zu haben, denn es geht um den Schutz und die Sicherheit unserer Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP.)

Da muss das Verursacherprinzip gelten. Der Verursacher hat für die Schäden aufzu­kommen, und wir haben auch die Natur wiederherzustellen. Die Donauauen versan­den, verschlammen komplett. Es gibt keine Durchlässigkeit. Wir müssen dort die Gieß­gänge wieder in Gang setzen, dass wir das Wasser wieder wegbringen. Nach wie vor stehen große Flächen unter Wasser, was nicht nur für die Landwirtschaft große Folgeschäden in sich birgt, sondern auch extreme Gelsenplagen für all die Gemeinden entlang der Flüsse und Donauauen mit sich bringt.

Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass das großteils Natura-2000-Gebiete sind und der Bund die Verpflichtung hat, Natura-2000-Gebiete auch ökologisch instand zu halten. Das heißt, wir müssen den Schlamm aus den Auen herausbringen, der dort wie Asphalt wirkt.

Geschätzte Damen und Herren! Wir müssen Naturschutz nachhaltig und zielstrebig betreiben. Raumordnung müssen wir aktiver gestalten. Es kann nicht sein, dass wir heute bei rund 16 Hektar Flächenversiegelung pro Tag liegen und uns dann wundern, wenn solch große Wassermengen da sind, weil sie vom Boden nicht mehr aufge­nommen werden können. (Zwischenruf des Abg. Pendl.)

Wir können nicht die einfache Lösung nehmen, dass wir sagen, dann fluten wir ein paar Äcker, denn da wären unzählige Flächen gefährdet, vor allem aber Orte. Es sind ja nicht nur Äcker, sondern es stehen ja auch Häuser und Infrastruktur in diesen Gebieten. Daher müssen wir die Augebiete wieder hochwasserfit machen, sodass diese Retentionsgebiete wieder instand gesetzt sind, und für diese finanziellen Aufwendungen müssen wir schon auch die Verursacherfrage stellen.

Geschätzte Damen und Herren! Daher glaube ich, dass die Aufarbeitung dieses Hochwassers noch nicht abgeschlossen ist. Das muss im Rahmen der Regierung noch weiter vorangetrieben werden. (Beifall bei der ÖVP.)

11.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 76

11.59.31

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine Damen und Herren! Als Bürgermeister einer von den Donauhoch­wässern immer wieder betroffenen Gemeinde bin ich sehr froh, dass wir heute die 2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a zwischen dem Bund und den Bundesländern Ober­österreich, Niederösterreich und Wien beschließen.

Ich halte es für sehr sinnvoll, dass aufgrund des Hochwassers im Juni 2013 die Investitionen entsprechend vorgezogen werden und der Hochwasserschutz bis zum Jahr 2019 umgesetzt sein sollte. Immerhin – das darf man schon auch dazusagen – handelt es sich dabei ja um ein Volumen von rund 255 Millionen €.

Nicht nur im Verkehrsministerium, das ja für Donau, March und Thaya zuständig ist, sondern auch im Lebensministerium wird sehr viel für Hochwasserschutzmaßnahmen getan. Ich denke, dass auch vom Lebensministerium eine Artikel-15a-Vereinbarung mit den Bundesländern angestrebt werden sollte. Das wäre eine praxistaugliche Vorgangs­weise.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Bures, als Oberösterreicher bin ich froh, dass mit dem heutigen Beschluss die entsprechenden finanziellen Voraussetzungen für Schutz­maßnahmen zum Beispiel in den Gemeinden Langenstein, St. Georgen an der Gusen und Luftenberg geschaffen werden, so wie für die Ennser Ortschaft Enghagen.

Sie haben in Ihrer Rede den Hochwasserschutz in Grein angesprochen. Ich darf noch hinzufügen, dass in der Gemeinde Grein noch rund 20 Objekte Schutz brauchen, ebenso die Ortschaft Hirschenau in der Gemeinde St. Nikola, und dass es, ausgehend vom Juni 2013, wichtig ist, Schutzmaßnahmen für die Gemeinden im betroffenen Bezirk Urfahr und auch im Bezirk Eferding zu überlegen, zu planen und in den Folge­jahren entsprechend umzusetzen. Darum kann ich nur wirklich eindringlich ersuchen und bitten.

Das Eferdinger Becken war ja in den letzten Tagen medial durchaus sehr präsent, es war in vielen Schlagzeilen. Die öffentlichen Schuldzuweisungen helfen aber in Wirklich­keit niemandem (Abg. Binder-Maier: Wie wahr!), sondern es ist erstens wichtig, dass den Betroffenen bei der Schadensbewältigung gut geholfen wird, und zweitens ist eine genaue Analyse notwendig, warum das Hochwasser genau so abgelaufen ist. Das Land Oberösterreich hat ja dazu bereits eine Studie beauftragt, nämlich bei der Uni­versität Kassel in Deutschland. Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer hat alle Beteilig­ten für 9. Juli zu einem Runden Tisch eingeladen, um die Dinge konkret zu be­sprechen.

Drittens sind natürlich konkrete Schutzmaßnahmen notwendig.

Nach den jetzt vorliegenden Erkenntnissen kann man sagen, dass die Wehrbetriebs­ord­nung eingehalten wurde. Über Evaluierungen darf und sollte aber nachgedacht werden. Persönlich glaube ich, dass im Fall von Hochwasser für die Anrainer Verbes­serungen erreicht werden könnten, wenn die Stromerzeugung und auch die Schifffahrt ein oder zwei Tage früher eingestellt würden, um den Hochwasserabfluss zu beschleu­nigen. Dies braucht aber eine Koordination sozusagen vom Ursprung bis in die Mündung, oder man könnte auch sagen von Bayern bis Rumänien, damit das wirklich flächendeckend durchgezogen wird.

Zum Thema Sediment- und Schlammablagerung: Das ist wirklich in vielen Anrainer­gemeinden ein großes Thema. Ich glaube, dass es in gemeinsamer Arbeit von Kraft­werksbetreibern, Bund, Ländern, betroffenen Gemeinden und auch Interessenvertre­tun­gen möglich sein müsste, zukünftig Verbesserungen zu erreichen. Der heute zu beschließenden Artikel-15a-Vereinbarung stimmen wir natürlich gerne zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 77

Es sei mir abschließend noch ein Satz zum Antrag des Kollegen Christoph Hagen erlaubt: Lieber Kollege Hagen, ob Zustimmung oder nicht, ich halte es für verwegen, das Wort „Charakter“ in den Mund zu nehmen, wenn auch nur ein bisschen etwas davon stimmt, was in den letzten Monaten rund um die Gründung des Klubs Team Stronach in den Medien gestanden ist, und ich bitte dich darum, das künftig zu unterlassen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.03


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Lueger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.03.39

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werter Kollege Schmuckenschlager! Sie haben in Ihrem Redebeitrag gesagt, dass in Wien die Wehre aufgrund des Donauinselfestes nicht weit genug aufgemacht worden seien.

Ich berichtige tatsächlich:

Erstens einmal könnten wir einen Durchfluss von 14 000 Kubikmetern aufnehmen, es war aber nur ein Durchfluss von 10 800 Kubikmetern Wasser da.

Zweitens wollten Sie eine Änderung der Wehrordnung. Sie werden selber wissen, dass für die Wehrordnung Herr Bundesminister Berlakovich zuständig ist. Zu dem werden Sie hoffentlich mehr Zugang haben.

Drittens möchte ich Sie daran erinnern, dass gerade die ÖVP damals in Wien gegen die Donauinsel gestimmt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

12.04


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Krainer: Auch zum Schmuckenschlager?)

 


12.04.43

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Mag. Josef Auer hat in seiner bemerkenswerten Rede behauptet, Raiffeisen zahle keine Steuern. Er hat Raiffeisen Niederösterreich angesprochen.

Herr Mag. Auer, ich darf Sie tatsächlich berichtigen: Die Raiffeisenlandesbank Nieder­österreich zahlte im vergangenen Jahr 75,4 Millionen € Körperschaftsteuer, die Holding 19,8 Millionen € Bankenabgabe, die Töchter der Raiffeisen-Holding weitere 62,7 Millio­nen € Körperschaftsteuer. Raiffeisen Österreich zahlt in Summe 760 Millionen € Steuer. Ich bitte um Kenntnisnahme. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Riepl: Das ist aber gar nicht so viel!)

12.05


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Josef Auer. (Rufe bei BZÖ und Grünen: Eine tatsächliche Berichtigung einer tatsächlichen Berichtigung geht nicht! Abg. Josef Auer auf dem Weg zum Rednerpult : Persönliche Betrof­fenheit! Weitere Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen.) Sie kennen die Bestimmungen für eine persönliche Erwiderung und führen Ihre persönliche Betroffenheit gleich im ersten Satz aus. (Abg. Brosz: Das geht nicht!  Weitere Zwischenrufe bei den Grü­nen. Abg. Mag. Josef Auer – vor dem Rednerpult stehend : Aber Sie können nicht sagen, es geht nicht, wenn es schon geht!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 78

Der Herr Abgeordnete sagt im ersten Satz, wie er persönlich betroffen ist. Und dann stellen wir fest, wie weiter vorzugehen ist. (Abg. Brosz: Er ist nicht persönlich betroffen!)

 


12.06.07

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Ich möchte zu dieser tatsächlichen Berich­tigung, Herr Präsident (Abg. Brosz: Ist schon falsch!), mit Ihrer geschätzten Erlaubnis Folgendes vorbringen ...

 


Präsident Fritz Neugebauer: Das ist natürlich keine persönliche Betroffenheit. (Heiterkeit bei Grünen und BZÖ.) Sie können sich aber gerne noch einmal zu Wort melden, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Josef Auer (fortsetzend): Ich habe in meiner Rede behauptet, dass die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich ...

12.06

12.06.42

 


Präsident Fritz Neugebauer: Verlassen Sie bitte das Rednerpult! Wenn Sie sich noch einmal zu Wort melden möchten, gerne.

Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Wir nehmen die Abstimmung über jeden Ausschussantrag getrennt vor.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Antrag des Ver­kehr­s­ausschusses, dem Abschluss der 2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bun­des­Ver­fas­sungsgesetz zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich, Oberösterreich und Wien über Vorhaben des Hochwasserschutzes im Bereich der österreichischen Donau in 2361 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hagen, Kollegin und Kollegen betreffend Rücknahme der Erhöhung der Parteienförderung von 2,41 € auf 4,60 € pro Wahlberechtigten zugunsten der Hochwasseropfer.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Hochwasserschutzversicherung.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2, die dem Ausschussbericht 2472 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend 2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a B­VG über Vorhaben des Hochwasserschutzes im Bereich der öster­reichischen Donau, beschleunigte Abwicklung der geplanten Projekte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist ebenso einstimmig angenommen. (E 311.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 79

12.08.473. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2443 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz geän­dert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2013) (2473 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Stauber zu Wort. – Bitte.

 


12.09.02

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Bundesministe­rin­nen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich darf ganz besonders herzlich eine Gruppe von Pensionistinnen und Pensionisten aus dem Bezirk Neunkirchen bei uns willkommen heißen, aus Edlitz, Grimmenstein und Thomasberg. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.) Ich hoffe, Sie können einen positiven Eindruck von der Arbeit hier im Parlament mit nach Hause nehmen.

Geschätzte Damen und Herren, Österreich hat bekanntlich eine durchaus intensive Beziehung zu Wasser. Wir haben ja unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt aus­führlich über negative Auswirkungen des Wassers diskutiert. Es gibt aber natürlich auch viele positive Seiten, die beim Wasser zu betrachten sind. Die Österreicherinnen und Österreicher nutzen gerne das Wasser – vom Meer über die Seen bis hin zu den Flüssen – für sportliche, touristische und auch wirtschaftliche Zwecke.

Vom Neusiedler See bis zum Bodensee: Auf allen Seen wimmelt es von Booten. Der Segelsport hat ja bei uns in Österreich eine sehr große Tradition, und die Donaudampf­schifffahrtsgesellschaft ist in diesem Zusammenhang ohnehin eine Institution, die eine besondere Bedeutung für Österreich hat.

Die vorliegende Schifffahrtsrechtsnovelle 2013, mit der das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz novelliert werden, betrifft im Wesentlichen Vereinfachungen und Verbesserungen im Verwaltungsbereich sowie eine Reihe von kleinen Änderungen und EU-Anpassungen.

Eine wichtige Neuerung betrifft den vor allem unter Jugendlichen sehr populären Freizeitsport Rafting. Bisher war in Österreich im Gegensatz zu anderen EU-Ländern für die Führung eines Rafting-Unternehmens eine eigene Konzession notwendig. Das hatte zur Folge, dass EU-Ausländer in Österreich ohne Konzession arbeiten durften und somit quasi eine Inländerdiskriminierung vorlag. Um in diesem Bereich Gerechtig­keit und Chancengleichheit zwischen allen Anbietern herzustellen, entfällt künftig diese Konzessionspflicht. Stattdessen wird eine einfache Anmeldung ausreichen  eine große Verbesserung gegenüber der vorherigen Regelung. Dadurch wird Rafting vom Konzessions- zum Anmeldegewerbe.

Eine weitere Verwaltungsvereinfachung wird es hinsichtlich der Schifffahrtszeichen geben. Wurden bisher die Kosten für die Schifffahrtszeichen auf Brücken im Detail zwischen Besitzern beziehungsweise Betreibern der Brücke und dem BMVIT abge­rech­net, wird jetzt in Zukunft eine Pauschale berechnet.

Außerdem wird bei der Beseitigung von Schifffahrtshindernissen, die zum Beispiel infolge von Havarien entstehen, endlich das Verursacherprinzip eingeführt. Bisher war es nämlich sehr schwierig, die Beseitigung von Schifffahrtshindernissen rechtlich durch­zusetzen, wenn sich der Verursacher weigerte und sie nicht freiwillig beseitigte. Nunmehr müssen Schifffahrtshindernisse verpflichtend vom Verursacher beseitigt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 80

werden, und bei Zuwiderhandeln reichen die rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten bis hin zu gerichtlichen Zwangsmaßnahmen.

Also alles in allem eine sehr positive neue gesetzliche Regelung. Danke, Frau Bun­desministerin, und alles Gute. (Beifall bei der SPÖ.)

12.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


12.12.44

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich kann nach den Ausführungen von Kollegen Stauber nahtlos fortfahren und diese Schifffahrtsrechtsnovelle weiter erläu­tern.

Herr Kollege Stauber hat die Frage des Raftings schon sehr eingehend erläutert. Was mir aus Sicherheitsgründen sehr wichtig ist, ist die Anfügung, dass zwar jetzt ein Raft-Patent nicht mehr notwendig ist, dass aber die Schiffsführer und die Schiffsführerinnen trotzdem Fahrpraxis, Gewässerkenntnis, Erste Hilfe, Tourenplanung und -durchführung und Gruppenführung beherrschen müssen. Das ist im Sinne der Sicherheit der ihnen anvertrauten Personen eine wichtige Maßnahme.

Weiters ist in dieser Novelle enthalten, dass es zu einer Liberalisierung der gewerbs­mäßigen Schiffsführerschulung kommt. Das heißt, dass die Inanspruchnahme ge­werbs­mäßiger Schiffsführerschulungen nun keine Voraussetzung mehr für die Zulas­sung zur Schiffsführerprüfung ist.

Die Bestimmungen für die Schiffsführerschulen stellen im Sinne der Erwerbsaus­übungsfreiheit eine Überregulierung dar, die damit jetzt aufgehoben wird. Das heißt, die Schulung wird von einem Bewilligungs- in ein Anmeldeverfahren überführt.

Ein weiterer Punkt ist die Einführung des Kapitänspatents A. Mit den bisher von den österreichischen Behörden ausgestellten Kapitänspatenten war das Befahren von Seeschifffahrtsstraßen nicht möglich. – Das betrifft Teile der Donau in Rumänien bis hin zum Schwarzen Meer. Mit dieser Umsetzung, die mit 1. Jänner 2015 in Kraft treten wird, wird sichergestellt, dass die in Österreich ausgestellten Patente auf der gesamten Donau ihre Gültigkeit haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, zusammenfassend kann man sagen, dass die Gesetzesnovelle finanziell nur geringe Auswirkungen hat, dass es zu einer Reihe von Deregulierungen kommt und – für mich auch wichtig – dass der Zugang zu bestimmten Rechten liberalisiert wird. Daher sehen wir diese Regierungsvorlage sehr positiv und geben ihr auch unsere Zustimmung. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


12.15.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Einige Punkte wurden schon angeführt, wobei das Thema Rafting in diesem Zusammenhang wahrscheinlich das spektakulärste ist. Es wurden im Zuge dieser Gesetzwerdung, so auch im Zuge der Behandlung dieses Gesetzentwurfs im Aus­schuss Bedenken laut, ob jetzt noch die nötige Sicherheit gegeben sei. Ich glaube aber, dass sich jemand, der diesen Sport ausübt, der sich in die Thematik hineinbegibt, unabhängig davon, wie das Gewerbe jetzt gestaltet ist – ob es ein Konzessions- oder ein Anmeldegewerbe ist –, auf jeden Fall anschauen wird, wie es bei den einzelnen Firmen mit der Sicherheit aussieht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 81

Positiv möchte ich im Anschluss an meine beiden Vorredner noch die etwas ausge­dehntere periodische Prüfung von Schifffahrtsanlagen hervorheben. Dass natürlich die Auslagerung bei der Durchsetzung der Pflicht der Beseitigung von Schiff­fahrts­hindernissen auch ein bemerkenswerter Punkt ist, sei am Rande festgehalten. Die durchgehende Gültigkeit des Schifffahrtspatents auf der gesamten Donau, wie von Kollegen Singer angeführt, wird der Donauschifffahrt vor allem im kleingewerblichen Bereich durchaus Schwung geben. Wir kennen das aus Deutschland und aus den Niederlanden, wo es auf den Schifffahrtsstraßen ähnliche Berufe wie jene der Spedi­teure und Frächter auf der Straße gibt. Das ist durchaus auch ein Gedanke, der unter dem Umwelt-Aspekt bemerkenswert ist.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass es mich besonders freut, dass bei einem Gesetz, das einstimmig beschlossen wird, das von der SPÖ geführte BMVIT vor allem Auslagerungen und Liberalisierungen ganz vorne reiht, auch wenn es nur eine Umset­zung einer EU-Richtlinie ist. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


12.17.43

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Österreich ist bekanntlich kein Flaggenstaat. Wir sind nicht in der großen internationalen Seefahrt mit eigenen Schiffen unter einer eigenen Flagge unter­wegs, aber es gibt zahlreiche Österreicherinnen und Österreicher, die auf fremden Schiffen sehr wohl als Matrosen oder sogar als Kapitäninnen oder Kapitäne ange­heuert sind. Deshalb werden wir diesem Gesetz sehr wohl zustimmen. Es wird darin nämlich gleichzeitig eine Reparatur der Beschlussfassung von 2012 gemacht, indem das sogenannte Seedienstbuch wieder eingeführt wird, das notwendig ist, damit die Österreicherinnen und Österreicher, die bei großen oder kleinen Unternehmungen angestellt sind, die in der internationalen Seefahrt tätig sind, wieder entsprechende Dokumentationen bekommen. – Gut, unsere Zustimmung ist klar.

Dann noch eine kleine Richtigstellung beziehungsweise Konkretisierung: Frau Minis­terin, ich weiß sehr wohl, dass Sie nicht für die Wildbachverbauung zuständig sind. Mein Hallstatt-Beispiel war kein Negativbeispiel für Ihre Arbeit. Ich weiß, da ist das Landwirtschaftsressort unter Herrn Minister Berlakovich zuständig, genauso wie er für die Streichungen zuständig war. Er hat gestrichen, während Sie genügend Geld für den Hochwasserschutz im ursprünglichen Umfang bereitgestellt haben. Dafür sei Ihnen noch einmal gedankt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


12.19.30

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Schifffahrtsrechtsnovelle 2013 wird eine Reihe von Bestimmungen des Schifffahrtsrechts an das EU-Recht angepasst. Es kommt zu einer Verwaltungsvereinfachung, zu einer Präzisierung von Pflichten zur Beseitigung von Schifffahrtshindernissen, was meine Vorredner zum Teil schon erwähnt haben.

Ich möchte aber trotzdem noch sagen, dass jetzt eine Gleichbehandlung von gewerbs­mäßiger und nicht gewerbsmäßiger Schiffsführerschulung erfolgt und damit die bis­herige Überregulierung in diesem Bereich beseitigt wurde. Das ist ein großer Vorteil.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 82

Auch wenn jemand das Kapitäns- oder Schifferpatent für die Binnenschifffahrt A besitzt, wird sichergestellt, dass dieser Befähigungsnachweis zur Schiffsführung auf der gesamten Donau – und nicht nur in Österreich – gilt.

Außerdem wird klargestellt, dass österreichische Besatzungsmitglieder von Seeschif­fen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ausreichendem Österreichbezug weiter­hin von Österreich eine arbeitsrechtliche Hilfestellung erhalten werden und die Aus­stellung von Seedienstbüchern auch erhalten bleibt. Deswegen werden wir dem auch gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall beim BZÖ.)

12.20


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bures. – Bitte.

 


12.20.58

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorweg bedanke ich mich schon jetzt für die breite Zustimmung. Aber insgesamt ist im Anschluss an die Diskussion, was das Hochwasser entlang der Donau betrifft, zu sagen, dass hier natürlich auch ein enger Zusammenhang mit der Schifffahrt besteht.

Die Zuständigkeit meines Ressorts beschränkt sich eben auf die Donau, dies deshalb, weil wir die Donau natürlich auch als Verkehrsweg nützen wollen. Die Schifffahrt auf der Donau ist ein ganz wichtiges Gütertransportmittel für uns. Es ist so, dass die Schifffahrt wesentlich umweltfreundlicher, energieschonender ist, als würden wir all diese Tonnen, die wir derzeit schon auf der Donau befördern, mit Lkw transportieren. Wir haben uns das für das letzte Jahr angesehen: Wir haben auf der Donau in einem Jahr so viele Güter transportiert wie rund 400 000 schwere Lkws. Eine Kolonne von 400 000 Lkws geht von Wien bis Peking. Daran sieht man die Dimension der Wasserstraße und die Notwendigkeit der Nutzung.

Sie wissen, dass wir immer festgehalten haben, dass wir in Österreich eine nachhaltige Verkehrspolitik machen wollen, das heißt eine Priorisierung und Bevorzugung umwelt­freundlicher Transportwege. Dazu gehört die Schifffahrt, aber natürlich vor allem auch die Schiene. Und deshalb investieren wir in diese Bereiche.

Wir haben auch einen nationalen Donauschifffahrtsplan entwickelt, einen Aktionsplan für Österreich, weil wir die Kapazitäten, die jetzt schon vorhanden sind, besser nützen wollen. Das Ganze natürlich immer mit Bedachtnahme darauf, dass es sich beim Donauraum um ein UNESCO-Kulturerbe handelt. Ich sage das auch deshalb, weil wir dort, wo es darum geht, dass wir die Donau immer wieder ertüchtigen müssen, um Schifffahrt auch durchführen zu können, eine Reihe an Maßnahmen setzen werden, wo man sieht, dass es kein Widerspruch ist, Schifffahrt zu betreiben und gleichzeitig ein besonderes Augenmerk auf die Natur zu legen.

Wir werden im Bereich von Wien bis Bratislava ein flussbauliches Gesamtprojekt durchführen. Wir müssen die Eintiefung der Donau aufhalten. Wir müssen das Aus­trock­nen der Aulandschaft aufhalten. Das heißt, wir werden in diesem Bereich ein ganz großes Projekt der Renaturierung vornehmen.

Ein Teil der heutigen Gesetzesnovelle bezieht sich auch auf das Freizeitverhalten am Wasser. Ein Bereich ist das Rafting; dieser wird mit dieser Novelle neu geregelt.

Ich schließe mich allen an: Das Ziel dieser Novelle sind auf der einen Seite europa­rechtliche Anpassungen, aber vor allem Vereinfachungen, was die Verwaltung betrifft. Es geht uns darum, dass wir die Schifffahrt noch reibungsloser und attraktiver gestal­ten wollen, dass wir weniger Verwaltungsaufwand haben wollen, aber das Ganze – und das ist die Herausforderung, vor der man steht – natürlich mit einer hohen Qualität.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 83

Und wie gesagt, ich bedanke mich für die breite Zustimmung zu dieser Novelle. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


12.24.53

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! So wie im Ausschuss gab es auch in dieser Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt nur positive Ausführungen.

Mit dieser Änderung des Bundesgesetzes werden in diversen Teilbereichen des Schiff­fahrts­rechtes Änderungen vollzogen und Anpassungen an die europäische Rechts­grundlage durchgeführt. Die derzeit geltenden Bestimmungen des Schifffahrtsrechtes erfordern vor allem im Hinblick auf die Treffsicherheit innerstaatliche Anwendung von EU-Recht und formalrechtliche Korrekturen.

Es wurde auch bereits erwähnt, dass es in diesem Zusammenhang zu Verein­fachun­gen und Verbesserungen im Bereich der Verwaltung kommen wird.

Eine wesentliche Neuerung durch diese Novelle betrifft das Rafting. Auch das wurde bereits angesprochen. Wesentlich ist dabei, dass es sich hinkünftig beim Rafting-Sport um keine Schifffahrt mehr handelt, wobei hier auch die Konzessionspflicht entfällt.

Es erfolgt zudem eine Anpassung des Schifffahrtsgewerberechtes an Unionsrecht durch die Gleichbehandlung gewerbsmäßiger und nicht gewerbsmäßiger Schiffsfüh­rungs­schulungen, wodurch eine Überregulierung in diesem Bereich beseitigt wird.

Verwaltungsvereinfachungen gibt es auch durch die Präzisierung der Pflicht zur Besei­tigung von Schifffahrtshindernissen. Hier ist die Auslagerung des Tätigwerdens und allenfalls zivilrechtliche Durchsetzung der Kostentragung durch den Verursacher zu einer bestehenden Gesellschaft in Bundeseigentum geplant. Hinkünftig wird die via donau diese Abwicklung durchführen.

Was bedeutet diese Änderung? Schifffahrtshindernisse etwa bei Havarien müssen vom Verursacher beseitigt werden. Das bisher sehr schwierige Durchsetzungsrecht, wenn die Verursacher ihre Hindernisse nicht beseitigen, wird jetzt rechtlich neu geregelt und kann bis zu Zwangsmaßnahmen führen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich darf noch einen Abänderungsantrag einbringen, den Abänderungsantrag der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Barten­stein, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz geändert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2013) (2443 der Beilagen) in der Fassung des Ausschuss­berichtes (2473 der Beilagen).

Dieser Abänderungsantrag wurde eingebracht und verteilt. Es geht darum, dass diese Novelle auch Änderungen des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes be­trifft. Ich ersuche den Präsidenten, diesen Antrag in die Verhandlungen mit aufzu­neh­men, und ersuche für diesen um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Der Antrag ist in seinen Grundzügen erläutert, wurde verteilt und steht daher mit in Behandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 84

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz geändert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2013) (2443 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (2473 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz geändert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2013) (2443 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (2473 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 wird der Einleitungssatz „Das Schifffahrtsgesetz, BGBl. I Nr. 62/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2012, wird wie folgt geändert:“ durch den Einleitungssatz „Das Schifffahrtsgesetz, BGBl. I Nr. 62/1997, zuletzt geän­dert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 96/2013, wird wie folgt geändert:“ ersetzt.

2. In Artikel 1 lautet Z 31 wie folgt:

„31. § 149 wird folgender Abs. 11 angefügt:

„(11) Der 7. Teil samt Inhaltsverzeichnis in der Fassung BGBl. I Nr. xx/2013 tritt mit 1. Juli 2014 in Kraft. § 52 Abs. 2 in der Fassung BGBl. I Nr. xx/2013 tritt mit 1. Jänner 2015 in Kraft. § 2 Z 12, § 5 Abs. 2 bis 2d, § 7, § 24 Abs. 14, § 26 Abs. 1, 3 und 5, § 29, § 42 Abs. 2 Z 2, § 45 Abs. 2, § 49 Abs. 7, § 52 Abs. 1, § 76 Abs. 1, 3a, 3b und 4, § 78 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, § 83 Abs. 5, § 88 Abs. 2 Z 2a und 2b, § 89, § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 2a, § 99 Abs. 2 und 3, § 101 Abs. 3 und 5, § 103 Abs. 6, § 148a sowie Anlage 1 Z 2 in der Fassung BGBl. I Nr. xx/2013 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.““

3. In Artikel 2 wird der Einleitungssatz „Das Seeschifffahrtsgesetz, BGBl. Nr. 174/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 46/2012, wird wie folgt geändert:“ durch den Einleitungssatz „Das Seeschifffahrtsgesetz, BGBl. Nr. 174/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 96/2013, wird wie folgt geändert:“ ersetzt.

4. In Artikel 2 lautet Z 3 wie folgt:

„3. § 59 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) § 11 Abs. 4 und § 33 in der Fassung BGBl. I Nr. xx/2013 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.““

Begründung

Das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, BGBl. I Nr. 96/2013, das gemäß Artikel 11 Änderungen des Schifffahrtsgesetzes und gemäß Artikel 12 Änderungen des Seeschifffahrts­geset­zes enthält und am 18. Juni 2013 ausgegeben wurde, ist zu berücksichtigen. Darüber hinaus spricht nichts dagegen, dass der 7. Teil – Schiffsführung bereits mit 1. Juli 2014 in Kraft tritt.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 85

12.28.00

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Gestatten Sie mir zunächst, dass ich als zuständiger Wahlkreis­abgeordneter – lieber Kollege Hechtl, das hättest du mir gleich sagen können, dass ich das machen soll – die Pensionisten und Pensionistinnen aus Edlitz, Grimmenstein und Thomasberg begrüße, denn der Herr Stauber, der das gemacht hat, kennt wahr­schein­lich die Gemeinden gar nicht. Herzlich willkommen als Zuseher! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Wort noch zum Herrn Abgeordneten Auer. Es ist schon wirklich problematisch, wenn man zum Thema Hochwasserschutz auf einmal die Steuergerechtigkeitskeule hervorholt und da von Raiffeisen angefangen über andere der Nichtsteuerzahlung bezichtigt. Was das mit Hochwasser zu tun hat, ist die Frage. (Abg. Brosz: Und was hat das jetzt mit Schifffahrt zu tun?) Wahrscheinlich befindet er sich schon im Wahl­kampf, aber er hätte sich da auch in den eigenen Reihen Beispiele nehmen können, von Androsch bis BAWAG, wo es um Steuern gegangen ist, die nicht bezahlt wurden, wo kleine Mitglieder des Gewerkschaftsbundes für dieses Desaster aufkommen mussten. Das nur zum Herrn Abgeordneten Auer. Das war zweckentfremdend. (Abg. Jakob Auer: Der Josef Auer!)

Der Josef Auer, natürlich. Nicht Raiffeisen-Jakob Auer, sondern Josef Auer aus Tirol, um das klarzustellen. Aber ich glaube, das hat jeder auch so zur Kenntnis genommen.

Zum Thema Schifffahrtsrecht wurde eigentlich alles gesagt, was zu sagen ist. Ich möchte das nicht wiederholen.

Ich möchte am Ende einer Gesetzgebungsperiode vielleicht nur noch darauf hin­weisen, die Zuhörer haben es heute auch bemerkt: Es wird zu einem Thema sehr oft dasselbe gesagt. Und seit der ganztägigen Übertragung im Fernsehen wird man viel­fach als Abgeordnete oder Abgeordneter angesprochen, warum das so ist, dass immer wieder Wiederholungen von Rednern der gleichen Partei stattfinden, dass der Nach­redner oft das Gleiche wie der Vorredner sagt. (Abg. Dr. Moser: Sie sind das Muster­bei­spiel dafür!)

Frau Kollegin, Sie haben gesagt, Sie sind froh, wenn Sie mich nicht mehr sehen im Parla­ment. Sie werden mich das nächste Mal auch noch sehen. Also bitte nicht so uncharmant!

Ich würde vorschlagen, dass man sich vielleicht in der Präsidiale einmal zusammen­setzt und sich darauf verständigt – und das sage ich jetzt als Vertreter der ÖVP, das kommt ja eigentlich den kleineren Parteien zugute –, dass man sich freiwillig darauf beschränkt, nur zwei Redner zu einem Thema hinauszuschicken. Das könnte, so denke ich, wesentlich dazu beitragen, dass das Ansehen des Parlaments steigt. (Abg. Dr. Moser: Wir schicken nur einen!) – Frau Kollegin, Sie kommen eh auch so oft dran, weil Sie einer kleinen Partei angehören. – Also das ist nur ein Vorschlag in Güte, darüber nachzudenken.

Abschließend möchte ich aber die breite Zustimmung zu diesem Gesetz, das uns nunmehr vorliegt, begrüßen und danke recht herzlich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

12.31

12.31.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2473 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 86

Hiezu haben die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der Änderungen in Artikel 1 und 2 zum Inhalt hat.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Entwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des eben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kollegin­nen und Kollegen abstimmen.

Wenn Sie dem beitreten, bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung den vorliegenden Gesetzentwurf unterstützen, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist beschlossen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

12.32.01 4. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2339/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Anton Heinzl, Mag. Karin Hakl, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Mag. Rainer Widmann, Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend barrierefreie Telekommunikation als wichtiger Beitrag zur Gleich­stellung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen und über den

Antrag 750/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Schaffung einer Telefonvermittlungszentrale für gehörlose, hör- und sprechbehinderte sowie taubblinde Menschen (2474 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.32.45

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Der vorliegende Antrag aus dem Verkehrsausschuss beinhaltet den Ausbau und die Förderung von barrierefreier Telekommunikation als wichtigen Beitrag zur Gleichstellung und Inklusion von behin­derten Menschen.

Im Oktober 2008 ist in Österreich die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung in Kraft getreten. Die Umsetzung dieser Konvention ist eine Aufgabe aller Ressorts. Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat in Zusammenarbeit mit allen anderen Ministerien dazu den Nationalen Aktionsplan Behinderung 2012–2020 erstellt.

Die Telekommunikation ist seit Jahren eines der Themen, das uns im Alltag massiv begleitet. Vor Jahren war es noch undenkbar: Alltagserleichterungen durch den Zu­gang zu Internet, Computer, Smartphone, Zugang eben zu weltweiter Kommunikation, und lange Zeit konnten gehörlose Menschen nicht selbständig telefonieren; heute ist dies möglich.

Allen Menschen, auch jenen mit Behinderung, soll ein selbstbestimmtes und unab­hängiges Leben möglich gemacht werden. Vor allem der Telefoniezugang insbeson­dere gehörloser, hör- und sprechbehinderter, aber auch taubblinder Menschen ist hier eine enorme Hilfe.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 87

Das BMVIT und Ministerin Doris Bures schafften bereits mit einer Breitbandoffensive, Stichwort: Breitbandstrategie, auch im ländlichen Raum ganz wichtige Voraussetzun­gen für die Umsetzung von barrierefreien Zugängen zu modernen Kommunikations- und Informationstechnologien. Ein flächendeckendes, umfangreiches Breitbandnetz als Grundlage für Online-Dienste und -Anwendungen gewährleistet behinderten Nutzerin­nen und Nutzern gleichen Zugang zu allen Telekommunikationsdiensten. Entsprechen­de technische Lösungen sind heute schon angebotener Standard, wie Internet mit allen verfügbaren Programmen, Skype-Vorlesefunktionen, multimediale Angebote in Gebär­den­sprache zum Beispiel.

Nutzer brauchen nicht nur gute Verbindungen, sondern auch Anwendungsmög­lich­keiten. Insbesondere kleinere Nutzerkreise beziehungsweise Randgruppen werden durch den Markt oft nicht erreicht. Mit dem Förderprogramm AT:net des BMVIT wurde bereits auch eine Fördermöglichkeit für die Markteinführung von Diensten und Anwen­dungen geschaffen.

Diesem Antrag haben im Ausschuss alle sechs Parteien zugestimmt, und er ist auch als Auftrag zu verstehen, den sehr guten Weg zur barrierefreien Ausgestaltung des Telekommunikationswesens fortzusetzen und so vor allem auch Menschen, die es durch eine Einschränkung im Leben nicht so leicht haben, einen unkomplizierten Zugang zu diesen Technologien möglich zu machen, ganz im Sinne von gleichberech­tigter Teilhabe aller an unserer Informationsgesellschaft. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


12.36.05

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Prä­sident! Hohes Haus! Ich darf gleich einleitend einmal dafür danken, dass zum Ab­schluss der Legislaturperiode ein so unkompliziert einstimmig abzustimmender Antrag zustande gekommen ist.

Ich danke auch der Kollegin Jarmer von den Grünen, die heute leider nicht dazu sprechen wird, für die Initiative und auch unserem ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg, der sich hier immer besonders einsetzt.

Mit dem Antrag soll geprüft werden, wie man auch in Österreich den Zugang für Gehörlose, Taubblinde und überhaupt Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu den modernen Kommunikationsmöglichkeiten weiter verbessern kann. Die Technologie alleine bringt ja hier schon massive Verbesserungen. Wir sehen aber, dass die Schweiz ein Übersetzungsinstitut – dort handelt es sich um eine Stiftung – eingerichtet hat. Das ist eine sehr teure Angelegenheit. 150 Dolmetscher übersetzen dort von Gebär­densprache in Sprache und zurück und arbeiten dort dauernd. Jedes Jahr werden insgesamt 10 000 Gespräche, also jeden Tag wird eine große Anzahl von Ge­sprächen in Gebärdensprache übersetzt, aber auch Unterstützung für taubblinde Menschen geboten.

Ich bin sehr froh, dass die Frau Bundesministerin zugesagt hat, die Möglichkeiten, die wir hier in Österreich haben, zu prüfen, etwas Ähnliches auch für die Menschen in Österreich zur Verfügung zu stellen.

Danke für die Initiative den beiden Behindertensprechern von ÖVP und Grünen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

12.38



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 88

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin. Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


12.38.03

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein Antrag, der sicherlich ein guter, ein richtiger ist, in die richtige Richtung geht. Das Problem, glaube ich, ist, dass viele Menschen die Vor­stellung haben, wenn es um Barrierefreiheit geht, es geht hier nur um Rollstuhlfahrer oder um gehbehinderte Menschen. Barrierefreiheit für Behinderte umfasst viel, viel mehr, und das müssen wir in die Köpfe der Menschen hineinbringen. Dazu trägt dieser Antrag mit Sicherheit bei. Wenn man an gehörlose Menschen oder an sprach- und hörbehinderte Menschen, taubblinde Menschen denkt, dann sind es oft ganz andere Hilfestellungen, die diese behinderten Menschen brauchen, als sie eben ein Rollstuhl­fahrer benötigt. Daher ist es auch gut und richtig und wichtig, in diese Richtung Initia­tiven zu setzen.

Wenn meine Vorrednerin gemeint hat, es ist unkompliziert gegangen: Ja, es ist aber auch noch nicht sehr weit gehend, leider Gottes. Ich würde mir wünschen, dass solche Dinge sehr viel schneller funktionieren, dass wir da viel schneller zu konkreten Ergeb­nissen kommen.

Ich hoffe, dass mit Hilfe dieses Antrages jetzt auch etwas in der Bewusstseinsbildung weitergeht, auch in ganz anderen Bereichen. Behindertenpolitik ist ja eine Politik, die sozusagen in den Alltag überall hineingeht, wo noch sehr, sehr viel zu tun ist und wo man eigentlich kein Konsolidierungspaket brauchen kann, das Barrierefreiheit wie­derum stoppt. Insofern bin ich froh, dass wir da jetzt zumindest einmal einen Anschub haben.

Ich hoffe auch, dass es in dieser Eintracht weitergeht, dass wirklich alle Parteien für die Mitbürger, die eben besondere Bedürfnisse haben, besondere Ausstattungen benö­tigen, hier auch in Zukunft weiter gemeinsam an einem Strang ziehen und diesen Men­schen auch in Zukunft weiter zu einer Selbstbestimmung und einem selbstbestimmten Leben verhelfen können. (Beifall bei der FPÖ.)

12.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


12.40.01

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Heute darf ich wirklich im Namen meiner Kollegin Helene Jarmer sprechen und mich sehr, sehr herzlich bei ihr bedanken – und auch bei Ihnen bedanken – dafür, dass sie die Initiative ergriffen hat, in einem ganz wichtigen Bereich, in einem lebensrettenden Bereich, nun Telekommunikation ohne Barrieren zu ermög­lichen.

Bei Ihnen möchte ich mich bedanken dafür, dass es doch so rasch möglich war, diesen Antragsentwurf, den meine Kollegin Jarmer eingebracht hat, zu einem gemeinsamen Anliegen zu machen. Ich danke speziell für die Handschlagqualität des Herrn Kollegen Heinzl von der SPÖ. Auch ein Dank an die Ministerin, dass ihr Ressort diese Anre­gung, die sehr, sehr berechtigt ist, sofort aufgegriffen hat.

Diese Anregung ist vor allem deshalb sehr berechtigt, weil heute meine Kollegin Helene Jarmer deshalb nicht an der Nationalratssitzung teilnehmen kann, weil sie leider einen Wohnungsbrand erlitten hat, weil sie aufgrund ihrer Behinderung, also aufgrund dessen, dass sie sowohl beim Hören als auch beim Sprechen beeinträchtigt ist, nicht sofort die Feuerwehr verständigen konnte, deswegen Verzögerungen einge­treten sind und so das Ausmaß des Brandes natürlich größer war.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 89

Es ist wirklich ein unangenehmer Zufall, ein nicht nur höchst bedauerlicher, sondern leider auch ein bezeichnender Zufall, dass in dem Moment, wo hier ein Antrag beschlos­sen wird, wo hier konsensual vorgegangen wird, wo hier bei einem Missstand Abhilfe geschaffen wird, gleichzeitig dieser Missstand, dass eben im Notfall nicht barrierefrei Telefonie beim Euronotruf 112 möglich ist, die Ursache dafür ist, dass die Abgeordnete Jarmer, die die Beseitigung dieses Missstandes in die Hand genommen hat, heute hier verhindert ist. Eine doppelte Behinderung, könnte man fast sagen!

Insofern hoffe ich, dass dieser Fall in seiner ganzen Komplexität und seiner persön­lichen Tragik auch ein Anlass ist, dass wir zukünftig gemeinsam nicht nur in der Politik zugunsten der Menschen mit Beeinträchtigungen, mit Behinderungen schnell zu Be­schlüs­sen kommen, sondern dass wir auch andere Anliegen im Sinne der Bevölkerung offensiver aufgreifen und gemeinsam erledigen.

Ich bedauere es, dass unser Antrag betreffend den Versicherungsschutz für Men­schen, die einen Schaden durch das Hochwasser erlitten haben, einfach weggestimmt worden ist, gänzlich weggestimmt worden ist, statt dass man einmal darüber geredet hätte.

Frau Minister, danke für die Umsetzung dieses Telekommunikations-Antrags! Hoffent­lich geht es auch in Zukunft auf dieser Ebene weiter. (Beifall bei den Grünen.)

12.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


12.42.57

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr bedauerlich, Kollegin Moser, dass Abgeordnete Jarmer jetzt praktisch Betroffene eines Missstandes gewor­den ist. Da wären wir alle froh, wenn wir die Dinge mit dem barrierefreien Telekom­muni­kationsdienst schon umgesetzt hätten.

Es gibt ja solche Dinge bereits in der Schweiz und in den USA. Dort findet eine barriere­freie Telekommunikation bereits statt. Sogenannte Relaissender ermöglichen es, barrierefrei direkt eine Kommunikation von gehörlosen, von hör- und sprechbe­hinderten und taubblinden Menschen mit hörenden Menschen und auch umgekehrt herzustellen. Das ist das Um und Auf.

Ich bin froh, dass es diesbezüglich einen Konsens gegeben hat, der auch schnell um­ge­setzt worden ist, dass wir nämlich einen gemeinsamen Antrag formuliert haben. Die Initiative dazu ist von den beiden Behindertensprechern, die selbst Betroffene sind, ausgegangen. Aber man sieht, man kann mit etwas gutem Willen schon einiges gemeinsam in diesem Hohen Haus umsetzen.

Wir sind für eine rasche Errichtung einer Telefonvermittlungszentrale für gehörlose, hör- und sprechbehinderte Menschen, damit diese Menschen mit Behinderungen, die es im Leben nicht so leicht haben, ein selbstbestimmtes Leben führen können und nicht in Gefahr sind, durch einen Wohnungsbrand in Mitleidenschaft gezogen zu werden. (Beifall beim BZÖ.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


12.44.39

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich bin sehr froh über diesen Sechs-Parteien-Antrag. Leider muss oft etwas passieren, damit wir reagieren. Hier war es Gott sei Dank nicht der Fall! Hier


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 90

sind wir alle guten Gewissens vorgegangen und haben gesagt: Wir müssen da etwas ändern!

Dieser Fall der Kollegin Jarmer berührt mich deswegen, weil wir eigentlich schon einen Schritt weitergegangen sind. Nämlich: Wir haben beim betreuten Wohnen von kranken Menschen schon einen Nottaster eingeführt. Also wenn die Person, die sich nicht mehr helfen kann, oder dann, wenn etwas passiert, den Nottaster drückt, kommt sofort die Rettung. Vielleicht sollten wir einen solchen Schritt auch bei Menschen mit Beeinträch­tigungen machen, denn wir wissen, dass es, bis das Ganze umgesetzt ist, eine Zeit lang dauern wird und das auch einiges an Geld kosten wird.

Frau Ministerin! Wir brauchen im Bereich der Telefonie eine Signalstärke, dass es bei dieser Sprachorientierung überhaupt weitergeht, damit sie auch richtig ankommt und damit die Qualität dann so gestiegen ist, dass die Menschen Personen mit Beein­träch­tigungen verstehen.

Vielleicht sollte man in einem ersten Step überlegen, ob man nicht auch für diese Menschen einen Nottaster einführen sollte, damit bei einem Brand sofort die Feuerwehr ausrückt. Vielleicht könnte man das mit Unterstützung des Bundes umset­zen – im Ausmaß dessen, was die Grundgebühr für diesen Nottaster im Monat kostet. Ich glaube, das wäre ein erster Schritt, der nicht viel kostet. Damit könnte man in Fällen wie jenem, der unserer Kollegin Jarmer jetzt passiert ist, unbürokratisch und schnell helfen. Ich glaube, das sollten wir einmal andenken.

Der vorliegende Antrag ist ein richtiger Schritt. Bis er umgesetzt ist, wird es allerdings noch etwas dauern. Daher wäre die Lösung mit dem Nottaster bis dahin eine tolle Sache. Vielleicht überlegen Sie sich das, Frau Ministerin. Wir haben es bei der Rettung in den letzten Jahren bewiesen, dass es funktioniert. Und hätte Kollegin Jarmer diesen Nottaster gehabt, dann wäre in zwei Minuten die Feuerwehr dagewesen und es hätte viel Schlimmes verhindert werden können.

Mich freut es, dass alle Parteien für den vorliegenden Antrag sind, denn das ist ein richtiger Schritt. Wie man sieht, kann man auch gemeinsam etwas Richtiges und Gutes bewegen. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

12.46


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bures. – Bitte.

 


12.46.49

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass es gerade bei neuen Kommunikationstechnologien wichtig ist, dass alle Menschen einen Zugang dazu haben, dass sie an dieser neuen Form der Wissensgesellschaft teilnehmen können, die auch mit Kommunikation und Internet und all diesen Technologien in einem engen Zusammenhang steht.

Ich möchte diese Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wirklich für alle ermöglichen, unabhängig davon, welcher sozialen Herkunft man ist, ob man arm oder reich ist, ob man in der Stadt oder im ländlichen Raum lebt, und natürlich im Besonderen für Men­schen mit besonderen Bedürfnissen.

Dieser vorliegende Entschließungsantrag und auch die Wortmeldungen, die es dazu gegeben hat, sind ein Beweis dafür, dass es, obwohl viele glauben, das gäbe es in der Politik oder im österreichischen Parlament gar nicht, Dinge gibt, die außer Streit gestellt werden, wo man sagt: Wir ziehen da an einem Strang, wir gehen da gemein­sam vor!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 91

Wir werden mit modernen Technologien sicher nicht alle Probleme der Welt lösen können, aber es ist, was Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Menschen mit Be­hin­derungen betrifft, ein gutes Beispiel dafür, dass man mit neuen Technologien zum Wohle aller etwas erreichen kann.

Ich bedanke mich für die gemeinsame Vorgangsweise in dieser Frage und auch dafür, nach außen zu dokumentieren, dass es bei wichtigen Themen einen Schulterschluss über alle Parteigrenzen hinweg gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

12.48

12.48.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2474 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend barrierefreie Telekommunikation als wichti­ger Beitrag zur Gleichstellung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiefür eintreten, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 312.)

12.49.16 5. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Bericht der Bundes­regierung betreffend Österreichische Sicherheitsstrategie Sicherheit in einer neuen Dekade – Sicherheit gestalten (III-218/2524 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wird verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


12.49.38

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Es ist parlamentarischer Brauch, eine Sicherheitsdoktrin gemeinsam in diesem Haus zu erarbeiten. Die letzte Sicherheitsdoktrin wurde 2002 in diesem Haus parla­mentarisch erarbeitet und dann, weil wir uns nicht einigen konnten, mit Regierungs­mehr­heit beschlossen.

Dieses Mal ist die Sicherheitsdoktrin nicht in diesem Haus erarbeitet worden, sondern wir sind eingeladen worden, Fraktionstexte vorzulegen, die dann von Ministerbüros redigiert worden sind, und uns ist aus Ministerbüros – in erster Linie aus dem Büro des Bundesministers für Landesverteidigung – mitgeteilt worden, was Gnade vor den Augen des Ministers findet und was nicht, was das Parlament diskutieren darf und was nicht.

Herausgekommen ist ein Produkt von Klug’schen Dimensionen: eine Sicherheits­doktrin, die ein Ablaufdatum hat, nämlich mit größter Wahrscheinlichkeit die nächste Nationalratswahl. Aber wie wichtig es ist, dass eine Sicherheitsdoktrin die Basis einer gemeinsamen Sicherheitspolitik bildet, zeigen gerade die Vorkommnisse der letzten Tage.

Der Fall Snowden und die Affäre rund um die amerikanische NSA ist eine erstrangige Affäre der Sicherheitspolitik. Es geht ausschließlich um sogenannte amerikanische Sicherheitsinteressen, wenn die USA heute erfolgreich Staaten in Lateinamerika, Russland, in der Europäischen Union erpressen und ihre politischen Erpressungen auch durchsetzen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 92

Polen ist zum Opfer einer politischen Erpressung geworden. Norwegen ist zum Opfer einer politischen Erpressung geworden. Jetzt ist auch Spanien zum Opfer einer politischen Erpressung geworden. Die USA sind in der Lage und bereit, nur um einen Datenschützer global verfolgen zu können, um einen Dissidenten global verfolgen zu können, ganze Staaten zu erpressen, damit sie den Luftraum sperren, weil nur der Verdacht besteht, er könnte sich an Bord eines Flugzeuges befinden.

Es ist eine Ungeheuerlichkeit, dass derartige politische Erpressungen heute mitten in der Europäischen Union möglich sind und ein wichtiger Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich Spanien, sich gebärdet wie eine Bananenrepublik der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Das ist eine Ungeheuerlichkeit! Und das bedarf einer politischen Antwort. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn sich Spanien wie eine Bananenrepublik verhält, dann ist es wichtig, dass es Mitgliedstaaten der Europäischen Union gibt, die das Gegenteil tun (Abg. Pendl: Genau!) und die klar signalisieren, dass wir diesen Erpressungen nicht nachgeben, dass wir auf der Seite des Datenschutzes, auf der Seite der Bürgerinnen- und Bürger­rechte stehen und nicht auf der Seite des globalen amerikanischen Überwachungs­staates. Deswegen ist es wichtig, zu signalisieren: Edward Snowden soll in der Euro­päischen Union Asyl bekommen, und das neutrale Österreich soll Edward Snowden dieses politische Asyl anbieten!

Edward Snowden wird politisch verfolgt. Wenn seinetwegen schon der Luftraum in Spanien und in anderen Staaten gesperrt wird, ja was ist denn dann das anderes als der Beweis einer politischen Verfolgung?!

Dann möchte ich eines wissen: nicht nur, ob die Bundesregierung, ob der Außen­minister und ob die Innenministerin bereit sind, da den einzigen sinnvollen und acht­baren Schritt zu tun und dieses Asyl anzubieten, sondern auch, ob sie bereit sind, Aufklärung über die Tätigkeit der NSA in Österreich zu verlangen.

Wir wissen heute, dass es eine systematische Zusammenarbeit zwischen dem österreichischen Heeresnachrichtenamt und der NSA gibt. Wir wissen, dass das vertraglich vereinbart ist. Wir wissen, wer die Vertretung der NSA gegenüber Öster­reich innehat. Wir wissen, was die Inhalte dieser Kooperation sind. Wir wissen, dass ein amerikanischer Staatsbürger am Militärflugplatz in Zeltweg sitzt und direkten Zugang im Namen seiner Firma – und mich würde es sehr wundern, wenn sich hinter dieser Firma nicht die drei Buchstaben N, S und A verbergen – über die Black Box zu allen Eurofighter-Daten hat. Die NSA hat in Österreich – und das ist ein schwerwie­gender Verdacht – einen direkten Zugang zu allen Daten der Luftraumüberwachung. Wir wissen das seit Wochen! Und wir wissen das im Grunde bereits seit den Unter­suchun­gen des Eurofighter-Untersuchungsausschusses.

Wir wissen auch, dass weit über zehn sogenannte Partnerdienste eng mit dem Heeres­nachrichtenamt zusammenarbeiten. Wir wissen, dass weit über 20 sogenannte Partnerdienste mit dem Verfassungsschutz geheim zusammenarbeiten und Daten austauschen und österreichische Daten weitergeben. Wir wissen, dass die NSA und andere amerikanische Bundesbehörden direkten Zugriff auf wichtige und schützens­werte österreichische Daten haben. Und wir wissen auch, dass es Angriffe gegeben hat – nicht nur Lauschangriffe, nicht nur Computerangriffe! – auf österreichische Vertretungen im Ausland. Ich erwarte vom Verteidigungsminister und von der Innen­ministerin, dass über diese auf österreichische diplomatische Vertretungen erfolgten Angriffe berichtet wird, dass das Parlament darüber informiert wird und dass auch die Öffentlichkeit darüber informiert wird.

Wir hatten heute um 8 Uhr in der Früh eine Sitzung des Unterausschusses des Lan­desver­teidigungsausschusses. Ich bin nicht befugt, irgendetwas über die Inhalte dieser


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 93

Besprechung hier bekanntzugeben, weil dieser Unterausschuss strengster Geheim­haltung unterliegt. Aber eines kann ich sagen: Der Verteidigungsminister hat sich geweigert, alle wesentlichen Fragen zur Tätigkeit des NSA in Österreich und zu den sogenannten Partnerdiensten zu beantworten. Er hat keine einzige unserer zentralen Fragen beantwortet! Die Kollegen von der Freiheitlichen Partei und wir haben deshalb heute bereits wieder den Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses einbe­rufen, weil wir uns schlicht und einfach nicht pflanzen lassen (Beifall bei Grünen und FPÖ) und weil wir das Recht haben, vom Verteidigungsminister in diesem geheimen Kontrollausschuss des österreichischen Parlaments zu erfahren, was ausländische Dienste in Österreich tun und wie weit österreichische Dienste mit ihnen unter einer Decke stecken. Wir als Parlament haben ein Recht, darüber informiert zu werden.

Herr Verteidigungsminister Klug, wenn Sie dazu im geheimen Unterausschuss nicht bereit sind, dann werde ich diese Frage eben öffentlich an Sie richten: von Eurofighter, von den Angriffen auf diplomatische Einrichtungen bis hin zur systematischen Kooperation mit NSA und anderen Diensten.

Meine Damen und Herren, es ist ganz wichtig, dass die Republik Österreich eindeutig und klar sagt, auf welcher Seite wir stehen: auf der Seite des amerikanischen Über­wachungsstaates oder auf der Seite derer, die ihre berufliche und persönliche Existenz riskieren, um auch die Bürgerinnen und Bürger dieser Republik vor dem amerikani­schen Überwachungsstaat zu schützen?

Ich erwarte mir vom Verteidigungsminister, vom Außenminister und auch von der In­nen­ministerin in dieser Frage eine klare Haltung der Republik Österreich und eine klare Initiative für ein Asyl für Snowden und gegen den amerikanischen Über­wachungs­staat in Österreich und in der Europäischen Union! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


12.57.50

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Meine Damen und Herren! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Klug.) Das ist richtig! Eigentlich heißt jetzt der Titel „Öster­reichische Sicherheitsstrategie“. Und ich habe mir eigentlich von meinem Vorredner ein paar erhellende Worte zur Sicherheitsstrategie erwartet. Die habe ich allerdings nicht gehört.

Wir alle, die jetzt heute reden, haben das durchgearbeitet – sofern wir das nicht eh schon gekannt haben beziehungsweise an diesem Prozess beteiligt waren – und glauben, dass in dieser Sicherheitsstrategie eigentlich auf die brennenden Fragen dieses umfassenden Sicherheitsbegriffes, der in der Bevölkerung ja auch mit vielen Ängsten verbunden ist, nämlich wenn dieser Sicherheitsanspruch eben nicht erfüllt wird, Antworten enthalten sind, die ausreichend gegeben worden sind.

Und bei diesem breiten Fächer – Wirtschaft, Soziales, Integration, Entwicklung, Um­welt, Landwirtschaft, Finanz, Verkehr, Infrastruktur, Bildung, Information und Kommuni­kation – kommen wir auch zu dem Punkt, den Peter Pilz vorhin im weitesten Sinn angesprochen hat. Es wird da nämlich auch von Cyber-Attacken gesprochen und eben von dem Schutzbedürfnis, das die Bevölkerung zu Recht hat. Aber das geht weit über den Komplex hinaus, der unter dem Titel „NSA“ Gegenstand der öffentlichen Debatte ist.

In diesem Papier zur Sicherheitsstrategie steht beispielsweise drinnen, die territoriale Integrität Österreichs im konventionellen Sinn ist aufgrund der geopolitischen Lage und aufgrund dessen, in welcher historischen Entwicklungsphase wir uns befinden, überhaupt nicht gefährdet. Und dann wird da eine Reihe von Bedrohungen aufgezählt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 94

wo ich finde, dass das etwas ist, was in der Bevölkerung ebenfalls gefühlt und diskutiert wird und worauf eine verantwortungsvolle Politik einzugehen hat. Und sie geht auch darauf ein, und zwar Punkt für Punkt.

Wir haben auf den Seiten 6 und 7 eine umfassende Punktation, die vom umfassenden Schutz der österreichischen Bevölkerung über den Schutz der rechtsstaatlich-demo­kra­tischen Verfassungsordnung, sozialen Frieden, Zusammenhalt, Stärkung der demo­kratischen Gesellschaft, leistungsfähige Volkswirtschaft, Maßnahmen zur nationalen, internationalen, humanitären und Katastrophenhilfe, die dafür zur Verfügung stehenden Instrumentarien, die dafür notwendigen finanziellen Mittel bis hin zu Naturereignissen reicht. Alles ist verbunden mit diesem berechtigten Gefühl in der Bevölkerung, die Politik, aber nicht nur die Politik, sondern auch die Einrichtungen des Staates müssen hier einen Beitrag leisten. Sie müssen auch den Beitrag leisten können aufgrund der Instrumentarien, aufgrund der materiellen Ausgestaltung, dass sie diesem Sicherheits­gefühl und diesen Sicherheitsbedingungen entgegenkommen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Als letzter Punkt steht dann in dieser Punktation auf den Seiten 6 und 7 auch die Forderung nach einem breiten Sicherheitsbewusstsein in der Bevölkerung. Deswegen glaube ich, es ist auch gut, wenn wir diese Debatte führen, heute hier im Parlament und auch außerhalb des Parlaments, um dieses Sicherheitsbewusstsein auch wirklich mit zu entwickeln, weil das ja auch Kooperationen und Partnerschaften in der Garantie dieser Sicherheit erfordert. Da gibt es dann natürlich auch eine Punktation, die sich im engeren Sinn mit der Kriminalitätsbekämpfung befasst, mit neuen Wegen bei der Prävention, Ausbau und Sicherung des Asyls als Menschenrecht et cetera, natürlich auch gegen illegale Migration, und um auch Daten zu schützen.

Da komme ich wieder zu dem Punkt: NSA – Daten schützen! Ich habe nicht ganz verstanden, was mit der Attacke auf den Verteidigungsminister bezweckt wurde. Es gibt niemanden hier herinnen, der nicht verurteilt, was jetzt unter dem Komplex NSA vor sich gegangen ist. Aber ich meine, man muss sich jetzt nicht in die Weltpolitik hineindrängen. Das ist schon eine andere Dimension, die weit über dieses Haus hinausgeht! Ich meine, es wird sich jetzt die Europäische Union, nicht nur bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen, im Verhältnis zu den USA etwas überlegen müssen: welche Schritte man da setzen wird, wie man jetzt dafür sorgen kann, dass es diese Sicherheit im Internet, diese Sicherheit beim Telefonieren, diese Sicherheit im Datenbereich zum Beispiel für die europäischen Bürgerinnen und Bürger gibt.

Das ist, glaube ich, eine Gewichtung oder das ist sozusagen ein Verhandlungspartner, der weit über, sagen wir, „Peter Pilz verhandelt mit den USA“ oder sonst etwas hinausgeht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.) Ich sage es jetzt einmal in dieser Dimen­sio­nierung, weil das, glaube ich, zeigt: Da ist China, da ist Russland. Snowden befindet sich gerade am russischen Flughafen – ich meine, das geht ja weit –, stellt an 18 Länder einen Asylantrag. Aber natürlich hat er das wirkliche Angebot vom Präsi­denten Putin bekommen, und das wird wahrscheinlich seinen Grund haben. Da spielen jetzt Ebenen der globalen Auseinandersetzung mit, natürlich auch unter dem Sicher­heitsbegriff, der Sicherheit im Internet global und weltweit, welche Suchmaschinen haben mitgemacht und welche nicht.

Ich finde, dass das, was Snowden gemacht hat, eine historische Dimension hat. Das ist ganz wichtig! Das zeigt auf, dass wir alle aktiv werden müssen, zum Schutz von uns allen. Ich finde, da sollte man sachlich an diese Geschichte herangehen und jetzt nicht sozusagen probieren, irgendwelche kleinen Punkte zu sammeln zu Lasten oder auf Kosten von dem „mutigsten Mann“, wie das „profil“ geschrieben hat, sondern wir sollten uns wirklich bemühen, da auch von Österreich her für Österreich unmittelbar, aber


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auch in der Europäischen Union die Schritte zu setzen (Abg. Dr. Pilz: Welche?), die den USA die Grenzen aufzeigen, die notwendig sind, diese Grenzen aufzuzeigen. (Abg. Dr. Pilz: Welche?)

Das diskutieren wir ja heute! Wir haben da drinnen ... (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Pilz.) Peter Pilz, wenn du natürlich alles schon bei dir im Ladl drinnen und auf jede Frage eine Antwort hast, dann hättest du Sektenführer werden müssen, aber nicht Sicherheitssprecher der Grünen. Ehrlich, das möchte ich dir schon sagen. (Beifall bei der SPÖ.) Bei aller Freundschaft, aber das solltest du schon berücksichtigen. Da glaube ich, das werden wir zu erarbeiten haben, und dieses Papier, diese Sicherheits­strategie ist wirklich die Basis. Du solltest das loben und nicht hier durch Nicht-Erwähnen bestrafen! Das möchte ich schon noch sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter List. 3 Minuten. – Bitte.

 


13.04.32

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Herr Verteidigungsminister! Ge­schätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Österreichs aktuelle Sicherheitspolitik wird von Pleiten und Pannen dominiert, Herr Klubobmann Cap, sie ist eine echte Katastrophe!

Der Golan-Abzug unserer Blauhelme ist die völlige Aufgabe der Außenpolitik Öster­reichs. Der verantwortliche Außenminister Spindelegger verabschiedet sich von unse­rer internationalen Verpflichtung. Die Situation und die Lage vor Ort wurden völlig falsch eingeschätzt und auch falsch beurteilt. Ausgerechnet Österreich entzieht sich in einer heiklen Phase seiner historisch bedingten Verantwortung für Israel und lässt sich in einer makabren Art vermutlich von Soldaten der Fidschi-Inseln ablösen. Das ist eine internationale Peinlichkeit zur Potenz, eine Pleite ersten Ranges! (Beifall beim BZÖ.)

Nach diesem voreiligen Abzug unserer Soldaten vom Golan liefert diese gescheiterte Bundesregierung das nächste sicherheitspolitische Debakel, nämlich die rot-schwarze Sicherheitsstrategie in einer neuen Dekade. Diese Sicherheitsstrategie wurde schlam­pig erstellt, sehr schlampig, und soll jetzt trotzdem in einer Husch-Pfusch-Aktion vom Plenum noch vor der Wahl abgesegnet werden. (Abg. Höfinger: In einer Abstimmung!) Das, geschätzte Damen und Herren, ist eine ungeheuerliche Vorgangsweise, die wir vom BZÖ auf das Schärfste ablehnen! (Beifall beim BZÖ.)

Zur Erinnerung einige Fakten über diese Vorlage der Sicherheitsstrategie: Die Regie­rungsparteien, vor allem aber die ÖVP hat seit über zwei Jahren sämtliche Beratungen in den Ausschüssen blockiert. Ihr gescheiterter Verteidigungsminister Darabos hat wieder­holt Beratungen im Ausschuss zur Sicherheitsstrategie eingefordert. Dabei hat er sich an der Blockade der ÖVP – die ÖVP-Abgeordneten sind nämlich die Arbeits­verweigerer in den Ausschüssen! – ebenfalls die Zähne ausgebissen.

Geschätzte Damen und Herren! Auch die Mitarbeit vor allem der Opposition wurde vorsätzlich behindert. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sinnvolle Vorschläge wurden missachtet und ausreichende Debatten abgewürgt. Jetzt plötzlich, noch vor der Wahl im September, muss diese Strategie mit allen Mitteln im Parlament durchgepeitscht werden. Das ist ungeheuerlich! Das ist der falsche Weg, eine Vorgangsweise, die wir vom BZÖ auf das Schärfste ablehnen. (Beifall beim BZÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Gleichzeitig rühmen sich die Schwarzen, die ÖVP, diese Sicherheitsstrategie sei ihr Meisterwerk, weil die Hilfseinsätze überbetont wer­den. – Dementgegen müssen wir einen traurigen Befund ausstellen: Diese Strategie


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ist ein mageres Stückwerk ohne zukunftsorientierte sicherheitspolitische Ausrichtung im gemeinsamen Europa! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, vor allem jene von der ÖVP! Viele Experten und Fachleute, die nicht im Sold von SPÖ und ÖVP stehen, zerpflücken dieses Papier auf das Schärfste. Die Kritik fällt heftig aus. Im Konkreten jetzt ein paar gravierende Mängel, die aufgezeigt werden müssen: Es fehlen beispielsweise die finanziellen Grund­lagen. Die Budgetierung von zumindest 1 Prozent des BIP wird da nicht festgeschrieben. Das österreichische Bundesheer wird zu einer Hilfstruppe degradiert. Militärische Kernaufgaben werden gezielt ausgespart. Die Entmilitarisierung der Verteidigungspolitik wird nachhaltig greifen. Vermehrt aber können sicherheits­politi­sche Aufgaben nur in Kooperation mit der Europäischen Union gemeinsam bewältigt werden – das wissen Sie alle, dass das so ist –, aber diese Option fehlt gänzlich. Dies wird von führenden Militärs scharf kritisiert.

Geschätzte Damen und Herren! Diese Mängelliste lässt sich beliebig erweitern. Darunter sind viele interessante sicherheitspolitische Argumente, die diskutiert werden müssen. Es sind wichtige Beurteilungskriterien, die mit Sorgfalt abzuwägen sind. Sie bestätigen eindrucksvoll unsere Forderungen nach zusätzlichen Beratungen mit Experten. Erst auf dieser Basis, nach den Beratungen, hat die neue sicherheits­politische Ausrichtung in Österreich und in Europa zu erfolgen, und dann erst hat sie ihre Bestandsberechtigung. Diese rot-schwarze Strategie ist nicht ausgereift. Sie entspricht nicht den künftigen Sicherheitsanforderungen und wird in Bälde repariert werden müssen. Die logische Konsequenz: Sie muss sofort zurück an den Start und neu verhandelt werden!

Zusammengefasst: Für diese Sicherheitsstrategie besteht kein Zeitdruck. Die Sicher­heits­strategie aus 2002 ist gültig und tauglich. Sie wurde von der damaligen Bundes­regierung mit Herbert Scheibner als Minister gewissenhafter, mit viel mehr Aufwand und seriöser erstellt. (Abg. Höfinger: Ach, darum!) Sie ist besser als dieser Entwurf. Sie haben das ja nicht verglichen, das wissen wir ohnehin. Daher lehnt das BZÖ diese magere neue Strategie von Rot und Schwarz ab. Die Strategie ist eine billige Alibiaktion dieser gescheiterten Bundesregierung vor der Wahl. Sie ist ein sicherheits­politischer Rückschritt. Damit hat sich die ÖVP nach der gescheiterten Außenpolitik auch sicherheitspolitisch von Europa verabschiedet. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Höfinger: Wir sehen das anders!)

13.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Klikovits. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.10.01

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Kollege List, Gott sei Dank ist diese nun vorliegende Sicherheitsstrategie das Gegenteil von dem, was Sie hier gesagt haben. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Ich denke, dass wir mit dem Drei-Parteien-Antrag eine gute Sicherheits­strategie für die sichere Zukunft Österreichs vorlegen. Ich befürchte auch, dass Sie sie nicht verstanden haben. So gesehen ist es richtig, dass Sie sie auch ablehnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser nun vorliegenden Sicherheitsstrategie werden wir den neuen Bedrohungsszenarien gerecht. Wir gehen davon ab, dass wir die Betrachtungsweise des Kalten Krieges sehen (Abg. Scheibner: Das ist doch ein Blödsinn!), sondern wir versuchen, die internationalen Verflechtungen viel stärker in den Vordergrund zu rücken. (Abg. Scheibner: Hast du die Zwei-Einser


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gelesen?) Wir versuchen auch, auf die innenpolitischen und auf die außenpolitischen Bedrohungsszenarien aufmerksam zu machen.

Es ist heute – das war übrigens das einzige Richtige von Dr. Pilz – schon ange­sprochen worden, dass Cyberwar eines der größten Bedrohungsszenarien der Zukunft ist. Deswegen ist hier auch klar definiert, wie wir uns innenpolitisch und auch außen­politisch, vor allem insgesamt sicherheitspolitisch davor schützen wollen.

Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! 55 000 Mann, das haben wir fest­geschrieben, wollen wir aufbieten, um Österreich sozusagen auch Schutz zu bieten: Schutz und Hilfe im Katastrophenfall, Schutz und Hilfe, um unsere Auslandseinsätze garantieren zu können, und Schutz und Hilfe, um sozusagen das staatliche Gefüge aufrechtzuerhalten.

Wir werden künftighin 12 500 präsente Kräfte aufbieten können, um, wenn Hochwäs­ser wiederkommen, so wie wir das in der Vergangenheit leider Gottes oftmals erlebt haben, auch dementsprechend Schutz und Hilfe für die Bevölkerung im Zusammen­wirken mit den zivilen Kräften zu gewährleisten. Die Zusammenwirkung mit den zivilen Kräften ist auch Teil dieser Sicherheitsstrategie, und sie ist klar definiert und festge­schrieben.

Ich bedanke mich auch dafür, dass es gelungen ist, dass wir ja zu Auslandseinsätzen sagen. Mit 1 100 Mann garantieren wir auch künftighin, dass Österreich bei internatio­nalen Friedensmissionen mit dabei ist. Das ist wichtig so.

Was wir auch hier drinnen festgeschrieben haben, ist, dass wir künftighin an einer Gemein­samen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa mitarbeiten wollen. Dieses Mitarbeiten, das Teile der Opposition hier verweigert haben, wollen wir auch in Europa stark zum Ausdruck bringen, um eben eine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik anzuschließen.

Geschätzte Damen und Herren, es können jetzt nicht hier vom Rednerpult aus diese vielen Punkte, die angesprochen werden, aufgezählt werden. Ich darf Ihnen – jenen, die hier heute die Zustimmung geben werden – versichern, dass diese Sicherheits­strategie eine gute Grundlage für die Sicherheit Österreichs ist.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Dr. Peter Fichtenbauer. Ich bedanke mich ganz herzlich abschließend aber vor allem bei Stefan Prähauser, der ja heute seine letzte Parlamentsrede halten wird, für die gute Zusammenarbeit, die er als Wehrsprecher mutig immer voran hier in diesem Hohen Haus geleistet hat.

Lieber Stefan Prähauser, ich wünsche dir namens der ÖVP-Fraktion für den neuen Lebensabschnitt alles, alles Gute! Ich danke dir für deine Arbeit im Interesse der Sicherheit Österreichs und wünsche dir auch alles Gute! (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grünen und BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesem Entwurf des Stefan Prähauser, des Dr. Peter Fichtenbauer und von mir können wir sicher sein, dass Österreich auch in Zukunft sicher sein wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.14.35

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Die Kritik am zahnlosen Werk, das hier beschlossen wird, bleibt natürlich aufrecht. (Abg. Klikovits: Auch nicht gelesen!) Die Sicherheitsstrategie als solche möchte ich Ihnen in ein paar Punkten vorstellen.


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Es wird Folgendes aufgelistet: die wirksame Bekämpfung von für Österreich nachteili­gen nachrichtendienstlichen Aktivitäten; Setzung operativer Schwerpunkte mit folgenden Zielen: Daten nützen und schützen, Grund-, Freiheits- und Menschenrechte gewährleisten. Das konsequente Eintreten für weltweite Menschenrechte. Und: die Fortentwicklung der Zusammenarbeit Österreichs und der EU unter Bedachtnahme auf die europäischen Werte, und selbstbewusstes Vertreten der Rechte und Grundfrei­heiten der österreichischen Bevölkerung und Wirtschaft im internationalen Verkehr mit wesentlichen Partnern wie den USA und Russland und mit den aufstrebenden Mächten, auch im Hinblick auf die Bemühungen um nachhaltige Problemlösungen in internationalen Krisenregionen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, Sie reden von dem einen – und beschließen gerade das andere. Sie reden von der Schwierigkeit der internationalen Verflechtungen, tun aber nichts. Der Fall Edward Snowden zeigt das ganz klar auf. Das ist die große Kritik, die hier in Bezug auf Edward Snowden (Abg. Klikovits: Der hat damit überhaupt nichts zu tun!) und auch in Bezug auf die Sicherheitsstrategie laut werden muss. Snowden tut ganz klar etwas für die Demo­kratie, also bin ich davon überzeugt, dass auch Österreich etwas für Edward Snowden tun sollte und auch könnte. Er zeigt uns klar auf, dass der Fall so gelagert ist, dass ein politischer Flüchtling, der europäische Bürgerrechte wahrt und aufzeigt, hier eigentlich auch Schutz verdient hat. Da sollte gerade Österreich als neutrales Land einen ganz klaren Schritt gehen, um Edward Snowden hier auch zu schützen.

Die Einhaltung und die Wahrung der Bürgerrechte sind Teil der Sicherheitsstrategie. Sie sollten es nicht nur besprechen, sondern auch tatsächlich umsetzen. (Beifall bei den Grünen.)

13.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kunasek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.16.55

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Eingangs, bevor wir zur Sicherheitsstrategie kommen, möchte ich noch einmal auf den ersten Redebeitrag, nämlich auf jenen des Abgeordneten Pilz einge­hen, weil ich schon auch glaube, dass es hier im Parlament wichtig ist, über die Vor­gänge NSA und über die Verflechtungen möglicherweise auch in Österreich zu sprechen. Ich muss ganz offen gestehen, auch wenn der Unterausschuss des Landes­verteidigungsausschusses geheim ist, kann man hier Peter Pilz nur recht geben, wenn er sagt: Wenn nicht dort, wo sonst sollte man über diese Verflechtungen sprechen (Beifall bei der FPÖ), sollte man auch über Kooperationen unserer heimischen Dienste mit ausländischen Diensten sprechen!

Herr Bundesminister! Hier erwarte ich mir, dass Sie Rede und Antwort stehen. Hier bin ich auch beim Klubobmann Cap, der sagt, wir müssen in diesem Bereich aktiv werden. – Dann werden wir es aber auch! Und wenn es die Bundesregierung nicht wird, dann sollten es wir als selbstbewusstes Parlament sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Sicherheitsstrategie: Ja, wir werden zustimmen. Wir werden deshalb zustimmen, weil wir immer gesagt haben – und auch ich als neuer Wehrsprecher und als Obmann des Verteidigungsausschusses sage –, dass die Sicherheits- und Verteidigungspolitik außerhalb des Parteienstreits stehen sollte.

Ich sage aber auch ganz offen, Abgeordneter Klikovits: Vom großen Wurf sind wir weit weg! Wir haben nun ein Papier in der Hand, das uns auch Empfehlungen ent­sprechend


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präsentiert, rund 80 an der Zahl. Es liegt jetzt an uns und vor allen Dingen auch an der Bundesregierung und am Minister, aus diesen Empfehlungen das Beste zu machen.

Wir haben aber ganz klar festgestellt, dass es auch gut ist, laufend Aktualisierungen in dieser Strategie zu treffen, dass wir auch erkennen, dass es Cyber-Bedrohungen gibt. Wir haben es erkannt. Jetzt liegt es auch wieder an uns und an der Bundesregierung, entsprechend Maßnahmen zu entwickeln, auch Kompetenzstreitigkeiten auszuräumen, wer letztendlich zuständig ist, denn unterm Strich sollte die Sicherheit im Mittelpunkt stehen.

Wir haben auch – und auch das ist uns Freiheitlichen wichtig – die neutrale Rolle Öster­reichs im internationalen Konfliktpräventionsmanagement herausgestrichen, wo wir als Vermittler entsprechende Positionen als neutrales Land einnehmen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was die Verteidigungspolitik betrifft, haben wir die Wehrpflicht wiedergefunden. Wir haben aber auch – und das freut uns auch aufgrund des Ergebnisses der Volksbefragung – die Attraktivierung des Grundwehr­dienstes. Herr Bundesminister, Ihre Bemühungen in allen Ehren: Noch sind wir nicht so weit, wirklich attraktiv unterwegs zu sein! Ich wage auch zu bezweifeln, dass wir es kostenneutral schaffen können, weil, wie wir alle wissen, Reformen entsprechende Mittel benötigen.

Da sind wir schon bei einem doch wichtigen Kritikpunkt, der auch vom Abgeordneten List gekommen ist. Wir finden in diesem Werk Zahlen, ja: Wir finden Zahlen, wenn es um die Gesamtstärke des Bundesheeres geht; wir finden Zahlen, wenn es darum geht, wie viele Soldaten im Ausland sein sollen. Aber die wesentlichen Zahlen – und wir alle wissen: ohne Geld ka Musi; so heißt es bei uns in der Steiermark –, nämlich das Budget, finden wir nicht! Mit dem Budget meine ich die Empfehlungen der Bundesheer-Reformkommission, die ganz klar bei 1 Prozent festgemacht wurden. Hier hätten wir Freiheitliche uns gewünscht, dass man auch dieses Bekenntnis deutlicher herausstreicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Eigenartig ist auch, dass man sich über gewisse Personengruppen im Bundesheer sehr wohl Gedanken macht. In diesem Fall sind das die Frauen, die ja auch Karriere­möglichkeiten haben sollen und diese auch haben. Auf der anderen Seite werden aber andere Personengruppen wie beispielsweise die Unteroffiziere überhaupt nicht berücksichtigt. Ich sage nur: Das ist immer noch kein anerkannter Beruf. Herr Bundes­minister! Ich fordere Sie wirklich auf, in der wahrscheinlich kurzen Zeit, die Ihnen als Minister noch bleibt, aktiv zu werden, damit wir auch etwas für unsere Unteroffiziere erreichen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt ist das ein tragfähiger Kompro­miss. Es ist nicht der große Wurf, aber zumindest einmal ein positiver Rahmen, der sicherstellen kann – und „kann“ großgeschrieben –, dass wir für die Sicherheit Öster­reichs Positives erreichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass das Thema Landesverteidigung in dieser Legislaturperiode letztmals auf der Tagesordnung hier im Plenum steht. Deshalb möchte ich abschließend in Erinnerung rufen, dass wir in der vergangenen Periode schon auch erlebt haben, wie Verteidigungspolitik nicht funk­tionieren soll. Ich bitte alle, das über den Sommer nicht zu vergessen. Herr Abgeord­neter Darabos ist jetzt leider nicht da, aber er hat uns bewiesen, wie es nicht geht: Es geht nicht, wenn ein Minister parteipolitische Interessen über die Interessen des Bundesheeres und der Sicherheit stellt, wenn er in vielen Bereichen chaotische Personalentscheidungen trifft – ich erinnere an die Causa Entacher. Insgesamt hat die Art und Weise seiner Ressortführung nicht nur bei den Soldaten sondern auch bei den Österreicherinnen und Österreichern massive Verunsicherung verursacht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 100

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sollte uns ins Stammbuch geschrieben sein: Diese Art der Verteidigungspolitik wollen wir nicht! Da reicht es auch nicht aus, heute 80 oder 79 Empfehlungen zu beschließen, wir müssen das auch entsprechend leben.

Herr Bundesminister, ich fordere Sie auch auf: Leben auch Sie Verteidigungs- und Sicherheitspolitik so, wie wir uns das als Freiheitliche vorstellen! Wir sind gerne bereit, entsprechend mitzutun, wenn es darum geht, für ein funktionierendes Bundesheer und für ein sicheres Österreich einzutreten. (Beifall bei der FPÖ.)

13.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.22.09

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wie meine Vorredner schon gesagt haben, sollte man in der Sicherheitspolitik wie in der Außenpolitik versuchen, parteipolitische Ränkespiele außer Acht zu lassen, denn es geht dabei ganz einfach um fundamentale Werte und Funktio­nen eines Staates.

Ich habe aber, was die Erstellung der Sicherheitsdoktrin betrifft, gar nicht so den Eindruck, dass die Opposition besonders parteipolitische Spielchen gespielt hat. Es waren eher Probleme innerhalb der Koalition, die verhindert haben, dass dieser Ent­wurf der Sicherheitsdoktrin zügig erarbeitet und rechtzeitig vorgelegt werden konnte.

Erinnern wir uns: Im Jahr 2011 haben die Verhandlungen begonnen. Ursprünglich hat es immer die Streitereien zwischen SPÖ und ÖVP gegeben: Wehrpflicht: ja oder nein? Dann kam man drauf, dass man einmal die Aufgaben definieren sollte, die mit diesem Wehrsystem umgesetzt werden sollen, bevor man die Frage des Wehrsystems an sich entscheidet, was ja vernünftig ist. Deshalb ist dann die Diskussion rund um eine neue Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin entstanden. Der damalige Minister hat gemeint, die alte aus dem Jahr 2001 sei zu NATO-lastig, was immer das bedeuten mag.

Ich glaube, Kollege Klikovits hat diese Doktrin aus dem Jahr 2001 noch nicht gelesen, obwohl er oder zumindest seine Fraktion sie mitbeschlossen hat. Da ist natürlich die Lageänderung seit Ende des Kalten Krieges mit umfasst. Die Rahmenbedingungen sind, glaube ich, sehr deutlich und ehrlich festgehalten worden. Selbstverständlich muss und musste diese Doktrin aus dem Jahr 2001 weiterentwickelt werden. Cyber-War war damals noch kein Thema, der Terrorismus sehr wohl. Aber die Frage ist: Wie geht man dabei vor?

2011 hat es sehr gute Verhandlungen und Gespräche gegeben. Das möchte ich hier wirklich sagen und vor allem auch Abgeordneten Prähauser herausstreichen. Ich habe das Gefühl gehabt, dass er wirklich einen möglichst breiten Konsens will. Wir haben sehr gute Gespräche gehabt. Ich habe gesagt: Auch wenn ich nicht der Meinung bin, dass man jetzt eine völlig neue Doktrin schreiben muss, sind wir bereit, uns aktiv miteinzubringen. Das war im Jahr 2011.

Dann war aber plötzlich nichts mehr von diesen Verhandlungen zu hören, dann kam plötzlich wieder diese Wehrdienstdiskussion in der Koalition auf, obwohl man eigentlich gesagt hat, dass wir zuerst die Sicherheitsdoktrin brauchen. Dann hat man gesagt: Mit der Sicherheitsdoktrin muss man warten, bis die Entscheidung über die Wehrpflicht gefallen ist! Diese Entscheidung ist dann durch eine Volksbefragung, die diese Regierung als verbindlich erklärt hat, getroffen worden.

Jetzt macht man genau diesen Fehler, den ich vorher schon dargestellt habe: Statt dass man die Entscheidung über das Wehrsystem auf Grundlage einer Sicher­heits-


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doktrin trifft, ist es umgekehrt. Die Grundlagen werden jetzt gemäß dieser Ausführung des Wehrsystems gebastelt, und das ist sicherlich der falsche Weg. Das ist einer unserer Hauptkritikpunkte an diesem Papier. (Beifall beim BZÖ.)

Auch der Zeitpunkt ist natürlich zu kritisieren, denn eine Sicherheitsdoktrin sollte sehr rasch am Beginn einer Legislaturperiode verfasst werden, um die notwendigen Maß­nahmen möglichst noch gemeinsam umsetzen zu können. Wer weiß, was eine neue Regierung wieder an Ideen einbringt. Ich glaube, die Sicherheitspolitik in Österreich und auch die Institutionen, das Innenministerium, das Verteidigungsministerium, brauchen es nicht, dass wir alle halben Jahre eine Diskussion über die Doktrin haben.

Ein paar Punkte noch: Die Miliz ist ein ganz wichtiger Punkt. Überall hört man, wie wichtig die Miliz ist. Herr Bundesminister, ich frage mich, warum in dieser Sicherheits­doktrin die Miliz dann nur im Kapitel Auslandseinsätze vorkommt. Sie schütteln den Kopf, das ist aber so. Vielleicht habe ich es überlesen, dann können Sie dazu Stellung nehmen. Die Miliz wird als wichtig für die internationalen Einsätze, zur Aufbietung der notwendigen Kräfte dargestellt.

Ich glaube aber, dass ein Auftrag im Inland für die Miliz sinnstiftend wäre. Gerade jetzt übt das Jägerbataillon Wien 2, Wiener Milizsoldaten, sehr engagiert, sehr motiviert. Aber die fragen nach dem Auftrag. Welchen Auftrag haben sie im Inland und nicht nur im Ausland? Sie wollen nicht ins Ausland gehen, sie geben einen Teil ihrer Freizeit dafür her, um letztlich mit dem eigenen Leben für die Sicherheit unseres Landes zu bürgen. Man muss ihnen zumindest einen Auftrag geben und sagen: Ja, für diese und jene Aufgaben, etwa für den Objektschutz, den Schutz der kritischen Infrastruktur wird die Miliz herangezogen, auch für den Katastropheneinsatz. Das wäre unbedingt notwendig.

Herr Bundesminister, ich habe das schon einmal gefragt. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Klug.)  Sie haben es schon angekündigt? Ich habe die strukturierte Miliz Ihres Vorgängers als vernünftiges Projekt angesehen. Sie wurde jetzt beim Hochwasser nicht eingesetzt. Das wäre doch ein wichtiger  (Bundesminister Mag. Klug: Wurde nicht angefordert!) – Was heißt nicht angefordert? (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Klug.) – Dann muss man eben genau diese Problematik diskutieren. Sie zahlen jetzt 5 000 € an Leute, die dann nicht eingesetzt werden, weil es irgendwer nicht anfordert.

Genauso beheben Sie das Grundproblem bei den Grundwehrdienern nicht. Man bildet die Wehrpflichtigen sechs Monate aus und setzt sie dann nicht ein, weil man sie nach Hause schickt. Aus meiner Sicht wären das alles Punkte, die zu behandeln sind. Sie haben aber in einer Sicherheitsdoktrin so nichts verloren, denn, wie gesagt, das Wehrsystem ist ja eine weitere Folge.

Wichtig wäre aber ein klares Bekenntnis zu internationalen Einsätzen und auch zur internationalen, zur gemeinsamen Sicherheitspolitik. Ich sehe Kollegen Cap von vor etwa zehn, nein länger, 15 Jahren vor mir und habe seine Worte noch im Ohr, als er ein prononcierter Vertreter des NATO-Beitritts Österreichs gewesen ist. Erst dann, als er Klubobmann geworden ist, musste er dem abschwören.

Ich verstehe diese Widersprüchlichkeit in unserer Sicherheitspolitik nicht. Wir gehen in NATO-Einsätze. Zwar hat die damalige rot-schwarze Bundesregierung 1998 die Neu­tralität mit der Verfassungsänderung de facto aufgehoben, damit Österreich auch an Kampfeinsätzen zur Friedensschaffung teilnehmen kann, aber noch heute findet sich in der Doktrin das Bekenntnis zur Neutralität. Überall wird das hochgehalten. Die NATO ist in Ihren Augen so böse, dass man nicht Mitglied werden möchte und mitreden könnte, aber bei NATO-Einsätzen sind wir schon dabei, wie etwa im Kosovo.


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Da könnte man noch mit einigen Widersprüchlichkeiten fortfahren: In eine Sicherheits­doktrin gehört etwa auch eine Meinung Österreichs zur internationalen Atompolitik, nämlich zu den Atomwaffen. Wenn wir schon für eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik die Stimme erheben, dann ist es für mich unmöglich, dass Großbritannien und Frankreich, zwei Mitglieder dieser europäischen Sicher­heits- und Verteidigungsstruktur, noch immer alleine über den Einsatz ihrer Atomwaffen entscheiden. Wir wollen überhaupt, dass Atomwaffen abgelehnt werden. Frankreich und Großbritannien sollen dann nicht darüber entscheiden können, wann, wo und wie sie diese einsetzen.

Das wären alles Dinge, die interessant zu diskutieren gewesen wären. Ich kann das hier nur fragmentarisch anbringen. Leider hat es, nachdem Sie sich anscheinend intern doch zusammengerauft und auf ein gemeinsames Papier geeinigt haben, keine Zeit mehr gegeben, das umfassend zu diskutieren. Deshalb können wir, obwohl wir das von Beginn an eigentlich wollten, nichts zu diesem gemeinsamen Konsens beitragen, zumindest nicht bezüglich dieser Beschlussfassung.

Ich hoffe aber doch, dass Sicherheitspolitik in Zukunft im Konsens und vielleicht auch ein bisschen ehrlicher möglich sein wird, als es in der Vergangenheit gewesen ist.

Herr Bundesminister! Ich habe Ihnen zur Lektüre unsere eigene Sicherheitsdoktrin, unser sicherheitspolitisches Programm, mitgebracht, das von einer Lagebeurteilung bis hin zu einem Vorschlag einer Struktur des Bundesheeres einiges Wissenswertes mit sich bringt. – Bitteschön. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Scheibner überreicht Bundes­minister Mag. Klug das angesprochene Programm.)

13.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minis­ter Mag. Klug zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.30.34

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Gerald Klug: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem heuti­gen Beschluss zur Sicherheitsstrategie gestalten wir die österreichische Sicherheits­politik meines Erachtens für die nächste Dekade, für immerhin rund zehn Jahre, und es liegt uns ein gutes Grundlagenpapier vor. Wir passen die österreichische Sicherheits­politik an die veränderten internationalen Rahmenbedingungen deutlich an. Damit erfüllen wir auch unsere nationalen Voraussetzungen, um die Sicherheitsherausforde­rungen in den nächsten Jahren gemeinsam bewältigen zu können.

Das österreichische Bundesheer bekommt damit vom Hohen Haus einen klaren politi­schen Auftrag für den weiteren Reformweg. Ich darf mich in diesem Zusammenhang zu Beginn bei allen Parteien und bei allen Experten bedanken, die sich konstruktiv in diesen Bearbeitungsprozess eingebracht haben. In den insgesamt sechs Sitzungen des Unterausschusses zum Landesverteidigungsausschuss wurde sehr intensiv bera­ten und diskutiert. Ich selbst durfte in zwei Sitzungen auch meine eigenen Vorstellun­gen mit einbringen. Es ist schon angesprochen worden, und ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich und ausdrücklich bei meinem Amtsvorgänger Norbert Darabos für sein Engagement bei der politischen Debatte bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass dabei viele Vorschläge und Anregungen der Oppositionsparteien unabhängig von der finalen Zustimmung aufgenommen wurden, zeigt meines Erachtens auch deutlich, dass wir einen partnerschaftlichen Weg gehen wollten, um letztlich einen möglichst breiten sicherheitspolitischen Konsens zu erreichen. Wenn wir heute einen über die Regierungsparteien hinausgehenden Beschluss zustande bringen, so freut mich das


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ganz besonders. Ein Mehr-Parteien-Konsens wertet diese Strategie auch politisch auf, und ich sage ausdrücklich dazu, dass mir das auch wichtig war.

Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Zusammenhang möchte ich mich aus­drücklich beim Ausschussvorsitzenden Dr. Fichtenbauer für seine konstruktive Vorsitz­führung, für sein persönliches Engagement und für seine persönliche Handschlagqua­lität bedanken. (Ruf bei der FPÖ: Das ist auch dringend geboten!) Herr Volksanwalt, vielen herzlichen Dank! Das ist eine gute Gelegenheit. Ich habe das zwar schon einmal im Ausschuss angesprochen, aber wenn ich die Möglichkeit habe, von der Regie­rungsbank aus ausdrücklich meine Wertschätzung einem Abgeordneten gegenüber zum Ausdruck zu bringen, dann möchte ich das an dieser Stelle tun. Vielen herzlichen Dank für Ihr Engagement. Es mag pathetisch klingen, aber möge Ihr – unter Anfüh­rungs­zeichen – „Geist“ für das Herz des österreichischen Bundesheeres noch lange in diesem Haus und im Besonderen auch in Ihrer politischen Familie nachwirken. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Unverrückbares Fundament der österreichischen Sicherheitspolitik ist und bleibt die immerwährende Neutralität. Die vorliegende Sicherheitsstrategie garantiert, dass Österreich auch in Zukunft keinem Militärbündnis beitreten wird. (Abg. Scheibner: Wo steht das?) In klarer Abgrenzung zur alten Ver­teid­igungsdoktrin aus dem Jahr 2001 ist ein NATO-Beitritt definitiv ausgeschlossen. Vielleicht haben Teile des BZÖ aus diesem Grund ein Problem damit. Damit wird eine wichtige sicherheitspolitische Kurskorrektur vorgenommen, die auch der Erwartungs­haltung der Österreicherinnen und Österreicher entspricht. Die österreichische Neutra­lität bedeutet im Verständnis der Sicherheitsstrategie kein sicherheitspolitisches Tritt­brett­fahren, sondern ein aktives Engagement für den internationalen Frieden. (Ruf beim BZÖ: Sie sagen der Bevölkerung die Unwahrheit!)

Der neue Charakter unserer Sicherheitspolitik wird als besondere Gestaltungschance gesehen. Da wir als neutrales Land keinem Bündnis verpflichtet sind, können wir glaubwürdiger als internationaler Vermittler auftreten und uns für humanitäre Ziele einsetzen. Die neue Strategie setzt ganz konkrete neutralitätspolitische Akzente, insbe­sondere im Bereich der Konfliktprävention, der Abrüstung und der Konfliktvermittlung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eines ist aber auch klar: Viele der neuen grenz­überschreitend wirkenden Risiken können nur in Kooperation bewältigt werden. Wir werden daher den Weg der Europäisierung und der Zusammenarbeit mit gleichgesinn­ten Partnern, insbesondere mit unseren zentraleuropäischen Nachbarn, intensivieren, um transnationale Sicherheitsprobleme zu bewältigen, etwa im Bereich des Konflikt­managements, der internationalen Katastrophenhilfe, der Terrorismusabwehr und Ähnlichem. (Abg. Scheibner: Wo ist da die Neutralität?)

Auf europäischer Ebene setzt sich die vorliegende Strategie für eine möglichst eigen­ständige Sicherheitspolitik der Europäischen Union ein, dies aber immer unter dem friedenspolitischen Primat der Vereinten Nationen. Im Sinne der europäischen Sicher­heit und Solidarität wird Österreich daher Fähigkeiten erhalten und bereitstellen, um sich am gesamten zivilen und militärischen Aufgabenspektrum der Vereinten Nationen und der EU beteiligen zu können. Dies geschieht jedoch mit spezialisierten, qualitativ hochwertigen Kräften und in arbeitsteiliger Vorgangsweise. (Abg. List: Das ist aber ein Wunschkonzert!)

Die Vorgaben für die zukünftige internationale sicherheitspolitische Ausrichtung sind somit kurz zusammengefasst: Kooperationen ausbauen, Fortsetzung des internatio­nalen Engagements auf hohem Niveau und das Profil schärfen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Um eines klarzustellen: Das österreichische Bundes­heer ist in der neuen Sicherheitsstrategie als unverzichtbares Element der inneren und


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äußeren Sicherheit verankert. Das österreichische Bundesheer ist und bleibt somit ein eigenständiger Faktor im Rahmen der umfassenden Sicherheitsvorsorge. Der politi­sche Auftrag ist klar vorgegeben: National wird das Bundesheer weiterhin Schutz und Hilfe für die österreichische Bevölkerung zur Verfügung stellen und sicherstellen. Inter­national werden wir auch in Zukunft herzeigbare und solidarische Beiträge zum Krisen­management leisten und ein verlässlicher Truppensteller bleiben.

Abgeordneter Klikovits hat ausdrücklich auf die Quantität hingewiesen: eine Gesamt­stärke von 55 000 Soldaten, für die Katastrophenhilfe 12 500 Soldaten, für die Aus­lands­ein­sätze dauerhaft 1 100 Soldaten. Herr Abgeordneter Scheibner! Damit werden wir auch in Zukunft zur Topgruppe unter den Truppenstellern innerhalb der Euro­päi­schen Union zählen. Für Zwecke der Konfliktprävention soll es darüber hinaus einen Pool von 100 Experten geben.

Sehr geehrte Damen und Herren, ausdrücklich möchte ich festhalten, dass Inlands- und Auslandsaufgaben in diesem Dokument sorgfältig ausbalanciert und politisch gleich gewichtet sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin überzeugt davon, dass wir mit der vorliegenden Strategie die Sicherheit Österreichs zum Wohle der Menschen aktiv gestalten können. (Beifall bei der SPÖ.)

Erlauben Sie mir bei dieser Gelegenheit, noch auf den einen oder anderen inhaltlichen Aspekt einzugehen, wobei natürlich auch der nächste Tagesordnungspunkt eine gute Gelegenheit bietet, diese anzusprechen. Herr Abgeordneter List! Seien Sie mir nicht böse, das an dieser Stelle festzuhalten. Wenn Sie noch immer, sogar jetzt zur Stunde, die Situation im Nahen Osten so einschätzen und reflektieren, wie Sie das heute gemacht haben, dann tut es mir leid, Sie haben es nicht verstanden. (Abg. List: Ja, ja, ich habe es nicht kapiert!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Kunasek! Ich möchte auf etwas auf­merk­sam machen, insbesondere, wenn es von einem Abgeordneten kommt, der Vor­sitzender des Landesverteidigungsausschusses ist: Es ist völlig klar, dass ein enga­giertes und tolles Projekt wie der Wehrdienst Neu, das wir gemeinsam auf die Beine gestellt haben, nicht zum so genannten politischen Nulltarif umgesetzt werden kann.

Ich habe daher bei der gemeinsamen Präsentation mit unserer Kollegin Mikl-Leitner deutlich darauf hingewiesen, dass wir im Verteidigungsressort in diesem Zusammen­hang laufend 30 Millionen € aus dem Budget zur Verfügung stellen – ich mache darauf aufmerksam, das sind in zehn Jahren immerhin 300 Millionen € – und darüber hinaus aus dem Finanzministerium eine Anschubfinanzierung von 14 Millionen € zur Verfü­gung gestellt wurde. Es ist somit klar und deutlich neues Geld, das wir für dieses attraktive Modell zur Verfügung stellen möchten.

Es ist angesprochen worden, dass es bei den Assistenzeinsätzen immer um das Gleiche gehe. Herr Kollege Scheibner, Sie wissen das. Es geht im Konkreten darum, dass das österreichische Bundesheer auch angefordert werden muss. (Abg. Scheibner: Aber die fordern doch kein konkretes Bataillon an!)

Da Sie die Miliz angesprochen haben, möchte ich doch noch einmal ausdrücklich auf zwei einschlägige Textpassagen in der Verteidigungsdoktrin und dem Sicherheits­doku­ment aufmerksam machen. Im Bereich der Verteidigungspolitik, Herr Kollege Scheibner, gibt es den Querverweis mit der österreichischen Bundesverfassung als Grundlage, und die Miliz ist klar und deutlich Gegenstand im Artikel 79. Im Bereich der militärischen Landesverteidigung haben wir unter Z 6 eine lageangepasste Aufwuchs­fähigkeit und damit natürlich auch die Miliz als Teilelement ausdrücklich verankert.


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Sehr geehrte Damen und Herren, erlauben Sie mir vielleicht ganz allgemein – ohne dass ich jetzt dieses so wichtige Thema der Verteidigungs- und Sicherheitsstrategie im engeren Sinn mit einem anderen wichtigen Thema überdecken will – einen Satz zu dem einen oder anderen Vorwurf, der hier im Raum steht: Ich lege ausdrücklich Wert auf die Feststellung, dass ich heute in Verbindung mit der Ausschusssitzung in den Morgenstunden allen rechtlichen Erfordernissen entsprechend Rechnung getragen habe, und ich hoffe, Herr Abgeordneter, dass das auch alle anderen gemacht haben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Pilz: Das ist die Unwahrheit! Unver­schämt!)

13.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 3 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.42.32

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Nach diesen salbungsvollen Worten des Herrn Verteidigungsminis­ters, der nicht einmal abwarten konnte, bis alle Fraktionen ihren Beitrag darlegen und ihre Stellungnahme abgeben konnten, darf ich jetzt noch einmal zum Thema Sicher­heitsdoktrin kommen.

Sicherheit ist ja bekanntlich eines der wichtigsten Bedürfnisse der österreichischen Bevölkerung, und zwar sowohl die innere Sicherheit als auch die äußere Sicherheit. Der Bericht des Landesverteidigungsministeriums über die österreichische Sicherheits­strategie besteht aus vielen schönen Worten. Das wurde hier schon angesprochen, und der Herr Minister hat es jetzt vielleicht in noch schönere Worte gepackt.

Das ist alles in allem ein No-Na-Bericht, dem man durchwegs auch zustimmen kann. Wir werden ihn auch zur Kenntnis nehmen, Herr Minister. Aber ich muss schon an­deuten, dass noch einige Verbesserungen machbar wären. Es geht in die richtige Richtung, aber es ist einiges sehr unkonkret angeführt.

Wichtig wären aber auch klare Worte des Landesverteidigungsministeriums, Herr Minister – und zwar von Ihnen –, in welche Richtung das ganze Heer gehen soll. Es wird immer nur schemenhaft angeschnitten, und es werden Absichtserklärungen dargelegt. Was mir aber wirklich fehlt, ist eine Grundsatzentscheidung, wohin sich das österreichische Heer entwickelt. Wo liegen die Bedürfnisse? Was sind die Anforderun­gen an das Heer? – Das fehlt mir schon.

Dazu möchte ich vielleicht noch anmerken, dass es dann natürlich auch notwendig ist, die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Wenn man nämlich einmal weiß, in welche Richtung man will, kann man das Heer entsprechend ausstatten. Aber das kommt von Ihrer Seite nie, Herr Minister, und deswegen haben wir ein zusam­mengewürfeltes Heer mit größtenteils alten abgewrackten Gerätschaften, die eine Menge Geld verschlingen. Es gibt ein paar Teilbereiche, in denen es funktioniert, und alles andere ist so no na. Es ist einfach ein Problem, dass wir nicht genau wissen, ob wir jetzt eine Kampftruppe für Auslandseinsätze, eine Katastrophentruppe, die in Rich­tung des Deutschen Technischen Hilfswerks geht, oder sonst etwas wollen, Herr Minister. Das ist etwas, das mir schon fehlt. (Beifall beim Team Stronach.)

Um ein Bundesheer ordentlich auszurüsten, braucht man auch das nötige Geld dazu, Herr Minister. Da höre ich von Ihrer Seite nie etwas. Wir haben 0,7 Prozent des BIP fürs Heer – Sie wissen selber, dass das viel zu wenig ist. Das sollte man natürlich aufstocken, aber da kommt nie etwas von Ihnen. Wenn man ein gutes Heer haben will, das gut ausgestattet ist, das gut finanziert ist und in dem die Bundesheersoldaten auch entsprechende, ordentliche Löhne bekommen, dann muss man etwas Geld in die Hand


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nehmen, und dann darf man nicht nur einen Bericht hernehmen und sagen, man möchte das und das machen, denn das wird dann aus finanziellen Gründen nicht möglich sein.

Es gibt also noch viele Aufgaben, die Sie erledigen müssen, Herr Minister. Sie haben leider nur noch über den Sommer Zeit. Ich hoffe, dass Sie einiges tun, und dann werden wir im Herbst weiterreden. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

13.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner, und zwar zu einer zweiten Wortmeldung. Wunschgemäß sind 3 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


13.46.32

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Entschuldigung, lieber Kollege Prähauser, dass sich deine Rede noch ein bisserl verzögern wird, aber die Ausführungen des Herrn Bundesministers zur Neutralität haben mich jetzt doch gezwungen – und dan­kenswerterweise hat mir meine Fraktion noch ein paar Minuten Zeit gegeben –, noch einmal das Wort zu ergreifen.

Herr Bundesminister, das kann jetzt nicht Ihr Ernst gewesen sein, dass Sie sich als Verteidigungsminister der Republik hier herausstellen und anlässlich der Diskussion zur Sicherheitsdoktrin von der immerwährenden Neutralität Österreichs sprechen, die jetzt weiter Bestand hat, womit die NATO-Linie der Vorgängerregierung, die alte Doktrin jetzt umgedreht werde.

Sie kennen wohl die Formulierung in der alten Sicherheitsdoktrin. Da hat es geheißen, dass der Erweiterungsprozess der NATO für unsere Sicherheit von Bedeutung ist. – No na. Die NATO ist das einzige Sicherheitsbündnis, das auch Sicherheitsgarantien geben kann. Wenn Sie von der EU-Sicherheitsarchitektur sprechen, dann wissen Sie ganz genau, dass die ohne NATO nicht funktioniert, weil niemand das doppelt aufstellt und doppelt bezahlt. Also jeder Einsatz von uns – und wir sind ja selbst in NATO-Einsätzen vertreten – ist direkt an die NATO gekoppelt. (Beifall beim BZÖ.)

Deshalb muss man der NATO noch nicht beitreten, aber man soll das jetzt nicht so hinstellen, als wäre das etwas ganz Katastrophales gewesen. In der alten Doktrin ist nur gestanden, dass die Beitrittsoption im Auge behalten wird und ein Beitritt nur nach einer Volksabstimmung stattfinden kann. Das ist ja wohl nichts dramatisch Schlechtes, von dem man jetzt zehn Jahre später sagen muss, man habe die Linie geändert und das sei so wichtig.

Wenn Sie jetzt hier die immerwährende Neutralität herauskramen, dann gehen Sie in Wirklichkeit 20 Jahre zurück. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Experten Ihres Ministeriums Ihnen das so gesagt haben, denn, Herr Bundesminister – und ich hoffe, ich brauche Ihnen das hier nicht zu sagen, aber es sei noch einmal festgehalten –, die immerwährende Neutralität ist ja nicht etwas selbst Gewähltes, das man selbst definieren kann. Sie ist ein sicherheitspolitisches Instrument und hat völkerrechtliche Bedingungen. Ich meine jetzt nicht eine „normale“ Neutralität, denn selbst ein NATO-Staat kann in einem bestimmten Konflikt neutral sein, aber die immerwährende Neutralität heißt, dass man im Frieden Vorleistungspflichten hat.

Eine der wichtigsten Vorleistungspflichten, die das Völkerrecht für den immerwährend Neutralen entwickelt hat, ist die absolute Absenz der Möglichkeit – auch nur der Mög­lichkeit! –, in bewaffnete Konflikte direkt einzugreifen. Das heißt, über ein Peace­keeping, dem beide Konfliktparteien zustimmen, kann man reden. Das wurde so ent­wickelt, dass das zulässig ist. Aber ein Einsatz gegen den Willen einer der Streit­parteien steht absolut im Widerspruch zur immerwährenden Neutralität.


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Jetzt brauche ich Ihnen nicht die Österreichische Bundesverfassung vorzulesen. Bei dem, was auch Ihre Partei 1998 in die Österreichische Bundesverfassung geschrieben hat – das ist der Artikel 23j, damals noch in einer anderen Bezifferung –, geht es darum, dass Österreich nicht nur möglicherweise an einer europäischen Verteidigung teilnimmt, sondern dass Österreich mit dem österreichischen Bundesheer an Kampf­einsätzen zur Friedensschaffung teilnehmen kann – zur Friedensschaffung, also auch gegen den Willen einer der Streitparteien!

Ob man das dann macht oder nicht, ist natürlich die Entscheidung Österreichs, aber alleine, dass das in die Österreichische Bundesverfassung hineingeschrieben wurde – und darin gibt mir jeder Kommentar zur Bundesverfassung recht –, ist eine sogenannte materielle Derogation der Neutralitätsbestimmung und des Neutralitätsgesetzes. Das kann man jetzt laut oder leise zugeben und ehrlich nach außen sagen oder nicht, dann hat man das interpretiert: Die Neutralität bedeutet nur mehr keine Bündnismitglied­schaft, keine aktive Teilnahme an Kriegen – no na ned! – und keine dauernde Statio­nierung von Truppen in Österreich. Das ist eigentlich die Definition eines Bündnis­freien, aber wie man sich benennt, ist eine andere Sache

Wenn Sie jedoch heute hier als Verteidigungsminister herausgehen und von einer immerwährenden Neutralität auch als Grundsatz Ihrer Politik sprechen, dann wissen Sie es entweder nicht besser, oder Sie sagen hier, aus welchen Gründen auch immer – ich muss das leider so sagen –, die Unwahrheit, da es ganz einfach nicht der Verfassungslage Österreichs entspricht. Es ist schade, dass Sie gerade so eine Chance vergeben, bei einer grundsätzlichen sicherheitspolitischen Debatte auch ganz deutlich Ihre Perspektiven zu formulieren.

Zum Schluss: Wenn Sie meinen, die Miliz ist wirklich ordentlich herausgestrichen, und dann mit Querverweisen auf die Bundesverfassung und mit der Aufwuchsfähigkeit argumentieren müssen – die ganz etwas anderes ist als die Frage, ob die Miliz hier eingebunden ist –, dann zeigt das eigentlich, dass Sie die Miliz nicht wirklich ernst nehmen und es nicht ehrlich meinen, und auch das ist schade. Aber zum Völkerrecht und zur Österreichischen Bundesverfassung wären vielleicht noch ein paar Infor­mationen aus Ihrem profunden Büro und den Institutionen des österreichischen Bun­desheeres notwendig und sinnvoll. (Beifall beim BZÖ.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prähauser. 4 Minuten. – Bitte.

 


13.51.43

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wohin mit dem Bundesheer? Was ist dessen Auftrag, dessen Aufgabe? – Diese Fragen hat die Politik zu stellen. Aber sie muss der Bevölkerung auch sagen, wofür wir ein Bundesheer haben. Die Bevölkerung sollte wissen, worauf sie zählen kann, wenn es darauf ankommt, wenn sie Schutz braucht.

Ich glaube, dass die Sicherheitsstrategie, die wir gemeinsam erarbeitet haben, dem gerecht wird. Wir in der Politik haben jetzt allerdings die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Heer seinem Auftrag auch nachkommen kann, die Aufträge zu erfüllen, die wir ihm zuordnen – das heißt, wir werden für die nächste Zeit auch die entsprechenden finanziellen Mittel bereitstellen müssen.

Ich weiß, dass wir momentan nicht gerade in Geld schwimmen. Ich weiß, dass wir noch einige Jahre vor uns haben, in denen wir entsprechend zu arbeiten haben. Bis dahin sind Hausaufgaben zu erledigen, ist die Struktur so zu verbessern, dass das Heer der verordneten Größe auch gerecht wird. Letztendlich zielt das Heer aber auch


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darauf ab, ein gesicherter Arbeitsplatz für jene Menschen – Männer und Frauen – zu sein, die den Beruf des Soldaten ergreifen wollen; es soll also Orientierung bieten. Es kann nicht sein, dass wir jemanden überreden, einen Beruf zu ergreifen, und nicht sagen können, was dann ist, wenn diese Person 45 Jahre alt ist. Das wird für uns eine große Aufgabe sein.

Ich möchte auch jenen beiden Fraktionen, die heute nicht mitgehen, dem BZÖ und den Grünen, meinen Dank übermitteln. Die Gesprächskultur in den Ausschüssen, in den Beratungen war hervorragend, die Einwendungen teilweise natürlich entsprechend der jeweiligen Sichtweise, aber der Unterschied zur Doktrin im Jahr 2001 war, dass dies­mal Anregungen der Koalitionsparteien, angereichert durch Beiträge der Opposition, am Ende auch bestehen blieben, obwohl zwei Parteien nicht mitgehen. Über die Sicherheitsdoktrin 2001 haben wir auch eineinhalb Jahre lang diskutiert, gute Vorschlä­ge eingebracht, aber als es letztendlich zu keiner gemeinsamen Zustimmung kam, wurde alles wieder entfernt, was die anderen eingebracht haben. Das hat dieses Mal nicht stattgefunden, sondern die Dinge, die akzeptiert wurden, verbleiben drinnen. Das macht mich auch optimistisch für die Zukunft.

Herr Kollege Scheibner, natürlich hätten wir noch eineinhalb Jahre länger verhandeln können. Wahrscheinlich hätten wir uns auch irgendwo getroffen, wenn man für die Neutralität eine Formulierung gefunden hätte. Aber wir brauchen jetzt eine Strategie. Es hat sich vieles geändert. Für die Zukunft sollten wir uns aber merken, dass wir das Rad nicht immer neu erfinden müssen. Wir können an dem Vorhandenen feilen, etwas verbessern, wegstreichen oder dazuschreiben. (Beifall bei SPÖ und BZÖ.)

Dann haben wir natürlich in Zukunft viel mehr Zeit für inhaltliche Diskussionen, um jene Punkte, die uns wichtig sind, zu ändern, und jenes, was offenbar nicht mehr notwendig ist, zu streichen. Ich glaube, das ist eine Grunderkenntnis aus den letzten Verhand­lungen.

Nun zu den Fraktionen, die zustimmen: Das Team Stronach ist zu meiner angenehmen Überraschung heute dabei, auch wenn es für Sie kein großer Wurf zu sein scheint. Mir ist es aber recht, eine breite Unterstützung zu bekommen. Die Freiheitlichen und Herr Fichtenbauer wurden schon bedankt, aber auch ich danke für die aus meiner Sicht gute Zusammenarbeit. Ich möchte aber auch Ossi Klikovits herzlich für die netten Worte, die er für mich gefunden hat, und für die Arbeit danken.

Was aber für uns viel wichtiger ist, meine Damen und Herren: Halten wir das Ver­sprechen, das wir uns gegenseitig immer wieder geben, die Verteidigung aus dem poli­tischen Hickhack herauszuhalten, dann sind wir auch in der Lage, etwas zu leisten, das wir gemeinsam tragen können! Gemeinsam müssen wir aber dafür sorgen, dass wir uns das auch leisten können. Daher muss man einmal definieren – das haben wir jetzt getan –, was in Zukunft vom Heer zu erwarten ist und was unser Auftrag ist. Dann werden wir evaluieren müssen, ob man in der Lage ist, das mit dem zu tun, was wir an Mitteln zuordnen, oder ob man das ominöse eine Prozent des BIP in Erwägung ziehen muss.

Wir müssen dafür sorgen, dass die Aufträge, die wir erteilen, auch erfüllt werden können. Die Soldatinnen und Soldaten, die im Ausland, im Inland, im Katastrophen­einsatz tätig sind, erledigen ihre Arbeit mit Bravour. Wenn die Stimmen wieder laut werden, die sitzen ja nur dort und tun nichts, sollten wir nicht vergessen, dass wir ver­antwortlich sind, sie zu beschäftigen. Wenn wir keine Mittel für Überstunden, für Milizübungen und solche Dinge freimachen, kann man auch keine Arbeit erwarten. Umgekehrt sind sie aber nicht in der Lage, Scharmützel vom Zaun zu brechen, damit die Wichtigkeit unterstrichen wird. Daher sollten wir da wirklich mit bestem Beispiel vorangehen.


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Ich denke, eine Sicherheitsstrategie mit einer Dreiviertelmehrheit kann sich sehen lassen, ist aber ausbaufähig auf 100 Prozent. Es verbleibt mir, nachdem es meine letzte Rede in diesem Haus ist, eigentlich nur zu sagen: Es lebe das österreichische Bundesheer, es lebe die Republik Österreich! – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, BZÖ und Team Stronach.)

13.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. 3 Minuten. – Bitte.

 


13.56.44

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrter Kollege Stefan Prähauser, auch von meiner Seite alles, alles Gute, vielen herzlichen Dank für die Zusammenarbeit.

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn man eine Sicherheitsstrategie neu andenkt, geht es natürlich um Fragen wie: Wie war denn die Lage bisher? Wie schaut die aktu­elle Situation aus? Was könnte uns in Zukunft erwarten? – Das ist einmal die Grund­analyse, die als Basis dienen soll, um genau so eine Strategie aufzustellen und zu schauen, welche Mittel uns denn sowohl in den Strukturen als auch finanziell zur Verfügung stehen, um dann auch wirklich in Richtung Zukunft arbeiten zu können.

Ich denke, dass dieses vorliegende Basispapier nicht nur ein theoretisch guter Ansatz ist, um sich um die Sicherheit dieses Landes zu bemühen, sich Gedanken zu machen und diese zu dokumentieren, sondern dass es vor allem ein sehr praktikables Grund­lagenwerk ist, um eben genau die Arbeit und die Strukturen der verschiedensten Einrichtungen dieses Landes danach auszurichten.

Die Frage ist so komplex und umfangreich, dass wirklich alle wichtigen Einrichtungen des Landes miteinander verknüpft werden müssen und alle Abteilungen mit integriert werden müssen, damit diese Arbeit auch erfolgreich fortgesetzt werden kann. Die Bedro­hungsszenarien und die damit verbundenen Fragen sind ja im Moment und auch in Zukunft ganz andere als noch vor wenigen Jahren. Es ist auch wichtig zu betonen, dass diese österreichische Sicherheitsstrategie ein umfangreiches Werk darstellt, eben mit Bedacht sowohl auf die innere als auch auf die äußere Sicherheit, aber auch mit Bedacht sowohl auf die zivilen als auch auf die militärischen Sicherheitsaspekte.

Wichtig dafür war in den letzten Tagen und Wochen vor der Abstimmung auch die Entscheidung der Menschen dieses Landes am 20. Jänner, sich für die Wehrpflicht auszusprechen. Herr Bundesminister, sehr geehrte Damen und Herren, ich denke, es ist auch sehr wichtig zu betonen, dass wir – und das ist auch in der Verfassung veran­kert – es uns zur Aufgabe gemacht haben, alle Aufgaben, die vor uns liegen, auch in Sachen Sicherheit und militärischer Verantwortung, in Zukunft selbständig zu lösen und erst dann auf jemand anderen zurückzugreifen. Das heißt aber für uns und das österreichische Bundesheer, dass wir diese Aufgaben in Zukunft auch bewältigen können müssen. Das heißt, die Waffengattungen, die für diese Aufgaben notwendig sind, muss es auch in Zukunft geben. Es darf keinen Abverkauf oder Ausverkauf dieser Waffengattungen geben. Ich denke, da sollten wir uns schon einig sein.

Da sich die Bedrohungsszenarien in der Vergangenheit verändert haben, wissen wir, dass sie sich natürlich auch in Zukunft ändern werden – und ich behaupte, manches vielleicht schneller, als wir uns das vorstellen können, oder vielleicht noch schneller, als das in der Vergangenheit der Fall war.

Diese Sicherheitsstrategie ist im Moment eine gute Grundlage, sie ist am aktuellen Stand. Herr Kollege Hagen, ich würde daher nicht davon sprechen, dass sie veraltet


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ist, aber es ist ganz logisch, dass wir ab dem jetzigen Zeitpunkt wieder weiterarbeiten und sie weiterentwickeln müssen. So etwas wird nicht einmal abgeschlossen, und dann muss man in den nächsten zehn Jahren nichts tun – auch wenn man hier von einer Dekade spricht –, sondern man muss ganz einfach den jetzigen Stand weiter­entwickeln, auf Veränderungen reagieren.

Ich denke, das ist eine gute Grundlage. Wir sollten dem wirklich gemeinsam auf breiter Basis zustimmen und dementsprechend abstimmen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Podgorschek zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.00.20

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Entstehung dieser neuen Sicherheitsstrategie hat sich ja doch einige Monate gezogen. Letzten Endes war sie sehr stark geprägt von der Diskussion der beiden Regie­rungsparteien über die Beibehaltung der Wehrpflicht. Dann, nachdem die Volksabstim­mung ein eindeutiges Votum gebracht hatte, ist wieder eine neue Dynamik hineinge­kom­men. Vor allem der Rücktritt des Bundesministers Darabos hat die Diskussion durchaus in die Gänge gebracht.

Wir finden uns in einigen Punkten durchaus wieder, weil wir eben glauben – und da unterscheiden wir uns natürlich sehr massiv vom BZÖ –, dass die NATO keine Option darstellt. Gerade die jüngsten Ereignisse im Zusammenhang mit der Abhöraffäre und der NSA zeigen ja die Problematik. (Abg. Scheibner: Das hat doch nichts mit der NATO zu tun! Das ist ja genau das Gegenteil!) Na ja, die NATO ist dominiert von den USA! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Lieber Herbert Scheibner, du weißt ganz genau, dass die NATO nichts anderes ist als der verlängerte Arm der Amerikaner – nichts anderes! Was wir da mittlerweile erleben, ist ja wieder, dass letzten Endes die Amerikaner damit nur ihren Einfluss und ihre Macht ausüben. Daher ist für uns die NATO keine Option, wenngleich auch wir gerade bei den außenpolitischen Ableitungen Aspekte sehen, die aus unserer Sicht durchaus zu EU-lastig beziehungsweise EU-hörig sind. Da werden aus unserer Sicht Potem­kinsche Dörfer aufgebaut, weil letzten Endes hinter dieser ganzen EU-Verteidigung auch wiederum nichts anderes steht als die NATO. Wir nehmen das aber so zur Kennt­nis.

Es sind aber dann wiederum positive Aspekte zu sehen, die eingearbeitet wurden, wie eben zum Beispiel das eindeutige Bekenntnis zur Wehrpflicht oder auch zur Neutralität.

Es ist auch bei den Ableitungen ganz klar erkennbar, dass es auch für die Zukunft keine Zusammenlegung von Innen- und Verteidigungsministerium zu einem Art Sicherheitsministerium geben wird, weil so ein zu starkes Ministerium entstehen könnte, das wir als ausgesprochene Gefahr betrachten.

Ich möchte aber auch noch einen Hinweis geben, Herr Bundesminister. Es hat mein vormaliger Kollege Fichtenbauer ja noch einen Antrag über einen Bericht des öster­reichi­schen Bundesheeres gestellt. Sie haben uns ja im Ausschuss dann mitgeteilt, dass wir im August ein Weißbuch über den Zustand des Bundesheeres erhalten werden. Da erwarte ich mir namens meiner Fraktion, dass dieses Weißbuch wirklich den tatsächlichen Zustand des österreichischen Bundesheeres widerspiegelt und keine Broschüre der Beschönigung darstellt. Ich glaube, wir sollten der Wahrheit ins Auge sehen.


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Zum Schluss, Herr Bundesminister, weil Sie meinen Kollegen Fichtenbauer gelobt haben: Ich kann Ihnen eines sagen: Als ehemaliger Milizoffizier bin ich es gewohnt, dass ich auch Handschlagqualität habe und weiß, was das bedeutet. Letzten Endes bin ich auch in der Art und Weise sozialisiert worden, dass ein Offiziersehrenwort gilt. Daher glaube ich auch, dass es wirklich wichtig auch für die Zukunft ist, dass das Bundesheer nicht Spielball der Tagespolitik sein darf; und da sind wir durchaus bereit, zusammenarbeiten.

Für Sie kann ich nur eines sagen: Sie haben jetzt die erste Möglichkeit, Ihre Hand­schlag­qualität unter Beweis zu stellen, nämlich indem Sie die Vorwürfe, die ich heute Vormittag an Ihre Partei gerichtet habe – ich weiß nicht, ob Sie das schon vernommen haben –, lückenlos aufklären, weil wir eben der Meinung sind, dass das Bundesheer nicht Spielball von Parteipolitik sein darf. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Pendl.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Pendl zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.04.25

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Bei einigen Redebeiträgen habe ich schon den Eindruck gehabt, dass hier über vieles, was auf dieser Welt vielleicht interessant ist, diskutiert worden ist, dass sich aber eigentlich kaum jemand wirklich mit der vor­liegenden Sicherheitsstrategie beschäftigt hat.

Da aber bei dieser Diskussion auch die Spitze des neuen Generalstabs anwesend ist und zuhört – ich glaube, es ist für das österreichische Bundesheer sehr wichtig, was wir heute diskutieren –, möchte ich natürlich die Gelegenheit nützen, dem neuen Stellvertreter des Generalstabchefs – dem neuen Generalstabchef habe ich schon gratuliert – zu seiner Bestellung sehr herzlich zu gratulieren. Er ist nämlich vor ein paar Tagen Generalleiter geworden. Gratuliere! Alles Gute! Viel Erfolg im Interesse des österreichischen Bundesheeres! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man sich diese Strategie beziehungs­weise dieses vorliegende Papier ansieht – und der eine oder andere Redner ist ja wirklich darauf eingegangen –, dann kann man nur sagen, es ist der heutigen Zeit angepasst. Es ist eine klare Determinierung für das österreichische Bundesheer, welche Aufgabenstellung es in der Gesamtsicherheitssituation hat. – Das ist eindeutig.

Ich glaube, wir müssen alle miteinander unsere Kraft dafür einsetzen, dass das öster­reichische Bundesheer als Bundesheer, als eigenständige Organisation auch seine Zukunft, seine Berechtigung und vor allem eine klar definierte Aufgabenstellung hat, und das natürlich im Kontext aller anderen Aufgaben – ich will das aus zeitökono­mischen Gründen nicht wiederholen –, ob es Auslandseinsätze, Katastrophenschutz oder Assistenzleistungen sind, das ist ganz egal.

Das österreichische Bundesheer oder, anders gesagt, die Kameradinnen und Kameraden des österreichischen Bundesheeres leisten rund um die Uhr für die Österreicherinnen und Österreicher und darüber hinaus für viele Staatengemein­schaften auf dieser Welt Hervorragendes, und sie verdienen es sich nicht, dass man oft über das Bundesheer so redet, als rede man über irgendwelche Hobbytruppen beim Fußball.

Ich glaube, wir sollten uns ins Gedächtnis rufen: Das Bundesheer ist ein wichtiger Be­stand­teil, seit seiner Gründung. Es hat sich immer fortentwickelt, und jetzt ist es eben notwendig gewesen, für das nächste Dezennium Anpassungen, was die Sicherheits-


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strategie betrifft, vorzunehmen. Aber wichtig ist ein klares Bekenntnis zu unseren Soldatinnen und Soldaten. Sie haben das Recht, dass man ihnen die entsprechenden Rahmenbedingungen gibt, damit sie den schweren Dienst für unsere Bürgerinnen und Bürger und für unsere Heimat auch erbringen können.

Herbert Scheibner, ich schätze dich und höre dir oft gerne zu, aber wenn hier einer nach dem anderen herauskommt und wie der Kollege Pilz dazu aufruft, dass wir eine Politik machen, international, mit allen Staaten und sagt, was wir denn alles sollen, auch in Europa, dann muss ich sagen: Erinnere dich nur einmal zurück an eine einzige Passage! Damals warst du noch in einer Partei mit dem Finanzminister, aber nicht einmal dein eigener Finanzminister hat auf dich gehört und hat das gemacht, was du wolltest. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Jetzt könnten wir uns herstellen und sagen, was die Engländer sollen, was die Fran-zosen sollen, was die Deutschen sollen bis zu den Amerikanern. Seid mir bitte nicht böse! Diese Sicherheitsstrategie ist viel zu wichtig für dieses Land, viel zu wichtig für die Menschen in dieser Heimat. Nehmen wir sie ernst! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Über alles andere können wir diskutieren, was ihr wollt, aber geben wir dieser Sicherheitsstrategie eine Chance!

Ich bedanke mich noch einmal explizit beim Kollegen Fichtenbauer, denn er hat es richtig gesagt beziehungsweise wiederholt: Zeit zu bilateralen Gesprächen! Es haben permanent zahlreiche Gespräche stattgefunden, es haben gute Gespräche stattge­funden; und ich würde sagen, es ist immerhin ein gutes Ergebnis herausgekommen.

Ich lade Sie alle im Interesse Österreichs ein: Stimmen Sie ganz einfach zu! (Beifall bei der SPÖ.)

14.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Kößl zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.08.35

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wenn wir heute die neue Sicherheitsstrategie für Österreich beschließen, dann ist – das ist schon angesprochen worden – eine vor zwei Jahren begonnene Diskussion zu Ende geführt. Ich glaube, dass wir heute ein sehr gutes Konzept am Tisch haben, in dem die Sicherheit für Österreich in den nächsten Jahren gut dokumentiert und dargestellt worden ist.

Ich möchte eines in Richtung der Grünen und des BZÖ sagen: Es ist nicht so, dass nicht auch Überlegungen von diesen beiden Parteien in diese neue Sicherheits­stra­tegie eingeflossen wären; natürlich nicht alles, aber einige Punkte sind mitberück­sichtigt worden. Ich sehe daher nicht ein, warum es heute keinen einstimmigen Be­schluss bei dieser Sicherheitsstrategie geben sollte.

Mit dem vorliegenden Papier wird das Aufgabengebiet des österreichischen Bundes­heeres entsprechend abgesteckt und dargestellt. Ich glaube schon, dass es richtig ist, dass wir die Aufgaben des österreichischen Bundesheeres zuerst einmal definieren und dann herangehen, die Strukturen des österreichischen Bundesheeres so auszu­richten, dass diese Aufgaben mit diesen Herausforderungen vom Bundesheer auch erfüllt werden können.

Diese Sicherheitsstrategie zeigt auch deutlich, dass die innere und äußere Sicherheit, aber auch die zivilen und die militärischen Sicherheitsaspekte sehr eng miteinander ver­knüpft sind. Die Aufgaben einer umfassenden Sicherheitsvorsorge sind heute vielfältiger denn je. Viele Herausforderungen sind ganz neu zu überdenken. Darum war es auch wichtig, diese Sicherheitsstrategie auf die Beine zu stellen.


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Die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit sind heute fließend geworden. Anstelle konventioneller Angriffe auf unser Staatsgebiet treten neue Bedrohungen in Form des internationalen Terrorismus, der Cyber-Kriminalität und regionaler Krisen­herde auf. Auf diese Herausforderungen ist natürlich eine Antwort zu geben.

Wie im positiven Sinn unsere hohe Lebensqualität nur durch das Zusammenwirken vieler Akteure garantiert werden kann, so können auch im Negativen aufgrund zuneh­mender politischer, religiöser, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Vernetzungen Bedro­hungen komplexe und weitreichende Auswirkungen haben. Deshalb ist es erforderlich, dass Polizei und Bundesheer sehr eng miteinander zusammenwirken. Nur so ist es möglich, eine möglichst umfassende Sicherheit für die Bevölkerung zu ge­währen.

Was meiner Überzeugung nach auch ganz wichtig ist – auch das ist heute schon angesprochen worden –, ist, dass es für die Präsenzdiener zukünftig die Möglichkeit gibt, bei der Stellung aus vier verschiedenen Richtungen auszuwählen, in welche Richtung ihre Ausbildung gehen soll. Ich glaube, es ist mit dieser Möglichkeit gewähr­leistet, dass es zukünftig weniger oder keine Leerläufe gibt, dass es tatsächlich einen Mehrwert für jeden einzelnen Präsenzdiener gibt und dass es zukünftig nicht mehr heißt, es ist eine verlorene Zeit, oder diese Zeit war vergeudet.

Ich bin sicher, dass es ein guter Entwurf ist, dem jeder zustimmen kann, und der einen wichtigen Mehrwert für die Sicherheit in Österreich darstellt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Gaßner.)

14.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.13.14

Abgeordnete Mag. Christine Lapp, MA (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Minister! Hohes Haus! Die Österreichische Sicherheitsstrategie hat den Untertitel „Sicherheit in einer neuen Dekade – Sicherheit gestalten“.

Gerade im Umfeld eines Europas, wo viele Länder jahrzehntelang im Raum eines gemeinsamen Friedens an einer dauerhaften gemeinsamen Zukunft für die Bewoh­nerinnen und Bewohner Europas arbeiten, ist die enge Verknüpfung zwischen der äußeren, der inneren, der zivilen und der militärischen Sicherheit und deren Instrumen­ten unabdingbar.

Nicht das Zusammenwachsen – wie vorhin Kollege Kößl gemeint hat, dass die innere, sprich Exekutive mit der militärischen zusammenwachsen sollte – sollte unser Ziel sein, sondern die genaue Abstimmung der unterschiedlichen Aufgaben und auch deren genaue Erfüllung.

Die integrierte Sicherheit, das heißt, alle Bereiche der gesellschaftlichen Regelpro­zesse, sind einzufügen und haben in dieser Sicherheitsstrategie ihren Niederschlag gefunden. Eine Zusammenarbeit nicht nur im nationalen Bereich, sondern auch euro­päisch, international, in einem arbeitsteiligen Zusammenwirken, auch mit inter­natio­nalen Organisationen ist festgeschrieben und dokumentiert.

Die umfassende Sicherheitsvorsorge, das heißt, alle Bereiche des innerstaatlichen Gefüges, von der Bildungspolitik über die Sozialpolitik bis zur Sicherheitspolitik und zur Landesverteidigung, und das Zusammenspiel im Inneren eines Staates und mit internationalen Organisationen und Institutionen sind unabdingbar.

Der Stellenwert Österreichs ist hier festgeschrieben und gilt auch als Forderung, weiterhin an der Position, die Österreich im internationalen Gefüge hat, engagiert und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 114

aktiv mitzuarbeiten und zu gestalten, um den Stellenwert Österreichs zu verbreitern. Schutz und Sicherheit für die österreichische Bevölkerung ist dabei die große Basis und das große Fundament, eine wichtige Grundlage für die kommende Dekade, um Sicherheit umfassend zu gestalten.

Auf diesem Wege möchte ich mich auch beim Kollegen Stefan Prähauser bedanken, der immer wieder, auch in sehr hitzigen Diskussionen mit den anderen Fraktionen, durch seine Ruhe und Umsicht seinen Beitrag so leisten konnte, dass wir hier ein wichtiges Dokument für die kommende Dekade beschließen können; und auch, was vorhin eingangs erwähnt wurde, dass die Vorschläge der anderen Parteien nicht herausgefallen sind, sondern diese Änderungen im Sinne eines gemeinsamen Prozesses stehen geblieben sind. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon.)

14.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Frau Abgeordnete Schittenhelm zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


14.16.17

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Eingangs möchte ich an die aktuellen Ereignisse erinnern, die wir täglich aus den Medien erfahren, sehen, hören und lesen können:

zum Beispiel die vor Kurzem bekannt gewordenen inakzeptablen Cyber-Attacken; die schrecklichen Bilder aus Syrien: Zerstörungen im Land, Vertreibungen von Frauen, von Familien, Tote, Verwundete, Flüchtlingselend; die Folgen des Arabischen Frühlings: Demonstrationen, seit Tagen gehen Zigtausende Menschen in Kairo wieder auf die Straßen, die Armee in Kairo stellt ein Ultimatum; wir haben nahezu täglich Terror­anschläge auf allen Plätzen auf der Welt, und jetzt kommt noch die brandgefährliche innenpolitische Situation in der Türkei hinzu.

Diese Entwicklungen, meine geschätzten Damen und Herren, führen uns ganz deutlich vor Augen, dass sich die sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen von jenen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewaltig und grundlegend unterscheiden. Nicht mehr der Ost-West-Konflikt oder direkte konventionelle Bedrohungen bestimmen die Sicherheit in Europa und damit auch bei uns in Österreich, sondern neue Risiken, neue Bedrohungsfelder wirken sich auch auf die sicherheitspolitische Situation in Europa und damit auch bei uns in Österreich aus.

Wir sind heute mit neuen und komplexen Herausforderungen konfrontiert, und diese sind im Zeitalter der Globalisierung nur im Verbund, solidarisch und gemeinsam zu bewältigen. Und wir gehören zu diesem Verbund und wir wollen diese Problem­be­reiche auch gemeinsam in Europa lösen.

Konsequenterweise, meine geschätzten Damen und Herren, umfasst die österreichi­sche Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert alle Maßnahmen auf nationaler, europä­ischer und internationaler Ebene, um aktiv an der Gestaltung der Sicherheitspolitik mitwirken zu können, zum Schutze der eigenen Bevölkerung.

Hohes Haus! Uns allen muss klar sein, dass sich aufgrund unserer geographischen, kulturellen und politischen Vernetzung sowie unserer traditionell international aner­kannten aktiven Außen- und Sicherheitspolitik besondere Mitgestaltungsmöglichkeiten ergeben und wir diese auch nützen müssen und sollen. Österreich ist zwar von stabilen demokratischen Staaten umgeben, zugleich liegen wir aber geographisch wesentlich näher an potenziellen Krisenregionen als andere Mitgliedstaaten der EU.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 115

In den siebziger Jahren, in der Zeit des Kalten Krieges, war das Instrument der öster­reichischen Sicherheitspolitik die umfassende Landesverteidigung, die noch immer in unserer Bundesverfassung verankert ist. Heute wird die Sicherheitspolitik auf natio­naler Ebene im Rahmen des Konzepts der Umfassenden Sicherheitsvorsorge, kurz USV genannt, gemacht; und integrales Element der nationalen Umfassenden Sicher­heits­vorsorge ist die österreichische Verteidigungspolitik.

Mit diesem uns vorliegenden Strategiepapier sollte es uns möglich sein – wir wissen natürlich, dass es einer laufenden Evaluierung unterzogen werden muss –, sehr wohl im Sinne einer breiten Sicherheit Österreichs ausgestattet zu sein. Ich nehme hier aus dem Strategiepapier nur einige Punkte heraus.

So ist im Sinne dieser Sicherheitsstrategie eine eigenständige militärische Landes­verteidigung eine unabdingbare Voraussetzung für den Schutz der Souveränität und Integrität. Genauso müssen die Luftraumsouveränität und Luftraumüberwachung sowie Luftraumunterstützung für Inlandsaufgaben gewährleistet sein. Genauso ist der Schutz militärischer Einrichtungen vor Cyber-Bedrohungen entsprechend zu gewährleisten, und das hat im gesamtstaatlichen Cyber-Konzept auch seinen Platz zu finden.

Selbstverständlich muss das Bundesheer, wie in der Vergangenheit auch, zur Bewältigung von Assistenzaufgaben – wir haben das wieder beim Hochwasser-Einsatz gesehen – in den verschiedensten Bereichen auch tatsächlich in der Lage sein. Und wie in der Vergangenheit auch, meine geschätzten Damen und Herren, wird und muss das Bundesheer in bewährter Form seinen Beitrag zu Auslandseinsätzen leisten. Kurz gesagt, diese Sicherheitsstrategie kann als konsequente Weiterentwicklung der im Dezember 2001 beschlossenen Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin bezeichnet werden. Letztendlich, geschätzte Damen und Herren, werden wir an der Umsetzung dieser Sicherheitsstrategie gemessen werden, und die werden wir meistern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.20

14.20.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungs­ausschusses, den vorliegenden Bericht III-218 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2524 der Bei­lagen angeschlossene Entschließung betreffend eine neue Österreichische Sicher­heits­strategie.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen. (E 313.)

14.21.47 6. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (2200 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdiszipli­nargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitions­lagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 sowie das Truppen­aufenthaltsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungs-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 116

ge­setz – Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport – VwGAnpG-BMLVS) (2523 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Lueger. 3 Minuten freiwillige Redezeit­beschränkung. – Bitte. (Abg. Neugebauer – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Lueger –: Zu einer tatsächlichen Berichtigung? – Nein!)

 


14.22.19

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 erfordert in der gesamten österreichischen Rechtsordnung sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene eine entsprechende Anpassung und somit auch im Wehrrecht. Das Hauptaugenmerk des im Landesverteidigungsausschuss einstimmig beschlos­senen Entwurfs richtet sich auf die Abschaffung des administrativen Instanzenzugs unter weitgehender Beibehaltung der geregelten Vollzugspraxis insbesondere im Hee­res­disziplinarrecht. Das entspricht vollinhaltlich den Vorgaben der Entschließung vom 15. Mai 2012, mit der die Bundesregierung aufgefordert wurde, eine möglichst weit­gehende Beibehaltung des Kommandantenverfahrens im Heeresdisziplinarrecht sicherzustellen.

In allen übrigen wehrrechtlichen Verfahren wie zum Beispiel bei Stellungsbeschlüssen und bei Einberufungsbefehlen soll durch den grundsätzlichen Ausschluss der auf­schiebenden Wirkung von Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht den militärischen Erfordernissen mit der Anpassung ab 1. Jänner 2014 Rechnung getragen werden.

Die weiteren Änderungen in den Wehrrichtlinien dienen der Behebung erkannter Detailprobleme in der Vollzugspraxis, um dadurch auch ein künftiges Ansteigen der Beschwerdeverfahren zu verhindern. Das geschieht jedoch gleichzeitig auch – das ist mir sehr, sehr wichtig – unter völliger Beibehaltung des individuellen Rechtsschutzes.

Weiters möchte ich noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Prähauser und Klikovits einbringen. Der Antrag wurde meines Wissens verteilt, daher werde ich ihn nur in den Grundzügen erläutern: Es geht einerseits um die standardisierte Kompe­tenz­bilanz und andererseits, als zweiter Punkt, um eine breite Informationstätigkeit durch sogenannte Informationsoffiziere an Schulen, an Bildungseinrichtungen generell.

Ein dritten Punkt: Personen, die sich früher einer Eignungsprüfung unterzogen haben im Rahmen der Stellung konnten das Gewand dazu nur ausborgen, wurden also mit Kleidung ausgestattet, die sie zurückzugeben hatten. Das führt jedoch zu einem sehr hohen Verwaltungsaufwand. Daher hat man sich dafür entschieden, die Kleidung ins Eigentum übergehen zu lassen.

Weiters geht es auch um die Optimierung des Wehrdienstes, indem militärische Sport­einrichtungen auch zur individuellen Freizeitgestaltung der Anspruchsberechtigten zur Verfügung stehen.

Ich meine also, dass dieser Antrag eine sehr sinnvolle und gute Ergänzung ist, und ersuche daher auch um Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

14.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung ob seiner Länge bereits verteilt worden. Er wurde ausreichend erläutert und steht mit in Ver­handlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 117

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Prähauser, Klikovits, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungs-vorlage betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslands­einsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 sowie das Truppen­aufenthaltsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport – VwGAnpG-BMLVS) (2200 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (2523 d.B)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel genannte Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. Im Art. 1 wird nach Z 3 folgende Z 3a eingefügt:

‚3a. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag zu § 42:

„§ 42. Ausbildung und Kompetenzbilanz“‘

2. Im Art. 1 werden nach Z 30 folgende Z 30a und b eingefügt:

‚30a. Die Überschrift zu § 42 lautet:

„Ausbildung und Kompetenzbilanz“

30b. Dem § 42 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Den Soldaten ist anlässlich der Beendigung eines Präsenz- oder Ausbildungs­dienstes ein Nachweis über die im Zuge der militärischen Ausbildung jeweils abgeschlossenen Ausbildungsziele und der damit erworbenen Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten auszustellen (Kompetenzbilanz). Diese Kompetenzbilanz hat die genaue Bezeichnung und das Stundenausmaß des jeweils erreichten Ausbildungs­zieles sowie eine Beschreibung der in diesem Zusammenhang allenfalls erfolgten praktischen Verwendung zu enthalten. Erstreckt sich die Vermittlung eines Ausbil­dungs­zieles auf mehrere derartige Wehrdienstleistungen, so ist die Kompetenzbilanz hinsichtlich dieses Ausbildungszieles am Ende jener Wehrdienstleistung auszustellen, in der das jeweilige Ausbildungsziel erreicht wurde.“‘

3. Art. 1 Z 33 lautet:

‚Im § 54 Abs. 1 entfallen nach dem Wort „Verwaltungsstrafverfahren“ die Worte „in erster Instanz“.‘

4. Im Art. 1 wird nach Z 37 folgende Z 37a eingefügt:

‚37a. Im § 56a erhält der bisherige Text die Absatzbezeichnung „(1)“ und wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Wehrpflichtige und Frauen, die jeweils Wehrdienst geleistet haben, können nach Maßgabe militärischer Interessen mit Informationstätigkeiten betreffend die Grundlagen der umfassenden Landesverteidigung einschließlich der Aufgaben des Bundesheeres sowie der für die Erfüllung dieser Aufgaben in Betracht kommenden Wehrdienst­leistungen und militärischen Ausbildungen betraut werden.“‘

5. Art. 1 Z 38 lautet:

‚38. Im § 60 werden nach Abs. 2k folgende Abs. 2l und 2m eingefügt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 118

„(2l) Das Inhaltsverzeichnis betreffend den Eintrag zu § 42, die Überschrift zu § 42, § 42 Abs. 3 und § 56a, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2013, treten mit 1. Oktober 2013 in Kraft.

(2m) Das Inhaltsverzeichnis betreffend die Einträge zu den §§ 23a, 28, 29, 55 und 63, § 1 Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1, § 17 Abs. 2, § 18 Abs. 1, § 18b Abs. 1, § 19 Abs. 1, § 21 Abs. 2 und 3, die §§ 23a und 24, jeweils samt Überschrift, § 26 Abs. 1, § 26a Abs. 1 und 2, § 27 Abs. 2, die Überschrift zu § 28, § 28 Abs. 1 und 6, § 32a Abs. 1, § 33 Abs. 4, § 38 Abs. 1, 6 und 7, § 38b Abs. 6, § 39 Abs. 1, 3 und 5, § 40, § 45 Abs. 1, § 47, § 48 Abs. 1, § 54 Abs. 1, die Überschrift zu § 55, § 55 Abs. 1 und 3 bis 7, § 55a Abs. 1 sowie § 66, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2013, treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.“‘

6. Im Art. 2 Z 18 lautet im § 7 Abs. 1 die Z 2:

‚2. gerichtliche Verurteilungen,‘

7. Im Art. 2 Z 23 wird vor der Absatzbezeichnung ‚(1)‘ die Paragrafenbezeichnung ‚§ 11.‘ eingefügt.

8. Im Art. 2 Z 108 (§ 92 Abs. 6e HDG 2002), Art. 5 Z 16 (§ 61 Abs. 1k MBG) und im Art. 7 Z 4 (§ 18 Abs. 6 MunLG 2003) wird die Zitierung ‚BGBl. I Nr. xx/201x‘ jeweils durch die Zitierung ‚BGBl. I Nr. xx/2013‘ sowie wird im Art. 4 Z 6 (§ 6 Abs. 2j AuslEG 2001) und im Art. 6 Z 8 (§ 7 Abs. 6 SperrGG 2002) wird die Zitierung ‚BGBl. I Nr. xx‘ jeweils durch die Zitierung ‚BGBl. I Nr. xx/2013‘ ersetzt.

9. Im Art. 3 wird nach Z 7 folgende Z 7a eingefügt:

‚7a. Dem § 12 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Personen, die sich einer verwaltungsbehördlichen Prüfung ihrer Eignung zum Wehrdienst unterziehen, haben nach Maßgabe militärischer Interessen Anspruch auf unentgeltliche Ausstattung mit den für diese Prüfung erforderlichen Gegenständen zur Bekleidung und für ihren sonstigen persönlichen Bedarf. Diese Gegenstände gehen nach Abschluss der Prüfung in deren Eigentum über.“‘

10. Im Art. 3 Z 9 wird im § 16 Abs. 1 HGG 2001 nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

‚Dies kann auch die unentgeltliche Beistellung von Einrichtungen zur Sportausübung, zur Nutzung von Informationstechnologie und für andere Freizeitaktivitäten im militä­rischen Interesse umfassen.‘

11. Im Art. 3 Z 19 werden im § 50 HGG 2001 nach dem Wort „Sicherheitsbehörde“ die Worte „erster Instanz“ eingefügt.

12. Art. 3 Z 22 lautet:

‚22. Im § 60 werden nach Abs. 2m folgende Abs. 2n bis 2p eingefügt:

„(2n) § 25 Abs. 2 und 3, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, sind mit 31. Dezember 2009 in Kraft getreten.

(2o) Das Inhaltsverzeichnis betreffend den Eintrag zu § 16, § 12 Abs. 5 und § 16 samt Überschrift, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2013, treten mit 1. Oktober 2013 in Kraft.

(2p) Das Inhaltsverzeichnis betreffend die Einträge zum 1. Abschnitt des 7. Hauptstückes sowie zu den §§ 45 bis 49a und zu § 51, § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 11 Abs. 3, § 15 Abs. 1 und 4, § 18 Abs. 6, § 19 Abs. 5, § 23 Abs. 3, § 24 Abs. 2 bis 4, § 30 Abs. 5, § 32 Abs. 2, § 33 Abs. 2 und 3, § 35 Abs. 3, § 41 Abs. 1, § 43 Abs. 6, § 44 Abs.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 119

2, § 50, die Überschrift zu § 51, § 51 Abs. 1 und 3 bis 5, § 54 Abs. 5, § 61 Abs. 17 sowie § 62, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2013, treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.“‘

13. Art. 5 Z 15 lautet:

‚Im § 58 Abs. 3 entfallen nach dem Wort „obliegt“ die Worte „in erster Instanz“.‘

14. Im Art. 6 Z 6 werden im § 5 Abs. 1 SperrGG 2002 nach dem Wort „Sicherheits­behörde“ die Worte „erster Instanz“ eingefügt.

15. Art. 7 Z 2 entfällt.

16. Im Art. 8 werden die Z 2 und 3 durch folgende Z 2 ersetzt:

‚2. Dem § 18 wird folgender Abs. 4e angefügt:

„(4e) § 10 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2013 tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.“‘

Begründung

Zu Z 1 und 2 (Art. 1 Z 3a, 30a und b [Inhaltsverzeichnis, Überschrift zu § 42 und § 42 Abs. 3 WG 2001]):

Im Zusammenhang mit der Reform des Wehrdienstes soll mit der vorgeschlagenen Ergänzung im Interesse der Präsenz- und Ausbildungsdienst leistenden Soldaten eine standardisierte Kompetenzbilanz detaillierte Angaben über die Bezeichnung und das Stundenausmaß der jeweils erreichten Ausbildungsziele sowie eine Beschreibung der in diesem Zusammenhang erfolgten praktischen Verwendungen im jeweiligen Präsenz- oder Ausbildungsdienst enthalten. In weiterer Folge soll die Kompetenzbilanz zur Anrechnung von weiterführenden (zivilen) Ausbildungen herangezogen werden kön­nen. Die konkrete Ausgestaltung der Kompetenzbilanz wäre unter Zugrundelegung der festgelegten Ausbildungsinhalte durch die hiefür fachlich zuständige Ressortdienst­stelle näher zu determinieren. Inhaltlich lehnt sich der ggstl. Entwurf an § 41 des Zivil­dienstgesetzes 1986 in der Fassung des derzeit in parlamentarischer Behandlung befindlichen Entwurfes eines Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz 1986, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Freiwilligengesetz und das Familien­lastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (ZDG-Novelle 2013), 2406 BlgNR, XXIV.GP, an.

Zu Z 4 (Art. 1 Z 37a [§ 56a WG 2001]):

Als weitere Maßnahme zur Optimierung des Wehrdienstes soll die in Rede stehende Bestimmung eine gesetzliche Ausgangsbasis für eine möglichst breite Informations­tätigkeit von geeigneten Wehrpflichtigen und Frauen, die Wehrdienst geleistet haben, darstellen (sog. „Informationsoffiziere“). Als mögliche Bedarfsträger sollen nicht nur Schulen im Rahmen der politischen Bildung sondern auch andere Bildungsein­rich­tungen (zB zur Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften) sowie interessierte private und öffentlich-rechtliche Einrichtungen in Frage kommen. Diese militärspezifische Infor­mationstätigkeit tritt neben jene nach Teil 1 Z 10 der Anlage zu § 2 des Bundes­ministeriengesetzes 1986 („Information über den Ressortbereich“).

Zu Z 9 (Art. 3 Z 7a [§ 12 Abs. 5 HGG 2001]):

Personen, die sich einer militärischen Eignungsprüfung unterziehen (zB im Rahmen der Stellung) werden derzeit zum Zwecke der medizinischen Untersuchungen mit geeig­neter Bekleidung ausgestattet. Nach abgeschlossener Eignungsprüfung sind diese Gegenstände derzeit wieder abzugeben und werden in weiterer Folge gereinigt, wodurch ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand entsteht. Im Sinne einer positi-


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ven Imagepflege des österreichischen Bundesheeres aber auch einer effizienten Ver­waltung sollen diese Gegenstände zukünftig in das Eigentum der betreffenden Per­sonen übergehen.

Zu Z 10 (Art. 3 Z 9 [§ 16 Abs. 1 HGG 2001]):

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung soll im Interesse einer Optimierung des Wehr­dienstes ausdrücklich klargestellt werden, dass auch militärische Sporteinrichtungen uä. den Anspruchsberechtigten als Betreuungseinrichtungen zu deren individueller Frei­zeitgestaltung unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden können. Der dringende Bedarf an der in Rede stehenden klarstellenden Norm ergibt sich insbesondere aus den Ergebnissen des Projektes „Optimierung des Wehrdienstes“ und soll auf Grund ihres ohne weitere Begleitmaßnahmen umsetzbaren Charakters schnellstmöglich verwirklicht werden

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.25.44

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich zu Beginn meiner Rede zum von meiner Kollegin vorhin eingebrachten Abänderungsantrag einen Entschließungs­antrag einbringen betreffend Umsetzung der Legislativmaßnahmen im Zusammen­hang mit der Wehrdienstreform; dieser ist ebenfalls jedem zugegangen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen folgenden Entschließungsantrag:

Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird aufgefordert, die im Bericht zur Reform des Wehrdienstes enthaltenen noch offenen Legislativmaßnahmen ehest­möglich zu prüfen und dem Nationalrat entweder eine entsprechende Regierungs­vor­lage zu deren Umsetzung zuzuleiten oder bis spätestens Ende 2014 darüber zu berichten, aus welchen Gründen die Umsetzung der erwähnten Legislativmaßnahmen nicht möglich war.

*****

Geschätzte Damen und Herren, dieser Entschließungsantrag ist deswegen wichtig, damit einmal mehr festgestellt ist, dass die bereits eingeleiteten Reformmaßnahmen zur Wehrpflicht neu auch tatsächlich zur Gänze umgesetzt werden und daher, Herr Bundesminister, sind Sie jetzt gefordert, mit den neuen Verantwortlichen des öster­reichischen Bundesheeres das Versprechen, das wir politisch am 20. Jänner dieses Jahres abgegeben haben, nämlich die Wehrpflicht als ersten Schritt einer größeren Bundesheerreform zu reformieren, einzulösen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir als einem, der immer für die Beibehaltung der Wehrpflicht eingetreten ist, auch feststellen zu dürfen, dass ich froh darüber bin, dass jetzt unser Koalitionspartner wieder die Wende zur Wende ge­schafft hat und jetzt wieder der Wehrpflicht das Wort redet. Wir haben gerade in der jüngsten Vergangenheit gesehen, beim Hochwasser in Österreich, wie wichtig es ist, dass die Maßnahmen, die im Rahmen der Wehrpflicht neu definiert sind, auch ent­sprechend greifen.

Ich erwarte mir jetzt auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist schon sehr, sehr entscheidend für uns, dass auch beim Bundesheer zum Beispiel die Frage


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 121

des Profils F2 nicht mehr an der ursprünglichen Doktrin des Berufsheeres festgemacht wird und dass auch diese Teilstrategie ihre Ausformung nach den neuen Gesichts­punkten der jetzigen politischen Vorgabe durch das Parlament erhält.

Herr Bundesminister! Ich hoffe, dass bei den Bestellungen der neuen Sektionschefs, die Sie gestern vorgenommen haben, nicht – sagen wir so – die politische Motivation im Vordergrund gestanden ist, sondern die fachliche. Was ich wirklich ein bisschen bedauerlich finde, und daher auch meine Skepsis, Herr Bundesminister, ist, dass es sich bei allen Bestellten um Berufsheer-Befürworter reinsten Wassers handelt. Gestat­ten Sie mir daher, dass ich ein bisschen skeptischer bin bezüglich der Umsetzung.

Da ich jedoch grundsätzlich ein optimistischer Mensch bin und schon damals daran geglaubt habe, dass dieses ÖVP-Reformpapier, das wir seinerzeit eingebracht haben, auch umgesetzt werden wird, bin ich auch nach wie vor optimistisch, dass wir im Interesse unserer Jugend, im Interesse des österreichischen Bundesheers und der Sicherheit Österreichs auch dieses gemeinsame Werk schaffen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Oswald Klikovits, Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Umsetzung der Legislativmaßnahmen im Zusammenhang mit der Wehr­dienst­reform eingebracht im Zusammenhang mit den Beratungen der Regierungs­vorlage betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslands­einsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 sowie das Truppen­aufenthaltsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport – VwGAnpG-BMLVS) (2200 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (2523 d.B)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Nach der Volksbefragung vom 20. Jänner 2013, die mit großer Mehrheit für die Bei­behaltung der Wehrpflicht ausgegangen ist, wurde vom Ministerrat eine regierungs­übergreifende Arbeitsgruppe eingesetzt, welche noch vor dem Sommer ein Konzept für eine entsprechende Reform des Wehrdienstes zu erarbeiten hatte.

Der Endbericht dieser Arbeitsgruppe wurde in der Vorwoche öffentlich präsentiert und beinhaltet unter anderem eine Reihe von Maßnahmen, für die entsprechende legistische Schritte erforderlich sind. Ein Teil dieser Maßnahmen kann nunmehr mit dem zur Beschlussfassung anstehenden Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungs­gesetz sofort rechtlich umgesetzt werden, für die sieben weiteren Legislativ­maß­nahmen bedarf es noch intensiverer Vorbereitungen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird aufgefordert, die im Bericht zur Reform des Wehrdienstes enthaltenen noch offenen Legislativmaßnahmen ehest-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 122

möglich zu prüfen und dem Nationalrat entweder eine entsprechende Regierungs­vorlage zu deren Umsetzung zuzuleiten oder bis spätestens Ende 2014 darüber zu berichten, aus welchen Gründen die Umsetzung der erwähnten Legislativmaßnahmen nicht möglich war.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kunasek. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.29.33

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ja, wir werden dieser Regierungsvorlage zustimmen. In aller Kürze: Es sind notwendige Ände­rungen und Anpassungen in diversen Gesetzen, Heeresdisziplinargesetz, Hee­resgebührengesetz und auch Anpassungen der Dienstrechtsnovelle 2011. We­sentlich für uns war – eine Vorrednerin hat dies bereits angesprochen – der grund­sätzliche Erhalt des Kommandantenverfahrens, angepasst an die neue Situation. Somit ist auch weiterhin eine einfache, rasche und effiziente Verfahrensführung mög­lich.

Wir werden beiden Anträgen zustimmen. Ich bin selbst Informationsoffizier und weiß deshalb auch um die Wichtigkeit dieser Personengruppe.

Herr Abgeordneter Klikovits, alles, was sicherstellt, dass wir in Zukunft eine reformierte Wehrpflicht vorfinden, eine Attraktivierung des Wehrdienstes, wird von unserer Fraktion natürlich unterstützt.

Herr Bundesminister Klug, der Ball liegt bei Ihnen; es gibt noch genug zu tun. Ich sage noch einmal, die Frage ist, wie viel Zeit Ihnen noch bleibt. Sie haben jetzt jedoch den Ball. Er liegt am Abstoß. (Beifall bei der FPÖ.)

14.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.30.43

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Das BZÖ wird allen neun Materien im Wehrrecht, die von dieser Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle umfasst sind, zustimmen, weil diese Novelle zudem Klarstellungen bringt und eine weitere Adaptierungen ermöglicht. Beispielsweise wird die Aufnahme von Präsenzdienern in ein Dienstverhältnis als Berufssoldat wesentlich erleichtert.

Bei den wehrgesetzlichen Änderungen haben wir jedoch Bedenken. Das Kommandan­tenverfahren wird neu geregelt. Der Grundwehrdiener hat die Möglichkeit, im Dis­ziplinarverfahren nach dem Einspruch auch Beschwerde beim Bundesverwaltungs­gericht zu erheben. Damit erreicht der Grundwehrdiener jedenfalls aufschiebende Wirkung mit garantiert längerer Verfahrensdauer. Da müssen Maßnahmen ergriffen werden, die das Verfahren möglichst kurz halten.

Geschätzte Damen und Herren! Die Debatte verlangt auch eine Lagebeurteilung zum Zustand des Bundesheeres. Der allgemeine Zustand des österreichischen Bundes­heeres ist nämlich eine Katastrophe.

Herr Bundesminister, das Bundesheer befindet sich auf dem Niveau der achtziger Jahre. In diesen Ruin, und das wissen vor allem die Sozialdemokraten, hat es Ihr gescheiterter Amtsvorgänger Darabos geführt. Mit Duldung und kräftiger Mithilfe der ÖVP wurden laufend Sparpakete geschnürt. Das Bundesheer wurde von dieser


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gescheiterten Bundesregierung kaputtgespart, praktisch ausgehungert. Die Kasernen sind desolat, Gerätschaften und Waffen nicht mehr einsatzbereit. Aufgaben und Leistungen werden reduziert und notwendige Beschaffungen verschoben. In nur sieben Jahren Amtszeit hat Ihr Vorgänger die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres fast abgeschafft.

Herr Bundesminister, inspizieren Sie die Truppe unangemeldet! Machen Sie sich ein Bild vor Ort – und dabei werden Sie feststellen: Die Motivation der Soldaten ist im Keller. Mario Kunasek hat es bereits gesagt: Es gibt zu viele Offiziere im inter­nationalen Vergleich. Der Kader ist teilweise frustriert und überaltert. 60 Prozent des Budgets werden sozusagen durch Personalkosten aufgefressen. Eine Personal­strukturreform ist längst überfällig. Das gültige Dienstrecht blockiert hiebei massiv. Eine Personalstrukturreform, eine uralte BZÖ-Forderung, ist sofort umzusetzen, um die Leistungsbereitschaft des Kaders wieder zu heben.

Weiters fordert das BZÖ zumindest 200 Millionen € jährlich zusätzlich für das Lan­desverteidigungsressort, um die Auftragserfüllung möglichst noch länger sichern zu können. Gleichzeitig muss die Hubschrauberflotte für Katastropheneinsätze ähnlich dem beim letzten Hochwasser aufgerüstet werden.

Der übereilte Abverkauf von Liegenschaften zu jedem Preis muss sofort gestoppt werden. Eine Ressourcenvernichtung passiert gerade beim Fliegerhorst Nittner. Die Infrastruktur dieser Kaserne ist im besten Zustand. Auch die Unterkünfte für Rekruten sind menschenwürdig. Deshalb verlangen wir die Sicherstellung des Dienstbetriebes am Fliegerhorst Nittner in der bisherigen Form, bis ein späterer Käufer die militärischen Einrichtungen selbst benötigt.

Herr Bundesminister! Wir empfehlen Ihnen, einen Lokalaugenschein vorzunehmen und sich diese Liegenschaft anzusehen. Dann werden Sie garantiert zum Entschluss kommen, dass diese Kaserne weiter optimal genützt werden muss.

Geschätzte Damen und Herren, abschließend zur rot-schwarzen Reform, die das Bundesheer und die Wehrpflicht attraktiver machen soll. Wir unterstützen diese Reform nur in Ansätzen. Viele Probleme und Defizite beim Bundesheer sind längst bekannt und hätten auch ohne die Volksbefragung beseitigt werden müssen. Mit dieser Volks­befragung hat die gescheiterte Bundesregierung mindestens 9 Millionen € Steuergeld sinnlos verbrannt.

Herr Bundesminister Klug, die nächsten Probleme bei Ihrem Wunschkonzert für Rekru­ten sind bereits vorprogrammiert. Da es die Wahlmöglichkeit gibt, werden sich kaum Wehrpflichtige für das Modul Militärische Spezialisierung entscheiden. Dieses Pro­gramm dient der Ausbildung von Berufssoldaten. Es ist das schwierigste und nicht so attraktiv wie die anderen Module. Damit ist der Kadernachwuchs massiv gefährdet.

Wir vom BZÖ stellen fest: Unsere Forderung an Sie – Sie haben heute schon zum zweiten Mal unser Programm bekommen –: Das Bundesheer der Zukunft braucht vermehrt Berufssoldaten; die Profis im Heer sind sofort verfügbar und einsatzbereit. Dieses Reförmchen bestätigt unser Programm: Die Abschaffung der Wehrpflicht ist ein Sicherheitsgewinn für die umfassende Landesverteidigung. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Neubauer: So ein Blödsinn! – Ruf bei der ÖVP: Sind Sie damit nicht etwas spät dran?) – Es ist so!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 124

14.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 2 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.35.40

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Diese Regierungsvorlage ist die Folge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, welche mit 1. Jänner 2014 in Kraft tritt. Sie enthält Anpassungen an sämtliche rechtlichen Verwaltungsbestimmungen, Adaptierungen, Klarstellungen und legistische Verbesserungen im gesamten Wehrbereich und legistische Begleitmaß­nahmen. Das Team Stronach hat bisher diesen notwendigen Änderungen für die Um­setzung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 auch in anderen Bereichen bereits seine Zustimmung gegeben und wir werden dies auch hier gerne tun. Es handelt sich um eine Verwaltungseinsparung, eine vernünftige Verwaltungseinsparung und dafür sind wir immer zu haben. (Beifall beim Team Stronach. – Bravorufe der Abgeordneten Amon und Mag. Schönegger.)

14.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Mag. Klug zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.36.37

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Gerald Klug: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Nationalrates! Gestatten Sie mir, ganz kurz zu replizieren. Da insbesondere von Kollegin Lueger, aber auch vom Abgeordneten Klikovits die wesentlichen Elemente der Umsetzung der Verwaltungs­gerichtsbarkeits-Novelle dargelegt worden sind, möchte ich mir diesen Teil eher ersparen. Gestatten Sie mir aber, darüber hinaus auf den einen oder anderen Aspekt einzugehen, der jetzt im Zusammenhang mit dem Wehrdienst neu angesprochen worden ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben gemeinsam einen sehr umfassenden Gesamt- und Endbericht in jenem Zeitraum der Öffentlichkeit vorgestellt, den wir uns auch gemeinsam vorgenommen haben. Es war immer klar, und ich habe das seit dem 11. März klar und deutlich signalisiert, Ende Juni des heurigen Jahres wird das Ge­samtpaket vorgestellt. Der Wehrdienst wird neu aufgestellt, und wir erreichen in diesem Zusammenhang jenes Ziel, das ich mir Anfang März auch vorgenommen habe, näm­lich eine klassische Win-win-Situation zu erreichen, weil wir auf der einen Seite jenen 22 000 jungen Burschen, die jedes Jahr zu uns kommen, einen neuen, attraktiven Wehrdienst zur Verfügung stellen, damit sie aus der Zeit, die sie bei uns verbringen, auch für ihr weiteres Leben etwas mitnehmen können. Der zweite Teil dieser Win-win-Situation besteht eindeutig darin, dass es uns damit gelingen wird, die besten Bur­schen als Zeitsoldaten für das österreichische Bundesheer zu gewinnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie die Kernbotschaften des Wehrdienstes neu in diesem Endbericht noch einmal reflektieren, dann haben wir hier wohl ein neues Ausbildungssystem. Herr Abgeordneter List! Es wird zwei verpflichtende Basismodule geben und darauf aufbauend auch Wahlmodule. Wenn Sie so wollen: Trotz Wehrpflicht wird es in Zukunft auch Wahlfreiheit geben, diese aber immer vor dem Hintergrund der konkreten Anforderungen und Bedürfnisse des österreichischen Bundesheeres.

Ja, es gibt in diesem Zusammenhang einen Paradigmenwechsel, der betrifft aber einen anderen Bereich, nämlich jenen, der meines Erachtens im Zusammenhang mit der Volksbefragung am 20. Jänner in der Debatte zu Recht kritisiert worden ist, näm­lich das Verhältnis Funktionserhalter – Soldaten und der Einsatzbereich unserer jungen Burschen. Daher habe ich klar und deutlich signalisiert, dass ich anpeile, den derzeitigen Zustand – 60 Prozent unserer jungen Burschen werden als Systemerhalter eingesetzt und nur 40 Prozent im militärischen Kernbereich – auf Sicht genau umzu­drehen. Darin besteht, wenn Sie so wollen, der Paradigmenwechsel.


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Wir werden die Informationen über das österreichische Bundesheer möglichst früh ansetzen, das heißt, bereits in den Schulen für das österreichische Bundesheer wer­ben. Und nicht zuletzt in meiner zweiten Funktion beziehungsweise in meiner ressort­mäßigen Verantwortlichkeit mache ich ausdrücklich darauf aufmerksam, dass es uns gemeinsam gelungen ist, den Sport im österreichischen Bundesheer zu stärken, breiter aufzustellen.

Das war auch ein Wunsch jener 10 000 Burschen und Rekruten, die an der von mir angeordneten Grundwehrdienerbefragung aktiv teilgenommen haben, und es war mir auch ein Anliegen, das dementsprechend umzusetzen.

Wann immer Sie es auch nicht hören wollen, ich sage es trotzdem noch einmal: Jawohl, im Bereich der Miliz sind wir in einer schwierigen Ausgangslage. Ich glaube, allen Abgeordneten hier in diesem Haus, insbesondere jenen, die sich mit dem österreichischen Bundesheer in den letzten Jahren intensiver auseinandergesetzt haben, ist das bewusst. Daher sage ich auch ganz klar und deutlich: Trotz schwieriger Ausgangslage werden wir gemeinsame Bemühungen unternehmen, um auch im Bereich der Miliz ein deutliches Zeichen zu setzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß, dass jetzt vor dem Sommer natürlich auch der Wahlkampf beginnt. Aber ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, dass es mit dem Wehrdienst neu den beiden Koalitionsparteien deutlich gelungen ist, die Kraft der Koalition unter Beweis zu stellen.  Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen nicht beenden, ohne auf den Hinweis hinsichtlich der von mir jetzt getroffenen weiteren Personalent­scheidungen auch hier um Haus kurz zu reflektieren. Es mag eine ungewöhnliche Vorgangsweise sein, Herr Abgeordneter, aber ich habe bei mir im Haus all jene Kandidaten, die mir von der Begutachtungskommission eindeutig empfohlen wurden, zu einem Hearing eingeladen, weil ich mir von jenen Persönlichkeiten, die im öster­reichischen Bundesheer eine Führungsfunktion und Führungsaufgabe übernehmen wollen, auch einen eigenen Eindruck verschaffen möchte.

Das mag eine ungewöhnliche Vorgangsweise sein. Jawohl, ich gestehe, es ist zeit­intensiv, aber es war mir ein Anliegen, weil ich die Persönlichkeiten alle unmittelbar selbst kennenlernen wollte. Ich habe mich bemüht, seit dem 11. März viele Einzel­gespräche zu führen, alle konnte ich noch nicht führen, alle konnte ich noch nicht kennenlernen. Aber die Hearings boten darüber hinaus, darf ich Ihnen vergewissern, eine hervorragende Gelegenheit, um einen tiefen, weiteren Einblick in das österreichi­sche Bundesheer zu bekommen. Und ich darf an dieser Stelle sagen, dass jene drei Sektionsleiter, die von mir gestern vorgestellt wurden, alle hervorragende Qualitäten haben und im Dienste des österreichischen Bundesheeres eine hervorragende Arbeit leisten werden.  Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Stauber. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.42.50

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Danke, Herr Minister, für die klaren Worte in Richtung Bun­desheer neu. Ich denke, nach jahrelangen Diskussionen werden endlich auch konkrete Schritte gesetzt. Das ist im Sinne des österreichischen Bundesheeres nur zu begrüßen. Danke, Herr Minister, bleiben Sie auf diesem Wege!


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Die heutigen Beschlüsse, die wir bezüglich der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle zu fassen haben, wurden ja schon von den Vorrednern erläutert, sie ist zu unterstützen. Das wichtigste Ziel soll eine Anpassung sämtlicher wehrrechtlicher Verfahrensbestim­mungen an die mit 1. Jänner in Kraft tretende Verwaltungsgerichtsbarkeits-No­velle 2012 verfolgen.

Dies soll unter der Maxime erfolgen, dass es zu einer Qualitätssteigerung der Ver­fahren erster Instanz im gesamten Wehrrecht kommen soll. Dadurch soll auch ein Ansteigen der Anzahl der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vermieden werden, und auch der individuelle Rechtsschutz soll vollständig gewahrt bleiben. Der Hauptgesichtspunkt des debattierten Gesetzes betrifft die Änderungen im Heeres­disziplinargesetz – auch eine ganz wichtige Sache, besonders das Kommandanten­verfahren nach dem Heeresdisziplinargesetz soll aufrechtbleiben. Dies soll in Ent­sprechung der Entschließung des Nationalrates vom 15. Mai 2012 unter weitgehender Beibehaltung des auf Einfachheit und Raschheit geprägten Kommandantenverfahrens gelten.

Weitere wesentliche Adaptierungen betreffen die Straffung von Disziplinarverfahren und die notwendigen Anpassungen. Die weiteren Gesetzesänderungen betreffen auch den erleichterten Zugang von Frauen in die Miliz. Und schließlich werden noch im Militärbefugnisgesetz vereinzelte, aufgrund der praktischen Erfahrungen sowie der neueren technischen Entwicklungen notwendige Adaptierungen vorgenommen.

Last but not least noch ein Herzensanliegen von mir im Sinne des österreichischen Bundesheeres: Bitte, Herr Minister, versuchen Sie in Zukunft auch die Kasernen in unseren Bundesländern aufrechtzuerhalten! Sie sind wichtig für unsere regionale Wirtschaft, aber auch für unsere Soldaten und Soldatinnen vor Ort. – Danke schön und alles Gute! (Beifall bei der SPÖ.)

14.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Mag. Schönegger zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.45.20

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wenn irgendwo in Österreich irgendjemand aufsteht und laut erklärt, eine Verwaltungsreform sei ganz dringend notwendig, so wird er größtmögliche allgemeine Zustimmung erhalten – schon alleine deshalb, weil jeder etwas anderes darunter versteht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Satz stammt nicht von mir, dieser Satz stammt vom österreichischen Verwaltungsjuristen Karl Brockhausen und ist über 100 Jahre alt. Vor allem das Datum dieses Satzes macht sehr deutlich, dass der Ruf nach Verwaltungsreformen mindestens so alt ist wie der Bestand der österreichischen Verwaltung selbst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in der jahrzehntelangen Debatte um eine Verwaltungsreform einen neuen Weg eingeschlagen, nämlich nicht wie früher, in den Jahren zuvor den Weg der großen, unverbindlichen Allgemeinschauplätze ge­wählt, sondern wir haben mit dieser Verwaltungsreform ganz konkrete Reformschritte gemacht.

Wir werden ab 1. Jänner 2014 in Österreich ein zweistufiges System der Verwal­tungs­gerichtsbarkeit haben. Es werden über 120 Behörden und Sonderbehörden durch neun Landesverwaltungsgerichte, ein Bundesverwaltungsgericht und ein Bundes­finanz­gericht ersetzt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln bei diesem


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 127

Punkt, den wir jetzt debattieren, die Anpassung des gesamten österreichischen Wehr­rechts an dieses neue System der Zweistufigkeit.

Die Änderungen sind von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern schon im Wesent­lichen genannt worden. Ich möchte noch auf die Anpassungen hinweisen, wo wir auch auf Besonderheiten des militärischen Dienstbetriebes Augenmerk gelegt haben, nämlich die Nachbildung des sogenannten Kommandantenverfahrens. Da wurde recht­lich auf diese wirkliche militärische Dienstbesonderheit eingegangen. Auch Zugangs­regelungen für Frauen in der Miliz wurden adaptiert und sollten in Zukunft deutliche Erleichterungen bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesen umfassenden Änderungen setzen wir gemeinsam den nächsten Baustein für die von mir schon skizzierte große Ver­waltungsreform. Dass diese auch 88 Tage vor der Nationalratswahl so vonstatten­gehen kann, ist nicht selbstverständlich, und das freut uns sehr. Es ist nämlich im größtmöglichen Konsens, mit allen Oppositionsparteien auch einstimmig zu schaffen. Das ist ein erfreuliches Signal und durchaus ermutigend für den österreichischen Parlamentarismus.

Herr Bundesminister, einen letzten Satz noch von mir: Sie haben Ihre Personal­ent­scheidungen jetzt verteidigt, und das vollkommen zu Recht, es hat kein Mensch etwas gegen objektive Personalauswahl – im Gegenteil: Das ist etwas sehr Wichtiges. Wir sollten aber beizeiten noch einmal über den Begriff objektiv und darüber, ob auch wirklich alle eingeladen wurden, reden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.48

14.48.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2523 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Prähauser, Klikovits, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Prähauser, Klikovits, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 bis 8 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. Das ist ein­stimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen. Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Klikovits, Prähauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Legislativmaßnahmen im Zusammenhang mit der Wehrdienstreform.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 128

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. Das ist mehrheitlich angenommen. (E 314.)

14.50.177. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2360/A der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Psychologengesetz geändert wird (2572 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2398 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Kinderbetreuungs­geld­gesetz geändert werden (2553 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2356/A(E) der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende Untersuchungen durch einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten und verpflichtende zahnärztliche Untersuchung im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (2554 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zu den Punkten 7 bis 9 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.51.34

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht das erste Mal in dieser Legis­laturperiode, dass sich Bundesminister Stöger an eine Novellierung oder Neu­struk­turierung eines Berufsgesetzes wagt, sage ich jetzt einmal.

Die Frage des MAB-Gesetzes war auch etwas, was wir hier nach zahlreichem E-Mail-Verkehr, den viele Abgeordnete, glaube ich, hatten, erfolgreich und zur Zufriedenheit der Berufsgruppen abschließen konnten. Genau dasselbe ist jetzt nach einer sehr turbulenten Begutachtungsphase und einem sehr turbulenten Diskussionsprozess auch mit dem neuen Gesetz für Psychologinnen und Psychologen gelungen.

Viele von Ihnen haben im Zuge der Begutachtung E-Mails bekommen mit der Sorge, dass im Zuge der Neustrukturierung des Berufsrechts in die Berufsfelder der einzelnen Berufsgruppen, die in der Psychologie, im psychologisch-psychiatrischen Bereich tätig sind, eingegriffen werden könnte. Das waren einerseits Psychiaterinnen und Psychi­ater, andererseits aber auch Psychotherapeutinnen, Psychotherapeuten, die Sorge hatten, dass wir mit der Neustrukturierung dieses Gesetzes in ihre Berufsfelder hinein­gekommen sind.

Wir haben den Zeitraum der Begutachtung, wirklich bis zur letzten Sekunde ausge­nützt, um an einer Neustrukturierung, einem Abänderungsantrag zu diesem Gesetz zu arbeiten. Ich danke, da möchte ich auch nicht anstehen, in diesem Sinne auch wirklich den Gesundheitssprechern und auch den administrativen Beamtinnen und Beamten


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aller Klubs hier im Haus dafür, dass sie uns – ich sage einmal so – nachgesehen haben, dass dieser Antrag ganz knapp vor Beginn des Ausschusses eingebracht wurde und von uns erläutert werden konnte. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Man hätte auch anders reagieren können. Ich glaube, dass hier ein herzliches Dankeschön, auch im Sinne der Psychologinnen und Psychologen, von unserer Seite wirklich angebracht ist! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Was bringt dieses Gesetz?  Dieses Gesetz bringt Klarheit für Patientinnen und Patien­ten, etwas, was Sinn und Zweck aller Gesetze sein sollte, nämlich dass man den Patienten, den Konsumenten auch in den Mittelpunkt stellt. Für den Patienten muss klar sein, wenn ein Schild an einer Ordinationstür hängt, was er sich drinnen erwarten kann, was diese Berufsgruppe kann, was diese Berufsgruppe bereit ist, zu leisten.

Das, glaube ich, ist gelungen, es ist eine Festschreibung des Bereiches der Psycho­loginnen und Psychologen im Bereich der klinischen, aber auch im Bereich der Ge­sund­heitspsychologie gelungen. In diesem Sinne: ein guter Anfang, ein gutes Ende, dass dieses Gesetz heute hier nehmen wird. Für eine kommende Legislaturperiode sind wir den PsychotherapeutInnen, glaube ich, im Wort, und es ist auch dringend notwendig, dass wir auch das Gesetz für Psychotherapeutinnen und Psycho­thera­peuten neu adaptieren und es den Gegebenheiten von heute anpassen.

In diesem Sinne: ein gutes Gesetz, das hoffentlich heute hier auch einen guten Abschluss finden wird! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Wöginger und Dr. Grünewald.)

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Rasinger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.54.46

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Bei dem Psychologengesetz handelt es sich um eine Medaille mit zwei Seiten. Wozu brauchen wir das Ganze überhaupt?, könnte jemand fragen. – Es ist ganz einfach: Wir haben in der westlichen Welt einen dramatischen Anstieg an psychischen Krankheiten  dramatisch! Laut WHO werden in den nächsten zehn Jahren die psychischen Krankheiten auf Platz drei sein. In aller Munde ist zum Beispiel Burn-out, wobei ich bei Burn-out betonen muss, in der Vollausprägung ist es eine schwere Depression, die bis hin zu Selbstmordgedanken gehen kann, es ist aber nicht nur beruflich bedingt, sondern meistens beruflich und privat bedingt.

Zweitens: 20 Prozent der Bevölkerung haben irgendwann einmal eine behandlungs­würdige psychische Störung – Angsterkrankungen vor allem, oder eine Depression –; und wenn ich hier 183 Abgeordnete durchzählen würde, haben laut Statistik 6 Prozent eine Depression, also zehn von meinen lieben Kollegen hier sind wahrscheinlich derzeit depressiv. – Ich weiß nicht, wer, hoffentlich keiner. Das ist die Statistik. Das ist die eine Seite der Medaille.

Das heißt, wir haben einen enormen Anstieg, auf der anderen Seite brauchen wir Therapeuten, Ärzte, die das auch behandeln können und vor allem erkennen. Das heißt, wir brauchen Qualität. Natürlich verdient sich ein Gesetz, das vor 25 Jahren ge­macht wurde, irgendwann einmal einen Relaunch. Wenn ich sehe, was derzeit an Privat-Unis gegründet wird, wo Psychotherapie angeboten wird, Psychologie ange­boten wird, dann brauche ich eine staatliche Messlatte, über die ich drüberspringen muss, und die Messlatte heißt schlicht und einfach Qualität.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 130

Ich erzähle Ihnen einen persönlichen Fall, worum geht es eigentlich im Konkreten?  Ich hatte letztes Jahr ein paar Tage vor Weihnachten einen völlig aufgeregten 17-jährigen Automechanikerlehrling bei mir in der Ordination. Ich betone ausdrücklich, ich bin kein Therapeut, ich bin nur praktischer Arzt, aber ich behandle auch Menschen, die glauben, psychisch krank zu sein. Fünf Tage vor Weihnachten, völlig in Panik, mit einer Schlafstörung kommt der Bub zu mir und sagt, er könne sich nicht mehr konzentrieren, er sei wertlos, und er möchte aus dem Job raus; er sei in einem tiefen Loch und denke daran, sich etwas anzutun.

Jetzt versuchen Sie einmal, sogar im gut versorgten Wien, als Hausarzt fünf Tage vor Weihnachten einen Psychiater zu kriegen! Versuchen Sie einmal, in Wien einen Psycho­therapeuten zu finden, der auf Kassenkosten ordiniert und so weiter! Unter 14 Tagen, selbst bei Bemühen, ist da nichts zu erreichen. Also gut, tut der kleine Dr. Rasinger mit seinen bescheidenen kleinen Mitteln etwas. Ich habe ihm etwas zum Schlafen verord­net, etwas zum Entspannen, ein Antidepressivum, habe ihn am nächsten Tag wieder­bestellt, habe ihm sehr viel Zuwendung gegeben, habe versucht, herauszufinden, was die Ursache war.

Die Ursache war relativ simpel: Ein Kollege hat ihn im Job ständig gehänselt, hat gesagt: Du bist unfähig!, und das hat sich so verfestigt, dass er es dann wirklich geglaubt hat und einfach in Panik geraten ist. Langer Rede kurzer Sinn: Nach 14 Ta­gen war der Bub aus der Krise draußen, wir haben auch mit den Eltern und dem Arbeitgeber geredet, und er hat später die Lehrlingsprüfung super bestanden. Das war also eine bescheidene Intervention.

Wenn so eine Intervention nicht erfolgt, wenn der nicht in irgendeine Form der Betreu­ung kommt, kann man sich ausmalen, was da alles entsteht. Schon Professor Strotzka, der große Psychoanalytiker, hat gesagt: Das Wesentliche ist, dass man einen guten Pfarrer hat, einen guten Barkeeper, einen guten Freund, also jemanden, der einem zuhört und sich zuwendet. Und darum hat mich das gestört, im Rahmen des Gesetzes, dass Berufsgruppen, die eigentlich zum Reden berufen sind, nicht reden, sondern sofort mit Demos und mit Mail-Aktionen agieren. Mit mir hat kein Einziger geredet, und ich bin sehr redefreudig, würde ich einmal sagen. (Beifall sowie Rufe bei der ÖVP: Wissen wir!)

Ich glaube, man tut jemandem nichts Gutes, wenn man einen anderen erniedrigt und sagt: Du behandelst nicht, oder deine Behandlung ist weniger wert als die andere. Ich glaube, das sollten wir lassen. Wir waren bei dem Gesetz nur davon getragen, die Qualität zu verbessern, und das ist dringend notwendig. Wie Frau Kollegin Oberhauser schon gesagt hat, glaube ich, müssen wir nach 25 Jahren auch das Psychothe­rapie­gesetz einem Relaunch unterziehen.

Das Ziel ist relativ simpel bei dem Gesetz: Wir wollen, dass in dieser schwierig wer­denden Welt Menschen mit therapeutischer Hilfe vielleicht in dem einen oder anderen Fall besser zurechtkommen. Es ist nicht darum gegangen, irgendjemanden abz­uwerten, sondern immer darum gegangen, die Qualität zu erhöhen.  Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über diese Punkte der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 131

15.00.17Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an den Bundes­minister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend: Gewerkschaft blockiert – Wirtschaft verliert (15326/J)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 15326/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die österreichische Bundesregierung will trotz massiver Proteste zahlreicher Experten - wie etwa der MTD-Austria, Dachverband und überbetriebliche Interessensvertretung von 20.000 Berufsangehörigen - die Registrierung der Gesundheitsberufe bei der Arbeiterkammer durchsetzen und am heutigen Tag im Nationalrat beschließen lassen. Insbesondere die in diesem Bereich tätigen Personen sind zu Recht empört und verunsichert und haben kein Verständnis für diese fachlich nicht gerechtfertigte Maßnahme, die aus rein politischen Gründen umgesetzt werden soll.

Zusätzlich wird die Situation am Arbeitsmarkt immer dramatischer. Im Juni 2013 befan­den sich 314.407 Personen auf Jobsuche, um 30.770 mehr als im Juni des Vorjahres. Besonders betroffen sind die Bauwirtschaft - ein Plus von 15 Prozent auf 16.432 vorgemerkte Arbeitslose - und die Gesundheitsberufe - ein Plus von 14 Prozent auf 6.996 vorgemerkte Arbeitslose (Quelle: Sozialministerium).

Die Situation in der Bauwirtschaft wird sich in den kommenden Wochen und Monaten auf dramatische Weise verschärfen. Die Insolvenz der ALPINE Bau mit aktuell rund 5.000 Beschäftigten ist ein tragischer Höhepunkt. Zahlreiche Bauprojekte stehen still, wodurch ein Dominoeffekt mit Folgekonkursen droht.

Zahlreiche weitere Insolvenzfälle sind in den vergangenen Tagen und Wochen öffentlich bekannt geworden. Allein die Insolvenz der Elektronikhandelskette Nieder­meyer kostete 600 Mitarbeitern ihren Job.

Der Schlecker-Nachfolger - die Drogeriekette Dayli - mit 3.300 Beschäftigten befindet sich aktuell in einer sehr ernsthaften Situation. Es drohen eine Insolvenz und der Verlust von tausenden Arbeitsplätzen. Mit der Chronik darüber, wie der ÖGB die Drogeriekette geknebelt und letztlich ruiniert hat, ist Österreich wohl einzigartig im europäischen Staatengefüge:

November 2012: Haberleitner übernimmt Schlecker, betreibt 900 Filialen unter "Dayli" weiter, kündigt die Schaffung weiterer 800 Arbeitsplätze an.

Dezember 2012: Novomatic steigt mit 50 Prozent bei Dayli ein, Haberleitner kündigt an, 2016 an die Börse gehen zu wollen.

Jänner 2013: Dayli erweitert in zwei Testfilialen sein Angebot mit Lebensmitteln, Haus­haltsgeräten und Bürodienstleistungen. Haberleitner spricht damals noch von 80 Mio. Euro Eigenkapital.

Februar 2013: In einer dieser Testfilialen öffnet Haberleitner auch sonntags, die Gewerkschaft läuft sofort Sturm, GPA-Chef Proyer kündigt eine Anzeige wegen "unlauteren Wettbewerbs" an.

April 2013: Weitere Dayli-Filialen öffnen am Sonntag, die GPA schaltet nun auch das Arbeitsinspektorat ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 132

Anfang Mai 2013: Dayli muss seine Sonntagsöffnung auf Druck der Gewerkschaft und Behörden zurücknehmen, da die Gewerbeordnung diesbezüglich geändert wurde. GPA-djp-Chef Wolfgang Katzian jubelt und sagt: "Es reicht nicht aus, als Drogeriemarkt einen Getränkeautomaten aufzustellen und Leberkässemmeln zu verkaufen."

Ende Mai 2013: Aufgrund der nun geringeren Gewinnaussichten zieht die Novomatic ihren Anteil an Dayli zurück. Trotzdem wollte Haberleitner 52 Mio. Euro bis Ende 2013 in die Filialkette in Österreich investieren.

Ende Mai 2013: Die GPA brüstet sich damit, einen Sozialplan für Dayli erarbeitet zu haben, weil erstmals im Raum steht, dass Dayli als Folge des Verbots der Sonntags­öffnung Mitarbeiterkündigungen in den Raum stellt.

Juni 2013: Haberleitner kündigt einen Rückzug nach Deutschland und die voraus­sichtliche Schließung von 180 Filialen in Österreich mit insgesamt 560 Mitarbeitern an.

Ende Juni 2013: Dayli reduziert die Schließung auf 103 Filialen, 336 Mitarbeiter müssen zum AMS.

1. Juli 2013: Die Insolvenz steht im Raum, damit sind die letzten 3000 Mitarbeiter aktuell bedroht. Und Sozialminister Hundstorfer lässt über die Medien lapidar ausrich­ten: "Wir stehen zur Verfügung."

2. Juli 2013: Die GPA rät den Betroffenen, mit Ihrer Hausbank zu sprechen, um etwaige Stundungen oder Umschuldungen zu erreichen - ein Zynismus der Son­derklasse!

Im Bereich der "Alpine" stellt sich die Chronologie der sozialpartnerschaftlichen Zusam­menarbeit zwischen Dienstgeber und Gewerkschaft und der Auslegung der aktuellen Gesetzeslage wiederum durchaus semi-professionell dar:

24. April: Im vorläufigen Jahresbericht 2012 wird ein Verlust nach Steuern von satten 449,7 Millionen Euro angeführt. Die Bauleistungen sind im Vergleich zu 2011 von 3,62 auf 3,21 Milliarden zurückgegangen, bewegen sich nach Firmenangaben noch innerhalb des Rahmens, den die Finanzierungspartner festgelegt haben sollen.

24. April: Für den neu bestellten "Alpine"-Chef Arnold Schiefer ist der Megaverlust des Vorjahres ein Ergebnis von "Selbstüberschätzung kombiniert mit mangelnder Kon­trolle". Vor allem die Abwicklung von Großprojekten in Osteuropa habe den Konzern in "eine große Schieflage" gebracht. Trotzdem betont Schiefer, dass der Österreich-Teil der Firma eine "sehr gesunde Struktur" hätte.

27. April: Offenbar als letzte Rettung holt sich die "Alpine" gemeinsam mit der "Porr" aus Serbien eine einbehaltene Bankgarantie von 10 Millionen Euro zurück. Nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

4. Juni: Die "Alpine" kann nichts mehr verzögern und veröffentlicht die Zahlen für das erste Quartal 2013. Darin ist ein Verlust von 53 Millionen Euro enthalten. Die "Haupt­schuld" wurde dem langen Winter gegeben.

19. Juni: Der Ofen ist aus: Die "Alpine" meldet Insolvenz an, der Konzern ist mit 1,9 Milliarden Euro überschuldet. 4.900 Arbeitsplätze in Österreich sind in Gefahr, hinzu kommen noch 7.500 indirekt gefährdete Arbeitsplätze bei den Zulieferern. Die liquiden Mittel der Firma betragen nur noch 5,7 Mio. Euro. Die Politik zeigt sich entsetzt, man beginnt, an Auffanggesellschaften zu basteln.

20. Juni: Nach dem Insolvenzantrag kündigt die GBH (Gewerkschaft Bau-Holz) in Person des Vorsitzenden Josef Muchitsch (S) "Maßnahmen zur Weiterbeschäftigung" an. Bei 36 bundesweiten Versammlungen sollen die Mitarbeiter über die Vorgangs­weise der Gewerkschaft informiert werden.


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24. Juni: Die Suche nach Auffanggesellschaften ist gescheitert, allerdings gibt es in den Ländern zahllose Firmen, die laufende Baustellen haben und es besteht die Hoffnung dass hier Mitarbeiter übernommen werden können.

25 Juni: Muchitsch bejubelt das Konjunkturpaket der Regierung und zeigt sich zuversichtlich, dass viele der Ex-Alpine-Baustellen ab 15. Juli weiterbestehen können. Faymann und Muchitsch pilgern zu den Alpine-Betriebsversammlungen und "werben" für das in diesem aktuellen Fall völlig sinnlose Konjunkturpaket. Ein Irrtum, wie sich bereits kurz später zeigt.

28. Juni: Muchitsch verkündigt, das die ÖBB 70 Alpine-Lehrlinge übernehmen würden, für die verbleibenden 72 Lehrlinge ruft er die aktuell bereits sehr angeschlagene Bauwirtschaft zur Übernahme auf.

1. Juli: Die Stadt Wien gibt bekannt, dass die Großbaustelle an der Gürtelbrücke stillgelegt und zurückgebaut werden muss. Der Grund: Laut EU-Recht - was Muchitsch als hochrangiger Gewerkschafsfunktionär nicht wusste - müssen Baustellen nach einem Konkurs eines einzigen Bauträgers zwingend neu ausgeschrieben werden. Und das dauert möglicherweise bis zu einem Jahr.

Nicht zuletzt aufgrund dieser täglichen Horror-Meldungen über Politik und heimischen Arbeitsmarkt und der wechselseitigen Einflussnahme der Sozialpartner sorgen sich die Beschäftigten in Österreich um ihren Job.

Das von der österreichischen Bundesregierung nach dem ALPINE-Aus angekündigte Konjunkturpaket kommt viel zu spät und ist eine reine Alibi-Maßnahme. Es ist zu spät, die Feuerwehr zu rufen, wenn das Haus bereits abgebrannt ist. Die Regierung wäre gefordert gewesen, rechtzeitig Maßnahmen zu setzen, um solche dramatischen Pleitefälle vorbeugend zu vermeiden. Dies wurde nicht getan. Daher sind auch Ankün­digungen von SPÖ und ÖVP, für Joboffensiven zu sorgen, völlig unglaubwürdig und nichts anderes als Vorwahlgeschenke.

Insbesondere am Beispiel von Dayli kommt hier den Gewerkschaften im Zusam­menspiel mit der Bundesregierung eine sehr zweifelhafte Rolle zu. Anstatt mit der Zeit zu gehen, sich der modernen Arbeitswelt anzupassen und innovative Geschäftsideen zu unterstützen, konzentriert sich der ÖGB darauf, zu blockieren und zu verhindern. Bei den Gewerkschaften steht die Verteidigung des eigenen Systems im Vordergrund, die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer scheinen sekundär. Beispielsweise hätten ohne die existenzbedrohenden Maßnahmen der Gewerkschaft gegen die Sonntagsöffnung bei der Drogeriekette Dayli möglicherweise hunderte Arbeits­plätze gerettet bzw. geschaffen werden können. Die Blockadepolitik der Gewerkschaft in Österreich wirkt wie ein Bremsklotz auf jeden Versuch, kleinen und mittelständischen Unternehmen zu besseren Chancen zu verhelfen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bun­desminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz nachfolgende

Dringliche Anfrage:

1. Wie beurteilen Sie in Ihrer Funktion als "Arbeitsminister" dass trotz massiver Proteste zahlreicher Experten, wie etwa der MTD-Austria, Dachverband und über­betriebliche Interessensvertretung von 20.000 Berufsangehörigen und der Kritik des Verfassungsdienstes in seiner Stellungnahme, die Registrierung der Gesundheits­berufe bei der Arbeiterkammer heute durchgesetzt werden soll?


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2. Wenn Sie der Meinung sind, dass es sich hier um kein Ignorieren der Anliegen von Berufsgruppen, und damit arbeitenden Menschen, handelt, wie begründen Sie diese Meinung?

3. Über die "Alpine" wird laufend berichtet; welche Informationen haben Sie aktuell über die Situation der Zulieferfirmen und wie viele davon haben bereits in das AMS-Frühwarnsystem gemeldet und Mitarbeiter vorgemerkt?

4. Unter Berücksichtigung der Amtshilfe zur Beantwortung dieser Frage, welchen Kenntnisstand haben Sie darüber, welche Überbrückungskredite es hier für Firmen in welcher Höhe und ab welchem Zeitpunkt geben soll, da davon weitere Arbeitsplätze abhängen?

5. In wenigen Tagen läuft der Schutz für die ALPINE-Mitarbeiter aus. Welche Maßnahmen haben Sie für die Mitarbeiter konkret geplant?

6. Viele Baustellen der ALPINE sollen von anderen Baufirmen übernommen werden. Wie ist der momentane Stand der Verhandlungen mit möglichen Nachfolgefirmen?

7. Der ÖGB fordert "Kein ALPINE-Lehrling darf auf der Straße stehen". Wie sieht die aktuelle Situation für die nicht von der ÖBB übernommenen Lehrlinge aus?

8. Das so genannte "Konjunkturpaket" ist nicht in der Lage, ausreichende Wirkung auf die heimische Wirtschaft zu entfalten. Was plant die Regierung außer den bereits genehmigten oder vorgezogenen Projekten, um der voranschreitenden Arbeitslosigkeit gegenzusteuern?

9. Studien zufolge beträgt der Sozialbetrug in Österreich (ohne Steuerhinterziehung) rund eine Milliarde Euro. Was tun Sie, um diesen zu beenden und diese Mittel dem Arbeitsmarkt zuzuführen?

10. Wie stehen Sie zu Mitarbeiterbeteiligungsmodellen, und werden Sie sich dafür einsetzen, dass diese gesetzlich ermöglicht werden können? Wenn nein, warum nicht?

11. Welche Maßnahmen setzen Sie in Ihrer Funktion als Sozialminister und wichtiger Verhandlungspartner in der Republik, um innovative Geschäftsmodelle zu unterstüt­zen, wie z.B. dass ein Buchhändler seinen Kunden auch Kaffee anbieten kann?

12. Werden Sie sich zum Wohle der Menschen, die arbeiten wollen, bei Ihrem Minister­kollegen Mitterlehner für eine Entrümpelung der Gewerbeordnung einsetzen? Wenn nein, warum nicht?

13. Viele Betriebe nötigen aufgrund der unflexiblen und teuren Arbeitszeitenregelungen ihre Mitarbeiter dazu, sich für das Arbeitsmodell "neue Selbständige" zu entscheiden. Was tun Sie dagegen und welche Maßnahmen setzen Sie hier um dieser Entwicklung entgegenzusteuern?

14. Befürworten Sie Transparenz und sind Sie bereit, am Verhandlungswege darauf Einfluss zu nehmen, dass der ÖGB seinen Streikfonds offen legt? Wenn nein, warum nicht?

15. Planen Sie durch Ihre Position als Sozialminister, wichtiger Verhandlungspartner und wichtiges Aufsichtsorgan im Sozialsystem darauf Einfluss zu nehmen, dass der Jahresgewinn des ÖGB 2011 von 10 Millionen Euro den Mitgliedern wieder zurückgezahlt wird, wenn nein warum nicht?

16. Weitere 3.000 Arbeitslose drohen dank der Blockadepolitik des ÖGB im Falle einer Schließung der Dayli-Drogeriekette. Welche Maßnahmen sind hier von Ihrer Seite für diese Mitarbeiter geplant?


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17. Hatten Sie Kenntnis davon, dass die Gewerkschaft hier massiven Druck sowohl auf Mitarbeiter ausgeübt hat als auch bei den Banken vorgesprochen hat, um Kredite nicht weiter zu gewähren oder dass die Gewerkschafter gegen die Geschäftsleitung vorge­gangen sind. Welche Meinung haben sie zu solchen Methoden und wie beurteilen Sie solche Vorkommnisse im Namen der Volkswirtschaft?

18. Innerhalb der Mitglieder der Gewerkschaften gibt es bei den Pensionen und Gehältern eklatante Unterschiede. Einfache Mitglieder bekommen ihre gesetzliche Pension bzw. normalen Bezüge, Gewerkschaftsvorsitzende erhalten Zusatzpensionen und hohe Gewerkschaftsgehälter. Welche Maßnahmen setzen Sie als ehemaliger Gewerkschaftsvorsitzender, um hier Gerechtigkeit zu schaffen und wie sieht diese Gerechtigkeit in Ihren Augen generell aus? (Bitte um Übermittlung eines anschaulichen Rechenmodells wenn zum Verständnis erforderlich)

19. Die Gewerkschaften sind wichtig, wenn sie ihrer Grundidee entsprechen - die Ausbeutung von Arbeitnehmern zu verhindern. Jedoch haben sich die Gewerkschaften zu weit von der Idee dahinter entfernt und zu sehr zum Selbstzweck entwickelt. Welchen Einfluss wollen Sie geltend machen, damit die Gewerkschaften wieder ausschließlich ihrer ureigenen Funktion gerecht wird?

20. Der internationale Wettbewerb wird immer härter. Kreative Geschäftsmodelle sind gefragt, wie werden Sie Ihren Einfluss geltend machen, um das Lippenbekenntnis von Spindelegger "zur Entfesselung der Wirtschaft" in die Tat umzusetzen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegen­heit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Ing. Lugar als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäfts­ordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


15.00.50

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Öllinger: Peinlich für Sie!) Ich finde es auch ziemlich befremdlich, dass Herr Minister Hundstorfer heute lieber im Ausland weilt und einen Begleitservice für den Herrn Bundeskanzler macht (Abg. Öllinger: Er ist entschuldigt!), der ja anscheinend eine Begleitung braucht, um in Deutschland für Arbeitsplätze zu sorgen, denn er wurde eigeladen, um dort über Jugendarbeitslosigkeit und über Rezepte dagegen, die anzubieten wären, zu sprechen. (Zwischenrufe bei Grünen und FPÖ.)

Von daher ist es aus meiner Sicht sehr befremdlich, wenn sich der Arbeitsminister heute nicht bequemt, hier zu sein und lieber beim Herrn Bundeskanzler ist, der sein Händchenhalten sicherlich brauchen wird. Er sollte dem Parlament zu einem Thema Rede und Antwort stehen, das sehr, sehr wichtig ist. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir haben ein Riesenproblem. Wir haben viele Menschen, die potenziell von Arbeits­losigkeit durch die Probleme, die wir alle kennen, bedroht sind: Alpine, dayli, Nieder­meyer und viele andere. Es gibt da Handlungsbedarf in Österreich. Und jetzt schickt uns Herr Hundstorfer nicht den Wirtschaftsminister, dessen Anwesenheit ja diesbe­züglich auch parteiübergreifend sinnvoll wäre, nein, es kommt der Herr Gesundheits­minister. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ihre Arbeit in Ehren, aber es wäre doch interessanter gewesen, wenn jemand von der Wirtschaft beziehungsweise der Arbeitsminister hier Rede und Antwort stehen würde.


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Ich glaube, das Thema ist wichtig genug, dass diese Anwesenheit wertschätzungs­mäßig dem Parlament gegenüber auch angebracht wäre. Man sieht, wie wenig das Parlament wertgeschätzt wird, das sieht man daran, dass eben Herr Hundstorfer heute nicht hier ist. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Haben Sie das selbst geschrieben?)

Jetzt sollten wir uns einmal zum Thema unterhalten, und zwar: Wir stehen im inter­nationalen Wettbewerb mit Ländern wie China, Südkorea, Indien und wie sie alle heißen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Kanada!) – Auch mit Kanada, richtig. – Dabei geht es darum, dass wir uns für diesen Wettbewerb fit machen.

Herr Spindelegger hat gesagt, er will die Wirtschaft entfesseln. – Jetzt frage ich mich, wer die Wirtschaft denn gefesselt hat. Das war doch er selbst. Und wenn er sie jetzt entfesseln will, dann frage ich mich, warum in einem Land, in dem ja angeblich das Parlament und die Regierung die Zügel in der Hand haben, die Gewerkschaft so viel Macht und Einfluss hat, und zwar so viel Einfluss, dass diese Macht und dieser Einfluss sehr destruktiv ausgelebt werden können. Wenn wir uns die Vergangenheit ansehen und jetzt gerade die Ereignisse bei dayli, dann sieht man, wie destruktiv die Gewerkschaft hier vorgeht.

Die Gewerkschaft hat sich ja bei der Pleite der Alpine sofort schützend vor die Arbeitsplätze gestellt und Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um etwas zu tun. Das ist in Ordnung, finde ich auch gut so. Aber was war bei dayli? – Bei dayli war es genau umgekehrt. Da war es ganz genau umgekehrt! Die Gewerkschaft hat letztlich die potenziell 3 000 Arbeitslosen, die wir nach der Pleite zu erwarten haben, zu verantworten.

Herr Katzian, Sie können sich das auf die Fahnen schreiben. Sie können sich auf die Fahnen schreiben, dass jetzt wahrscheinlich 3 000 Arbeitsplätze verloren sind. Und der große Unterschied zur Alpine ist ja: Bei der Alpine werden die Arbeitskräfte höchst­wahrscheinlich wieder von den anderen Firmen kompensiert, denn die Aufträge sind ja da. In der Bauwirtschaft ist es ja immer so – wenn man internationale Vergleiche heranzieht, sieht man das –: Wenn eine Firma pleitegeht, saugen die anderen Firmen diese Arbeitsplätze auf, wenn genug Aufträge da sind. Und das ist in Österreich der Fall.

Es gibt ja auch ein Konjunkturpaket, das aus meiner Sicht etwas zu spät kommt, aber auch das ist dazu angetan, eben genug Aufträge bereitzustellen. Das heißt: Um die Alpine-Mitarbeiter müssen wir uns zwar sorgen, aber viel weniger als um die dayli-Mitarbeiter. Wir wissen, dass es gerade im Einzelhandel Riesenprobleme gibt. Diese 3 000 Arbeitsplätze werden dauerhaft verloren sein, und das haben auch Sie zu verantworten. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Vielleicht können sie bei MAGNA unterkommen?!) Das haben auch Sie von der Gewerkschaft zu verantworten, da Sie – und dafür gibt es ganz viele Beweise – ganz bewusst das Geschäftsmodell von dayli torpediert haben. (Abg. Riepl: Das war kein Geschäftsmodell!)

Das alles ohne Grund, denn das Geschäftsmodell war – und da hat es ein Gutachten gegeben – auf soliden Beinen, aber weil es Ihnen nicht gepasst hat und weil Sie gerade im Bereich Einzelhandel zu wenig Macht und Einfluss haben, wollten Sie hier Ihre Muskel spielen lassen und haben bewiesen, wie sehr Sie in diesem Blockieren und Verhindern verhaftet sind.

Sie sind leider ein Verhinderungsverein geworden, und das finde ich sehr schade. Ich bin ja ein großer Freund der Gewerkschaft. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ, FPÖ und Grünen.) Das ist ja immer falsch dargestellt worden, ich habe nichts gegen die Gewerkschaft. Die Gewerkschaft hat in der Vergangenheit eine sehr, sehr wichtige Funktion gehabt. In der Vergangenheit hat es die bösen Ausbeuter gegeben, die bösen


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Unternehmer, die die Arbeitnehmer ausgebeutet haben und dazwischen – zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – war die Gewerkschaft und hat genau das verhindert oder abgemildert. Das war wichtig. Die Gewerkschaft hat große Verdienste in der Vergan­genheit gehabt, aber dieser Selbsterhaltungsverein, der sie mittlerweile geworden ist, ist das Problem, das ich angreife. (Beifall beim Team Stronach.)

Letztlich ist es Ihre Selbstgefälligkeit, mit der Sie einfach alles vom Tisch wischen und jeden, der Ihnen die Hand reicht, wegstoßen. Nichts anderes haben wir vom Team Stronach gemacht, auch Frank Stronach, wir haben Ihnen ja die Hand gereicht, wir haben Ihnen letztlich die Hand gereicht, um ein Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu ermöglichen, denn genau das ist ja das, was wir brauchen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir brauchen ein Miteinander. Sie wollen Klassenkampf, Sie aber wollen die einen gegen die anderen aufhetzen, aber das führt zu nichts.

Ich habe es auch am Gewerkschaftskongress gesehen, zu dem ich dankenswerter­weise eingeladen wurde. Da habe ich es gesehen: letztlich Klassenkampf von A bis Z. (Abg. Dr. Oberhauser – demonstrativ Beifall spendend –: Ja, Gott sei Dank!)

Was ist denn gut, wenn Sie jetzt applaudieren? Ich sage „Klassenkampf“, Sie applaudieren! Glauben Sie wirklich, dass Klassenkampf in unserer modernen Gesell­schaft noch irgendeinen Platz hat? – Sie leben in den siebziger Jahren, Klassenkampf hat hier nichts verloren. Wir brauchen ein Miteinander. Begreifen Sie das doch bitte! Begreifen Sie von der Gewerkschaft doch bitte, wir brauchen ein Miteinander!

Beim ÖGB-Kongress haben wir gesehen, es gibt kein Miteinander. Diese Videos, die Sie dort gezeigt haben, wo der Mob von der Straße die Unternehmer aus ihren Türmen treibt, da frage ich mich: Ist das noch zeitgemäß? Entschuldigung, ist das noch zeitgemäß? (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Begreifen Sie es doch bitte: Wir brauchen ein Miteinander! Nicht dieses Gegen­einander, das bringt doch nichts! Dieses Video, das Sie gezeigt haben  (Abg. Dr. Oberhauser: Wer ist der „Mob“? Wer ist denn der „Mob“? – Arbeiter ist gleich Mob?! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Nein. – Wenn Sie sich beruhigen, erzähle ich auch jenen, die dieses Video nicht gesehen haben, worum es gegangen ist. Da waren Männer, offensichtlich so wie das Video es gezeigt hat, in ihren Glaspalästen mit Anzug und Krawatte und unten haben sich Menschen zusammengerottet, die auf eine sehr aggressive und kämpferische Art versucht haben, diese Türme zu stürmen. (Abg. Dr. Oberhauser: Das ist nicht wahr! So ein Blödsinn!) Das ist doch bitte ein Bild, das nicht einmal in den siebziger Jahren geprägt worden wäre.

Entschuldigen Sie, wir brauchen das nicht, wir brauchen keinen Klassenkampf. Warum sich die Grünen jetzt so aufregen, verstehe ich überhaupt nicht. Was haben Sie denn von einem Klassenkampf? (Abg. Öllinger: Sie sind ein Klassenkämpfer!) – Wir sind doch eine kleine Insel hier, wir sind doch ein ganz kleines Völkchen auf diesem Planeten. Glauben Sie, wenn wir hier Klassenkampf betreiben, unsere Wirtschaft schwächen und jene, die miteinander leben und arbeiten sollten, gegeneinander aufhetzen, dass wir damit gegen Länder wie China, Indien, Brasilien oder Südkorea bestehen können? (Abg. Mag. Steinhauser: Das ist ein Modell für Sie? China als Modell?)

Sie sagen immer, Frank Stronach, Frank Stronach. – Was ist denn so schlecht daran? Frank hat 40 Jahre lang seine Mitarbeiter beteiligt. (Ironische Heiterkeit der Abg.


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Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Mitarbeiterbeteiligung ist das Modell. (Beifall beim Team Stronach.)

Frank Stronach hatte auch nie ein Problem mit der Gewerkschaft. Er hat nur immer gesagt, er ist die beste Gewerkschaft, die man sich vorstellen kann – und das war auch so. (Abg. Riepl: Frank Stronach! Versprochen, nicht gehalten!) Frank Stronach hat immer dieses Miteinander gelebt. (Abg. Riepl: Das stimmt ja nicht!)

Warum schaffen wir das hier nicht? Es funktioniert ja nicht einmal im Parlament. Es gibt ja auch zwischen den Parteien kein Miteinander. Nicht einmal zwischen den Regierungsparteien gibt es ein Miteinander. Ich glaube, das ist eine Krankheit, die Österreich befallen hat, dieses Gegeneinander. Muss das sein? (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Ich glaube, dass es der Gewerkschaft gut anstehen würde, wenn sie erstens neue Ge­schäftsmodelle akzeptieren würde und wenn sie nicht dauernd mit ihren unqua­lifizier­ten Vorschlägen Arbeitsplätze gefährden würde. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Können Sie das konkretisieren?) Zum Beispiel: den Mindestlohn auf 1 500 € erhöhen.

Verstehen Sie nicht, dass Sie damit ganze Industriezweige in diesem Land aushun­gern?! Sie können doch nicht einfach den Mindestlohn abrupt auf 1 500 € anheben und dann nicht glauben, dass damit nicht Arbeitsplätze abwandern, genau ins Ausland! Ich weiß, dass Ihnen das egal ist. Sie sehen das ja nicht so lokal. Für Sie ist es ja egal, ob das in Österreich passiert. Die Arbeitsplätze sind ihnen egal. Für Sie ist wichtig: Arbeitsplätze auf der ganzen Welt sind genauso schön wie Arbeitsplätze in Österreich. (Abg. Dr. Matznetter: Bangladesch!)

Das ist ja auch der große Unterschied. Sie sehen das mehr global, ich sehe das mehr auf Österreich bezogen. Ich sage, na selbstverständlich müssen wir Firmen unter­stützen, die im Inland investieren. Ihnen ist das egal. (Abg. Dr. Matznetter: Schloss Reifnitz!) Wenn bei Ihnen Firmen im Ausland investieren und dort Arbeits­plätze schaffen: Ein Arbeitsplatz ist ein Arbeitsplatz für einen Gewerkschafter. Das kann ich nachvollziehen. Aber dann sagen Sie das bitte so! Sagen Sie es, damit die Menschen da draußen auch wissen, dass die Gewerkschaft großflächiger denkt. (Abg. Riepl: Was ist ein Mindestlohn in Ihren Augen?)

Aber ich frage mich, wie wir unseren Wohlstand erhalten wollen, wenn Sie so arbeiten. Wie wollen wir Arbeitsplätze in Österreich halten, wenn es Ihnen egal ist, ob sie in Österreich entstehen oder im Ausland? (Abg. Dr. Oberhauser: Was ist die Lösung?) – Nein, die Lösung ist, die Gewerkschaft in die Schranken zu weisen. Das ist die Lösung. (Lebhafte ironische Heiterkeit bei SPÖ und Grünen.) Das ist die Lösung! Genau weil sich die Gewerkschaft als Schattenregierung in diesem Land aufspielt. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich weiß, dass die Gewerkschaft nicht an allem schuld ist. Schauen Sie, ich nehme die Gewerkschaft doch nur als Beispiel. Die Gewerkschaft ist nicht für alles verantwortlich, das ist mir auch bewusst. (Abg. Öllinger: Ah ja?! – Abg. Dr. Oberhauser: Na geh! – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Zweites Beispiel!) Natürlich ist die Gewerkschaft ein großer Verhinderungs- und Blockierverein in diesem Land geworden. Das ist keine Frage, das sehen ja mittlerweile fast alle so. Und es gibt ja auch eine Umfrage, dass 80 Prozent der Österreicher eben nicht mit der Gewerkschaft zufrieden sind. Gibt Ihnen das nicht zu denken? (Zwischenruf des Abg. Katzian.)

Na das ist klar! Der Herr Katzian schüttelt den Kopf. Wenn 80 Prozent der Österreicher nicht finden, dass die Gewerkschaft eine gute Arbeit macht, dann denkt sich der Herr Katzian: Wen kümmert es? Wir machen ohnehin, was wir wollen.


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Aber genau das ist das Problem, das Sie hier hergeführt hat. Genau dieses Problem hat uns heute hier hergeführt und hat letztlich dazu geführt, dass in diesem Land nur blockiert und nur gemauert wird und jede Verbesserung und jede Veränderung sofort im Keim erstickt wird, wie wir bei dayli gesehen haben und wie wir jeden Tag bei den Verhandlungen mit der Lehrergewerkschaft sehen. Das sehen wir doch jeden Tag. Es wird doch nur verhindert, blockiert und gemauert.

Und dann gab es einen ÖGB-Kongress, zu dem ich dankenswerterweise eingeladen wurde; ich bedanke mich noch einmal dafür. Und was wurde dort beschlossen? – Eine Maschinensteuer. Jetzt muss man sich einmal vorstellen: Die haben dort tatsächlich eine Produktivitätsabgabe gefordert, wohl wissend, dass genau das die Wirtschaft in diesem Land nachhaltig ruiniert. Genau das! Wie können wir denn letztlich gegen Länder wie China, Südkorea, Indien, Brasilien oder, wenn wir nach Europa schauen, Polen und viele andere bestehen? Wie können wir bestehen? – Durch Produktivität! Das sagt Ihnen höchstwahrscheinlich etwas: Produktivität. Und wenn Sie genau diese Produktivität besteuern, tun Sie nichts anderes, als der Wirtschaft das Wasser abzugraben. Das wissen Sie auch. (Beifall beim Team Stronach.)

Sie wissen das, Herr Katzian. So, wie Sie sich heute hier gebärden, weiß ich, dass Sie das wissen. Und Sie machen es trotzdem. Sie machen es trotzdem, weil Ihnen das relativ egal ist. Ihnen geht es darum, dass Ihre Mitglieder, die Sie noch haben, Ihnen auf die Schulter klopfen und sagen: Super, wieder etwas gefordert. Aber ob das für die gesamte Wirtschaft gut ist oder nicht, daran denken Sie nicht.

Das wäre noch gar nicht so schlimm, wenn Sie ein privatwirtschaftlicher Verein wären, der nicht diese Macht hat, die Sie in diesem Land haben. Aber die Macht haben Sie. Sie haben eine gewaltige Macht, Sie sind eine Schattenregierung, Sie beeinflussen alles, was hier passiert, jeden Tag, sind aber nicht zu Transparenz bereit. Das sind Sie nicht! Und immer dann, wenn es um Transparenz geht, blocken Sie ab.

Wir haben ja immer wieder gefragt: Was ist mit Ihren überhöhten Pensionen, die Sie von den Mitgliedsbeiträgen bezahlen? (Abg. Dr. Oberhauser: Wer hat überhöhte Pensionen? Woher nehmen Sie das?) Ihre Funktionäre bekommen eine Sonder­pension. Dafür gibt es eigene Rückstellungen, wofür die Mitglieder aufkommen müs­sen. (Abg. Dr. Oberhauser: Das stimmt nicht, Herr Lugar!)

Was ist denn mit den Tausenden Mitarbeitern, von denen viele über 10 000 € brutto verdienen? Ist das überhaupt noch zeitgemäß? (Abg. Dr. Oberhauser: Wer sagt das? Das ist gelogen! Sie lügen! – Abg. Riepl: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben? Das ist ein Unsinn, den Sie verzapfen!)

Oder: Was ist mit dem Streikfonds? – Sie sind uns bis heute die Antwort darauf schul­dig geblieben, was mit den angeblichen Milliardenbeträgen passiert ist, die damals als Streikfonds zur Verfügung gestanden sind. Wo ist das Geld? Wer veranlagt das? – (Abg. Dr. Oberhauser: Was geht das Ihna an?) – Das geht die Mitglieder etwas an! Und ich sehe mich heute hier als Sprachrohr der sprachlosen Mitglieder, die mitan­sehen müssen, wie sie erstens schlecht vertreten werden und zweitens keine Trans­parenz bekommen, wo denn ihr Geld hinfließt. Und das ist der Punkt.

Wir wollen ja  (Abg. Dr. Oberhauser: Woher nehmen Sie  außer aus dem Internet?) – Hören Sie auf! Schauen Sie, wir brauchen Transparenz beim ÖGB. Das ist doch auch zu Ihrem Nutzen.

Was glauben Sie, warum Sie so viele Mitglieder verlieren? Was glauben Sie? Was glauben Sie, warum Ihnen die Mitglieder davonlaufen? Glauben Sie, weil sie so zufrieden mit Ihnen sind? Oder glauben Sie vielleicht, weil sie das Gefühl haben – und dieses Gefühl täuscht nicht –, dass diese Beiträge nicht so verwendet werden, wie sie


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es gerne hätten? Geben Sie diese Transparenz! (Abg. Dr. Oberhauser: ! Wo ist Frank Stronach mit seinem Geld?)

Schauen Sie, wenn Sie immer auf Frank Stronach hinhacken: In keinem Betrieb von Frank Stronach – und es waren immerhin 300 weltweit –, in keinem einzigen Betrieb, in dem es keine Gewerkschaft gegeben hat, waren die Mitarbeiter jemals unzufrieden oder haben nach der Gewerkschaft gerufen. Das hätten sie gekonnt. Er hat das ja niemals verboten. Er hat eine Arbeitsrechtsverfassung gemacht, die die Mitarbeiter so stark ins Unternehmen eingebunden hat mit einer Mitarbeiterbeteiligung, mit vollen Transparenzregeln, mit allem, was ein moderner Betrieb heute machen sollte, dass sie niemals nach der Gewerkschaft gerufen haben. Und genau das ist der Punkt.

Und jetzt sage ich Ihnen etwas: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich sage Ihnen auch: Wenn es die Gewerkschaft nicht schafft, endlich diese Blocka­depolitik aufzugeben, und nicht aufhört, sich in Sachen einzumischen, die sie nichts angehen, wird es schwer werden. Sie soll sich einmal um die Arbeitnehmer kümmern. Da haben Sie gleich viel Potenzial. Ich spreche jetzt gar nicht von der Alpine, sondern zum Beispiel von dayli, da sind 3 000 Mitarbeiter, da können Sie sich gleich einbringen. Da können Sie das gleich wiedergutmachen, was Sie dort verbockt haben.

Sie können vor allem eines tun – darum würde ich Sie wirklich ersuchen –: Sie können sich entschuldigen. Sie können sich bei jenen Mitarbeitern entschuldigen, die dort jetzt durch Ihr Zutun ihre Arbeitsplätze verlieren. Das können Sie jetzt tun. Das wäre auch ehrlich, das würde Ihnen auch gut anstehen, wenn Sie das tun würden: sich entschul­digen. Letztlich haben Sie diese 3 000 Mitarbeiter auf dem Gewissen. Ich weiß, das tut Ihnen nicht so weh, weil die nicht so stark in der Gewerkschaft organisiert sind.

Natürlich ist Ihnen das Baugewerbe, historisch betrachtet, näher. Das ist keine Frage. Aber hier geht es auch um Arbeitsplätze. Es geht hier um viele Frauen, auch um viele alleinerziehende Mütter. Das sind Menschen, die besonders hart von Arbeitslosigkeit betroffen sind. (Beifall beim Team Stronach.)

Da geht es nicht um Bauarbeiter, die heute bei der einen Firma rausgehen und morgen bei der nächsten Firma rein, weil die Aufträge ja da sind. Das Konzept dayli hätte die Wirtschaft zusätzlich durch ein neues Konzept eines Nahversorgers belebt. Das ist jetzt weg. (Abg. Riepl: Chaos-Rezept von Anfang an!) Und das kommt auch nicht wieder. Das heißt, diese Arbeitsplätze sind langfristig verloren. Sie haben das ganz, ganz bewusst in Kauf genommen.

Ich möchte heute noch etwas ansprechen, was aus meiner Sicht auch wichtig ist: Das Problem Gewerkschaft ist ja nicht das Hauptproblem. Ich habe das heute hier nur als Beispiel für dieses Blockieren und Behindern genommen. Wir haben das ja auch schon im Parlament erlebt, als von der ÖVP eine Totalliberalisierung der Hochzeitsfotografie geplant wurde (Abg. Peter Haubner: Was? – So ein Schmarr’n!) und dann von der eigenen Partei und von Mitterlehner, vom Wirtschaftsminister, wieder abgedreht wurde.

Dann ist der Abgeordnete Hörl hier ans Rednerpult getreten und hat gesagt: Wenn man die Hochzeitsfotografen liberalisiert, dann ist das ein „Liberalisierungsexzess“. Genauso hat man es auch wieder abgedreht. Und das ist der Punkt. Und wenn dann ein Spindelegger von Wirtschaftsentfesselung spricht, so frage ich mich, wer sie bitte gefesselt hat, denn wenn er bei einer Miniliberalisierung von einem Liberalisierungs­exzess spricht, dann frage ich mich wirklich, ob er das Wort „Liberalisierung“ ver­standen hat.

Ich glaube nicht, dass die Gewerkschaft dieses Wort verstanden hat, denn letztlich heißt eine liberalisierte Wirtschaft nicht Schrankenlosigkeit (Abg. Öllinger: Die Entfes-


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selung der Hochzeitsfotografen!), heißt nicht Ausbeutung, sondern heißt Miteinander! (Abg. Öllinger: Jeder Österreicher soll ein Hochzeitsfotograf werden!)

Und bei dayli haben 100 Prozent der Mitarbeiter diesem neuartigen Konzept zuge­stimmt – 100 Prozent! Und auch der Betriebsrat hat zugestimmt. Und der Betriebsrat hat sich von der Gewerkschaft distanziert und verabschiedet – nur damit Sie einmal ungefähr ein Gefühl dafür bekommen, was der Betriebsrat bei dayli von Ihnen und Ihrer Vorgehensweise hält.

Deshalb: Denken Sie um! Hören Sie auf mit der Blockadepolitik! Versuchen Sie gemein­sam, hier gute Lösungen zu finden, neue Modelle, flexible Modelle, um die Wirtschaft anzukurbeln, um sie zu „entfesseln“ – Originalton Spindelegger. Ich glaube, das brauchen wir auch. (Abg. Öllinger: Entfesseln Sie sich zunächst einmal!)

Und vor allem, bitte: Wir brauchen ein Miteinander im Parlament zwischen den Par­teien und weniger Hickhack. Ich glaube, das sind wir den Menschen draußen schul­dig. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Öllinger: Das war keine entfesselte Rede!)

15.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Klubobmann Lugar, nur zur Klarstellung – ich bin auch gerne bereit, Ihnen die Rechtsexpertise zukommen zu lassen –: Herr Bundesminister Hundstorfer ist ordnungsgemäß entschuldigt. Und es wurde uns, dem Nationalrat, heute in der Früh – das habe ich auch bekannt gegeben – die offizielle Vertretung Alois Stöger genannt. Daher existiert auch gar keine andere Möglichkeit, als dass Herr Minister Stöger in Vertretung des Sozialministers die Dringliche Anfrage beantwortet.

Das betrifft nicht alle Möglichkeiten und Regeln und Bestimmungen, was die Zitierung von Ministern und Ministerinnen betrifft, aber diese Rechtsfrage ist ganz eindeutig geklärt, und es könnte gar kein anderer Minister in Vertretung des Herrn Ministers Hundstorfer die Fragen hier beantworten. – Dies nur zur Klarstellung, weil Sie das zu Beginn Ihrer Rede releviert haben. (Abg. Öllinger: Das ist ein Anfänger beim Team Stronach! – Abg. Wöginger: Ist da wo eine Geschäftsordnung? Die könnten wir ihm dann überreichen! – Abg. Grosz: Und zwar eine goldene Ausgabe, für die goldene Rede!) – Er bekommt auf alle Fälle die Rechtsexpertise der Parlamentsdirektion.

Damit erteile ich Herrn Bundesminister Stöger zur Beantwortung der Anfrage das Wort. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten sollte. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


15.22.32

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren hier im Saal und vor den Fern­sehschirmen! (Abg. Öllinger: Jetzt schaut keiner mehr zu!) Wir haben heute eine ganz besondere Situation. (Ruf bei der ÖVP: Die höchste Ausschaltquote!) Erstens: Ein Nachbarland Österreichs lädt die österreichische Bundesregierung, geführt vom Herrn Bundeskanzler und vom Arbeits- und Sozialminister, ein, das Best-Practice-Modell, was die Arbeitsmarktförderung und die Verhinderung der Jugendarbeitslosigkeit betrifft, zu referieren. (Abg. Grosz – auf Staatssekretär Dr. Ostermayer weisend –: Und für den Bundeskanzler ist der Staatssekretär unterwegs, oder wie ist das?) Das ist eigentlich eine Auszeichnung für alle Menschen, die in Österreich leben, nämlich dass man Best Practice in Europa darstellt. Und was macht eine Oppositionspartei? – Eine Oppo­sitionspartei macht genau an diesem Tag eine Dringliche Anfrage. Das ist schon auch eine Besonderheit in diesem Haus. Ich möchte das einfach nur feststellen. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 142

Das Zweite: Mich persönlich freut das ja, denn ich kann darstellen, dass ich mit jeder Zelle meines Körpers dafür stehe (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Mit jeder?! – Ui! Wie viele sind denn das?), für diese Arbeitsmarktpolitik, wie sie die österreichische Bundesregierung betreibt, womit sie in den letzten fünf Jahren deutlich gemacht hat, dass der Arbeitsmarkt das wichtigste Feld ist, und durch viele Maßnahmen dazu beigetragen hat, dass in Österreich die Menschen die Sicherheit haben, dass sie Einkommen beziehen können, und dass Arbeitsmarktpolitik im Vordergrund steht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Peter Haubner.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine Tatsache, dass die österreichi­sche Bundesregierung nicht für alle Fälle von Fehlentscheidungen von privatrecht­lichen Unternehmungen verantwortlich gemacht werden kann (Abg. Mag. Stefan: Nicht für alle, aber für die meisten!), aber trotzdem durch Haftungen und Konjunkturpakete für jeden Arbeitsplatz kämpft. Tatsache ist, dass allein in den letzten drei Jahren trotz internationaler Konjunkturflaute zum Beispiel auch im Baubereich 7 000 neue Arbeitsplätze entstanden sind. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und wie viele neue Arbeitslose?) Von 2000 bis 2006 zum Beispiel sind im Baubereich 17 000 Arbeitsplätze verloren gegangen. (Abg. Mag. Stefan: Durch den Staat? Oder ?)

Nicht umsonst ist Österreich ein Vorzeigeland. Das hat die Bundesregierung durch massive Maßnahmen zustande gebracht – ich führe Beispiele dafür an, weil man in 20 Minuten gar nicht alle anführen kann –:

Zum Beispiel hat das BMVIT zwischen 2008 und 2013 700 Millionen € in die Schie­neninfrastruktur, 200 Millionen € in Straßenprojekte investiert. Das BMUKK hat im Bereich von Schulbau – also Investitionen in Schulneubau, Standorterweiterung, Schul­sanierung – zwischen 2008 und 2013 957 Millionen € beigestellt. Das Bundes­ministerium für Landesverteidigung hat in diesen Jahren 507 Millionen € für Bau- und Sanierungsmaßnahmen ausgegeben, heuer allein sind 95 Millionen € budgetiert.

Im Rahmen des Pflegefonds – wo ich sehr stolz bin, dass das gelungen ist, wo wir Arbeitsplätze vor allem für Frauen sichern und diese auch entlasten – sind für die Jahre 2011 bis 2016 über 1 Milliarde € für den Ausbau von Pflegeleistungen zur Verfügung gestellt worden.

Im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik wird seit 2008 jedes Jahr jährlich rund 1 Milliarde € investiert. Heuer sind es 1 Milliarde 175 Millionen €. Das hat die OECD dazu veranlasst, Österreich auch als Best-Practice-Modell, zum Beispiel gestern, zu beschreiben; die Europäische Union hat das ebenfalls gemacht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte das ganz deutlich sagen: Ich möchte auf die Fragen eingehen, die dem Kollegen Hundstorfer gestellt worden sind, und ich möchte auch versuchen, sie zu beantworten.

Die Fragen 1 und 2 betreffen die Registrierung der Gesundheitsberufe.

Diese steht heute auf der Tagesordnung, wir werden daher noch darüber diskutieren können. Es ist ein klares Bekenntnis der österreichischen Bundesregierung – das ist im Regierungsprogramm der XXIV. Gesetzgebungsperiode festgeschrieben –, dass die Registrierung der Gesundheitsberufe durch die überbetriebliche Interessenvertretung wahrzunehmen ist. Wer ist die überbetriebliche Interessenvertretung? – Die gesetz­liche überbetriebliche Interessenvertretung ist die Arbeiterkammer. Und die Bundes­arbeitskammer wurde aus diesem Grunde auch ausgewählt. Warum? – Weil dies die kostengünstigste Variante für die betroffenen Berufsangehörigen ist.

Die Berufsangehörigen haben besondere Mitsprachemöglichkeiten und Mitgestaltungs­möglichkeiten in den neu einzurichtenden Registrierungsbeiräten.


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Und ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Dringliche Anfrage einige Behaup­tungen aufstellt, die schlichtweg nicht der Wahrheit entsprechen. Zum Beispiel wurden vom Verfassungsdienst keine Bedenken gegen den Vorschlag zum Ausdruck gebracht.

Zur Frage 3:

Laut Kreditschutzverband 1870 haben 1 400 Unternehmen Geschäftsbeziehungen mit der Alpine. Es wäre allein aus technischen, aber vor allem auch aus daten­schutz­rechtlichen Gründen nicht möglich, detailliert in die finanzielle Situation jeder dieser einzelnen Firmen zu blicken. Es hat sich aber eindeutig ergeben, dass der größte Teil der Zulieferfirmen der Alpine sehr solide Unternehmungen sind und dass diese Unternehmungen auch vorgesorgt haben, damit sie durch Ausfälle keine Probleme haben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass unter diesen 1 400 Betrieben der eine oder andere ist, der besondere Sorgen hat, der in die Gefahr einer Folgeinsolvenz kommen kann und dadurch Schwierigkeiten bereitet. Wir werden und die Bundes­regierung insgesamt wird darauf achten, wie sich Folgeinsolvenzen entwickeln. Sie werden sich in Grenzen halten. Aber wenn das passiert, werden jedenfalls rasch und umfangreich die gesamten Unterstützungsmöglichkeiten des Arbeitsmarktservice zur Verfügung gestellt.

Das Frühwarnsystem des AMS umfasst genau diese Fragen von Folgeinsolvenzen nicht. Mir ist es wichtig, dass das passiert, was gerade mein Kollege Rudi Hundstorfer sehr deutlich gemacht hat: Er hat früh begonnen, sofort, als die ersten Probleme aufgekommen sind, mit den Firmen zu reden, hat mit den Partnern sicherzustellen versucht, dass die Baustellen aufrechterhalten werden, dass der Konkurs vernünftig abgewickelt werden kann und dass vor allem an den Baustellen die Arbeit bestehen bleibt. Und ich denke, das ist ganz entscheidend.

Parallel dazu hat die österreichische Bundesregierung auch ein Konjunkturpaket verabschiedet, das in einer schweren Situation auch dazu beiträgt, dass die Konjunktur in Österreich gestärkt und gefördert wird.

Zur Frage 4:

Laut Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend sind die Richtlinien für Überbrückungskredite so weit vorbereitet, dass demnächst mit der Abwicklung gestartet werden kann. Ziel ist die Förderung von Betriebsmittelfinanzie­rungen für Klein- und Mittelunternehmen im Sinne einer Überbrückungsfinanzierung zur Abfederung der gegenwärtigen Konjunkturlage. Es soll ein Gesamtgarantievolumen von 50 Millionen € übernommen werden.

Die Liquidität der gesunden Unternehmen wird damit gestärkt. Und ich denke, dass das auch eine wichtige Aufgabe der Bundesregierung ist und dass wir das auch unmittelbar wahrgenommen haben.

Zur Frage 5:

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Insolvenz hat Herr Bundesminister Hundstorfer zu mehreren Sitzungen zur Problemlösung eingeladen und hat dazu beigetragen, dass die Personen, die davon betroffen sind, auch Schutz erhalten.

Der Insolvenz-Entgelt-Fonds sorgt dafür, dass die Löhne und Gehälter, die Abfer­tigungsansprüche bezahlt werden. Allein aus den bereits bekannten Entgelt- und Beendigungsansprüchen der 4 905 Beschäftigten der ALPINE Bau GmbH ergeben sich Kosten von 72 Millionen € für den Insolvenz-Entgeltsicherungsfonds.

Bereits am Montag, dem 24. Juli, ist eine kostenfreie Service-Hotline für die Alpine-MitarbeiterInnen eingerichtet worden. Die AMS-Landesgeschäftsstellen verhandeln zudem mit den Ländern über die Errichtung von regionalen Insolvenzstiftungen, die


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eine rasche und bedarfsgerechte arbeitsmarktpolitische Betreuung und Qualifizierung von Arbeitnehmern ermöglichen und diesen damit die Chance auf beruflichen Wie­dereinstieg geben.

In Wien beispielsweise besteht für von Arbeitslosigkeit betroffene Alpine-Mitarbeiter ab sofort die Möglichkeit, in die Wiener Regionalstiftung – Insolvenz einzutreten. Das sind Maßnahmen, die den Menschen dann tatsächlich helfen. Ich habe das sehr oft auch persönlich erfahren: Wer da schnell handelt – und Rudi Hundstorfer hat schnell gehandelt –, der hilft den Menschen ganz besonders.

Bis 30. Juli greift noch der 30-Tage-Kündigungsschutz, der sich aus der AMS-Früh­warnmeldung ergibt. Und bis 24. Juli haben die MitarbeiterInnen Gelegenheit, den sogenannten berechtigten Austritt zu erklären; etliche haben das bereits getan.

Zur Frage 6:

Die Verhandlungen rund um die Übernahme sind Aufgabe des Masseverwalters und nicht Gegenstand der Vollziehung. Angesichts der Fragestellung habe ich den Ein­druck, dass gerade Sie, meine sehr verehrten Abgeordneten, die hier diese Anfrage stellen, wollen, dass wir mit staatlichen Interventionen und einer Übernahme durch den Staat hier die so oft beschworene freie Wirtschaft eigentlich in Frage stellen.

Die anstehenden Arbeiten auf den Baustellen der ALPINE Bau müssen weitergeführt werden. Die Auftraggeber wollen die Fertigstellung ihrer Bauvorhaben. Und nach Angaben des Kreditschutzverbandes und des Masseverwalters sollen die ent­sprechenden Baustellen in den nächsten Tagen auch wieder in Betrieb sein. Besteht eine ARGE, sichert der ARGE-Vertrag die Weiterführung durch andere Partner.

Was muss ein Masseverwalter tun? – Er koordiniert diesen Prozess. Es muss ein Übernahmeangebot vorliegen. Es muss vom Gläubigerausschuss und dann vom Gericht bestätigt werden. Und dann kann ein Auftraggeber entscheiden, ob er den neuen Auftrag an den neuen Auftragnehmer übergibt.

Die ersten drei von insgesamt fünf Bundesländerpaketen, die eingerichtet wurden, sind seit Dienstag vom Insolvenzgericht genehmigt. Zwei weitere will der Masseverwalter dem Gericht heute vorlegen.

Die vom Insolvenzvertreter ausgewählten und vom Gericht bestätigten Baufirmen können nun mit den ehemaligen Auftraggebern der Alpine in Kontakt treten, um von den Bauherren der Alpine-Aufträge diese Aufträge zu übernehmen.

Ich denke, dass nach dem aktuellen Stand, mit den derzeit zumindest gerichtlich genehmigten Paketen, rund 1 800 Arbeitnehmer die Chance auf eine Weiterbe­schäfti­gung haben. Und mit den zwei weiteren Paketen werden nach ersten Schät­zungen zwischen 400 und 600 Arbeitnehmer dazukommen. Da sind die Arbeitsplätze bereits gesichert. Die Arbeitsplätze sollen erhalten werden – das ist das, worum es dem Arbeitsminister geht, und er hat dafür massive Arbeit geleistet.

Angesichts der Umstände wird der allergrößte Teil der betroffenen Bauarbeiter ent­weder direkt übernommen werden oder zumindest rasch einen Arbeitsplatz finden. Und für die anderen stehen die Insolvenzstiftungen, die Maßnahmen des Arbeitsmarkt­services zur Verfügung.

Zur Frage 7:

Auch hiebei handelt es sich nicht um einen Gegenstand der Vollziehung. Ich bedanke mich bei allen Unternehmen, die bereit waren und auch eine Erklärung abgegeben haben, neben den ÖBB, dass sie die 142 Lehrlinge übernehmen. Das waren jedenfalls


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die Firma Porr und die STRABAG. Und ich freue mich, wenn andere Unternehmen folgen.

Zur Frage 8:

Angesichts der anhaltenden internationalen Wirtschaftsflaute kommt natürlich auch der österreichische Arbeitsmarkt verstärkt unter Druck, das ist ganz klar. Die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum wird 2013 das zweite Jahr in Folge unter der Nulllinie bleiben. Die österreichische Wirtschaft wird aber etwas zulegen. Es ist die Politik der Bundesregierung, die dazu führt, dass wir hier ein ganz besonderes Wachstum haben.

Um Österreich weiterhin fit zu halten und ein umfangreiches Programm zu machen für jene Bereiche, die von der Wirtschaft betroffen sind, haben wir vor allem budget­schonende Maßnahmen gesetzt, die den österreichischen Unternehmen und Betrieben zusätzliche Aufträge bringen werden. Das war das Konjunkturpaket, im Rahmen dessen unter anderem dringend benötigte leistbare Wohnungen geschaffen werden sollen, der Hochwasserschutz ausgebaut werden soll, thermische Sanierungsmaß­nahmen vorgezogen werden, Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung gestellt werden und den österreichischen Klein- und Mittelbetrieben bei ihren Investitionen verstärkt unter die Arme gegriffen wird.

Alles in allem wird die österreichische Bundesregierung in den nächsten beiden Jahren 1,6 Milliarden € für dieses umfangreiche Paket zur Verfügung stellen. Und das sichert die Arbeitsplätze ab.

Natürlich geht es darum, dass wir jeden Arbeitsplatz verteidigen. Und mit diesem Paket und auf Grundlage der konsequent ausgebauten Beschäftigungs- und Arbeitsmarkt­politik wird heuer wiederum ein Rekordbudget von 1,175 Milliarden € für die arbeits­marktpolitischen Maßnahmen zur Verfügung stehen.

Zur Frage 9:

Eine solche Studie liegt weder mir noch dem BMASK vor. Ich darf darauf hinweisen, dass bereits in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung von Sozial­betrug gesetzt worden sind, angefangen – und das ist hier beschlossen worden, das müssten Sie wissen – von Maßnahmen zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping durch das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz über die Anmeldung der Arbeitnehmer vor Arbeitsbeginn und die Auftraggeberhaftung im Bau bis zur Auf­stockung der Zahl der Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfer bei den Gebietskran­kenkassen.

Darüber hinaus gibt es eine interministerielle Arbeitsgruppe zwischen BMASK, BMJ und BMI. Ein Ergebnis dieser Arbeitsgruppe steht morgen auf der Tagesordnung. Ich lade Sie herzlich ein, der Abschaffung der Papiermeldung für juristische Personen und Personengesellschaften zuzustimmen, die ein wesentliches Einfallstor für organisierte Betrügereien schließt.

Zur Frage 10:

Mitarbeiterbeteiligungen sind grundsätzlich zu begrüßen, wenn dadurch ein erkenn­barer Vorteil erzielt wird. Ich habe persönlich einige Mitarbeiterbeteiligungen organi­siert, daran mitgewirkt, dass diese stattgefunden haben – ich weiß also, wovon ich da spreche –, aber an Mitarbeiterbeteiligungen – und es gibt noch solche Unter­nehmen, wo es Mitarbeiterbeteiligungen gibt, zum Beispiel die Österreichische Schiffs­werften AG –, wo es darum geht, dass nicht das Unternehmerrisiko auf die Arbeit­nehmer überwälzt wird, sondern darum, dass sie auch einen gerechten Anteil an ihrer Arbeit bekommen. Aber erklären Sie mir: Wie soll gerade im Gesundheitssystem, in


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einem Krankenhaus, wo Mitarbeiter tagtäglich arbeiten, wo es nicht darum geht, Gewinne zu erzielen, eine Mitarbeiterbeteiligung ausschauen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es muss auch klar sein, dass Mitarbeiter­beteiligung nicht das A und O aller Maßnahmen sein kann. Aber dort, wo es möglich ist, sind wir gerne bereit, das zu unterstützen. Und ich kann Ihnen gerne auch meine persönlichen Erfahrungen damit sagen, unter anderem mit dem Beteiligungsmodell der voestalpine, das ja bekannt ist. Und da merkt man, dass gerade die Gewerkschaften positive, innovative Beiträge dazu geleistet haben.

Zur Frage 11:

Die gewerberechtliche Genehmigung, ob ein Buchhändler seinen Kunden auch Kaffee anbieten kann, ist nicht Gegenstand meiner Vollziehung. Ich sage Ihnen aber nur zur Information: Es gibt die Möglichkeit des kleinen Gastgewerbes ohne Befähigungs­nachweis nach § 111 Abs. 2 der Gewerbeordnung.

Die österreichische Bundesregierung steht innovativen Geschäftsmodellen immer offen gegenüber und freut sich, wenn es kreative Unternehmen gibt, die eine der wichtigen Triebfedern unseres Wirtschaftsstandorts sind. Und wir werden alles in diese Richtung unterstützen, wie zum Beispiel den Wiener Rechtsanwalt aus der heutigen Ausgabe des „Falter“, der im Prater Espresso verkauft. Also ich denke, wir werden solche inno­vative Unternehmen auch unterstützen.

Zur Frage 12:

Da muss ich mein Erstaunen ausdrücken, weil dem Team Stronach anscheinend keine der 13 Novellen der Gewerbeordnung aufgefallen ist, die in dieser Legislaturperiode in diesem Haus beschlossen wurden. Vier dieser 13 Novellen, die in dieser Legislatur­periode in diesem Saal beschlossen wurden, sind vier große Novellen gewesen. Eine davon haben Sie am 24. April im Nationalrat auch mit beschlossen. Es handelt sich dabei um eine Umsetzung der Vorhaben der Regierungsklausur 2012 mit dem Schwer­punkt Modernisierung des gewerblichen Betriebsanlagenrechtes. Enthalten waren unter anderem das Public Viewing, wo es darum geht, dass man auch Leinwände aufstellen kann, weiters bei Betriebsübernahme zum Beispiel die Möglichkeit der Zusam­menstellung der Bescheide für eine Betriebsanlage, damit man die Investitionen besser planen kann als bisher, oder zum Beispiel, dass Betriebsanlagen, die sich über mehrere Verwaltungssprengel erstrecken, von jener Bezirksverwaltungsbehörde gemanagt werden, wo sich der größte Anlagenteil befindet.

Für Sie, meine sehr verehrten Abgeordneten des Teams, gilt offensichtlich: Wer Geld hat, macht die Regeln! – Zum Glück ist es im österreichischen Rechtsstaat nicht so. In unserem demokratischen Land normiert der Gesetzgeber gerade in der Gewerbe­ordnung die anlagenrechtlichen Schutzinteressen. Da geht es nämlich um Folgendes: Wie geht es Nachbarn? Sind die Nachbarn Lärm, Staub, Schmutz ausgesetzt, oder können sie noch ruhig in der Nacht schlafen, was ihrer Gesundheit zuträglich ist? Die Bundesregierung ist an einem Interessenausgleich zwischen Anlageeignern, Anrainern und natürlich auch Arbeitnehmern interessiert.

Zur Frage 13:

Die österreichische Rechtslage lässt eine Fülle von flexiblen Arbeitszeiten zu. Bei besonderem Arbeitsanfall kann zum Beispiel bis zu zwölf Stunden täglich und 60 Stun­den in der Woche gearbeitet werden. Abzulehnen sind jedoch Arbeitszeitmodelle, die die physische und psychische Gesundheit der Arbeitnehmer bedrohen. Und das ist mir gerade auch als Gesundheitsminister ganz besonders wichtig, dass wir, was Arbeits­zeiten betrifft, vernünftig mit der Kraft der Menschen umgehen. Und dazu braucht es


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Betriebsrätinnen und Betriebsräte, Gewerkschaften, die sich darum bemühen, dass der Einzelne vor Übervorteilung geschützt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auch betonen, dass ich nichts gegen Neue Selbständige habe, jede Beschäftigungsform hat ihre Berechtigung, aber diese Neuen Selbständigen müssen auch einen Schutz haben, und es kann nicht um Übervorteilung gehen. Die Gebiets­krankenkassen bekämpfen das. Und ich bedanke mich als Regierungsmitglied aus­drücklich bei den Arbeiterkammern. Ich bedanke mich beim ÖGB dafür, dass er seit Jahrzehnten ein Garant für die Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte ist. In Tau­senden Fällen hat er die Arbeitnehmer dabei auch geschützt.

Ich habe auch schon darauf hingewiesen, dass das Lohn- und Sozialdumpinggesetz erlassen worden ist. Und da ist es auch wichtig, dass Scheinselbständigkeit geprüft wird.

Zur Frage 14:

Frage 14 und auch die Fragen 15, 17, 18 und 19 betreffen nicht den Vollzugsbereich des BMASK.

Aber lassen Sie mich persönlich einen Satz dazu sagen: In diesem Haus wurde an jenen Tagen, an denen man die Gewerkschaften abgeschafft hat, auch die Demokratie abgeschafft. Und ich bitte, diesen Zusammenhang auch zu sehen.

Es ist ein wesentliches Element der Demokratie (Abg. Grosz: War das, wie der Gusenbauer die Gewerkschafter hinausgeschmissen hat? – weitere Zwischenrufe), dass wir Gegner, Unabhängigkeit haben. Und sowohl die Europäische Union als auch die OECD sagen, dass die Sozialpartnerschaft Österreichs ein wesentliches Element dafür ist, dass wir die Wirtschaft besser im Griff haben.

Zur Frage 15:

Das ist keine Frage der Vollziehung. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Rudi Hundstorfer sehr deutlich dazu beiträgt, dass die Gewerkschaften ihre Aufgabe erfüllen können. Und er ist davon überzeugt – so wie ich davon überzeugt bin –, dass jeder Beitrag, den ein ÖGB-Mitglied zahlt, dort gut im Interesse der ArbeitnehmerInnen des gesamten Landes Österreich verwendet wird. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Da kann man ruhig applaudieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage 16:

Sollte dayli tatsächlich geschlossen werden, steht den Arbeitnehmern das volle arbeitsmarktpolitische Programm zur Verfügung.

Zur Frage 17:

Da sage ich ganz klar und deutlich: Nein!

Zur Frage 18  und da spreche ich auch aus eigener Erfahrung –:

Im ÖBG gibt es keine Zusatzpension. Es gibt wie bei anderen 800 000 Arbeitnehmern auch keine Pensionskassenpension. Dass es Unterschiede in den Lohngestaltungen gibt, hängt damit zusammen, dass der ÖGB jährlich 450 unterschiedliche Kollektiv­verträge abschließt, und das bedeutet, dass es natürlich unterschiedliche Dienstrechte gibt. Und der ÖGB bemüht sich darum, gleiche Bedingungen zu schaffen.

Jetzt erlaube ich mir, auf Folgendes hinzuweisen: Sie haben gesagt, einen Mindestlohn von 1 500 € schafft man in Österreich nicht.

Etwas zum Nachdenken: Welche Vorteile würden österreichische Unternehmerinnen und Unternehmern haben, wenn in ganz Europa ein Mindestlohn von 1 500 € zur Ver-


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fügung stünde? Was würden die Menschen, die jetzt nicht 1 500 € zur Verfügung haben, investieren, was würden sie kaufen, wie würden sie die Wirtschaft beleben, wenn Europa allen Menschen das Recht auf 1 500 € Mindestlohn gäbe?

Ich unterstütze diese Forderung ausdrücklich, weil ich der Überzeugung bin, dass das die Wirtschaft beleben würde. Und daher braucht es Arbeiterkammern, daher braucht es Gewerkschaften, daher braucht es Betriebsräte, die in diese Richtung tätig sind.

Zur Frage 19:

Ohne Arbeiterkammer und ohne Gewerkschaft: Wer würde für die betroffenen Arbeitnehmer beispielsweise bei der Alpine tätig werden? Wer würde dann diese 33 Betriebsversammlungen organisieren? Wer würde diese 4 905 Unterschriften zur Einforderung von Entgeltansprüchen sammeln? Wer würde die Interessen der Arbeit­nehmer vor Gericht vertreten? – Das alles machen die Beschäftigten der Arbeiter­kammer, das machen die Beschäftigten des ÖGB.

Ich bedanke mich bei jedem Einzelnen/bei jeder Einzelnen, die diese Aufgabe übernehmen, und sage ein Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur letzten Frage:

Wir von der österreichischen Bundesregierung haben uns des Themas Mikrokredite angenommen; damit werden Einzelpersonen unterstützt, und daher sind wir das auch angegangen: ab 1. Mai 2010 in Wien und in der Steiermark als Pilotprojekt. Im Feber 2011 wurde das auf das Burgenland und auf Niederösterreich ausgeweitet, und seit 2011 gibt es diese Möglichkeit flächendeckend für ganz Österreich.

Ich kann Ihnen versichern, es bestehen viele Möglichkeiten, kreative Geschäftsmodelle zu unterstützen. So zum Beispiel besteht seit 2009 in meinem Bereich für selbständig Erwerbstätige, die der Pflichtversicherung des GSVG unterliegen, die Möglichkeit, in die Arbeitslosenversicherung einbezogen zu werden; wir haben eine Kleinunter­nehmer-Förderung, wo insbesondere weibliche Kleinunternehmer gefördert werden, dass sie, wenn sie zum Beispiel während des Erhalts von Kinderbetreuungsgeld gering­fügig dazuverdienen, keine SV-Beiträge zahlen müssen. Diese Regelung wird morgen – Sie hier im Hohen Haus werden Gelegenheit dazu haben – noch ausgedehnt und verbessert werden.

In diesem Sinne ist es mir wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass sich gerade die österreichischen Gewerkschaften ausgezeichnet haben, dass Österreich mit der Arbeitsmarktpolitik ein Best Practice-Modell ist und dass da ganz Europa auf Österreich schaut. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Gesamtredezeit pro Fraktion 25 Minu­ten.

Frau Abgeordnete Schenk gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.53.52

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Begründung der Dringlichen Anfrage meines Kollegen, des Herrn Klubobmannes Lugar, und die Reaktion hier im Hohen Haus haben mich an ein Sprichwort erinnert:

„Taucht ein Genie auf, verbrüdern sich die Dummköpfe.“ (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 149

Es freut mich, dass das bei Ihnen für Erheiterung sorgt, aber ich muss Ihnen schon sagen: Wenn hier eine Fraktion, wenn hier ein Klubobmann etwas anspricht, was in Österreich sozusagen als „heilige Kuh“ betrachtet wird, dann darf man Ihrer Ansicht nach darüber nicht sprechen und dann kommt Kritik von allen Seiten?!

Dazu kann ich Ihnen auch mit einem Sprichwort antworten: Wer laut schreit, der kauft! (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Dass diese Dringliche Anfrage wichtig und richtig ist und genau zur richtigen Zeit kommt, merken wir ganz genau, wenn wir uns die aktuellen Arbeitslosenzahlen ansehen  und auch wenn wir uns beispielsweise eine APA-Eilt-Meldung zu dayli anse­hen, KSV 1870: Dayli bereitet Konkursantrag vor, heißt es hier, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Nochmals: Das ist nur ein Beispiel dafür, dass diese Dringliche Anfrage wichtig und richtig ist und heute behandelt werden muss, und zwar ausreichend beantwortet werden muss. Herr Bundesminister Stöger hat sich ja sehr bemüht. Ich bedanke mich auch für die Beantwortung dieser unserer Dringlichen Anfrage.

Nun möchte auch auf einige Punkte eingehen. Sie sagen beispielsweise, das volle arbeitsmarktpolitische Programm stehe zur Verfügung, wenn bei dayli ein Konkurs kommt. – Der Konkurs steht jetzt im Raum, daher: Wie schaut das Modell aus? Wie schaut das arbeitsmarktpolitische Programm aus, das zur Verfügung steht, das Sie angesprochen haben, Herr Minister?

Herr Minister, Sie haben auch kritisiert, dass wir nicht mitbekommen hätten, dass die Gewerbeordnung entrümpelt worden ist. – Sehr geehrter Herr Minister, wir haben das sehr wohl mitbekommen, wir haben ja auch mitgestimmt, und ich habe dazu auch gesprochen, aber ich darf Ihnen schon auch sagen: Der Standort bestimmt den Stand­punkt!, auch in diesem Fall. Schauen Sie sich doch die Stenographischen Protokolle an: Nicht alle Fraktionen haben, so wie die Regierungsfraktionen, diese Entrümpelung, diese kleine Entrümpelung, als eitel Wonne gesehen. Ich erinnere mich beispielsweise an die Ausführungen des Kollegen Themessl von der FPÖ, der auch massiv kritisiert hat, dass es da noch sehr viel zu tun gibt, und betont hat, dass mit diesem einen Schritt nicht alles erreicht ist.

Wenn Sie von 100 Prozent 1 Prozent umsetzen und damit zufrieden sind, Herr Minis­ter, dann ist das vielleicht Ihre Ansicht – meine und unsere sicherlich nicht. (Beifall beim Team Stronach.)

Herr Bundesminister Stöger, Sie haben abschließend in Ihrer Beantwortung der Dring­lichen Anfrage erwähnt, wie wichtig der ÖGB, wie wichtig die Arbeiterkammer ist, et cetera, et cetera.

Ich möchte ihnen jetzt kurz ein Zitat bringen von Hermann Haneder, der AK-Chef von Niederösterreich ist und auch als Personalvertreter im Aufsichtsrat der Alpine sitzt, der gesagt hat, er habe Probleme bei der Alpine-Bau gesehen, aber nichts dagegen tun können; das tue einem Betriebsrat weh. Die spanische Konzernführung habe die Zahlungen letztlich – enorm überraschend! – eingestellt. So „enorm überraschend“ kann es nicht gewesen sein, wenn Haneder bei den Aufsichtsratssitzungen dabei gewesen ist.

In weiterer Folge möchte ich auch noch den ÖGB ansprechen und hier ein Zitat einer Dame bringen, die einen Leserbrief geschrieben hat, damit die Kritik nicht immer nur von uns, sondern von einem Mitglied der Gewerkschaft kommt. Diese Leserbrief­schreiberin ist bereits seit 53 Jahren Mitglied des ÖGB, und sie schreibt in diesem Leserbrief – ich zitiere –:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 150

Die Gewerkschaften haben viel erreicht, aber heute hat man oft das Gefühl, dass Machtstreben die ursprüngliche Aufgabenstellung verdrängt, denn sonst wäre es wohl nicht möglich, dass ein Gewerkschafter und Sozialist, der heute Sozialminister ist, es zulässt, dass Pensionen unter der Teuerungsrate erhöht werden, was de facto einem Pensionsraub gleichkommt. – Zitatende. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Herr Kollege Matznetter, Sie können sich dann ja auch zu Wort melden und Ihre Redekünste hier zum Besten geben.

In weiterer Folge schreibt diese Dame – ich zitiere weiter –:

Die Gewerkschaften stimmen im Nationalrat für Milliardenbeiträge aus Steuermitteln, die den diversen EU-Rettungsschirmen zugutekommen, die aber nicht den Menschen in den betroffenen Ländern zugutekommen, sondern nur die Banken sanieren sollen. – Zitatende.

Das geht dann so weiter und so fort.

Was dayli und die aktuelle Situation betrifft, schreibt diese Dame – ich zitiere –:

Die Doppelzüngigkeit dieser Herrschaften passt mir nicht. Beim Handel macht man sich stark dafür, dass das Sonntagsruhegesetz eingehalten wird, und beschwört vor allem die Rechte der berufstätigen Mütter auf den freien Sonntag, an dem auch die Kinder schulfrei haben. Aber wie schaut es bei den berufstätigen Frauen im Gast­gewerbe, in der Fremdenverkehrswirtschaft aus? – Dort ist die Sonntagsarbeit längst gang und gäbe und wird von den Gewerkschaften wohlwollend toleriert; schließlich ist der Fremdenverkehr Hauptdevisenbringer für den Staatssäckel und damit unverzicht­bar.

Abschließend schreibt dieses ÖGB-Mitglied: Wenn der ÖGB auf dem Weg bleibt, auf dem er sich jetzt befindet, ist er tatsächlich verzichtbar. Übrigens: Ich bin Angehörige des ÖGB im 53. Mitgliedsjahr. Edeltraud Brandner, 6123 Terfens. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das wollte ich Ihnen zur Kenntnis bringen, denn da können Sie sehen, dass Ihre Mitglieder mit Ihrer Politik nicht einverstanden sind, dass nicht alles eitel Wonne ist und dass wir nicht unrecht haben. Es muss doch erlaubt und legitim sein, eine Sache zu kritisieren. Wir sprechen nicht davon, dass die Gewerkschaften abgeschafft werden sollen, aber sie sollen in der jetzigen Form verändert, entschlackt werden und wieder zum ursprünglichen Ausgangspunkt zurück­kehren, nämlich für das da sein, wofür sie ursprünglich da waren: für den Schutz der Arbeitnehmer. Sie sollten diese vor Ausbeutung schützen und sich nicht persönlich bereichern. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

15.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie kennen die Bestimmungen. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.00.01

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Danke schön, Frau Präsidentin! – Frau Abgeordnete Schenk hat gesagt: „Taucht ein Genie auf, verbrüdern sich die Dummköpfe.“ (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Ich berichtige tatsächlich: Das Genie in Herrn Lugar kann ich nicht sehen, aber ich weiß ganz sicher, dass wir hier keine Dummköpfe sind. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.00



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 151

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Das war trotzdem keine tatsächliche Berichti­gung. (Zwischenrufe bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


16.00.24

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Genie! (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.) Herr Lugner! Ah, Entschuldigung: Herr Lugar! (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Der Sigi hat zugeschlagen. – Sie wollen wissen, was Klassenkampf ist?! (Abg. Grosz: Hab’ ich noch nicht einmal geredet, ist das Niveau schon erreicht, dass der Sau graust! – Heiterkeit.)

Eine spanische Milliardärin teilt mit, es gebe kein Geld mehr für die Alpine, und lässt Tausende Kolleginnen und Kollegen über die Klinge springen. – Das ist Klassenkampf! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein an Aufmerksamkeitsdefizit leidender Hinterbänkler, Robert Lugar, stellt sich hierher und sagt, die Gewerkschaften gehören in die Schranken gewiesen; das haben Sie wörtlich gesagt. (Abg. Ing. Lugar: Das meine ich auch so! – Ruf: Die Wahrheit tut weh!) – Das ist Klassenkampf! Ein Milliardär, der in Österreich fast keine Steuern zahlt und anderen die Welt erklärt – das ist Klassenkampf! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Doppler.)

Und wenn Sie sich herstellen und Ihre große Besorgnis um die Arbeitsplätze for­mulieren und in Wirklichkeit als Söldner eines Milliardärs unterwegs sind (Zwischenrufe beim Team Stronach), um die Gewerkschaften und die Arbeitnehmervertretung zu schwächen, dann ist das Klassenkampf! (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie heute gemacht haben – ein klassischer Bauchfleck einer Dringlichen –, richtet sich von selbst. „Und täglich grüßt das Murmeltier“, könnte man meinen, wenn man Ihre Meldungen über die Gewerkschaftsbewegung der letzten Wochen verfolgt. Ich habe mich schon gefragt, wieso Sie das machen, denn Sie kennen natürlich die täglichen Anstrengungen, die wir unternehmen im Kampf um die Erhaltung von Arbeitsplätzen und für die Schaffung von Maßnahmen für die Kolleginnen und Kolle­gen; das wissen Sie ganz genau. Und trotzdem hören Sie nicht auf mit Ihrem Gewerk­schaftsbashing.

Wahrscheinlich ist es so, dass Ihre Gruppe, wenn der Frank da ist, die entsprechende Aufmerksamkeit hat, weil er Quotenbringer ist; wenn er aber nicht da ist – was jetzt gerade wieder einmal der Fall ist –, leiden Sie irgendwie besonders darunter, dass sich niemand für Sie und Ihre Freunde interessiert. Und deswegen glauben Sie, die beste Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu erheischen, ist, wenn man auf die Gewerkschaften hindrischt. Der medizinische Fachbegriff dafür ist ADHS, Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom. Lassen Sie sich das von Frau Dr. Oberhauser oder von irgendeinem ande­ren Arzt erklären, dann werden Sie wissen, was tatsächlich dahintersteckt! (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Was Sie machen, Herr Lugar, was Sie vom Team Stronach machen, ist nichts anderes als Folgendes: In einer besonders schwierigen Zeit, in der sehr viele Kolleginnen und Kollegen in den betroffenen Betrieben Angst haben und nicht wissen, wie es weitergeht, wollen Sie billig politisches Kleingeld machen. Das richtet sich von selbst, das ist in Wirklichkeit der wahre Skandal, was Sie da machen. (Beifall bei der SPÖ.)

In Europa droht Massenarbeitslosigkeit, die massive Jugendarbeitslosigkeit ist schon da – das ist eine Folge der Krise. Europa totzusparen bringt Arbeitslosigkeit und Elend, das sagen nicht nur die europäischen Gewerkschaften, das sagt auch der IWF, und es ist vollkommen klar, dass diese Politik so nicht fortgesetzt werden kann. Daher bin ich sehr froh, dass in Österreich ein anderer Weg gewählt wurde, der zumindest dazu


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geführt hat, dass die Arbeitslosigkeit die niedrigste in Europa ist und dass die Jugend­arbeitslosigkeit bei Weitem nicht jene Dimension hat, wie das in anderen Ländern der Fall ist. Ganz im Gegenteil: Wir haben auch bei der Jugendarbeitslosigkeit die nied­rigste in Europa, und das ist auch ein Verdienst der Bundesregierung und aller, die sich hier dafür eingesetzt haben, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber natürlich steigt der Druck in Europa. Das Wachstum ist zu niedrig, damit die Arbeitslosigkeit flächendeckend abgebaut werden kann, und daher braucht es wachs­tumsfördernde und unterstützende Maßnahmen.

Wir haben vor wenigen Wochen hier in diesem Haus alle unsere große Besorgnis über die Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa ausgesprochen, auch Sie. Heute ist Sozialminister Hundstorfer gemeinsam mit anderen Sozialministern unterwegs, um Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu besprechen. Er macht also das, worum wir ihn gebeten beziehungsweise wozu wir ihn aufgefordert haben. Und Sie machen hier den Kasperl und sagen, er sei nicht da und alles andere sei ihm wichtiger. – Das ist in Wirklichkeit ein Wahnsinn! Es nimmt Ihnen niemand ab, es glaubt Ihnen niemand, dass es Ihnen um die Arbeitsplätze und um die Menschen geht. Ihnen geht es darum, sich selbst zu produzieren, und um sonst überhaupt nichts! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben ein Konjunkturpaket gemacht und viele andere Maßnahmen gesetzt. Wir haben Kurzarbeitsprogramme gemacht. Auch die Firma Magna hat natürlich sehr gerne Kurzarbeit in Anspruch genommen. – Tun Sie also nicht so (Zwischenruf des Abg. Hörl), als wären Sie derjenige mit dem Heiligenschein und alle anderen diejenigen, die danebenstehen. Das kann und wird so nicht funktionieren.

Im Fall Alpine hat man eines ganz deutlich gesehen: Seien wir froh, dass wir in Österreich leben! Seien wir froh, dass wir in einem Land leben, in dem es, wenn so ein Fall eintritt, wenn ein Großkapitalist aus Spanien sagt: Die lassen wir über die Klinge springen!, Systeme und Strukturen gibt, die die Menschen auffangen und ihnen helfen! Das beginnt bei den Arbeitsstiftungen und setzt sich fort in all den anderen Bereichen, die da schlagend werden. Also erzählen Sie uns da keinen Lavendel! (Beifall bei der SPÖ.)

Die gemeinsame Auffanglösung ist leider gescheitert, aber es hat schon der Herr Minister erklärt und Beppo Muchitsch wird es Ihnen im Detail noch erklären, was wir für die Kolleginnen und Kollegen getan haben.

Zur Firma dayli: Ich habe Ihnen bereits dreimal hier in diesem Haus, bei drei ver­schiedenen Gelegenheiten erklärt, wie die Sache gelaufen ist.

Erstens: Ein Geschäftsmodell, das auf Basis eines Gesetzesbruches funktionieren soll – das geht gar nicht. Zweitens: Dieses Parlament hat die Gewerbeordnung einstimmig abgeändert. Sie haben zwar gegen den Abänderungsantrag gestimmt, aber am Ende des Tages haben Sie mitgestimmt, weil es ein gemeinsames Verständnis dafür gibt, dass die Sonntagsarbeit und die Ausnahmen, die es gibt, so wie sie jetzt vorliegen, bestmöglich geregelt sind. Ein solides Geschäftsmodell liegt leider nicht vor. Und kreativ ist es schon gar nicht, wenn ich mit einer Million im Koffer nach Udine fahre. Erzählen Sie mir nicht irgendwelche Gschichtln von irgendwelchen kreativen Modellen, die wir vielleicht behindern würden! Das ist ja ein Sermon, seien Sie mir nicht böse! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Zum Sozialplan, weil Sie auch das angesprochen haben: Wir haben uns nie damit gebrüstet (Zwischenruf des Abg. Strache), einen Sozialplan bei dayli abgeschlossen zu haben. Hätten wir diesen gemacht, wäre es einer, der diesen Namen verdient. Den


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Sozialplan hat das Management von dayli mit einem Betriebsrat, der offensichtlich auch gedrängt wurde, aus der Gewerkschaft auszutreten, abgeschlossen, und dieser Sozialplan ist schlechter als das, was im Gesetz steht! – Also tun Sie nicht so, als wüssten Sie nicht, worum es geht! Sie wissen es ganz genau, Sie wollen uns in Wirklichkeit ein X für ein U verkaufen.

Die Gewerkschaft ist in Österreich ein Verein, und was Sie wirklich stört, ist, dass Sie dort nicht mitreden können. Das möchten Sie sehr, sehr gerne. Sie wollen mitreden, Sie wollen uns zurechtstutzen, Sie wollen uns vielleicht verbieten, dann wieder einmal nicht – jedenfalls würden Sie uns gerne vorschreiben, was wir zu tun haben. Wir sind ein Verein mit 1,2 Millionen Mitgliedern; da gibt es viel Diskussion, da gibt es Zufrie­dene und Nichtzufriedene, aber da gibt es eine lebendige innergewerkschaftliche Demokratie. Sie sind nicht Teil davon, und daher werden Sie dort nie – egal, was Sie sonst noch machen; außer Sie planen einen Staatsstreich, aber das glaube ich nicht – irgendetwas mitzureden haben. Und das ist gut so, denn das ist heute die gute Nachricht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen sowie des Abg. Doppler.)

Es ist ganz einfach: Wir vertreten die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, Sie vertreten die Interessen eines Milliardärs. Das ist der Unterschied, des­wegen stehen wir Ihnen im Weg, seit über 150 Jahren. Ich kann Ihnen nur eines garantieren: Das wird auch in den nächsten 150 Jahren so sein. (Beifall der Abg. Hakel.)

Es waren Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die unter Einsatz ihres Lebens für diese Demokratie gekämpft haben, die auch dafür gekämpft haben, dass Sie 20 Minuten lang solche Dinge verzapfen können, wie Sie es heute gemacht haben. Es waren Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die die Pressefreiheit und viele andere Strukturen durchgesetzt haben, die wir heute haben. Das lassen wir uns von Ihnen und Ihren Konsorten sicherlich nicht zusammenschießen.

Milliardäre können sich vieles kaufen, aber nicht die Demokratie.

Und wenn Reaktionäre wie Sie sagen, wir gehören auf den Müllhaufen der Geschichte, dann kann ich mich nur wiederholen: Sie gehören auf den Müllhaufen der Gegenwart und der Zukunft! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

16.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Katzian, auf den „Mül­lhaufen“ wollen wir doch niemanden befördern, zumindest nicht bei Reden hier am Rednerpult! Ich mahne Sie ab. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Abgeordneter Haubner gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


16.10.34

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ein hartes Match zwischen Stronach und Gewerkschaft – ich möchte wieder zu dieser Dringlichen Anfrage zurückkehren, es geht ja doch um die Unternehmen in Österreich (Zwischenruf bei der SPÖ), und in diesem Zusammenhang jetzt natürlich um die Alpine.

Wir haben es heute schon gehört – und auch ich bin hundertprozentig dieser Überzeugung –: Die Insolvenz der Alpine ist weder ein Verschulden der Konjunktur noch der Politik, weder ist es fehlende Qualität der Mitarbeiter noch das Ergebnis fehlender Aufträge, und es ist sicher auch nicht die Schuld der Gewerkschaft – und da bin ich sicher als Gewerkschaftsverteidiger unverdächtig –, sondern es waren schlicht und ergreifend Managementfehler die Ursache. Alpine hat große Fehler in der


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Vergangenheit gemacht. Die spanischen Eigentümer haben Geldmittel zugesagt, haben sie nicht geliefert, und die dubiosen Ostgeschäfte haben ihres dazu getan, dass es zu diesem tragischen Super-GAU gekommen ist.

Meine Damen und Herren, in der Sendung „Im Zentrum“ am Sonntag hat – man muss sagen: der schon wieder ehemalige – Alpine-Chef Schiefer gesagt, als er die Alpine übernommen habe, sei diese bereits klinisch tot gewesen. Lassen wir also in dieser Hinsicht die Kirche im Dorf!

Die Politik muss jetzt diese Fehler ausbaden, und sie tut es auch: einerseits die Bundesregierung mit Maßnahmen, andererseits natürlich auch die Sozialpartner – ich glaube, es ist ganz wichtig, dass es da die Sozialpartner gibt – und zum Dritten natürlich auch die Länder, und da sind die Landeshauptleute gerade jener Länder, in denen die Alpine ihre Hauptaufträge hat, sehr engagiert. Ich weiß das auch von meinem Bundesland Salzburg, wo wir mit Landeshauptmann Haslauer geschaut haben, dass er mit den Banken spricht, mit dem AMS spricht. Es ist eine Arbeitsstiftung in Gründung, mit den Banken wird jetzt ein Bankengipfel gemacht, dass es für die Unternehmen, die davon auch noch betroffen sind, die Zulieferunternehmen, Lösungen gibt, dass die Kredite nicht fällig gestellt werden. Wir schauen also gemeinsam – die Arbeitgeber, die Arbeitnehmervertreter, die Banken, die Länder und der Bund –, dass wir da eine gute Lösung finden werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eines ist, glaube ich, wirklich ganz entscheidend: dieses Miteinander, und da haben wir ja in Österreich gute Maßnahmen, die das auffangen. Der Insolvenzentgeltsicherungs­fonds ist eine solche Maßnahme. Er wird von den Beiträgen der Arbeitgeber gespeist, und die Arbeitnehmer werden dann in solchen Härtefällen praktisch über die Runden gerettet. Das ist ganz wichtig, das ist gelebte Solidarität, wo Arbeitgeber für Arbeit­nehmer etwas leisten. Also auch das ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir schauen müssen, dass wir das gemeinsam lösen und uns nicht hier die Köpfe einschlagen.

Meine Damen und Herren! Und bei dayli, das muss ich auch ganz ehrlich sagen, da vermisse ich ein Geschäftsmodell. Kollege Katzian hat es schon angesprochen: Wo ist da ein Geschäftsmodell? Ich habe da auch keines erkennen können. Wenn man jetzt versucht, das hier zu skandalisieren, muss ich sagen: Da sind der Reihe nach die Investoren abgesprungen, weil es eben kein Geschäftsmodell gegeben hat, und da kann man jetzt nicht der Politik die Schuld zuschieben und sagen, dass dayli so quasi wegen der Politik insolvent ist.

Ich denke, aktive Arbeitsmarktpolitik, so wie wir in Österreich sie machen, und aktive Wirtschaftspolitik sind die Garanten dafür, dass wir hier auch in einem guten Miteinan­der leben können.

Meine Damen und Herren! Es ist eine schwierige Situation in ganz Europa, wir sehen das überall, auch die Insolvenzstatistik in Österreich zeigt es sehr deutlich: Wir haben natürlich auch heuer wieder einige Konkurse und Insolvenzen; Gott sei Dank um 200 weniger als im Vorjahr. Durch diesen Super-GAU Alpine ist aber natürlich eine Riesensumme in diesem Bereich dazugekommen, und deshalb ist natürlich auch die Gesamtlage schlechter.

Meine Damen und Herren, das Einzige, wo ich schon ein bisschen bei der Gewerk­schaft und beim letzten Gewerkschaftstag anknüpfen muss, betrifft das Belastungs­paket, das von der sozialistischen Gewerkschaft gekommen ist, mit dem man die ganze Wirtschaft massiv belasten wollte, mit Maschinensteuern, mit Steuern auf Überstundenzuschläge et cetera, et cetera. Da muss ich ganz ehrlich sagen, das ist natürlich nicht dienlich, wenn wir in solchen schwierigen Situationen wie jetzt mit neuen Belastungen für die Unternehmerinnen und Unternehmer auf die hohe Abgabenquote,


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die wir schon zu leisten haben, noch etwas draufpacken. Dazu sagen wir als Wirt­schaftsbund und als ÖVP ganz klar Nein. Wir brauchen keine neuen Steuern in diesem Land, sondern wir brauchen Impulse. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Wir brauchen Impulse für die Wirtschaft, denn nur wenn es Impulse für die Wirtschaft und für die Unternehmer gibt, dann können wir die Arbeitsplätze sichern und auch neue schaffen.

Damit bin ich schon beim nächsten Punkt, und ich glaube, da ist wieder ganz ent­scheidend, dass die Regierung mit dem Konjunkturpaket auch in schwierigen Zeiten die richtigen Maßnahmen gesetzt hat. Wir können es nicht mehr so machen wie im Jahr 2008, wo wir Schulden für das Konjunkturpaket gemacht haben. Wir haben jetzt einfach durch das Vorziehen von Maßnahmen geschaut, dass wir hier etwas Vernünf­tiges zustande bringen und dass wir die notwendigen Impulse setzen, damit wir die Wirtschaft über diese schwierige Zeit bringen.

Alleine wenn ich mir die Maßnahmen des Wirtschaftsministeriums in der Höhe von ungefähr 650 Millionen € anschaue: Das ist ein richtiger und wichtiger Impuls, diese Maßnahmen schaffen 7 400 neue Arbeitsplätze und sichern Zehntausende Arbeits­plätze. Das sind Maßnahmen, die wir brauchen. Wir sind ja in Europa – das kann man sagen – immer besser aufgestellt als die anderen, auch wenn es sehr, sehr schwierig ist, aber da müssen wir gemeinsam agieren und dürfen uns nicht auseinander­divi­dieren lassen.

Zum Schluss, meine Damen und Herren: Ich glaube, die Regierung hat erstens mit dem Konjunkturpaket die richtigen Maßnahmen gesetzt. Zum Zweiten werden wir alles daransetzen, dass jene Arbeitnehmer, die jetzt Probleme haben, in der Bauwirtschaft Arbeit finden, dass wir durch regionale Lösungen – ich habe es schon erwähnt – Möglichkeiten finden, sie aufzufangen und sie zu beschäftigen. Ich denke, das ist richtig, denn die Aufträge sind vorhanden, und diese können die Baubetriebe, die jetzt ihren Beitrag leisten, übernehmen. Ich möchte mich auch bei jenen Unternehmerinnen und Unternehmern bedanken, die wirklich engagiert schauen, dass sie diese Aufträge abwickeln können, dass wir mit dieser Maßnahme die Menschen in Beschäftigung halten können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


16.17.28

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Lugar, ich weiß nicht, sind Sie das Genie oder der Herr Stronach? Das hat Frau Schenk ein bisschen offengelassen. (Abg. Schenk:  sinnbildlich gemeint!) – Sinn­bildlich! Sie sind ein sinnbildliches Genie, das ist auch schön. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Lugar, eines habe ich bei Ihrer Rede nicht ganz genau mitbekommen: Haben Sie eigentlich von der österreichischen Gewerkschaft gesprochen oder von der kanadischen Gewerkschaft? Das ist in Ihrer Rede nicht ganz herausgekommen. Vielleicht war es ja auch nur ein Übersetzungsproblem; vielleicht haben Sie das auch von Belinda Stronach abgeschrieben – ich habe keine Ahnung. Die Rede war jedenfalls in etwa genauso wirr wie die Anfrage in sich.

Herr Lugar, Sie haben ja schon einmal das Abschaffen der Gewerkschaft gefordert, und Ihr großer Parteigründer hat dann wortreich in den Medien erklärt, dass das eigentlich nicht richtig sei, er wolle sie gar nicht abschaffen. Er hat das sozusagen wieder widerrufen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.)


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Jetzt kommen Sie heute wieder mit dem daher und wollen sozusagen wieder die Gewerkschaften abschaffen oder schwächen. Sie wissen offensichtlich gar nicht, was Sie in Ihrer Anfrage geschrieben haben, das ist mir schon bei Ihrer Rede aufgefallen. Vielleicht liegt es auch an der Zeitverschiebung, vielleicht haben Sie Frank Stronach jetzt in Kanada noch nicht anrufen können, weil dort ja noch Nacht ist und er vielleicht noch schläft.

Insgesamt jedenfalls ist Ihre Anfrage – das sage ich Ihnen ganz ehrlich – sehr verwir­rend. Sie bringen hier nämlich ganz viel durcheinander. Sie haben offensichtlich keine Ahnung: Bei der Gewerkschaft gibt es keine Zwangsmitgliedschaft – das hat auch Herr Stronach noch nicht verstanden –, die gibt es definitiv nicht. Wenn ein Gewerkschafts­mitglied nicht zufrieden ist, kann es jederzeit austreten. (Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.)

Ganz anders ist es nämlich bei der Arbeiterkammer, da gibt es sehr wohl die Zwangs­mitgliedschaft. Die haben Sie übrigens reingebracht, die MTD-Austria, die heute bei der Arbeiterkammer eine Registrierung machen soll. Das passt aber mit dem dayli-Konzern und mit der Alpine überhaupt nicht zusammen. Das sind nicht nur zwei Paar Schuhe, das ist etwas völlig anderes – macht aber nichts. Ich meine, vielleicht können Sie sich einmal nachschulen, vielleicht kann Ihnen da auch die Freiheitliche Akademie helfen, dass Sie sich ein bisschen auskennen, was es überhaupt gibt.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Der Österreichische Gewerkschaftsbund ist ein Verein, und wir stehen dazu, dass wir in Österreich Vereinsfreiheit haben (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dolinschek), und jeder Verein, auch der Gewerkschaftsbund, hat ein Recht zu existieren. Wer bestimmt, bitte schön, welcher Verein erlaubt ist und welcher nicht? Wer soll denn das bestimmen? Sie? Welcher Verein ist der nächste, den es dann nicht mehr geben darf? Also wo endet das denn eigentlich? Nach welchen Kriterien beurteilen Sie das? Ob das in das Konzept des Herrn Stronach passt oder nicht? (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz ehrlich, ich glaube, da passieren Dinge, die Sie selbst wahrscheinlich gar nicht so wirklich verstehen.

Und wenn man sich jetzt Ihre Anfrage – vor allem im Bereich der Fragen – durchliest, dann kommt man ungefähr drauf, worum es Ihnen eigentlich geht. Beispielsweise die Sonntagsöffnung: Sie kritisieren ja, dass dayli jetzt in Konkurs gehen muss, weil man am Sonntag nicht offen haben darf. – Das ist geltendes Gesetz! Ich kann doch nicht ein Unternehmen auf etwas aufbauen, was in Österreich gar nicht erlaubt ist, und dann sagen, weil es jetzt nicht erlaubt ist, sind die Bösen da oben schuld. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen bekennen uns ganz klar zur Sonntagsruhe, denn es muss auch Ruhe geben. (Abg. Strache: Familientag!) Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Es gibt hier auch einen Beschluss, den Sie, glaube ich, sogar mitgetragen haben. (Zwischenrufe beim Team Stronach.) – Dann haben Sie ihn nicht mitgetragen. Stimmt, Sie möchten ja am Sonntag Möbel kaufen. Sie haben ja schon einmal im Ausschuss beklagt, wie tragisch das alles ist, dass Sie am Sonntag nicht Ihr Mobiliar einkaufen können. – Sie hätten das auch am Samstag oder am Montag machen können! (Abg. Öllinger: Mit dem Sohn!) – Mit dem Sohn am Sonntag. (Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.) – Ja, Sie arbeiten. Es ist schon klar: Sie sind der einzige Mensch auf dieser Welt, der es nicht schafft, unter der Woche seine Möbel einzukaufen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Auch die Mitarbeiter haben Familie. (Beifall bei FPÖ und SPÖ sowie des Abg. Grosz.) Daher, sage ich Ihnen, ist der Sonntag auch ein heiliger Tag – jetzt nicht im Sinne einer Religion, aber er ist ein Ruhetag. Und er hat auch für


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die Menschen da zu sein, und dazu stehen wir auch, und dazu steht Gott sei Dank der Großteil dieses Hohen Hauses. Das sehe ich schon so.

Es gibt auch ein Zweites, das man schon ein bisschen erwähnen muss. Der Herr Stronach wirbt ja immer mit der Beteiligung der Arbeiter, wie er das nennt. Man muss die Arbeiter daran beteiligen!, das ist sozusagen sein Schlagwort, und dabei versucht er immer, den Menschen zu erklären, wie großartig sein Modell ist und wie großartig das ist, was der Magna-Konzern hier geschafft hat. (Abg. Strache: Da gibt es einen „tollen“ Beleg: 14 € im Jahr! 14 € Gewinnbeteiligung!)

Herr Lugar, ich habe hier eine Unterlage betreffend die Ausschüttung für das Jahr 2011, ausgestellt im November 2012 – das war das Letzte, was Mitarbeiter bekommen haben: „Gemäß Information der Magna Automotive Holding AG haben Sie im Rahmen des Mitarbeiterbeteiligungsprogrammes bis 31.12.2011“ soundso viel Stück „Aktien der Magna International (...) erhalten und somit ergeben sich für Ihr Aktienpaket folgende Werte.“

Also die Mitarbeiterbeteiligung erfolgt in Aktien des Unternehmen.

„Ihr Dividendenertrag nach allen Abzügen EUR 13.0“ – (Beifall und He-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Strache: Na Wahnsinn! Das ist wirklich sozial! Mitarbeiterbeteiligung: 13 € im Jahr!)

Also das ist die großartige Mitarbeiterbeteiligung. Aber es geht noch weiter. (Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.) – Hören Sie ein bisschen zu! Regen Sie sich nicht so auf! Es ist mir schon klar, dass Sie das nicht gekannt haben, weil ich glaube, dass die Kommunikation nicht so großartig ist. – Es geht noch weiter:

„Auf Wunsch der Magna Automotive Holding AG bestätigen wir Ihnen, dass Ihre Aktien auf einem Wertpapierdepot der Magna Automotive Holding AG, lautend auf Treu­handdepot Mitarbeiterbeteiligung, bei der UniCredit Bank Austria AG hinterlegt sind.“

Das heißt, die bekommen eine Aktie, die muss dort hinterlegt sein, wo es die AG will. Also die Mitarbeiter können gar nicht mitreden, was mit den 13 € passiert. – Weiter im Text: 

„Ihre Steuerverpflichtungen sind mit Einbehalt und Abfuhr der österreichischen Aus­lands-KESt sowie Abzug der kanadischen Quellensteuer erfüllt. Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an Ihre Personalabteilung.“ (Beifall und He-Rufe bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.)

Also wenn das die großartige Mitarbeiterbeteiligung ist, Herr Lugar! Bei allem Respekt: Das geht massiv in die Hose! Das ist ein reiner Wahlkampfgag, den Sie hier bringen, und da frage ich mich schon, was das soll. Das ist eine Verhöhnung der Arbeitnehmer! (Beifall bei der FPÖ.)

Und das noch dazu von jemandem, der es gar nicht der Mühe wert findet, hier, in dieser Republik, Steuern zu bezahlen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Er will zwar in der österreichischen Politik großartig mitmischen und hier großartig mitreden, in Wahr­heit ist es aber so, dass er sich die meiste Zeit des Jahres gar nicht in Österreich aufhält. Die meiste Zeit ist er irgendwo, um hier nur ja keine Steuern bezahlen zu müssen. (Abg. Strache: Ein klassischer Steuerflüchtling, der es sich richtet! Während alle anderen ..., richtet er es sich!) Also das ist nicht unbedingt sehr vorbildhaft.

Das Gesundheitswesen, das Sozialwesen: all das wird von den Steuereinnahmen und den Sozialabgaben der gesamten österreichischen Bevölkerung bezahlt – nur der Herr Stronach, der nimmt sich davon aus. (Abg. Rädler: Herr Prinzhorn!)


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Aber jetzt auch noch ein paar Worte zur Gewerkschaft, denn man kann die Gewerk­schaft natürlich schon auch kritisieren, das ist überhaupt keine Frage. Da gehe ich jetzt auf die Stadt Wien ein, und insofern ist es schade, dass der Herr Sozialminister, der ja als Wiener Spitzenkandidat die Zustände gerade bei der Stadt Wien kennt, heute nicht persönlich hier ist.

In der Stadt Wien ist es natürlich schon so, dass auf Mitarbeiter ein subtiler Druck ausgeübt wird, dass sie, wenn sie bei der Stadt Wien anfangen wollen, doch bitte auch Mitglied der Gewerkschaft werden sollen. – Das lehnen wir massiv ab. Das ist Missbrauch. Da sind wir sogar bis zu einem gewissen Grad Ihrer Meinung. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach sowie des Abg. Mag. Widmann.) Das soll nicht passieren – und auch das nicht, was sich in diversen Führungsetagen abgespielt hat. Natürlich ist das zu verurteilen, aber prinzipiell, Herr Lugar, ist der Gewerkschaftsbund ein Verein, der eine Arbeitnehmervertretung ist, und, seien Sie mir nicht böse, gerade in einer globalisierten Zeit brauchen wir eine starke Arbeitnehmervertretung. Das ist notwendig wie nie zuvor.

Ich verstehe sehr wohl das Ansinnen des Herrn Stronach – der möchte natürlich irgendwelche Zuckerln für seine Konzerne haben, stattdessen bekommen die Mitarbeiter die 13 €-Aktien; ist in Ordnung, das nehmen wir zur Kenntnis –, aber wir haben lieber eine Gewerkschaft, die auf Seiten der Arbeitnehmer mit ihnen kämpft, ohne die Missstände. Die gehören ausgemerzt. Da sind wir bei Ihnen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Marek. – Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. – Bitte.

 


16.25.44

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ja jetzt eine ziemlich schräge Situation. Ich bin ja schon dankbar für die Stellungnahme der FPÖ. Aber das war ja auch nicht immer so: Ich kann mich noch an die Zeit zu Anfang der Zweitausender-Jahre erinnern. (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer. – Abg. Dr. Karlsböck: Das war eine andere Partei!) Da gab es zwar nicht das Problem mit dem ÖGB, aber mit den Kammern, soweit ich mich erinnern kann. Aber unter dem Strich: Danke für die Stellungnahme! (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Möglicherweise ist es so, Herr Kollege Lugar, dass hier im Haus noch einige Genies schlummern – kann sein; möglicherweise entdecken wir sie auch noch –, aber eines kann ich mit Sicherheit sagen: Das, was Sie heute hier geliefert haben, diese Anfrage, auch Ihre Beschwerde wegen des Sozialministers, das war mit Sicherheit nicht genial, sondern eher (Abg. Riepl: Trivial!) zum Genieren – das hängt nicht mit Genie zusam­men.

Das war deshalb zum Genieren, weil Sie in der Begründung Ihrer Dringlichen Anfrage auf im Wesentlichen zwei Ereignisse eingehen. Sie vergleichen diese miteinander und sehen in beiden Ereignissen – nämlich den Konkurs von dayli, den bevorstehenden Konkurs, muss man korrekterweise sagen, und den schon eingetretenen Konkurs der Alpine – die Gewerkschaften verantwortlich.

Heute haben Sie aber in Ihrer Rede etwas völlig anderes geboten. Sie haben bei der Alpine eigentlich nicht mehr, so wie in der Anfrage, die Gewerkschaften verantwortlich gemacht. Das haben Sie in Ihrer Rede völlig ausgeklammert, weil Sie offensichtlich schon geahnt haben, dass man da der Gewerkschaft eigentlich nichts ans Zeug flicken kann.


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Bei dayli lohnt es sich, noch etwas näher dranzubleiben, zunächst einmal deshalb, weil es hier einen breiten Konsens gibt – darauf wurde schon hingewiesen – zwischen den Parteien, bei dem Sie möglicherweise nicht dabei sind, dass wir, die Parteien hier im Haus – und zwar fast alle, wenn ich Sie jetzt ausnehme –, keine Erweiterung der Sonntagsöffnung wollen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.) Da besteht Konsens. Den gibt es schon lange zwischen den Parteien, der wird auch gepflegt. Da gibt es Differen­zen dort, wo es dann einzelne Ausnahmen gibt (Zwischenruf des Abg. Hagen), aber im Wesentlichen sind wir hier alle der Meinung, dass wir nicht mehr Sonntagsöffnung, sondern auch eine Sonntagsruhe brauchen, so, wie wir sie haben, und so, wie sie hoffentlich vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land – auch dank eines sozialpolitischen Fortschritts – vergönnt ist. (Beifall bei Grünen, SPÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Denn Sonntagsruhe, die hatten wir nicht immer. Es gab die Zeiten im 19. Jahrhundert – das sind für Sie die Klassenkampfzeiten –, in denen die Unternehmer damals noch durchsetzen konnten, dass jeder Arbeitnehmer jeden Tag zu jeder Arbeitszeit verfüg­bar sein musste. Diese Zeiten wollen wir nicht zurück. Und wenn das ein Konsens in diesem Haus ist, dann wäre ich sehr froh, wenn Sie sich zu diesem Konsens äußern, bekennen – oder ihn klar ablehnen. Dann wissen wir endlich, woran wir sind. (Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.)

Ein wichtiger Punkt war der Vorwurf, den Ihnen Kollege Katzian gemacht hat, und ich glaube, er hat recht. Egal, womit man es begründet: Das, was Sie geboten haben, Herr Kollege Lugar – und ich will es jetzt nicht nur darauf zurückführen, dass Sie hier als Sprachrohr des Herrn Stronach fungiert haben –, das ist Klassenkampf von oben.

Ich bringe Ihnen ein anderes Beispiel als das, was Kollege Katzian gebracht hat. Es gibt die Frage 9: „Studien zufolge beträgt der Sozialbetrug in Österreich“ – und hier kommt eine wichtige Einschränkung – „(ohne Steuerhinterziehung) rund eine Milliar­de Euro.“

Der Herr Gesundheitsminister hat darauf hingewiesen, dass ihm – auch mir – keine Studie bekannt ist, die den Sozialbetrug mit 1 Milliarde beziffert. Aber soll sein. Jedoch frage ich Sie: Warum klammern Sie die Steuerhinterziehung aus? (Abg. Ing. Lugar: ... 3 Milliarden ausmacht!) Sie, ich und wir alle hier in diesem Haus wissen, dass die Steuerhinterziehung das mindestens Zehnfache, wenn nicht sogar ein Vielfaches von dem ausmacht, was in Österreich an sogenanntem Sozialbetrug von den unteren, von den einfachen Leuten vollzogen wird. Und warum wenden Sie, Herr Lugar, sich nicht der Steuerhinterziehung zu? – Eine einfache Erklärung (Zwischenruf des Abg. Strache): weil Ihr Chef hier in Österreich einer der praktizierenden Großmeister der Steuerhinterziehung ist! (Beifall bei Grünen, SPÖ und FPÖ sowie der Abg. Franz. – Abg. Ing. Lugar macht die sogenannte Scheibenwischerbewegung.)

Ja, selbstverständlich ist das so! Selbstverständlich ist das so! Da können Sie den Wischer zeigen, so lange und so oft Sie wollen: Der gute Herr Stronach zahlt seine Steuern lieber in Kanada, weil sie dort niedriger sind. Er zahlt seine Steuern im Steuerkanton Zug in der Schweiz ... (Abg. Ing. Lugar – in Richtung Präsidium –: Darf er das taxfrei sagen?) – Was wollen Sie denn sagen? (Abg. Ing. Lugar: Wo sind wir denn? Dürfen Sie taxfrei eine strafbare Handlung unterstellen? – Abg. Ing. Lugar macht abermals die sogenannte Scheibenwischerbewegung.) Ja, und Sie dürfen mir offensichtlich taxfrei den Wischer zeigen?! – Ja, das hätten Sie sich so vorgestellt! Das ist vielleicht in Ihrer Welt so, aber hoffentlich nicht hier im Haus – hoffentlich nicht hier im Haus! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Hören Sie zu, Herr Kollege Lugar! Hören Sie zu: Ihr Chef zahlt, das ist offensichtlich, keine Steuern oder wenig Steuern in Österreich, er zahlt lieber Steuern im Steuer-


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kanton Zug in der Schweiz (Abg. Strache: Er schraubt sich sozusagen vor seiner Ver­antwortung in Österreich!), wo wir alle wissen, dass das Steuerzahlen dort am billigsten von ganz Europa ist. Zug ist eine Einladung zur Steuerhinterziehung! (Beifall bei Grünen, SPÖ und FPÖ.) Jeder, der in Zug seine Steuern zahlt und hier in Österreich als Österreicher gelten will, dem kann man schon zu Recht unterstellen, dass er das macht, um hier in Österreich Steuern zu hinterziehen. Ja selbstverständlich! Selbstver­ständlich, Herr Kollege Lugar! Und je höher die Einnahmen sind, desto mehr zahlt sich natürlich das Steuerhinterziehen über Zug aus.

Hier soll Ihr Herr Stronach die Steuern zahlen (Beifall bei Grünen, SPÖ, FPÖ und BZÖ), wenn er Österreicher sein will und wenn er in Österreich kandidieren will! Das ist eine völlig legitime Forderung. Und er soll sich nicht ein Modell aussuchen, wo man sich auf ein halbes Jahr nach Kanada orientiert und auf ein halbes Jahr nach Zug und nebenbei in Österreich noch Politik machen will, indem man (Ruf bei der FPÖ: Abgeordnete kauft!) den Gewerkschaften vorschreibt, was sie zu denken haben und wie sie zu denken haben und wie sie hier in Österreich ihre Auseinandersetzung mit den Unternehmen beziehungsweise mit der Politik zu führen haben. Das geht mit Sicherheit nicht, Herr Kollege Lugar! (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie des Abg. Strache.)

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen, um auch den Druck ein bisschen herauszu­nehmen, weil ich finde ja fast schon, das Team Stronach hat in dieser Auseinander­setzung zu viel Bedeutung. So wichtig sind Sie mit Ihrer Kritik und in der Auseinan­dersetzung mit den Gewerkschaften nicht! Ich glaube, dass eine jede der Parteien, wenn wir hier vernünftig reden könnten – aber das fällt mit Ihnen beziehungsweise mit Ihrem Chef sehr schwer (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer) –, dass also eine jede der Parteien, inklusive der Sozialdemokratie, aber dort vielleicht am mildesten ausgeprägt, ihre Probleme mit dem ÖGB, ihre Kritik am ÖGB hat. Ich habe sie auch.

Ich bin jahrzehntelang Gewerkschafter, aber ich werfe den Gewerkschaften vor, dass sie bestimmten Dingen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Ich will auch darüber reden können, was in der Vergangenheit passiert ist – na selbstverständlich! Diese Debatte wird aber auch in den Gewerkschaften geführt, etwa als es um die BAWAG-Milliarden und um den Streikfonds des ÖGB gegangen ist. Da waren wir heftige Kritiker, da habe ich aber nichts von Ihnen und auch nichts vom Herrn Stronach gehört – da war er wahrscheinlich gerade in Kanada. Aber diese Auseinandersetzung ist zu führen.

Selbstverständlich ist auch die Auseinandersetzung darüber zu führen, ob Frauen im ÖGB, ob Frauen in der Gewerkschaft tatsächlich entsprechend ihrer Zahl repräsentiert sind, ob Frauenanliegen entsprechend dem geringen Repräsentationsgrad im ÖGB nicht unterrepräsentiert sind und Frauen manchmal mit ihren Anliegen zu kurz kommen. – Ja, diese Auseinandersetzung ist zu führen, und sie muss geführt werden!

Selbstverständlich ist auch die Auseinandersetzung um die Vorgangsweise, wie Sie sie angedeutet, aber eigentlich wenig vertreten haben, betreffend die Registrierung dieser Gesundheitsberufe, die ja jetzt über die Arbeiterkammern erfolgen soll – darüber reden wir bei einem anderen Tagesordnungspunkt –, zu führen. Ich halte das für ein verfehltes sozialpartnerschaftliches Vorgehen, ein Abtauschgeschäft, in dem auf der einen Seite die Wirtschaftskammer die Sozialbetriebe erhalten hat – die jetzt wirtschaftskammerumlagepflichtig sind, wo jeder weiß, dass das so nicht funktionieren kann –, und auf der anderen Seite kriegt die Arbeiterkammer die medizinisch-techni­schen Berufe mit der Registrierung. Da muss man, wenn man nicht ein veraltetes Sozialpartnermodell von vor 20 Jahren wiederholen und zum Scheitern bringen will, mit den Betroffenen vorher reden! Das ist an die Adresse der Gewerkschaften gerichtet.


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Ich halte es für wichtig, dass diese Auseinandersetzung solidarisch geführt wird. Ich halte es für wichtig, dass man den Gewerkschaften sagt (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen): Nicht einfach nur darauf vertrauen, dass ihr innerhalb der Sozialpartnerschaft eh alles irgendwie austäuscheln könnt, sondern redet auch mit den anderen oder schlecht repräsentierten Teilen in der Gesellschaft, die ja teilweise auch in die Gewerkschaft hineingehen wollen! – Dann kommen wir gemeinsam hoffentlich einige Schritte weiter. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Gaßner.)

16.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort. – Bitte.

 


16.36.22

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt haben alle Fraktionen sozusagen ihre Meinung geäußert. Ich bin jetzt von meiner Fraktion der Erste und kann mich eigentlich dem voll anschließen, dass diese Dringliche Anfrage ordentlich in die Hose gegangen ist – mit der einzigen Ausnahme vielleicht, dass die steigende Arbeitslosigkeit sicherlich ein Thema ist, das zu diskutieren ist, aber bei dem Rest ist, glaube ich, einiges danebengegangen.

Aber es ist auch kennzeichnend, wenn man weiß, wenn man den Kollegen Lugar kennt, dass er einen sehr starken und ausgeprägten Egoismus hat, das kommt eben da drüber. Aber man sollte immer wieder die Dinge von zwei Seiten betrachten! Das habe ich eigentlich immer gemacht – egal, in welcher Position, ob seinerzeit in der Privatwirtschaft als Betriebsrat oder in anderen Tätigkeiten –, weil man dann die Situation leichter versteht und mit seinem Gegenüber eine bessere Gesprächsbasis hat oder ihm auch leichter gegenübertreten kann. – Das ist einmal das eine.

Der Spruch „Wer das Gold hat, der macht die Regel“ ist sehr an die Diktatur angelehnt, und das möchte ich nie haben, und ich hoffe, es holt dich, lieber Herr Kollege Lugar, diese Regel nicht einmal in deinem eigenen Gremium ein. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Kurz zum Gewerkschaftsbund: Ich bekenne mich dazu, dass eine freiwillige Interes­sen­gemeinschaft unselbständig Erwerbstätiger wie der Österreichische Gewerk­schafts­bund, der ja sozusagen überparteilich ist, ihre Berechtigung hat und keiner ihre Abschaffung verlangen sollte, denn sonst könnte man ja auch gleich jeden Kultur­verein, jeden Sportverein abschaffen. Das ist also nicht das Gelbe vom Ei, das ist nicht sinnvoll.

Aber natürlich ist es so – das war auch immer meine Meinung –, dass man dort hinein und schauen muss, dass man dort auch ein Mitspracherecht hat. Natürlich ist die Gewerkschaft bei der Privatwirtschaft sehr rot dominiert, bei den Beamten sehr schwarz dominiert – aber das ist eben so in diesem Bereich. Und dass da nicht alles richtig läuft, das wissen wir auch, das war auch in der Vergangenheit so. Deswegen war es ja auch so, dass Bundeskanzler Schüssel seinerzeit die Sozialpartner stark aus der Regierung genauso wie aus dem Parlament hinausgedrängt hat und, als der BAWAG-Skandal war, Bundeskanzler Gusenbauer das ebenfalls so gehandhabt hat, was ihm dann zwei Jahre später eigentlich selbst zum Stolperstein wurde, weil man ihn nicht gleich in die Wüste hat schicken können, als er die Wahl gewonnen hat. – Das einmal dazu.

Das nächste Thema: Sonntagsarbeit, Ladenöffnungszeit. – Natürlich ist es so, dass es Personen gibt, die am Sonntag arbeiten müssen, die nach Feierabend arbeiten müs­sen. Das ist im Pflegebereich so, das ist im Krankenhausbereich so, das ist in den


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verschiedensten Bereichen wie im Gastgewerbe und im Fremdenverkehr so, aber die machen auch nur ein Geschäft, wenn andere frei haben. Es muss ja jemand die Gelegenheit dazu haben, irgendwo etwas zu konsumieren und das auch zu genießen. Aber der Kuchen ist immer der gleiche, und wenn ich eine Ladenöffnungszeit von 0 bis 24 Uhr habe, und das sieben Tage in der Woche, dann wird der Kuchen auch nicht größer, sondern er verteilt sich nur auf diese sieben Tage mal 24 Stunden. Das ist nur auf einen längeren Zeitraum aufgeteilt.

In jenen Bereichen, wo man zusätzliche Einnahmen lukrieren kann, wie etwa durch den Tourismus, gibt es in Österreich auf dem Verordnungsweg alle Möglichkeiten. Jeder Landeshauptmann kann auf dem Verordnungsweg ein Gebiet zum Tourismus­gebiet erklären, und dort ist dann am Sonntag eben offen, damit die Touristen auch einkaufen können. Dazu braucht es keine Änderung, das gibt es schon.

Aber jetzt zum Thema Mitarbeiterbeteiligung. – Die Frau Vorsitzende des Sozialaus­schusses hat eine Aussprache mit den deutschen Kollegen angeregt, einen Gedanken­austausch über Sozialpolitik, Arbeitsmarktpolitik und so weiter, und da habe ich die Frage gestellt, was die deutschen Kollegen zu einer Mitarbeiterbeteiligung sagen. Ein Kollege aus der CSU hat gesagt, das sei maximal denkbar bei börsenotierten Unter­nehmen, sonst nirgendwo.

Dieselbe Erfahrung habe ich auch gemacht. Wir haben auch verschiedene Mitarbeiter­beteiligungen gehabt. Am Ende des Jahres hat sich gezeigt, dass wir zwar gut, super bilanziert haben, aber damit wir wettbewerbsfähig bleiben, müssen wir neue Maschi­nen anschaffen, und daher muss natürlich auch dafür ein Teil vorgesehen werden. Das ist halt für einen Mitarbeiter nicht kalkulierbar. Ich bin dafür, und im Regierungs­programm, Frau Kollegin Oberhauser, steht das auch, Gewinn- und Kapitalbeteiligung, ja, aber das ist eine gefährliche Sache, sage ich Ihnen nur. Also man kann über das eine und andere reden, dass man Mitarbeiter beteiligt, aber nur zusätzlich zum Lohn und nicht in allen Bereichen.

Jetzt zum Thema Arbeitslosigkeit, das nicht verniedlicht werden sollte: Wir haben in Österreich die höchste Arbeitslosigkeit seit Kriegsende! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Team Stronach.) Das ist einmal so, und dem muss man entgegenarbeiten. Es wird jetzt über dayli geredet, 3 000 Leute stehen auf der Straße. Das ist sehr bedauerlich. Es muss dagegengesteuert werden, und zwar nicht nur bei dayli. Wenn der dayli-Chef die Ausrede dort sucht, dass das wegen der Sonntagsöffnung ist, so ist das an den Haaren herbeigezogen. Das stimmt sicher nicht.

Aber es gibt auch andere. Der Wäschehersteller Triumph hat 350 Leute gemeldet, Niedermeyer 280, die Bank Austria will bis zum Jahr 2016 800 Leute loswerden, die Bawag P.S.K. ebenfalls 500 bis Ende des Jahres, Swarovski 150, AT&S und nicht zu vergessen die Baufirma Alpine. Wir haben schon ein gewisses Problem, und man kann das nicht immer schönreden, dass wir am besten dastehen in Europa, mit der geringsten Arbeitslosigkeit, mit der geringsten Jugendarbeitslosigkeit.

Ich sage Ihnen, die Arbeitslosenzahl ist um 22 172 Personen im Vergleich zum Vor­monat des letzten Jahres gestiegen. Das sind immerhin um 10,1 Prozent mehr. Daneben gibt es noch rund 70 000, nämlich 72 158, die in Schulungen sind. Wir haben 242 242 Arbeitslose. Das Interessante ist, dass auch eine steigende Arbeitslosigkeit bei den Akademikern zu verzeichnen ist. Das ist besonders besorgniserregend, weil das hoch ausgebildete Leute sind. Dem muss entgegengesteuert werden, geschätzte Damen und Herren!

Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Im Regierungsprogramm 2008 bis 2013 steht, Sie wollen ein modernes und flexibles Arbeitsrecht schaffen und eine Beseiti­gung dieser Rechtszersplitterung erreichen. Bitte, setzen Sie das endlich einmal um!


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Bis jetzt haben Sie noch gar nichts gemacht. Wir haben noch immer keine Regelung für die Neuen Selbständigen, wir haben gerade wieder gehört, dass es bei den Freiwilligen, die im Einsatz sind, Unterschiede bei der Entgeltfortzahlung gibt. Bei den Angestellten verhält es sich anders als bei den Arbeitern, und so weiter. Dafür, Herr Katzian, müssen wir uns gemeinsam einsetzen. (Beifall beim BZÖ.)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


16.43.47

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Bundesregierung! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass das, was mit der Alpine passiert ist, eine Katastrophe für den öster­reichischen Arbeitsmarkt ist. Ich glaube, darin sind wir uns alle einig. Aber worüber wir heute noch nicht gesprochen haben: Was ist mit dem Management der Alpine? Was ist mit diesen Damen und Herren, die Millionen Euro verdient haben – da wird mir, glaube ich, auch die Gewerkschaft recht geben – und die sehr wohl im Jahr 2012 gewusst haben, dass die Alpine den Bach runtergeht? Ihr alle wart involviert, ihr alle habt es gewusst, auch die Gewerkschaft und die Banken, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir alle gehört haben, haben die Banken im Jahr 2012 Rückstellungen vorgenommen, weil sie gewusst haben, dass es mit der Alpine bald nicht mehr weitergeht.

Wer hat die Belegschaft informiert? Wer hat den Häuselbauern, wer hat den Hochwas­seropfern, die bei der Alpine arbeiten, gesagt: Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit eurem Job schaut es nicht mehr gut aus!? Ihr habt jetzt zwei Angebote, Swietelsky, Alpine. Wer fängt bei der Alpine an zu arbeiten?

Wir haben Hunderte Fälle, schwarz auf weiß, von Arbeitern, die bei der Alpine begonnen haben und jetzt alle arbeitslos sind. Ihr alle habts wegg’schaut. (Abg. Binder-Maier: Sag einmal!) Ihr alle habts wegg’schaut. Die Gewerkschaft weiß es ganz genau. Man hätte zu einem Frühwarnsystem greifen und klipp und klar sagen müssen: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben jetzt ein riesen Problem! Ich bin wirklich dankbar für jeden Arbeitsplatz, der geschaffen worden ist. Ich danke der Gewerkschaft auch dafür, dass sie jetzt so schnell gehandelt und binnen eines Tages Versammlungen abgehalten hat, ganz klar. Aber warum hat sie nicht schon 2012 bei den Versammlungen gesagt: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir hoffen, dass ihr alle einen Job habt, aber wir befürchten, dass es bald aus sein wird!? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und was – und da könnt ihr zwischenrufen, was ihr wollt –, was ist mit den Zuliefer­firmen? Die Alpine hat mit Dumpingpreisen gearbeitet. Schauen wir uns die Baustellen an, ich habe sie mir ganz genau ang’schaut: Dumpingpreise, mit denen der kleine Bauarbeiter, die kleine Baufirma vom Land nicht hat mithalten können. Die haben Mitarbeiter entlassen müssen, weil die Alpine auf Steuerzahlerkosten – wie wir jetzt sehen – zu Dumpingpreisen angeboten hat. (Beifall beim Team Stronach.) Sie ist teil­weise auf 40 Prozent unter den üblichen Preis gegangen.

Auf der einen Seite, Kollege Muchitsch, bin ich dir dankbar, dass du gesagt hast, das ist gar kein Problem, die Mitarbeiter finden gleich wieder einen Job. Aber wir sind in Europa, schauen wir uns die Baustellen in Wien an – du hast deine Aussage dann auch revidiert –, wir alle wissen, alle Baustellen, die ein größeres Volumen haben, müssen jetzt europaweit neu ausgeschrieben werden. Das ist ganz klar, nur: Was passiert? (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, das ist so in der Baubranche, ich weiß, es ist halt einfach so. Aber wissen Sie, was das Problem ist? Die Baustellen stehen jetzt


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ein Jahr still. Es wird jetzt alles neu ausgeschrieben, das dauert sechs Monate. Wo werden denn die Leute unterkommen, wo sollen die Menschen jetzt arbeiten? Die können wir nicht alle bei den ÖBB parken, so wie die Lehrlinge.

Ich würde mir wirklich wünschen, dass man hier gemeinsam etwas Neues überlegt, dass man die Schuld nicht immer bei jemandem anderen sucht, sondern klipp und klar sagt: Das ist eine Megakatastrophe, was da passiert ist! Die Aktienfirmen und die großen Baufirmen, die es sich richten, können zu Dumpingpreisen anbieten, was die ganze Wirtschaft rundherum zugrunde richtet. Es gibt Tausende Zulieferfirmen, die Familienbetriebe sind, die jetzt kein Geld bekommen, die aber nicht drei, vier Monate lang auf das Geld warten können. Das ist ein Skandal für die Wirtschaft.

Ich würde mir einfach wünschen, dass man das Ganze nicht ins Lächerliche zieht, sondern wirklich gemeinsam eine Lösung findet, dass es das in Zukunft einfach nicht mehr gibt. Wir alle wollen keinen derartigen Skandal mehr. Wir haben erst vor Kurzem darüber geredet, wir haben Tausende Menschen, die keinen Arbeitsplatz haben. Jetzt verlieren wieder Hunderte ihren Job, da könnt ihr umstrukturieren, was ihr wollt.

Das Belebungspaket, werte Bundesregierung, das ihr jetzt umsetzen wollt, ist gut und richtig, kommt aber viel zu spät. Hättet ihr es ein halbes Jahr früher beschlossen, würde es jetzt greifen. Bis das Ganze aber greift, haben Tausende Menschen über den Sommer keinen Job. Deswegen müssen wir in Zukunft vieles besser machen, und das geht, glaube ich, nur gemeinsam – für Österreich. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

16.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.48.46

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte nie gedacht, dass mir Frank Stronach einmal leidtun wird. (Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ.) Aber so dermaßen zwischen Genie und Wahnsinn, was sich da jetzt abgespielt hat – also mein herzliches Beileid an den „Sektenführer“ Frank Stronach, das hat selbst er sich nicht verdient! (Beifall bei SPÖ und BZÖ.)

Lassen Sie mich mittels „Franks Welt“ – es gibt dieses Buch – vielleicht ein bisschen aufrollen, wie Franks Welt sich darstellt. Wenn man sich einen Naturbeitrag in „Uni­versum“ oder anderswo anschaut, so beginnt das meistens mit: Der natürliche Feind – was weiß ich – der Robbe ist der Killerwal.

Der natürliche Feind des Frank Stronach sind starke Gewerkschaften. (Abg. Ing. Lugar: Ein Blödsinn!) – Ach so? Das ist etwas Neues, aber gut.

Er sagt, es geht ganz einfach: Es gibt ein Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Miteinander! Ich hätte gerne gewusst, wie Sie glauben, dass dieses Miteinander ausschaut, wenn wir uns anschauen, was sich jetzt schon im Mana­gementbereich mit starken, wie Sie selbst sagen, zu starken Gewerkschaften abspielt. Dass für ein Gehalt eines Managers eine Familie 28 Jahre lang arbeiten muss, dass es das 49-Fache eines Arbeitnehmers ausmacht – das ist das Miteinander zwischen denen, die Arbeitgeber sind, und denen, die Arbeitnehmer sind.

Die Mitarbeiterbeteiligung hat Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein schon sehr gut ausgeführt, sie hat den Aktienteil dargestellt. Es gibt noch 50 Prozent, die bekommen ihre im Sackerl. Wie wir von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, „kleinen“ Mitarbeiterin­nen und Mitarbeitern, wissen, kommt am Ende des Jahres der Werkmeister oder der Chef mit einem Briefkuvert, in dem es scheppert, und da sind meistens 1 € oder 2 €


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drin. Das ist dann das Geld, das nicht in den Aktienfonds, versteuert in Kanada, fließt, sondern das der Mitarbeiter als Weihnachtsgeld mit nach Hause nehmen kann. So schaut die Welt des Frank Stronach aus.

Wenn man sich die Mitarbeiter-Charta von Magna anschaut, dann steht dort, er bietet ihnen an, zu vergleichen, ob das, was sie verdienen, auch das ist, was in der Umgebung verdient wird, und wenn es zu wenig ist, dann könnte man das vielleicht anpassen. – Das ist das, was Stronach unter einer starken Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern versteht.

Noch kurz zu dayli, um, wie Karl Öllinger schon gesagt hat, dem „Sprechpuppenklub“ des Herrn Stronach nicht allzu viel Bedeutung beizumessen: Bei dayli sind von den 3 300 Beschäftigten der größte Teil Frauen. Was Sie jetzt machen, ist, zu versuchen, billigstes Kleingeld aufgrund der drohenden Arbeitslosigkeit wegen eines möglichen Konkurses einer Firma herauszuschlagen, indem Sie sagen: Schuld ist die Gewerk­schaft!

Herr Markowitz hat sehr glaubhaft über die Alpine gesprochen, das zweite Thema in der Dringlichen. Wer ist denn dort Vorstandsvorsitzender? – Ist das nicht ein Kollege aus der FPÖ, der ehemalige Kabinettchef von Gorbach? Wer hat die große Verant­wortung als Manager von Alpine für diese Dinge getragen? Sie könnten fragen, Herr Markowitz, wenn Sie wollen, fragen Sie einfach!

dayli braucht man nur zu googeln, das World Wide Web ist ja unermesslich informativ. Wenn man Herrn Haberleitner googelt, dann findet man unter anderem auch, dass er bereits im Jahr 2001 das Hohe Haus beschäftigt hat, und zwar in Bezug auf die Frage: Wie wird Haberleitner von Forstinger bezahlt? Wie funktioniert das in der Beteiligungs­gesellschaft, in die er involviert war? Es gab eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Petrovic: Kann jemand im Aufsichtsrat sitzen und gleichzeitig mit einem Tageshonorar von 30 000 Schilling als Berater der gleichen Firma tätig sein? – Das ist die eine Ge­schichte.

Die zweite Geschichte findet sich, wenn man sich das „WirtschaftsBlatt“ ansieht. Er hat große Spuren hinterlassen, und zwar Spuren meistens dahin gehend, dass er Geschäfts­konzepte auf den Tisch gelegt hat, die immer damit geendet haben, dass es zwischen seinem Auftraggeber und ihm zu einer Riesenstreiterei gekommen ist. Es gab mehrere oberösterreichische Firmen, die seine Konzepte so zerlegt haben, dass die Investoren ausgestiegen sind und er über Nacht entlassen wurde.

Auf die Frage an die damalige Ministerin Forstinger, was Herr Haberleitner für Qualifi­kationen hat, ist Auskunft darüber erteilt worden, dass ein getilgter Strafregisterauszug nicht mehr im Lebenslauf aufscheinen muss.

Das wird schon so sein, aber jetzt zu versuchen, Menschen zu erklären, dass Gewerk­schaften daran schuld sind, wenn ein offensichtlich einfach gestrickter Mann, der, wie wir schon gehört haben, mit einer Million im Koffer nach Udine ins Hotel fährt und dann sagt, ups, es ist weg, ein Konzept liefert, aufgrund dessen Novomatic aussteigt – was ist verstehe –, das ist nicht einmal mehr Genie, das ist schon wirklich Wahnsinn. (Beifall bei SPÖ, Grünen und BZÖ.)

16.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


16.54.09

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Diese Legislaturperiode neigt sich nun dem Ende zu, und ich muss sagen,


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das jetzt ist wohl die tiefste Debatte, die wir hier in diesem Haus jemals geführt haben, niveaulos (Rufe bei FPÖ und Grünen: Na ja!) – nicht von allen, bitte, nicht von allen –, teilweise niveaulos, sodass man sich nur genieren kann, und ich glaube, dass die Bürgerinnen und Bürger sich auch wirklich für ihre Volksvertreter genieren.

Dass die Dringliche Anfrage des Herrn Lugar heute in die Hose gegangen ist, das haben schon einige Vorredner vor mir gesagt. Ich möchte nur noch einmal in Erin­ne­rung rufen, wir haben heute von keinem Redner des Teams Stronach – von keinem! – irgendwelche Lösungsvorschläge weder für den Alpine-Konkurs noch für andere Insolvenzen, die in dieser Dringlichen Anfrage angeführt werden, gehört.

Herr Lugar hat zu Beginn nur um den heißen Brei herumgeredet und Herrn Minister Hundstorfer herbeibeschworen und wahrscheinlich ohnehin gewusst, dass sich Herr Minister Hundstorfer im Ausland befindet, dass er in Deutschland ein Erfolgsmodell, nämlich die duale Ausbildung, als Best-Practice-Modell präsentiert. Das ist unverständ­lich, und ich glaube, das können die Bürgerinnen und Bürger zu Hause vor den Fern­sehbildschirmen überhaupt nicht nachvollziehen.

Was wird gemacht? – Es wird sehr viel von der Bundesregierung gemacht, es wird sehr viel auch von den Ländern gemacht, von den Landeshauptleuten, es wird sehr viel mit Auffanggesellschaften gemacht. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Alpine werden aufgenommen, Bauprojekte werden weitergeführt, und man versucht, auch nachhaltig die Arbeitsplätze zu erhalten. Das machen wir, das machen unsere Landeshauptleute von Rot und Schwarz, das macht die Bundesregierung, weil wir der Meinung sind, die Sozialpartnerschaft ist in Österreich ein Erfolgsprojekt. Wir wollen gemeinsam den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Arbeitsplätze erhalten, wir wollen sie sichern, und wir wollen sie auch nachhaltig sichern.

Wir sind natürlich – Kollege Steindl wird dann noch darauf eingehen – auch darauf bedacht, dass die kleinen und mittleren Betriebe, die bisher Zulieferbetriebe der Alpine waren, nicht unter die Räder kommen. Das ist uns auch wichtig. Dazu brauchen wir aber keine billige Polemik, Herr Kollege Lugar, und dazu brauchen wir auch kein Bashing auf die Gewerkschaften.

Natürlich unterscheiden sich die Christgewerkschafter von der FSG, das ist überhaupt keine Frage. Aber ganz ehrlich, Herr Kollege Lugar, wenn das Management bei der Alpine versagt, wenn Herr Haberleitner von dayli schon öfter gefloppt hat mit Ge­schäftskonzepten, dann weiß ich nicht, welche Schuld die Gewerkschaft an den jetzt drohenden Insolvenzen trägt.

Ich möchte jetzt auch noch einmal auf das Thema dayli zu sprechen kommen. Zunächst einmal: Wir haben hier in diesem Haus Ladenöffnungszeiten beschlossen, wir haben die Ausweitung von Ladenöffnungszeiten beschlossen. Wir haben Touris­mus­regelungen beschlossen, wonach die Landeshauptleute sich aussuchen können, wo Tourismuszonen liegen, was teilweise überhaupt nicht genutzt wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Sinne der geschäftstüchtigen Menschen in diesem Lande, im Sinne der Gastronomiebetriebe – es ist nicht einfach, einen Gastronomiebetrieb zu führen – ist, dass die Firma dayli für sich die Sonntagsöffnung durch die Hintertür einführt, nur weil sie ein Schlupfloch in der Gewerbeordnung findet. Ganz ehrlich, das kann ich nicht verstehen, und dass Herr Stronach und das Team Stronach dafür sind, das ist für mich sehr bemerkenswert. Eigentlich wird hier das Gesetz gebrochen, etwas durchgesetzt, wovon man träumt, was es aber in Österreich gar nicht gibt, nämlich die Sonntagsöffnung in den Handelsbetrieben. Dagegen sind wir, dagegen treten wir auf.

Abschließend möchte ich noch einmal darauf eingehen, was wir hier im Hohen Haus auf Initiative vieler Unternehmensinteressenvertreter, aber natürlich auch Arbeitneh­merinteressenvertreter in den vergangenen Jahren gemacht haben, wo wir den Mitar-


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beiterinnen und Mitarbeitern auch in Krisenzeiten sehr wohl zur Verfügung stehen: Bildungsteilzeit, Bildungskarenz; wir bieten mit dem Pflegefonds Hilfe dort, wo sie notwendig ist; Pflegekarenz, Pflegeteilzeit, alles Dinge, die den Menschen helfen, wenn sie im Arbeitsprozess stecken und sich trotzdem irgendwie in einer familiären Krise befinden.

Wir haben sehr viel gemacht. Wir haben beispielsweise die Lehre mit Matura ein­geführt, sodass wir die Menschen weiterqualifizieren, dass es gar nicht erst so weit kommt, dass sie den Arbeitsplatz verlieren. Wir geben ihnen viele Chancen. Sie haben manchmal lieber polemisiert, gegen die EU gewettert, gegen die Regierung gewettert, gegen die Mächtigen gewettert, obwohl Herr Stronach selbst ein Mächtiger ist.

An dieser Stelle möchte ich noch ein Zitat bringen. Sie haben heute gesagt, die Mitarbeiter seien sehr zufrieden bei Herrn Stronach. Ich habe im Internet ein Zitat aus einem Informationsblatt vom März 2012 von der Lackiererei bei Magna Steyr in Graz gefunden. Auf diesem Flugblatt stand – ich zitiere –:

„Auf der einen Seite entlassen sie Leute und die Arbeitslosigkeit steigt – auf der ande­ren sollen die übrigen immer mehr arbeiten und Überstunden machen. Das ist eine Frechheit und nützt niemandem was – außer ,denen da oben‘. Die Herrschenden werden immer reicher und mächtiger, behandeln uns mehr und mehr als Sklaven.“

Das ist von der Firma MAGNA, und ich glaube, damit ist Frank Stronach gemeint.

Ich bin schon gespannt auf den Steuerakt, dann werden wir sehen, ob Herr Stronach in Österreich Einkommensteuer bezahlt. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Da werden wir nicht viel sehen!) Ich glaube nicht, sonst wäre es ihm nicht so wichtig, dass er sich mehr als 180 Tage im Ausland befindet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Neubauer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


17.00.10

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Ich zitiere: „Wir brauchen die Gewerkschaften nicht, sie blockieren alles, sind destruktiv und mit ihnen ist kein Staat zu machen“. – Zitatende. Frank Stronach einen Tag vor der Sendung „Im Zentrum“, ORF.

Herr Kollege Lugar, wenn Sie heute hier so tun, als sei das alles nie gesagt worden, dann ist das einfach nicht richtig! (Abg. Dr. Rosenkranz: Nein, das kann nicht sein!)

Frau Kollegin Dr. Oberhauser, ich habe Ihre Rede verfolgt und muss Ihnen sagen, wenn Sie hier Herrn Arnold Schiefer unterschwellig unterstellen, er hätte mit dem Desaster der Alpine etwas zu tun, weil in Verantwortung, darf ich Ihnen schon sagen: Herr Schiefer ist Ende April in dieses Unternehmen geholt worden, um zu retten, was noch zu retten ist. Er hat sich sehr bemüht. Und hätten die Spanier nicht letztlich den Geldhahn zugedreht, dann wäre es fast gelungen, etwas zu schaffen, was schier unmöglich schien, nämlich das Unternehmen doch noch zu retten. So gesehen war Ihre Unterstellung eigentlich unfair und unredlich, denn Herr Schiefer hat sich wirklich bemüht. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Genauso ist es unredlich, dass in diesem Zusammenhang von manchen Seiten eine Schuldzuweisung an die Gewerkschaften gemacht wurde, wie das auch manche Red­ner und Rednerinnen hier gemacht haben. Auch das lehne ich im Zusammenhang mit der Alpine wirklich ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Auf eines möchte ich schon eingehen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Da wir heute diese Anfrage mit 20 Fragen vorliegen haben, stellt sich für mich eine grund-


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sätzliche Frage: Da gibt es ein Team Stronach. Dieses Team Stronach kostet den Steuerzahler aus öffentlichen Geldern aufgrund der Klubsituation über 2 Millionen €. Dieses Team Stronach hat bewirkt, dass zahlreiche Ausschüsse in diesem Haus neu konstituiert werden mussten, um diese neue Situation auch in den Ausschüssen ent­sprechend abzubilden. Es gibt Ausschüsse, in denen das Team Stronach Beobachter- und Beraterstatus hat, wie auch im Sozialausschuss, der vor Kurzem getagt hat. Aber plötzlich gab es keinen Delegierten des Teams Stronach, der in der Lage gewesen wäre, zu dieser Sitzung auch nur zu kommen. – Das Geld kassieren Sie, Herr Lugar, aber zur Sitzung kommt man nicht! Das ist unredlich. (Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.) Das ist keine Transparenz. Das entspricht nicht jenen Werten, Herr Lugar, die Sie in der Öffentlichkeit immer für sich selbst einfordern. (Beifall bei FPÖ, SPÖ und BZÖ.)

Denn eines ist klar: Dieses Thema, das wir heute hier seit Stunden diskutieren, wurde in der letzten Sitzung des Sozialausschusses sehr transparent und offen besprochen. Und in seltener Offenheit hat Herr Bundesminister Hundstorfer alle Fragen zu dayli, alle Fragen zur Alpine sowie zu den damit in Zusammenhang stehenden Zuliefer­betrieben und alle anderen damit zusammenhängenden Fragen den Mitgliedern des Sozialausschusses beantwortet, das offen dargelegt. Und darüber hinaus hat der Hauptverhandler, Abgeordneter Muchitsch, später alle noch offenen Fragen gegenüber den Delegierten dargelegt; und zwar deshalb später, weil er erst von der Verhandlung, aus den Gesprächen gekommen ist. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Ich bedanke mich bei Herrn Kollegen Muchitsch auch für seinen Einsatz als Gewerk­schafter, der wirklich versucht, da Arbeitsplätze für diese Menschen zu schaffen beziehungsweise zu erhalten. Herzlichen Dank seitens der Freiheitlichen! (Beifall bei FPÖ, SPÖ und BZÖ.)

Und wenn ich weiß, dass die Leute des Teams Stronach nicht an der Sitzung des Sozialausschusses teilnehmen, aber den Herrn Minister dann mit 20 Fragen quälen, die bereits alle im Ausschuss beantwortet wurden, und sich dann auch noch beschweren, im Wissen, dass der Herr Minister nicht hier ist, dann, muss ich sagen, ist das eine Chuzpe der ganz besonderen Art. Das darf ich Ihnen sagen. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Wenn es um die Frage der Gewerkschaften an sich geht, dann darf ich als Frei­heitlicher hier noch einmal betonen, dass wir Freiheitliche natürlich für die Gewerk­schaften in Österreich auch als gewachsene Sozialpartner in diesem Land eintreten. Wir halten deshalb nichts von allgemeinen Auflösungsforderungen oder Verunglimp­fun­gen, denn wir brauchen Gewerkschaften für eine starke Arbeitnehmerunterstützung.

Ein Pluspunkt der Gewerkschaften ist zu verzeichnen, wenn es um die Erhaltung von Arbeitsplätzen geht. Aber es gibt natürlich auch Minuspunkte bei den Gewerkschaften; meine Kollegin Dagmar Belakowitsch-Jenewein hat schon ansatzweise darauf Bezug genommen.

Wenn ich jetzt – Herr Kollege Muchitsch, das ist mein Ansinnen an Sie – Alpine und dayli vergleiche, dann muss ich den Medien entnehmen, dass sich bei der Alpine, weil dort gewerkschaftlich vertreten, die Gewerkschaft wirklich bemüht um die Erhaltung der Arbeitsplätze beziehungsweise um die Auseinandersetzung mit den Arbeitnehmern, um Arbeitsplätze zu erhalten. Bei dayli scheint das offenbar nicht so zu sein, da die Gewerkschaft in einem Rechtsstreit mit dayli ist oder war, nämlich wegen der Sonn­tagsöffnungszeiten. Daher haben die 3 300 Menschen das Gefühl, von der Gewerk­schaft nicht in dem Ausmaß vertreten zu werden, wie das bei der Alpine der Fall ist.

Ich ersuche Sie daher – Arbeitnehmer sind Arbeitnehmer, egal, ob sie jetzt gewerk­schaftlich vertreten sein dürfen, nämlich das ist das Kriterium, oder nicht, das dürfte für


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die Gewerkschaft kein Kriterium sein –, sich auch in diesem Bereich, also für die dayli-Mitarbeiter, gewerkschaftlich einzusetzen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Eines möchte ich auch noch klar und deutlich sagen: Wenn heute hier immer schon von den gekündigten 3 300 Arbeitnehmern gesprochen wird, dann verwahre ich mich dagegen! Das ist kontraproduktiv, in Gesprächen, die derzeit noch stattfinden, zwischen neuen Interessenten und den noch arbeitenden Mitarbeitern. Man tut diesen Menschen nichts Gutes, wenn man sie heute schon als gekündigt darstellt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Zusammenfassend darf ich deshalb sagen, dass in Österreich derzeit eine Situation vorherrscht, die sich in den letzten Monaten als sehr erschwerend darstellt, sehr bedrohlich, was den Arbeitsmarkt insgesamt angeht. Wir haben einen Höchststand an Arbeitslosen zu vermerken, auch jetzt im Juni, nämlich mit einem Zuwachs von über 10 Prozent. Über 400 000 Menschen sind arbeitslos. Und ich würde mich wirklich freuen, würde sich die Gewerkschaft auch einmal zu Wort melden und sagen, dass bei einer Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes mit 1. Jänner 2014 nicht garantiert werden kann, dass diese Arbeitsplätze in Österreich, die jetzt schon sehr gefährdet sind, erhalten werden können, dass es nicht zu weiteren Kündigungen in Österreich kommt. Das wäre meines Erachtens ein wertvoller Beitrag der Gewerkschaft, der hier zu leisten wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

17.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


17.08.17

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es einigermaßen mutig, dass man sich heute bei den Kuriositäten und Wissenslücken, die das Team Stronach zum Thema Gewerkschaften in den letzten Monaten von sich gegeben beziehungsweise gezeigt hat, diese Dringliche noch zutraut.

Man kann ja die Höhepunkte gar nicht aufzählen. Da war der „sensationelle“ Vor­schlag, Arbeiterkammer und Gewerkschaften zu fusionieren. – Sie müssten wissen, dass man eine freiwillige und eine gesetzliche Interessenvertretung nicht fusionieren kann. (Abg. Ing. Lugar: Natürlich kann man!) Aber Ihr Problem ist ja grundlegender: Sie glauben, dass die Arbeiterkammer die freiwillige Interessenvertretung und die Gewerkschaft die Pflichtinteressenvertretung ist. Das ist das Problem von Frank Stronach und Ihnen, dass es Ihnen an den elementarsten Dingen fehlt.

Eines ist Ihnen offensichtlich auch nicht klar: Wer gegen freie Gewerkschaften ist, ist gegen die Demokratie. – Es ist so. Dem kann man nicht widersprechen. (Beifall bei Grünen und SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Vor 150 Jahren sind Arbeiterinnen und Arbeiter dafür gestorben, erschossen worden, dass sie sich für ihre Rechte organisiert haben. Das ist eine hochdemokratische Frage. Und wenn Sie das infrage stellen, stellen Sie die Demokratie infrage. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sie sagen auch immer, Sie würden die Gewerkschaften nicht infrage stellen. Aber man muss nur schnell nachschauen, und mit Google hat man sofort alle Zitate bei der Hand, alles, was Abgeordneter Lugar so absondert.

Am 24. Mai in der „Kronen Zeitung“ – klarer geht es gar nicht –: „Die Gewerkschaften brauchen wir nicht“.


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Was ist das, wenn nicht eine Ablehnung der Gewerkschaften, und zwar eine grund­legende: Wir brauchen sie nicht.

Frank Stronach hat ihn dann korrigiert und gesagt, dass Gewerkschaften wichtig sind. Und er hat dann noch etwas nachgeschoben, was vieles relativiert, Kollege Lugar, was Sie von sich geben. Er hat gesagt: Ich lege die Regeln fest! Das zeigt, dass man nicht alles ernst nehmen soll, was Abgeordneter Lugar sagt, und dass das Team Stronach vielleicht doch etwas lernfähig ist. Sie haben ja heute auch wieder etwas dazugelernt, nämlich dass man, bevor man eine Dringliche einbringt, prüft, welche Minister sich entschuldigen lassen und vertreten lassen. Das ist ein Anfängerfehler. Ich hoffe, Sie sind lernfähig und lernen etwas dazu.

Die Gewerkschaften sind ein demokratischer Verein. Wen etwas bei den Gewerk­schaften stört, der kann sich im Rahmen einer Gewerkschaftsfraktion organisieren und auf die Willensbildung Einfluss nehmen. Aber das interessiert Sie nicht, das ist Ihnen zu mühsam. Ich fürchte aber auch, dass solch ein Unterfangen bei Ihnen zum Scheitern verurteilt wäre, weil Sie kaum MitstreiterInnen fänden, die Ihren Weg in den Gewerkschaften mitgehen.

Meine Damen und Herren! Die Gewerkschaften haben – weil hier versucht wird, den Eindruck zu erwecken, die Gewerkschaften seien schuld an der Pleite unter­schiedlichster Unternehmen; es wird immer suggeriert, es seien die Lohnpolitik und Ähnliches – eine zentrale Funktion in unserer Volkswirtschaft. Wenn es starke Gewerk­schaften gibt, dann geht es der Volkswirtschaft gut. Aus einem ganz einfachen Grund – auch das können Sie sich merken –: Die Gewerkschaften sorgen dafür, dass es Lohnerhöhungen gibt, und Lohnerhöhungen sind die wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Kaufkraft einer Volkswirtschaft gestärkt wird. Wenn das nicht gegeben ist, lässt die Kaufkraft nach, und das schwächt die Volkswirtschaft.

Herr Abgeordneter Lugar, wenn die Produktivitätsgewinne nicht an die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer weitergegeben werden, wenn die Produktivitätsgewinne von den Aktionären eingestreift werden, wenn von unten nach oben umverteilt wird, dann verliert eine Volkswirtschaft Kaufkraft und dann wird das Finanzsystem destabilisiert. Das ist ein Naturgesetz, das auch Sie nicht außer Kraft setzen können.

Aber es ist insgesamt eine absurde Debatte um dayli, bei der hier ein bisschen in den Raum gestellt wird, dass der Protest der Gewerkschaften gegen die Sonntagsöffnung schuld daran wäre, dass dayli pleitegeht. – Also ich bezweifle einmal grundsätzlich die Geschäftsführungsfähigkeiten eines Geschäftsführers, der nach Italien fährt, 1 Million € in bar mitnimmt und diese dort offensichtlich aus der Hand gibt. Da dann zu sagen, die Gewerkschaften seien schuld, ist nicht richtig. Da könnten Sie schon auch ein bisschen über die Fähigkeiten dieses Geschäftsführers nachdenken.

Zweiter Punkt: Das Geschäftsmodell von dayli heißt Gesetzesverstoß. Das ist ein­deutig. Da gibt es nichts zu deuten, gar nichts. Es war ein Gesetzesverstoß, und die Gewerkschaften, die Arbeiterkammer, die BetriebsrätInnen haben den gesetzlichen Auftrag, Gesetzesverletzungen aufzudecken und ihnen nachzugehen. Das ist eine ganz normale Vorgangsweise, dass die Gewerkschaften in diesem Fall protestieren.

Dann bestand da noch die Gefahr, dass versucht wird, eine Gesetzeslücke auszu­nützen. Deswegen hat es hier die Parlamentsdebatte um die Öffnungszeiten am Sonntag gegeben. Und – Überraschung! – es war ein einstimmiger Gesetzesbe­schluss. Das, was einige KollegInnen vor mir angenommen haben, stimmt nämlich nicht, nämlich dass das Team Stronach nicht mitgestimmt hat. Ich habe die Ehre, hier zwei, drei Bänke vor dem Team Stronach zu sitzen, und muss sagen, ich war überrascht, denn hier heraußen hat man relativ Wirres von sich gegeben, war in alle Richtungen offen – ich habe es eher so interpretiert, dass man gegen diesen Lücken-


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schluss ist –, und dann ist man hinten mit aufgestanden und hat mitgestimmt. Das Team Stronach hat die Lücke bei der Sonntagsöffnung mit geschlossen. Man weiß offensichtlich nicht genau, was man tut. (Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.) Es ist uns auch grundsätzlich mehr oder weniger egal, was Sie tun, solange Sie so wenige sind. Ich vermute, daran wird sich nicht viel ändern.

Ja, die Gewerkschaften haben eine zentrale Funktion: Lohnerhöhungen aushandeln, Gesetzwidrigkeiten aufdecken, Gesetzesansprüche durchsetzen. Deswegen sind die meisten ArbeitnehmerInnen Mitglied bei einer Gewerkschaft und sind grosso modo mit der Arbeit der Gewerkschaften zufrieden.

Ich wünsche mir – das gebe ich schon zu – manchmal kämpferische Gewerkschaften, das ist notwendig, und parteiunabhängige Gewerkschaften, das ist auch notwendig. Diese Auseinandersetzung ist innerhalb des ÖGB zu führen und findet tagtäglich statt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


17.14.33

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich werde mich nicht in die Reihe jener Redner einreihen, die die Gewerkschaften in den Himmel heben. Wir brauchen die Gewerkschaften, sie haben eine wichtige Funktion, aber ich möchte eines: Ich als Parlamentarier möchte mich auf derselben Augenhöhe mit ihnen unterhalten, befassen und auch auseinandersetzen. Es kann nicht sein, dass die Ge­werk­schaften das Parlament dominieren, und es kann auch nicht sein, dass Gewerk­schaften als geheime Wahlkampflokomotiven auf der einen Seite für die SPÖ oder auf der anderen Seite – bei den Lehrern – für die ÖVP benutzt werden. Auch das kann und darf es nicht geben.

Liebe Kollegen von den Grünen! Wenn Sie von Lohnerhöhungen sprechen, dann muss ich schon sagen: Das Geld, das man verteilt, muss zunächst einmal verdient werden. Und dafür muss der Staat die Voraussetzungen schaffen. Wir aber finden eine Regie­rung vor – Fragmente dieser Regierung sitzen hinter mir auf der Regierungsbank –, die in fünf Jahren in wesentlichen Bereichen in diesem Land nichts zustande gebracht hat, weder im Wohnbau noch in der Bildungspolitik, noch hinsichtlich einer Steuersenkung, noch im Bereich Wettbewerb et cetera. Da haben Sie versagt, da haben Sie nichts zustande gebracht. Und darüber müssen wir auch reden.

Ich habe es satt, dass man hier fast unisono die Jobsituation schönredet. Es fließen Milch und Honig in diesem Land, höre ich laufend. Dem ist nicht so. Wenn Sie das „Format“ lesen, dann wissen Sie, dass wir eine veritable Jobkrise haben, dass in Österreich ein Paradeunternehmen nach dem anderen in die Pleite schlittert oder in die Pleite schlittern kann – die Alpine als Flaggschiff.

Es gibt eine ganze Liste – Kollege Dolinschek hat sie heute bereits vorgelesen – im „Format“, das ist nicht vom BZÖ: Niedermeyer: 790 Mitarbeiter verlieren Job. Siemens: bis zu 1 000 Mitarbeiter. – Erst vergangene Woche hat mir ein Kollege von Siemens gesagt, die Gewerkschaft – ich hoffe, Sie sind da meiner Meinung – wird ihn nur dann vertreten, wenn er auch Mitglied dort ist. Also wenn er den Beitrag nicht zahlt, ist er ein Arbeitnehmer zweiter Klasse, und das verurteile ich. Das ist ein freier Verein, ein privater Verein, aber ich denke, die Unterstützung sollte – wenn man schon so stark auftritt – für alle Arbeitnehmer gelten.

Die Liste geht weiter: dayli: 340 Personen. Triumph: 350 Personen. Greiner: 100 Per­sonen, und, und, und. Bis hin zu AT&S; Herr Androsch sei hier nur erwähnt.


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Das heißt, Sie haben hier ein echtes Problem, denn Zehntausende Arbeitsplätze sind in Gefahr. Und da gilt es entsprechend zu handeln, wenn in diesem Land gleichzeitig 400 000 arbeitslos sind.

Da kann dann Minister Hundstorfer nicht sagen: Wir haben eine solide Ausgangslage. Eine solide Ausgangslage, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei 400 000 Ar­beitslosen! Die haben wir mitnichten, wir haben eine schlechte Ausgangslage.

Natürlich, wenn wir uns mit Griechenland, Spanien, Italien, Portugal vergleichen, dann ist die Ausgangslage solide. Ich möchte uns aber mit konkurrenzfähigen Ländern vergleichen. Daher brauchen wir echte Maßnahmen, die uns nach vorne bringen, und nicht nur plakative Wahlversprechen, wie auch jene von der ÖVP.

400 000 Arbeitsplätze werden Sie schaffen, habe ich unlängst gelesen. Ja wo denn, Herr Kollege Kopf? Wo? Sie als Politiker schaffen 400 000 Arbeitsplätze? – Mitnichten. Mir fehlen die Aktivitäten.

Wir brauchen daher eine echte Steuersenkung in diesem Land, die wir durch Reformen gegenfinanzieren müssen. Wir haben das vorgeschlagen. Wir haben entsprechende Vorschläge auf den Tisch gelegt. Denn nur dann, wenn die Menschen genügend Geld haben – das gilt auch für den kleinen Mann auf der Straße, den angeblich die SPÖ vertritt –, können sie etwas ausgeben und den Konsum wieder ankurbeln. Dann kön­nen sie sich das Wohnen leisten, das Tanken leisten, die Kinder ordentlich ausbilden lassen. Daher ist das für mich ein zentraler Punkt.

Wir wollen auch haben, dass man die kleinen Betriebe, die EPUs, die KMUs, besser finanziert. Sie bekommen von den Banken oft keinen Kredit mehr wegen Basel III, das uns auch ins Haus steht; Basel II ist in Kraft, Basel III wird kommen. Noch höhere Eigenkapitalanforderungen.

Was machen wir? – Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, ohne Polemik: Bevor wir Kredite zur Euro-Rettung an Banken, an Pleitestaaten und sonst noch jemanden vergeben, sollten wir doch diesen kleinen Betrieben Betriebsmittelkredite, Startkredite bis 100 000 € geben und sollte der Staat dafür die Haftung übernehmen, anstatt das Geld irgendwo in der Ägäis zu versenken.

Oder geben wir den Konsumenten etwas zurück, Stichwort: Handwerkerbonus. Warum kann nicht jeder von uns im Jahr 1 200 € bei der Steuer absetzen, wenn er das Hand­werkern gibt? Wenn er das Gewerbe vor Ort, die Betriebe, die Angestellten, die Arbeiter beschäftigt, dann soll er 20 Prozent davon, von maximal 1 200 €, absetzen können. Auch eine Idee des BZÖ.

Eine weitere konkrete Idee, worauf mir die Regierung eine Antwort schuldig geblieben ist: Die 1-€-GesmbH. Diese gibt es bereits in Italien. Dort hat man innerhalb eines Jahres über 3 000 Unternehmen gegründet – unkompliziert, rasch, unbürokratisch –, und man hat damit auch Arbeitsplätze gesichert.

Eines muss ich schon auch sagen – und darauf können Sie von der Regierung nicht stolz sein –: Wenn die Weltbank 185 Staaten vergleicht und wir bei den Rahmen­bedingungen für Unternehmen nur auf Platz 29 liegen und bei der Unternehmens­gründung sage und schreibe nur auf Platz 134, so müsste das insbesondere die ÖVP ins Herz treffen. Also was macht da Ihre Partei?

Als Unternehmer müssen Sie nämlich, um überhaupt einmal aufsperren zu können, rund 28 Tage Spießrutenlauf zwischen Ämtern und Behörden in Kauf nehmen, und acht Amtswege. Dazu kommen dann die Bankgeschäfte, das Firmenbuch, das Gewer­beregister, zu einem Notar müssen Sie, einen Rechtsanwalt brauchen Sie vielleicht noch, dann müssen Sie zur Wirtschaftskammer gehen und vielleicht auch noch zur


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Arbeiterkammer, wenn Sie einen Arbeitnehmer brauchen. Und Zwangsbeiträge müssen Sie auch gleich bezahlen, bevor Sie anfangen können. Da muss man im Sinne der Wirtschaft dem Übel an die Wurzel gehen, um das abzustellen.

Ein anderes Beispiel, Thema Bildung: 75 000 Jugendliche haben keinen Pflicht­schulabschluss. – Das ist schrecklich, das ist furchtbar, und da sage ich euch ganz ehrlich: Da müssen wir etwas tun; denen müssen wir helfen. Daher wollen wir auch eine Arbeitsmarkt-Reifeprüfung haben. Wir wollen diese Jugendlichen so lange aus­bilden, bis sie Rechnen, Lesen und Schreiben können – ganz einfache, banale Dinge , sodass der Unternehmer dann weiß, dass der Jugendliche, den er einstellt, das auch kann. Das ist auch für die Unternehmer ein Profit. Das wären die konkreten Ansätze, die man rasch umsetzen kann.

Zu den Gewerkschaften: Es gibt sicherlich viel Sonnenschein, es gibt aber auch viel Schatten. Ich nenne jetzt nur einmal die BAWAG als Beispiel. Ich könnte da eine Stunde lang referieren, aber ich will das nicht. Ich will da gar nicht herumgraben. Es scheint mir aber in weiten Bereichen schon so zu sein, dass man manchmal auch versucht, die Gewerkschaften zu missbrauchen – auch in Wahlkämpfen. Wir werden das wieder erleben, und wir werden das auch aufzeigen. Es kann doch wohl nicht sein, dass private Vereine auf der einen Seite für die SPÖ und auf der anderen Seite bei den Lehrern dann für die ÖVP Kampfstimmung machen. Das ist völlig daneben und darf nicht akzeptiert werden. Die haben andere Aufgaben.

Aber auch der Herr Präsident, der hinter mir sitzt und den ich privat sehr schätze, ist in Wirklichkeit ein Großmeister des Beamten-Mikados, so nach dem Motto: Wer sich zuerst bewegt, der hat auch schon verloren! (Präsident Neugebauer sich von seinem Sitz erhebend, um Unterlagen an sich zu nehmen : Ich stehe auf! Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Er bewegt sich schon!  Abg. Neubauer: Er hat sich schon bewegt!)

Was sich da beim Lehrerdienstrecht in den letzten Wochen abgespielt hat! Warum sorgen wir nicht endlich einmal dafür, dass wir in diesem Land ein gutes Lehrer­dienstrecht bekommen, in dem Leistung sich auszahlt – für die Lehrer genauso wie für die Schüler? Warum tun wir das denn nicht? (Beifall beim BZÖ.)

Es versteht kein Arbeitnehmer, dass jeder andere normalerweise 40 Stunden arbeiten muss, während ein Lehrer mit 20 Stunden auskommt, im Betrieb. Das kann man ja auch ändern, wenn man will. Das wäre Gerechtigkeit, oder dass man im Sommer Schülern, die es nicht ganz so leicht haben, zwei Wochen vor Schulbeginn Gratis­nachhilfe gibt. Dass man dort die Lehrer einsetzt, auch das wäre sinnvoll. Daher sage ich nur: Weil es der Fritz so will, bleibt es in unseren Schulen weiterhin still. Und das darf nicht sein.

Ich lade daher auch die ÖVP ein, bei der Bildungspolitik Schwung hineinzubringen, weil auch das eine Standortfrage ist und weil auch dafür die Gewerkschaften verantwortlich sind, die sich ein bisschen bewegen sollten. (Beifall beim BZÖ.)

17.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


17.22.21

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr ge­schätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Was hier schon alles gesagt wurde! Man würde lange brauchen, um alles aufzuklären. Ich habe mir auch überlegt: Soll ich auf die Unwahr­heiten und auf die falschen Argumente und Zitate des Teams Stronach eingehen (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Schade um die Zeit!) oder soll ich die Zeit, die mir jetzt


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noch bleibt, doch nutzen, um mich bei all jenen zu bedanken, die in den letzten fünf Tagen aktiv vor Ort unterwegs waren, um letztendlich bis kommenden Freitag 33 Be­triebs­versammlungen durchzuführen?

Alle Betriebsräte, alle Gewerkschaftssekretäre, alle Beschäftigten der Arbeiter­kammern: Insgesamt waren 400 Personen draußen unterwegs, und wir werden es schaffen, bis Freitag in diesen 33 Versammlungen 95 Prozent aller offenen Ansprüche an Lohn- und Gehaltsforderungen aufgenommen zu haben. Die restlichen werden wir in den nächsten Tagen noch persönlich kontaktieren.

Das war ein tolles Zusammenspiel, das nur deswegen funktioniert hat, weil es Gewerk­schaften gibt, weil es auch eine Bundesregierung gibt, die im Hintergrund kurbelt und unterstützt, und weil es einen Masseverwalter gibt, der bei Entscheidungen, bei Vorla­gen, was den Gläubigerausschuss betrifft, weit über seine Grenzen geht. All diesen Menschen möchte ich jetzt einmal ein Danke sagen und sie bitten, noch diese zwei Tage durchzuhalten, bis wir alles erfasst haben. Dem Masseverwalter und seinem Team möchte ich alles Gute für die nächsten Wochen und Monate wünschen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ, Grünen und BZÖ.)

Das ist alles nur deshalb gelungen, weil man zusammenarbeitet und weil Gott sei Dank in diesem Land kein Team Stronach Verantwortung hat. Wenn nämlich Stronach hier in diesem Land Verantwortung hätte, dann gäbe es die Gewerkschaften nicht mehr, und dann wäre es nicht möglich, vor Ort zu sein. (Abg. Ing. Lugar: Blödsinn!)

Ich bedanke mich auch für die Anerkennung und die Wertschätzung, die heute hier schon geäußert wurden. Dem Kollegen Neubauer darf ich versichern: Bei der Abwick­lung dieser Versammlungen – und ich werde morgen um 7 Uhr in Oberösterreich wieder bei einer dabei sein – versuchen wir, diejenigen, die noch nicht Mitglieder sind, davon zu überzeugen, vielleicht in Zukunft – nämlich dann, wenn sie einen Job haben, wenn es weitergeht – auch Mitglieder zu werden.

Das ist jetzt auch die Gelegenheit, einen großen Appell an alle Auftraggeber in Öster­reich zu richten: Das, was in der Dringlichen Anfrage steht, dass Auftragsvergaben neu ausgeschrieben werden müssen, ist eine rechtliche Streitfrage. Da sind sich die Vergabejuristen auch nicht ganz einig. Fakt ist: Wir haben einen Masseverwalter, der ganz klar eine Vorgangsweise bestimmt hat. Auftragsangebote werden geprüft, werden von ihm dann dem Gläubigerausschuss vorgelegt. Der Gläubigerausschuss empfiehlt dem Insolvenzgericht die Genehmigung dieser Vorschläge durch den Masseverwalter, und danach ist der Auftraggeber am Zug.

Alle Auftraggeber haben die Möglichkeit, in Verhandlungsgesprächen mit dieser Auf­fang­gesellschaft, mit diesen Firmen, die bereit sind, die Beschäftigten zu übernehmen, diesen Auftrag zu den gleichen Konditionen weiterzugeben, auch die öffentliche Hand.

Da brauchen wir Mut und die Entscheidungskraft, zu sagen, wir warten nicht, bis irgend­welche Juristen nach Wochen oder Monaten zu einer Entscheidung kommen. Wir handeln jetzt so, wie es der Masseverwalter vorschlägt und wie es die Insolvenz­richterin genehmigt hat. Das ist der Appell an alle Auftraggeber, denn die Arbeiter wollen arbeiten. Die wollen nicht warten, bis sich irgendwelche Juristen einig sind, wie was geht, und deshalb ist dieser Entschluss wichtig, eine menschliche Entscheidung zu treffen. Und ich sage Ihnen ganz offen: Diese Entscheidungen werden halten! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Lehrlingen, weil diese auch angesprochen wurden: Ich sage danke an die ÖBB und an unsere Bundesministerin Bures, die ein Auffangnetz geschaffen haben, in dem Wissen, dass vielleicht gar nicht alle 70 Lehrlinge dieses Angebot nutzen müssen, weil jetzt täglich neue Entscheidungen fallen. Gestern Nachmittag fiel die Entscheidung bei


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der Firma PORR: 14 Lehrlinge werden allein für die Niederlassung Wien übernommen. All diese Willenserklärungen! Die Firma Hinteregger hat zehn Lehrlinge in der Steiermark übernommen. Das Ziel ist, dass jeder Lehrling seine Lehre fertig machen und zur Lehrabschlussprüfung antreten kann. – Auch ein ganz wichtiges Ziel, und auch das werden wir schaffen.

Abschließend sage ich Ihnen auch, Herr Lugar, wenn Sie hier die Gewerkschaften anpatzen: Die Gewerkschaften sind mitverantwortlich für das, was hier in diesem Land geschaffen wurde. Wir sind Teil dieser Republik. Wir haben diese Republik mit aufgebaut. Wir sind Stabilisatoren überall dort, wo es um den sozialen Frieden geht. Die Wirtschaft braucht die Gewerkschaft in Österreich. Warum? – Weil wir offen und sachlich in Diskussionen gehen und dementsprechend auch gemeinsame Lösungen finden.

Ich selbst bin seit dem 15. Lebensjahr Gewerkschaftsmitglied und bin stolz darauf, seit damals Gewerkschaftsmitglied zu sein. Ich war stolz, als ich mit 16 Jahren Jugend­vertrauensrat geworden bin, und ich bin auch stolz, Bauarbeiter gewesen zu sein. Niemand in diesem Saal weiß, was es heißt, arbeitslos zu sein, Arbeitslosengeld zu beziehen. Ich habe stempeln müssen; ich habe meine Familie mit Arbeitslosengeld ernäh­ren müssen.

Dieses Baukonjunkturpaket ist nicht geschaffen worden, um die Alpine zu retten, sondern es ist geschaffen worden, damit die Leute der Alpine und der gesamten Bauwirtschaft nach der Abwicklung der Alpine-Baustellen in Zukunft auch einen Job haben in diesem Land. Deshalb ist dieses Baukonjunkturpaket so wichtig, und dafür Dank an die Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Neubauer.)

17.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


17.28.13

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Viel ist heute die Rede von Verantwortung, und ich glaube, einen ganz großen Teil der Verantwortung tragen unsere kleinen und mittelständischen Unternehmer und Unternehmerinnen, die letztlich 70 Prozent der Beschäftigten in Österreich beschäftigen, und das ist nicht immer einfach. Sie beschäftigen die Leute auch dann, wenn es wirtschaftlich schwierig ist und in einem Umfeld stattfindet, in dem es nicht immer ganz einfach ist, immer wieder eine entsprechende Beschäftigung zu finden.

Sie und ihre Mitarbeiter halten zusammen, weil sie das gleiche Ziel verfolgen, und das gemeinsame Ziel heißt: Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und auch eine ent­sprechende Produktivität, und das schaffen sie vielfach ohne irgendwelche Gewerk­schaften im Hintergrund. Klassenkampf ist meistens nicht angesagt, weil sie, wie gesagt, eben in besonderer Weise zusammenhalten.

Es war wirklich bemerkenswert: Als ich feststellen musste, dass wir in meiner Bundes­sparte Gewerbe und Handwerk im ersten Quartal doch mit einem Minus von 3 Prozent zu kämpfen haben, haben unsere Mitgliedsbetriebe die Beschäftigung mit fast 600 000 Men­schen trotzdem aufrechtgehalten. Das ist, glaube ich, schon bezeichnend dafür, wie eng vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmer mit ihren Arbeitnehmern verbunden sind.

Heute wurde immer wieder ausgeführt, dass Großunternehmen wie eben Alpine, dayli und andere in Insolvenzen geraten. Das hat es in der Vergangenheit gegeben, und es wird dies auch in Zukunft geben, wenn in grenzenlosen Expansionen alle kaufmänni-


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schen Grundsätze über Bord geworfen werden und einfach insgesamt keine wirtschaft­liche Grundlage mehr vorhanden ist. Im Übrigen sitzen da auch immer wieder Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsräten, die die Entwicklung dieser Unterneh­mungen kennen, und trotzdem erfolgen sie so, wie sie eben erfolgen.

Wenn die Unternehmer und die Wirtschaft ein Recht haben, dann darauf, dass sie in einem Staat Rahmenbedingungen vorfinden, die auch die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmungen unterstützt. Erfreulicherweise hat diese Regierung gerade mit einem Impulspaket reagiert – 1,6 Milliarden € insgesamt –, aber nicht wegen Insolvenzen, die da jetzt ins Haus stehen, sondern weil sich einfach die Konjunktur nicht so entwickelt, wie sie von den Konjunkturforschern vorgezeichnet wurde.

Aber trotzdem gibt es aus unserer Sicht, aus Sicht der Wirtschaft noch viel zu tun und noch viel an den Rahmenbedingungen für den Wettbewerb zu arbeiten. Eine Abgaben­quote von fast 43 Prozent und eine Sozialquote von 31 Prozent sind nicht die besten Grundlagen für eine wettbewerbsfähige Volkswirtschaft in unserem Land. Da müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, und auch die Effizienz in Verwaltung und Bürokratie muss massiv verbessert werden.

Die ÖVP kämpft mit ihrem Parteiobmann Vizekanzler Michael Spindelegger mit allen Kräften gegen neue Belastungen und Steuern und versucht, die Wirtschaft wieder zu beflügeln und mit mehr Geld gerade auch bei den Angestellten und Mitarbeitern neue Potenziale zu schöpfen. Wenn es Potenziale gibt, dann sind sie nicht nur bei den Unternehmen zu suchen und zu finden, sondern auch bei den Verwaltungsbehörden. Es ist nicht einzusehen, dass wir beispielsweise in Österreich einen Arbeitslosen­versicherungsbeitrag von etwa 6 Prozent von der Lohnsumme haben, während Deutschland, das erheblich mehr Arbeitslose hat als wir, mit 3 Prozent auskommt und die Schweiz, die insgesamt etwas besser ist als wir, mit nur 2,2 Prozent.

Insgesamt gibt es da, glaube ich, doch entsprechende Potenziale, den Staat und die Verwaltung noch wettbewerbsfähiger zu machen, denn wenn wir gemeinsam – die Wirtschaft und der Staat – eine hohe Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit haben, dann werden wir auch die notwendige Beschäftigung und den Wohlstand sichern können. (Beifall bei der ÖVP.)

17.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


17.33.28

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Werte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich in der Vorle­sung mit den Studierenden der Volkswirtschaftslehre darüber diskutiere, was denn wichtig für eine gute Entwicklung in einer Volkswirtschaft ist, dann werden viele Bereiche, viele Punkte angesprochen. Was oft nicht erwähnt wird, sind die Themen soziale Stabilität und gerechte Verteilung – beides ganz wichtige Themen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Zu diesen beiden Bereichen leistet die Gewerkschaft einen ganz wichtigen Beitrag, und das ist auch gut so.

Bei all den Meriten der Gewerkschaft und der Gewerkschaftsbewegung, die heute schon aufgezählt wurden, muss man auch Teile betrachten, die durchaus auch zu einem heftigen inhaltlichen Diskurs geführt haben. Da war eines der großen Beispiele in der Geschichte der Grünen Bewegung selbstverständlich Hainburg. Da ist es jedoch um einen inhaltlichen Diskurs gegangen, der geführt wurde, aber nicht um das Anpatzen einer Bewegung, die wichtig ist.


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Selbstverständlich gibt es auch in diesem Bereich strukturkonservative Teile und fort­schrittliche Teile, und genau diese fortschrittlichen Teile gilt es zu stärken. Da gibt es auch Erwartungen, auch in Bezug auf die veränderten Situationen in der Wirtschaft wie beispielsweise das Thema Arbeitszeit, Arbeitszeitverteilung, nicht hängenzubleiben bei der alten Forderung nach sechs Wochen Urlaub, sondern zu schauen, wie man Überstunden reduzieren und mehr Arbeitsplätze schaffen kann, wie man mit den All-in-Verträgen umgeht und so weiter.

Es gibt viele Themen, in denen gerade die Gewerkschaften sich offen positionieren sollten, wie man denn damit umgeht. Bei dieser ganzen Thematik Alpine und Bauwirt­schaft ist eines auffällig – und es ist wichtig und gut so, dass es da großes Engage­ment gibt, dass entsprechend Arbeitsplätze gerettet werden –: Das ist ein sehr män­ner­dominierter Bereich. Es war auch schon nach der Krise so, dass es die Kurzarbeit in vielen Bereichen wie Metall, Maschinenbau und so weiter gegeben hat, und das war auch gut so. Ich würde mir aber genau dasselbe Engagement in den frauendominierten Branchen wünschen, vom Textilbereich bis zum Handel.

Da heißt es einfach, kräftiger heranzugehen, intensiver damit zu arbeiten. Gestern war beispielsweise im „Report“ ein sehr berührender Beitrag über die Arbeiterinnen, die ihren Job bei der Firma Triumph verloren haben, und die Schicksale, die sich daraus ergeben. Selbstverständlich sind die Stiftungen, die Sozialpläne eine wichtige und gute Initiative, aber man darf über den derzeitigen Schicksalen nicht vergessen: In Öster­reich gibt es mehr als 330 000 arbeitslose Menschen, davon viele junge, und es geht darum, Strukturen zu schaffen, die perspektivisch Arbeitsplätze schaffen und Arbeits­plätze sichern.

Kollege Muchitsch, die Verdienste sind unbestritten, auch jene im Moment im Zusam­menhang mit der Alpine. Eines möchte ich hier aber schon auch betonen: In der ganzen Debatte um Bauwirtschaft und Bauaufträge soll man endlich – und das ist auch eine Aufforderung an die Regierung; in dieser Legislaturperiode wird das nichts mehr werden; wir hoffen, dass das in der nächsten erfolgen wird – das Thema Bestbieter­prinzip/Billigstbieterprinzip angehen. Bei öffentlichen Aufträgen muss das Bestbieter­prinzip schlagend werden, dann kann es nicht zu diesen Situationen kommen, dass unterpreisig angeboten wird und dann Baustellen nicht mehr abgewickelt werden können, weil die Firmen insolvent werden. Das ist ein Bereich, der immer wieder vernachlässigt wird, aber genau hier mitberücksichtigt werden muss.

Weil heute viele kompetente VertreterInnen aus der Gewerkschaft in unseren Reihen sitzen, gebe ich Ihnen noch ein Beispiel aus dem Bereich der Post mit. Postzusteller, die sich unglaublich über ihre Arbeitsbedingungen beklagen, die, wenn man zu ihnen sagt: Ja was tut denn die Gewerkschaft?, sagen, die Gewerkschaft ist unter sich irgendwie zerstritten, wo nichts weitergeht, völlige Überarbeitung, Dauerkrankenstände und so weiter: Das sind doch Bereiche, die seit Jahren offensichtlich sind und in denen dennoch nichts weitergeht!

Das ist natürlich schon ein Punkt, bei dem ich mich auch frage: Wo ist die Macht der Gewerkschaft, auch da gute Bedingungen zu schaffen, die in dieser Form auch tat­sächlich notwendig sind? Es kann ja wohl nicht sein, dass es immer damit abgetan wird, dass man sagt, die Überstunden werden ja bezahlt. – Die Postzusteller sagen mir, darum geht es nicht, sondern es geht um gute Arbeitsbedingungen, die man über Jahre und auch bis zum Pensionsalter aushält. Das muss in dieser Form geändert werden!

Abschließend, Herr Minister: Es hat mich heute bei Ihren Ausführungen amüsiert, wie Sie gesagt haben, dass die Regierung ja auch das innovative Unternehmertum stützt und überstützt. Sie haben ein Beispiel aus dem „Falter“ genannt – ich habe das heute


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zufällig in der Früh im Zug gelesen –, und zwar den Unternehmer, der in Wien radelnd Kaffee verkaufen will und unglaubliche Probleme hat. – Christoph Matznetter, das sei euch mitgegeben!

Dieser Unternehmer schreibt: Ich brauche leider für jede einzelne Ausfahrt eine Stand­ort­genehmigung. – Und er beklagt sich darüber, dass das überhaupt nicht funktioniert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Na selbstverständlich braucht es eine Entrüm­pelung der Gewerbeordnung!

Summa summarum sind es viele Bausteine, die die österreichische Wirtschaft und die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den nächsten Monaten, in den nächsten Jahren brauchen. Starke Gewerkschaften sind ein Teil davon, aber selbstverständlich auch gute Bedingungen für Unternehmerinnen und Unternehmer. – Das ist das andere, und daran muss weitergearbeitet werden. (Beifall bei den Grünen.)

17.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


17.40.07

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Heute gibt es eine Dringliche Anfrage vom Team Stronach, „Gewerkschaft blockiert – Wirtschaft verliert“ ist der Titel. Wir haben dann vom Klub­obmann einiges gehört, und damit möchte ich eigentlich beginnen, um ein bisschen etwas wieder zurechtzurücken, denn manchmal verliert man schon den Überblick, wofür man in dieser Partei steht.

Ich habe den Zwischenruf aus Kanada gehört: Die Gewerkschaften in Österreich blockieren, da müssen wir etwas tun! Der Klubobmann hat dann gleich einmal noch ein bisschen tiefer hineingegriffen und gesagt, die gehören zumindest zurechtgestutzt, wenn er nicht noch ein bisschen mehr verlangt hat.

So, dann kommt Frank Stronach aus Kanada und sagt – ich habe den Beitrag im ORF gesehen –: Ich bin ein großer Freund der Gewerkschaften. Daraufhin die Moderatorin: Ja, aber Ihr Klubobmann hat doch gesagt ...! Was sagt Frank Stronach darauf?: Na wissen Sie, bei uns kann ein jeder sagen, was er will, aber – und das ist ganz wichtig – Chef bin ich! Auf die Frage, ob er absetzbar ist, sagt er nach kurzem Nachdenken: Eigentlich nicht. Das ist in den Statuten so geregelt.

Heute habe ich das auch schon von Robert Lugar gehört. Sein Chef sagt, ich bin ein großer Freund der Gewerkschaften – wortwörtlich hat er es heute auch gesagt.

Bei den Gewerkschaften ist die Mitgliedschaft grundsätzlich freiwillig, wobei ich weiß, es gibt da wirkliche Problembereiche, da ist die Mitgliedschaft nicht immer mit Freiwilligkeit verbunden. Da gibt es schon leisen Zwang, dass man da mitmacht. Die Gewerkschaft ist sogar einmal so weit gegangen, dass sie gesagt hat: Gehalts­erhöhungen, die die Gewerkschaften verhandeln, sollten überhaupt nur mehr Gewerk­schaftsmitglieder kriegen, was ich bitte wirklich für einen Witz halte. Das ist auch nicht so gekommen. Dahinter steht auch schon so ein leiser Zwang: Mitglied werden, sonst kriegst du vielleicht keine Gehaltserhöhung!

Dann gibt es neben dieser Gewerkschaft auch Bereiche, wo wirklich Zwang herrscht: Bei der Wirtschaftskammer, der Arbeiterkammer haben wir Zwangsmitgliedsbeiträge. Ich habe das immer wieder gesagt, Zwang ist für mich ein schlechter Zugang. Ich habe das hier auch mehrmalig mittels Anträgen eingebracht, muss aber zur Kenntnis neh­men, es gibt zwei Regierungsparteien, die das eben anders sehen. Das ist in der Demokratie so. Da gibt es also keine Mehrheit. Aber jetzt ist für mich das Abstim­mungsverhalten wichtig. (Abg. Pendl: Gott sei Dank!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 179

Na da kriege ich schon einen Zwischenruf: „Gott sei Dank!“ – Aber für wen? Für alle hast du da jetzt nicht gesprochen. Da gibt es in Österreich sehr, sehr viele, die auch keinen Zwang wollen.

Frank Stronach hat im Fernsehen auch gesagt: Aber die Zwangsmitgliedschaften gehören abgeschafft. – Ich habe wenige Tage vorher so einen Antrag eingebracht. Wie hat das Team Stronach abgestimmt? Man höre und staune: Sie haben nicht mitgestimmt!, und daher sind sie ja offensichtlich für Zwangsmitgliedschaften. Vor diesem Hintergrund soll man das alles bewerten, was hier gesagt wurde, wo schon viele nicht mehr mitkommen. (Beifall beim BZÖ.)

Ja, dann gehen wir vielleicht gleich über zu dayli. Das ist für mich auch einmal zurechtzurücken. Wer hat da jetzt Schuld? Da höre ich, die Gewerkschaft hat Schuld, denn hätte man am Sonntag öffnen können, dann gäbe es diese Situation nicht.

Tatsache ist, dass man sich in diesem Haus mit sehr breiter Zustimmung für eine Gesetzesänderung entschieden hat, denn dayli wollte die Sonntagsöffnung über eine, wie ich meine, Gesetzeslücke durchsetzen. Das war damals vom Gesetzgeber so nicht geplant, aber die Lücke war vorhanden. Ich selbst bin einer, der für eine Lockerung ist, was die Sonntagsöffnung betrifft, aber bitte nicht mit dem Ausnützen von Gesetzes­lücken. Daher hat man die Gesetzeslücke geschlossen. Und das hat nicht die Gewerk­schaft gemacht, das sollten wir nicht überbewerten, das kann eben nur der Gesetz­geber machen. Das war der Nationalrat, und ich habe das auch als richtig empfunden. Also jetzt die große Debatte loszutreten: Wer ist da der Schuldige?, und zu meinen, das ist die Gewerkschaft, das ist nicht richtig.

Da wir schon bei der Gewerkschaft sind, darf ich einen Bereich einbringen, der heute auch debattiert wurde, nämlich die Frage mit dem Streikfonds. Da haben Sie mir einmal gesagt: Macht da innovative Vorschläge! Wissen Sie, für mich ist der Streik­fonds ein Bereich, den man mit seinem Mitgliedsbeitrag mitzahlt. Das ist für mich so etwas wie eine Versicherungspolizze. Für den Ernstfall, als letzte Maßnahme, um etwas durchzusetzen, gibt es die Möglichkeit des Streiks. Gott sei Dank haben wir in Österreich kaum bis gar keine Streiktage.

Wenn jemand 40 Jahre lang bei der Gewerkschaft ist und brav eingezahlt hat in diesen Streikfonds, aber keinen einzigen Tag gestreikt hat, dann sollte man ihm zumindest einen Teil bei der Pensionierung refundieren. Ich glaube, das wäre eine innovative Geschichte. Da könntet ihr auch mit Transparenz arbeiten. Das wäre, glaube ich, ein guter Vorschlag für die Gewerkschaft, wäre aus meiner Sicht etwas Sinnvolles. Dann kommt bei dieser Debatte wenigstens auch einmal etwas Innovatives zum Tragen. (Ruf bei der SPÖ: Das könnte man bei der Sozialversicherung auch machen!)

Das kann man sich dort nicht so aussuchen. Der Gewerkschaftsbeitrag ist ein frei­williger, ein Teil davon kommt in den Streikfonds. Wenn ich den nie benötige, glaube ich, ist es nur recht und billig, dass ich sage, man sollte darüber nachdenken, ob man nicht bei Pensionierung auch einen Teil davon refundiert. Ich halte das für eine gescheite Sache. Bitte, denken Sie von der Gewerkschaft darüber nach! Und glaubt ja nicht, dass ihr bei den Mitgliedern so gut liegt! Die Unzufriedenheit ist groß. Man darf sich nicht Wunder erwarten. Ich war selbst lange genug Personalvertreter und weiß, dass es auch limitierte Bereiche gibt, aber genau in dem Bereich, nämlich beim Streikfonds, Stichwort BAWAG, gehört schon längst etwas gemacht. (Beifall beim BZÖ.)

In diesem Sinne darf ich Sie auffordern, diesen innovativen Vorschlag innerhalb der Gewerkschaft ernsthaft zu prüfen. (Beifall beim BZÖ.)

17.46



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 180

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


17.46.53

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wenn man sich etwas später meldet, muss man einiges an Richtigstellungen nach­holen.

Herr Kollege Dolinschek, ich habe vermieden, eine tatsächliche Berichtigung zu machen, nur ist es einfach falsch, was Sie hier sagen. Wir haben zum Glück, obwohl wir ein schlimmes Umfeld haben und wirklich viele, viele Tausende Menschen heuer arbeitslos sind, nicht die höchste Arbeitslosenrate der Zweiten Republik!

Ich berichtige tatsächlich: Wir haben laut EUROSTAT heute 4,7 Prozent Arbeitslose. Viel zu viel. Aber schauen wir uns einmal an, was Sie genau wissen müssten: Wie war denn die Rate 2005? (Abg. Dolinschek: Weniger!) 5,4 Prozent, Herr Staatssekretär, ab 26. Jänner 2005 – zu einem Zeitpunkt, als das Wachstum damals 2,9 Prozent betragen hat, lange vor der Wirtschaftskrise! Heuer schaffen wir vielleicht gerade 0,8 Prozent. Wir haben eine Rezession in ganz Europa.

Es ist ein Unterschied, wie die Politik gemacht wird. Der Vorwurf, der da erhoben wird – ich weiß schon, das muss man als Opposition –, ist einfach falsch. Man kann vieles an der Regierung kritisieren, aber die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen und zu versuchen, alles zu tun, dass trotz der größten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren die Arbeitslosigkeit nicht weiter ansteigt, das kann man als solches respektieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe applaudiert bei einigen Beiträgen Ihrer Rede. Aber dieser Punkt dient der Selbstkritik, gerade wenn man in dieser Zeit Verantwortung auf der Regierungsbank getragen hat. Nicht immer ist das Laisser-faire das Richtige, und man hat damals ganz bewusst die Sozialpartnerschaft zurückgefahren. Ich erinnere mich, wie die Präsi­denten Leitl und Verzetnitsch wie die Schulbuben im Bundeskanzleramt abgefertigt worden sind. Man hat halt geglaubt, das sei nicht modern und mit wenig Sozialpart­nerschaft gehe es besser, da fahren wir drüber, und hat dann Puzzlesteine eingesetzt.

Ist irgendetwas besser geworden? – Nein, es ist schlechter geworden! Und es war gut, dass Sie es hier gesagt haben, weil mir das die Gelegenheit gegeben hat, das richtigzustellen. Es geht nämlich nicht ohne die Sozialpartner, sondern es geht besser für das Land, für die Beschäftigten und für die Menschen mit den Sozialpartnern. Dieser Versuch war zwar bitter für die Leute, ist aber gut für uns gewesen, dass wir solche Fehler nicht mehr machen.

Damit kann ich mich schon den Genies zuwenden. Wir haben ja gedacht, „Génie“ ist ein Waschmittel für zwischendurch und gibt es vielleicht bei dayli noch zu kaufen, falls es noch eine Warenlieferung dort gibt. Das ist offenbar gemeint vom Kollegen Lugar, weil sonst ist das Genietum hier nicht vorhanden.

Um bei dayli zu bleiben: Kollege Windholz hat die Situation richtig dargestellt. Eine Gesetzeslücke ausnützen zu wollen, um im Markt in Wirklichkeit unlauter gegen alle anderen Drogeriemärkte und Drogerien, die es noch gibt, zu konkurrenzieren, mit der Behauptung, wir sind ein Kaffeehaus oder ein Restaurant, und es gibt halt zufällig das ganze Drogerie-Warensortiment, ist eine unerträgliche Form von unlauterem Wettbe­werb.

Von mehreren Vorrednern ist richtig ausgeführt worden, dieses Haus will in der Mehrheit im Handel keine Sonntagsöffnung. Und daran müssen sich alle halten. Wir haben viele Tausende Familienbetriebe, die noch eine Drogerie führen. Was bleibt denn denen übrig am Ende des Jahres? Für die sind die Ketten eh furchtbar genug,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 181

was die Einkünfte für ihre Familien aus dem Familienbetrieb betrifft. Aber dass dann diese Kette sagt, ich bin ja keine Drogeriekette, ich bin ja ein Gasthaus, ich habe ja eine Verabreichung vielleicht in der Ecke, und denen man die letzten Kunden – und sie werden immer nur umverteilt, das hat Kollege Dolinschek richtig festgestellt – und den geringen Umsatz auch noch wegnimmt, bis die auch zusperren müssen, werden wir nicht akzeptieren.

Nur weil Frank Stronach mit dem 1-Million-Udine-Mann befreundet ist, brauchen wir hier deswegen nicht so einen Affentanz aufzuführen. Wir sollten uns bemühen, die Strukturen in Ordnung zu bringen. Schlecker war vorher schon insolvent! (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Muchitsch und Kollege Katzian haben es richtig gesagt, hier wird alles getan, was man tun kann, um strukturell den Leuten zu helfen, zu schauen, dass sie weiter in Beschäftigung sind. Aber die Dummheiten des Managements kann die Politik nicht und wird sie nicht verhindern können. Und daher ist der Vorwurf an die Gewerkschaften, sie seien schuld bei dayli, weil sie dagegen protestieren, dass am Sonntag offen ist, ein Hohn sondergleichen. Sie gehen auf die Leute los, die sich für die Menschen enga­gieren, sich für Tausende Betroffene einsetzen. Schämen Sie sich eigentlich nicht für so etwas? Nur wegen der billigen Propaganda des Frank Stronach? Also da hätte sich das Land wirklich etwas anderes verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

17.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Windisch. – Bitte.

 


17.52.23

Abgeordneter Ing. Franz Windisch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! In der Dringlichen Anfrage des Teams Stronach geht man auf die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt und auch auf den prekären Bereich in der Bauwirtschaft ein. Es wird hier schon suggeriert, als ob alle schlafen in diesem Land würden, nichts täten und nicht dagegenhalten würden.

Und da muss man schon einmal mit den Aussagen der OECD jüngst beginnen, dass wir 2013 0,5 Prozent Wirtschaftswachstum haben werden und 2014, Gott sei Dank, auf 1,7 Prozent steigen werden. Und wenn wir diese Prozentwerte mit dem Durchschnitt der EU vergleichen, dann liegen wir heuer zumindest um 1 Prozent höher und nächs­tes Jahr immerhin noch um 0,6 Prozent höher.

Meine Damen und Herren, diesen Vorsprung, den wir Gott sei Dank haben, müssen wir halten, den dürfen wir nicht verlieren, und da müssen wir mit konjunkturellen Maß­nahmen gegensteuern. Und die Politik tut auch etwas dagegen. Es geht um den Wirtschafts- und Arbeitsstandort. Die Regierung hat ein Konjunkturpaket mit vorge­zogenen Maßnahmen bis 2014 beschlossen. Das Gute dabei ist, dass dieses Paket eben nicht, so wie früher oft, auf Pump finanziert wird, sondern dass wir sehr wohl unseren Konsolidierungspfad mit dem Nulldefizit 2016, das wir nicht aus den Augen verlieren dürfen, auch weiterhin nicht verlassen.

Ganz wichtig bei diesem Paket ist der Wohnbau, ist der Bau allgemein. Bis 2020 werden wir 170 000 neue Haushalte in Österreich haben. Das heißt, dass wir auch 170 000 neue Wohneinheiten brauchen werden. Hierfür werden aus der Wohnbauför­derung vonseiten des Bundes 276 Millionen € frisches Geld zur Verfügung gestellt, nämlich aus dem Erlös der Frequenzversteigerung, der Digitalen Dividende.

Wir wissen auch, dass für jede neue Wohnung vier neue Arbeitsplätze geschaffen wer­den. Das heißt, das wird auch einen Beschäftigungseffekt haben. Zusätzlich werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 182

noch viele private Mittel in diesem Bereich ausgegeben werden, sodass hier insgesamt mehrere Milliarden fließen werden.

Auch die BIG, die Bundesimmobiliengesellschaft, wird Projekte für Sanierungen ent­sprechend vorziehen.

Zum Zweiten sind es auch Bauprojekte im Zusammenhang mit dem leidigen Hoch­wasser, mit den Schutzmaßnahmen, die die Menschen und die Betriebe im Gebiet der Donau dringend brauchen. Hier haben wir 17 Projekte in den letzten Jahren bereits abgeschlossen, insgesamt mit 280 Millionen €, und weitere 17 Projekte sind in Bau oder in Planung. Diese Projekte werden auch um vier Jahre vorgezogen, statt Endziel 2023 gilt nun Endziel 2019. Insgesamt werden 400 Millionen € von Bund, Land und Gemeinden zur Verfügung gestellt werden.

Und zum Dritten: Auch die Betriebe, nicht nur die Menschen, auch die Betriebe, die vom Hochwasser geschädigt sind, sind zu fördern und denen ist Unterstützung zu geben. Es werden insgesamt Kredite in der Höhe von 400 Millionen €, nämlich aus ERP-Mitteln, die wiederum nicht budgetwirksam werden, zur Verfügung gestellt werden, Kredite, die zinsenfrei sein werden, sechs Jahre lang zinsenfrei gewährt wer­den und deren Tilgung zu Beginn der Laufzeit drei Jahre gestundet wird.

Weiteres nur noch beispielhaft genannt: Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen, Inves­titionen in Wildbach- und Lawinenverbauung, insgesamt aufgestockt auf 200 Millionen €, damit es gar nicht mehr zu Hochwässern kommt, damit man die Flut am Berg noch abfangen kann, und Investitionen in die Siedlungswasserwirtschaft. Geschädigte Kanäle, Trink- und Abwasserversorgung, all diese Dinge sind zu reparieren bezie­hungs­weise noch zu verbessern.

Das Wirtschaftsministerium wird Rücklagen freimachen, mit denen 50 Millionen € Garantieübernahmen für die Überbrückungsfinanzierung der kleinen und mittleren Unternehmen, der KMUs, geleistet werden, die auch die konjunkturelle Lage ent­sprechend abfedern helfen werden.

Und, last but not least, auch 10 Millionen € für neue Invest-Zuschüsse für KMUs wer­den freigemacht.

Abschließend noch ein Blick auf die Anfrageformulierung, die mich besonders stört. Sie haben jetzt gehört, was dieses Konjunkturpaket beinhaltet, und in dieser Anfrage steht, dass es sich bei diesem Paket bloß um Alibi-Maßnahmen handle, obwohl man genau weiß, dass insgesamt 1,5 Milliarden € in den nächsten drei Jahren durch Zuschüsse und Kredite freigemacht werden. Und die Formulierung muss man sich auch auf der Zunge zergehen lassen: Die Feuerwehr sei zu spät gerufen worden, nämlich erst dann, als das Haus bereits abgebrannt sei.

Da muss man schon fragen: Ist das Haus Österreich, ist das österreichische Haus hier gemeint? Ich verwahre mich gegen so eine naiv-radikale Bildsprache, diesen plaka­tiven Populismus. Das ist ein Madigmachen unseres Standortes, unserer Heimat und eigentlich eine Beleidigung auch für die vielen fleißigen, tausenden Unterneh­mer/Un­ternehmerinnen und Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, denen wir nämlich dieses prosperierende Österreich verdanken. Und wir lassen uns dieses Österreich nicht schlechtreden, ganz einfach deshalb, weil es nicht der Wahrheit entspricht! (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 183

17.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


17.58.15

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vom Team Stronach, ich verstehe die Aufregung nicht. Sie haben mit den Gewerkschaften viel mehr gemeinsam, als Sie eigentlich denken. Die Gewerkschaft hält sich in den sozialdemokratischen Reihen einzelne Abgeordnete, die hier die Gewerkschaftsinteressen vertreten; das wissen wir. Der Einzige, der damals die Gewerkschaften aus dem Parlament vertreiben wollte, war der ehemalige Partei­vorsitzende Gusenbauer. Raiffeisen und der Bankensektor halten sich eigene Kauf­abgeordnete in den Reihen der Österreichischen Volkspartei. Und Sie, sehr geehrte Damen und Herren vom Team Stronach, sind parlamentarische Lakaien eines Millio­närs (Beifall beim BZÖ), Kaufabgeordnete und Söldner, die hier auch nicht ihre Meinung vertreten, sondern jene ihres Lobbyisten aus Kanada.

Der Unterschied zwischen Ihnen, den Gewerkschafts- und den Bankenvertretern ist gleich null. Sie sind im privatisierten Sektor tätig, die Roten im sozialpartnerschaftlichen und die Schwarzen im Bankensektor. Das ist der einzige Unterschied, sehr geehrte Damen und Herren vom Team Stronach.

Das, was mir – und wahrscheinlich auch sehr vielen Zusehern und Zuseherinnen – an der heutigen Debatte nicht gefallen hat, ist, dass diese Debatte unter dem Eindruck des gegenseitigen Hickhacks gestanden ist, aber nur die wenigsten Redner, wie etwa Abgeordneter Sigi Dolinschek, am Höhepunkt einer Arbeitslosigkeit in dieser Republik darüber diskutieren wollten, wie wir mit den Arbeitslosen aus der Alpine-Pleite, aus der drohenden dayli-Pleite umgehen. Das interessiert Sie nicht. Es interessiert Sie die gegenseitige Schuldzuweisung, wer für Konkurse in diesem Land verantwortlich ist, aber dass wir jenen Menschen helfen, die ohne Perspektive und ohne Arbeitsplatz ihre Familien zu ernähren haben, das interessiert in diesem Haus offenbar nur die wenigsten, sehr geehrte Damen und Herren!

Bemerkenswert ist die Argumentation der Sozialdemokratie: Wenn ein Betrieb pleite­geht, dann war es das Management! Wenn ein Betrieb erfolgreich floriert, war es die österreichische Bundesregierung!

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Argumentation, die Sie uns heute hier gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner, der Österreichischen Volkspartei, präsentiert haben, spricht Bände!

Wie diskutieren wir, dass wir mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder in Beschäftigung bringen? Wie diskutieren wir, dass wir 314 000 Arbeitslose in Österreich haben? – Indem wir einmal in diesem Parlament als Gesetzgeber darüber diskutieren, wie wir die Steuern in diesem Land endlich senken können, damit wir es den Arbeit­geberinnen und Arbeitsgebern ermöglichen, dass sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Die höchste Steuerquote, eine der höchsten Steuerquoten in Europa ist der Mühlstein für unsere Wirtschaft, die die Konkurse verursacht, sehr geehrte Damen und Herren von der Wirtschaftspartei Österreichische Volkspartei und von der Sozialdemokratie! Sie haben noch nie einen Arbeitsplatz geschaffen, das stimmt, aber mit Ihrer Steuer- und Sozialpolitik verhindern Sie wertvolle Arbeitsplätze in unserem Land.

Wir haben zu hohe Lohnnebenkosten, die Österreichs Wirtschaft – Klein- und Mittel­betriebe und Großunternehmen – nicht mehr wettbewerbsfähig machen, und eine Steuerquote, die unsere heimische Wirtschaft umbringt, die es den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern gar nicht mehr ermöglicht, fantasievoll, aber auch idealistisch ihre Betriebe zu gestalten. Und dazu kommen noch Zwangsmitgliedsbeiträge bei der Arbeiterkammer und bei der Wirtschaftskammer.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 184

Kollege Lugar, da sind Sie falsch gelegen – samt Ihrem etwas holprigen Parteichef. Darum geht es: in Österreich die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern – bei der Arbeiterkammer und bei der Wirtschaftskammer – endlich abzuschaffen! Jedes Klein­kind weiß, dass die Gewerkschaften ein freiwilliger Verein sind. Mir geht es um die Pflichtmitgliedsbeiträge, die auf die Gehälter aufgerechnet und die den Unternehmen abgezogen werden – Gelder, Wirtschaftskammerbeiträge, die die Unternehmer bräuch­ten, um ihre Betriebe weiter florierend zu halten; Gelder, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bräuchten, um ihre Familien zu ernähren, die aber leider Gottes in den Sumpf der Pflichtmitgliedschaft fließen!

Darüber sollten wir uns unterhalten – und nicht über verunglückte Dringliche Anfragen einer holpertatschigen Fraktion! (Beifall beim BZÖ.)

18.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


18.02.49

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Diese Dringliche Anfrage vom Team Stronach ist in der Tat, um es vorsichtig zu formulieren, seltsam. Uns sind ja an sich starke Töne vom Team Stronach und die Folgen davon durchaus bekannt, also wir wissen, was das ist.

Zum Beispiel – ich erinnere an den niederösterreichischen Landtagswahlkampf –: Wer war der schärfste Gegner, der flotteste Mundwerksbursche gegenüber Erwin Pröll? – Das Team Stronach und insbesondere Frank Stronach selbst. Unfähigkeit, wirtschaft­liches Desaster und Ähnliches hat Frank Stronach Erwin Pröll vorgeworfen. Und: Seine absolute Mehrheit, die muss weg! Frank Stronach war der lauteste Trompeter für diese Forderung. Aber kaum war die Landtagswahl geschlagen und kaum sind die ersten Sitzungen des Landtags ins Land gegangen, wer stimmte da ohne Koalition oder Ähnlichem dem Budget des Erwin Pröll zu? – Das Team Stronach! Also so schaut es aus: In der Vorzeit anders als dann in der realistischen, in der tatsächlichen Umsetzung des Programms.

Daher sind wir es gewohnt, dass entsprechende Punkte laut geäußert werden, wie auch bei dieser Dringlichen Anfrage. Ich habe Verständnis dafür, dass sich einmal auch eine junge Fraktion an so etwas versucht und hier ein erstes Werkstück abliefert. Und dann müssen wahrscheinlich die Meister kommen und ein bisschen schauen, ob das auch richtig funktioniert.

Aber wenn man sich den Inhalt anschaut, so liest man da in der Begründung als Überschrift: „Gewerkschaft blockiert – Wirtschaft verliert.“ Und bei der Chronologie erfährt man dann, was da passiert. Und zwar – ich zitiere –:

dayli muss seine Sonntagsöffnung auf Druck der Gewerkschaft und Behörden zurück­nehmen, da die Gewerbeordnung diesbezüglich geändert wurde. GPA-djp-Chef Wolf­gang Katzian jubelt und sagt: ‚Es reicht nicht aus, als Drogeriemarkt einen Getränke­automaten aufzustellen und Leberkässemmeln zu verkaufen‘.“ 

Nun, das ist ein ganz klarer Punkt – der ist auch von Vorrednern bereits angesprochen worden –: Es gibt immer wieder in Gesetzen Lücken beziehungsweise Möglichkeiten der Umgehung. Und da, muss ich sagen, ist Frank Stronach mit Sicherheit der Meister. Daher unterstützt er es ja. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Beispiel: Umgehung von Steuerbestimmungen, Umgehung der Transparenz im Parteienfinanzierungsgesetz. Ungefähr so: Jetzt kriegen ja alle nur Darlehen, das sind keine Spenden mehr, jetzt gibt es nur mehr Darlehen, daher brauche ich das über­haupt nicht mehr zu melden!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 185

Der beste Freund macht jetzt die Umgehung in der Form, dass man bei einer Sonn­tagsöffnung halt Leberkässemmeln und sonst noch etwas anbietet und versucht, die Vorschriften für die Öffnungszeiten zu umgehen. – Ein Meister der Umgehung in Wirklichkeit, und Sie sind die entsprechenden Schüler.

Weiters heißt es hier in der Dringlichen Anfrage:

„Die GPA brüstet sich damit, einen Sozialplan für dayli erarbeitet zu haben, weil erstmals im Raum steht, dass dayli als Folge des Verbots der Sonntagsöffnung Mitar­beiterkündigungen in den Raum stellt.“

Was ist denn das? – Das Unternehmen sagt: Liebe Mitarbeiter und liebe Gewerk­schafter und liebe Gesetzgeber, mit der Sonntagsöffnung ist es so: Wenn ihr nicht kuscht, wenn ihr nicht nach meiner Pfeife tanzt, dann wird es Kündigungen geben!

Geschätzte Mitglieder des Team Stronach, ich frage Sie: Auf welcher Seite stehen Sie denn? Auf der Seite des Unternehmers, der sagt: Wenn ihr, die Mitarbeiter, sei es wegen des Kollektivvertrages, wegen betriebsratsmäßigen Öffnungszeiten und sonst etwas, nicht spurt, dann wird es Konsequenzen geben!? – Stehen Sie auf der Seite des Unternehmers, der solche Methoden anwendet, der solche Nötigungs- und Erpressungsversuche macht? Oder stehen Sie auf der Seite der Arbeitnehmer, die gezwungen werden, um einen geringen Lohn zu arbeiten? Sagen Sie einmal, auf welcher Seite Sie stehen! Schütteln Sie nicht den Kopf, sondern geben Sie einmal eine Antwort darauf, auf welcher Seite Sie stehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein weiteres kleines Detail in der Chronologie:

„28. Juni: „Muchitsch verkündigt “ 

Also da muss man einmal sagen: Verkündigung ist etwas, was aus dem Bereich der Religion kommt. Vielleicht ist das vom Sektenhaften schon so weit übernommen worden, dass es nach dem Vorbild der Marienverkündigung jetzt eine Frank-Verkün­digung gibt oder sonst etwas. Aber das möchte ich jetzt beiseitelassen.

Ich glaube, dass Muchitsch nichts „verkündigt“ hat, sondern das soll etwas anderes heißen. Das ist nur ein kleiner Nebensatz. In diesem negativen Kontext meinen Sie, dass die Gewerkschaft blockiert. Und weiters heißt es hier – ich zitiere –:

„Muchitsch“ sagt, „dass die ÖBB 70 Alpine-Lehrlinge übernehmen würden, für die verbleibenden 72 Lehrlinge ruft er die aktuell bereits sehr angeschlagene Bauwirtschaft zur Übernahme auf.“

Herr Kollege Lugar, finden Sie es schlecht, dass 70 junge Menschen rasch einen Arbeitsplatz gefunden haben? (Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.) Warum wird denn das angeführt, mit dieser ganzen negativen Überschrift? In Wirklichkeit ist es zu begrüßen! Oder wollen Sie, dass diesen jungen Menschen ihre Erwerbschancen, ihre Ausbildungschancen genommen werden? Warum führen Sie denn das mit diesem negativen Beigeschmack an? (Beifall bei FPÖ und SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Jetzt zu einem anderen Punkt; das betrifft aber auch die Gewerkschaft. Wir haben schon von der Vereinsstruktur gehört, der vereinsfreien Gründung und davon, wer bestimmt, wer als Verein in Österreich zugelassen ist, und von Ähnlichem. Was macht denn dieser Verein Gewerkschaft? – Er sagt: Sonntagsöffnungszeiten sind gesetzlich verboten, und daher treten wir als Verein dafür ein, dass die Gesetze in Österreich eingehalten werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 186

Was passiert denn eigentlich, Kollege Lugar, nach der Vorstellung des Teams Stro­nach, wenn ein Richter sagt: Mein Gott, nein, wir haben zwar eine österreichische Rechtsordnung, aber das ist mir im Einzelfall eigentlich relativ wurscht, denn eigentlich stelle ich mir das ganz anders vor, und ich entscheide als Richter nicht so, wie die Rechtsordnung es mir vorgibt, sondern wie es mir gerade beim Mittagessen oder beim Kaffeeplausch eingefallen ist!? – Da haben Sie sehr wohl entsprechenden Handlungs­bedarf und Erklärungsbedarf.

Und in der Frage 18, die Sie an den abwesenden Sozialminister gestellt haben, heißt es:

„Innerhalb der Mitglieder der Gewerkschaften gibt es bei den Pensionen und Gehältern eklatante Unterschiede.“

Was heißt das? – Fordern Sie für Gewerkschaftsmitglieder einen kollektiven Einheitslohn, den man durch freiwillige Mitgliedschaft dort erwerben kann? Ich verstehe nicht, was das bedeuten soll!

In dieser Frage heißt es weiter:

„Einfache Mitglieder bekommen ihre gesetzliche Pension bzw. normale Bezüge, Ge­werk­schaftsvorsitzende erhalten Zusatzpensionen und hohe Gewerkschaftsgehälter.“

Ich stelle diese Frage jetzt umgekehrt. Die können Sie dann beantworten, weil Sie hier schon in den Startlöchern scharren, um Auskunft zu geben. Ich formuliere jetzt die Frage 18 ein bisschen um, und zwar:

Innerhalb der Mitglieder des Teams Stronach gibt es bei den Pensionen und Gehältern eklatante Unterschiede. Einfache Mitglieder bekommen ihre gesetzlichen Bezüge. Team Stronach-Vorsitzende erhalten Zusatzpensionen und hohe Team Stronach-Gehälter.

Welche Maßnahmen setzen Sie als Team Stronach-Klubvorsitzender, um hier Gerech­tigkeit zu schaffen? Und wie sieht diese Gerechtigkeit in Ihren Augen aus? (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bitte um Übermittlung eines anschaulichen Rechenmodells, wenn zum Verständnis erforderlich. Werden Sie jetzt auch so viel verdienen wie der Frank Stronach? Oder wie wird das jetzt bei Ihnen gehandhabt? (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


18.10.08

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir fehlt jetzt leider die Zeit, um auf all diese sehr interessanten Redebeiträge einzugehen. Ich werde es daher selektiv bearbeiten und die Frage beantworten, auf welcher Seite wir stehen.

Sie haben gefragt, auf welcher Seite wir stehen: auf der Seite der Arbeitgeber oder auf der Seite der Arbeitnehmer? – Ich kann Ihnen sagen: Wir stehen auf beiden Seiten. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ.) Wir stehen auf beiden Seiten, denn in einer florierenden Wirtschaft – das ist Ihnen anscheinend nicht bekannt – sind die Arbeit­geberinteressen, die Arbeitnehmerinteressen und die Interessen der Gesamtwirtschaft wichtig. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Dr. Rosenkranz: In einer konkreten Situation ist der Widerspruch eklatant!)

Das ist kein Widerspruch! Wenn Sie hier einen Widerspruch konstruieren, dann haben Sie das Prinzip nicht verstanden. Aber ich glaube, dass die heutige Diskussion eines


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 187

gezeigt hat: Sobald jemand kommt und es wagt, in diesem Hohen Haus gewisse Dinge anzusprechen, die im Konsens liegen – wir haben heute gehört, es gibt Konsens in vielen Bereichen, da sind alle oder zumindest ganz viele dafür –, dann wird sofort die Keule ausgepackt. Das haben wir heute gesehen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Letztlich haben Sie ja nichts in der Sache gesagt. Es hat doch niemand etwas dage­gen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenarbeiten. Es hat niemand etwas dagegen, wenn man grundsätzliche Fragen stellt. Wie zum Beispiel: Wofür brauchen wir die Gewerkschaft?

Herr Gusenbauer hat ja auch die Frage gestellt: Wofür brauchen wir Gewerkschafter im Hohen Haus? Und er hat auch gleich die Antwort gegeben, er hat gesagt: Nein, wir brauchen sie für nichts! Und er hat sie auch verboten. Es waren damals keine Gewerkschafter im Hohen Haus. Also ich verstehe jetzt nicht, wo das Problem ist. (Abg. Riepl: Das ist ja das Problem: dass Sie nichts verstehen!)

Wenn heute ein Abgeordneter hier herauskommt und fragt: Brauchen wir die Gewerk­schaft noch und wofür brauchen wir sie?, und Sie kämen hier heraus und würden in der Sache argumentieren, dann wäre das ja kein Problem, aber das haben Sie nicht gemacht. Sie haben nicht in der Sache argumentiert! (Beifall beim Team Stronach.)

Was Sie getan haben, ist: Sie haben verunglimpft. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Warum sind Sie nie im Ausschuss?) Sie haben hier unwahre Behauptungen aufgestellt und haben vor allem etwas getan, was die Regierung und die Landeshäuptlinge von Niederösterreich und auch von anderen Bundesländern perfekt machen, nämlich: Jede Kritik wird sofort als Kritik gegen das ganze Volk, gegen den Staat, gegen alle Menschen ausgelegt.

Das heißt, die Gewerkschaft sagt: Wer Missstände bei der Gewerkschaft aufdeckt, so wie wir – es sind ja nur Missstände, die wir hier aufdecken –, der geht auf die Demokratie los, der geht gegen alle Arbeitnehmer vor, der ist undemokratisch, der ist ein Diktator! (Abg. Weninger: Stimmt! Da haben Sie eh recht!)

Wo sind wir denn? Ist es nicht möglich, im Hohen Haus Kritik anzubringen? Ist das wirklich so schlimm? Ist es so schlimm, dass dann behauptet wird, Frank Stronach sei ein Steuerhinterzieher, so wie das der Herr Öllinger gemacht hat? – Das ist übrigens ein Straftatbestand, falls Ihnen das entgangen ist.

Wenn Sie sagen, er hinterzieht Steuern, weil er in Kanada Steuern zahlt, dann bitte, Herr Öllinger, machen Sie sich schlau! Ein Mann wie Frank Stronach hat 300 Betriebe weltweit, und er hat die meisten Betriebe in Kanada. Und jetzt sagen Sie mir einmal: Wenn er in Kanada die meisten Betriebe hat und damit auch die meiste Einkünfte, glauben Sie dann wirklich, dass er in Österreich Steuern zahlen sollte? Na was glauben Sie, was für eine Freude da die Kanadier hätten, wenn er aus deren Sicht Steuerflüchtling wäre und hier in Österreich seine Einkünfte, die er in Kanada hat, versteuern würde?!

Übrigens, der Steuersatz von Kanada und Österreich ist ziemlich ähnlich, da ist nicht viel Unterschied. Das heißt, da gibt es keinen Vorteil. Aber warum sollte er, wenn er Einkünfte in Kanada hat, diese in Österreich versteuern? (Abg. Riepl: Weil das anständig wäre!) Alle Einkünfte, die er in Österreich hat, versteuert er sehr wohl in Österreich. Und er hat ja gesagt, dass er 1 Million € Steuern bezahlt hat. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wie viel verdient er denn in Österreich?)

Wie viel haben Sie denn letztes Jahr bezahlt? Und letztlich, schauen Sie, da kommt ein Mann von Welt  (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) – Frank Stronach ist ein Mann von Welt! Da endet der Horizont nicht hinter dem Gänsehäufel, wie bei Ihnen anschei-


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nend. Und wenn ein Mann von Welt kommt und es sich mit 80 Jahren antut, in die Politik einzusteigen, sein eigenes Geld nimmt, um in diesem Land etwas zu bewegen, und Sie nichts anderes übrig haben, als alles, was er sagt, immer nur schlechtzu­machen und nicht auf der Sachebene, sondern nur auf der persönlichen Ebene abzuhandeln, dann sieht man daran ganz eindeutig, dass Sie das Wesen der Politik nicht verstanden haben, denn Politik ist Diskurs. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Bei der Politik geht es nicht darum, dass, wenn ich mich heute hier herausstelle und sage, wir müssen bei der Gewerkschaft hinschauen, denn da gibt es Fehlentwick­lungen – die hat auch Herr Gusenbauer so gesehen (Zwischenruf der Abg. Dr. Ober­hauser) –, hier kein einziger Abgeordneter herauskommt und diese Argumente auf­greift und in der Sache argumentiert, sondern nur mit Diffamierungen, mit Angriffen, mit Untergriffen agiert, ja sogar mit strafrechtlich relevanten Dingen kommt! – Daran sieht man, dass einige Abgeordnete – zumindest aus meiner Sicht, und das muss ich in dieser Klarheit sagen – nicht reif sind, hier einen sachlichen Diskurs zu führen. (Beifall beim Team Stronach. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Oberhauser.)

Und genau das brauchen wir im Hohen Haus: einen sachlichen Diskurs – und nicht dieses Gegeneinander!

Wenn wir – und da bin ich jetzt wieder bei der Gewerkschaft – etwas ganz Vernünftiges gefordert haben, nämlich dass die Gewerkschaft, deren Mitgliedschaft nicht immer so freiwillig ist, wie viele es behaupten, sich mit der Arbeiterkammer, deren Mitgliedschaft dann freiwillig sein sollte, zusammenschließen sollte, weil dadurch gewaltig viel Geld eingespart werden könnte und eine neue schlagkräftige Organisation entstehen würde, die die Arbeitnehmerinteressen dann noch besser vertreten könnte und gleichzeitig auch noch einiges der 600 Millionen €, die jedes Jahr für dieses System draufgehen, eingespart werden könnte, also wenn ich das heute hier vorschlage beziehungsweise schon vorgeschlagen habe, warum reden wir dann nicht darüber?

Oder: Warum reden wir nicht darüber, dass die Gewerkschaft mittlerweile eine Schattenregierungsfunktion in diesem Land innehat und sich in Dinge einmischt, die sie überhaupt nichts angehen, wie zum Beispiel Steuererhöhungen und vieles andere mehr? Das ist nicht Sache der Gewerkschaft.

Sache der Gewerkschaft wäre es, sich wirklich um die Arbeitnehmerinteressen zu kümmern und einmal in der eigenen Organisation für Ordnung zu sorgen. Und nichts mehr wollte ich! Ich habe niemals die Gewerkschaft abschaffen wollen. Das habe ich nie gesagt! Und wenn Sie das wirklich nachlesen, dann werden Sie das auch so sehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich habe das nie gesagt! Ich habe nur die Frage gestellt, wofür wir die Gewerkschaft noch brauchen. Und es wäre Ihnen gut angestanden, heute hier herauszukommen und zu sagen, warum wir die Gewerkschaften brauchen. Das haben Sie aber nicht getan. Das sind Sie schuldig geblieben. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Genau das hätte ich mir aber heute erwartet. Doch was haben Sie gemacht? – Sie haben wilde Anschuldigungen gegen Frank Stronach erhoben, der nicht anderes tut, als diesem Land zu helfen, weil er eben nicht nur bis zum Gänsehäufel denkt, sondern einen Blick auf die Welt hat, den viele hier herinnen anscheinend nicht haben. Und das können wir nützen, davon können wir profitieren! Und das wollen wir gemeinsam machen. Wir reichen Ihnen die Hand. Wenn Sie sie ausschlagen, kann ich leider nichts machen. (Beifall beim Team Stronach.)


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18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

18.17.19Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 14186/AB

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zur kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit der Ordnungszahl 14186/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist verteilt worden, die Verlesung erübrigt sich daher.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass kein Redner länger als 5 Minuten und der Erstredner 10 Minuten sprechen darf. Stellungnahmen von Mitgliedern der Regierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun den Antragsteller des Verlangens, Herrn Abgeordneten Hagen, die Debatte zu eröffnen. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


18.17.59

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe diese Besprechung der Anfragebeantwortung 14186/AB deswegen hier angeregt, weil die Anfrage, die ich über den „Luft-Hunderter“, über den sogenannten „Emissionsschutz-Luft-Hunderter“ gestellt habe, meiner Ansicht nach durch den Ressortchef des Lebensministeriums nicht ausreichend oder nicht korrekt beantwortet wurde.

Herr Bundesminister, kurz zum Hintergrund meiner Anfrage: Ich bin nicht jemand, der einfach nur so zum Spaß oder aus Lust und Laune Anfragen stellt, wie es manche machen, um eine Stricherlliste zu führen, sondern ich stelle Anfragen, um konkrete Antworten zu bekommen, wenn mich ein Thema sehr interessiert oder wenn mir etwas sehr aufstößt.

Jetzt die Geschichte dazu: Ich war mit dem Auto in Tirol unterwegs, von Vorarlberg nach Salzburg. Und Tirol ist bekannt dafür, dass meistens – egal, ob das Wetter gut oder schlecht ist – der „Luft-Hunderter“ durchgehend eingeschaltet ist. Wer einmal da durchgefahren ist, der ärgert sich dann, wenn das bei Regenwetter passiert, denn es kann mir kaum jemand erzählen, dass bei Regenwetter die Luftemissionen sehr hoch sind, wenn es die ganze Nacht durchregnet. Also wenn man bei Regenwetter durch Tirol Richtung Salzburg fährt und es in der Früh nach wie vor regnet, ist trotzdem der „Luft-Hunderter“ eingeschaltet. Das ist nicht nur in Tirol so, sondern das gibt es auch in Oberösterreich häufig.

Dann habe ich mir natürlich die Frage gestellt, ob diese Bedingungen für den „Luft-Hunderter“ wirklich vorliegen. Da ist es so, dass ich als gelernter Österreicher natürlich weiß, dass man bei den Autofahrern gerne abkassiert und Strafgelder einhebt. Also nehme ich einmal an, dass die Länder sehr großzügig mit diesen Einstellungen des „Luft-Hunderters“ umgehen.

Ich sehe das dann auch, denn meistens, wenn der „Luft-Hunderter“ drinnen ist, stehen dann irgendwo zwei, drei Radarautos, die die „Schnellfahrer“ – unter Anführungs­zeichen – auf der Autobahn mit etwas über hundert dementsprechend blitzen. Wer es nicht weiß: Sie bekommen dann die doppelte Strafe. Den einen Teil der Strafe bekommt der Straßenerhalter, den anderen Teil der Strafe, das Verdoppelte, bekommt das Bundesland, in dem der „Luft-Hunderter“ eingestellt worden ist.

Ich habe dort festgestellt – bei Regenwetter, wie gesagt, die ganze Nacht hat es geregnet –, obwohl ich kein Fachmann bin in diesem Bereich, aber mit gesundem


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Menschenverstand kann ich das einmal sagen, dass die Partikel, die ja durch diesen „Luft-Hunderter“ verhindert werden sollen, wohl weggewaschen sind.

Ich habe mir dann die Mühe gemacht und habe einmal nachgefragt, weil mir eben auffällt, dass der „Luft-Hunderter“ gerade auf der West Autobahn sehr oft drinnen ist. Daher habe ich eine Anfrage an Sie gestellt. Diese Anfrage möchte ich vielleicht den Zuschauern hier kurz andeuten oder vorlesen, wie die Fragen gelautet haben.

Die erste Frage war: „Wie oft wurde auf den oben angeführten Straßen“ – das sind die A 10 in Salzburg, die A 2 und die A 9 in der Steiermark, die A 12 in Tirol – „der ‚IG-L Hunderter‘ seit Inkrafttreten der Novelle 2010 angezeigt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Monat, Tag, Bundesländern und Straßen.)“

Frage 2: „Wie hoch waren die einzelnen Immissionswerte und drohenden Grenzwert­überschreitungen die zu einer Anzeige des IG-L Hunderters führten? (Bitte um Aufschlüsselung wie in Frage 1.)“

Frage 3 war: „Wie hoch waren die Immissionswerte konkret am 19. und 20. April 2013“ – das ist dieser besagte Tag beziehungsweise sind diese zwei Tage, an denen ich nach Salzburg und retour gefahren bin –, „die zu einer Anzeige des ‚IG-L Hun­derters‘ auf der A 12 in Tirol führten?“

Frage 4: „Wie hoch waren die Immissionswerte konkret am 19. und 20. April 2013, die zu einer Anzeige des ‚IG-L Hunderters‘ auf der A 10 in Salzburg führten?“

Dann Frage 5: „Wie hoch waren die Immissionswerte konkret am 19. April 2013 die zu einer Anzeige des ‚IG-L Hunderters‘ auf der A 1 in Oberösterreich führten?“

Die letzte Frage war dann: „Sind die Bundesländer (Landeshauptleute) bezüglich der Umsetzung des IG-L dem Bund berichtspflichtig? Wenn ja, kann man diese Berichte öffentlich einsehen; und wo kann man die Einsicht nehmen?“ (Ruf bei der FPÖ: Beantwortet ist sie auch worden?)

Jetzt ist es so, dass Sie mir hier geantwortet haben:

„Zu den Fragen 1 und 2:

Auf Grund der Datenmenge und der dezentralen Verortung der Informationen“ (Abg. Scheibner: Das wird in der Redezeit ...!) „kann diese Aufschlüsselung nicht vorgelegt werden. Der organisatorische und finanzielle Aufwand, der mit einer derartigen Erhebung verbunden ist, wäre unverhältnismäßig hoch“ (Abg. Ursula Haubner: Sind Sie ...? – Abg. Scheibner: Das haben wir jetzt nicht verstanden!) „und würde einige MitarbeiterInnen in den Bundesländern, dem BMLFUW, der ASFINAG und des Bundesumweltamtes für geraume Zeit beschäftigen.“

Meine Damen und Herren, wir haben ein Interpellationsrecht, und wenn ich eine Frage stelle, möchte ich auch eine klare Antwort bekommen. Wir haben doch dieses Inter­pellationsrecht vor Kurzem ausgeweitet. (Abg. Scheibner: ... vorlesen!) Meiner Ansicht nach ist hier nicht richtig oder nicht ausreichend beantwortet worden, denn es geht darum, dass ich einmal genaue Zahlen haben und wissen wollte, ob diese Überschrei­tungen nach dem Luftreinhaltegesetz wirklich vorgelegen sind.

Die Fragen 3 bis 5 haben Sie folgendermaßen beantwortet:

„Da zu diesem Zeitpunkt noch keine gesicherten Daten vorliegen, kann über die Situation an diesen speziellen Tagen keine Auskunft gegeben werden.“

Jetzt habe ich Ihnen zwei Tage aufgelistet. Sie haben sich zwei Monate Zeit genom­men, um die Anfrage mit diesem Satz zu beantworten, und es ist nichts Konkretes herausgekommen. (Abg. Ursula Haubner: Das ist die gesetzliche Frist!) Meine Damen


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und Herren, ich glaube, wenn man Anfragen stellt, dann sollte man auch eine Antwort bekommen!

Die Antwort auf die Frage 6 war dann auch noch unzureichend, denn Sie haben mir nicht beantwortet, wie die Landeshauptleute hier mitwirken und wonach bei dem Ganzen vorgegangen wird, also so, dass für die Autofahrer wirklich nachvollziehbar ist, ob diese dann zu Recht die verdoppelte Strafe bezahlen oder nicht. Ich sage einfach, hier wird der Autofahrer wieder einmal abkassiert. Das lehnen wir ab!

Dann möchte ich noch, obwohl es jetzt nicht Ihr Ministerium betrifft, Folgendes dazusagen, weil es einfach dieses Interpellationsrecht betrifft, das ich hier etwas genauer unter die Lupe nehmen möchte. Ich habe damals eine Anfrage an die Frau Innenminister gestellt; auch ein ÖVP-Ministerium, dort antwortet man anscheinend nicht sehr gerne. Diese Anfrage hat den Staatssekretär Kurz betroffen, betreffend seine Blockierung eines Behindertenparkplatzes in Oberösterreich mit dem Dienst­fahrzeug. Sie kennen die Geschichte aus den Medien. Hier habe ich so gut wie kaum Antwort bekommen, oder gar keine verwendbare, auf das, was gefragt worden ist. Das ist meiner Ansicht nach eine Vorgangsweise, die hier System hat.

Wie gesagt, wir haben dieses Anfragerecht jetzt über den Sommer ausgeweitet, sodass man wirklich Anfragen stellen kann. Aber dann erwarte ich mir auch, wenn ich eine vernünftige Anfrage stelle, eine vernünftige Antwort, meine Damen und Herren! Das ist hier nicht passiert, das kann man ganz klar sagen. Ich möchte jetzt nicht diese Anfrage auch noch vorlesen. Ich möchte es nämlich kurz machen, weil wir heute noch lange genug sitzen.

Aber, meine Damen und Herren, so geht man mit dem Interpellationsrecht der Abge­ord­neten in diesem Haus nicht um! Herr Minister, ich erwarte mir hier Besserung, und vielleicht werden Sie mir das auch geloben. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.25


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


18.26.03

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter, grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass mein Haus beziehungsweise ich die Anfrage nach bestem Wissen und Gewissen beantworten. Sie haben angesprochen, dass die Datenlage nicht aus­reichend ist, und das war auch der Grund, warum wir Ihnen die Daten nicht gegeben haben. Wir schreiben nicht irgendwelche Fantasiezahlen in eine Anfragebeantwortung, die Sie dann zu Recht kritisieren würden. Sie müssen sich schon darauf verlassen, und wir können auch nur auf Daten zurückgreifen, die vorhanden sind.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass sich die Luftqualität in Österreich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat. Vor Kurzem haben wir im Umweltausschuss den Umweltkontrollbericht diskutiert, wo wir in vielen Bereichen verschiedener Luftschad­stoffe eindeutige Verbesserungen haben. Beispielsweise Schwefeldioxid – wenn Sie sich erinnern: saurer Regen – ist heute kein Problem, aber auch bei Blei, Arsen, Kadmium, Kohlenstoffmonoxid und Ähnlichem haben wir eindeutige Verbesserungen. Wir haben in einigen Bereichen Nachholbedarf, beim Feinstaub, aber auch bei NOX.

Jedenfalls geht es darum, auch die Rahmenbedingungen darzustellen. Wir haben das Immissionsschutzgesetz-Luft vor einigen Jahren novelliert. Wir verstehen das als einen Werkzeugkoffer für die Landeshauptleute, die ja kraft Verfassung für die Luft­rein­haltung zuständig sind, wobei das jeweilige Land, die jeweilige Region sich sozu­sagen


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das Werkzeug aus diesem Gesetz herausnimmt, das in der Region angepasst ist und zur Luftverbesserung beitragen soll. Das können Geschwindigkeits­beschrän­kungen sein, auch andere Dinge im Bereich der Wirtschaft und des Verkehrs, aber auch in verschiedenen anderen Bereichen.

Jedenfalls haben wir zusätzlich auch zwei Verordnungen erlassen, um uns dem Thema Feinstaub zu widmen. Tatsache ist, dass die Grenzwerte in manchen Regionen überschritten werden. Daher sind die Bundesländer und die einzelnen Regionen gefordert, die Programme zur Luftreinhaltung, die sie ja erstellt haben und die auch nach Brüssel gemeldet wurden, umzusetzen.

Im Konkreten ist es so, dass das Gesetz die Landeshauptleute verpflichtet, Maßnah­men zu setzen. Ich habe erwähnt, das können permanente oder temporäre Geschwin­dig­keitsbeschränkungen sein, aber auch Fahrverbote für ältere LKW, Nachtfahr­verbote, bis hin zu Ausbauprogrammen für den öffentlichen Verkehr. Seit 2007 räumt das IG-L dem Landeshauptmann die Möglichkeit ein, bei drohenden Grenzwertüber­schreitun­gen, eben bei Luftschadstoffen oder insbesondere bei Feinstaub, nicht nur fixe Geschwin­dig­keitsbeschränkungen zu machen, sondern auch temporäre Beschränkungen durch sogenannte VBAs, Verkehrsbeeinflussungsanlagen, zu erlassen.

Zu dem von Ihnen angesprochenen Thema Schaltzeiten. Die Schaltzeiten dieser Anlagen richten sich danach, wie hoch die aktuelle Schadstoffbelastung ist, wie sich der zeitliche Verlauf darstellt, wie hoch die Verkehrsdichte ist, und natürlich hängt es auch von der Witterung ab. Weil Sie sagen, es fällt Regen, und der wäscht sozusagen den Feinstaub, die Schadstoffe weg: So simpel ist es nicht. Gerade bei Tiefdruckwetter ist es so, dass der Druck zum Beispiel beim Feinstaub groß sein kann, außer ich habe in dieser Situation zum Beispiel Wind, der, sehr simpel gesprochen, die kontaminierte Luft verbläst; dann ist die Lage eine andere. Wir haben deswegen zum Beispiel auch in Graz immer wieder ein Problem. Dort gibt es eine Inversionswetterlage, daher ist dort die Belastung mit dem Feinstaub besonders groß.

Jedenfalls ist es so, dass die Landeshauptleute verpflichtet sind, jeweils bis zum 30. September einen Evaluierungsbericht für den Zeitraum 1. Mai des Vorjahres bis 30. April des laufenden Jahres vorzulegen. Für die von Ihnen erwähnten Tage, die Sie angesprochen haben, liegt noch kein Bericht vor, weil eben die erfassten Daten noch evaluiert und aufbereitet werden müssen – ich ersuche Sie dafür um Verständnis –, um Ihnen korrekte Daten zu liefern.

Auch eine genaue Aufschlüsselung der Schaltzeiten seit 2010, wie sie in Teilen der Anfrage verlangt wird, ist daher nicht vollständig möglich. Wir arbeiten daran. Im Sinne der Sparsamkeit und auch einer schlanken, effizienten Verwaltung verweise ich auf die Evaluierungsberichte. Sobald wir diese haben, werden sie auch auf der Homepage des Lebensministeriums veröffentlicht und sind dort einzusehen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.30


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeit beträgt 5 Minuten pro Beitrag.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.30.38

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben jetzt der Tragödie zweiten Teil des Teams Stronach innerhalb weniger Minuten. Zuerst hatten wir den Rohrkrepierer mit dem Anti-Gewerkschafts-Bashing, und jetzt haben wir die Situation, dass Frank Stronach oder irgendjemand von seinem Team zu schnell mit dem Auto fährt, eine Strafe bekommt, dann im Parlament eine


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Anfrage einbringt und vom Umweltminister wissen will, warum er Strafe zahlen muss. (Zwischenrufe beim Team Stronach.)

Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, ob Temporeduktionen aus Umwelt­gründen gerecht sind, ob das politisch vernünftig ist, ob alles technisch funktioniert hat. Ich sage Ihnen ein praktisches Beispiel. Ich habe bei mir in meiner kleinen Gemeinde in einer Nebengasse eine Ampel, die nicht immer funktioniert. Aber trotzdem kann ich nicht bei Rot über die Kreuzung fahren! Das heißt, die Strafe, die Sie oder Ihr Chef ausgefasst haben, ist einmal rechtlich richtig.

Zum zweiten Teil, was diese Anfragebeantwortung betrifft: Herr Minister, ganz leicht machen Sie es uns auch nicht immer, Sie zu verteidigen, was die Informationsbereit­stellung an das Hohe Haus betrifft, gerade wenn es um Umweltdaten geht! Aber vielleicht kann man in diesem Bereich nach den Erfahrungen der letzten Wochen und Monate in Zukunft ein bisschen auskunftsfreudiger werden.

Dazu vielleicht noch an beide die Information: Es gibt die Homepages des Bundes­umweltamtes und der Landesumweltämter, wo die Umweltdaten jederzeit einsichtig sind. Da kann sowohl das Ministerium als auch der Schnellfahrer aus dem Team Stronach jederzeit hineinschauen.

Der dritte Punkt: Wenn man dieser Debatte inhaltlich überhaupt irgendetwas abgewin­nen will, ist das die Frage, wie man mit dem Instrument des Immissionsschutz­gesetzes-Luft umgeht. Ich glaube, dass da noch einiges in diesem Werkzeugkoffer, den der Herr Minister angesprochen hat, drinnen wäre. Ich habe jedoch die Sorge, dass die meisten Landeshauptleute mit diesem Instrument nicht wirklich so umgehen, wie wir uns das gemeinsam erwarten würden.

Ich komme selber aus einer Region, in der es sehr viele Autobahnen gibt. Es werden von den Landeshauptleuten auf Druck von lokalen Bürgerinitiativen Lärmschutzwände gefordert und um sündteures Geld aufgestellt. Viele Autofahrerinnen und Autofahrer wundern sich darüber, wo diese Lärmschutzmaßnahmen stehen. Dort, wo sie tatsächlich gebraucht werden, sind sie jedoch meistens nicht effizient genug.

Ich glaube, dass da ein intelligentes System sowohl dem Naturschutz, dem Umwelt­schutz und der Luftreinhaltung als auch den Bürgerinnen und Bürgern, den Verkehrs­teilnehmern zugutekommen würde. Wenn intelligente Verkehrsbeeinflussungen das Tempo bei großer Umweltbelastung reduzieren, wird das jeder verstehen.

Sollten die Bundesländer dieses Handwerkszeug auch in Zukunft nicht so nutzen, wie wir uns das hier gemeinsam erwarten, dann wird es wahrscheinlich notwendig sein – bei aller Liebe zur Subsidiarität! –, auf Bundesebene Regelungen zu finden, damit die Luftqualität, die wir in Österreich erwarten und die wir gewohnt sind, auch in Zukunft gewährleistet ist. In diesem Sinne werden wir das Instrument noch weiter ausbauen müssen.

An den Kollegen Stronach oder Hagen, wer auch immer da ins Radar gefahren ist: Halten Sie sich einfach an die Straßenverkehrsordnung! (Beifall bei der SPÖ.)

18.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


18.34.43

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute tatsächlich eine Lehrstunde über Politik Stronach, und viel war es bis jetzt nicht. (Abg. Dr. Rosenkranz: Es waren Leerstunden!) Es sind schon viele Stunden; also gefühlte


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acht Stunden Stronach-Politik sind jetzt wirklich genug! (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben da jetzt eine Anfrage von Kollegen Hagen. Wenn er nach Lauterach unterwegs ist und so im Auto sitzt – ich stelle mir vor: er sitzt und fährt, er denkt sich nichts und der Tag vergeht, und auf einmal, zack!, kommt der IG-L, und er denkt sich: Jessas, da war jetzt was! (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Dann fährt er heim, und da ist schon wieder ein IG-L!

Da er ja ein trainierter Polizist ist, zumindest noch ein Viertelpolizist, denkt er sich: Maria, zahle ich jetzt, oder soll ich die anzeigen, die mich überholen? – Es ist eine blöde Geschichte. Ich würde also sagen, das ist für einen Team-Stronach-, ich sage einmal, ‑Abgeordneten, ‑Verantwortungsträger eine echte Stresssituation. Denn so richtigen Stress habt ihr ja keinen.

Daher denke ich mir, der Kollege fährt und fährt und denkt sich: Warum ist das da? – Dann ist es vorbei, er gibt wieder Gas, und dann kommt er zum nächsten. Es ist ja tatsächlich so: Wenn man von Lauterach in die weite Welt fährt, dann kann es schon sein, dass man in Tirol, in Salzburg, in Oberösterreich hineinfährt. Das ist dann sozu­sagen dreimal ein Stress, dass man sich denkt: Was mache ich jetzt? – Das ist schon wirklich gefährlich, daher verstehe ich, dass man sagt: Da will ich etwas wissen! (Abg. Dr. Rosenkranz: Kollege Rasinger empfiehlt immer Pausen beim Autofahren!) Ja, genau, er empfiehlt Pausen, das ist gut. (Ruf bei der FPÖ: Wenn man schon Rasinger heißt!)

Wenn man dann als gequälter Abgeordneter im Team Stronach so sitzt und sich denkt: da war jetzt was, und da waren ja Werte  – Werte! Das Stichwort: Werte! Wir beim Stronach haben ja Werte! Ich frage den Frank, wie das mit den Werten ist, und ich kenne mich mit dem IG‑L aus. IG‑Luft, und alles kennt sich aus.

Und was passiert? – Ich frage den Frank, und er sagt mir nichts über die Werte! Was mache ich jetzt in meinem Stress? – In meinem Stress gehe ich dorthin und frage den, von dem ich annehme, dass er alles weiß: Das ist der Lebensminister. Und dem schreibe ich einen Brief. (Abg. Weninger: Der kann aber auch keine Antwort geben!) Dem sage ich: Jetzt möchte ich gerne wissen, wie das ist!

Er hätte in Salzburg zum Beispiel die Frau gewesene Landeshauptfrau fragen können, weil die ihre Werte kennt, da sie weiß, wie sie das Gerät eingestellt hat. Aber blöderweise hast du an die nicht gedacht, das war eben so. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Jetzt sind wir da, du fragst unseren Herrn Bundesminister um die Werte, und er muss dir sagen: Tut leid, die Länder haben noch nicht gemeldet! Du hättest ihn noch viel schwierigere Sachen fragen können, zum Beispiel, wie das in der Steiermark ist. In der Steiermark – oje, da ist der Hannes Weninger sicher einer, der das nicht gern hören will, darum rede ich gar nicht viel weiter. Aber wir werden uns noch darüber unterhalten müssen, ob diese Länderkompetenz in der Steiermark wirklich im Interesse der Men­schen gelebt wird, denn dort haben wir unsere gröbsten Probleme, was den Feinstaub betrifft.

Aber macht nichts – Kollege Hagen kommt wieder heim, denkt sich, ich habe einen Sekretär, der muss ja auch zu irgendetwas gut sein, und dem sage ich jetzt: Mach eine Anfrage wegen der Werte! – Dann macht er die Anfrage, schickt sie an die falsche Adresse, wirft sie ins falsche Postkastl und wundert sich, warum die Antwort nicht das ist, was er sich wünscht.


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Macht nichts – wir haben jetzt gelernt, wie beim Team Stronach Werte erarbeitet wer­den. Das war auch sehr lehrreich, ich bedanke mich auf das Allerherzlichste! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dipl.-Ing. Deimek –: Leg ein’s nach! – Heiterkeit.)

 


18.38.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Nach dieser launigen Debatte nachzulegen, ist schwer. Aber gut, dieser Werkzeugkoffer, den wir da vor einiger Zeit beschlossen haben, war – und wir haben das damals kritisiert – in weiten Bereichen zu eng. So haben wir es gesehen. Jetzt stellt sich heraus, es gibt genauso Bereiche, wo das durchaus zu weit gefasst ist, wo man sagen kann, die jeweiligen Umweltlandesräte haben eigentlich, ich will nicht sagen, Narrenfreiheit, aber sie können das tun, was man in den Ländern gern tut: Noch einmal hinaufschrauben, im Gegenzug den Autoverkehr limitieren, Geschwindigkeiten begrenzen, um natürlich das Begehrte abzukassieren.

Aber das soll jetzt kein Vorwurf gegen Sie selbst sein. Das war gut gemeint, und das Gesetz als solches mit den Grenzwerten für die verschiedenen Stoffe ist durchaus berechtigt.

Zur Anfrage des Teams Stronach selber: Es ist da vom 19. und 20. April die Rede. Ich habe mir den Wetterbericht von diesem Tag herausgesucht: Das Italien-Tief „Udo“ sorgte langfristig für nasse Verhältnisse, es hat eine Schneefallgrenze von 800 bis 1 200 Metern gegeben. Es war also wirklich das, wovon man sagt: Da wurde halbwegs viel ausgewaschen. Es war auch ein entsprechender Nordnordwestwind. Das heißt, normalerweise hätte es nicht sein dürfen.

Jetzt habe ich bei mir selber im Kalender nachgeschaut. Ich bin auch ein bisschen durch die Gegend gefahren, obwohl ich ja sonst eher Eisenbahnfahrer bin.

Mir ist damals Ähnliches in Oberösterreich aufgefallen. Wenn man von Steyr nach Linz fahren will, kommt man öfter beim Ebelsberger Berg durch. Dort ist der obligate „Luft-Hunderter“ in Oberösterreich. Auf der Rückfahrt ist es wieder dasselbe, am Freitag wie auch am Samstag ist der „Luft-Hunderter“, obwohl die Stoffe eigentlich ausgewaschen sein müssten.

Jetzt ist natürlich die Frage: Warum ist das so? Warum ist das in der vom Kollegen zitierten Steiermark nicht so? Warum ist dort zum Beispiel das von der grünen Kollegin Rücker präferierte Modell mit den Sperrzeiten für Autos, das ja wirklich grenzwertig ist, nichts? Warum setzt Umweltlandesrat Kurzmann Maßnahmen, die mittlerweile auch von der Wirtschaftskammer als blendend klassifiziert sind, und zwar im Einvernehmen mit den anderen Parteien? Das sei der Kollegin, die jetzt nicht mehr da ist, ins Stammbuch geschrieben. Ich weiß nicht, der Bauernbund weiß das noch nicht, aber es spricht sich vielleicht innerhalb der Fraktion von der Wirtschaftskammer auch zum Bauernbund herum. (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.)

Warum kann der das dort machen? – Ja weil er umfassend reagiert. Er klatscht nicht einfach einen langfristigen Hunderter hin, so wie wir es in Oberösterreich haben. Er fragt: Woher kommen denn die Stoffe überhaupt? – Die kommen ja nicht nur von den bösen Autofahrern. Sie kommen ja genauso von der Industrie, sie kommen ja im Winter genauso vom Hausbrand, sie kommen von der Energieerzeugung. Er setzt überall entsprechende Maßnahmen. Dann hat man eben im Bereich Graz oder in der


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Steiermark überhaupt ein Paket, das wirklich sehr sensibel ist, wo man ein bisschen länger fahren kann.

Zu den Autos: Es kommt auch darauf an, wie ich messe und wie ich von diesem Messregime in das Geschwindigkeitsregime übergehe. In Salzburg, in Tirol und in Oberösterreich sagt man eben: Jetzt messen wir einmal und dann drehen wir einen ganzen Tag oder zumindest relativ lange ab. Es ist ja dokumentiert, wie lange dann wirklich auf der Autobahn der Hunderter gilt.

Eines kann man auch ganz sicher sagen: Wenn der „Luft-Hunderter“ eingeschaltet ist, dann ist sicher ein paar Kilometer dahinter die Exekutive mit der Laserpistole. Also ist es kein „Luft-Hunderter“, sondern ein „Geldhunderter“. Das ist das, das man eindeutig kritisieren kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wissen, wer verdient. Diesen „Geldhunderter“ hat sich die Exekutive nicht verdient, das haben sich die Autofahrer nicht verdient und das hat sich auch der Herr Minister nicht verdient. Das Kassieren war ja ursprünglich nicht die Intention dieses Gesetzes. Da muss man einmal ein bisschen bei den Damen und Herren Umweltlandesräten und den zuständigen Kassierern nachbohren. Dort sollten wir ansetzen.

Faktum ist: In der Steiermark hat man gezeigt, wie es funktionieren kann. Das sollte man als Musterbeispiel für ganz Österreich verwenden. Alles andere, dieses tageweise Absperren der Tauern Autobahn oder der Inntal Autobahn, ist schlicht und einfach ein Skandal. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen. – Abg. Dr. Moser: Absperren? Das muss ich einmal erklärt bekommen! Das ist ja absurd!)

18.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


18.43.31

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Ich gebe Ihnen ja völlig recht; wir haben da eine völlig absurde Debattenführung.

Es geht um vier Probleme. Problem Nummer eins ist Herr Kollege Hagen, der ja gelitten hat. Er hat uns ja geschildert, wie er gelitten hat. Problemlösungsvorschlag: Steigen Sie in den Zug! Da sind Sie in sechs Stunden in Wien, eigentlich schneller als mit dem Auto. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hagen: Nein, nein, eben nicht! Acht Stunden!)

Problem Nummer zwei: IG-Luft beziehungsweise der „Luft-Hunderter“. Der Herr Minister hat das ja deutlich ausgeführt. Wir haben eine EU-rechtliche Regelung. Wir wissen alle, dass Schadstoffe in der Luft die Gesundheit der Menschen belasten. Das ist ein Faktum. Um dieses Problem zu lösen, gibt es unter anderem in der Obhut der Landeshauptleute die Möglichkeit der Geschwindigkeitsbeschränkung. Diese Möglich­keit hat objektiv gesehen noch einen Nebeneffekt, nämlich bessere Verkehrssicherheit, besonders wenn es regnet. Gut, also wäre Problem Nummer zwei, sprich IG-Luft, durchzusetzen. Da muss ich praktisch handeln. Das ist EU-Recht, das ist nationales Recht. Da kann ich nicht aus, auch wenn es mancher Autofahrerin und manchem Autofahrer unangenehm ist.

Meine Güte! Er soll einmal überlegen, wie viele Minuten er einspart, wenn er ein bisschen schneller fährt. Da gibt es ja Berechnungen zu dieser sehr umstrittenen „Luft-Hunderter“-Geschichte zwischen Enns und Linz. Das ist nicht einmal eine halbe Minute. Wir reden und streiten oft über eine halbe Minute, wenn es aus der Autofahrerperspektive um die Geschwindigkeit geht. Das ist ja an sich kein Problem. Das ist ja lächerlich – eine halbe Minute. Wie oft vertrödeln Sie eine halbe Minute mit irgendetwas Lächerlichem?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 197

Das Problem Nummer drei ist die Anfragebeantwortung. Herr Minister! Sie haben glaubwürdig wiedergegeben, dass die Landeshauptleute nicht geliefert haben, darum konnten Sie nicht antworten. Okay, ich nehme es Ihnen ab. Ich nehme an, dass Sie uns nicht belügen. Ich sehe aber schon einen Handlungsbedarf dahin gehend, dass die Daten wegen der Transparenz und der Nachvollziehbarkeit der Maßnahme auch in einem angemessenen Zeitraum geliefert werden müssen. Herr Minister! Ich erwarte mir nicht zuletzt wegen des Leidensdrucks heute, dass Sie den Landeshauptleuten ins Gewissen reden, dass sie die Daten schneller übermitteln, damit man eine konsistente, transparente Umweltpolitik für die Gesundheit der Menschen betreiben kann.

Jetzt kommen wir zum Problem Nummer vier. Ich habe ja gesagt, es gibt vier Probleme. Das Problem Nummer vier ist ein generelles Problem. Es ist das generelle Problem, wie mit dem Interpellationsrecht der Abgeordneten umgegangen wird. Da gebe ich Ihnen schon recht, Herr Kollege Hagen. Es ist teilweise – zwar nicht im konkreten Fall, aber in anderen Fällen sehr wohl – so, dass sich Ministerinnen und Minister mit sehr knappen Antworten, mit Nichtauskünften gegenüber den Abgeord­neten diesem Interpellationsrecht entziehen. Manchmal lügen sie sogar, manchmal sagen sie sogar die Unwahrheit. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hagen.)

Das durfte ich auch während des Untersuchungsausschusses in den Akten der Krimi­nalpolizei nachlesen. Grasser hat nicht die Wahrheit gesagt. Ich weiß, Herr Präsident, ich darf das Wort „lügen“ nicht verwenden, auch wenn die betreffenden Personen nicht mehr im Hohen Haus sind. Er hat nicht die Wahrheit gesagt. Das steht eins zu eins drinnen.

Das ist ein generelles demokratiepolitisches Kontrollproblem. Es ist höchst an der Zeit, darüber leidenschaftlich zu diskutieren. Wir sind jetzt am Ende einer Legislaturperiode. Wir brauchen in der nächsten Legislaturperiode eine andere politische Kultur bei der einen oder anderen Anfragebeantwortung.

Ich wäre sogar dafür, dass die Minister persönlich dafür haften, dass korrekt und wahrheitsgemäß geantwortet wird. (Abg. Kopf: Auch bei verfälschten Ausschussproto­kollen, Frau Kollegin! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, selbstverständlich, gerade Ihnen gegenüber. (Abg. Kopf: Auch bei verfälschten Ausschussprotokollen! Sie habe ich gemeint! – Zwischenruf des Abg. Höfinger.) – Ja, wenn ich nicht gegen Ge­setze verstoße. Ich zwinge keinen Menschen, gegen die Geschäftsordnung zu ver­stoßen, und keinen Minister, gegen Gesetze zu verstoßen. Man muss im Rahmen  (Abg. Kopf:  als Vorsitzende ein Ausschussprotokoll zu verfälschen!)

Herr Klubobmann, Sie sind bald am Rednerpult, da genießen Sie Immunität. Sonst laufen Sie wieder Gefahr, dass ich meine rechtlichen Mittel verwende. (Beifall bei den Grünen.)

Was Sie machen, ist unseriös. Haben Sie es notwendig? Letzte Woche haben Sie Geburtstag gehabt. Ich gratuliere Ihnen im Nachhinein! Diese Woche sind Sie eben wieder äußerst untergriffig. (Abg. Kopf: Was heißt „untergriffig“? Ich halte Ihnen nur den Spiegel vor!) Herr Klubobmann! Wir können gerne weiterdiskutieren. (Abg. Kopf: Ich halte Ihnen nur den Spiegel vor! – Abg. Höfinger: Das ist ja unglaublich!)

Ich habe die Diskussion mit dem Herrn Umweltminister bereits zu Ende geführt. Ich habe seine Antwort hier als korrekt empfunden. Wir haben ein gewisses Problem, ich habe auf einen Missstand hingewiesen, den die Kriminalpolizei deklariert hat. Ich habe auf die Gesetzeslage verwiesen. Ich glaube, damit sind wir mit der Zeit am Ende. (Beifall bei den Grünen.)

18.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 198

18.48.51

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Normalerweise lässt ja dieser Herr Bundesminister Berlakovich kein Fettnäpfchen aus. Aber dieses Mal muss sogar ich ihn in Schutz nehmen, denn diese Anfrage ist, wie ich meine, wirklich außerhalb jeder Kritik. Kollege Hagen, ich glaube, wenn du die Innenministerin gefragt hättest, wie viele Strafen es in diesem Zeitraum gegeben hat, hättest du eine Antwort bekommen.

Aber eines muss man schon sagen: Wie diese Bundesregierung mit der Auskunfts­pflicht gegenüber den Abgeordneten umgeht, ist wirklich mehr als bedenklich.

Ganz kurz: Da geht es um Tirol. Da geht es um die Inntalautobahn, eine der meist­befahrenen Autobahnen, und zwar nicht nur in Österreich sondern in ganz Europa. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Kollege Hörl, am 31. März 2013 hat eine der größten Tiroler Tageszeitungen getitelt:  „IG-L: Stachel auf der Straße. Verflucht, umkämpft, gewohnt.“ Der Stachel trifft die Bevölkerung ins Fleisch.

Dieser „Luft-Hunderter“ auf der Inntal Autobahn weckt so viele Emotionen bei der Bevölkerung. (Ruf bei der ÖVP: Haben sie einen Igel überfahren, oder wie?) Niemand versteht das.

70 Prozent aller Schadstoffe kommen in Tirol vom Verkehr, das wissen wir. Aber wir wissen auch, dass das IG-L nichts Positives dazu beigetragen hat. Herr Kollege Hörl, du wirst dich ja erinnern: Letztes Jahr hat es wegen dieses „Luft-Hunderters“ sogar eine Regierungskrise in Tirol gegeben, weil SPÖ-Landesrat Pupp gefordert hat, ihn per­manent einzuführen. Dann hat der Herr Landeshauptmann gesagt: Die SPÖ macht einen Kniefall vor Brüssel, das werde ich verhindern!

Aber wie sieht das die Bevölkerung? – Im Winter ist er gefühlt zu 100 Prozent einge­schaltet. Man kann fahren, wann man will, bei jedem Wetter. Wir wissen, dass es einige Messstellen gibt, wo der Pkw-Verkehr gemessen wird. Wir wissen, dass auch das Wetter berücksichtigt wird. Aber niemand versteht, wie IG-L reagiert. Die Bevöl­kerung versteht es nicht. Böse Zungen behaupten sogar, dass diese Messstellen bei Auf- und Abfahrten sind, dass genau dort gemessen wird, wo die Autos Gas geben müssen. Niemand versteht, dass trotz dieses Hunderters die Belastung nicht geringer geworden ist. (Abg. Hagen: Jetzt hast du dir aber selbst widersprochen!) – Ich habe mir sicher nicht widersprochen.

Da ist nicht der Herr Minister zuständig, sondern einzig und allein das Land Tirol. Wenn du mehr wissen willst, hättest du bei einer anderen Adresse anfragen müssen.

Damit man weiß, wie das die Bürger eigentlich sehen, habe ich heute in einem Forum nachgeschaut, wo die Bürger ihre Meinung über das IG-Luft auslassen. Am 19. April (Ruf bei der ÖVP: Das ist aber auch schon lange her, oder?) schreibt jemand:

Ich wurde um 00.30 Uhr von einer Zivilstreife rausgefischt und durfte blechen. Es waren 70 € wegen zu schnell Fahren und 50 € wegen des Luftschutzgesetzes, also insgesamt 120 €. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Den Rest, den die Tiroler Bürger posten, werde ich jetzt nicht mehr vorlesen, denn das wäre, glaube ich, in diesem Hause nicht üblich.

Aber man muss schon etwas darüber sagen, wie diese Bundesregierung auf Anfragen, wo es um sehr viel geht, reagiert. Ich habe vor Kurzem eine Anfrage bezüglich der TIWAG eingebracht. Herr Hörl, hören Sie zu! Da hat das Land Tirol, da hat die ÖVP die gesamte TIWAG – 14 Wasserkraftwerke, viele Versorgungsleitungen, alles – in einem sogenannten Cross-Border-Leasing-Geschäft an amerikanische Haie verkauft. (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Hörl.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 199

Da geht es um zweistellige Milliardenbeträge. Das sind Beträge, die die Tiroler Bevölkerung wirklich interessieren. Dass Finanzministerin Fekter die Frechheit besitzt, jeder Frage auszuweichen, ist etwas, das hier besprochen gehört. (Ruf bei der ÖVP: Was du Sauerstoff verbrauchst! – Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Aber die Wut eines Abgeordneten, der einmal ein Strafmandat im heiligen Land bekommen hat, ist auch der Diskussion nicht würdig. (Abg. Hagen: Das ist eine Unterstellung!)

Ich bin sicher nicht da, um diese Bundesregierung zu verteidigen. Aber mit aller Gelassenheit: Diese Bundesregierung ist Gott sei Dank sehr bald am Ende. Das Recht der Abgeordneten, auf gewisse Anfragen auch eine Antwort zu bekommen, besteht und muss auch in Zukunft weiter bestehen. Diese Bundesregierung hat nicht das Recht, wichtige Fragen einfach nicht zu beantworten und überall auszuweichen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Hagen: Haben wir noch Redezeit?)

18.54


Präsident Fritz Neugebauer: Stronach hat noch Redezeit, jawohl. – Bitte, Herr Abgeordneter Hagen.

 


18.54.26

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Ich möchte nur ganz kurz klarstellen: Es wurde immer so dargestellt, als ob ich zu schnell durch Tirol gefahren wäre und ein Strafmandat bekommen hätte. – Das habe ich nicht! Das ist eine unrichtige Aussage. Herr Kollege Huber, das können Sie zurücknehmen. Kollege Weninger soll es zurücknehmen. Ich bin sehr korrekt und brav gefahren. (Ruf bei der FPÖ: 180 km/h ist nicht zu schnell?)

Ich habe nur auf diesen Missstand, den Sie alle mir ja großteils bestätigt haben, hingewiesen. Das war der Sinn und Zweck der Anfrage.

Es ist jetzt auch besser geworden, das muss ich ehrlich sagen. Es hat sich geändert. Bei Regen ist jetzt kein „Luft-Hunderter“ mehr. (Ruf bei der ÖVP: Du strapazierst die Geschäftsordnung!)

Die Verantwortlichen sind darauf aufmerksam geworden, dass man ihnen auf die Finger schaut. Das ist sehr positiv. – Danke. (Beifall der Abg. Schenk.)

18.54


Präsident Fritz Neugebauer: Wortmeldungen liegen dazu keine mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

18.54.50Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 7 bis 9 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte, Frau Kollegin.

 


18.55.00

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir gehen in der Tagesordnung weiter. Wir waren ja bei drei Tagesordnungspunkten.

Das eine ist das neue Psychologengesetz, dem wir unsere Zustimmung erteilen werden, wenngleich ich natürlich schon ein paar Kritikpunkte anmerken möchte. Bevor ich jetzt zum eigentlichen Gesetz spreche, würde ich noch ein paar wesentliche Dinge anmerken, die da rund um die Gesetzeswerdung geschehen sind.


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Offensichtlich hat sich eine Berufsgruppe, nämlich die Berufsgruppe der Psychothe­rapeuten, irgendwie in ihrer Wirtschaftlichkeit bedroht gesehen und hat versucht, dieses Gesetz zu verhindern. Es ist prinzipiell in Ordnung, wenn eine Berufsgruppe sagt, ein Gesetz gefällt ihr nicht. Die Art und Weise ist allerdings schon zu hinterfragen.

Was bleibt am Ende übrig? – Es gab Massenmails an Abgeordnete. Gut, damit können wir alle leben, das sind wir gewohnt. In diesem Fall war es allerdings besonders unangenehm, weil kein einziger sachlicher Kritikpunkt dabei war, es wurde sozusagen nur über die Vorgangsweise hergezogen. Es gab eine öffentliche Demonstration, die zu nichts anderem geführt hat, als zu einer Verunsicherung von Patienten. Es gab Patienten, die nicht mehr gewusst haben, ob das jetzt richtig ist, was sie machen, ob ihre Behandlung, die sie angefangen haben, noch weitergehen darf. Ich glaube, das ist gerade von einer Gruppe, die im Gesundheitsbereich arbeitet, nicht in Ordnung. Das möchte ich schon noch einmal betonen. Ich glaube auch nicht, dass es Sinn macht, die Öffentlichkeit mit solchen Dingen zu belasten, ohne dass man irgendeine Substanz hat. Es haben sich auch Leute an uns gewandt, die gefragt haben: Was geschieht jetzt wirklich? Geht das jetzt noch? Muss ich jetzt meinen Therapeuten wechseln? Darf ich dort bleiben?

Ich glaube, dass der Verband der Psychotherapeuten sich damit selbst keinen guten Dienst erwiesen hat, geschweige denn seinen Patienten, aber auch nicht der Sache allgemein. Es ist dann so weit gegangen, dass sogar E-Mails ausgeschickt worden sind, in denen Abgeordnete des Hauses beschimpft wurden, sie wären korrumpiert worden. Ich glaube, das ist etwas, das sich Abgeordnete nicht sagen zu lassen brauchen, nur weil sie eine Gesetzesmaterie für gut oder für nicht gut befinden. Das sollte immer in der freien Entscheidung liegen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben im Gesundheitsausschuss dementsprechend der Erweiterung der Tages­ordnung zugestimmt, damit dieses Gesetz auch behandelt werden kann. Es wurde schon über viele Jahre, also eigentlich Jahrzehnte, darüber verhandelt. Es muss jetzt auch einmal zu einem Abschluss kommen. Ich meine, dass das auch der richtige Weg war, wenn ich bedenke, dass heute alle Fraktionen dafür sind.

Auch der Verband der Psychotherapeuten schickt letztlich aus, dass er sich quasi für diese Abänderung bedankt und dass er erfreut ist, dass seine Einwände und fachlichen Argumente angenommen wurden. Das hätte man auch schon viel billiger haben können, ohne die Patienten zu verunsichern. Das wäre von Anfang an möglich gewe­sen, wenn man wirklich ordentlich zusammengearbeitet hätte und es nicht mit irgend­welchen sinnentleerten Protestmaßnahmen versucht hätte. Es tut mir leid um die vergossene Milch, die es gegeben hat. Vielleicht ist auch Porzellan zerbrochen.

Dieses jetzt vorliegende Psychologengesetz ist natürlich ein Kompromiss. Natürlich gibt es Dinge, die man deutlicher formulieren hätte können oder müssen – im Sinne der Patienten allerdings, und nicht, weil eine Berufsgruppe Angst hat, dass ihr sozusagen die Brötchen von der anderen weggegessen werden. Ich denke, der Markt ist groß genug.

In Wirklichkeit sollte immer der Patient im Mittelpunkt stehen. Das ist auch der Grund dafür, dass wir es uns sehr genau durchgeschaut haben. Wir haben im Ausschuss ja noch vorbehaltlich des Inhalts dagegen gestimmt – wir konnten das damals nicht zeitgerecht prüfen. Wir werden diesem Gesetz heute zustimmen.

Ein zweites Gesetz, das jetzt zur Abstimmung kommt, ist das neue Hebammengesetz. Da freut es uns ganz besonders, dass die Hebammen jetzt auch im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchung endlich in den Mutter-Kind-Pass hineingenommen worden sind. Wir werden auch dem Abänderungsantrag der Grünen zustimmen, weil ich schon glaube, dass das etwas Wichtiges ist. Derzeit ist es so, dass, wenn zwar die


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Untersuchung von den Hebammen, aber nicht die sogenannte interne Untersuchung durchgeführt wird, das Kindergeld wegfällt.

Ich glaube, man sollte die Hebammenuntersuchung auch wirklich so aufwerten, dass sie auch eine sinnvolle Untersuchung ist. Derzeit ist sie nur mehr eine Kann-Bestimmung, sage ich jetzt einmal vorsichtig.

Wir werden allerdings in zweiter Lesung eine getrennte Abstimmung verlangen, da uns etwas an diesem Gesetz nicht gefällt, und das ist die erleichterte Berufsanerkennung für Migranten und Drittstaatsangehörige. Ich sage Ihnen jetzt auch ganz genau, warum. Wir haben offensichtlich einen Mangel an Hebammen. Das ist aber nichts Neues, das haben wir schon seit vielen Jahren. Dennoch bilden wir viel zu wenige Hebammen aus. Ich habe das bereits im Ausschuss erwähnt. Wir haben insgesamt sechs Fachhoch­schulen, die Hebammen ausbilden. So haben sich zum Beispiel im Jahr 2010 an der Wiener Fachhochschule 700 junge Frauen beworben, und 23 wurden genommen. Diese 23 haben letzte Woche ihre Ausbildung abgeschlossen beziehungsweise haben 15 dieser 23 Personen die Ausbildung abgeschlossen. Da sehe ich einen ganz, ganz großen Handlungsbedarf, Herr Bundesminister: Wir müssen selbst viel mehr Hebam­men ausbilden. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist zwar nett, wenn wir jetzt versuchen, diesen Mangel über einen erleichterten Zugang aus Drittstaaten aufzufüllen, aber ich denke, es gibt viele, viele junge Frauen, die diesen Beruf sehr, sehr gerne erlernen möchten. Dafür gibt es ein gutes Beispiel : Voriges Jahr hat die Fachhochschule Wien im Herbst einen Zusatzkurs eingeführt. Der wurde nur drei Wochen vorher ausgeschrieben, trotzdem haben sich 300 Frauen gemeldet, und wieder sind nur 23 genommen worden. Das können Sie auf alle sechs Fachhochschulen hochrechnen, wobei beispielsweise in Tirol und Salzburg die Aus­bildung überhaupt nur alle drei Jahre beginnt. Das heißt, wir bilden hier viel, viel zu wenig aus. Daher werden wir dem Passus in zweiter Lesung nicht zustimmen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Es freut mich besonders, dass der dritte Antrag angenommen wird. Denn es ist eine alte Forderung von mir, auch eine Facharztuntersuchung durch HNO-Ärzte im Mutter-Kind-Pass unterzubringen. Ich glaube, das ist ein ganz, ganz wesentlicher Punkt, der vor allem betroffenen Kindern, Risikokindern und ihren Familien sehr zugute kommen wird. Da freut es mich wirklich, dass wir das jetzt doch noch am Ende der Periode geschafft haben, dass die Regierungsparteien sozusagen hier noch ein Einsehen gehabt haben, dass das eine wirklich wichtige Untersuchung ist. Selbstverständlich geben wir dem auch unsere Zustimmung (Beifall bei der FPÖ.)

19.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.02.36

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das Fach Psychologie hat sich in den letzten Jahrzenten wissenschaftlich in viele Subdiszipline differenziert. Das spiegelt sich auch in der praktischen Anwendung der Psychologie im Alltag wider.

Diese Novelle trägt diesem Befund nur wenig Rechnung, daher fange ich mit einem Entschließungsantrag meines Kollegen Öllinger und mir an, den ich jetzt zur Verle­sung bringe:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesminister für Gesundheit sowie Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz werden ersucht, die fachspezifischen Abteilungen


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ihrer Ministerien mit der Vorbereitung und der Erstellung eines Regelungsentwurfs zu beauftragen, mit dem der Aufgabenbereich und das Berufsbild von Arbeits- und Organi­sationspsychologInnen eindeutig geregelt wird. Ziel ist die Erstellung einer mit der Berufsgruppe akkordierten Vorlage, die im ersten Halbjahr 2014 in Kraft treten kann.“

*****

Ich bedanke mich bei Kollegin Oberhauser – die jetzt leider nicht da ist – für ihre selbstkritische und ausgewogene Rede und für den Dank auch an die Opposition und alle, die jetzt zum Schluss noch mitgearbeitet haben.

Etwas anders sehe ich die Bemerkungen von Kollegen Rasinger und Dagmar Bela­kowitsch. Es dreht sich hier nicht um Brötchen verteilen. (Abg. Dr. Rasinger: Das habe ich nicht gesagt!) Es dreht sich hier um eine Kritik von ungefähr über hundert Stellung­nahmen, und eine davon kommt von den PsychotherapeutInnen. Und von diesen über hundert Stellungnahmen sind weit über 80 Prozent äußerst kritisch und voll ablehnend, darunter auch jene von der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie, Kollege Rasinger. Das sind jene Institute, die an der Universität Psychologie lehren, und selbst diese sagen, so geht es nicht. Der Hauptverband hat dagegen Stellung genommen, die Ärztekammer hat – und die Ärztekammer protestiert wesentlich öfter und heftiger – sogar mit nackten Patienten gedroht. Auch das hast du nie kritisiert. (Abg. Dr. Rasinger: Ich habe nur 3 Minuten gehabt!)

Die Universitätskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie haben protestiert, die Landesregierung Wien und viele andere mehr.

Aber wie auch immer. Es gibt eine formale Sache: Am 24. 6. war das Ende der Begut­achtungsfrist. Am nächsten Tag war der Ministerrat geplant, einen Tag darauf war es im Gesundheitsausschuss. Das wird einer seriösen Auseinandersetzung mit dem Ge­setz nicht gerecht.

Ich möchte aber jetzt einmal den Hintergrund dieser Novelle beleuchten. Der Hauptv­erband hat eine Studie herausgegeben, die ein massives Versorgungsdefizit bei psychisch Kranken zeigt, eine Zahl von 900 000 Therapiebedürftigen, die nicht einmal zur Hälfte fachlich gut versorgt werden können. Es zeigt sich, dass die Zahl der Invaliditätspensionen aus psychischen Gründen massiv ansteigt, und auch die Zahl der Krankheitstage aus dieser Gruppe. Die Bemühungen der Kassen, hier irgendetwas zu tun, haben die Versorgungslücken nicht geschlossen. Es gibt beträchtliche Selbst­behalte für psychisch Kranke und nicht vertretbare lange Wartezeiten. Bei körperlichen Erkrankungen wäre es undenkbar, dass es Deckelungen von Leistungen gibt. Kann ich bei körperlichen Erkrankungen sagen, das Geldkontingent ist aus, den nächste Herzinfarkt behandeln wir nicht mehr? Der nächste Diabetes-Patient wird nicht mehr behandelt, weil das Kontingent aus ist? – Das ist eine Diskriminierung, die evident ist.

Ich habe oft das Gefühl, dass in der Politik Entscheidungen dann recht schnell fallen, wenn man nicht über die notwendige Expertise verfügt oder sich um diese nicht bemüht. Je weniger ich weiß, desto schneller bin ich bereit, zu handeln und etwas zu riskieren.

Drei Beispiele aus dem Gesundheitsministerium, in der Zeit auch vor Minister Stöger:

Die Frage lautete nach Psychotherapie auf Krankenschein. Die Antwort war: Ich will nicht, dass jede Frau mit Menstruationsbeschwerden beim Psychoanalytiker landet. – Toll! Beim Mangel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie wird geantwortet, der ist nur vorgeschützt, die können auch zu Erwachsenen-Psychiatern gehen. Und auf Angst vor


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Überbehandlung heißt es, alle Menschen haben Partnerprobleme. – Das heißt, diese Probleme sind normal und müssen nicht therapiert werden. Das ist alles nicht lustig, muss ich sagen.

Jetzt etwas Positives: Es haben 3000 klinische Psychologen eine psychothera­peu­tische Ausbildung, dies gründlich, sie beruht auf wissenschaftlich fundierten Methoden und ist okay. Wenn uns jetzt einige schreiben, sie machen die psychologische Wissenschaft und suchen sich Bausteine einzelner Therapien aus, dann ist das keine Wissenschaft. Das ist keine Therapie, das ist ein Experiment an einem Patienten. Und wenn sich da Psychotherapeuten und klinische Psychologen mit therapeutischer Ausbildung wehren, verstehe ich das sehr gut.

Es gibt ein Psychotherapiegesetz, dem der Nationalrat verpflichtet ist und das definiert, was Psychotherapie ist und welche Voraussetzungen da gegeben sein müssen. Die Psychologen profitieren auch, und sie verdienen es, weil ihre Ausbildung zum Gesundheitspsychologen und zur klinischen Psychologin bedeutend verbessert wird, und zwar sowohl qualitativ als auch quantitativ. Das finde ich sehr gut. Die Leute kennen sich jetzt aus und der Wissenschaft ist Rechnung getragen. Und mit Brötchen­neid kann ich jede Debatte abwürgen. Es ist hier um Inhalte gegangen, und die kritischen Bemerkungen von über hundert Stellungnahmen seriösester ExpertInnen haben nur das Inhaltliche und das Formelle zum Thema gehabt, aber nie das Brötchen. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

19.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der eingebrachte Entschließungsantrag ist aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kurt Grünewald, Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend Aufnahme der Arbeits- und Organisationspsychologie in das Psychologengesetz

Aufnahme der Arbeits- und Organisationspsychologie in das Psychologengesetz

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2360/A der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Bundesgesetz, mit dem das Psychologengesetz geändert wird (2572 d.B.)

Begründung

Der Verweis auf Arbeits- und Organisationspsychologie oder Arbeits- und Organi­sationspsychologInnen findet sich gegenwärtig 25 Mal in der österreichischen Rechtsordnung. Unglücklicherweise gibt es jedoch nirgendwo einen Hinweis darauf, was genau Arbeits- und Organisationspsychologie umfasst bzw. welche Ausbildungs­schritte notwendig sind, um Arbeits- und OrganisationspsychologIn zu werden.

Die durchaus erfreuliche Aufnahme der Arbeits- und Organisationspsychologie in die verschiedenen ArbeitnehmerInnenschutzgesetze ist somit hinsichtlich ihrer Wirkung und Aufgabenstellung nicht ausreichend bestimmt. Mit der nicht direkt benannten Unterordnung der Arbeits- und Organisationspsychologie unter die Gesundheits­psycho­logie im PsychologInnengesetz entsteht der Eindruck, dass diese im Wesent­lichen die gleiche oder eine gleichartige Tätigkeit ausüben würden wie Gesundheits­psychologInnen. Mit dieser Gleichsetzung wird aber die Tätigkeit von Arbeits- und


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OrganisationspsychologInnen in einen undefinierten und deren Aufgabe unzulässig reduzierendes Umfeld gesetzt.

Arbeits- und Organisationspsychologie hat bis heute keine klares Berufsbild oder Curriculum. Um die etwa im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz angedeuteten Aufgaben zu erfüllen bedarf es einer klaren Beschreibung der Tätigkeitsbereich.

Ein diesbezüglicher Abänderungsantrag ist insofern nicht sinnvoll, als er angesichts der Problemlage und der kurzen Zeit die zu regelnde Materie nicht ausreichend erfassen kann. Ziel dieses Entschließungsantrages ist es daher, eine in absehbarer Zukunft umzusetzende gesetzliche Regelung auf Ebene der Ministerien vorzubereiten. Dazu wird es einerseits notwendig sein, das Aufgabengebiet zu erfassen und zu beschreiben und andererseits die betroffene Berufsgruppe an der Ausformulierung eines Rege­lungsansatzes zu beteiligen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesminister für Gesundheit sowie Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz werden ersucht, die fachspezifischen Abteilungen ihrer Ministerien mit der Vorbereitung und Erstellung eines Regelungsentwurfs zu beauftragen, mit dem der Aufgabenbereich und das Berufsbild von Arbeits- und OrganisationspsychologInnen eindeutig geregelt wird. Ziel ist die Erstellung einer mit der Berufsgruppe akkordierten Vorlage, die im ersten Halbjahr 2014 in Kraft treten kann.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 3 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


19.08.59

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Novelle des Psychologengesetzes ist nach über zwanzig Jahren eine notwendige Anpassung, vor allem, was die studien­rechtlichen Rahmenbedingungen betrifft, aber genauso, was die Präzisierung der Tätigkeiten im Sinne einer besseren Qualitätssicherung für die Patientinnen und die Patienten anlangt. Es hat, was die Kernfragen betrifft, in den letzten Tagen starke Verbesserungen gegeben, vor allem auch im Interesse der Psychotherapeuten.

Wir vom BZÖ werden heute dieser Novelle des Psychologengesetzes zustimmen, wobei ich natürlich nicht verhehle, dass es – wie Frau Kollegin Oberhauser gesagt hat – eine turbulente Phase war, denn dass kurzfristig, eine Stunde vor dem letzten Ausschuss ein Gesamtabänderungsantrag eingebracht worden ist, war unserer Ansicht nach eine sehr undemokratische Vorgehensweise. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben uns daher dagegen verwahrt und im Ausschuss dann nicht zugestimmt. Aber wie gesagt, ich denke, es ist im Interesse der Psychologinnen und Psychologen, im Interesse der Psychotherapeuten, und es ist für die Patienten vor allem ein wichtiger und notwendiger Schritt. Daher werden wir dem heute auch unsere Zustimmung geben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 205

Die anderen Anträge – Hebammenberatung und der Antrag der fachspezifischen Untersuchungen, was Zahnhygiene und auch HNO-Untersuchungen anbelangt – sind zwei wichtige Weiterentwicklungen im Mutter-Kind-Pass. Das freut uns als BZÖ besonders, denn gerade wir haben x-mal Anträge für eine Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes eingebracht. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das stimmt! Der ist sehr dick!)

Wir alle wissen, dass der Mutter-Kind-Pass eine hervorragende Angelegenheit ist, aber dass sich auch vieles im jugendlichen und kindlichen Leben geändert hat und man nicht stehenbleiben darf. Bisher wurde alles abgelehnt, was wir gesagt haben. Wir haben vor allem eine Entwicklung in Richtung Eltern-Jugend-Pass beantragt, der ist vertagt und abgelehnt worden.

Jetzt hat man zwei Dinge zumindest umgesetzt, und da freuen uns wir vom BZÖ sehr, vor allem auch, was die Hebammenberatung anbelangt. Wir haben das bereits 2008 eingebracht, es ist immer wieder abgelehnt worden, vertagt worden. Und jetzt reagiert man relativ spät auf eine Initiative, die wir gemacht haben. Es hat vielleicht auch noch einer Petition bedurft, die auch die ÖVP dann stark unterstützt hat, und daher haben wir heute dieses Ergebnis. Es ist ein richtiges und gutes Ergebnis. (Abg. Kopf: Wir sind doch die Guten!)

Das lässt die Hoffnung zu, dass man in der nächsten Legislaturperiode wirklich an einer Gesamtweiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu einem Eltern-Jugend-Pass arbeiten wird und nicht kurz vor Ende der Legislaturperiode ein paar wichtige Meilen­steine setzt.

Wir werden auch dem Grünen-Abänderungsantrag zur Hebammenberatung zustim­men, sowie jenem, den der Kollege Grünewald zur Konkretisierung des Aufgaben­bereiches der Arbeits- und Organisationspsychologie eingebracht hat, denn wir denken, auch das ist eine wichtige und notwendige Sache. – Wie gesagt, drei Be­schlüsse, die die Zustimmung des BZÖ finden. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

19.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Schenk. 3 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


19.13.08

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zu den drei Tagesordnungs­punkten, die hier unter einem verhandelt werden, Stellung beziehen.

Das Psychologengesetz, das aus dem Jahre 1990 stammt – das wurde heute von den VorrednerInnen schon erwähnt –, hatte eine turbulente Begutachtungsphase. Es hat sehr viele Proteste gegeben. Die Vorredner haben das ausgeführt. Es bringt schon etwas mehr Klarheit, aber es bringt keine hundertprozentige Klarheit. Aber wir werden heute dieser Novelle unsere Zustimmung geben, weil eben die Verbesserungen, die auch schon angesprochen wurden, überwiegen, wenngleich ich dazu sagen muss, dass es nicht der Weisheit letzter Schluss ist und sicher auch nicht zum letzten Mal geändert wird.

Die beiden anderen Gesetzesänderungen – zum einen das Hebammengesetz und das Kinderbetreuungsgeldgesetz und zum anderen die HNO-Prävention, also die verpflichtenden Untersuchungen bei einem HNO-Arzt im Mutter-Kind-Pass – begrüßen wir sehr.

Das Hebammengesetz bringt eine Erleichterung für Frauen in der Schwangerschaft. Sie werden unterstützt, es gibt Verbesserungen. Es ist vielleicht ein Wermutstropfen, dass nur eine Stunde Beratung in Anspruch genommen werden kann, zwischen der


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18. und 22. Schwangerschaftswoche. Natürlich wären mehr Stunden sinnvoller, aber diese eine Stunde ist besser als nichts und eine durchaus begrüßenswerte Initiative.

Was aber auch ein Problem aufzeigt, ist die Finanzierung, und zwar wie weit der Kassentarif von der Realität der Finanzierung entfernt ist. Eine durchschnittliche Beratungsstunde kostet laut Kassenvertrag 50 €, in der Hebammenordination werden 25 € verrechnet, in freien Praxen sind es 75 €. Hier ist auch der Punkt anzusprechen, dass das Gesundheitssystem dahin gehend schon geändert werden muss, weil eben unklare Tarife und intransparente Finanzierungen oder Tarife oder Kassenabrech­nungen vorhanden sind und diese auch beseitigt und geändert werden müssen. (Beifall beim Team Stronach.)

Schade finde ich auch, dass die zahnärztlichen Untersuchungen nicht, wie auch gefor­dert, aufgenommen wurden. Eine Vorrednerin hat es schon angesprochen, es wurden ja auch zahlreiche Anträge eingebracht, was die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu einem Eltern-Jugend-Pass betrifft. Hier hat es leider seitens der Abgeord­neten der Regierungsparteien in den letzten fünf Jahren keine Zustimmung gegeben. Aber ich bin auch zuversichtlich, dass wir den Mutter-Kind-Pass in der nächsten Gesetzgebungsperiode noch weiterentwickeln werden. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.16.00

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Vorerst möchte ich mich bei den Abgeordneten des Gesundheitsausschusses bedanken. Ich bedanke mich, dass es möglich war, das Thema Psychologengesetz noch in die Tagesordnung aufzunehmen, und dass wir heute dieses Gesetz – wie ich höre, einstimmig – beschließen können. Ich bedanke mich auch bei den Abgeordneten Oberhauser und Rasinger, die sich im Vorfeld persönlich sehr dafür eingesetzt haben, dass wir diese Themen auch sachgerecht diskutieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, worum geht es? – Es geht darum, dass in Zukunft Menschen mehr mit psychischen Belastungen konfrontiert sind, sodass wir einerseits die individuelle Therapie brauchen, aber andererseits auch die ganz klare psychologische Behandlung von Menschen, die in einem bestimmten Setting leben, in dem es um die Frage der Krisenintervention geht, dass es Kinder gibt, die zum Beispiel in einem Umfeld leben, in dem es Krankheiten gibt. Dazu brauchen Psychologinnen und Psychologen eine qualitative Ausbildung, und wir brauchen im Gesundheitswesen eine Berufsgruppe, die sich ganz speziell auch auf die Felder der psychischen Prävention spezialisiert. Das erreichen wir mit diesem neuen Psychologengesetz und das erreichen wir dadurch, dass wir die Ausbildung stärken und auch die Position der Auszubildenden insgesamt stärken. Ich sage noch einmal danke dafür.

Wir haben in einem zweiten Rechtsbereich heute die Möglichkeit, dass auch Hebam­men Beratungen im Rahmen des Mutter-Kinder-Passes durchführen dürfen. Das ist eine langjährige Forderung der Hebammen. Das ist auch eine Forderung vieler Frauen, die schwanger sind. Und damit können wir den Mutter-Kind-Pass um eine weitere Leistung ausweiten. Es sind schon mehrere Leistungen ausgeweitet worden. Ich erinnere nur daran, dass wir auch einen HIV-Test machen, ich erinnere daran, dass wir uns auch hier weiterentwickeln.

Das ist ein weiterer Schritt, und das ist im Interesse der österreichischen Frauen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

19.18



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 207

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. 3 Minu­ten. – Bitte.

 


19.18.43

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Geschätztes Hohes Haus! Mit der Änderung des Psychologengesetzes wird nach vielen Jahren eine Anpassung durchgeführt, eine Anpassung, die schon des Öfteren versucht wurde, jedoch erst jetzt durch unseren Bundesminister Alois Stöger zur Umsetzung gelangte. Herzliche Gratulation!

Mit dieser Anpassung, die auch auf die Erfordernisse der Ausbildung Bedacht nimmt und auf die gegenwärtigen studienrechtlichen Rahmenbedingungen und die Präzi­sierung der Tätigkeiten im Rahmen des Berufsbildes eingeht, ist auch die Qualitäts­siche­rung zum Schutz der Patienten bestens gewährleistet. Auch wenn dieser Ge­setzentwurf im Vorfeld – und das wurde schon öfters gesagt – in umfangreicher Diskussion gestanden ist, können wir heute auf jeden Fall feststellen, dass mit dem Psychologengesetz diesen Diskussionen im vollsten Umfang Rechnung getragen wurde und damit kein Eingriff in die Tätigkeiten anderer Gesundheitsberufe verbunden ist.

Ich möchte den Dank an die Freiheitliche Partei aussprechen, die es im Ausschuss mit der Zustimmung zu einer Zweidrittelmehrheit erst ermöglicht hat, dass dieser Tages­ordnungspunkt heute in der Plenarsitzung auf der Tagesordnung ist und dement­sprechend dann, wie man vernommen hat, einstimmig beschlossen werden kann.

Ich möchte noch auf die Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes eingehen, mit der die Hebammenberatung als Leistung im Rahmen des Mutter-Kind-Pass-Unter­suchungsprogramms in das Kinderbetreuungsgeldgesetz aufgenommen worden ist, wodurch die Prävention wesentlich ausgeweitet wird.

Ich möchte noch erwähnen, dass die Leistungen, die wir im Parlament beschlossen haben, gerade im Gesundheitswesen und in der Gesundheitsversorgung wirklich herzeigbar sind. Ich denke da zum Beispiel an die Krankenkassensanierung, an die Ausweitung der Leistungen der Gebietskrankenkassen in den Ambulatorien, an die Früherkennung beim Brustkrebs oder an die Spitalsreform, die erst kürzlich eingeleitet worden ist.

Ich möchte folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Dr. Kurt Grüne­wald, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzesantrag im Bericht des Gesundheitsaus­schusses 2572 der Beilagen betreffend das Psychologengesetz 2013

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In der Überschrift wird nach dem Wort ‚Bundesgesetz‘ der Beistrich gestrichen.

2. In § 22 Abs. 1 wird nach dem Wort ‚darauf‘ der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und der letzte Halbsatz lautet neu: ‚weiters die klinisch-psychologische Behandlung von Verhaltensstörungen, psychischen Veränderungen und Leidenszuständen.‘

3. In § 31 wird nach Z 4 die zweite Ziffernbezeichnung ‚Z 4‘ durch die Ziffernbe­zeichnung ‚Z 5‘ ersetzt.

4. In § 46 Z 6 wird die Wortfolge ‚der der‘ durch das Wort ‚der‘ ersetzt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 208

5. In § 48 Abs. 2 wird die Wortfolge ‚diese Bundesgesetz‘ durch die Wortfolge ‚dieses Bundesgesetz‘ ersetzt.“

*****

Wie Sie sehen, geht es vorwiegend um redaktionelle Änderungen. Ich denke, auch dieser Abänderungsantrag wird einstimmig angenommen werden. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Dr. Kurt Grüne­wald Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzesantrag im Bericht des Gesundheitsausschusses 2572 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz über die Führung der Bezeichnung „Psychologin“ oder „Psychologe“ und über die Ausübung der Gesundheitspsychologie und der Klinischen Psychologie (Psychologengesetz 2013)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In der Überschrift wird nach dem Wort „Bundesgesetz“ der Beistrich gestrichen.

2. In § 22 Abs. 1 wird nach dem Wort „darauf“ der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und der letzte Halbsatz lautet neu: „weiters die klinisch-psychologische Behandlung von Verhaltensstörungen, psychischen Veränderungen und Leidenszuständen.“

3. In § 31 wird nach Z 4 die zweite Ziffernbezeichnung „Z 4“ durch die Ziffern­bezeichnung „Z 5“ ersetzt.

4. In § 46 Z 6 wird die Wortfolge „der der“ durch das Wort „der“ ersetzt.

5. In § 48 Abs. 2 wird die Wortfolge „diese Bundesgesetz“ durch die Wortfolge „dieses Bundesgesetz“ ersetzt.

Begründung:

Zu Z 1 bis 5:

Bei allen Änderungen handelt es sich lediglich um redaktionelle Korrekturen des Textes.

Zu Z 2:

Die vorgenommene Ergänzung „psychische Veränderungen“ entspricht dem ursprüng­lichen Text des Psychologengesetzes, BGBl. Nr. 360/1990, und wurde daher ange­passt.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 209

19.22.52

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir persönlich ein Anliegen, noch ein paar Sätze zur Hebammenberatung hier einzubringen. Ich möchte mich auch bei den etwa 2 000 Hebammen in ganz Österreich bedanken für ihre Arbeit, die bei Weitem nicht so bewertet wird, wie sie notwendig und wichtig ist.

Ich glaube, es war so eine Art Glücksfall, dass wir erreichen konnten – auch dank meiner Kollegin Anni Höllerer aus dem Petitionsausschuss und natürlich auch mit der Beharrlichkeit der Hebammenvertreterin –, dass Herr Bundesminister Mitterlehner, der ja zwei Drittel der Kosten aus dem Familienlastenausgleich übernimmt, und auch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nun dem zugestimmt haben und das im Gesundheitsausschuss eingebracht wurde.

Es stimmt, eine Stunde ist eigentlich zu wenig, aber es ist der erste Schritt, auch in Richtung Verhinderung vieler Kaiserschnitte, die meiner Meinung nach und auch nach Meinung von Experten nicht unbedingt notwendig sind.

Ich wünsche mir aber auch, dass es in der neuen Regierung eine Begleitung für dieses neue Gesetz gibt – beziehungsweise müsste unbedingt eine Evaluierung durchgeführt werden, um zu schauen, wie dieser Zugang auf die Hebammen sein wird.

Da Kollegin Ursula Haubner, die ich sehr schätze, gesagt hat, es wurde jahrelang abgelehnt, muss ich sagen: Ja, es ist auch mir manchmal sehr schwer gefallen, als Ausschussvorsitzende immer wieder abzulehnen. Aber möglicherweise gibt es dann in der nächsten Periode andere Formen – dass man nicht nur Anträge einbringt, sondern öfter miteinander verhandelt; und ich wünsche meiner Nachfolgerin oder meinem Nachfolger als Familiensprecher, dass er nicht so viel ablehnen muss.

In diesem Sinne: Ich freue mich, dass die Hebammen jetzt diese Beratungsstunde machen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.25.05

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Psychologengesetz ist nicht mehr viel zu sagen – nach 25 Jahren endlich ein Gesetz, dem wir zustimmen können. Zu der ganzen Vorgeschichte möchte ich mich jetzt nicht wiederholen. Wir werden dem Gesetz zustimmen.

Der zweite Punkt in diesem Gesetzeskonvolut, das wir hier behandeln, ist das Hebammengesetz. Dazu möchte ich eine kleine Kritik anbringen. Im Gesetz steht, dass die Anzeigepflicht von Fortbildungsmaßnahmen der Hebammen gänzlich abgeschafft werden soll.

Das widerspricht eigentlich den Usancen. Wir sprechen ja im Rahmen der Gesund­heitsreform ununterbrochen von einer Qualitätshebung durch Fortbildung und durch Kontrolle und Evaluierung derselben. Da ist es doch etwas unlogisch, dass das heraus­genommen wird; und nach meinem Verständnis ist es irgendwie auch eine Ungleich­behandlung gegenüber anderen Berufsgruppen, nämlich Ärzten und anderen Gesund­heitsberufen gegenüber, die wir dann im nächsten Tagesordnungspunkt behandeln werden.

Ein weiterer Punkt, der mir persönlich sehr am Herzen liegt, ist die Geschichte mit dem Mutter-Kind-Pass und der Zahnvorsorgeuntersuchung bei Kleinkindern. Das ist ein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 210

Antrag, den wir beziehungsweise den ich gefühlte zehn Mal in dieser Legislaturperiode eingebracht habe, der vertagt worden ist. Jetzt wird eben einmal darüber abgestimmt. Es handelt sich beim vorliegenden Antrag um einen kombinierten Antrag. Auch die Verankerung der HNO-Untersuchung im Mutter-Kind-Pass ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Warum das wichtige Anliegen der Zahnvorsorgeuntersuchung nicht in den Mutter-Kind-Pass kommt, ist mir unverständlich.

In diesem Zusammenhang möchte ich natürlich auch erwähnen, Herr Minister: Sie haben ja heute oder gestern eine Pressekonferenz gegeben. In der Presseaussendung dazu steht:

„Als wichtige Projekte für die Zukunft führte der Gesundheitsminister vor allem Verbesserungen im Bereich der Zahngesundheit an: ‚Es kann nicht sein, dass am Gebiss der soziale Status eines Menschen ablesbar ist. Wir wollen die beste und modernste Versorgung für alle unabhängig ihres Einkommens.‘“

Das ist fast abgeschrieben von unseren Aussendungen, aber da unterstützen wir Sie hundertprozentig. Nur müssen auf die Worte eben auch Taten folgen. Und Sie erklären dann:

„Aus diesem Grund haben wir die Leistungen der Krankenkassen-Zahnambulatorien ausgeweitet.“

Das bringt jetzt aber nichts mit den Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen! Denn man muss nur eines verstehen, meine Damen und Herren: Man kann darüber streiten, ob es Sinn macht, die Leistungen der Zahnambulatorien zu erweitern. Wir haben darüber schon sehr viel diskutiert, aber eines ist sicher: Wenn es um Kassenleistungen geht, verlangen Zahnambulatorien dieselben Tarife – laut Vertrag – wie die niedergelas­senen Ärzte. Also bringt das nichts. Es bringt dann etwas bei den sogenannten Privatleistungen. Da bringt das etwas, aber es ist ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wir haben heute in der Zahnheilkunde einen Vertrag, der aus den 1950er Jahren stammt. Auch da sollte Bewegung hineinkommen. Wir können heute nicht mit Dingen operieren und argumentieren, die aus einer längst vergangenen Zeit kommen. In den 1950er Jahren, wenn ich erinnern darf, war von Zahnspangen nur vielleicht aus dem fernen Amerika etwas bekannt, Mundhygiene hat es nicht gegeben, und außer Amalgam auch nichts. Mit solchen Verträgen können wir die Menschen heute nicht mehr im Sinne von, wie Sie es sagen, bester und modernster Versorgung behandeln. Deswegen mein Appell, auch für die nächste Legislaturperiode: Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden!

Eines kann ich Ihnen auch nicht ersparen, Herr Minister: Sie haben auch gesagt, dass die Impfungen ausgeweitet worden sind. Auch das stimmt. Auch das ist nicht in dem Umfang erfolgt, wie wir uns das gewünscht hätten, aber immerhin sind jetzt bestimmte Impfungen aufgenommen worden und werden bezahlt.

Aber ein wirklicher Wermutstropfen ist die sogenannte HPV-Impfung. Dazu möchte ich Ihnen jetzt einen Brief vorlesen beziehungsweise ein E-Mail, das eine junge Mutter geschrieben hat – ich mach’s ganz kurz –:

In ganz Europa ist die Impfung gegen die HPV-Viren und Gebärmutterhalskrebs gratis, nur in Österreich zahlt man stolze 600 €. Jetzt stellen Sie sich vor, Sie sind ein Vater von drei Töchtern, 9, 11 und 16. Ihre Frau hat seit der Karenz keinen passenden Job gefunden und Sie verdienen nur 1 500 € netto im Monat. Wie soll man sich diese lebensnotwendigen Impfungen für die Kinder leisten können? Es wird uns Frauen von den Ärzten ans Herz gelegt, sich zwischen 9 und 25 impfen zu lassen. Viele Ärzte impfen sogar gratis, weil sie den Preis selbst auch für zu hoch empfinden. Mein Freund


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 211

hat HPV-Viren in sich. Ich konnte mich aus finanziellen Gründen noch nicht impfen lassen. Vielleicht werde ich dadurch nie Kinder bekommen. – Zitatende.

So also sehen die Menschen die Dinge!

Ich kann nur den Appell an Sie richten, diese Dinge nicht an den Kosten scheitern zu lassen und dies so schnell wie möglich und ohne große Parteienstreitereien in einen Vorsorgekatalog einzubeziehen! (Beifall bei der FPÖ.)

19.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.30.01

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Ich würde gerne noch einmal zur neuen Hebammenregelung kommen, zum Mutter-Kind-Pass. Ich kann mich nur meiner Vorrednerin Ridi Steibl anschließen und auch begrüßen, dass es nach langem Kampf zumindest die eine Beratung durch eine Heb­amme gibt.

Das ist, finde ich, ganz wichtig. Wir alle wissen – egal, ob wir werdende oder schon Väter und Mütter sind, und auch die Väter, die bei der Geburt dabei sind und diesen Prozess miterleben –, welche wichtige Rolle eine Hebamme in dieser ganzen Zeit spielt. Deswegen glaube ich, es ist ein ganz wichtiger Schritt in Richtung Aufwertung der Tätigkeit der Hebammen, es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Anerkennung der Tätigkeit.

Wir hätten uns allerdings, so wie auch die Hebammen, mehr gewünscht. Ich glaube, es gibt viele, viele Möglichkeiten, die Hebammen noch besser einzubeziehen, den Hebammen mehr Untersuchungen zuzumuten, zu überantworten, beziehungsweise den Frauen, den werdenden Müttern die Wahl zu geben, sich zu entscheiden, die eine oder andere Untersuchung bei der Hebamme machen zu lassen. Im Grunde geht es da nur um drei Untersuchungen, denn die meisten müssen ohnehin von Ärztinnen und Ärzten vollzogen werden.

Es soll zumindest da die Wahlfreiheit gegeben sein, dass sich eine Frau, eine werdende Mutter entscheiden kann, ob sie zu ihrer Hebamme geht, weil sie vielleicht mit dieser Hebamme auch ins Geburtshaus geht, weil sie zu dieser Hebamme viel Vertrauen hat, weil die Hebammen bei der Geburt meistens länger dabei sind, den Geburtsprozess maßgeblich begleiten. Insofern würde ich es sehr begrüßen – wir bringen auch einen Antrag dazu ein –, wenn diese Wahlfreiheit für mehr Unter­suchun­gen, auch laut Mutter-Kind-Pass, gegeben ist und die Hebammentätigkeit insofern noch mehr aufgewertet wird und auch die Wahlfreiheit für Frauen besteht.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein: 

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Gesundheitsausschusses (2553 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Art. 2 Z 1 lautet in § 7 Abs. 1 der erste Halbsatz des zweiten Satzes:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 212

„Die Verordnung hat den Umfang, die Art und den Zeitpunkt der von ÄrztInnen oder Hebammen durchzuführenden Untersuchungen sowie der Hebammenberatung zu bestimmen,“

2. In Art. 2 Z 1 wird in § 7 Abs. 1 letzter Satz das Wort „ärztlichen“ durch das Wort „durchgeführten“ ersetzt.

*****

Ich würde mich freuen, wenn Sie diesen Antrag unterstützen. Und, Herr Minister, wenn es nicht dazu kommt – was ich befürchte –, dass dieser Antrag die Mehrheit bekommt, dann hoffe ich, dass wir zumindest in baldiger Zukunft gemeinsam darum kämpfen, dass Hebammentätigkeit aufgewertet wird, auch im Sinne von mehr Beratung.  Danke. (Beifall bei den Grünen. Bundesminister Stöger: Ich habe sie aufge­wertet! !)

19.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Ge­sundheitsausschusses über die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden (2553 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Gesundheitsausschusses (2553 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Art 2 Z. 1 lautet in § 7 Abs.1 der erste Halbsatz des zweiten Satzes:

„Die Verordnung hat den Umfang, die Art und den Zeitpunkt der von ÄrztInnen oder Hebammen durchzuführenden Untersuchungen sowie der Hebammenberatung zu bestimmen,“

2. In Art 2 Z. 1 wird in § 7 Abs.1 letzter Satz das Wort „ärztlichen“ durch das Wort „durchgeführten“ ersetzt.

Begründung

Gemäß Hebammengesetz § 2 Abs.2 sind Hebammen bei einer normalen Schwanger­schaft befugt, eigenverantwortlich Untersuchungen zur Beobachtung des Schwanger­schafts-verlaufes durchzuführen. Diese Untersuchungen sind jedoch nicht im Kinder­betreuungsgeldgesetz verankert, was dazu führt, dass das Kinderbetreuungsgeld ab dem 21. Lebendmonat des Kindes nur zur Hälfte ausbezahlt wird, wenn die Untersuchungen durch eine Hebamme im Rahmen ihrer Berufsbefugnisse erfolgt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 213

Diese Nichtanerkennung der Qualifikation der Hebammen widerspricht dem Gleich­heitsgrundsatz und der EU-Richtlinie 80/155/EWG (siehe "Recht der Medizin", Aus­gabe 03, Juni 2007).

Es ist daher eine weitere Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes notwendig, damit Hebammenuntersuchungen im Mutter-Kind-Pass anerkannt werden und die Schwangeren keine finanziellen Einbußen beim Kinderbetreuungsgeld in Kauf nehmen müssen, wenn sie diese in Anspruch nehmen.

*****

19.32.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend Psychologengesetz 2013 in 2572 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen, der die Änderung der §§ 22, 31, 46 und 48 zum Inhalt hat.

Wer diesen Änderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel  unter Berücksichtigung des Abänderungs­antrages der Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen  und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung.  Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme der Arbeits- und Organisationspsychologie in das Psychologengesetz.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden, in 2398 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 214

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Abänderungsantrag und vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile, der Systematik des Gesetzentwurfes folgend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 16 bis 19 und 31 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Art. 2 Z 1 eingebracht.

Wer hiefür stimmt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: die dem Ausschuss­bericht 2554 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 315.)

19.37.51 10. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2445 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesund­heitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (2555 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2307/A(E) der Abgeord­neten Ursula Haubner und Kollegen betreffend rasche Umsetzung der Gesund­heitsberufe-Registrierung durch die überbetriebliche Interessenvertretung der zuständigen Berufsverbände im Gesundheitsbereich (2556 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 215

12. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2328/A(E) der Abgeord­neten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheits­berufe-Register durch überbetriebliche Interessenvertretungen (2557 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2324/A(E) der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheitsberufe-Registrierung durch MTD-Austria (2558 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2444 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2013) und mit dem das MTD-Gesetz geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2013) (2559 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.39.33

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ja, sowohl die Gesundheitsberufe wie auch die gehobenen medizinisch-technischen Dienste haben sich selbst eigentlich schon lange gewünscht, dass es zu einer Registrierung kommt, auch im Sinne einer Qualitätssicherung.

Am Beispiel der gehobenen medizinisch-technischen Dienste war es so, dass diese schon vor vielen Jahren immer wieder darauf hingewiesen haben, dass sie das gerne möchten, haben in Eigeninitiative und auch mithilfe von Investition, von Geld hier eine eigene Liste angelegt und hätten eben gerne gehabt, dass diese Liste sozusagen professionell geführt wird.

Ich weiß, Sie, Herr Bundesminister, waren von Anfang an der Meinung, dass das bei der Arbeiterkammer angesiedelt werden soll – trotz Widerstandes der Berufsverbände. Allerdings muss ich in diesem Fall schon sagen, dass die Berufsverbände besonders enttäuscht vom ÖVP-Gesundheitssprecher Rasinger waren. Herr Kollege Rasinger, Sie haben noch am 21. Juni in einer Besprechung hier im Haus, die gemeinsam mit dem Koalitionspartner stattgefunden hat, gesagt, dass Sie sich dagegen aussprechen werden und dass es mit Ihnen sozusagen so nicht kommen wird. (Abg. Dr. Rasinger: He!) Und Sie haben dann aber trotzdem die Berufsverbände sozusagen im Stich gelassen.

Das finde ich jetzt besonders perfide, denn eines war klar: Der Herr Bundesminister, auch seine Fraktion, hat sich immer für die Arbeiterkammer eingesetzt. Aber Sie, Herr Kollege Rasinger, haben da offensichtlich die Berufsverbände ziemlich reingelassen, und das finde ich relativ unfair. Natürlich haben sich die in Sicherheit gewogen und haben dann eine Stunde vor Ausschussbeginn – das war wenige Tage, nicht einmal eine ganze Woche später – erfahren, dass Sie gemeinsam einen Abänderungsantrag einbringen, dass die Registrierung bei der Arbeiterkammer erfolgen wird. Ehrlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 216

gesagt, ich verstehe das nicht ganz. Sie hätten von Anfang an auch mit offenen Karten spielen sollen, Sie hätten sagen sollen, das geht nicht, Sie wollen nicht, wie auch immer.

Wir haben im Ausschuss gehört, dass es deswegen nur bei der Arbeiterkammer geht, weil es dort Behördencharakter gibt. Ich bin trotz allem der Meinung, man hätte sich sicherlich weiter zusammensetzen und vielleicht eine befriedigendere Lösung finden können, eine, die jetzt nicht die Berufsverbände, also sowohl die Gesundheitsberufe wie eben auch die MTD-Austria, vor den Kopf stößt, da sie das wirklich nie wollten und abgelehnt haben. Und aus dieser Ablehnung heraus war es ja auch so, dass sie sich immer wieder an Oppositionsparteien gewandt haben, aus denen ja auch die diversen oppositionellen Anträge, die jetzt in diesem Tagesordnungspunkt inkludiert sind, gekommen sind.

Also insgesamt finde ich es schade, Herr Bundesminister, dass man hier nicht ein bisschen länger verhandelt hat. Ich glaube, vielleicht wäre es dann möglich gewesen, auch eine befriedigende Lösung für die Betroffenen zu finden.

Wir werden der Gesetzesvorlage unsere Stimme jedenfalls nicht geben. Wir sind nach wie vor der Meinung, man müsste hier weiterverhandeln. Ich denke, selbst wenn Sie das heute beschließen, wird das auch viel, viel Geld kosten. Es ist ja nicht so, dass das alles umsonst ist. Es ist sehr schade. Vielleicht können Sie sich doch noch einmal dazu entschließen oder überlegen, ob man nicht gemeinsam mit den Verbänden doch noch eine Optimierung der Situation finden könnte. (Beifall bei der FPÖ.)

19.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


19.42.48

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! 14 Jahre lang verhandeln wir in der Frage der Registrierung der Gesundheitsberufe, der nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe. Also ich glaube, geredet worden ist genug. Es ist kein Geheimnis, wir sind seit Langem der Meinung, es gehört, wenn registriert, bei der Arbeiterklammer registriert.

Das resultiert noch aus einer Geschichte, sage ich jetzt, wo vielleicht jetzt niemand mehr etwas dafür kann, denn es ist 14 Jahre her, und zwar aus einer Zeit, wo unter Maria Rauch-Kallat die Sorge bestand, dass jede einzelne Berufsgruppe in einer eigenen Berufskammer organisiert wird. Von den Gewerkschafterinnen und Gewerk­schaftern haben einige – den Kollegen Hable und den Kollegen Zellhofer von der Fach­gruppenvereinigung für Gesundheitsberufe sehe ich oben auf der Galerie – begonnen, zu sagen: Wir wollen keine Kammerbildung, wir wollen keine Zersplitterung der Berufsgruppen haben, sondern wir wollen eine Registrierung in einer großen Organi­sation, die das Know-how, aber auch die strukturellen Möglichkeiten hat, diese Regis­trierung durchzuführen! Strukturelle Möglichkeiten deswegen – kein Geheimnis –, weil die Arbeiterkammern Länderstellen, Regionalstellen haben, wo es möglich ist, relativ rasch und unkompliziert diese Registrierung vorzunehmen.

Die großen Proteste von den Verbänden, die vor Jahren mit einer freiwilligen Regis­trierung begonnen haben, haben wir alle per E-Mail mitgekriegt. Was wir nicht mitge­kriegt haben: Diese Mails sind nicht an uns gegangen. Ich bin der Meinung, wenn man es verhindern kann, dass man uns mit E-Mails zuschüttet, dann waren das die Mails der Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die sehr wohl an Rudi Kaske und an die Arbeiterkammer geschrieben haben, dass sie es ganz dringend möchten, nämlich die Angestellten in den medizinisch-technischen Diensten, dass bei der Arbeiterkammer


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registriert wird. Das hat ganz einfache Gründe: Es kostet für die Mitglieder und auch für die Nichtmitglieder, nämlich für Selbstständige und Unselbstständige, nichts, die Kosten sind deutlich niedriger und der Service ist besser als bei den Verbänden.

Es wird immer gesagt, dass man die Verbände in Unklarheit gelassen hat. Frau Kollegin Belakowitsch, das kann ich mir insofern nicht vorstellen, als die Frau Kollegin Durchschlag, die ja sehr vehement dafür gekämpft hat, dass das Ganze bei der MTD-Austria registriert wird, sicher auch informiert hat. Auch wir haben engen Kontakt mit den Verbänden in der Frage gehalten, wie wir möglichst konstruktiv im Sinne der Kolle­ginnen und Kollegen mit dieser Sache umgehen. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass der Schritt, den wir jetzt haben, nämlich eine verbindliche Registrierung für alle nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe, Gesundheits- und Krankenpflegeberufe wie medizinisch-technischen Berufe, in der Arbeiterkammer ein guter Schritt ist.

Einem Journalisten vom „Kurier“ – das habe ich gerade gelesen –, der offensichtlich schon in weiser Voraussicht weiß, wie das heute hier alles ausgehen wird, und der gesagt hat, wir schaffen hier eine „Lex Burgstaller“, möchte ich sagen, dass die Regis­trierung eine bundesweite Registrierung ist, wo sich in einzelnen Arbeiter­kammern einzelne Menschen damit beschäftigen – das mag in Salzburg die Kollegin Burgstaller sein, das wird in anderen Ländern und Regionen ganz jemand anderer sein.

Für eine „Lex Burgstaller“ haben wir das ganz sicher nicht gemacht! (Beifall bei der SPÖ.)

19.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.46.01

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Bundesminister! Der Verband MTD-Austria und der Gesundheits- und Kranken­pflegeverband haben in den letzten Jahrzehnten eine ungeheuer fleißige und fach­gerechte Initiative gesetzt, zu registrieren, sich in Ausbildung, Weiterbildung und Fort­bildung zu engagieren, und haben da bedeutende Arbeit geleistet.

Die eine Berufsgruppe hat mindestens 20 000 Mitglieder und die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe 100 000. Das sind also deutlich mehr als doppelt so viel, wie es Ärzte in der Ärztekammer gibt. Das heißt, die tragen wesentlich zu einem funktio­nierenden Gesundheitssystem bei, und ihre Arbeit und ihr Fleiß, die unentgeltlich, meist ehrenamtlich geleistet wurde, wird jetzt irgendwie brüskiert. Es geht hier überhaupt nicht gegen die Arbeiterkammer, die ich extrem schätze, es geht einfach darum, diese Leute zu hören, ihre Verdienste zu würdigen und nach einer Lösung zu suchen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich nehme jetzt einmal Position für Ihr Ministerium ein, nicht für diesen Entwurf, son­dern für das Ministerium und seine Kompetenzen. Mir wäre recht, wenn alle Gesundheitsberufe im Kompetenzbereich des Gesundheitsministeriums wären. Und Sie haben argumentiert, wir können uns das nicht leisten, wir haben dieses Geld nicht dazu, zu registrieren. – Dann sollten wir alle zusammen im Parlament versuchen, dass das Gesundheitsresort über diese Mittel verfügt, die Gesundheitsberufe zu halten.

Wir wissen, die Wirtschaftskammer möchte viele Gesundheitsberufe als Ausbildungs­berufe, will Lehrlinge. Und wenn das so weitergeht, werden sie Stück für Stück filetiert, mit Arbeiterkammer oder ohne Arbeiterkammer.

Wir werden dem daher nicht zustimmen und sozusagen das kleinere Übel wählen, zumindest einen Abänderungsantrag einzubringen. 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 218

Der Nationalrat wolle beschließen:

„In Artikel 1 lautet in § 13 Abs. 1 der erste Halbsatz – ich sage jetzt Halbsatz, sonst klingt das Deutsch katastrophal –:

‚Für Angelegenheiten der Registrierung der Gesundheitsberufe nach diesem Bundes­gesetz sind beim Bundesministerium für Gesundheit‘

Begründung

Zur Verhinderung der Vermischung der Aufgaben der Registrierungsstelle und der Registrierungsbeiräte ist eine Verankerung der Registrierungsbeiräte beim Bundes­minis­terium für Gesundheit sinnvoll.“

*****

Sie können noch einiges machen durch Verordnungen, erstens Richtlinien über die Anerkennung von Fortbildungen nach Maßgabe der berufsrechtlichen Vorschriften und zweitens nähere Bestimmungen zum Ablauf der Registrierung.

Was ich mir aber sehr wünschen würde, ist, dass ein Mindestmaß an Fortbildungs­stunden in diesen Berufsgruppen garantiert wird. Das fordern sowohl MTD-Austria als auch die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe. Die haben derzeit – ich habe es mir jetzt aufschreiben müssen – 100 Punkte in drei Jahren oder in fünf Jahren 160 als internationalen Standard vorgesehen. Ich würde Sie sehr bitten: Wenn die Betroffenen das wollen und diese Ehre haben, bestmögliche Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung zu garantieren, sollten wir ihnen da nichts in die Wege legen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kurt Grünewald, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Ge­sund­heitsausschusses über die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen (Gesundheits­berufe­register-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflege­gesetz geändert wird

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird

in der Fassung des Berichtes des Gesundheitsausschusses (2555 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 lautet in § 13 Abs.1 der erste Halbsatz:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 219

„Für Angelegenheiten der Registrierung der Gesundheitsberufe nach diesem Bundesgesetz sind beim Bundesministerium für Gesundheit“

Begründung

Zur Verhinderung der Vermischung der Aufgaben der Registrierungsstelle und der Registrierungsbeiräte ist eine Verankerung der Registrierungsbeiräte beim Bundes­ministerium für Gesundheit sinnvoll.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.50.01

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Dieses Gesundheitsberuferegister-Gesetz betrifft 20 000 Angehörige des medizinisch-technischen Dienstes und 80 000 Angehörige der Pflegeberufe, also insgesamt 100 000 Menschen, zirka ein Drittel der in Österreich in Gesundheitsberufen Tätigen. Die Registrierung wurde durch eine EU-Vorgabe notwendig. Die Meinungen dazu – das sage ich offen – waren extrem divergent.

Und ich sage Ihnen auch offen: Politik ist die Kunst des Möglichen. Ich kann nieman­den zu seinem Glück zwingen. Ich kann auch nicht den Koalitionspartner zwingen. Ich glaube, letztendlich ist ein Kompromiss herausgekommen, der, was meine Person anlangt, tragbar ist. Wir haben zwei Beiräte geschaffen, nämlich für die Pflege und für den MTD; die sind unterschiedlich. Wir haben die Rolle der Berufstätigen massiv aufgewertet. De facto kann gegen sie nicht entschieden werden. Der entscheidende Punkt ist, wie man so etwas lebt.

Was nicht konsensfähig gewesen wäre, das wären eigene Kammern gewesen. Es war auch nicht konsensfähig, die Registrierung bei den Berufsgruppen selber zu lassen. So gesehen ist dies ein Kompromiss, und ein Kompromiss heißt nie 100 Prozent durch­setzen.

Ich bringe noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheitsberuferegister-Gesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Gesundheitsminister wird ersucht, sicherzustellen, dass

die, der BAK bzw. der AK im Zusammenhang mit der Registrierung entstehenden Verwaltungskosten nicht den Angehörigen der Gesundheitsberufe in Rechnung gestellt werden,

durch den Bund kein Kostenersatz für die Durchführung der Registrierung an die AK geleistet wird, und


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alle Angehörigen der Gesundheitsberufe unabhängig davon, ob sie AK-Mitglied sind oder nicht, von der BAK bzw. den AK gleich behandelt werden.“

*****

Damit soll sichergestellt werden, dass die Kostenbelastung in einem überschaubaren Rahmen gehalten wird, nämlich möglichst niedrig.

In diesem Sinne hoffe ich, dass das Gesetz so gelebt wird wie geplant, nämlich dass die Gesundheitsberufe in den Gremien aktiv mitarbeiten und dass möglichst viel Qualitätssicherung und Fortbildung et cetera gesichert wird. Sie sind dazu eingeladen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheitsberuferegistergesetz

eingebracht in der NR-Sitzung am 3. Juli im Zuge der Debatte zum Tagesordnungs­punkt Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2445 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (2555 d.B.)

In der öffentlichen Diskussion über das Gesundheitsberuferegistergesetz sind einige Kritikpunkte formuliert worden, für die eine Klarstellung sinnvoll erscheint.

Bei den Verhandlungen über diesen Gesetzesvorschlag bestand Übereinstimmung, dass mangels gesetzlicher Grundlage für die im Zusammenhang mit der Registrierung erforderlichen Verfahren von der AK den Angehörigen der Gesundheitsberufe keine Kosten vorgeschrieben werden, dass der Bund für die Tätigkeit der Bundesarbeits­kammer keinen Kostenersatz leistet und dass alle Angehörigen der Gesundheitsberufe unabhängig davon, ob sie AK-Mitglieder sind oder nicht, gleich behandelt werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Gesundheitsminister wird ersucht sicherzustellen, dass

die, der BAK bzw. der AK im Zusammenhang mit der Registrierung entstehenden Verwaltungskosten nicht den Angehörigen der Gesundheitsberufe in Rechnung gestellt werden,

durch den Bund kein Kostenersatz für die Durchführung der Registrierung an die AK geleistet wird, und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 221

alle Angehörigen der Gesundheitsberufe unabhängig davon, ob sie AK-Mitglied sind oder nicht, von der BAK bzw. den AK gleich behandelt werden.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.53.09

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! In unserem Antrag fordern wir die Registrierung der Gesundheitsberufe durch die MTD-Austria. Zu diesem Zweck hat die MTD-Austria mit der MTD-Register GmbH die dafür notwendigen Strukturen geschaffen. Aber nicht die MTD-Register, sondern die AK soll die Registrierung in Zukunft durchführen. Das ist ein absolut absurdes und inakzeptables Vorhaben.

Die Arbeiterkammer vertritt ArbeitnehmerInnen und nicht freiberuflich Tätige oder Arbeitgeber. 50 Prozent der MTD-Angehörigen sind aber selbständig tätig. Diese wollen zu Recht nicht, dass ihre persönlichen Daten eine für sie weder fachlich noch berufspolitisch zuständige Stelle verwalten soll. (Beifall beim BZÖ.)

Der primäre Zweck einer Berufsliste soll zweifelsfrei die Qualitätssicherung sein. Diese kann die Arbeiterkammer wegen mangelnder Kompetenz nicht garantieren. Das Regie­rungs­programm 2008 bis 2013 beinhaltet im Kapitel Gesundheit für die Beschäftigten im Gesundheitsbereich folgende Maßnahmen: Die Registrierung der Berufs­berech­tigten sowie die absolvierten Fortbildungen und die Ausstellung von Berufsausweisen obliegt den bestehenden überbetrieblichen Interessenvertretungen.

In Erwartung eines gesetzlichen Auftrages hat daher die MTD-Austria als überbe­triebliche Interessenvertretung mit der MTD-Register GmbH die notwendigen Struk­turen geschaffen, um das Regierungsprogramm rasch umzusetzen. Derzeit, muss man sagen, sind bereits 50 Prozent der Mitglieder und Nichtmitglieder bei der MTD-Register registriert.

Interessant ist das Gesetzwerdungsverfahren: Am 5. Mai wird die Salzburger Landes­hauptfrau abgewählt. Am 15. Mai wird vom Gesundheitsministerium ein Ministerial­entwurf mit einer Begutachtungsfrist von nur zwei Wochen zur Begutachtung ausge­sendet. In dieser Zeit verweigert der Herr Minister sämtliche Gespräche mit den Berufsverbänden und nimmt auch zu mehreren Schreiben von diesen nicht Stellung.

Dann erfolgt der Beschluss im Ministerrat. Am 12. Juni gelangt die Regierungsvorlage in den Nationalrat. Und am 27. Juni werden eine Stunde vor Ausschussbeginn Abänderungsanträge per E-Mail an die Oppositionsparteien übermittelt.

Diese Vorgangsweise ist in höchstem Maße skandalös. Da die gescheiterte Landes­hauptfrau von Salzburg mit der Leitung der Registrierungsstelle in der Arbeiterkammer betraut werden soll, ist es wohl augenscheinlich, dass sich diese Vorgangsweise und die Registrierung durch die Arbeiterkammer in der Arbeitsplatzbeschaffung für die Frau Burgstaller begründet. Und das ist in meinen Augen in höchstem Maße verwerflich. (Beifall der Abg. Ursula Haubner. – Abg. Mag. Lapp: Sie haben ja keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns diesen dubiosen Gesetzentwurf an den Gesundheitsausschuss rückverweisen, damit er dort mit den betroffenen Berufs­verbänden ausreichend behandelt werden kann. (Beifall der Abg. Ursula Haubner.)

19.56



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 222

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haberzettl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.56.43

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ich glaube, wir haben einen gemeinsamen Zugang zum Thema Gesund­heitsberuferegister-Gesetz: dass aus Qualitätssicherheitsgründen eine Registrierung notwendig ist. Sie erfolgte bis jetzt auf freiwilliger Basis, wird nun auf eine gesetzliche Basis gehoben. Die Frage, wer die Registrierung vornimmt, hat uns im Klub sehr tief beschäftigt, hat die Regierung sehr tief beschäftigt, und ich denke, nach einer sehr gewissenhaften Abwägung ist diese Entscheidung so gefallen, wie sie jetzt vorliegt.

Herr Kollege Spadiut! Ich möchte Ihnen schon sagen, die 50/50-Einschätzung der Beschäftigungsverhältnisse kann ich nicht nachvollziehen. Es gibt einen deutlichen Überhang an Arbeitnehmerverträgen und arbeitnehmerähnlichen Verträgen. Wir haben deutlich weniger Selbständigenbeschäftigungsverhältnisse in dieser Branche festge­stellt.

Ich möchte zu diesem Thema noch einen Abänderungsantrag einbringen, mit dem die Transparenz noch mehr erhöht werden soll:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses 2555 der Beilagen über die Regierungs­vorlage 2445 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird:

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 § 5 Abs. 4 erster Satz wird die Wortfolge „öffentlich auf der Homepage der Bun­desarbeitskammer zu führen“ durch die Wortfolge „auf einer von der Bundes­arbeitskammer ausschließlich für diesen Zweck einzurichtende Webseite öffentlich zugänglich zu machen“ ersetzt.

*****

Da es auch bei mir heute der letzte Akt am Rednerpult sein wird, möchte ich ganz kurz ein Resümee über die relativ kurze Zeit – im Vergleich zu anderen – über meine Anwesenheit hier ziehen. Da spannt sich die Emotion, wenn Sie so wollen, von der beginnenden Phase, von der Bereitschaft, doch gemeinsam einiges auf den Weg zu bringen, bis hin zu tiefen sachlichen und fachlichen Diskussionen, auch Auseinander­setzungen, die, glaube ich, doch immer auf kultivierter Ebene verlaufen sind, bis letztlich – heute das beste Beispiel in der Dringlichen Anfrage – zu Diskussionen, die schon sehr von Heiterkeit – um nicht andere Ausdrücke zu gebrauchen – geprägt waren.

Ich möchte aber diese Gelegenheit auch dazu nützen, mich bei jenen Menschen zu bedanken, die gerade am Beginn einer parlamentarischen Tätigkeit sehr wichtig sind. Das sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den einzelnen Parlamentsklubs und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Hauses, die letztendlich immer mit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 223

sachkundiger und fachkundiger Auskunft und Information zur Verfügung gestanden sind.

Die nächste Zeit wird wahrscheinlich aufgrund der globalen Entwicklung auch für Österreich riesige Herausforderungen bringen. Ich glaube, dieses Land hat die Kraft, hat die Ressourcen, diese Herausforderungen zu meistern.

All jene, die in der nächsten Gesetzgebungsperiode hier weiter tätig sein werden, haben den politischen Auftrag, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen.

Für diese Tätigkeit wünsche ich Ihnen viel Kraft und viel Erfolg. (Allgemeiner Beifall.)

20.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Da können ruhig alle applaudieren.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.00.55

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir werden dieses Gesetz auch ablehnen, und zwar deshalb, da es überhaupt keine Not gegeben hat, die Gesundheitsberufe, die bis jetzt von den Verbänden registriert wurden – was dem Vernehmen nach sehr, sehr gut gemacht wurde –, jetzt quasi zur Arbeiterkammer zu ziehen. Dort ist, wie wir heute schon gehört haben, zu wenig Know-how vorhanden. Es gibt viele Selbstständige in den Gesundheitsberufen. Und es ist auch sehr viel Fachwissen notwendig, gerade wenn es um Weiterbildungskurse und die Anerkennung derselben geht. Und dieses Wissen fehlt bei der Arbeiterkammer, dieses Wissen kann dort gar nicht sein.

Dieses Wissen gibt es aber bei den Verbänden. Und es besteht überhaupt keinen Grund, die Registrierung von den Verbänden abzuziehen und zur Arbeiterkammer zu transferieren, außer – und das ist der einzige Grund – dass eben wieder zusätzliche Einnahmen lukriert werden sollen und die Arbeiterkammer ein neues Feld von Einnah­men gewinnt und ihr natürlich auch Einfluss ermöglicht wird. Und das lehnen wir ab.

Deshalb würde ich darum ersuchen, dass man noch einmal darüber spricht, dass man diese Gesetzesmaterie noch einmal an den Ausschuss rückverweist und schaut, ob es nicht vernünftiger wäre, auf die ohnehin schon bestehenden Strukturen zurückzu­greifen. Mir kann niemand erzählen, dass es, wenn es schon eine Registrierungsstelle gibt, die das Prozedere schon erfolgreich abgewickelt hat, plötzlich bei der Arbeiter­kammer günstiger sein soll. Das kann mir keiner erklären, wenn dort die gesamte Expertise fehlt und natürlich auch die entsprechenden Programme.

Das heißt, da geht es wieder rein um Einfluss und um finanzielle Mittel, die dort lukriert werden sollen. Und das lehnen wir zutiefst ab. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

20.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich ergänze noch, dass der von Herrn Abgeordnetem Haberzettl eingebrachte Abänderungsantrag ausreichend unterstützt ist und mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 224

zum Bericht des Gesundheitsausschusses 2555 der Beilagen über die Regierungs­vorlage 2445 d. B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird:

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 § 5 Abs. 4 erster Satz wird die Wortfolge „öffentlich auf der Homepage der Bundesarbeitskammer zu führen“ durch die Wortfolge „auf einer von der Bundes­arbeitskammer ausschließlich für diesen Zweck einzurichtenden Webseite öffentlich zugänglich zu machen“ ersetzt.

Begründung:

Klarstellung bzw. Präzisierung der Anforderungen an den öffentlichen Teil des Gesund­heitsberuferegisters.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.

 


20.02.52

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße ganz besonders die Vertreter der Fachgruppenvereinigung des ÖGB für Gesundheits- und Sozialberufe, die hier anwesend sind. Das ist eine Vereinigung, die nahezu 80 000 Menschen, die tagtäglich im Gesundheitswesen arbeiten, vertritt. Und alle Berufsgruppen haben mir mehrmals über verschiedene Institutionen mitgeteilt, dass sie unbedingt registriert werden wollen, da es ihnen ein Anliegen ist, dass die Qualität in ihrer Berufsgruppe gesichert wird. Ich bedanke mich dafür, da diese Berufsgruppen im Gesundheitswesen oft unterbewertet werden, sie jedoch tagtäglich ganz außerordentlich gute Arbeit leisten.

Es geht darum, dass wir die Qualität stärken, dass wir die Qualität sichern und dass wir damit die Berufsgruppen, vor allem in der Gesundheits- und Krankenpflege und in den medizinisch-technischen Diensten, aber auch im Gesamtbereich der Gesundheits­berufe stärken.

Ich habe mich dafür entschieden – und das auch ganz bewusst getan, nämlich wie es das Regierungsprogramm vorsieht –, dass die Registrierung von der überbetrieblichen Interessenvertretung vorgenommen werden soll. Und es gibt nur eine gesetzliche überbetriebliche Interessenvertretung dieser Berufsgruppen. Das ist schlicht und einfach die Bundesarbeitskammer. Daher habe ich mich dafür entschieden, dass diese Institution Bundesarbeitskammer, die Österreich weitergebracht hat, die seit 1920 besteht, um die uns andere Länder auch beneiden, die Registrierung vornehmen wird.

Die Berufsgruppen haben in dieser Bundesarbeitskammer die Möglichkeit, ihre Position einzubringen, ihre fachliche Kompetenz einzubringen. Man wird mit den Grup­pen verhandeln und diese auch unterstützen. Im Registrierungsbeirat ist ihnen auch Sitz und Stimme gegeben worden.

Aus meiner Sicht ist es auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Bundesarbeits­kammer in dieser Sache natürlich im übertragenen Wirkungsbereich tätig wird und auch an Weisungen des Bundesministers gebunden ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 225

Was den Entschließungsantrag betrifft, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Lage völlig klar: Diese Variante hat dazu geführt, dass sie für die Berufsgruppen­angehörigen die einfachste Regelung ist, dass die Kosten daher am geringsten sind. Ich gehe davon aus – und es ist auch so –, dass es keinen Kostenersatz an die Arbei­ter­kammer geben wird.

Ich möchte ein zweites Gesetz ansprechen, nämlich die Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, wo wir sicherstellen, dass in Zukunft die in diesen Gesundheitsberufen Tätigen auch die Angehörigenschulung machen können, dass auch Patientinnen und Patienten von der Krankenpflege angewiesen werden können, wie man im Alltag mit gewissen Fragen umgeht, dass ihnen Pflegeinformationen weitergegeben werden können. Bisher war das Ärzten vorbehalten. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass die Ärzte dazu oft wenig Zeit hatten, dass sie auch manchmal die Erfahrung der Pflege nicht hatten. Jetzt ist es auch möglich, neben den Ärzten, dass diese Tätigkeit von den Gesundheits- und Krankenpflegeberufen ausgeübt wird.

In diesem Sinne haben wir wiederum einen Beitrag dazu geleistet, dass es zu einer Stärkung der Primärversorgung in Österreich kommt, was ja ein klares Ziel der Gesundheitsreform ist: Verbesserung der Qualität und Stärkung der Primärversorgung. (Beifall bei der SPÖ.)

20.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Durchschlag. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.07.31

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Herr Gesundheitsminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Oberhauser hat schon gesagt, es ist eine lange Geschichte gewesen. Es war fast so etwas wie eine unendliche Geschichte. Manchmal haben unendliche Geschichten ein Happy End. Diesmal, würde ich sagen, hat es für die einen vielleicht ein Happy End gegeben, für die Berufsverbände hat es mit Sicherheit kein Happy End gegeben. Dass wir das Gesundheitsregister haben wollen, das eint Politik und Berufsverbände: die Politik auf der einen Seite, weil es ein Steuerungsinstrument in der Gesundheitspolitik ist. Und für die Berufsverbände war es – das ist schon gesagt worden – immer sehr wichtig wegen der Fortbildung und Weiterbildung. Also: Es geht immer um Qualitätssicherung und Patientensicherheit.

Für die Berufsverbände geht es darum, dass es zu keinen Berufsübergriffen kommen kann. Und für Patienten geht es darum, dass sie wissen, der Therapeut, die Thera­peutin oder der Pfleger, die Pflegerin, die sie behandeln, sind auch dazu imstande und berechtigt. – So weit, so gut.

Also das hat uns geeint. Das, was uns von Anfang nicht geeint hat, war der Ort der Registrierung. Wir – und ich spreche hier als Physiotherapeutin für MTD-Austria – haben immer gesagt, wir wollen das selber machen, da wir es auch machen können. Und wir haben eben diese MTD-Register GmbH vor inzwischen schon acht Jahren gegründet. Es haben sich immerhin 11 500 Berufsangehörige freiwillig registriert. Es besteht ein vollkommen fertiges System, mit dem man eigentlich heute anfangen kann, etwas zu tun, weil es schon da ist.

In einer Zeit, in der es um Demokratie geht, um mehr direkte Demokratie geht, finde ich es persönlich sehr schade, wenn über Berufsverbände, über Berufsgruppen so drübergefahren wird und deren Wunsch nicht entsprochen wird.

Ich möchte mich aber ausdrücklich beim Kollegen Erwin Rasinger bedanken, der dafür gesorgt hat, sozusagen im Sinne der Schadensbegrenzung, aus meiner Sicht, dass


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zumindest der Beirat so aufgewertet wird, dass, wenn sich alle daran halten und wenn es keine Tricks gibt, die Berufsverbände nicht überfahren werden können.

Es wird hier, wie ich auch schon im Gesundheitsausschuss gesagt habe, zu diesem Gesetzentwurf von mir keine Zustimmung geben. Eine Zustimmung wird es zur MTD-Gesetz-Novelle geben. Diese ist auch im Sinne der Patientensicherheit zu sehen. Da geht es auch um Anpassungen an EU-Vorgaben. Das heißt, es wird von mir eine Zustimmung zur MTD-Gesetz-Novelle geben, aber nicht zum Gesundheitsberufe­register-Gesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

20.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.10.10

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Keine Frage, das Gesundheitsberuferegister-Gesetz haben wir von Anfang an, weil das auch in der Regierungsvereinbarung so vorgesehen war, im Kern mitgetragen. Die Bestrebungen der Berufsangehörigen, wie bei den Ärzten, bei den Hebammen und bei mehreren anderen Berufen, eine eigene Regis­trierung vorzunehmen, ist natürlich etwas, was unterstützenswert ist – und was, wie gesagt, auch im Regierungsprogramm drinnen steht.

Es war ja auch so, dass in Erwartung dieses gesetzlichen Auftrages die MTD-Austria als überbetriebliche Interessenvertretung hier aktiv geworden ist, bereits ein eigenes Register eingeführt hat und bereits mit Fortbildungsmaßnahmen und allem, was halt so dazugehört, begonnen hat.

Darum scheint es auch vollkommen unverständlich, dass dann als Ministerialentwurf dieses Gesetz in Begutachtung versandt worden ist. Denn, Herr Minister, es ist einfach so, dass ein Drüberfahren über eine Berufsgruppe oder über Berufsgruppen, wie in diesem Fall, nicht Usus ist und eigentlich etwas Ungeheuerliches ist. Und nicht nur das, auch von der Sache her ist es ja so, dass bei dieser ganzen Gruppe nicht nur die Pfleger und angestelltes Personal, sondern auch freiberufliche Logopäden und was auch immer betroffen sind, diese sind umfasst. Das sind Freiberufler – und die werden jetzt bei der Arbeiterkammer registriert. Das ist ein Widerspruch in sich!

Und wenn Sie sagen, na ja, weil die halt schon seit den zwanziger Jahren besteht, dann könnte man genauso flapsig sagen, der ÖAMTC oder der ARBÖ besteht vielleicht auch seit dieser Zeit und die haben auch Außenstellen, also können wir sie auch dort registrieren. – Also das ist ein Quatsch.

Wir sind strikt dagegen, dass das so kommt!

Ich zitiere jetzt nur aus einer Stellungnahme. Darin wird geschrieben:

Es erhebt sich die Frage: Soll es sich um ein verbindliches Gesundheitsberuferegister mit konstitutiver Wirkung handeln oder nicht? Das heißt, nur wenn man nach Erfüllung der gesetzlich normierten Voraussetzung in das Register eingetragen ist, darf man seinen Beruf ausüben. Ziel wäre ja, Rechtssicherheit für Berufsangehörige, Patienten und Dienstgeber zu schaffen. Aus dem vorliegenden Gesetzentwurf ergibt sich aber nicht, ab welchem Zeitpunkt eine konstitutive Wirkung des Berufsregisters vorliegt. – Zitatende. Aus der Regierungsvorlage lässt sich das nicht herauslesen.

Darüber hinaus, muss man ja sagen – und das ist wirklich ein übler Beigeschmack –, hat man ja den Eindruck, dass hier eigene Stellen, eigene neue Abteilungen innerhalb der Arbeiterkammer geschaffen werden sollen, wo dann Politiker, die halt woanders sehr erfolglos waren, hineingesetzt werden. Wir sprechen von Salzburg, wir sprechen


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von der Ex-Landeshauptfrau Burgstaller. Das steht auch heute im „Kurier“ groß drinnen: „Pfleger, Krankenschwestern und Physiotherapeuten“ wandern „zur AK“. Man spricht von einer „Lex Burgstaller“.

Was mich überhaupt wundert, ist die Zustimmung eurer Partei, der ÖVP, wo es offen­sichtlich massive Widerstände gibt, nicht nur aufseiten der Rednerin, der geschätzten Frau Kollegin, die jetzt vor mir gesprochen hat, sondern auch aufseiten von Othmar Karas, der ja als Präsident des Hilfswerks massive Widerstände zum Ausdruck ge­bracht hat, von einem „Bürokratiemonster“ spricht und so weiter.

Für uns erweckt das den Eindruck, das ist irgendwie so eine Amigo-Geschichte: Man schanzt halt den politisch „Eigenen“ hier neue Betätigungsfelder zu – gegen die Inter­essen der Berufsgruppe, um die es dabei geht. Und deswegen können wir da nicht mitgehen.

Ein zweites Gesetz wird in diesem Konvolut auch noch mitbehandelt. Dabei geht es um eine Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes und des MTD-Gesetzes. Dazu möchte ich nur Folgendes anmerken: Es geht hier um Dinge, die, wenn sie von diplomiertem Personal angelernt beziehungsweise von Ärzten angeordnet werden, dann, in der Hierarchie hinuntergehend, von angelernten Hilfskräften, wenn man so möchte, vorgenommen werden können, meistens von Angehörigen pflegebedürftiger Patienten. Und diese finden in diesem Gesetz einen Katalog vor von Dingen, die auf diese Weise gemacht werden können, zum Beispiel: Verabreichung der Arzneimittel, von Injektionen, Vorbereitung und Anschluss von Infusionen, Blutentnahmen und dergleichen. Ein Punkt in dieser Aufzählung geht uns aber zu weit, nämlich das Legen von Magensonden.

Wir haben das schon im Ausschuss beschlossen. Da hat es geheißen, das ist ein Irrtum – wie auch immer –, das wird geändert werden. Ich habe heute nichts davon gehört. Deswegen lehnen wir das ab. Mir persönlich als Arzt geht das zu weit, dass nicht richtig ausgebildete Kräfte Magensonden legen können. All jene von uns, die medizinisch tätig sind, wissen, dass das gefährlich sein kann. Ich möchte jetzt nicht den Teufel an die Wand malen, aber, wie gesagt, da muss in irgendeiner Form eine Änderung erfolgen. Das geht mir bei der ganzen Geschichte zu weit. Deswegen können wir dem in der vorliegenden Form nicht zustimmen.

Zum Schluss noch etwas: Was mich heute sehr befremdet hat, ist eine Art des Demo­kratieverständnisses, wie es aus der Arbeiterkammer, aus der Gewerkschaft heraus zum Ausdruck gekommen ist. Wir haben heute ja in einer langen Diskussion die Gewerkschaft auch gegen ungerechtfertigte Angriffe verteidigt, aber da stößt mir etwas sehr stark auf, nämlich: Um 12.33 Uhr ist eine Aussendung des Vorsitzenden der Bun­des­vertretung Gesundheits- und Sozialberufe der GÖD, Johann Hable, herausge­gangen: Dieser „begrüßt den soeben vom Nationalrat gefassten Beschluss der Regis­trierung der nicht ärztlichen Gesundheitsberufe“.

Wir haben jetzt 20.16 Uhr – und wir sprechen bei dieser Aussendung von 12.33 Uhr. Das ist ein Demokratieverständnis, das mir nicht einleuchtet – ich sage Ihnen das ganz ehrlich –, denn wir sind hier keine Wurstlbude, sondern wir sind immer noch diejenigen, die diese Dinge entscheiden. Und man kann jetzt sagen, eigentlich ist es eh wurscht  (Zwischenruf der Abg. Dr. Oberhauser.) Ja, ja, ich weiß schon, es ist eh alles egal. Wir sind hier nur ein Kasperlverein, der halt dann so etwas irgendwie abhandelt, aber ihr habt es schon längst ausgemacht.

In der letzten Konsequenz entscheiden wir hier, auch wenn es natürlich in der Realität abgesprochen und in den Ausschüssen bereits entschieden ist. Aber so etwas geht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 228

meiner Meinung nach wirklich nicht. Das ist eine ganz, ganz schlechte Optik und schadet dem demokratischen Ansehen unserer Institution. (Beifall bei der FPÖ.)

20.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.16.19

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im Gegensatz zu meinem Vorredner begrüßen wir die Verbesserungen im Pflegebereich, wir haben uns auch massiv dafür eingesetzt.

Warum? – Haben Sie sich schon überlegt, von wem Sie gepflegt werden wollen, wenn das einmal notwendig wird? Im Heim oder vielleicht doch von Angehörigen? – Also ich würde zum Beispiel lieber von meinem Mann gepflegt werden, aber er bräuchte sicherlich Unterstützung, professionelle Hilfe. Und genau dorthin zielt die Neuregelung, die wir heute beschließen wollen.

Wir wollen Schulungen für Angehörige durch diplomierte Pflegekräfte ermöglichen. Das hilft sowohl den pflegenden Angehörigen als auch den Pflegebedürftigen. Und wie funktioniert es? – Die diplomierten Pflegekräfte werden die pflegenden Angehörigen unterrichten, unterweisen, wie sie ärztlich angeordnete Tätigkeiten richtig ausführen. Da war schon die Rede vom Spritzensetzen, vom Verbandwechseln und vielem mehr. Entscheidend ist – und das gibt uns die Sicherheit, Herr Kollege Karlsböck –: Alles wird unter ärztlicher Verantwortung ablaufen.

Ziel ist, den pflegenden Angehörigen möglichst große Unterstützung zu geben. Das wollen wir, und das wünschen sich auch die meisten der Senioren, die zu uns kommen und uns ihre Wünsche vortragen.

Morgen werden wir ja weitere große Verbesserungen beschließen – das hoffe ich, ich will dem nicht vorgreifen –, nämlich die Pflegekarenz und die Pflegeteilzeit, wieder weitere große Schritte, um Pflege in der Familie auf der einen Seite und Job auf der anderen Seite zu vereinen, besser zu vereinen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tages­ordnungspunkt ist Frau Abgeordnete Haubner zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


20.18.32

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es geht bei diesem Tagesord­nungs­punkt nicht um eine Verbesserung für pflegende Angehörige, wie Frau Kollegin Aubauer das gesagt hat, sondern es geht schlicht und einfach um ein Berufsregister für Gesundheitsberufe, für Krankenpflege- und Gesundheitsberufe, ein Berufsregister, zu dem wir hundertprozentig stehen – das muss geführt werden –, aber für uns ist unverständlich, warum man das nicht bei den Berufsverbänden lässt.

Es sind dies Berufsverbände – und da schließe ich bei den Ausführungen der Kollegin Durchschlag an –, die in den letzten Jahren gezeigt haben, dass sie es können, dass sie Leistungen erbringen, dass bereits 11 500 freiwillig registriert wurden. Und jetzt auf einmal fährt man drüber, hört nicht einmal die Bedenken der Berufsverbände an, nimmt nicht einmal die kritischen Stellungnahmen zur Kenntnis, sondern macht ein Gesetz mit einer zweiwöchigen Begutachtungsfrist. – Ich erinnere mich noch: Gerade die SPÖ war


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in früheren Zeiten anders zusammengesetzter Regierungen immer sehr kritisch, wenn es nur eine zweiwöchige Begutachtungsfrist gegeben hat. – Da fährt man also einfach drüber.

Es ist für mich auch kein Gesamtkonzept, was die Berufsregistrierung anbelangt, erkennbar. Die PsychologInnen werden anders geführt: Die sind nicht bei der Arbeiterkammer, sondern die werden über die GÖG geführt. – Also das ist ein Gesetz, wo ich mich frage: Was soll das? (Beifall beim BZÖ.)

Die Antwort, die ich für das BZÖ geben kann, ist: Es geht darum, dass wir den Kam­merstaat wieder ausweiten, dass wir der Bundesarbeitskammer weitere Funktionen geben, dass wir die Zwangsmitgliedschaft ausbauen und dass wir letztendlich auch, was schon angeklungen ist, Versorgungsposten schaffen. Denn hier wird man mehr Personal brauchen – und es wird sicher neben der Frau Burgstaller auch noch andere Politikerinnen und Politiker von Rot und Schwarz geben, die versorgt werden müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das kann es nicht sein. Wir werden daher natürlich diesem – wie der Kollege vom Hilfswerk, Herr Abgeordneter Karas, gesagt hat – Bürokratiemonster nicht unsere Zustimmung geben.

Da Sie sich jetzt auf die Beiräte ausreden: Alles recht und schön, aber wenn man sich anschaut, wie die Beiräte wieder zusammengesetzt sind, so überwiegen dort die Gewerkschaftsangehörigen – sie stellen die Mehrheit –, und dann sind halt auch ein paar Berufsgruppenangehörige dabei.

Oder: Wenn Sie jetzt Entschließungsanträge einbringen, was die Kosten anbelangt, das ist ja überhaupt das Beste! Das ist also noch nicht klar, wie die Kosten geregelt sind, wenn Sie jetzt einen Entschließungsantrag einbringen müssen? Oder: dass die Berufsverbände auf einer eigenen Website dargestellt werden. – Das sind alles Dinge, wo man nur sagen kann: ein Husch-Pfusch-Gesetz. Aber letztendlich geht es um Machterhalt in einem Bereich, den Sie weiter ausbauen wollen, wo die Politik und auch der Proporz fröhliche Urständ’ feiern.

Daher möchten wir, dass über dieses Gesetz, über dieses Berufsregister noch einmal seriös diskutiert wird. Ich habe von einigen Vorrednern gehört, es wäre gut, noch einmal im Ausschuss darüber zu beraten, das an den Ausschuss zurückzuverweisen, noch einmal von vorne zu beginnen und diejenigen, die es betrifft, auch mit einzubinden.

Daher hat das BZÖ auch zwei Rückverweisungsanträge gestellt, die aufliegen, und zwar einerseits einen Rückverweisungsantrag, was das Gesundheitsberuferegister-Gesetz anbelangt, und andererseits, was das Bundesgesetz, mit dem das Gesund­heits- und Krankenpflegegesetz geändert wird, die GuKG-Novelle 2013, und die MTD-Gesetz-Novelle 2013 anbelangt.

Ich bitte, diesen Anträgen die Zustimmung zu geben, damit es möglich ist, dass wir auch hier herinnen einen einstimmigen Beschluss, was die Berufsregisterführung anlangt, fassen können. Aber meine Hoffnung ist sehr gering, dass das heute noch geschehen wird. (Beifall beim BZÖ.)

20.23

20.23.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Zu Tagesordnungspunkt 10 liegt ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen vor.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 230

Ich lasse daher zunächst darüber abstimmen, den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird, in 2555 der Beilagen nochmals an den Gesundheitsausschuss zu verweisen.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Zu Tagesordnungspunkt 14 liegt ebenfalls ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen vor.

Ich lasse daher darüber abstimmen, den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird und mit dem das MTD-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2559 der Beilagen nochmals an den Gesundheitsausschuss zu verweisen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesund­heitsberufen erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird, in 2555 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Grüne­wald, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 § 5 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Artikel 1 § 13 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abge­lehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 231

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesund­heitsberufe-Registergesetz.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 316.)

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2556 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2557 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Gesundheits­ausschusses, seinen Bericht 2558 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird und mit dem das MTD-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2559 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.28.4815. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2446 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwareneinfuhr­ge­setz 2010, das Gewebesicherheitsgesetz, das Rezeptpflichtgesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden (2560 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2327/A(E) der Abgeord­neten Dr. Wolfgang Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Verbesserung der Situation der chronischen Schmerzpatienten in Österreich (2561 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2377 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gehaltskassengesetz 2002 geändert wird (2562 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 232

18. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2135/A(E) der Abgeord­neten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Einführung eines Gesundheitsbonus (2563 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2306/A(E) der Abgeord­neten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaf­fung der Kostenbeteiligung in der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) (2564 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2030/A(E) der Abgeord­neten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gratisabgabe von Kondomen für Jugendliche bis 18 Jahren (2565 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2346/A(E) der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung des Personenkreises der entschädigungsberechtigten Thalidomid- beziehungsweise Contergan-Geschädigten (2566 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2290/A(E) der Abgeord­neten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung der Hausärztin/des Hausarztes (2567 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2347/A(E) der Abgeord­neten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konzept „Gesundheit“ (2568 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1070/A(E) der Abgeord­neten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakkonsum und dessen negativen gesund­heitlichen Folgen (2569 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zu den Punkten 15 bis 24 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 233

20.31.55

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten fünf Jahren – es ist ja jetzt diese Woche mehr oder weniger das letzte Mal, dass wir in einer ordentlichen Sitzung zusam­mentreffen – haben wir ein gemeinsames Ziel gehabt, nämlich die Erhaltung und Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems, da das Gesundheits­system, die Gesundheit als solche allen Umfragen zufolge den Österreichern am wichtigsten sind. Dass wir unterschiedliche Ansätze haben, liegt auf der Hand. Wichtig ist bei dieser ganzen Geschichte nur, wer unter dem Strich recht hat. Recht haben in vielen Dingen leider, muss man fast sagen, wir behalten, denn wir haben heute leider einen rasanten Anstieg bei der Unterversorgung, bei Missständen im österreichischen Gesundheitssystem.

Ein Beispiel: Herr Minister, eine Presseaussendung der vergangenen Tage betrifft das Allgemeine Krankenhaus und da vor allem die Strahlentherapie. In diesem Bereich hat die Strahlentherapie im AKH gesagt, wir haben einfach zu wenig Ärzte, um den Betrieb aufrechterhalten zu können, und sie müssen schlicht und einfach damit aufhören, neue Patienten anzunehmen, zumindest für eine gewisse Zeit. Das bedeutet, dass es mittler­weile schon endlose Wartezeiten gibt. In einer Krebstherapie kann das ver­heerend sein. Endlose Wartezeiten gibt es aber nicht nur im AKH, sondern auch in den Bundesländern. Es fehlen in Österreich mindestens 18 Geräte, die die Versorgung gewährleisten könnten.

Laut Gesundheitsgesetz, das wir unlängst beschlossen haben, ist ja die Finanzierung der Gesundheit an das Wirtschaftswachstum gekoppelt, wodurch die Prognosen ausgesprochen unsicher sind. Genau diese Geräte sind sehr teuer, genau diese Dinge sind sehr intensiv. Und es zeigt sich hier an diesem Beispiel, dass wir in keine gute Zukunft gehen.

Die Conclusio dieser Aussendung ist die, dass es skurril wäre, dass die Erfolge der Frühdiagnose in vielen Bereichen, auch bei der Mammographie, die ja jetzt mühsam aufgebaut werden, dann durch eine Therapieverzögerung verspielt werden würden. Und genau das ist eigentlich der falsche Weg. Das heißt, wir benötigen in diesem Bereich eine Aufstockung der Ressourcen.

Das zweite Negativbeispiel ist die Schließung des Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhauses in Wien in der Nacht. Da sagt man einfach, wir haben zu wenig Ärzte, wir sperren zwischen 22 und 6 Uhr für normale Notfälle zu, die ganz argen können weiter mit der Rettung zufahren. Aber wenn sich jemand einen Fuß bricht, den Finger quetscht oder wie auch immer, dann soll er halt woanders hingehen. Dass die anderen Kranken­häuser der Gemeinde Wien, in denen es eine Unfallabteilung gibt, dann genauso oder noch mehr überlastet sind, das sieht man nicht und arbeitet nach dem Floriani-Prinzip. Tatsache ist eine Unterversorgung in diesem Bereich.

Dann Rotes Kreuz in der Steiermark, auch diese Woche. Die Krankenkasse kündigt einfach den Vertrag mit dem Roten Kreuz. Es sollen die Leute halt mit dem Taxi fahren und dann die Rechnung einreichen.

Das sind ja Zustände, die einer Republik wie unserer nicht würdig sind! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte gar nicht über die weiterhin vorhandenen Selbstbehalte sprechen, die wir einfach nicht wegbekommen. Sie sagen, Sie feiern ein Fest, wenn die Selbstbehalte weg sind, und das Parlament soll es beschließen. Wir sind dabei, Herr Minister, wir richten das Fest sogar für Sie aus. Wir wollen die Selbstbehalte in jenen Bereichen weghaben, wo sie unsozial sind und den niederschwelligen Zugang vor allem der sozial Schwächeren zur medizinischen Leistung behindern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 234

In weiterer Folge erkennen wir auch, dass es immer schwieriger wird, vor allem Facharztstellen auf dem Land zu besetzen. Es wird auch immer schwieriger, Turnus­plätze, Ausbildungsstellen, auch Facharztstellen in den Krankenhäusern, in den Abteilungen zu besetzen. Das geht jetzt rasant vor sich. Es war eigentlich zu meiner Zeit unvorstellbar, dass sich solche Entwicklungen einschleichen werden. Sie sind nur da. Und es muss hier einfach gegengesteuert werden.

Wie kann man relativ einfach gegensteuern? – Man muss vor allem die Ärzte in den Krankenhäusern, aber auch in der Praxis von diesem Verwaltungswahnsinn, von den Verwaltungsarbeiten entlasten. Aber was machen Sie? – Sie machen eine Presse­konferenz und sagen, nächster Schritt der Gesundheitsreform beschlossen, ab 2014 werden alle Leistungen im ambulanten Bereich pseudonymisiert dem Bund gemeldet.

Das ist nur ein kleiner Satz. Das hat natürlich auch einen Anstieg der Qualität zur Folge, das verstehe ich schon. Allerdings brauchen Sie zuerst die Leute, wenn Sie so etwas beschließen wollen. Im jetzigen Zustand bedeutet es, wir haben einfach eine weitere Aufblähung dieses gesamten Apparates und es wird für die Ärzte in den Krankenhäusern immer schwieriger werden, dort zu arbeiten.

Unser altes Thema, und darüber werden wir nicht hinwegkommen: Wir müssen Kran­kenkassen zusammenlegen. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist das Um und Auf. Ich ver­stehe überhaupt nicht, warum es so einen Widerstand dagegen gibt.

Wir müssen den Ärzten erlauben, sich in der Form zu organisieren, dass sie sich selbst anstellen dürfen. Auch da ist eine Blockadehaltung Ihrerseits da. Das würde nämlich eine Lenkung der Patientenströme von den Krankenhäusern hin in die freie Praxis bedeuten.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass die Patienten die Leidtragenden in diesem ganzen System sind. Was bedeutet das für die Patienten? – Es bedeutet, dass die Ärzte zu wenig Zeit sowohl in den Krankenhäusern, in den Ambulanzen als auch in den Ordinationen haben. Es bedeutet lange Wartezeiten sowohl in den Ambulanzen als auch in den Ordinationen. Und es bedeutet vor allem eine mangelhafte Versorgung im niedergelassenen Bereich, weil die Ärzte eben auch nicht mehr als 70 Stunden arbeiten können. Vor allem am Wochenende, an Feiertagen oder am Abend finden wir, ich bin ja auch Patient, keine Ärzte. Wir gehen in die Ambulanzen. Und auch da wird es immer schwieriger, eine effiziente Versorgung zu finden. Deswegen, Herr Minister, möchte ich Ihnen sagen, daran müssen wir arbeiten.

Herr Minister, wir haben unsere Sträuße hier auch ausgefochten. Es dürfte wirklich eine der letzten Sitzungen sein, wo wir zusammenkommen. Man hört es direkt und indirekt, dass Sie nächstes Mal nicht mehr Minister sein werden. Daher möchte ich Ihnen alles Gute für Ihren privaten, persönlichen und beruflichen Weg wünschen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

20.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Bayr. 3 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


20.38.24

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Im Gegensatz zu meinem Vorredner freue ich mich schon sehr darauf, mit dem Herrn Minister Stöger auch in der nächsten Legislaturperiode zusammenzuarbeiten (Beifall bei der SPÖ), weil ich glaube, dass er seine Sache wirklich ausgesprochen gut macht.

Sexualität und sexuelle Erfahrungen spielen im Leben von so gut wie allen jungen Menschen eine ganz, ganz wichtige Rolle. Deshalb ist es besonders wichtig, dass wir


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 235

auch als Gesellschaft dafür Verantwortung übernehmen, dass junge Menschen ent­sprechende Informationen bekommen, die auf Fakten basieren und nicht auf Mythen. Es geht darum, dass man jungen Menschen in Sachen Sexualität Selbstvertrauen gibt, dass sie wissen, dass sie zum Beispiel unerwünschte sexuelle Kontakte mit Vehemenz zurückweisen können, wissend, dass das Kinder und Jugendliche nicht vor Missbrauch schützt, auch wenn sie eine noch so gute Sexualerziehung genossen haben, dass sie darauf bestehen können, dass Verhütungsmittel verwendet werden, dass sie auch darüber Bescheid wissen, welche Verhütungsmittel es gibt, wie diese wirken, wie man diese anwendet et cetera.

Wichtig ist, dass sich Jugendliche nicht unbedingt dem Druck aussetzen, vermeint­lichen sexuellen Idealen nachzujagen, die zum Teil sehr verfälscht und verfremdet über das Internet daherkommen und bei so manchen ganz, ganz, ganz große Erwartungen oder Druck erzeugen. Darum geht es überhaupt nicht. Aber natürlich geht es bei einer modernen Sexualerziehung vor allem darum, dass junge Menschen Spaß haben und eine angstfreie Sexualität erleben können.

Ich bin der Meinung, dass Sexualerziehung sowohl innerschulisch als auch außer­schulisch sehr wichtig ist, und so gut wie alle ExpertInnen sagen uns, dass es notwendig ist, das gerade auch in der Schule mit Fachleuten zu machen, die nicht Lehrer und Lehrerinnen sind, sondern die von extern kommen, weil nur da auch ge­währ­leistet ist, dass einigermaßen tabulos Fragen gestellt werden können, dass einigermaßen tabulos diskutiert werden kann.

Alle Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass es sinnvoll ist, wenn es die Möglichkeit gibt, dass man geschlechtsspezifisch trennt, wenn auch nicht unbedingt trennen muss. Aber wenn es den Wunsch dazu gibt, das eher innerhalb der Burschen oder innerhalb der Mädchen auszudiskutieren, dann ist es natürlich sinnvoll, das auch machen zu können, um wirklich tabulos Fragen stellen zu können – Fragen, die sich bei jungen Menschen vor allem um Schwangerschaft, Schwangerschaftsverhütung, Verhütung von sexuell übertragbaren Infektionen und Ähnliches drehen. Genauso wichtig wie der Zugang zur Information ist natürlich auch der erschwingliche und leistbare Zugang zu Verhütungsmitteln. Beides, die Information, aber auch der Zugang zu Verhütungsmitteln ist eines der sexuellen und reproduktiven Rechte von jungen Menschen.

Wir haben da – das wissen wir – noch einiges zu tun, vor allem auf dem Land, um all den jungen Menschen wirklich einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Ich freue mich sehr, dass es heute gelingen wird, einen Antrag dazu – im Ausschuss wurde er einstimmig beschlossen, ich gehe davon aus, dass es auch hier so sein wird – zu beschließen, weil ich glaube, dass das ein ganz wichtiger Beitrag dazu ist, dass Sexualerziehung Teil von ganz selbstverständlicher Allgemeinbildung wird. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

20.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.41.47

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zuerst einige Sätze zur Initiative des Kollegen Spadiut hinsichtlich Verbesserung der Schmerztherapien. Wie Sie wissen, war Österreich lange Nach­zügler, was eine adäquate Schmerztherapie betrifft. Man war zurückhaltend bei der Verabreichung von Opiaten aufgrund von unbegründeten und wissenschaftlich nicht haltbaren Ängsten, und so weiter und so fort.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 236

Es hat einen Abänderungsantrag gegeben, der die Stoßrichtung, würde ich sagen, leicht verwässert hat und etwas vage geblieben ist. Da würde ich Sie wirklich um Folgendes ersuchen: Ich habe vor wenigen Wochen einen Petitionsantrag oder ein Verlangen einer Selbsthilfegruppe zur Schmerztherapie im Parlament eingebracht. Ich weiß nicht, was mit ihm geschieht. Aber die Betroffenen berichten, zu über 50 Prozent mit der Schmerzbehandlung nicht zufrieden zu sein und durch die Therapie keine aus­reichend langen schmerzfreien Zeiten erzielt zu haben. Viele sagen, sie sind monate­lang auf der Suche nach geeigneten Fachleuten, die sie verstehen und ihnen neue Möglichkeiten eröffnen. Ich glaube, hier sollte man in der Ausbildung von Gesund­heits­berufen, in der Ausbildung von ÄrztInnen, in der Bereitstellung ausreichender Kompe­tenz­zentren oder zumindest Konsiliardienste etwas weiterbringen und das sehr konkret machen.

Weiters habe ich mich bemüht, Sie und Ihre Gesundheitsreform zu verteidigen. Ich habe nicht nur Lob bekommen, nachdem wir Grüne der Gesundheitsreform zuge­stimmt haben. Ein wesentlicher Punkt war da die Stärkung des niedergelassenen Bereiches. Es gibt Hausärztemodelle von einer Gruppe in der Ärztekammer, von Hausärzten ausgearbeitet, die ich im Wesentlichen für verfolgenswert und gut halte. Aber meine Hoffnung, dass in der Zielsteuerung die Dinge jetzt wirklich beim Namen genannt werden, in einem Stufenplan terminisiert werden und so konkret sind, wie ich es glaubte, ist nicht, sage ich einmal ausgesprochen diplomatisch, zu 100 Prozent eingetroffen.

Ich kenne noch keine Ärzteausbildungsordnung oder keine Novelle dazu für Allge­meinmedizinerInnen und FachärztInnen. Man weiß nur, dass es länger dauern soll. Da kommt Kritik von verschiedenen Gruppen, teilweise auch von JungärztInnen, die ich nicht teile. Da stehe ich auf Ihrer Seite. In der jetzigen Ausbildung zur Allgemein­medizin waren ganz essenzielle Fächer überhaupt nicht vorhanden und manche nur so kurz, dass man keine wirklichen Kompetenzen erwerben kann. Also das begrüße ich.

Was den Facharzt betrifft, ist es hin- und hergegangen. Ich wäre dafür gewesen. Über Lehrpraxen besteht noch immer keine Einigkeit, wer dies finanzieren soll. Ich frage mich, wie ein niedergelassener Bereich gestärkt werden soll, wenn er dafür noch nicht gerüstet ist. Das geht nicht. Das heißt, solange das nicht geht, wird es auch keine Spitalsreform geben. Da bitte ich Sie einfach, noch konkreter zu drängen und zu schauen, dass die Länder, ich sage es einmal, ungeprüft bei der Stange bleiben und ihre Versprechen und ihre Unterschriften so halten, wie Sie es sich und wir es uns erwarten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Rasinger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.45.41

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Am Anfang ein Dank an den Herrn Minister, der immer mein Gegenüber war, manchmal relativ zäh, manchmal stur, aber eigentlich war das Arbeitsverhältnis von sehr viel Respekt und oft auch von Konsens und Ergeb­nissen getragen.

Ich wünsche mir manchmal, dass Sie mehr ein Turm in der Brandung wären, wobei die Brandung die gesunden Manager sind, die glauben, alles ist überflüssig. Das verfolgt mich seit 25 Jahren. Vielleicht verfolgt es dich ein paar Jahre weniger, und vielleicht wirst du noch der große Turm in der Brandung. Ich bin da Baumeister und werde ein paar Bausteine drauflegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 237

Großer Dank geht an den Abgeordneten Grünewald. Ich höre, du wirst nicht mehr kandidieren. (Abg. Dr. Grünewald: Ich bin noch da!) Deine Expertise wird uns fehlen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sondersitzungen warten noch!) Kollege Grünewald, dass du dich manchmal an mir gerieben hast, das ehrt mich fast, denn wenn sich ein Universitätsprofessor an einem Praktiker reibt, dann ist dies schon eine Erwähnung wert. Danke dir für deinen vielen Input. (Allgemeiner Beifall.)

Aber jetzt zur Sache selbst: Entscheidend dafür, ob eine Gesundheitsreform erfolgreich ist, ich habe schon mehrere Gesundheitsreformen erlebt, ist nicht die Dicke des Papiers und nicht die Zahl der Paragraphen, sondern ob die Versorgung gut, wenn nicht sogar besser wird. Wir verteidigen Platz eins bis drei in der Welt, ich würde sagen, eher drei. Wir sind bei den Kosten auf Platz acht bis neun, also so schlecht liegen wir nicht. Wir sollten auch aufhören mit dem Unsinn, dass das alles ineffizient ist. Das entbehrt jeder Grundlage. Aber entscheidend ist, dass die Primärversorgung klappt, und das sind einmal die Hausärzte. Sie werden es mir nicht glauben, ich bin ein Hausarzt, und ich mache das seit 30 Jahren. Also ich glaube, ich weiß, wovon ich rede.

Zu meiner Überraschung hat der Hauptverband eine Studie gemacht, aus der hervor­geht, dass 93 Prozent der Österreicher es toll finden, dass es Hausärzte gibt. Aber Spaß beiseite, es ist fünf vor zwölf, uns rennen die Hausärzte davon. Uns rennen die Ärzte nach Deutschland und in andere Länder, etwa England, davon. Und wenn wir nicht bald aufwachen, dann werden wir keine haben, so wie das in Deutschland der Fall ist, etwa in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, wo man den Uni-Studenten bereits Geld dafür gibt, dass sie das überhaupt machen.

Warum wird es keine Hausärzte geben? Der Grund ist nicht, weil ich das ins Regierungsprogramm hineingeschrieben habe und der Herr Minister dies leider nicht durchgeführt hat, nämlich ein Hausarztmodell, wir haben da fünf Jahre verloren, sondern – erstens – in den Spitälern fühlen sich die jungen Ärzte nicht ausgebildet, Stichwort Spritzenschani. Zweitens: Das, was jetzt an Vorschlägen daliegt, ist unaus­gegoren, denn die Universität macht ein praktisches Jahr völlig unabgestimmt mit Ihnen. Sie machen wieder einen Common Trunk. Kein Mensch weiß, ob man da überhaupt Leute und Spitäler finden wird, die die Ausbildung machen.

Draußen gib es minus 40 Prozent Einkommen gegenüber dem Facharzt, jede Menge neue Bürokratie. Ich sage nur, in dem sogenannten Gesundheitsreformpapier wimmelt es ja wieder vor Diagnose und irgendwelchen Kodierungen. Da wünsche ich Ihnen viel Glück, dass Sie das ohne Bürokratie auf die Beine kriegen. Fakt ist, wir haben immer mehr auch den Einfluss der Ökonomie. Es gibt durchaus einflussreiche Kassen­funktionäre, die ein Bonus-Malus-System für Folgekosten fordern.

Ich sage Ihnen eines, das ist die Ethik pur, die da zu Grabe getragen wird, denn wenn ich die zehn teuersten Patienten von mir, Leukämiepatienten, Hepatitis C et cetera, rausschmeiße, dann schaffe ich 30 Prozent weniger.

Oder anders gesagt – wie es Gebietskrankenkassendirektor Pazourek gesagt hat –: 5 Prozent der Patienten verursachen – ein böses Wort – 50 Prozent der Kosten.

Letzter Punkt: Lehrpraxis. Wir sind nicht einmal imstande, seit 20 Jahren, den Gegen­wert eines halben Autobahnkilometers, nämlich 15 Millionen €, aufzubringen. – Es ist zum Fremdschämen!

Ich komme schon zum Schluss: Ich bin seit 30 Jahren Hausarzt, ich mache das sehr gerne. Ich sehe aber mit Schrecken, dass in ganz Europa die Hausärzte ausgehen, und in Österreich werden uns auch bald die Hausärzte ausgehen. Da man sehr lange braucht, um einen Hausarzt auszubilden, ist es, wie ich glaube, nicht nur fünf vor zwölf, sondern eins vor zwölf – und das sollten wir alle bedenken. Ich werde mit Sicherheit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 238

keine Ruhe geben und Stein für Stein auf den Turm in der Brandung legen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Wurm.)

20.50


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Spadiut. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.50.51

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! 1,7 Millionen Österreicher und Österreicherinnen sind chronische Schmerz­patienten. Die gesundheitliche Versorgung dieser Personengruppe ist unbefriedigend: Es fehlt an Behandlungsmöglichkeiten, es dauert oft jahrelang, bis eine entsprechende Diagnose gestellt werden kann.

Abgesehen von der psychischen und physischen Belastung dieser bedauernswerten Personen ist der volkswirtschaftliche Schaden beträchtlich. Rund ein Drittel ist arbeits­unfähig, 21 Prozent befinden sich in Frühpension. Der dadurch entstandene oder entstehende Schaden wird mit 3 Milliarden € angegeben. Deshalb ist es höchst an der Zeit, diese unbefriedigende Situation zu verbessern, etwa durch Einführung eines flächendeckenden Angebots an interdisziplinären Schmerzambulanzen.

Da viele Verbesserungen notwendig sind, bin ich froh, dass heute einem Abän­derungsantrag von BZÖ, ÖVP und SPÖ zu meinem Antrag zugestimmt wird, in dem der Oberste Sanitätsrat und die Fachgesellschaften aufgefordert werden, eine Bun­desqualitätsleitlinie für die Verbesserung der Versorgung von Schmerzpatienten in Österreich zu entwickeln. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Schmerzen der besonderen Art müssen zurzeit viele Steirerinnen und Steirer ertragen. Seit Montag herrscht in der Steiermark ein vertragsloser Zustand zwischen Gebietskrankenkasse und Rotem Kreuz, aber nicht weil sich die Gebietskrankenkasse bei den Verhandlungen nicht rührt; ganz im Gegenteil: Die Gebietskrankenkasse ist nicht verhandlungsbereit.

Seit 1999 ist der Tarif bis auf eine einmalige Anpassung um 3,5 Prozent gleichge­blieben. In diesem Zeitraum stiegen der Verbraucherpreisindex um 31,24 Prozent, der Transportkostenindex um 66,03 Prozent und der Diesel um sagenhafte 125,28 Pro­zent. Um kostendeckend arbeiten zu können, verlangt das Rote Kreuz eine Tarifanpas­sung von 19,5 Prozent, das sind pro vergangenem Jahr 1,5 Prozent. Die Gebiets­kranken­kasse bietet für 13 Jahre 4 Prozent an. Das ist indiskutabel, wo es doch für die Gebietskrankenkasse ein Leichtes wäre, auf die Forderungen des Roten Kreuzes einzugehen. (Beifall beim BZÖ.)

Zum einen hatte die Gebietskrankenkasse im letzten Jahr einen Gewinn von 150 Mil­lionen €; zum anderen muss jeder, der mit der Rettung transportiert wird, den Selbstbehalt einer doppelten Rezeptgebühr bezahlen. In meinem Fall verrechnet das Rote Kreuz für einen Transport von Knittelfeld nach Judenburg und zurück 22,75 €; davon werden 2,35 € von der Krankenkasse bezahlt, und 20,40 € muss der Trans­portierte selbst bezahlen.

Auch werden die Beiträge der Versicherten von der steirischen Gebietskrankenkasse dauernd erhöht. So wurde zum Beispiel die Rezeptgebühr in den letzten 13 Jahren um satte 65,63 Prozent angehoben, was wiederum den Selbstbehalt beim Transport erhöht. Die Versicherten können zwar ihre Kosten zurückfordern, das Beispiel eines Dialysepatienten, der im Monat 1 500 € vorstrecken muss, zeigt aber, dass das eine Summe ist, die sich wohl niemand leisten kann.

Da mit der Gebietskrankenkasse keine Einigung herbeigeführt werden kann, liegt es wohl primär am Landeshauptmann als Referent für die Einsatzorganisationen, eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 239

Lösung herbeizuführen. Seine Aussage, er werde sich in den Streit weder einmischen, noch als Zahler einspringen, ist letztklassig und unverantwortlich. Bei der Gesund­heitsreform hat er sich sehr wohl eingebracht und diese sehr massiv beeinflusst. Es wäre aber leicht für ihn, sich um eine Lösung zu bemühen, hat er doch zum einen Aufsichtsräte in der Gebietskrankenkasse; zum anderen könnte er auf seine Partei­kollegen in der Gebietskrankenkasse einwirken.

Die Situation ist für uns Steirer auf alle Fälle unzumutbar. Da unser Landeshauptmann zu schwach ist und wegen der Gemeindezusammenlegungen für andere Probleme keine Zeit hat und weil die Gebietskrankenkasse aus Sturheit nicht von ihrer Position abrücken will, liegt es nun am Gesundheitsminister, seine Aufsichtspflicht über das Sozialversicherungswesen wahrzunehmen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Sicherstellung des Rettungswesens für Versicherte der steirischen Gebietskrankenkasse

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, im Rahmen der Aufsichtspflicht über das Sozialversicherungswesen dafür zu sorgen, dass das Rettungswesen in der Steiermark für Versicherte der steirischen Gebietskrankenkasse sichergestellt wird.

*****

(Beifall beim BZÖ.)

Herr Minister, bitte werden Sie tätig, damit das Rote Kreuz in der Steiermark kosten­deckend arbeiten kann, und schaffen Sie für alle Steirer und Steirerinnen eine beruhi­gende Rettungssituation! (Beifall beim BZÖ.)

20.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Sicherstellung des Rettungswesens für Versicherte der steirischen Gebietskrankenkasse

eingebracht in der Debatte zu TOP 16 Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2327/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Situation der chronischen Schmerzpatienten in Österreich (2561 d.B.) der 213. Sitzung des Nationalrats am 3. Juli 2013

Seit Montag, dem 1. Juli 2013 herrscht ein vertragsloser Zustand zwischen dem steirischen Roten Kreuz und der steirischen Gebietskrankenkasse. Dieser machte sich bislang vor allem bei den planbaren Transporten bemerkbar, die laut Auskunft der Landesleitstelle um rund ein Drittel zurückgegangen sind.

Für die Patienten bedeutet der vertragslose Zustand in der Praxis ein ähnliches Pro­zedere wie bei der Wahlarztverrechnung, wie Rotes Kreuz und GKK informierten: Ein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 240

Rettungs- bzw. Krankentransport wird binnen 14 Tagen in Rechnung gestellt, diese muss dann bei der GKK eingereicht werden. Eine volle Vergütung gibt es nicht: Zusätzlich zum schon bisher üblichen Selbstbehalt in der Höhe der doppelten Rezept­gebühr (10,60 Euro) bleibt nun ein Servicepauschale, also die nicht gedeckten Mehr­kosten seitens des Roten Kreuzes, das sind zwölf Euro ohne und 19 Euro mit Sanitäter, beim Patienten.

Diese Situation ist für Versicherte der steirischen Gebietskrankenkasse unbefriedigend, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Pensionsversicherungsanstalt mit dem Rote Kreuz einen neuen Vertrag abgeschlossen hat.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, sich im Rahmen der Aufsichts­pflicht über das Sozialversicherungswesen dafür zu sorgen, dass das Rettungswesen in der Steiermark für Versicherte der steirischen Gebietskrankenkasse sichergestellt wird.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.56.52

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollegin Belakowitsch-Jenewein, erlauben Sie mir, auf Ihren Antrag mit der Forderung auf Erweiterung des Personenkreises Contergan-geschädigter Menschen auf die Geburtsjahrgänge 1954/55 einzugehen. In diesem Zusammenhang möchte ich schon auch auf die geltende deutsche Rechtslage hinweisen, denn gemäß den Bestim­mungen des deutschen Conterganstiftungsgesetzes – das wissen wir ja, weil wir es schon mehrmals hier im Hohen Haus diskutiert haben – fallen in diese Stiftung auch jene Menschen, die nicht in Deutschland wohnen, sprich: auch Österreicherinnen und Österreicher. Diese bekommen bei nachweislichen Schäden, welche durch die Einnahme dieser Medikamente hervorgerufen oder verursacht wurden, monatliche Rentenzahlungen.

Wir alle wissen – da brauchen wir uns nichts vorzumachen – um die Problematik dieses Medikaments, das vor mehr als 54 Jahren auf den Markt gekommen, damals aber als unbedenklich eingestuft worden ist. Gerade Bundesminister Stöger hat in seiner Amtszeit massiv versucht, dass alle betroffenen Österreicherinnen und Öster­reicher Entschädigungsleistungen erhalten. Ich traue mich sogar, zu behaupten, dass es ihm allein zu verdanken ist, dass die ursprüngliche Antragsfrist aufgehoben wurde und nun auch neuere Fälle davon erfasst werden. Darüber hinaus hat sich die Situation für die Contergan-geschädigten Menschen im Rahmen der deutschen Stiftung insofern nochmals wesentlich verbessert, als mit 1. August des heurigen Jahres abermals wesentliche Erhöhungen der monatlichen Renten erfolgen.

Zusätzlich wurde seitens des Bundesministeriums auch noch ein jährlicher Betrag von 30 Millionen € zur Deckung spezifischer Bedürfnisse der Betroffenen im Einzelfall zur Verfügung gestellt. Voraussetzung – und das muss man schon sagen – für allfällige Leistungen ist jedoch, dass gesundheitliche Schäden nachweislich durch die Einnah-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 241

me des Medikaments entstanden sind. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn jetzt im vorliegenden Antrag gefordert wird, den betroffenen Personenkreis auf die Jahrgänge 1954 und 1955 auszuweiten, dann muss schon erwähnt werden, dass wir diesem Ansinnen deswegen nicht nähertreten können, weil es allein aus dem Umstand heraus, dass nach den vorliegenden Informationen der in Contergan enthal­tende Wirkstoff Thalidomid in Österreich unter dem Namen Softenon erstmals am 12. November 1958 zugelassen wurde, unmöglich erscheint, dass diese Geburtsjahr­gänge dadurch gesundheitliche Schäden erlitten haben können. (Beifall bei der SPÖ.)

20.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Schenk gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


20.59.40

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Debatte haben wir zehn Tagesord­nungspunkte zusammengefasst – ein sehr umfangreiches Programm –, vier davon werden als Sechs-Parteien-Beschlüsse einstimmig beschlossen werden; das ist positiv.

Die vorhergehende Diskussion – und auch die Tagesordnung – zeigt aber, dass es im Gesundheitsbereich vieles gibt, das zu kritisieren ist, vor allem bezüglich Hausärzte. Es wurde heute schon angesprochen, auch ein amtierender Hausarzt oder ein sich im Beruf befindender Hausarzt, Kollege Rasinger, hat darüber gesprochen: Es geht eben um die Aufwertung der Hausärzte.

Herr Minister, Ihre Nicht-Gesundheitsreform 2013 hat nicht zu einer Aufwertung der Hausärzte geführt. Das ist uns ein sehr großes Anliegen, ein sehr wichtiges Anliegen, weil es insbesondere die Sicherstellung der Versorgung im ländlichen Raum beinhaltet.

Die Rahmenbedingungen für die Hausärzte sind nicht entsprechend gegeben, der Beruf ist nicht mehr attraktiv genug. Es sind keine attraktiven Rahmenbedingungen vorhanden, und ein Grund dafür sind meines Erachtens auch die Schutzzonen um die öffentlichen Apotheken, denn dadurch haben Hausärzte oft einen Gehaltsverlust oder Gehaltseinbußen bis zu 30 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist ein großer Bestandteil des Einkommens, und da muss etwas getan werden.

Diese Regelung muss meines Erachtens zurückgenommen werden, und deshalb ist der Aufschrei des Hausärzteverbandes auch nachvollziehbar und unterstützenswert, wo es um Erste Hilfe für den Hausarzt geht. Da wurden zehn Forderungen aufgestellt – zehnmal A wie Aufwertung. Diese Punkte sind auch ident mit unseren Forderungen und durchaus unterstützenswert. Mitte Juni hat es ja eine Podiumsdiskussion mit den Oppositionsparteien gegeben, wo auch Einigkeit bestanden hat, was die Hausärzte und die Aufwertung der Hausärzte betrifft.

Zum Gesundheitssystem generell muss man sagen: Es ist eines der wichtigsten Fun­da­mente in unserem Land, doch es ist reformbedürftig. Die von Ihnen durchgeführte Reform war unseres Erachtens keine Reform. Es muss vor allem im Verwaltungs­bereich, in den Verwaltungsebenen abgebaut werden, weil es regelrecht überverwaltet ist, das sagen auch alle Experten. Ich möchte jetzt nicht wieder den Rechnungshof zitieren, der das schon oft genug festgestellt hat; auch andere Gesundheitsexperten haben das festgestellt. Das Geld, das in der überbordenden Verwaltung verschwendet wird, fehlt dann beim Bürger, fehlt dort, wo es wirklich hingehört.

Was aufgrund von Streitereien passiert – das hat Kollege Spadiut vorhin schon ange­sprochen –, was in der Steiermark passiert, dass die Patienten jetzt selbst für die


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Krankentransporte bezahlen müssen, das ist auch ein Zustand, der in einem Land wie Österreich untragbar ist. Wir werden dem Antrag des Kollegen Spadiut zustimmen und hoffen, dass wir hier auch die Zustimmung der anderen Fraktionen finden. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

21.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Bundesminister Stöger zu Wort. – Bitte.

 


21.02.55

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben hier eine Reihe von Tages­ordnungspunkten: Wir verbessern die Arzneimittelsicherheit in Österreich. Wir stellen sicher, dass die AGES ein Referenzzentrum für die technische Qualitätssicherung bei ionisierenden Strahlen sein kann, stellen sicher, dass das Mammographie-Screening in Österreich umgesetzt werden kann.

Wir haben das Gehaltskassengesetz modernisiert und erneuert; das sichert insbeson­dere der Berufsgruppe der angestellten Apothekerinnen – es sind meistens Frauen – und Apotheker ihre Rolle und die Finanzierung ihres Gehaltes. Ich denke, das sind wieder Beiträge dazu, dass der Gesundheitsbereich weiterentwickelt wird.

Gestatten Sie mir, kurz auf ein paar Anfragen einzugehen, und da erlaube ich mir ein paar Richtigstellungen. Herr Abgeordneter Spadiut, es ist mir ganz wichtig, dass wir die Schmerztherapie verbessern, das ist richtig. Zum Thema Steirisches Rotes Kreuz muss ich leider richtigstellen, dass nicht die Gebietskrankenkasse die Verträge aufge­kündigt hat; leider war es das Steirische Rote Kreuz, und ich kann aus meiner Sicht nur dazu auffordern, dass man sich dort sehr, sehr klar für die Versorgung der Patientinnen und Patienten einsetzt.

Es ist wichtig, dass Patientinnen und Patienten die Chance haben, transportiert zu werden. Ich sage aber auch eines dazu: Der österreichische Rechnungshof, ein Instru­ment dieses Hauses, hat kritisiert, dass die steirische Gebietskrankenkasse zu hohe Beiträge an das Rote Kreuz gezahlt hat. Also da muss man sich überlegen, was man will, wenn Ihre Institution Rechnungshof das kritisiert. Mir ist es wichtig, dass die Men­schen versorgt werden, und ich möchte schon auch richtigstellen, dass einige Rettungsdienste in der Steiermark das Angebot, das hohe Angebot, nämlich 10 Pro­zent Steigerungen, der steirischen Gebietskrankenkasse angenommen haben. Dass das Rote Kreuz das nicht getan hat, kann ich nicht nachvollziehen. Im Übrigen liegen die Ergebnisse der steirischen Gebietskrankenkasse nicht bei 125 Millionen €, sondern bei 39,9 Millionen €.

Was man hier auch richtigstellen sollte: Kein Landeshauptmann stellt Aufsichtsräte in einer Gebietskrankenkasse, sondern die Gebietskrankenkasse wird von der Selbst­verwaltung bestellt.

Aus meiner Sicht zum Hausarztmodell noch eine Anmerkung: Wir haben einen größeren Blick, nämlich nicht ein Hausarztmodell; beim Hausarztmodell ist immer der Hausarzt im Mittelpunkt. Mir ist es wichtig, dass Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt stehen, es geht mir um Primärversorgung. Die Gesundheitsreform stärkt diese Primärversorgung, sie stärkt damit auch die Rolle der Hausärzte, und ich kann Ihnen versichern: Wir werden diese Primärversorgung mit der Gesundheitsreform weiter­entwickeln und im Interesse der Patienten stärken. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer. – Abg. Dr. Jarolim: Hat der Kollege Rasinger schon einmal jemanden primärversorgt? – Zwischenruf bei der ÖVP.)

21.06



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 243

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


21.06.41

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich beziehe mich in meinem Redebeitrag auf den Tagesordnungspunkt 24, den Tagesordnungspunkt betreffend Rauchen. Ich denke mir, es gibt wahrscheinlich relativ wenige Themen, die so kontrovers diskutiert werden wie das Rauchen – nicht so sehr was sozusagen den Inhalt selber angeht, denn ich glaube, da hat sich auch in der Bevölkerung ein sehr großes Umdenken eingestellt. Es wird wahrscheinlich relativ wenige Menschen geben, die sagen, Rauchen mache nichts und Rauchen sei gesund.

Es geht eher um die Maßnahmen, die ergriffen werden, und da befinden wir uns ja immer in einem Spannungsfeld zwischen Regulierung auf der einen Seite und Freiheit auf der anderen Seite. Ich persönlich bin ein großer Anhänger von möglichst viel Freiheit, das heißt, ich möchte Menschen auch die Gelegenheit geben, einen Fehler zu machen, wenn er keine Auswirkungen auf andere hat. Das gilt natürlich nur für Erwachsene, nicht für Kinder und Jugendliche; da darf es in Wirklichkeit null Toleranz geben.

Den vorliegenden Allparteienantrag, in dem es darum geht, die Länder aufzufordern, gemeinsam mit dem Bund zu schauen, was man alles tun kann, um Kinder und Jugendliche vom Rauchen abzuhalten, halte ich für sehr zielführend. Ich kann nur aus meinem Bundesland, Oberösterreich, berichten: Wir haben ein Institut für Gesund­heitsplanung, das bestimmte Gesundheitsziele festgelegt hat. Ein ganz wesentliches Ziel ist Suchtprävention, und das ist auch dringend notwendig. In Oberösterreich beispielsweise sind 37 Prozent der Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren Raucher, das heißt, sie rauchen regelmäßig. Da ist viel zu tun. Das heißt, man hat mit Sicherheit in den Ländern gute Kooperationspartner.

Ein paar Worte vielleicht noch zu TOP 17, zur Änderung des Gehaltskassengesetzes: Die Pharmazeutische Gehaltskasse ist ja sozusagen das Sozial- und Wirtschaftsinstitut der österreichischen Apothekerinnen und Apotheker, und ich halte es für ein sehr interessantes Besoldungssystem, weil es auch dafür sorgt, dass ältere und teurere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht diskriminiert werden.

Die vorliegende Gesetzesnovelle ist sicherlich in Ordnung. Sie beinhaltet hauptsächlich Anpassungen an EU-rechtliche Veränderungen. Sie sieht die Erlassung einer Geschäfts­ordnung vor und dient der Klarstellung der Kompetenzen der einzelnen Organe der Gehaltskasse. Zusätzlich wird die finanzielle Gebarung der Gehaltskasse transparent gestaltet, und das ist auch ein Punkt, bei dem die Berufsgruppe zufrieden ist – und ich bin froh, dass wir auch einen Punkt haben, wo die Berufsgruppe zufrieden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

21.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


21.09.16

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Situation für Menschen mit chronischen Schmerzen ist in Österreich nicht zufriedenstellend, da bedarf es dringend einer Verbesserung.

Man muss sich vor Augen führen, dass in Österreich zirka 1,7 Millionen Menschen an chronischen Schmerzen leiden. Ein großes Problem ist auch, dass es keine flächen-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 244

deckende Versorgung, vor allem im ländlichen Raum, gibt, obwohl da auch schon Verbesserungen, was die Versorgung betrifft, eingetreten sind.

Man muss bedenken, was Menschen mit chronischen Beschwerden, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf sich nehmen müssen, bis ihr Leiden, ihre Schmer­zen erst einmal in einer Diagnose festgestellt werden, um überhaupt behandelt werden zu können.

Man sollte auch nicht vergessen, dass chronische Schmerzen häufige Ursachen für Frühpensionen, Krankenstände, Berufsunfähigkeiten und vieles mehr sind, und das wollen wir alle nicht. – Es muss daher weiter ausgebaut werden, damit diesen Men­schen geholfen wird.

Eines, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann ich nicht verstehen: Es gibt in Deutschland Medikamente für Menschen mit chronischen Schmerzen, die in Österreich nicht zugelassen sind – wo doch immer wieder behauptet wird, Österreich hat eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

21.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


21.10.46

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben in Österreich die Situation, dass die Mitglieder der gewerb­lichen Sozialversicherung bei ihren Arztbesuchen beziehungsweise bei Inanspruch­nahme der Krankenkasse einen Selbstbehalt zu bezahlen haben, und das in der Höhe von 20 Prozent. – 20 Prozent, meine Damen und Herren, ist sehr viel Geld, sehr viel Geld insbesondere für umsatzschwächere Ein-Personen-Unternehmungen und Kleinst­unternehmungen – und deren haben wir viele, wie wir aus einer aktuellen Anfrage­beantwortung des Herrn Ministers wissen. Das ist für uns eine unhaltbare Situation, und daher haben wir den Antrag gestellt, diesen Selbstbehalt abzuschaffen, und das zu Recht. Wir halten ihn für unfair, für ungerecht und natürlich auch für kurzsichtig.

Wie war die Diskussion beziehungsweise die Situation im Gesundheitsausschuss, als die Debatte zu diesem Thema gelaufen ist? – Das eine ist, dass die SPÖ sich in Sonntagreden übt. Sie sagen immer, das gehört abgeschafft – Herr Bundesminister, Sie sind federführend beim Thema Abschaffung von Selbstbehalten, genauso wie Herr Staatsekretär Schieder, der sagt, für die EPUs muss das abgeschafft werden –, aber die Unterstützung lassen Sie dann vermissen. Das ist ein schwerer Fehler!

Die ÖVP ist bei diesem Thema ohnehin generell auf dem Holzweg. Dort behaupte man, das sei nicht leistbar, und das ist ein Unsinn, denn wie wir aus gesundheits­ökonomischen Studien wissen, verursachen diese hohen Selbstbehalte, dass die Menschen viel später eine Behandlung in Anspruch nehmen, die Kosten viel höher werden und dass auch vorsorgemedizinische Angebote nicht oder viel, viel später in Anspruch genommen werden, was langfristig wesentlich höhere Kosten verursacht.

Es gibt also viele Punkte, die dafür sprechen, diese Selbstbehalte selbstverständlich abzuschaffen.

Es ist nicht aller Tage Abend, auch heute nicht. Wir werden das strikt verfolgen, um die Situation für die Ein-Personen-Unternehmungen und für die Kleinstunternehmungen gerechter, fairer und sicherer zu machen. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 245

21.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


21.13.14

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Jeder Mensch will gesund und beschwerdefrei älter werden. Wir alle wissen, dass aufgrund der demografischen Entwicklung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Menschen das Glück haben, älter zu werden, und dazu gehört eben, das möglichst gesund und beschwerdefrei zu tun.

Daher hat aus meiner Sicht die Politik auch alles zu tun, damit das möglich ist, und daher haben wir unter dem Tagesordnungspunkt 18 einen Antrag eingebracht, der sich mit der Einführung eines Gesundheitsbonus befasst. Das ist ein Gesundheitsbonus, der genau diesen Weg beschreitet, dass wir mehr Geld in die Prävention investieren müssen, denn 1 € in der Prävention erspart, wie der Rechnungshof errechnet hat, 3 € an Behandlungskosten. Das ist also eine auch ökonomisch richtige Rechnung.

Darüber hinaus würde man mit der verstärkten Prävention in Form eines Gesundheits­bonus jedem Einzelnen verstärkt das Gefühl geben, dass er für seine Gesundheit letztendlich selbst verantwortlich ist und man dafür auch aktiv etwas tun und machen kann.

Wir schlagen diesbezüglich vor, dass mit dem Arzt Gesundheitsziele vereinbart wer­den, und jeder, der diese Gesundheitsziele erfolgreich erreicht, soll einen entsprechen­den Betrag – wir stellen uns 25 € pro Monat vor – auf seinen Dienstnehmerbeitrag der Krankenversicherung gutgeschrieben bekommen. Aber auch Betriebe, Firmen, die ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, sollen bei diesen Vorsorgeuntersuchungen und bei diesen Gesundheitszielen eine Reduktion der Dienstgeberbeiträge im Ausmaß von 1 Prozent der Krankenversicherungssumme bekommen beziehungsweise lukrieren können.

Dass das keine Hirngespinste sind, dass das funktionieren kann, zeigt zum Beispiel die SVA. Ich habe hier einen Pressedienst von Montag, dem 17. Juni 2013, mit dem Titel „Prävention in der SVA ist eine Erfolgsgeschichte (...) ,Wer sich für die eigene Gesundheit engagiert, soll belohnt werden‘“. – Also auch hier gibt es schon eine Art Gesundheitsbonus, um die Ziele zu erreichen.

Die SVA hat Selbstbehalte. Dort reduziert man also den Selbstbehalt und erreicht auch so, dass nicht nur offiziell mehr in die Prävention investiert wird, sondern dass auch jeder Einzelne das spürt und sieht.

Daher würde ich mich freuen, wenn dieser Antrag einer wäre, der zukunftsorientiert im Gesundheitssystem verankert werden könnte, denn Sie, Herr Bundesminister, sagen immer, dass Ihnen Prävention sehr, sehr wichtig ist, dass Ihnen das ein Anliegen ist.

Ich denke, wenn man diesen Schritt macht, wenn man also hier wirklich einmal etwas konkret und nicht nur allgemeine Absichtserklärungen macht, dann wären wir dem einen großen Schritt näher, dass gesund zu bleiben allemal billiger ist als gesund zu werden. Und das wäre auch für die finanzielle Sicherung der Krankenkassen, der „Gesundenkassen“ in Zukunft sehr, sehr wichtig. (Beifall beim BZÖ.)

21.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


21.17.08

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Ich werde mich mit dem Antrag betreffend die Contergan­geschädigten auseinandersetzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 246

Frau Berlakovich-Jenewein, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie meinen Antrag noch einmal einbringen, denn das ist ja augenscheinlich genau 1 : 1 der Antrag mit der Nummer 1842/A(E) betreffend die Ausweitung des Personenkreises, den ich am 29. Feber 2012 eingebracht habe. Der einzige Unterschied ist, dass ich detailliert aufgegliedert habe, was es dann betrifft. (Abg. Dr. Jarolim: Wo ist Ihr Antrag jetzt?) – Danke für Ihren Zwischenruf, denn er ist ein Zeichen dafür, wie sozial die Sozial­demo­kratie ist.

Jetzt werde ich Ihnen etwas sagen – das ist eine ganz tolle Geschichte –: Wir haben das mit dem Minister damals, das stimmt, 2012, ausführlich diskutiert. Wir haben eine Expertise von einem gewissen Herrn gebracht – und darin hatte ich klipp und klar Maßnahmen –, der 1954 geboren wurde.

Nun haben wir gerade vorhin gehört, das kann ja gar nicht sein, denn Contergan ist erst 1958 zugelassen worden.

1946 wurde die Firma Grünenthal ins Handelsregister eingetragen. 1954 haben die Versuche gestartet, aber – stellen Sie sich das vor! – ab 1954 gab es erste Geburten von mutmaßlichen Conterganopfern in Chile, Österreich und den USA. – 1954!

Gerade vorhin haben wir gehört, das kann ja gar nicht sein, denn das ist ja erst 1958 passiert. – Da geht es wirklich um Solidarität! Da geht es nicht um viele Fälle, da geht es um zwei, drei, vier, fünf Fälle, Herr Minister. Und Sie kennen den Fall ganz ein­deutig!

Was mich damals so gestört hat, war, dass der Herr Ihnen wirklich viele Unterlagen gebracht hat – wir haben alles gestapelt, wir haben es an Sie weitergeleitet –, und dann hat es geheißen: Na ja, ist ja kein Problem! Jeder – wir haben das gerade vorhin gehört –, der sich meldet, bekommt eine Entschädigung. – Er wurde nicht einmal geladen, weil es geheißen hat: Sie sind zu früh geboren, das kann gar nicht sein! – Also wir finden, dass hier einiges schiefläuft, Herr Minister.

Natürlich werden wir den Antrag unterstützen, auch wenn er eine reine Kopie ist, weil wir finden, dass es doch Menschen gibt, die jetzt in das Alter kommen, in dem sie einfach beeinträchtigt sind und in ihrem Leben jetzt noch einmal große Schwierigkeiten haben – einfach, weil Sie beeinträchtigt sind, wenn sie nur eine Hand haben oder verkürzte Füße, und die Wohnung oder was auch immer umbauen müssen. Das kostet extrem viel Geld. Und deshalb würde ich Sie, Herr Minister, bitten, dass Sie sich das noch einmal genau anschauen und sich vielleicht doch überlegen, den Personenkreis wirklich auszuweiten. – Vielen Dank. (Beifall der Abg. Schenk. – Zwischenruf des Abg. Hornek.)

21.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


21.19.49

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! In den vorliegenden zehn Anträgen stecken viele Ideen, die man grundsätzlich unter­stützen kann. Leider waren die Mitglieder der Regierungsparteien zu wenig gesprächs­bereit, um konkrete Lösungsansätze gemeinsam zu erzielen.

Die beiden Regierungsvorlagen zum Arzneimittelgesetz und Gehaltskassengesetz basieren natürlich auf Vorschlägen der Regierung und werden von der Opposition angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 247

Der Vorschlag des BZÖ betreffend Verbesserung der Situation der chronischen Schmerzpatienten in Österreich wurde Gott sei Dank angenommen und wird eine Verbesserung bringen.

Die Anregungen des BZÖ und der Grünen betreffend Prävention wurden abgelehnt, wobei man hier über die Art der Prävention diskutieren kann – also ob man jetzt den Gesundheits-Hunderter oder etwas Ähnliches einführt, ob man einen Bonus ausschüttet oder was auch immer. Den BZÖ-Antrag in der Form hätten wir auch nicht unterstützt (Abg. Scheibner: Na geh!), aber man kann ja einmal grundsätzlich darüber diskutieren, wie man es macht, und ihn nicht einfach nur ablehnen. Man könnte ja auch ein gemeinsame Lösung suchen, die dann für alle zufriedenstellend ist.

Weiters gibt es Abänderungsanträge der Regierungsparteien zu den Anträgen betref­fend Tabak und Kondome, wo ich sage, der ursprüngliche Antrag ist derart verwässert, dass man ihn gar nicht mehr erkennen kann. No na net stimmen dann alle zu – es wird hier dann eine einhellige Meinung geben –, aber ich sehe den Sinn des Ganzen nicht, denn hier gab es konkrete Anträge, die man jetzt so verwässert.

Die Vorschläge beziehungsweise die beiden Anträge der FPÖ – einerseits zur Erweite­rung des Personenkreises bei Thalidomid- beziehungsweise Contergangeschädigten und betreffend Konzept „Gesundheit“ – wurden abgelehnt.

Nun gestehe ich Herrn Dr. Rasinger noch zu, dass gerade im Gesundheitsausschuss viele Anträge der Opposition diskutiert und angenommen wurden – das unterscheidet den Gesundheitsausschuss von vielen anderen Ausschüssen hier im Parlament, wo man nicht einmal bereit ist, über Oppositionsanträge zu diskutieren –, aber es ist noch ein weiter Weg, bis die Abgeordneten der Regierungsparteien den Ideen der Oppo­sition jenen Respekt erweisen, den die Opposition den Regierungsvorlagen entgegen­bringt. (Beifall bei der FPÖ sowie demonstrativer Beifall des Abg. Scheibner.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


21.22.08

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Prävention und Vorbeugung sind definitiv die Schlüsselfaktoren für eine gesunde Gesellschaft, und ich dachte eigentlich, dass zumindest am Ende dieser Legislaturperiode vonseiten den Regierungsparteien ein bisschen mehr Mut, ein bisschen mehr Innovation zutage tritt.

Mit elf Jahren beginnen in Österreich Kinder zu rauchen. In der Gruppe der 16- bis 17-Jährigen übertrifft der Anteil der rauchenden Jugendlichen den der Erwachsenen. 1,6 Millionen Menschen insgesamt sind in Österreich tabakabhängig.

Sie werden – keine Frage! – mit keinem Gesetz in Österreich beziehungsweise weltweit Jugendliche davon abhalten, zu rauchen – das wird nicht funktionieren –, aber es braucht suchtpräventive Maßnahmen, es braucht klare Maßnahmen für mehr Prävention.

Sie müssen versuchen, Jugendliche zu verstehen: Warum rauchen sie? Welche Motive gibt es, zu rauchen? Und vor allem: Welche Rolle spielt auch die Tabakindustrie in diesem Zusammenhang? Wie schaut es aus mit der Werbung? Und natürlich: Wie schaut es auch damit aus, ob Lobbyisten, Lobbyistinnen der Tabaklobby in den politischen Parteien vertreten sind?

Das alles sind wichtige Maßnahmen, und nun wurde ein gemeinsamer Antrag einge­bracht, der ein kleiner erster Schritt ist beziehungsweise sein kann, nämlich Maß­nah-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 248

men zum Schutz aller Kinder und Jugendlichen vor Tabakkonsum zu erarbeiten. Die nächste Regierung ist mit Sicherheit angehalten, genau das umzusetzen und genau darauf zu schauen. Wir sind in der EU Schlusslicht, was die Prävention anbelangt, was Tabakpräventionsstrategien anbelangt, und da braucht es eine klare Umsetzung.

Diese Umsetzung anzustreben gilt es auch betreffend wirksame Maßnahmen zum Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten, wie auch zum Schutz vor ungewollten Schwangerschaften. Die Gratisabgabe von Kondomen an Jugendliche bis 18 Jahren in Apotheken ist eine klare grüne Forderung. Es geht einerseits um die Aufklärung – natürlich! –, aber andererseits geht es vor allem um den niederschwelligen Zugang zu Verhütungsmitteln.

In Österreich kommt es laut Aids-Hilfe täglich zu einer bis zwei Neuinfektionen mit dem HI-Virus, und seit Beginn der Aufzeichnungen bis Ende November 2012 sind bereits 2 000 Menschen am HI-Virus, also an AIDS, gestorben. Dazu kommen noch die ungewollten Schwangerschaften, gerade von Teenagern: In Österreich gibt es zwölf Schwangerschaften pro 1 000 Teenagern; in der Schweiz zum Beispiel sind es fünf und in den Niederlanden vier ungewollte Schwangerschaften von Teenagern.

Das heißt, all das ist zu bedenken, ist zu behandeln, ist zu diskutieren. Wir wissen, dass das Kondom vor Ansteckung schützt, was aber natürlich auch bedeutet, dass Sex ohne Risiko passieren kann.

In 19 EU-Staaten gibt es Verhütungsmittel gratis, sozusagen – unter Anführungs­zeichen – „auf Krankenschein“. Das gibt es in Österreich nicht – leider noch immer nicht –, obwohl natürlich Präventionsmaßnahmen wie Mammografie oder Prostata­unter­suchungen bezahlt werden. Das heißt, hier wäre also auf jeden Fall auf der Tagesordnung, zu schauen, wie es mit weiteren Verhütungsmitteln ausschaut, und auch, wie das finanziert wird.

Schade, dass die Chance nicht wahrgenommen wurde, Kondome an Jugendliche auch in Apotheken tatsächlich frei abzugeben. Der Antrag, der jetzt eingebracht wurde, ist leider nur ein erster Schritt. (Beifall bei den Grünen.)

21.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


21.26.11

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal ganz kurz zum Antrag betreffend Thalidomid- beziehungsweise Contergangeschädigte.

Es ist richtig, wir haben schon öfter, schon mehrmals darüber gesprochen. – Herr Kollege Markowitz, lassen wir jetzt einmal beiseite, wer hier die ersten Anträge geschrieben hat, Tatsache ist, dass Contergan in der Bundesrepublik Deutschland erst im Jahr 1957 zugelassen worden ist; ein Jahr später unter dem Namen Softenon dann in Österreich. Dennoch war es so, dass sich in Österreich jetzt alle Geburtenjahrgänge ab dem Jahr 1956 melden konnten. Das heißt, bei diesen Geburtenjahrgängen 1956 bis 1958 können diese Missbildungen in Wahrheit gar nicht durch ein in Österreich zugelassenes Medikament verursacht worden sein.

Die Frage ist eine andere, nämlich: Wenn wir hier einer Personengruppe, die zufälligerweise eine Schädigung aufgrund eines zugelassenen Medikamentes hat, eine Rente oder eine Entschädigung gewähren, stellt sich für mich schon die Frage, warum wir eine Gruppe von Personen außen vor lassen, nämlich jene, die durch Thalidomid zwar geschädigt wurden, aber vielleicht im Zuge von Medikamententestungen und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 249

Ähnlichem. Für die Betroffenen ändert sich ja nichts dadurch, wie das Medikament de facto geheißen hat.

Ich verstehe die Ablehnung deswegen nicht – das sage ich Ihnen auch ganz offen –, weil es sich hier weder um Tausende noch um Hunderte Personen handelt. Es handelt sich um einige, ganz wenige Personen, die davon profitieren würden, die es auch wirklich brauchen würden. Denn eines ist schon klar: Diese Personen sind ja jetzt alle schon jedenfalls weit über 50 Jahre alt, in Richtung 60 Jahre gehend, das heißt, in einem Alter, wo sie bereits vermehrte medizinische Behandlung benötigen.

Es gibt auch Studien, die belegen, dass die Betroffenen, sozusagen die durch Thali­domid missgebildeten Personen, jetzt nicht nur – so wie wir sie kennen – im äußer­lichen Erscheinungsbild Probleme mit den Gliedmaßen haben, sondern dass vor allem auch Blutbahnen anders verlaufen. Das heißt, sie benötigen auch einen zusätzlichen Mehraufwand nicht nur in der medizinischen Behandlung, sondern auch im Bereich der Pflege.

Daher wäre es schon, würde ich meinen, im Sinne der Solidarität mit diesen Men­schen – und noch einmal, es handelt sich dabei um eine Handvoll Menschen –, das wirklich auszuweiten auf die Jahrgänge bis 1954, weil es eben Berichte gibt, dass Thalidomid bereits mindestens 1953, möglicherweise sogar schon früher, synthetisiert worden ist, und es ist nicht auszuschließen, dass es im Zuge von Medikamenten­untersuchungen, Medikamententestungen auch wirklich an schwangeren Personen getestet wurde, deren Kinder dann eben mit diesen Missbildungen geboren wurden. (Beifall bei der FPÖ.)

21.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Es wird kein Schlusswort von den Berichterstattern gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme. 

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwaren­einfuhr­gesetz, das Gewebesicherheitsgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 2560 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesbezüglich ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16, über die dem Ausschussbericht 2561 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 317.)

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Sicherstellung des Rettungswesens für Versicherte der steirischen Gebietskrankenkasse.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 250

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltskassengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2377 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung geben, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen des Weiteren zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2563 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2564 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20, über die dem Ausschussbericht 2565 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Aufklärung und Prävention zum Schutz von Jugendlichen und Kindern.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 318.)

Wir kommen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2566 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22, die dem Aus­schussbericht 2567 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Aufwer­tung der Hausärztin/des Hausarztes.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 319.)

Ich lasse jetzt abstimmen über Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Gesundheits­ausschusses, seinen Bericht 2568 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24, die dem Ausschussbericht 2569 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakkonsum und dessen negativen gesundheitlichen Folgen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 320.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 251

21.33.22 25. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2400 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutz­gesetz geändert wird (2570 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2376 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bangseuchen-Gesetz, das Rinderleukosegesetz und das Bundesgesetz zur Bekämpfung der Infektiösen Bovinen Rhinotracheitis und der Infektiösen Pustulösen Vulvovaginitis aufgehoben wird (2571 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zu den Punkten 25 und 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

 


21.34.26

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zur Diskussion steht eine Novelle zum Lebensmittel­sicher­heitsgesetz, wozu grundsätzlich festzustellen ist, dass die KonsumentInnen ein Recht auf sichere Lebensmittel haben. Daher sind alle Maßnahmen zu begrüßen, die die Durchsetzung aller Bestimmungen für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz gewährleisten. Ich denke, dass nicht zuletzt der Pferdefleischskandal sowie die gerin­gen Strafen für Kennzeichnungsverstöße mitverantwortlich waren für die Entstehung dieser vorliegenden Novelle.

Was wird geändert? – Zum einen wird der maximale Strafrahmen von 20 000 € auf 50 000 € erhöht, im Wiederholungsfall von 40 000 € auf 100 000 €. Neu sind auch Mindeststrafen in der Höhe von 700 €, im Wiederholungsfall von 4 000 €. Erstmalig wird es auch möglich sein, Freiheitsstrafen im Ausmaß von bis zu sechs Monaten zu verhängen.

Zweifellos sind eine gute Lebensmittelkennzeichnung, eine engmaschige Kontrolle und strenge Sanktionen, wie sie durch die Novelle nunmehr vorgesehen sind, wichtig für den Konsumentenschutz, aber auch für die eigenen Marktchancen.

Der Lebensmittelsicherheitsbericht für das Jahr 2012 wurde dieser Tage vorgelegt. Er ist in seinem Ergebnis zweifellos auch ein Maß dafür, ob wir mit den Regelungen des Gesetzes richtig liegen.

Bei der Lebensmittelsicherheit handelt es sich um ein harmonisiertes europäisches Recht, wobei die Kontrollen national erfolgen; in Österreich in mittelbarer Bundes­ver­waltung in Verantwortung der Landeshauptleute, koordiniert durch den Bundesminister.

Im Jahre 2012 wurden von den Lebensmittelaufsichtsbehörden 43 872 Betriebs­kontrollen durchgeführt und 30 966 Proben untersucht. Von den Landesveterinär­behör­den wurden 22 100 Fleischbetriebe beziehungsweise 3 117 Milchbetriebe kontrolliert. Das Ergebnis dazu schaut dermaßen aus, dass 85 Prozent der Proben einwandfrei sind, dass etwa 0,5 Prozent der Proben gesundheitsschädlich und 3,4 Prozent für den bestimmungsgemäßen Verbrauch ungeeignet sind. Die häufigsten Beanstandungen beziehen sich auf Kennzeichnungsmängel, 8,7 Prozent oder 2 707 Fälle.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 252

Das Ergebnis bestätigt die Richtigkeit und Wichtigkeit dieser vorliegenden Novelle, und ich darf Sie ersuchen, diese auch zu unterstützen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


21.37.55

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Werte Damen und Herren! Zum Bundesgesetz betreffend Deregulierung bei der Überwachung von Krankheiten am Rindersektor ist zu sagen: Österreich gilt als anerkannt frei von Bangseuche, Leukose, von IBR und IPV – das sind infektiöse Rinderkrankheiten –, und jene Gesetze, die derzeit die Rechtsgrundlage für die Bekämpfung dieser Rinderkrankheiten bilden, werden hiermit aufgehoben.

Regelung und Überwachung dieser Krankheiten sind natürlich auch weiterhin notwendig. Daher wird auch eine Rindergesundheitsüberwachungsverordnung auf Grundlage des Tiergesundheitsgesetzes auf den Weg gebracht. Erreicht wird damit eine Erhöhung der Rechtssicherheit und auch eine Rechtsvereinheitlichung.

Bei der Novelle zum Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Ver­braucherschutzgesetz geändert wird, steht, wie bereits von meinem Vorredner ange­sprochen, eine empfindliche Verschärfung der Strafen im Mittelpunkt. Damit soll man vor allem auch das vorsätzliche Handeln zur bewussten Konsumententäuschung und Irreführung der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Griff bekommen. Es sind strenge Strafen vorgesehen. Das Inverkehrbringen von Fleisch ohne Einhaltung der vorgeschriebenen Untersuchungspflichten führt sogar zum Entzug der Freiheit, es ist eine Freiheitsstrafe damit verbunden. Die Strafausmaße werden, wie bereits angeführt, mehr als verdoppelt, und auch neue Mindeststrafen werden zusätzlich eingeführt.

Diese Gesetzesänderung soll vor allem schwere Verletzungen des Kennzeich­nungs­rechts bei Lebensmitteln verhindern und ist natürlich darauf zurückzuführen, dass es im Zuge des Pferdefleischskandals zu Konsumententäuschungen bezüglich eines falsch deklarierten Fleisches gekommen ist, das in großen Mengen in Verkehr gesetzt wurde, wovon auch zahlreiche Mitgliedstaaten der Europäischen Union betroffen waren.

Wichtig ist aber, dass vor allem bei geringfügigen Übertretungen auf Bagatellniveau – so heißt es auch im Gesetz – keine Sanktionen anfallen. Das bedeutet, dass im Falle der Abgabe von kleinen Mengen, die direkt an den Endverbraucher oder auch an örtliche Kleinbetriebe abgegeben werden, wenn vielleicht unbewusst unkorrekte Angaben auf den Etiketten zu finden sind, keine Strafen ausgesprochen werden. Ein Beispiel dafür ist auch in den Erläuterungen des Gesetzes enthalten. Es ist angeführt, wenn der Wortlaut „mindestens haltbar bis“ durch die drei Buchstaben „MHD“ ersetzt wird, dann hat das keine Strafe zur Folge, vor allem, wenn auch nicht von einem Vorsatz ausgegangen werden kann.

Die Komplexität der Kennzeichnungsvorschriften ist mittlerweile sehr hoch, und es ist für die Kleinstbetriebe und Kleinproduzenten oft ganz schwierig, hier Schritt zu halten und das nachzuvollziehen und zu durchschauen. Daher ist es auch wichtig, dass diese Kleinbetriebe und auch die direktvermarktenden Bäuerinnen und Bauern, die ihre hoch qualitativen Produkte in ihrer unmittelbaren Umgebung vermarkten, wenn es zu Kennzeichnungsfehlern auf den Etiketten kommt und kein Vorsatz dahinter zu sehen ist, vor Strafen geschützt bleiben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 253

In diesem Sinne gibt es auch eine Ausschussfeststellung. Darin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die bewusst eingesetzte Falschkennzeichnung mit diesem Gesetz bekämpft werden soll.

Es ist heute auch schon der Lebensmittelsicherheitsbericht 2012 angesprochen wor­den, deshalb möchte ich hier ausdrücklich festhalten – ich habe schon kurz hinein­schauen können –, dass gerade bei den Direktvermarkterinnen und Direktvermarktern bei den bäuerlichen Betrieben die wenigsten Kennzeichnungsfehler gefunden werden konnten. Aber man ist natürlich nie davor gefeit, dass etwas passiert, und in diesem Sinne bin ich froh, dass diese Kleinstbetriebe dementsprechend geschützt sind, dass sie eben mit diesem Gesetz vor Strafen geschützt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

21.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


21.42.16

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der letzte Fleischskandal hat natürlich zutage gebracht, dass nicht immer nur Fehler passieren, sondern dass hier wirklich massiver Vorsatz vorgeherrscht hat. Nicht nur irgendwo in Europa, sondern leider Gottes auch hier bei uns in Österreich gab es eine Wurstfabrik, nämlich in Kärnten, die vorsätzlich eine falsch dekla­rierte Wurst in Umlauf gebracht hat, nicht aufgeschrieben hat, dass sie auch Pferdefleisch verarbeitet, das sozusagen in einem – unter Anführungszeichen – „Geheimlager“ gelagert hat. Da haben sich schon Abgründe aufgetan. Natürlich waren auch andere Großbetriebe davon betroffen, und offensichtlich muss es einen Wett­bewerbsvorteil gegeben haben, wenn man Pferdefleisch verarbeitet und es nicht kenn­zeichnet. In Österreich wäre das wahrscheinlich gar nicht das ganz große Problem geworden, aber ich weiß, dass es natürlich in anderen Staaten nicht üblich ist, Pferde zu verzehren.

Ein bisschen ein Problem habe ich mit dem „Vorsatz“. – Wer kann denn nachweisen, was Vorsatz ist? Natürlich, wenn eine Firma über Jahre falsch kennzeichnet, dann wird man gar nicht mehr darüber nachdenken müssen. Aber die Frage nach dem Vorsatz ist im Einzelfall schwierig zu beurteilen. Dennoch werden wir dieser Gesetzesvorlage selbstverständlich unsere Zustimmung geben, weil sie ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Die zweite Regierungsvorlage betrifft das Rinderseuchengesetz. Da geht es darum, dass Österreich – wir haben es heute schon gehört – von drei Rinderkrankheiten amtlich anerkannt frei ist. Bisher wurden diese drei Krankheiten, nämlich die Bangseuche, die Leukose und die Infektiöse Bovine Rhinotracheitis sowie die Infektiöse Pustulöse Vulvovaginitis damit bekämpft.

Auf Grundlage eines neuen Gesetzes, der Rindergesundheits-Überwachungs­verord­nung, die eben ab 2014 in Kraft treten soll, wird Österreich praktisch nur noch beob­achtet. Das jetzt gültige Gesetz wird abgeschafft.

Unser Meinung nach wäre es sinnvoller gewesen, wenn man das aneinander gekop­pelt hätte, wenn man zum einen die Abschaffung, die wir heute beschließen, mit dem In-Kraft-Treten der Überwachungsverordnung sozusagen zeitgleich gekoppelt hätte. Das wäre sicherlich sinnvoller gewesen. Dennoch werden wir auch diesem Gesetz unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)

21.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 254

21.44.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die KollegInnen haben schon ausgeführt, worum es geht. Wir werden der Änderung des Lebensmittelsicherheits- und Ver­braucher­schutzgesetzes zustimmen, ebenso der entsprechenden sozusagen Beendi­gung des eigenen Gesetzes für diese eine Seuche. Das wird in Zukunft im Rahmen der Tierseuchenverordnung geregelt werden.

Ich möchte auch noch einmal erwähnen, dass die Ausschussfeststellung zur Bagatell­grenze, die Kollegin Höllerer angestrengt hat, eine vernünftige Vorgangsweise ist, damit man nicht Ungleiches gleich behandelt. Kleinstmengen sind anders zu sehen, in der Regel nicht mit Täuschungsabsicht, sondern eben auf Basis von Unkenntnis zu bewerten.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es einer etwas genaueren Klärung der Verwaltungspraxis bedarf. Herr Bundesminister! Es ist oft so, dass Lebensmittel­inspektoren in den Bezirken sehr unterschiedlich vorgehen, weshalb es sehr, sehr sinnvoll wäre, diese Ausschussfeststellung auch über einen Erlass abzusichern, damit die Verwaltungspraxis in allen Regionen Österreichs einheitlich ist und nicht in einer Region der Lebensmittelinspektor dann sagt, das ist anders zu sehen, oder er das halt strenger sieht oder befindet, das sei ein größerer Verstoß, und in einem anderen Bezirk das anders gesehen wird. Es wäre gut möglich, wenn man das einerseits taxativ regelt und andererseits auch den Freiraum definiert, den die Beamten haben sollen; also positiv und gleichzeitig taxativ. Das wäre ein Hinweis, den ich Ihnen geben möchte.

Darüber hinaus, Herr Bundesminister, möchte ich die Gelegenheit nutzen, jene Dinge anzusprechen, die leider nicht geregelt wurden.

Die Basis dieser ganzen Problematik war ja der Pferdefleischskandal. Wir haben auf Basis dieses Skandals gesehen, dass es zu Fehletikettierungen, zu Fehlern in der ganzen Lebensmittelkette kommt. Man jubelt den KonsumentInnen Pferdefleisch als Rindfleisch unter, und Ähnliches mehr. Das war zwar nicht gesundheitsbedenklich, aber es war eindeutig Täuschung, Irreführung.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt: Ein großes Projekt in diesem Bereich, das Sie sich in der Regierung vorgenommen haben, war, ein österreichisches Gütesiegel­gesetz auf den Weg zu bringen. Dieses Projekt ist gescheitert, Herr Bundesminister! Ich möchte nicht Ihnen allein die Schuld geben, Sie waren bereit, es zu machen, die Regierung war nicht bereit, es als Gesamtes umzusetzen.

Nur eines muss ich schon bei dieser Gelegenheit richtigstellen: Sie haben nämlich – laut Parlamentskorrespondenz – gesagt: „An dieser Stelle bedauerte Stöger einmal mehr, dass er für sein ,Gütezeichengesetz‘ keine parlamentarische Mehrheit bekom­men habe.“

Da möchte ich Sie korrigieren. Wir haben keine Gesetzesvorlage hier herinnen ernst­haft diskutieren können. Sie ist gar nicht so weit gekommen, sie ist nicht durch den Ministerrat gekommen. Also nicht wir haben es im Parlament verhindert, sondern Sie, die Regierung, das sollte man auch noch einmal klar und deutlich an dieser Stelle festhalten.

Ich möchte auch bedauern, dass zwei Anträge von uns im Ausschuss zum x-ten Mal wieder vertagt wurden, die sich genau auf dieses Gesetz beziehen, nämlich auf das Gütesiegelgesetz. Wir fordern darin eine Auslobung der Herkunft, den Aspekt der Regionalität, die Bewerbung von Tierschutz und Gentechnikfreiheit, Kollege Gaßner! Das wäre sinnvoll in einem Gütesiegelgesetz, weil nach dem Vieraugenprinzip. Ich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 255

weiß, die AMA und so weiter – es wird immer damit argumentiert –, aber die AMA-Regeln sind nicht einheitlich genug, sie sind nicht extern bewertet, sie sind Richtlinien der AMA. In diesem Zusammenhang sei auch gesagt, das Controlling der AMA ist mangelhaft, da müssen wir in Zukunft auch etwas tun. Darüber werden wir aber noch bei einem anderen Tagesordnungspunkt diskutieren.

Herr Bundesminister, ich weiß, auch die Frage der Herkunftskennzeichnung für land­wirt­schaftliche Produkte und wertbestimmende landwirtschaftliche Zutaten in verar­beiteten Produkten wird auf europäischer Ebene bereits diskutiert. Es geht um die Pizzazutaten und ähnliche Mischungen, die eben verarbeitete Produkte im Gesamt­kontext enthalten. Wir wollen eine EU-weite Regelung, keine Frage, aber begleitend sind österreichische Regelungen notwendig; auch was die Kennzeichnung von verarbeiteten Eiern betrifft, also in Nudeln, in Mehlspeisen, in anderen Produkten oder in der Gastronomie.

Da ist eine Regelung dringend erforderlich, die wir auch national umsetzen sollten. Leider – wir haben sogar schon eine Entschließung in diesem Zusammenhang gefasst – wurde auch das bisher nicht umgesetzt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


21.49.17

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Die Novellierung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes war dringend notwendig. Die Verschärfung der Strafbestimmungen und die Anhebung der Strafen werden vermehrt davon abhalten, Schwindel zu betreiben.

Was mir fehlt, ist die Einbindung der amtlichen Tierärzte als Kontrollorgane. Bis vor einiger Zeit waren diese beauftragt, Kontrollen in den fleischverarbeitenden Betrieben durchzuführen. Dabei kontrolliert wurden Hygiene, Wareneingang, Warenausgang, Warenbestand, Lieferscheine und Kühlräume. Dadurch wurden diese Vergehen natür­lich sehr erschwert.

Auf Druck der fleischverarbeitenden Betriebe, die die hohen Kosten kritisierten, wurden diese Kontrollen eingestellt. Vielleicht ist es möglich, diese Kontrollen aufgrund der zunehmenden Vergehen wieder einzuführen. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Der Aufhebung der Gesetze, die vier Tierseuchen betreffend, ist zuzustimmen, da ja Österreich auch im Ausland als frei von diesen Tierseuchen anerkannt wird und des­wegen der Tierexport nicht gefährdet wird. Dass deren Überwachung auf Grundlage des Tiergesundheitsgesetzes geregelt wird, ist in Ordnung; dass es erst später stattfindet, ist kein Problem, da wir Tierärzte täglich den Gesundheitszustand der Tiere kontrollieren.

Wir werden auf jeden Fall dieser Regierungsvorlage zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

21.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister Stöger gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.50.49

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Es ist mir eine Freude, sagen zu können, dass die Lebensmittel in Österreich sicher sind. Damit wir diesen Status halten und uns in der Kennzeichnung noch stärken, haben wir diese


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 256

Regierungsvorlage, diese Änderung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutz­gesetzes eingebracht.

Wir erhöhen die Strafen und stellen sicher, dass kein Fleisch, das der Unter­suchungs­pflicht unterliegt, auf den Markt kommen kann, ohne dass es den vorge­schriebenen Untersuchungen unterzogen wurde. Und wenn das trotzdem passiert, dann wird man mit gerichtlichen Strafen – das ist mit Freiheitsstrafe bedroht – dagegen vorgehen. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt. Wir werden damit die präventive Wirkung erhöhen.

In Wien findet gerade eine Tagung der Weltgesundheitsorganisation/Europa statt, bei der es darum geht, gerade auch bei lebensmittelbedingten Erkrankungen etwas zu tun, bei der es darum geht, Prävention in den Vordergrund zu stellen. Es ist das eine High-Level-Konferenz. Österreich hat, was den Status des Lebensmittelbereichs angeht, eine gute Stellung, und die wollen wir behalten.

Abschließend möchte ich mich bei den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses für die gute Kooperation bedanken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Spadiut.)

21.52

21.52.33

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir gelangen daher zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2400 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wieder einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bangseuchen-Gesetz, das Rinderleukosegesetz und das Bundesgesetz zur Bekämpfung der Infektiösen Bovinen Rhinotracheitis und der Infektiösen Pustulösen Vulvovaginitis aufgehoben wird, samt Titel und Eingang in 2376 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 257

21.53.50 27. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 2323/A der Abgeordneten Peter Haubner, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organi­sationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011 und das Energie-Control-Gesetz geändert werden (2389 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


21.54.25

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es uns bei diesem Initiativantrag wahrlich nicht leicht gemacht, auch nicht mit dem dazu noch einzubringenden Abän­derungsantrag, in Bezug auf die Meinungsbildung, weil wir gestern – da bin ich ganz offen – diesem Initiativantrag noch höchst skeptisch gegenübergestanden sind. Grund dafür waren hauptsächlich die datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich des Einsat­zes der in diesem Initiativantrag definierten Smart-Meter-Geräte, also der so­genannten intelligenten Messgeräte, samt den damit in Verbindung stehenden Mess­netzwerken.

Es gab nicht nur von unserer Fraktion, sondern auch vom Datenschutzrat massive datenschutzrechtliche Bedenken hinsichtlich der IT-Absicherung, hinsichtlich der Softwaresicherheit dieses Netzwerks und der „intelligenten Messgeräte“. Wir haben diesbezüglich einen schwierigen Meinungsfindungsprozess gehabt.

Mit dem heute vorgelegten Abänderungsantrag sieht die Sache etwas anders aus, weil ja – das möchte ich an dieser Stelle schon auch erwähnen – dieser Initiativantrag, aber auch der heute vorgelegte Abänderungsantrag grundsätzlich auch sehr viel Gutes beinhalten, nämlich neben den Anpassungen der Bestimmungen an die Verwaltungs­gerichtsbarkeit beispielsweise die neuen verschärften Bestimmungen betreffend Insider­handel, aber auch die Bestimmungen hinsichtlich der Graustromimporte, Stich­wort: Anpassung und Ausweisung der Stromkennzeichnung. Weiters die nunmehr mit dem Abänderungsantrag vorgesehene Wahlfreiheit, ob man solch ein Smart-Meter-Gerät haben möchte beziehungsweise ob das bei einem in Betrieb sein soll – oder auch nicht.

Dazu kommt, dass den datenschutzrechtlichen Bedenken mit dem heutigen Abände­rungs­antrag weitestgehend Rechnung getragen wird und dass es – das ist besonders wichtig – anstatt der in diesem Initiativantrag vorgesehenen Festlegung mit dem sogenannten Stand der Technik nunmehr eine genaue Präzisierung dahin gehend gibt, welche Zertifizierung und welche Standards da tatsächlich zur Anwendung kommen, sodass hier auch ein internationaler Standard und eine ständige Evaluierung sicherge­stellt sind.

Wir werden daher diesem Initiativantrag unter Berücksichtigung des Abänderungs­antrages zustimmen. Es ist dies sicherlich nicht die bestmögliche Lösung, die Optimallösung, aber ich denke, es ist ein tauglicher Kompromiss, bei dem das Positive jedenfalls überwiegt und durch den man einen guten Ansatz hat, um in Zukunft die noch offenen Verbesserungsoptionen einzubringen.

Eine offene Frage – das möchte ich an dieser Stelle auch noch anbringen –, die wahr­scheinlich die Konsumenten maßgeblich interessieren wird, ist: Wer bezahlt diesen


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Umbau, diesen Einbau, diese Systemumstellung auf die neuen Messsysteme, die neuen Messnetzwerke? Das ist ja mit erheblichen Kosten verbunden, und ich denke, es kann wohl nicht so sein, dass der Endverbraucher, der Konsument, wieder mit den Kosten übrig bleibt. Die Strom- und Energiekosten für die Haushalte sind in der vergan­genen Zeit erheblich gestiegen, und ich meine, jede zusätzliche Belastung ist für die Haushalte, insbesondere für die Familien untragbar und würde von uns jedenfalls abgelehnt werden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

21.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


21.59.16

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Zuerst möchte ich mich recht herzlich für die konstruktiven Gespräche bedanken, die wir hier geführt haben, sodass wir dann auch zu einem Fünf-Parteien-Antrag gekommen sind. Ich glaube, das zeigt den positiven Geist der Verhandlungen.

Ich bringe auch den Abänderungsantrag der Abgeordneten Peter Haubner, Katzian, Brunner, Widmann, Lugar, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 2323/A der Abge­ordneten Peter Haubner, Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011 und das Energie-Control-Gesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichts 2389 der Beilagen ein.

Die Kernpunkte dieses Antrages sind die hundertprozentige Stromkennzeichnung auf Pumpspeicherkraftwerke, vor allem – es ist schon angeschnitten worden – die Verbesserung des Datenschutzes bei Smart Meter, der Online-Anbieter-Wechsel und die Umsetzung der REMIT-Verordnung, in der das Verbot von Insider-Handel und Marktmanipulation beinhaltet ist.

Ich denke, dass wir mit diesem Gesetz, gerade was Smart Meter betrifft, also die Einführung von intelligenten Messgeräten, die ja auch zu mehr Energieeffizienz führen sollen, in Zukunft gemeinsam mit den Datenschutzbestimmungen eine ausgewogene Kombination aus moderner Technik und der Berücksichtigung der persönlichen Inter­essen gefunden haben. Die Modellregion in Oberösterreich – dort sind schon 86 000 solcher Smart Meter installiert worden, ohne Probleme – zeigt ja, dass das gut funktioniert. Ich denke, es ist ein richtiges Konzept zur richtigen Zeit.

Der Online-Anbieterwechsel ist auch ein ganz wichtiger Punkt für die Wettbewerbs­fähigkeit der österreichischen Energiewirtschaft. Es gibt in Österreich 140 Stroman­bieter, und da ist es gut, wenn Wettbewerb vorhanden ist. Momentan wechseln in Österreich nur 1,2 Prozent den Stromanbieter – in Deutschland sind es vier Mal so viele, also haben wir noch ein bisschen Spielraum nach oben. Da ist dieser Online-Anbieterwechsel die richtige Maßnahme dazu.

Ich möchte es nicht verabsäumen, mich auch bei den Experten des Ministeriums recht herzlich für ihre kompetente Unterstützung zu bedanken und beim Herrn Minister für die Initiative. Ich denke, dass es ganz wichtig ist, dass wir diese Maßnahmen gesetzt haben. Energiepolitik ist Standortpolitik. Wir brauchen leistbare Energie für Haushalte, aber auch für die Unternehmen und die Wirtschaft, denn sichere und leistbare Energie ist wichtig für den Wirtschaftsstandort, und damit sind wir auch mit diesem Gesetz wieder am richtigen Weg. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Haubner soeben eingebrachte Abänderungsantrag, der in seinen Kernpunkten erläutert wurde, wird


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gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung an die Abgeordneten verteilt. Er ist auch ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Wolfgang Katzian, Mag. Christiane Brunner, Mag. Rainer Widmann, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 2323/A der Abgeordneten Peter Haubner, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011 und das Energie-Control-Gesetz geändert werden

in der Fassung des Ausschussberichts 2389 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der im Titel bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Art. 1 Z 1 lautet:

„1. Das Inhaltsverzeichnis wird wie folgt geändert:

Die Wortfolge „§ 43. Recht zum Netzanschluss“ wird ersetzt durch „§ 43. Übergang und Erlöschen der Berechtigung zum Netzbetrieb“, „§ 44. Endigungstatbestände und Umgründung“ wird ersetzt durch „§ 44. Recht zum Netzanschluss“, „8. Teil KWK-Anlagen“ wird ersetzt durch „8. Teil Nachweise für Strom aus fossilen Energiequellen“, „§ 71. Kriterien für den Wirkungsgrad der KWK“ wird ersetzt durch „§ 71. Besondere Bestimmungen über Nachweise für Strom aus hocheffizienter KWK“, „§ 72. Herkunftsnachweis für Strom aus hocheffizienter KWK“ wird ersetzt durch „§ 72. Nach­weis für Strom aus fossilen Energiequellen“, „§ 73. Anerkennung von Herkunftsnach­weisen aus anderen Staaten“ wird ersetzt durch „§ 73. Anerkennung von Nachweisen aus anderen Staaten“, „§ 76. Wechsel des Lieferanten oder der Bilanzgruppe“ wird ersetzt durch „§ 76. Verfahren für Wechsel, Anmeldung, Abmeldung und Wider­spruch“„§ 77. Versorger letzter Instanz“ wird ersetzt durch „§ 77. Grundversorgung“. Nach § 77 wird folgende Wortfolge eingefügt: „§ 77a. Ersatzversorgung mit Energie“. Nach § 79 wird folgende Wortfolge eingefügt: „§ 79a. Verpflichtende Stromkenn­zeichnung“. Nach § 81 wird folgende Wortfolge eingefügt: „§ 81a. Verbrauchs- und Stromkosteninformation bei Messung durch intelligente Messgeräte“. Nach § 81a wird folgende Wortfolge eingefügt: „§ 81b. Verbrauchs- und Stromkosteninformation ohne Messung durch intelligente Messgeräte“. Die Wortfolge „§ 82. Abschaltung und Infor­mation der Kunden“ wird ersetzt durch „§ 82. Abschaltung der Netzverbindung und Information der Kunden“. Die Wortfolge „§ 97 Berichtspflicht der Landesregierungen“ entfällt. Die Wortfolge „§ 103. Verjährung“ wird ersetzt durch „§ 103. Besondere Bestimmungen über Verwaltungsstrafverfahren“.“

2. (Verfassungsbestimmung) Art. 1 Z 1a lautet:

„1a. (Verfassungsbestimmung) § 1 lautet:

„§ 1. (Verfassungsbestimmung) Die Erlassung, Aufhebung und Vollziehung von Vorschriften, wie sie in § 2, § 3, § 8, § 9, § 10a, § 11, § 16 Abs. 2, § 19, § 22 Abs. 1, § 24 bis § 36, § 37 Abs. 7, § 38, § 39, § 48 bis § 65, § 69, § 72, § 73 Abs. 2 und Abs. 3, § 76, § 77a bis § 79a, § 81 bis § 84a, § 88 Abs. 3 bis 8, § 89, § 92 bis § 94, § 99 bis § 103, § 109 Abs. 2, § 110 bis § 112, § 113 Abs. 1 und § 114 Abs. 1 und 3 enthalten sind, sind auch in den Belangen Bundessache, hinsichtlich derer das B-VG etwas


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anderes bestimmt. Die in diesen Vorschriften geregelten Angelegenheiten können in unmittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden.““

3. Art. 1 Z 2a erhält die Bezeichnung „2b.“. Z 2a lautet:

„2a. In § 7 Abs. 1 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. „Ausfallsreserve“ jenen Anteil der Sekundärregelung, der automatisch oder manuell angesteuert werden kann und vorrangig der Abdeckung des Ausfalls des größten Kraftwerkblocks in der Regelzone dient;““

4. In Art. 1 wird als Z 2c eingefügt:

„2c. § 7 Abs. 1 Z 62 lautet:

„62. „Sekundärregelung“ die automatisch wirksam werdende und erforderlichenfalls ergänzend manuell angesteuerte Rückführung der Frequenz und der Austausch­leistung mit anderen Regelzonen auf die Sollwerte nach Störung des Gleichgewichtes zwischen erzeugter und verbrauchter Wirkleistung mit Hilfe von zentralen oder dezen­tralen Einrichtungen. Die Sekundärregelung umfasst auch die Ausfallsreserve. Die Wiederherstellung der Sollfrequenz kann im Bereich von mehreren Minuten liegen;““

5. In Art. 1 wird als Z 3a eingefügt:

„3a. § 16 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“, folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Jeder Zählpunkt ist durch den Netzbetreiber einer Netzbenutzerkategorie zuzu­ordnen. Die Regulierungsbehörde hat mit Verordnung Netzbenutzerkategorien, jeweils getrennt nach Einspeisern und Entnehmern, und den Zeitrahmen für diese Zuordnung festzulegen.““

6. In Art. 1 wird als Z 3b eingefügt:

„3b. In § 23 wird folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) Der Bilanzgruppenkoordinator hat bei der Übernahme und Auswertung der Messdaten gemäß Abs. 4 Z 4 eine getrennte Bilanzierung der Erzeugungsdaten in von der Regulierungsbehörde mit Verordnung festzulegende Netzbenutzerkategorien vor­zu­nehmen. Betreiber von Verteilernetzen haben dazu bei der Erfüllung ihrer Pflichten gemäß § 45 Z 1 die für die unterschiedliche Kategorisierung und Bilanzierung der erzeugten Einspeisemengen erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen. Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend sowie die Regulierungsbehörde sind ermächtigt, auf die gemäß Satz 1 ausgewerteten Daten zuzugreifen.““

7. In Art. 1 wird als Z 3c eingefügt:

„3c. § 23 Abs. 5 Z 5 lautet:

„5. Informationen über die zur Sicherung eines transparenten und diskriminie­rungsfreien und möglichst liquiden Regelenergiemarktes erforderlichen Maßnahmen den Marktteilnehmern zu gewähren. Dazu zählt die Veröffentlichung der in Anspruch genommenen Primärregelleistung und Sekundärregelleistung hinsichtlich Dauer und Höhe sowie der Ergebnisse des Ausschreibungsverfahrens gemäß § 67 sowie gemäß § 69.““

8. Art. 1 Z 6a erhält die Bezeichnung „6d.“, Art. 1 Z 6b erhält die Bezeichnung „6j.“ und Art. 1 Z 6c erhält die Bezeichnung „6k.“. Z 6a bis Z 6c lauten:

„6a. § 50 Abs. 7 lautet:

„(7) Die Ansprüche und Verpflichtungen, die vom Regulierungskonto erfasst werden, und Ansprüche und Verpflichtungen, die die Netzverlustenergiebeschaffung und die Beschaffung der Sekundärregelung betreffen, sind im Rahmen des Jahresabschlusses


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zu aktivieren oder zu passivieren. Die Bewertung der Posten richtet sich nach den geltenden Rechnungslegungsvorschriften.“

„6b. § 57 Abs. 4 erster Satz lautet:

„Eine Ab- bzw. Auslesung der Zähleinrichtung hat – mit Ausnahme von Last­profil­zählern, die vom Netzbetreiber jedenfalls zumindest monatlich ausgelesen werden, sowie intelligenten Messgeräten, die gemäß § 84 Abs. 1 ausgelesen werden, – zumindest einmal jährlich zu erfolgen.““

6c. In § 59 wird folgender Abs. 8 eingefügt:

„(8) Sofern die angewandte Regulierungssystematik für ein- oder mehrjährige Regulierungsperioden gemäß Abs. 1 bis Abs. 6 einen Zeitverzug in der Abgeltung durch die Systemnutzungsentgelte bewirkt, können entsprechende Differenzbeträge im Rahmen des Jahresabschlusses aktiviert werden bzw. sind diese im Rahmen des Jahresabschlusses als Rückstellung zu passivieren. Die Bewertung der Posten richtet sich nach den geltenden Rechnungslegungsvorschriften.““

9. In Art. 1 wird als Z 6e eingefügt:

„6e. § 76 lautet samt Überschrift:

„Verfahren für Wechsel, Anmeldung, Abmeldung und Widerspruch

§ 76. (1) Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen können Verträge mit ihrem Lieferanten unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen kündigen, ohne einen gesonderten Kündigungstermin einhalten zu müssen. Lieferan­ten können Verträge mit Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen nur unter Einhaltung einer Frist von zumindest acht Wochen kündigen. Sind Bindungsfristen vertraglich vereinbart, so ist die ordentliche Kündigung spätestens zum Ende des ersten Vertragsjahres und in weiterer Folge für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen sowie für Lieferanten unter Einhaltung einer Frist von zumindest acht Wochen möglich.

(2) Die Dauer des für den Lieferantenwechsel maßgeblichen Verfahrens darf, unbeschadet weiterer bestehender zivilrechtlicher Verpflichtungen, höchstens drei Wochen, gerechnet ab Kenntnisnahme des Lieferantenwechsels durch den Netz­betreiber, in Anspruch nehmen. Bei der Ausgestaltung des Verfahrens ist insbesondere auf die im Zusammenhang mit einem Wechsel vom Netzbetreiber zu treffenden technischen und organisatorischen Vorkehrungen, die Vereinbarkeit der Fristen und Termine mit der Bilanzierung nach dem Bilanzgruppensystem, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit sowie die Durchsetzung des Kundenwillens zu achten. Der Lieferantenwechsel ist für den Endverbraucher mit keinen gesonderten Kosten verbunden.

(3) Endverbraucher ohne Lastprofilzähler können für die Einleitung und Durchführung des Wechsels relevante Willenserklärungen gegenüber Lieferanten elektronisch über von diesen anzubietende Websites zu jeder Zeit formfrei vornehmen. Wird ein Lieferant durch den Endverbraucher zur Abgabe von Willenserklärungen bevollmächtigt, so ist die Bevollmächtigung Netzbetreibern und anderen Lieferanten glaubhaft zu machen. Der Netzbetreiber hat den Endverbraucher unverzüglich über die Einleitung des Wech­sel­prozesses in Kenntnis zu setzen. Die Lieferanten haben benutzerfreundliche Vor­kehrungen zu treffen, welche die Identifikation und Authentizität des Endver­brauchers sicherstellen. Die Regulierungsbehörde hat im Rahmen des Tarifkalkulators (§ 22 E-ControlG) durch Setzung von Hyperlinks eine Auffindung der Websites der Lieferanten


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zu ermöglichen. Die Lieferanten haben die hiefür erforderlichen, aktuellen Infor­mationen der Regulierungsbehörde unaufgefordert zur Verfügung zu stellen.

(4) Sämtliche für die Vornahme des Wechsels, der Neuanmeldung, der Abmeldung und des Widerspruchs erforderlichen Prozesse werden elektronisch im Wege der von der Verrechnungsstelle zu betreibenden Plattform durchgeführt. Dies gilt insbesondere für die Endverbraucheridentifikation, die Bindungs- und Kündigungsabfrage sowie die Datenaktualisierung und Verbrauchsdatenübermittlung. Netzbetreiber und Lieferanten haben ausschließlich die für die genannten Verfahren notwendigen Daten, nämlich bei der Endverbraucheridentifikation Name, Adresse, Zählpunktbezeichnung, Lastprofiltyp, Zählertyp, bestehender Lieferant, sowie bei der Bindungs- und Kündigungsfristen­abfrage Kündigungsfristen, Kündigungstermine sowie Bindungsfristen über die durch die Verrechnungsstelle zu betreibende Plattform dezentral in nicht diskriminierender Weise sämtlichen bevollmächtigten Lieferanten in standardisierter, elektronisch struktu­rierter Form auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Netzbetreiber und Lieferanten sind ebenfalls verpflichtet, sich an diese Plattform anzubinden. Lieferanten dürfen keine in diesem Absatz genannten Prozesse ohne Willenserklärung eines Endverbrauchers einleiten.

(5) Das für die Plattform (Abs. 4) eingesetzte Datenkommunikationsverfahren (Kom­muni­kationsprotokoll) ist nach dem Stand der Technik methodisch zu entwickeln und unabhängig zu überprüfen. Die Verrechnungsstelle hat insbesondere Vorkehrungen zu treffen, welche die Identifizierung und Authentifizierung der anfragenden neuen Netz­betreiber und Lieferanten sicherstellen.

(6) Die Verrechnungsstelle sowie die Netzbetreiber und Lieferanten haben jede über die Plattform nach Abs. 4 durchgeführte Anfrage und Auskunftserteilung betreffend Endverbraucherdaten revisionssicher zu protokollieren. Diese Protokollierung hat auf Seiten der Verrechnungsstelle die Vornahme sämtlicher über die Wechselplattform vorzunehmender Verfahrensschritte, insbesondere die Dauer der Verfahrensschritte, die Inanspruchnahme der für die Verfahrensschritte vorgesehenen Fristen für eine etwaige Vollmachtsprüfung, die Zugriffe durch authentifizierte Personen sowie die Verfügbarkeit der Schnittstellen der IT-Systeme der Lieferanten und Netzbetreiber mit der Plattform zu umfassen. Netzbetreiber und Lieferanten haben Datum und Uhrzeit der Anfrage und Auskunftserteilung, die anfragende und auskunftserteilende Stelle sowie den Zweck der Anfrage bzw. Auskunftserteilung zu erfassen. Lieferanten haben zusätzlich Angaben zur Identifizierung des betroffenen Endverbrauchers sowie eine eindeutige Kennung, welche eine Identifizierung der Person ermöglicht, die eine Anfrage nach Abs. 4 durchgeführt oder veranlasst hat, zu erfassen. Sämtliche Protokolldaten sind drei Jahre ab Entstehung aufzubewahren und dürfen ausschließ­lich zu Zwecken der Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Anfrage, zur Auskunfts­erteilung und zu Zwecken des Verwaltungsstrafrechts sowie des § 24 und § 26 E-Control-Gesetz verwendet werden. Die Verrechnungsstelle hat bei Verdacht miss­bräuchlicher Anfragen sowie davon unabhängig in regelmäßigen Abständen stichpro­benartige Überprüfungen der getätigten Anfragen auf ihre Rechtmäßigkeit durchzu­führen. Über die Ergebnisse dieser Prüfung hat sie alle zwei Jahre einen Bericht an die Regulierungsbehörde zu legen; diese hat den Bericht in anonymisierter Form zu veröffentlichen.

(7) Die Regulierungsbehörde ist ermächtigt, sämtliche für den Lieferantenwechsel sowie die für die Neuanmeldung und die Abmeldung von Endverbrauchern maßgeb­lichen Verfahren durch Verordnung näher zu regeln. Die Regulierungsbehörde ist weiters ermächtigt, die Art und den Umfang der in Abs. 4 genannten Daten und die zur Erfüllung der genannten Zielsetzungen darüber hinausgehend erforderlichen weiteren Datenarten durch Verordnung zu regeln. Ebenso ist die Regulierungsbehörde ermäch-


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tigt, Mindestsicherheitsstandards für die Form der Datenübermittlung (Abs. 4 und 5) von Netzbetreibern und Lieferanten über die durch die Verrechnungsstelle betriebene Plattform sowie Einzelheiten der erforderlichen Datensicherheitsmaßnahmen, insbe­son­dere der Protokollierung, durch Verordnung näher zu regeln. Die Regulierungs­behörde ist weiters ermächtigt, bestimmte Prozesse von der gemäß Abs. 4 erster und zweiter Satz vorgesehenen verpflichtenden, im Wege der von der Verrechnungsstelle zu betreibenden Plattform erfolgenden elektronischen Durchführung auszunehmen, wenn ihr die für eine einfachere und kosteneffizientere Abwicklung erforderlich scheint.““

10. (Grundsatzbestimmung) In Art. 1 wird als Z 6f und Z 6g eingefügt:

„6f. (Grundsatzbestimmung) In der Überschrift zu § 77 sowie in Abs. 1 werden die Wortfolgen „Versorger letzter Instanz“, „Versorgung in letzter Instanz“ und „Versorgung letzter Instanz“ jeweils durch die Wortfolge „Grundversorgung“ ersetzt.

6g. (Grundsatzbestimmung) In § 77 werden folgende Abs. 4 und Abs. 5 angefügt:

„(4) Bei Berufung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Klein­unternehmen auf die Pflicht zur Grundversorgung sind Netzbetreiber, unbeschadet bis zu diesem Zeitpunkt vorhandener Zahlungsrückstände, zur Netzdienstleistung ver­pflichtet. Verbrauchern darf im Zusammenhang mit dieser Netzdienstleistung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt. Abs. 3 gilt sinngemäß. Im Falle eines nach Berufung auf die Pflicht zur Grundversorgung erfolgenden erneuten Zahlungs­verzuges, sind Netzbetreiber bis zur Bezahlung dieser ausstehenden Beträge zur physischen Trennung der Netzverbindung berechtigt, es sei denn der Kunde ver­pflichtet sich zur Vorausverrechnung mittels Prepaymentzahlung für künftige Netz­nutzung und Lieferung. § 82 Abs. 3 gilt im Falle des erneuten Zahlungsverzugs sinngemäß. Die Verpflichtung der Prepaymentzahlung besteht nicht für Kleinunter­nehmen mit einem Lastprofilzähler.

(5) Eine im Rahmen der Grundversorgung eingerichtete Prepaymentfunktion ist auf Kundenwunsch zu deaktivieren, wenn der Endverbraucher seine im Rahmen der Grundversorgung angefallenen Zahlungsrückstände beim Lieferanten und Netz­be­treiber beglichen hat oder wenn ein sonstiges schuldbefreiendes Ereignis eingetreten ist.““

11. In Art. 1 wird als Z 6h eingefügt:

„6h. Nach § 77 wird folgender § 77a samt Überschrift eingefügt:

„Ersatzversorgung mit Energie

§ 77a. (1) Kündigt eine Verrechnungsstelle den Vertrag mit dem Bilanzgruppen­verant­wortlichen oder löst das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung auf, hat der Bilanz­gruppenkoordinator das Ende des Vertragsverhältnis und den Zeitpunkt der Vertrags­beendigung der Regulierungsbehörde und den Netzbetreibern mitzuteilen, in deren Netz sich betroffene Zählpunkte befinden. Das gilt sinngemäß auch für eine Been­digung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Lieferanten und dem Bilanzgruppen­verantwortlichen, wobei in diesem Fall der Bilanzgruppenverantwortliche die Verstän­digungen durchzuführen hat.

(2) Für jeden Netzbereich, in dem der betroffene Lieferant Kunden hat, hat die Regulierungsbehörde mit Losentscheid zu bestimmen, welchem Lieferanten die in der Bilanzgruppe verbleibenden Zählpunkte zuzuordnen sind. Der jeweilige Netzbetreiber ist zur Mitwirkung verpflichtet, insbesondere hat er der Regulierungsbehörde umge­hend mitzuteilen, welche Lieferanten im Netzbereich tätig sind. Der Losentscheid ist


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zwischen allen verbleibenden Lieferanten vorzunehmen, die im jeweiligen Netzbereich Kunden versorgen. Sollte ein Lieferant mitteilen, dass er die betroffenen Kunden nicht versorgen möchte, ist der Losentscheid zu wiederholen. Eine Ablehnung der Ver­sorgung nur hinsichtlich eines Teiles der Kunden ist unzulässig.

(3) Die betroffenen Kunden sind vom neuen Lieferanten zu informieren. Die Netz­betreiber haben dem neuen Lieferanten die Daten, die bei einem Lieferantenwechsel zu übermitteln sind, elektronisch zu übermitteln.

(4) Bis zum Beginn der Wirksamkeit der Ersatzversorgung sind allfällige Aus­gleichs­energiemengen, die sich aus der fehlenden Energieaufbringung des Lieferanten ergeben, aus den beim Bilanzgruppenkoordinator erliegenden individuellen Sicher­hei­ten zu befriedigen. Wenn diese nicht ausreichen, sind die entstehenden Aufwendungen in die Ausgleichsenergieverrechnung über ein Jahr verteilt einzupreisen.

(5) Der neue Lieferant hat die zugeordneten Kunden zu angemessenen Preisen zu versorgen, wobei Haushaltskunden nicht zu höheren Preisen versorgt werden dürfen als die Kunden, die zu den Haushaltstarifen des jeweiligen Lieferanten versorgt werden.

(6) Wird über einen Zählpunkt eingespeist, übernimmt der neue Lieferant die eingespeiste Energie zu Marktpreisen abzüglich der aliquoten Aufwendungen für Ausgleichsenergie für die eingespeiste Energie.

(7) Die Versorgung der zugeordneten Kunden erfolgt zu den bei der Behörde ange­zeigten Allgemeinen Bedingungen, soweit diese Bedingungen auf die jeweilige Kundengruppe anwendbar sind. In den Allgemeinen Bedingungen enthaltene Bin­dungs­fristen, Fristen und Termine für eine Kündigung des Vertrages gelten nicht.

(8) Der zugeordnete Kunde kann den Vertrag jedenfalls unter Einhaltung einer zweiwöchigen Frist kündigen. Der neue Lieferant kann den Vertrag unter Einhaltung einer achtwöchigen Frist kündigen.

(9) Alle betroffenen Marktteilnehmer haben sich wechselseitig nach bestem Vermögen zu unterstützen, um die lückenlose Versorgung der betroffenen Kunden sicherzu­stellen.““

12. In Art. 1 wird als Z 6i eingefügt:

„6i. In § 78 Abs. 1 und Abs. 2 wird jeweils nach der Wortfolge „sind verpflichtet,“ die Wortfolge „einmal jährlich“ eingefügt, und es entfällt das Wort „(Jahresrechnung)“.“

13. In Art. 1 Z 6k lautet § 79a Abs. 2:

„(2) In Abweichung von Abs. 1, § 78 und § 79 gilt, dass für jene Strommengen, die an Pumpspeicherkraftwerke geliefert werden, Nachweise durch den Stromhändler bzw. sonstigen Lieferanten dem Betreiber dieser Kraftwerke in der automationsunterstützten Registerdatenbank zu übertragen sind. Dabei sind im Verhältnis zur Herkunft des Stroms 25% der Nachweise zu löschen. Die Pumpspeicherkraftwerke haben bei der Erzeugung der elektrischen Energie die abgenommenen Strommengen durch den Stromhändler bzw. sonstigen Lieferanten mit den übertragenen Nachweisen in der Stromkennzeichnung zu belegen.“

14. In Art. 1 wird als Z 6l eingefügt:

„6l. Der Einleitungssatz des § 81 Abs. 3 lautet:

„(3) Auf Rechnungen über die Systemnutzung sind Steuern, Abgaben und Zuschläge auf Grund bundes- oder landesgesetzlicher Vorschriften gesondert auszuweisen. Die


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einzelnen Komponenten des Systemnutzungsentgelts sind einmal jährlich gesondert auszuweisen. Darüber hinaus sind insbesondere folgende Informationen anzugeben:““

15. In Art. 1 wird als Z 6m eingefügt:

„6m. § 81 Abs. 3 Z 5 lautet:

„5. Informationen über die Art der Zählerstandsermittlung; es ist dabei anzugeben, ob eine Zählerablesung durch den Netzbetreiber, eine Selbstablesung durch den Kunden, eine Fernablesung oder eine rechnerische Ermittlung von Zählerständen vorge­nommen wurde;““

16. In Art. 1 wird als Z 6n eingefügt:

„6n. In § 81 Abs. 3 Z 8 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 9 angefügt:

„9. Vorgehen zur Einleitung von Streitbeilegungsverfahren gemäß § 26 Energie-ControlG.““

17. In Art. 1 wird als Z 6o eingefügt:

„6o. § 81 Abs. 4 bis Abs. 8 lauten:

„(4) Netzbetreiber und Lieferanten haben Verbrauchs- und Abrechnungsdaten für eine Dauer von drei Jahren ab Verfügbarkeit für Zwecke der nachträglichen Kontrolle der Richtigkeit, Rechtmäßigkeit und für Auskünfte gegenüber berechtigten Endver­brauchern aufzubewahren und unentgeltlich an ihn und nur bei ausdrücklicher Anwei­sung durch den Endverbraucher an einen genannten Dritten zu übermitteln. Dies gilt unbeschadet der Befugnisse der Landesregierungen und der Regulierungsbehörde nach § 88, sofern diese Daten unmittelbar nach deren Auslesung mit Daten von anderen Endverbrauchern weitestmöglich aggregiert und anschließend anonymisiert werden und nur in dieser anonymisierten Form verwendet werden.

(5) Teilbeträge sowohl für die Netznutzung als auch für die Energielieferung sind auf sachliche und angemessene Weise auf Basis des Letztjahresverbrauches zu berechnen. Liegt kein Jahresverbrauch vor, so sind die Teilbeträge auf Basis des zu erwartenden Stromverbrauchs, aufgrund der Schätzung des Verbrauchs vergleichbarer Kunden, zu berechnen. Die der Teilbetragsberechnung zugrundliegende Menge in kWh ist dem Kunden schriftlich oder auf dessen Wunsch elektronisch mitzuteilen.

(6) Sind intelligente Messgeräte installiert, haben Endverbraucher zumindest das Wahlrecht zwischen einer monatlichen Rechnung und einer Jahresrechnung.

(7) Die Regulierungsbehörde kann bei begründetem Verdacht auf intransparentes Marktverhalten in Bezug auf Mehrfachtarifzeiten in Verbindung mit intelligenten Mess­geräten mit Verordnung Vorgaben zur Transparenz dieser Tarife für Lieferanten vor­schreiben. Außerdem kann die Regulierungsbehörde vorgeben, dass Lieferanten jedenfalls einen zeitunabhängigen Tarif anbieten müssen.

(8) Lieferanten haben auf der Rechnung über die Möglichkeit eines Streitbeile­gungsverfahrens gemäß § 26 Energie-ControlG zu informieren.““

18. In Art. 1 wird als Z 6p eingefügt:

„6p. Nach § 81 werden folgende § 81a und § 81b samt Überschrift eingefügt:

„Verbrauchs- und Stromkosteninformation bei Messung durch intelligente Messgeräte

§ 81a. (1) Endverbrauchern, deren Verbrauch mithilfe eines intelligenten Messgeräts gemessen wird, ist vom Lieferanten monatlich innerhalb von einer Woche nach Übermittlung der durch ein intelligentes Messgerät erfassten Messwerte gemäß § 84


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Abs. 1 eine aufgrund der gemessenen Tageswerte oder, soweit sie verrechnungs­relevant sind, der Viertelstundenwerte erstellte, detaillierte, klare und verständliche Verbrauchs- und Stromkosteninformation über die Gesamtkosten kostenlos auf elektro­nischem Wege zu übermitteln. Auf ausdrücklichen Wunsch des Endverbrauchers ist diese Verbrauchs- und Stromkosteninformation nicht zu übermitteln. Dem Endver­braucher ist die Wahlmöglichkeit einzuräumen, die Verbrauchs- und Stromkosten­information auf Verlangen wahlweise auch kostenlos in Papierform zu erhalten.

(2) Im Fall einer gesonderten Rechnungslegung durch den Netzbetreiber gilt Abs. 1 für diesen sinngemäß.

(3) Endverbraucher sind über ihre Rechte auf Zugang zu ihren Verbrauchsdaten nach Abs. 1 transparent, verständlich und kostenlos zu informieren.

(4) Die Regulierungsbehörde kann mit Verordnung die Mindestanforderungen an den Detaillierungsgrad und die Form der Bereitstellung der Verbrauchs- und Strom­kosten­information gemäß Abs. 1 und Abs. 2 festlegen. Sie hat dabei die Verständlichkeit sowie die Eignung der Information zur Bewirkung von Effizienzsteigerungen zu berück­sichtigen.

Verbrauchs- und Stromkosteninformation ohne Messung durch intelligente Messgeräte

§ 81b. Endverbrauchern ohne Lastprofilzähler, deren Verbrauch nicht mithilfe eines intelligenten Messgeräts gemessen wird, ist eine detaillierte, klare und verständliche Verbrauchs- und Stromkosteninformation mit der Rechnung zu übermitteln. Darüber hinaus hat der Netzbetreiber diesen Endverbrauchern die Möglichkeit einzuräumen, einmal vierteljährlich Zählerstände bekannt zu geben. Der Netzbetreiber ist im Fall der Zählerstandsbekanntgabe verpflichtet, dem Lieferanten unverzüglich, spätestens jedoch binnen zehn Tagen nach Übermittlung durch den Endverbraucher, die Ver­brauchs­daten zu senden. Dem Endverbraucher ist innerhalb von zwei Wochen eine detaillierte, klare und verständliche Verbrauchs- und Stromkosteninformation kostenlos auf elektronischem Wege zu übermitteln. § 81a gilt sinngemäß. Auf ausdrücklichen Wunsch des Endverbrauchers ist diese Verbrauchs- und Stromkosteninformation nicht zu übermitteln.““

19. In Art. 1 wird als Z 6q eingefügt:

„6q. In § 82 Abs. 1 und Abs. 2 wird jeweils die Wortfolge „eines der Rechnung beizu­legenden Informationsblattes“ durch die Wortfolge „eines einmal jährlich einer Rech­nung beizulegenden Informationsblattes“ ersetzt.“

20. In Art. 1 wird als Z 6r eingefügt:

„6r. § 82 Abs. 1 Z 7 lautet:

„7. über das Recht auf Versorgung gemäß § 77,““

21. In Art. 1 wird als Z 6s eingefügt:

„6s. In § 82 Abs. 1 Z 8 wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z 9 und 10 angefügt:

„9. Informationen über die Rechte der Endverbraucher gemäß § 81b,

10. Informationen über die Rechte der Endverbraucher gemäß § 84.““

22. In Art. 1 wird als Z 6t eingefügt:

„6t. § 82 Abs. 2 Z 4 lautet:

„4. Informationen über die Rechte der Endverbraucher gemäß § 81b,““

23. In Art. 1 wird als Z 6u eingefügt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 267

„6u. § 82 Abs. 5 entfällt und § 82 Abs. 4 erhält die Absatzbezeichnung „(6)“; § 82 Abs. 3 bis Abs. 5 lauten wie folgt:

„(3) Der Netzbetreiber ist in Fällen der Vertragsverletzung, insbesondere bei Zahlungs­verzug oder Nichtleistung einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung, verpflichtet zumindest zweimal inklusive einer jeweils mindestens zweiwöchigen Nachfristsetzung zu mahnen. Die zweite Mahnung hat auch eine Information über die Folge einer Abschaltung des Netzzuganges nach Verstreichen der zweiwöchigen Nachfrist sowie über die damit einhergehenden voraussichtlichen Kosten einer allfälligen Abschaltung zu enthalten. Die letzte Mahnung hat mit eingeschriebenem Brief zu erfolgen. Netzbetreiber haben bei jeder Mahnung im Sinne des ersten Satzes auf die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Beratungsstellen gemäß Abs. 7 hinzuweisen. Wurde der Vertrag zur Belieferung mit elektrischer Energie (Energieliefervertrag) verletzt, so hat der Lieferant dieses Mahnverfahren einzuhalten.

(4) Im Falle der Beendigung eines Energieliefervertrages aufgrund ordentlicher Kündi­gung, Zeitablauf oder Widerspruch gemäß § 80 Abs. 2 ist weder durch Netzbetreiber noch durch Lieferanten ein Mahnverfahren gemäß Abs. 3 durchzuführen. Dies gilt auch bei missbräuchlichem Verhalten des Endverbrauchers, wie etwa Manipulation von Messeinrichtungen.

(5) Wird eine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung durch den Netzbetreiber oder Lieferanten gefordert, hat jeder Endverbraucher ohne Lastprofilzähler, unbeschadet der ihm gemäß § 77 eingeräumten Rechte, stattdessen das Recht auf Nutzung eines Zählgerätes mit Prepaymentfunktion.““

24. In Art. 1 wird als Z 6v eingefügt:

„6v. Nach § 82 Abs. 6 werden folgende Abs. 7 und Abs. 8 angefügt:

„(7) Lieferanten, die mehr als 49 Beschäftigte und einen Umsatz von über 10 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von über 10 Millionen Euro aufweisen, haben ab 1. Jänner 2015 eine Anlauf- und Beratungsstelle für ihre Kunden für Fragen zu den Themen Stromkennzeichnung, Lieferantenwechsel, Energieeffizienz, Stromkosten und Energiearmut einzurichten.

(8) Abschaltungen von Anlagen von Haushaltskunden und Kleinunternehmen in Folge von Zahlungsverzug dürfen nicht am letzten Arbeitstag vor Wochenenden oder gesetzlichen Feiertagen vorgenommen werden.““

25. In Art. 1 wird als Z 6w eingefügt:

„6w. In § 83 Abs. 1 letzter Satz wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und fol­gende Wortfolge angefügt:

„über die Einführung, insbesondere auch über die Kostensituation, die Netzsituation, Datenschutz und Datensicherheit und Verbrauchsentwicklung bei den Endver­brauchern, Bericht zu erstatten und die Endverbraucher zeitnah über den Einbau eines intelligenten Messgeräts sowie die damit verbundenen Rahmenbedingungen zu informieren. Im Rahmen der durch die Verordnung bestimmten Vorgaben für die Instal­lation intelligenter Messgeräte hat der Netzbetreiber den Wunsch eines Endver­brauchers, kein intelligentes Messgerät zu erhalten, zu berücksichtigen. Die Regulie­rungs­behörde hat die Aufgabe, die Endverbraucher über allgemeine Aspekte der Einführung von intelligenten Messgeräten zu informieren und über die Einführung von intelligenten Messgeräten, insbesondere auch über die Kostensituation, die Netzsitu­ation, Datenschutz und Datensicherheit, soweit bekannt, den Stand der Entwicklungen auf europäischer Ebene und über die Verbrauchsentwicklung bei den Endver­brauchern, jährlich einen Bericht zu erstatten.““


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 268

26. In Art. 1 wird als Z 6x eingefügt:

„6x. In § 83 Abs. 2 entfällt der letzte Satz; folgende Sätze in Abs. 2 sowie folgender Abs. 3 bis Abs. 6 werden angefügt:

„Die Verordnung hat zumindest jene Mindestfunktionalitäten vorzuschreiben, die intelligente Messgeräte enthalten müssen, um die in Abs. 3 bis Abs. 5 sowie in § 84 und § 84a festgelegten Aufgaben zu erfüllen. Die intelligenten Messgeräte sind jedenfalls dahingehend auszustatten, dass eine Messung und Speicherung von Zählerständen in einem Intervall von 15 Minuten möglich ist, die Speicherung der Werte für 60 Kalendertage im intelligenten Messgerät erfolgt, eine Fernauslesung der im Gerät gespeicherten Messdaten über eine bidirektionale Kommunikations­schnitt­stelle sowie eine Unterbrechung und Freigabe der Anlage aus der Ferne möglich ist und eine Abrufbarkeit der Daten durch den Endverbraucher über eine unidirektionale Kommunikationsschnittstelle erfolgen kann. Die Regulierungsbehörde hat die Vertreter des Konsumentenschutzes sowie die Datenschutzbehörde und den Datenschutzrat weitestmöglich einzubinden. Der Betrieb von intelligenten Messgeräten sowie ihre Kommunikation, auch zu externen Geräten, sind nach anerkanntem Stand der Technik abzusichern, um Unberechtigten den Zugriff über den aktuellen Zählerstand hinaus nicht zu ermöglichen. Der Betrieb von intelligenten Messgeräten hat den maß- und eichgesetzlichen und datenschutzrechtlichen Bestimmungen sowie dem anerkannten Stand der Technik zu entsprechen.

(3) Die Sichtanzeige am intelligenten Messgerät ist standardmäßig so zu konfigurieren, dass nur der aktuelle Zählerstand abgelesen werden kann. Zu Zwecken der Über­prüfung von darüber hinausgehenden, im Messgerät gespeicherten verrechnungs­relevanten Werten ist auf Kundenwunsch die Anzeige des intelligenten Messgerätes dahingehend freizugeben, dass eine Überprüfung dieser Werte anhand der Anzeige des intelligenten Messgeräts selbst ermöglicht wird. Diese Freigabe hat kostenlos und ohne unverhältnismäßigen Zusatzaufwand für den Endverbraucher zu erfolgen. Auf ausdrücklichen Wunsch des Endverbrauchers ist die Sichtanzeige zeitnah und kostenlos wieder in ihren ursprünglichen Konfigurationsstand zurückzusetzen.

(4) Es sind insbesondere im Falle von Wechsel oder Auflösung des Vertrags­ver­hältnisses mit dem Netzbetreiber die Anzeige der historischen Messwerte der vorher­gehenden Vertragsverhältnisse, sofern vorhanden, dahingehend abzusichern, dass eine Ablesung anhand der Anzeige oder Auslesung anhand einer unidirektionalen Schnittstelle des intelligenten Messgerätes durch Nichtberechtigte verhindert wird. Diese Sperrung ist unverzüglich und kostenlos aufzuheben, sobald keine Messwerte des vorhergehenden Vertragsverhältnisses mehr im intelligenten Messgerät selbst zur Verfügung stehen. Davon unabhängig sind jedoch die aus gesetzlichen Vorschriften und aus dem gegenwärtigen Vertragsverhältnis entstehenden Verpflichtungen des Netzbetreibers zur Bereitstellung der Werte gemäß § 84 Abs. 1 und Abs. 2 und der Übermittlung an den Lieferanten gemäß § 84a Abs. 2.

(5) Die Verpflichtung des Netzbetreibers zur Absicherung der im intelligenten Messgerät gespeicherten Messwerte gegen einen Zugriff Nichtberechtigter im Sinne des Abs. 2 gilt sinngemäß auch für alle weiteren vorhandenen Schnittstellen des Gerätes.

(6) Sofern es die Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit im Zusam­menhang mit dem Betrieb von intelligenten Messsystemen erfordert, kann der Bundes­minister für Wirtschaft, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler mit Verordnung unter Bedachtnahme auf die relevanten internationalen Vorschriften sowie die technische und wirtschaftlich vertretbare Umsetzbarkeit nähere Bestimmun­gen zum Stand der Technik festlegen, denen ein Netzbetreiber zu entsprechen hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 269

Dabei sind insbesondere die jährlichen Berichte der Regulierungsbehörde nach Abs. 1 sowie internationale Sicherheitsstandards zu berücksichtigen.““

27. In Art. 1 wird als Z 6y eingefügt:

„6y. § 84 und § 84a lauten:

„§ 84. (1) Netzbetreiber haben dafür zu sorgen, dass spätestens sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Installation eines intelligenten Messgeräts beim jeweiligen Endver­braucher einmal täglich ein Verbrauchswert sowie sämtliche Viertelstundenwerte im intelligenten Messgerät erfasst und zur Verfügbarkeit für den Kunden für 60 Kalendertage im intelligenten Messgerät zu Zwecken der Verrechnung, Kundeninfor­mation (§ 81a), Energieeffizienz, der Energiestatistik und der Aufrechterhaltung eines sicheren und effizienten Netzbetriebes gespeichert werden. Jedes installierte intelli­gente Messgerät ist dabei einer Netzbenutzerkategorie gemäß § 16 Abs. 2 zuzu­ordnen.

(2) Netzbetreiber sind verpflichtet, jenen Endverbrauchern, deren Verbrauch über ein intelligentes Messgerät gemessen wird, jedenfalls die täglichen Verbrauchswerte sowie, auf ausdrücklichen Wunsch je nach vertraglicher Vereinbarung oder Zustim­mung, Viertelstundenwerte spätestens zwölf Stunden nach deren Auslesung aus dem Messgerät jedenfalls über ein kundenfreundliches Web-Portal kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Auslesung dieser Verbrauchswerte aus dem Messgerät hat dabei zumindest einmal täglich zu erfolgen. Dazu haben die Netzbetreiber Vorkehrungen für eine sichere Identifizierung und Authentifizierung der Endverbraucher auf dem Web-Portal sowie für eine verschlüsselte Übermittlung der Daten nach dem Stand der Technik zu treffen. Endverbrauchern, die über keinen Internetzugang verfügen oder die nur auf unzumutbare Weise Zugang zum Internet haben, ist nach Möglichkeit ein vergleichbarer Informationsstand zu ermöglichen.

(3) Die Endverbraucher sind im Falle der Inanspruchnahme der Informationsmög­lichkeiten über den Weg des Web-Portal gemäß Abs. 2 durch einen ausdrücklichen Hinweis transparent zu informieren, dass die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit die Fernauslesung ihrer Verbrauchsdaten aus dem intelligenten Messgerät zur Voraus­setzung hat und die Datenbereitstellung im Web-Portal jeweils nach Ablauf von 36 Monaten ab Verfügbarkeit sowie im Falle der Auflösung des Vertragsverhältnisses mit dem Netzbetreiber endet. Dieser ausdrückliche Hinweis hat zumindest in den Allge­meinen Bedingungen von Netzbetreibern sowie gleichlautend unmittelbar bei der Registrierung im Web-Portal zu erfolgen.

(4) Endverbrauchern ist die Möglichkeit einzuräumen, ihr Nutzerkonto im Web-Portal gemäß Abs. 2 kostenfrei jederzeit wieder vollständig entweder selbständig oder durch den Netzbetreiber ohne unverhältnismäßigen Mehraufwand für den Endverbraucher zu löschen. Diesfalls hat für Zwecke der Bereitstellung im Web-Portal die weitere Ausle­sung und Verarbeitung von Verbrauchsdaten aus dem intelligenten Messgerät des betroffenen Endverbrauchers zu unterbleiben. Darüber hinaus ist den Endverbrauchern auch die Möglichkeit einzuräumen, im Web-Portal Verbrauchswerte zumindest monats­weise nach Kenntnisnahme zu löschen, wobei Gelegenheit zur lokalen Sicherung im Hinblick auf die Rechnungsprüfung zu bieten ist.

(5) Endverbrauchern ist vom Netzbetreiber darüber hinaus auf ausdrücklichen Wunsch die Möglichkeit einzuräumen, über eine unidirektionale Kommunikationsschnittstelle des intelligenten Messgeräts alle in diesem Gerät erfassten Messwerte auszulesen. Es sind dabei sämtliche im Messgerät erfassten Daten über diese Schnittstelle in einem derart zeitnahen Zyklus auszugeben, dass die in der Anlage des Endverbrauchers verfügbaren Anwendungen, welche diesbezügliche Daten benötigen, sinnvoll und effizient betrieben werden können. Der Zugriff sowie die Spezifikationen dieser Kom-


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munikationsschnittstelle sind auf Wunsch allen Berechtigten, diskriminierungsfrei und kostenlos zur Verfügung zu stellen.

(6) Endverbraucher sind über ihre Rechte gemäß Abs. 1 bis Abs. 5 auf Zugang zu ihren Verbrauchsdaten durch den Netzbetreiber transparent und verständlich zu informieren.

(7) Die Regulierungsbehörde kann mit Verordnung die Anforderungen an den Detaillie­rungsgrad und die Form der Bereitstellung der Verbrauchsinformation im Web-Portal gemäß Abs. 2 feststellen. Erforderlichenfalls kann die Regulierungsbehörde den Detaillierungsgrad der Daten, die von der Schnittstelle gemäß Abs. 5 bereitgestellt werden, festlegen. Sie hat dabei die Verständlichkeit sowie die Eignung der Information zur Bewirkung von Effizienzsteigerungen zu berücksichtigen. Weiters kann die Regulierungsbehörde Anforderungen an die standardisierte Übermittlung der Daten sowie deren Format vom Netzbetreiber an den Endverbraucher oder an vom Endverbraucher bevollmächtigte Dritte festlegen, wobei ein Direktzugriff Dritter auf das Web-Portal jedenfalls unzulässig ist.

§ 84a. (1) Eine Auslesung samt Verwendung von Viertelstundenwerten der Endver­braucher durch den Netzbetreiber ist nur bei ausdrücklicher Zustimmung des End­verbrauchers oder zur Erfüllung von Pflichten aus einem vom Kunden gewählten, auf Viertelstundenwerten basierenden Liefervertrag zulässig. Davon abgesehen dürfen Netzbetreiber diese Daten in begründeten lokalen Einzelfällen auch ohne Zustimmung des Endverbrauchers aus dem intelligenten Messgerät auslesen, soweit dies für den Zweck der Aufrechterhaltung eines sicheren und effizienten Netzbetriebes unabdingbar ist. Die bezüglichen Daten sind unverzüglich zu löschen, sobald sie für die Erfüllung des Zwecks nicht mehr benötigt werden. Netzbetreiber haben der Regulie­rungs­behörde jährlich einen Bericht über die Anlassfälle für derartige Datenauslesungen zu legen. Weiters dürfen Viertelstundenwerte auf Anordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend zum Zweck der Elektrizitätsstatistik gemäß § 92, insbe­sondere zu dem Zweck, Entwicklungen der tageszeitlichen Schwankungen (Tages­ganglinien) der Erzeugung aus erneuerbaren Energieträgern sowie Entwicklungen der tageszeitlichen Schwankungen der Stromabnahme aus dem öffentlichen Netz auszu­werten, und auf Anordnung der Regulierungsbehörde zum Zweck der Energielenkung gemäß Energielenkungsgesetz 2012 sowie zum Zweck der Überwachung nach § 88 aus dem intelligenten Messgerät ausgelesen werden, sofern sie unmittelbar nach deren Auslesung mit Daten von anderen Endverbrauchern weitestmöglich aggregiert werden und anschließend anonymisiert und nur in dieser anonymisierten Form ver­wendet werden. Daten dürfen aus einem intelligenten Messgerät für Zwecke der Statistik nur dann ausgelesen werden, wenn bei Netzbetreibern die hierfür erfor­der­lichen statistischen Daten nicht vorhanden sind. Der Endverbraucher ist im Falle einer Auslesung der Viertelstundenwerte ohne Einwilligung zeitnah darüber zu informieren.

(2) Netzbetreiber sind verpflichtet, am Beginn des darauffolgenden Kalendermonats unverzüglich, spätestens jedoch zum Fünften dieses Monats, alle täglich erhobenen Verbrauchswerte jener Endverbraucher, deren Verbrauch mithilfe eines intelligenten Messgeräts gemessen wird, an die jeweiligen Lieferanten zu den in § 81a genannten Zwecken sowie zu Zwecken der Verrechnung zu übermitteln; Viertelstundenwerte dürfen nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Endverbrauchers oder zur Erfüllung vertraglicher Pflichten an den Lieferanten übermittelt werden. Die Regulierungsbehörde kann mit Verordnung die Anforderungen an die standardisierte Übermittlung dieser Daten sowie deren Format vom Netzbetreiber an den Lieferanten oder an vom Endverbraucher bevollmächtigte Dritte festlegen.

(3) Erfordert ein Vertrag die Auslesung samt Verwendung von Viertelstundenwerten oder erteilt der Endverbraucher seine Zustimmung zur Auslesung samt Verwendung


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von Viertelstundenwerten unter Angabe deren Zwecks, so ist der Endverbraucher durch einen ausdrücklichen Hinweis transparent zu informieren, dass mit Vertrags­abschluss bzw. mit Erteilung der Zustimmung die Datenverwendung zulässig ist. Dieser ausdrückliche Hinweis hat unter Angabe des Zwecks der Datenverwendung in den Allgemeinen Bedingungen von Netzbetreibern sowie in den Allgemeinen Bedin­gungen und im Vertragsformblatt der Lieferanten zu erfolgen.

(4) Erfolgt die Installation eines intelligenten Messgerätes gemäß § 83 Abs. 1 bei einem Endverbraucher mit aufrechtem Vertragsverhältnis, dessen Weiterführung auf­grund einer bestehenden tageszeitabhängigen Verrechnung zwingend die Auslesung von Verbrauchswerten, die über einen täglichen Verbrauchswert hinausgehen, erfordern würde, so ist der Endverbraucher über diesen Umstand nachweislich, trans­parent und verständlich zu informieren. Weiters ist der Endverbraucher über die Mög­lichkeit des Umstiegs auf eine Verrechnung, die nur die Auslesung von täglichen Verbrauchswerten erfordert, nachweislich, transparent und verständlich zu informieren. Für die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu den ursprünglichen Bedingungen bedarf es der ausdrücklichen Zustimmung des Endverbrauchers.

(5) Eine Verwendung von mittels intelligenten Messgeräten gemessenen Verbrauchs­daten für andere als die in Abs. 1 bis Abs. 4 sowie § 76, § 81, § 81a, und § 84 genannten Zwecke, für verwaltungsrechtliche, verwaltungsgerichtliche oder zivilgericht­liche Verfahren, die sich nicht unmittelbar auf Zwecke dieses Gesetzes beziehen, ist unzulässig.““

28. (Grundsatzbestimmung) In Art. 1 wird als Z 8a eingefügt:

„8a. (Grundsatzbestimmung) In § 91 Abs. 1 wird die Wortfolge „haben die Ausfüh­rungs­gesetze einen Elektrizitätsbeirat vorzusehen“ durch die Wortfolge „können die Ausführungsgesetze einen Elektrizitätsbeirat vorsehen“ ersetzt.“

29. In Art. 1 wird als Z 8b eingefügt:

„8b. In § 92 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Die von der Regulierungsbehörde erhobenen statistischen Daten sind zu veröf­fentlichen.““

30. (Verfassungsbestimmung) In Art. 1 wird als Z 8c eingefügt:

„8c. (Verfassungsbestimmung) § 97 entfällt samt Überschrift.“

31. In Art. 1 wird als Z 8d eingefügt:

„8d. § 99 Abs. 1 Z 4 bis Z 6 lauten:

„4. bewirkt, dass die in § 76 Abs. 2 vorgesehene Wechselfrist nicht eingehalten wird;

5. entgegen § 76 Abs. 4 letzter Satz einen Prozess ohne Willenserklärung eines Endverbrauchers einleitet;

6. seinen Verpflichtungen gemäß § 76 Abs. 5 bis Abs. 7 nicht entspricht;““

32. In Art. 1 wird als Z 9a eingefügt:

„9a. § 99 Abs. 2 Z 5 lautet:

„5. seinen Verpflichtungen zur Datenübermittlung gemäß § 19 Abs. 4 oder § 76 Abs. 4 nicht nachkommt;““

33. In Art. 1 wird als Z 9b eingefügt:

„9b. § 99 Abs. 2 Z 11 bis Z 15 lautet:

„11. seinen Verpflichtungen gemäß § 81 bis § 81b nicht nachkommt;


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12. den aufgrund einer Verordnung gemäß § 81a, § 81b, § 83, § 84 oder § 84a festgelegten Verpflichtungen nicht entspricht;

13. seinen Verpflichtungen gemäß § 82 oder § 83 nicht nachkommt;

14. seinen Verpflichtungen gemäß § 84 nicht entspricht;

15. seinen Verpflichtungen gemäß § 84a nicht entspricht;““

34. In Art. 1 wird als Z 9c eingefügt:

„9c. § 99 Abs. 3 Z 1 lautet:

„1. entgegen § 11, § 48 Abs. 2, § 76 oder § 84 Daten widerrechtlich offenbart;““

35. In Art. 1 wird als Z 10a eingefügt:

„10a. § 103 lautet samt Überschrift:

„Besondere Bestimmungen über Verwaltungsstrafverfahren

§ 103. (1) Die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß § 99 bis § 102 beträgt ein Jahr.

(2) Der Versuch ist strafbar. Ein erzielter Vermögensvorteil ist als verfallen zu erklären.““

36. In Art. 1 wird als Z 10b eingefügt:

„10b. § 108 Abs. 1 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“;die Wortfolge „§ 76 Abs. 3“ wird durch die Wortfolge § 76 Abs. 4“ sowie die Wortfolge „§ 84 Abs. 1“ durch die Wortfolge „§ 84“ ersetzt.“

37. In Art. 1 wird als Z 11a eingefügt:

„11a. § 109 Abs. 3 letzter Satz lautet:

„(3) § 59 Abs. 6 Z 6 tritt mit 1. Jänner 2013 in Kraft.““

38. In Art. 1 wird als Z 14 eingefügt:

„14. § 111 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die aufgrund von Rechtsvorschriften dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnun­gen bleiben im Fall der Novelle dieses Bundesgesetzes weiterhin in Geltung.““

39. In Art. 1 wird als Z 15 angefügt:

„15. Nach § 111 Abs. 2 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Pumpspeicherkraftwerke und Anlagen zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder synthetisches Erdgas, die erstmals nach Inkrafttreten dieser Bestimmung bis Ende 2020 in Betrieb genommen werden, haben keine der für den Bezug elektrischer Energie bis Ende 2020 verordneten Netznutzungsentgelte und Netzverlustentgelte zu entrichten.““

40. (Verfassungsbestimmung) In Art. 1 wird als Z 16 angefügt:

„16. (Verfassungsbestimmung) In § 114 Abs. 2 entfällt die Wortfolge „§ 97,“.“

41. In Art. 1 wird als Z 17 angefügt:

„17. Die Bezeichnung der Anlage III lautet:

„Anlage III

(zu § 71)““


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42. Art. 2 Z 1 erhält die Bezeichnung „1a.“. Z 1 lautet:

„1. Das Inhaltsverzeichnis wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird die Wortfolge „§ 96. Physikalische Abwicklungsstelle für Gasbörsegeschäfte“ ersetzt durch „§ 96. Betreiber des Virtuellen Handelspunktes“, die Wortfolge „§ 123. Wechsel des Versorgers oder der Bilanzgruppe und Neuanmel­dungsprozess“ ersetzt durch „§ 123. Verfahren für Wechsel, Anmeldung, Abmeldung und Widerspruch“, die Wortfolge „§ 124. Versorger letzter Instanz“ ersetzt durch „§ 124. Grundversorgung“, nach § 124 die Wortfolge „§ 124a. Ersatzversorgung mit Energie“, nach § 126 die Wortfolge „§ 126a. Verbrauchs- und Gaskosteninformation bei Messung durch intelligente Messgeräte“, nach § 126a die Wortfolge „§ 126b. Verbrauchs- und Gaskosteninformation ohne Messung durch intelligente Messgeräte“, eingefügt und die Wortfolge „§ 163. Verjährung“ ersetzt durch „§ 163. Besondere Bestimmungen über Verwaltungsstrafverfahren“.“

43. In Art. 2 wird als Z 2a eingefügt:

„2a. § 7 Abs. 1 Z 26 lautet:

„26. „intelligentes Messgerät“ eine technische Einrichtung, die den tatsächlichen Zählerstand und Nutzungszeitraum zeitnah misst und die über eine fernauslesbare Datenübertragung verfügt. Diese Geräte sind für einen flächendeckenden Einbau kon­zipiert und unterscheiden sich daher in Art, Anbringung und Übertragung vom Last­profilzähler;““

44. In Art. 2 wird als Z 3a eingefügt:

„3a. In § 27 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Jeder Zählpunkt ist durch den Netzbetreiber einer Netzbenutzerkategorie zuzu­ordnen. Die Regulierungsbehörde hat mit Verordnung Netzbenutzerkategorien, jeweils getrennt nach Einspeisern und Entnehmern sowie den Zeitrahmen für diese Zuordnung festzulegen.““

45. In Art. 2 wird als Z 3b eingefügt:

„3b. In § 28 Abs. 3 Z 9 wird die Wortfolge „§ 123 Abs. 1“ durch die Wortfolge „§ 123 Abs. 5“ ersetzt.“

46. In Art. 2 wird als Z 3c eingefügt:

„3c. In § 31 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Jeder Zählpunkt ist durch den Netzbetreiber einer Netzbenutzerkategorie zuzu­ordnen. Die Regulierungsbehörde hat mit Verordnung Netzbenutzerkategorien, jeweils getrennt nach Einspeisern und Entnehmern, und den Zeitrahmen für diese Zuordnung festzulegen.““

47. Art. 2 Z 5 lautet:

„5. § 71 lautet:

„§ 71. (1) Differenzbeträge zwischen den tatsächlich erzielten und den der Gas-System­nutzungsentgelte-Verordnung zu Grunde liegenden Erlösen sind bei der Feststellung der Kostenbasis für die nächsten zu erlassenden Gas-Systemnutzungs­entgelte-Verordnungen auszugleichen.

(2) Maßgebliche außergewöhnliche Erlöse oder Aufwendungen können über das Regulierungskonto über einen angemessenen Zeitraum verteilt werden.


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(3) Wurde ein Kostenbescheid aufgehoben, ist eine abweichende Kostenfeststellung im Ersatzbescheid bei der Feststellung der Kostenbasis für die nächsten Entgelt­perioden zu berücksichtigen.

(4) Wurde ein Kostenbescheid abgeändert, ist eine abweichende Kostenfeststellung bei der Feststellung der Kostenbasis für die nächsten Entgeltperioden zu berück­sichtigen.

(5) Wird eine Gas-Systemnutzungsentgelte-Verordnung oder eine aufgrund der § 23bis § 23c des Gaswirtschaftsgesetzes, BGBl. I Nr. 121/2000, in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. 148/2002, erlassene Verordnung vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben oder hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass eine Verord­nung gesetzwidrig war, und ergeben sich daraus Minder- oder Mehrerlöse, sind diese bei der Feststellung der Kostenbasis über einen angemessenen Zeitraum zu berück­sichtigen.

(6) Die Ansprüche und Verpflichtungen, die vom Regulierungskonto erfasst werden, sind im Rahmen des Jahresabschlusses zu aktivieren oder zu passivieren. Die Bewer­tung der Posten richtet sich nach den geltenden Rechnungslegungsvorschriften.

(7) Abs. 3 bis Abs. 5 gelten sinngemäß für Bescheide gemäß § 82.““

48. In Art. 2 wird als Z 5a eingefügt:

„5a. In § 73 Abs. 1 wird der Satz „Der leistungsbezogene Anteil des Netznutzungs­entgeltes ist auf einen Zeitraum eines Jahres zu beziehen und kann als Pauschale bestimmt werden.“ durch den Satz „Der leistungsbezogene Anteil des Netznutzungs­entgeltes kann auf einen Zeitraum eines Jahres bezogen und als Pauschale bestimmt werden.“ ersetzt.“

49. In Art. 2 wird als Z 5b eingefügt:

„5b. In § 73 Abs. 2 wird nach dem Wort „Abrechnungsperiode“ die Wortfolge „täglich oder“ eingefügt.“

50. In Art. 2 wird als Z 5c eingefügt:

„5c. § 77 Abs. 4 erster Satz lautet:

„Eine Ab- bzw. Auslesung der Zähleinrichtung hat – mit Ausnahme von Lastprofil­zählern, die vom Netzbetreiber jedenfalls zumindest monatlich ausgelesen werden, sowie intelligenten Messgeräten, die gemäß § 129 Abs. 1 ausgelesen werden, – zumindest einmal jährlich zu erfolgen.““

51. In Art. 2 wird als Z 5d eingefügt:

„5d. In § 79 wird folgender Abs. 8 eingefügt:

„(8) Sofern die angewandte Regulierungssystematik für ein- oder mehrjährige Regu­lierungsperioden gemäß Abs. 1 bis Abs. 6 einen Zeitverzug in der Abgeltung durch die Systemnutzungsentgelte bewirkt, können entsprechende Differenzbeträge im Rahmen des Jahresabschlusses aktiviert werden bzw. sind diese im Rahmen des Jahres­ab­schlusses als Rückstellung zu passivieren. Die Bewertung der Posten richtet sich nach den geltenden Rechnungslegungsvorschriften.““

52. In Art. 2 wird als Z 5e eingefügt:

„5e. In § 87 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Allfällige Differenzbeträge, die sich aus der Ausgleichsenergieabrechnung inner­halb eines Geschäftsjahres ergeben, sind im Jahresabschluss des Bilanzgruppen­koordinators ergebniswirksam abzugrenzen und im darauf folgenden Geschäftsjahr


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auszugleichen. Der nicht durch Erlöse gedeckte Teil der Aufwendungen aus der Aus­gleichsenergieverrechnung eines Geschäftsjahres ist im Jahresabschluss des Bilanz­gruppenkoordinators als Verrechnungsforderung anzusetzen und mit künftigen Über­schüssen aus der Ausgleichsenergieabrechnung zu verrechnen. Übersteigen in einem Geschäftsjahr die Erträge aus der Ausgleichsenergieverrechnung eines Geschäfts­jahres die damit zusammenhängenden Aufwendungen, so sind die sich daraus erge­benden Überschüsse als Verrechnungsverbindlichkeiten in die Bilanz des Bilanz­gruppenkoordinators einzustellen und mit künftig anfallenden Unterdeckungen aus der Ausgleichsenergieabrechnung gegenzurechnen.““

53. In Art. 2 wird als Z 5f eingefügt:

„5f. § 93 Abs. 1 Z 1 lautet:

„1. Vereinbarungen mit dem Bilanzgruppenkoordinator, dem Verteilergebietsmanager, dem Betreiber des Virtuellen Handelspunktes, der Erdgasbörse am Virtuellen Handels­punkt, sowie dem Marktgebietsmanager, die zur Erfüllung der in diesem Gesetz festgelegten Aufgaben und Verpflichtungen, insbesondere in administrativer und kom­merzieller Hinsicht, erforderlich sind;““

54. In Art. 2 wird als Z 5g eingefügt:

„5g. § 96 samt Überschrift lautet:

„Betreiber des Virtuellen Handelspunktes

§ 96. Der Betreiber des Virtuellen Handelspunktes hat mit dem Marktgebietsmanager bzw. der Verrechnungsstelle für Transaktionen und Preisbildung für Ausgleichsenergie im Verteilernetz erforderlichenfalls Vereinbarungen abzuschließen. Darin ist sicher­zustellen, dass alle durch die Börseaktivitäten des Netzbenutzers verursachten und durch Nominierungen beeinflussbaren Balancing-Erfordernisse und -Aktivitäten auf dem Virtuellen Handelspunkt zu konzentrieren sind.““

55. In Art. 2 wird als Z 5h eingefügt:

„5h. § 123 samt Überschrift lautet :

„Verfahren für Wechsel, Anmeldung, Abmeldung und Widerspruch

§ 123. (1) Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen können Verträge mit ihrem Versorger unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen kündigen, ohne einen gesonderten Kündigungstermin einhalten zu müssen. Versorger können Verträge mit Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunter­nehmen nur unter Einhaltung einer Frist von zumindest acht Wochen kündigen. Sind Bindungsfristen vertraglich vereinbart, so ist die ordentliche Kündigung spätestens zum Ende des ersten Vertragsjahres und in weiterer Folge für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen sowie für Versorger unter Einhaltung einer Frist von zumindest acht Wochen möglich.

(2) Die Dauer des für den Versorgerwechsel maßgeblichen Verfahrens darf, unbe­schadet weiterer bestehender zivilrechtlicher Verpflichtungen, höchstens drei Wochen, gerechnet ab Kenntnisnahme des Versorgerwechsels durch den Netzbetreiber, in Anspruch nehmen. Bei der Ausgestaltung des Verfahrens ist insbesondere auf die im Zusammenhang mit einem Wechsel vom Netzbetreiber zu treffenden technischen und organisatorischen Vorkehrungen, die Vereinbarkeit der Fristen und Termine mit der Bilanzierung nach dem Bilanzgruppensystem, die Gewährleistung der Versorgungs­sicherheit sowie die Durchsetzung des Kundenwillens zu achten. Der Versorger­wechsel ist für den Endverbraucher mit keinen gesonderten Kosten verbunden.


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(3) Endverbraucher ohne Lastprofilzähler können für die Einleitung und Durchführung des Wechsels relevante Willenserklärungen gegenüber Versorgern elektronisch über von diesen anzubietende Websites zu jeder Zeit formfrei vornehmen. Wird ein Ver­sorger durch den Endverbraucher zur Abgabe von Willenserklärungen bevollmächtigt, so ist die Bevollmächtigung Netzbetreibern und anderen Versorgern glaubhaft zu machen. Der Netzbetreiber hat den Endverbraucher unverzüglich über die Einleitung des Wechselprozesses in Kenntnis zu setzen. Die Versorger haben benutzer­freund­liche Vorkehrungen zu treffen, welche die Identifikation und Authentizität des Endver­brauchers sicherstellen. Die Regulierungsbehörde hat im Rahmen des Tarifkalkulators (§ 22 E-ControlG) durch Setzung von Hyperlinks eine Auffindung der Websites der Versorger zu ermöglichen. Die Versorger haben die hiefür erforderlichen, aktuellen Informationen der Regulierungsbehörde unaufgefordert zur Verfügung zu stellen.

(4) Sämtliche für die Vornahme des Wechsels, der Neuanmeldung, der Abmeldung und des Widerspruchs erforderlichen Prozesse werden elektronisch im Wege der von der Verrechnungsstelle zu betreibenden Plattform durchgeführt. Dies gilt insbesondere für die Endverbraucheridentifikation, die Bindungs- und Kündigungsabfrage sowie die Datenaktualisierung und Verbrauchsdatenübermittlung. Netzbetreiber und Versorger haben ausschließlich die für die genannten Verfahren notwendigen Daten, nämlich bei der Endverbraucheridentifikation Name, Adresse, Zählpunktbezeichnung, Lastprofiltyp, bestehender Versorger, sowie bei der Bindungs- und Kündigungsfristenabfrage Kündi­gungsfristen, Kündigungstermine sowie Bindungsfristen über die durch die Verrech­nungs­stelle zu betreibende Plattform dezentral in nicht diskriminierender Weise sämt­lichen bevollmächtigten Versorgern in standardisierter, elektronisch strukturierter Form auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Netzbetreiber und Versorger sind ebenfalls ver­pflichtet, sich an diese Plattform anzubinden. Versorger dürfen keine in diesem Absatz genannten Prozesse ohne Willenserklärung eines Endverbrauchers einleiten.

(5) Das für die Plattform (Abs. 4) eingesetzte Datenkommunikationsverfahren (Kom­muni­kationsprotokoll) ist nach dem Stand der Technik methodisch zu entwickeln und unabhängig zu überprüfen. Die Verrechnungsstelle hat insbesondere Vorkehrungen zu treffen, welche die Identifizierung und Authentifizierung der anfragenden neuen Netzbetreiber und Versorger sicherstellen.

(6) Die Verrechnungsstelle sowie die Netzbetreiber und Versorger haben jede über die Plattform nach Abs. 4 durchgeführte Anfrage und Auskunftserteilung betreffend End­verbraucherdaten revisionssicher zu protokollieren. Diese Protokollierung hat auf Seiten der Verrechnungsstelle die Vornahme sämtlicher über die Wechselplattform vorzunehmender Verfahrensschritte, insbesondere die Dauer der Verfahrensschritte, die Inanspruchnahme der für die Verfahrensschritte vorgesehenen Fristen für eine etwaige Vollmachtsprüfung, die Zugriffe durch authentifizierte Personen sowie die Verfügbarkeit der Schnittstellen der IT-Systeme der Versorger und Netzbetreiber mit der Plattform zu umfassen. Netzbetreiber und Versorger haben Datum und Uhrzeit der Anfrage und Auskunftserteilung, die anfragende und auskunftserteilende Stelle sowie den Zweck der Anfrage bzw. Auskunftserteilung zu erfassen. Versorger haben zu­sätzlich Angaben zur Identifizierung des betroffenen Endverbrauchers sowie eine eindeutige Kennung, welche eine Identifizierung der Person ermöglicht, die eine Anfrage nach Abs. 4 durchgeführt oder veranlasst hat, zu erfassen. Sämtliche Protokolldaten sind drei Jahre ab Entstehung aufzubewahren und dürfen ausschließ­lich zur Mithilfe bei der Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Anfrage, zur Auskunfts­erteilung und zu Zwecken des Verwaltungsstrafrechts sowie des § 24 und § 26 E-Control-Gesetz verwendet werden. Die Verrechnungsstelle hat bei Verdacht miss­bräuchlicher Anfragen sowie davon unabhängig in regelmäßigen Abständen stich­proben­artige Überprüfungen der getätigten Anfragen auf ihre Rechtmäßigkeit durchzu­führen. Über die Ergebnisse dieser Prüfung hat sie alle zwei Jahre einen Bericht an die


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Regulierungsbehörde zu legen; diese hat den Bericht in anonymisierter Form zu veröffentlichen.

(7) Die Regulierungsbehörde ist ermächtigt, sämtliche für den Versorgerwechsel sowie die für die Neuanmeldung und die Abmeldung von Endverbrauchern maßgeblichen Verfahren durch Verordnung näher zu regeln. Die Regulierungsbehörde ist weiters ermächtigt, die Art und den Umfang der in Abs. 4 genannten Daten und die zur Erfüllung der genannten Zielsetzungen darüber hinausgehend erforderlichen weiteren Datenarten durch Verordnung zu regeln. Ebenso ist die Regulierungsbehörde ermäch­tigt, Mindestsicherheitsstandards für die Form der Datenübermittlung (Abs. 4 und 5) von Netzbetreibern und Versorgern über die durch die Verrechnungsstelle betriebene Plattform sowie Einzelheiten der erforderlichen Datensicherheitsmaßnahmen, insbe­son­dere der Protokollierung, durch Verordnung näher zu regeln. Die Regulierungs­behörde ist weiters ermächtigt, bestimmte Prozesse von der gemäß Abs. 4 erster und zweiter Satz vorgesehenen verpflichtenden, im Wege der von der Verrechnungsstelle zu betreibenden Plattform erfolgenden elektronischen Durchführung auszunehmen, wenn ihr dies für eine einfachere und kosteneffizientere Abwicklung erforderlich scheint.““

56. In Art. 2 wird als Z 5i eingefügt:

„5i. In der Überschrift zu § 124 sowie in Abs. 1 werden die Wortfolgen „Versorger letzter Instanz“, „Versorgung in letzter Instanz“ und „Versorgung letzter Instanz“ jeweils durch die Wortfolge „Grundversorgung“ ersetzt.“

57. In Art. 2 wird als Z 5j eingefügt:

„5j. In § 124 werden folgende Abs. 4 und Abs. 5 angefügt:

„(4) Bei Berufung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Klein­unter­nehmen auf die Pflicht zur Grundversorgung sind Netzbetreiber, unbeschadet bis zu diesem Zeitpunkt vorhandener Zahlungsrückstände, zur Netzdienstleistung verpflichtet. Verbrauchern darf im Zusammenhang mit dieser Netzdienstleistung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt. Abs. 3 gilt sinngemäß. Im Falle eines nach Berufung auf die Pflicht zur Grundversorgung erfolgenden erneuten Zahlungs­verzuges, sind Netzbetreiber bis zur Bezahlung dieser ausstehenden Beträge zur physischen Trennung der Netzverbindung berechtigt, es sei denn der Kunde ver­pflichtet sich zur Vorausverrechnung mittels Prepaymentzahlung für künftige Netznut­zung und Lieferung. Der Netzbetreiber kann die Prepaymentzahlung ausschließlich aus sicherheitstechnischen Gründen ablehnen. § 127 Abs. 3 gilt im Falle des erneuten Zahlungsverzugs sinngemäß. Die Verpflichtung zur Prepaymentzahlung besteht nicht für Kleinunternehmen mit einem Lastprofilzähler.

(5) Eine im Rahmen der Grundversorgung eingerichtete Prepaymentfunktion ist auf Kundenwunsch zu deaktivieren, wenn der Endverbraucher seine im Rahmen der Grundversorgung angefallenen Zahlungsrückstände beim Versorger und Netzbetreiber beglichen hat oder wenn ein sonstiges schuldbefreiendes Ereignis eingetreten ist.““

58. In Art. 2 wird als Z 5k eingefügt:

„5k. Nach § 124 wird folgender § 124a samt Überschrift eingefügt:

„Ersatzversorgung mit Energie

§ 124a. (1) Kündigt eine Verrechnungsstelle den Vertrag mit dem Bilanzgruppen­verantwortlichen oder löst das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung auf, hat der Bilanzgruppenkoordinator das Ende des Vertragsverhältnis und den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung der Regulierungsbehörde, dem Marktgebietsmanager und den


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Netzbetreibern mitzuteilen, in deren Netz sich betroffene Zählpunkte befinden. Das gilt sinngemäß auch für die folgenden Fälle:

1. für eine Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Versorger und dem Bilanzgruppenverantwortlichen, wobei in diesem Fall der Bilanzgruppenverantwortliche die Verständigungen durchzuführen hat;

2. für eine Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Bilanzgruppen­verantwortlichen und dem Betreiber des Virtuellen Handelspunktes, wobei in diesem Fall der Betreiber des Virtuellen Handelspunktes die Regulierungsbehörde zu verständigen hat;

3. für eine Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Bilanzgruppen­verant­wortlichen und dem Marktgebietsmanager, wobei in diesem Fall der Marktgebiets­manager die Regulierungsbehörde zu verständigen hat.

(2) Für jeden Netzbereich, in dem der betroffene Versorger Kunden hat, hat die Regu­lierungsbehörde mit Losentscheid zu bestimmen, welchem Versorger die in der Bilanzgruppe verbleibenden Zählpunkte zuzuordnen sind. Der jeweilige Netzbetreiber ist zur Mitwirkung verpflichtet, insbesondere hat er der Regulierungsbehörde umge­hend mitzuteilen, welche Versorger im Netzbereich tätig sind. Der Losentscheid ist zwischen allen verbleibenden Versorgern vorzunehmen, die im jeweiligen Netzbereich Kunden versorgen. Sollte ein Versorger mitteilen, dass er die betroffenen Kunden nicht versorgen möchte, ist der Losentscheid zu wiederholen. Eine Ablehnung der Versorgung nur hinsichtlich eines Teiles der Kunden ist unzulässig.

(3) Die betroffenen Kunden sind vom neuen Versorger zu informieren. Die Netz­betreiber haben dem neuen Versorger die Daten, die bei einem Lieferantenwechsel zu übermitteln sind, elektronisch zu übermitteln.

(4) Bis zum Beginn der Wirksamkeit der Ersatzversorgung sind allfällige Ausgleichs­energiemengen, die sich aus der fehlenden Energieaufbringung des Versorgers ergeben, aus den beim Bilanzgruppenkoordinator erliegenden individuellen Sicherhei­ten zu befriedigen. Wenn diese nicht ausreichen, sind die entstehenden Aufwendungen in die Ausgleichsenergieverrechnung über ein Jahr verteilt einzupreisen.

(5) Der neue Versorger hat die zugeordneten Kunden zu angemessenen Preisen zu versorgen, wobei Haushaltskunden nicht zu höheren Preisen versorgt werden dürfen als die Kunden, die zu den Haushaltstarifen des jeweiligen Versorgers versorgt werden.

(6) Wird über einen Zählpunkt eingespeist, übernimmt der neue Versorger die eingespeiste Energie zu Marktpreisen abzüglich der aliquoten Aufwendungen für Ausgleichsenergie für die eingespeiste Energie.

(7) Die Versorgung der zugeordneten Kunden erfolgt zu den bei der Behörde angezeigten Allgemeinen Bedingungen, soweit diese Bedingungen auf die jeweilige Kundengruppe anwendbar sind. In den Allgemeinen Bedingungen enthaltene Bindungsfristen, Fristen und Termine für eine Kündigung des Vertrages gelten nicht.

(8) Der zugeordnete Kunde kann den Vertrag jedenfalls unter Einhaltung einer zweiwöchigen Frist kündigen. Der neue Versorger kann den Vertrag unter Einhaltung einer achtwöchigen Frist kündigen.

(9) Alle betroffenen Marktteilnehmer haben sich wechselseitig nach bestem Vermögen zu unterstützen, um die lückenlose Versorgung der betroffenen Kunden sicher­zustellen.““

59. In Art. 2 wird als Z 5l eingefügt:


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„5l. Der Einleitungssatz des § 126 Abs. 3 lautet:

„(3) Auf Rechnungen über die Systemnutzung sind Steuern, Abgaben und Zuschläge auf Grund bundes- oder landesgesetzlicher Vorschriften gesondert auszuweisen. Die einzelnen Komponenten des Systemnutzungsentgelts sind einmal jährlich gesondert auszuweisen. Darüber hinaus sind insbesondere folgende Informationen anzugeben:““

60. In Art. 2 wird als Z 5m eingefügt:

„5m. § 126 Abs. 3 Z 5 lautet:

„5. Informationen über die Art der Zählerstandsermittlung; es ist dabei anzugeben, ob eine Zählerablesung durch den Netzbetreiber, eine Selbstablesung durch den Kunden, eine Fernablesung oder eine rechnerische Ermittlung von Zählerständen vorgenom­men wurde;““

61. In Art. 2 wird als Z 5n eingefügt:

„5n. In § 126 Abs. 3 Z 9 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 10 angefügt:

„10. Vorgehen zur Einleitung von Streitbeilegungsverfahren gemäß § 26 Energie-ControlG.““

62. In Art. 2 wird als Z 5o eingefügt:

„5o. § 126 Abs. 5 bis Abs. 9 lauten:

„(5) Netzbetreiber und Versorger haben Verbrauchs- und Abrechnungsdaten für eine Dauer von drei Jahren ab Verfügbarkeit für Zwecke der nachträglichen Kontrolle der Richtigkeit, Rechtmäßigkeit und für Auskünfte gegenüber berechtigten Endver­brauchern aufzubewahren und unentgeltlich an ihn und nur bei ausdrücklicher Anwei­sung durch den Endverbraucher an einen genannten Dritten zu übermitteln. Dies gilt unbeschadet der Befugnisse der Regulierungsbehörde nach § 131, sofern diese Daten unmittelbar nach deren Auslesung mit Daten von anderen Endverbrauchern weitestmöglich aggregiert und anschließend anonymisiert werden und nur in dieser anonymisierten Form verwendet werden.

(6) Teilbeträge sowohl für die Netznutzung als auch für die Energielieferung sind auf sachliche und angemessene Weise auf Basis des Letztjahresverbrauches zu berechnen. Liegt kein Jahresverbrauch vor, so sind die Teilbeträge auf Basis des zu erwartenden Gasverbrauchs aufgrund der Schätzung des Verbrauchs vergleichbarer Kunden zu berechnen. Die der Teilbetragsberechnung zugrundliegende Menge in kWh ist dem Kunden schriftlich oder auf dessen Wunsch elektronisch mitzuteilen.

(7) Sind intelligente Messgeräte installiert, haben Endverbraucher zumindest das Wahlrecht zwischen einer monatlichen Rechnung und einer Jahresrechnung.

(8) Die Regulierungsbehörde kann bei begründetem Verdacht auf intransparentes Marktverhalten in Bezug auf Mehrfachtarifzeiten in Verbindung mit intelligenten Mess­geräten mit Verordnung Vorgaben zur Transparenz dieser Tarife für Versorger vor­schreiben. Außerdem kann die Regulierungsbehörde vorgeben, dass Versorger jedenfalls einen zeitunabhängigen Tarif anbieten müssen.

(9) Lieferanten haben auf der Rechnung über die Möglichkeit eines Streitbeile­gungs­verfahrens gemäß § 26 Energie-ControlG zu informieren.““

63. In Art. 2 wird als Z 5p eingefügt:

„5p. Nach § 126 werden folgende § 126a und § 126b samt Überschrift eingefügt:

„Verbrauchs- und Gaskosteninformation bei Messung durch intelligente Messgeräte


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§ 126a. (1) Endverbrauchern, deren Verbrauch mithilfe eines intelligenten Messgeräts gemessen wird, ist vom Versorger monatlich innerhalb von einer Woche nach Übermittlung der durch ein intelligentes Messgerät erfassten Messwerte gemäß § 129 Abs. 1 eine aufgrund der gemessenen Tageswerte oder, soweit sie verrechnungs­relevant sind, der Stundenwerte erstellte, klare und verständliche Verbrauchs- und Gaskosteninformation über die Gesamtkosten kostenlos auf elektronischem Wege zu übermitteln. Auf ausdrücklichen Wunsch des Endverbrauchers ist diese Verbrauchs- und Gaskosteninformation nicht zu übermitteln. Dem Endverbraucher ist die Wahl­möglichkeit einzuräumen, die Verbrauchs- und Gaskosteninformation auf Verlangen wahlweise auch kostenlos in Papierform zu erhalten.

(2) Im Fall einer gesonderten Rechnungslegung durch den Netzbetreiber gilt Abs. 1 für diesen sinngemäß.

(3) Endverbraucher sind über ihre Rechte auf Zugang zu ihren Verbrauchsdaten nach Abs. 1 transparent, verständlich und kostenlos zu informieren.

(4) Die Regulierungsbehörde kann mit Verordnung die Mindestanforderungen an den Detaillierungsgrad und die Form der Bereitstellung der Verbrauchs- und Gaskosten­information gemäß Abs. 1 und Abs. 2 festlegen. Sie hat dabei die Verständlichkeit sowie die Eignung der Information zur Bewirkung von Effizienzsteigerungen zu berück­sichtigen.

Verbrauchs- und Gaskosteninformation ohne Messung durch intelligente Messgeräte

§ 126b. Endverbrauchern ohne Lastprofilzähler, deren Verbrauch nicht mithilfe eines intelligenten Messgeräts gemessen wird, ist eine detaillierte, klare und verständliche Verbrauchs- und Gaskosteninformation mit der Rechnung zu übermitteln. Darüber hinaus hat der Netzbetreiber diesen Endverbrauchern die Möglichkeit einzuräumen, einmal vierteljährlich Zählerstände bekannt zu geben. Der Netzbetreiber ist im Fall der Zählerstandsbekanntgabe verpflichtet, dem Versorger unverzüglich, spätestens jedoch binnen zehn Tagen nach Übermittlung durch den Endverbraucher, die Verbrauchs­daten zu senden. Dem Endverbraucher ist innerhalb von zwei Wochen eine detaillierte, klare und verständliche Verbrauchs- und Gaskosteninformation kostenlos auf elektroni­schem Wege zu übermitteln. § 126a gilt sinngemäß. Auf ausdrücklichen Wunsch des Endverbrauchers ist diese Verbrauchs- und Gaskosteninformation nicht zu über­mitteln.““

64. In Art. 2 wird als Z 5q eingefügt:

„5q. In § 127 Abs. 1 und Abs. 2 wird jeweils die Wortfolge „eines der Rechnung beizulegenden Informationsblattes“ durch die Wortfolge „eines einmal jährlich einer Rechnung beizulegenden Informationsblattes“ ersetzt.“

65. In Art. 2 wird als Z 5r eingefügt:

„5r. § 127 Abs. 1 Z 7 lautet:

„7. über das Recht auf Versorgung gemäß § 124;““

66. In Art. 2 wird als Z 5s eingefügt:

„5s. In § 127 Abs. 1 Z 8 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 9 und Z 10 angefügt:

„9. Informationen über die Rechte der Endverbraucher gemäß § 126b;

10. Informationen über die Rechte der Endverbraucher gemäß § 129.““

67. In Art. 2 wird als Z 5t eingefügt:


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„5t. § 127 Abs. 2 Z 4 lautet:

„4. Informationen über die Rechte der Endverbraucher gemäß § 126b;““

68. In Art. 2 wird als Z 5u eingefügt:

„5u. § 127 Abs. 5 entfällt und § 127 Abs. 4 erhält die Absatzbezeichnung „(6)“; § 127 Abs. 3 bis Abs. 5 lauten:

„(3) Der Netzbetreiber ist in Fällen der Vertragsverletzung, insbesondere bei Zahlungs­verzug oder Nichtleistung einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung, verpflichtet zumindest zweimal inklusive einer jeweils mindestens zweiwöchigen Nachfristsetzung zu mahnen. Die zweite Mahnung hat auch eine Information über die Folge einer Abschaltung des Netzzuganges nach Verstreichen der zweiwöchigen Nachfrist sowie über die damit einhergehenden voraussichtlichen Kosten einer allfälligen Abschaltung zu enthalten. Die letzte Mahnung hat mit eingeschriebenem Brief zu erfolgen. Netz­betreiber haben bei jeder Mahnung im Sinne des ersten Satzes auf die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Beratungsstellen gemäß Abs. 7 hinzuweisen. Wurde der Vertrag zur Belieferung mit Erdgas (Energieliefervertrag) verletzt, so hat der Versorger dieses Mahnverfahren einzuhalten.

(4) Im Falle der Beendigung eines Energieliefervertrages aufgrund ordentlicher Kündigung, Zeitablauf oder Widerspruch gemäß § 125 Abs. 2 ist weder durch Netzbetreiber noch durch den Versorger ein Mahnverfahren gemäß Abs. 3 durchzu­führen. Dies gilt auch bei missbräuchlichem Verhalten des Endverbrauchers, wie etwa Manipulation von Messeinrichtungen.

(5) Wird eine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung durch den Netzbetreiber oder Versorger gefordert, hat jeder Endverbraucher ohne Lastprofilzähler, unbeschadet der ihm gemäß § 124 eingeräumten Rechte, stattdessen – soweit dies sicherheitstechnisch möglich ist – das Recht auf Nutzung eines Zählgerätes mit Prepaymentfunktion.““

69. In Art. 1 wird als Z 5v eingefügt:

„5v. Nach § 127 Abs. 6 werden folgende Abs. 7 und Abs. 8 angefügt:

„(7) Versorger, die mehr als 49 Beschäftigte und einen Umsatz von über 10 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von über 10 Millionen Euro aufweisen, haben ab 1. Jänner 2015 eine Anlauf- und Beratungsstelle für ihre Kunden für Fragen zu den Themen Versorgerwechsel, Energieeffizienz, Gaskosten und Energiearmut einzurich­ten.

(8) Abschaltungen von Anlagen von Haushaltskunden und Kleinunternehmen in Folge von Zahlungsverzug dürfen nicht am letzten Arbeitstag vor Wochenenden oder gesetzlichen Feiertagen vorgenommen werden.““

70. In Art. 2 wird als Z 5w eingefügt:

„5w. In § 128 Abs. 1 letzter Satz wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgende Wortfolge angefügt:

„über die Einführung, insbesondere auch über die Kostensituation, die Netzsituation, Datenschutz und Datensicherheit und Verbrauchsentwicklung bei den Endver­brauchern, Bericht zu erstatten und die Endverbraucher zeitnah über den Einbau eines intelligenten Messgeräts sowie die damit verbundenen Rahmenbedingungen zu infor­mieren. Im Rahmen der durch die Verordnung bestimmten Vorgaben für die Installation intelligenter Messgeräte hat der Netzbetreiber den Wunsch eines Endverbrauchers, kein intelligentes Messgerät zu erhalten, zu berücksichtigen. Die Regulierungsbehörde hat die Aufgabe, die Endverbraucher über allgemeine Aspekte der Einführung von intelligenten Messgeräten zu informieren und über die Einführung von intelligenten


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Messgeräten, insbesondere auch über die Kostensituation, die Netzsituation, Daten­schutz und Datensicherheit, soweit bekannt, den Stand der Entwicklungen auf euro­päischer Ebene und über die Verbrauchsentwicklung bei den Endverbrauchern, jährlich einen Bericht zu erstatten.““

71. In Art. 2 wird als Z 5x eingefügt:

„5x. In § 128 Abs. 2 entfällt der letzte Satz und es werden folgende Sätze sowie folgender Abs. 3 bis Abs. 6 angefügt:

„Die Verordnung hat zumindest jene Mindestfunktionalitäten vorzuschreiben, die intelligente Messgeräte enthalten müssen, um die in Abs. 3 bis Abs. 5 sowie in § 129 und § 129a festgelegten Aufgaben zu erfüllen. Die intelligenten Messgeräte sind jeden­falls dahingehend auszustatten, dass eine Messung und Erfassung von Zähler­ständen in einem Intervall von einer Stunde möglich ist, die Speicherung der Werte für 60 Kalendertage im intelligenten Messgerät erfolgen kann und eine Fernauslesung der im Gerät gespeicherten Messdaten über eine Kommunikationsschnittstelle möglich ist. Die Regulierungsbehörde hat die Vertreter des Konsumentenschutzes sowie die Datenschutzbehörde und den Datenschutzrat weitestmöglich einzubinden. Der Betrieb von intelligenten Messgeräten sowie ihre Kommunikation, auch zu externen Geräten ist nach anerkanntem Stand der Technik abzusichern, um Unberechtigten den Zugriff über den aktuellen Zählerstand hinaus nicht zu ermöglichen. Der Betrieb von intelli­genten Messgeräten hat den maß- und eichgesetzlichen und datenschutzrechtlichen Bestimmungen sowie dem anerkannten Stand der Technik zu entsprechen.

(3) Die Sichtanzeige am intelligenten Messgerät ist standardmäßig so zu konfigurieren, dass nur der aktuelle Zählerstand abgelesen werden kann. Zu Zwecken der Über­prüfung von darüber hinausgehenden, im Messgerät gespeicherten verrechnungs­relevanten Werten ist auf Kundenwunsch die Anzeige von intelligenten Messgeräten, welche die Messung und Speicherung von Zählerständen im Gerät in einem Intervall von 24 Stunden und 60 Minuten ermöglichen, dahingehend freizugeben, dass eine Überprüfung dieser Werte anhand der Anzeige des intelligenten Messgeräts selbst ermöglicht wird. Diese Freigabe hat kostenlos und ohne unverhältnismäßigen Zusatz­aufwand für den Endverbraucher zu erfolgen. Auf ausdrücklichen Wunsch des Endver­brauchers ist die Sichtanzeige zeitnah und kostenlos wieder in ihren ursprünglichen Konfigurationsstand zurückzusetzen.

(4) Es sind insbesondere im Falle von Wechsel oder Auflösung des Vertragsver­hältnisses mit dem Netzbetreiber die Anzeige der historischen Messwerte der vorher­gehenden Vertragsverhältnisse, sofern vorhanden, dahingehend abzusichern, dass eine Ablesung anhand der Anzeige des intelligenten Messgerätes durch Nicht­berech­tigte verhindert wird. Diese Sperrung ist unverzüglich und kostenlos aufzuheben, sobald keine Messwerte des vorhergehenden Vertragsverhältnisses mehr im intelli­genten Messgerät selbst zur Verfügung stehen. Davon unabhängig sind jedoch die aus gesetzlichen Vorschriften und aus dem gegenwärtigen Vertragsverhältnis entstehen­den Verpflichtungen des Netzbetreibers zur Bereitstellung der Verbrauchsdaten gemäß § 129 Abs. 1 und Abs. 2 und der Übermittlung an den Versorger gemäß § 129a Abs. 2.

(5) Die Verpflichtung des Netzbetreibers zur Absicherung der im intelligenten Mess­gerät gespeicherten Messwerte gegen einen Zugriff Nichtberechtigter im Sinne des Abs. 2 gilt sinngemäß auch für alle weiteren vorhandenen Schnittstellen des Gerätes.

(6) Sofern es die Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit im Zusam­menhang mit dem Betrieb von intelligenten Messsystemen erfordert, kann der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler mit Verordnung unter Bedachtnahme auf die relevanten internationalen Vorschriften sowie die technische und wirtschaftlich vertretbare Umsetzbarkeit nähere


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Bestimmungen zum Stand der Technik festlegen, denen ein Netzbetreiber zu ent­sprechen hat. Dabei sind insbesondere die jährlichen Berichte der Regulierungs­behörde nach Abs. 1 sowie internationale Sicherheitsstandards zu berücksichtigen.““

72. In Art. 2 wird als Z 5y eingefügt:

„5y. § 129 und § 129a lauten:

„§ 129. (1) Netzbetreiber haben dafür zu sorgen, dass spätestens sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Installation eines intelligenten Messgeräts beim jeweiligen End­ver­braucher einmal täglich ein Zählerstand übermittelt wird. Verfügen diese intelligenten Messgeräte über eine integrierte Speichermöglichkeit, so haben sie zusätzlich sämtliche Stundenwerte zu erfassen und zur Verfügbarkeit für den Kunden für 60 Kalendertage im intelligenten Messgerät zu Zwecken der Verrechnung, Kundeninfor­mation (§ 126a), Energieeffizienz, der Energiestatistik und der Aufrechterhaltung eines sicheren und effizienten Netzbetriebes zu speichern. Jedes installierte intelligente Messgerät ist dabei einer Netzbenutzerkategorie gemäß § 27 Abs. 3 zuzuordnen.

(2) Netzbetreiber sind verpflichtet, jenen Endverbrauchern, deren Verbrauch über ein intelligentes Messgerät gemessen wird, jedenfalls die täglichen Verbrauchswerte sowie, auf ausdrücklichen Wunsch je nach vertraglicher Vereinbarung oder Zustim­mung, Stundenwerte spätestens zwölf Stunden nach deren Auslesung aus dem Messgerät jedenfalls über ein kundenfreundliches Web-Portal kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Auslesung dieser Verbrauchswerte aus dem Messgerät hat dabei zumindest einmal täglich zu erfolgen. Dazu haben die Netzbetreiber Vorkehrungen für eine sichere Identifizierung und Authentifizierung der Endverbraucher auf dem Web-Portal sowie für eine verschlüsselte Übermittlung der Daten nach dem Stand der Technik zu treffen. Endverbrauchern, die über keinen Internetzugang verfügen oder die nur auf unzumutbare Weise Zugang zum Internet haben, ist nach Möglichkeit ein vergleichbarer Informationsstand zu ermöglichen.

(3) Die Endverbraucher sind im Falle der Inanspruchnahme der Informationsmög­lichkeiten über den Weg des Web-Portal gemäß Abs. 2 durch einen ausdrücklichen Hinweis transparent zu informieren, dass die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit die Fernauslesung ihrer Verbrauchsdaten aus dem intelligenten Messgerät zur Voraus­setzung hat und die Datenbereitstellung im Web-Portal jeweils nach Ablauf von 36 Monaten ab Verfügbarkeit sowie im Falle der Auflösung des Vertragsverhältnisses mit dem Netzbetreiber endet. Dieser ausdrückliche Hinweis hat zumindest in den Allge­meinen Bedingungen von Netzbetreibern sowie gleichlautend unmittelbar bei der Registrierung im Web-Portal zu erfolgen.

(4) Endverbrauchern ist die Möglichkeit einzuräumen, ihr Nutzerkonto im Web-Portal gemäß Abs. 2 kostenfrei jederzeit wieder vollständig entweder selbständig oder durch den Netzbetreiber ohne unverhältnismäßigen Mehraufwand für den Endverbraucher zu löschen. Diesfalls hat für Zwecke der Bereitstellung im Web-Portal die weitere Ausle­sung und Verarbeitung von Verbrauchsdaten aus dem intelligenten Messgerät des betroffenen Endverbrauchers zu unterbleiben. Darüber hinaus ist den Endverbrauchern auch die Möglichkeit einzuräumen, im Web-Portal Verbrauchswerte zumindest monats­weise nach Kenntnisnahme zu löschen, wobei Gelegenheit zur lokalen Sicherung im Hinblick auf die Rechnungsprüfung zu bieten ist.

(5) Endverbraucher sind über ihre Rechte gemäß Abs. 1 bis Abs. 5 auf Zugang zu ihren Verbrauchsdaten durch den Netzbetreiber transparent und verständlich zu informieren.

(6) Die Regulierungsbehörde kann mit Verordnung die Anforderungen an den Detaillierungsgrad und die Form der Bereitstellung der Verbrauchsinformation im Web-


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Portal gemäß Abs. 2 feststellen. Erforderlichenfalls kann die Regulierungsbehörde den Detaillierungsgrad der Daten, die von der Schnittstelle gemäß Abs. 5 bereitgestellt werden, festlegen. Sie hat dabei die Verständlichkeit sowie die Eignung der Information zur Bewirkung von Effizienzsteigerungen zu berücksichtigen. Weiters kann die Regu­lierungsbehörde Anforderungen an die standardisierte Übermittlung der Daten sowie deren Format vom Netzbetreiber an den Endverbraucher oder an vom Endverbraucher bevollmächtigte Dritte festlegen, wobei ein Direktzugriff Dritter auf das Web-Portal jedenfalls unzulässig ist.

§ 129a. (1) Eine Auslesung samt Verwendung von Stundenwerten der Endverbraucher durch den Netzbetreiber ist nur bei ausdrücklicher Zustimmung des Endverbrauchers oder zur Erfüllung von Pflichten aus einem vom Kunden gewählten, auf Stundenwerten basierenden Liefervertrag zulässig. Davon abgesehen dürfen Netzbetreiber diese Daten in begründeten lokalen Einzelfällen auch ohne Zustimmung des Endver­brauchers aus dem intelligenten Messgerät auslesen, soweit dies für den Zwecke der Aufrechterhaltung eines sicheren und effizienten Netzbetriebes unabdingbar ist. Die bezüglichen Daten sind unverzüglich zu löschen, sobald sie für die Erfüllung des Zwecks nicht mehr benötigt werden. Netzbetreiber haben der Regulierungsbehörde jähr­lich einen Bericht über die Anlassfälle für derartige Datenauslesungen zu legen. Weiters dürfen Stundenwerte auf Anordnung der Regulierungsbehörde zum Zweck der Erdgasstatistik gemäß § 147, insbesondere zu dem Zweck, Entwicklungen der tageszeitlichen Schwankungen (Tagesganglinien) der Abnahme aus dem öffentlichen Netz auszuwerten, und zum Zweck der Energielenkung gemäß Energielenkungsgesetz 2012 sowie zum Zweck der Überwachung nach § 131 aus dem intelligenten Messgerät ausgelesen werden, sofern sie unmittelbar nach deren Auslesung mit Daten von anderen Endverbrauchern weitestmöglich aggregiert werden und anonymisiert und nur in dieser anonymisierten Form verwendet werden. Daten dürfen aus einem intelli­genten Messgerät für Zwecke der Statistik nur dann ausgelesen werden, wenn bei Netzbetreibern die hierfür erforderlichen statistischen Daten nicht vorhanden sind. Der Endverbraucher ist im Falle einer Auslesung der Stundenwerte ohne Einwilligung zeitnah darüber zu informieren.

(2) Netzbetreiber sind verpflichtet, am Beginn des darauffolgenden Kalendermonats unverzüglich, spätestens jedoch zum Fünften dieses Monats alle täglich erhobenen Verbrauchswerte jener Endverbraucher, deren Verbrauch mithilfe eines intelligenten Messgeräts gemessen wird, an die jeweiligen Versorger zu den in § 126a genannten Zwecken sowie zu Zwecken der Verrechnung zu übermitteln; Stundenwerte dürfen nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Endverbrauchers oder zur Erfüllung vertraglicher Pflichten an den Versorger übermittelt werden. Die Regulierungsbehörde kann mit Verordnung die Anforderungen an die standardisierte Übermittlung dieser Daten sowie deren Format vom Netzbetreiber an den Versorger oder an vom Endverbraucher bevollmächtigte Dritte festlegen.

(3) Im Rahmen des Abschlusses eines Vertrages, der die Auslesung und Verwendung von Stundenwerten erfordert, oder im Rahmen der Zustimmung des Endverbrauchers zur Auslesung und Verwendung von Stundenwerten unter Angabe deren Zwecks ist durch einen ausdrücklichen Hinweis auf die Rechtsfolge der Zulässigkeit der Daten­verwendung und unter Angabe des Zweckes in den Allgemeinen Bedingungen und im Vertragsformblatt der Netzbetreiber und Versorger eine transparente Information der Endverbraucher zu gewährleisten.

(4) Erfolgt die Installation eines intelligenten Messgerätes gemäß § 128 Abs. 1 bei einem Endverbraucher mit aufrechtem Vertragsverhältnis, dessen Weiterführung aufgrund einer bestehenden tageszeitabhängigen Verrechnung zwingend die Ausle­sung von Verbrauchswerten, die über einen täglichen Verbrauchswert hinausgehen,


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erfordern würde, so ist der Endverbraucher über diesen Umstand nachweislich, trans­parent und verständlich zu informieren. Weiters ist der Endverbraucher über die Mög­lichkeit des Umstiegs auf eine Verrechnung, die nur die Auslesung von täglichen Verbrauchswerten erfordert, nachweislich, transparent und verständlich zu informieren. Für die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu den ursprünglichen Bedingungen bedarf es der ausdrücklichen Zustimmung des Endverbrauchers.

(5) Eine Verwendung von mittels intelligenten Messgeräten gemessenen Verbrauchs­daten für andere als die in Abs. 1 bis Abs. 4 sowie § 123, § 126, § 126a, und § 129 genannten Zwecke, für verwaltungsrechtliche, verwaltungsgerichtliche oder zivilgericht­liche Verfahren, die sich nicht unmittelbar auf Zwecke dieses Gesetzes beziehen, ist unzulässig.““

73. In Art. 2 wird als Z 5z eingefügt:

„5z. § 137 Abs. 5 lautet:

„(5) Durch Auflagen ist eine Abstimmung mit bereits vorhandenen oder bewilligten anderen Energieversorgungseinrichtungen und mit den Erfordernissen der Landes­kultur, des Forstwesens, des Wasserrechtes, der Raumplanung, der Wasserwirtschaft, der Wildbach- und Lawinenverbauung, des Natur- und Landschaftsschutzes, des Denkmalschutzes, der Bodenkultur, des öffentlichen Verkehrs sowie der Landesver­teidigung herbeizuführen. Zur Wahrung dieser Interessen sind die dazu berufenen Behörden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu hören.““

74. In Art. 2 wird als Z 5za eingefügt:

„5za. § 147 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Die von der Regulierungsbehörde erhobenen statistischen Daten sind zu veröffent­lichen.““

75. In Art. 2 wird als Z 6a eingefügt:

„6a. § 159 Abs. 1 Z 5 bis Z 7 lauten:

„5. bewirkt, dass die in § 123 Abs. 2 vorgesehene Wechselfrist nicht eingehalten wird;

6. entgegen § 123 Abs. 4 letzter Satz einen Prozess ohne Willenserklärung eines Endverbrauchers einleitet;

7. seinen Verpflichtungen gemäß § 123 Abs. 5 bis Abs. 7 nicht entspricht;““

76. In Art. 2 wird als Z 7a eingefügt:

„7a. § 159 Abs. 2 Z 13 lautet:

„13. seiner Verpflichtung zur Datenübermittlung gemäß § 123 Abs. 4 nicht nach­kommt;““

77. In Art. 2 wird als Z 7b eingefügt:

„7b. § 159 Abs. 2 Z 15 bis Z 19 lautet:

„15. seinen Verpflichtungen gemäß § 126 bis § 126b nicht nachkommt;

16. den aufgrund einer Verordnung gemäß § 126a, § 126b, § 128 oder § 129a festgelegten Verpflichtungen nicht entspricht;

17. seinen Verpflichtungen gemäß § 127 oder § 128 nicht nachkommt;

18. seinen Verpflichtungen gemäß § 129 nicht entspricht;

19. seinen Verpflichtungen gemäß § 129a nicht entspricht;““


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78. In Art. 2 wird als Z 7c eingefügt:

„7c. § 159 Abs. 3 Z 1 lautet:

„1. entgegen § 11, § 69 Abs. 3, § 123, § 129, § 129a oder § 156 Abs. 4 Daten wider­rechtlich offenbart;““

79. In Art. 2 wird als Z 8a eingefügt:

„8a. § 163 lautet samt Überschrift:

„Besondere Bestimmungen über Verwaltungsstrafverfahren

§ 163. (1) Die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß § 159 bis § 162 beträgt ein Jahr.

(2) Der Versuch ist strafbar. Ein erzielter Vermögensvorteil ist als verfallen zu erklären.““

80. In Art. 2 wird als Z 8b eingefügt:

„8b. In § 168 Abs. 1 wird die Wortfolge „§ 123 Abs. 3“ durch die Wortfolge „§ 123 Abs. 4“ sowie die Wortfolge „§ 129 Abs. 1“ durch die Wortfolge „§ 129“ ersetzt.“

81. In Art. 2 wird als Z 11 eingefügt:

„11. § 170 Abs. 4 wird folgender Satz angefügt:

„Die aufgrund von Rechtsvorschriften dieses Bundesgesetzes erlassenen Verord­nungen bleiben im Fall der Novelle dieses Bundesgesetzes weiterhin in Geltung.““

82. In Art. 3 wird als Z 12a eingefügt:

„12a. In § 28 wird die Wortfolge „Versorgung letzter Instanz“ jeweils durch die Wort­folge „Grundversorgung“ ersetzt.“

Begründung:

Zu Artikel 1:

Zu § 1:

Die im ElWOG 2010 geregelte Materie ist über weite Teile dem Kompetenztatbestand des Art. 12 Abs. 1 Z 5 B-VG (Elektrizitätswesen) zuzuordnen, weswegen die im ElWOG 2010 enthaltenen Regelungen nur unter Schaffung einer Kompetenz­deckungs­klausel als unmittelbar anwendbares Bundesrecht beschlossen werden können. Ohne eine solche Regelung wären sonst nur die als Verfassungsbestimmungen bezeich­neten Vorschriften in diesem Bundesgesetz unmittelbar anwendbares Bundesrecht. Die Bestimmung enthält somit eine Kompetenzdeckungsklausel für die Erlassung, Aufhebung sowie Vollziehung von einfachgesetzlichen Vorschriften, damit diese auch in den Belangen Bundessache sind, hinsichtlich derer das B-VG etwas anderes be­stimmt. Die Neuerlassung der vorgesehenen Bestimmungen, erfordert daher die verfassungsrechtliche Absicherung dieser Kompetenzergänzung.

Zu § 7 Abs. 1 Z 2a und Z 62:

In der Vollziehung des ElWOG 2010 wurde bislang die Ausfallsreserve stets als Teil der Sekundärregelung verstanden. Im Bewusstsein dieses Umstandes wurden bei der Erlassung des ElWOG 2010 die gesetzlichen Bestimmungen des ElWOG konkretisiert und mit genauerer Textierung in das ElWOG 2010 übergeführt, eine explizite Erwähnung der Zuordnung der Ausfallsreserve zur Sekundärregelung im Gesetzestext ist jedoch unterblieben. Um Zweifeln und Unklarheiten vorzubeugen, wird mit der nun-


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mehrigen Regelung authentisch klargestellt, dass die Ausfallsreserve – wie in der Vergangenheit – ein Teil der Sekundärregelung ist.

Zu § 59 Abs. 8:

Die Kostenermittlung gemäß § 59 Abs. 1 basiert auf geprüften Jahresabschlüssen von Netzbetreibern. Vor diesem Hintergrund entsteht eine zeitliche Lücke zwischen dem Zeit­punkt des Auftretens von Kosten sowie deren Abgeltung durch Systemnutzungs­entgelte. So können für die Entgeltermittlung des Jahres t0 Daten des Jahres t-2 herangezogen werden, da zum Zeitpunkt der Kostenermittlung (t-1) keine aktuelleren Jahresabschlussdaten vorliegen. Unterliegen die Kosten von Netzbetreibern während dieses Zeitraums signifikanten Schwankungen, so würden sich diese zeitversetzt in den Jahresabschlüssen wiederfinden. Um diese Volatilität vor allem in Zusammenhang mit der Investitionstätigkeit vermeiden zu können, soll den Netzbetreibern die Möglich­keit gegeben bzw. die Verpflichtung auferlegt werden, bilanzielle Maßnahmen zu ergreifen, um eine stabile den regulatorischen Vorgaben entsprechende Ergebnisent­wicklung darzustellen. Aktivierungen und Passivierungen dienen allerdings nur dazu, die Kostenermittlungsgrundsätze der Regulierungssystematik bilanziell abzubilden und haben somit auf die Kostenermittlung selbst keinen Einfluss.

Zu § 76:

In § 76 ElWOG 2010 neu wurde nunmehr auch das Verfahren des Widerspruchs aufgenommen, da mit der Regelung des Wechsels bzw. einer Neuanmel­dung/Ab­meldung auch das Widerspruchsverfahren gemäß § 80 Abs. 2 ElWOG 2010, dem­zufolge der Vertrag mit dem Lieferanten nach Ablauf der 3 Monats Frist ab Wider­spruch endet, mitgeregelt werden sollte. Da sich der Kunde im Falle des Widerspruchs einen neuen Lieferanten suchen muss, können folglich in der Wechsel-Verordnung Regelungen getroffen werden, die festlegen, bis zu welchem Tag vor Ablauf der 3-Monatsfrist noch ein Wechsel durchgeführt werden kann bzw. wann der Prozess einer Neuanmeldung – im Falle einer tatsächlich vorgenommenen Abschaltung – anzuwen­den wäre.

Zu § 76 Abs. 1:

Dieser regelt, dass Verbraucher iSd KSchG sowie Kleinunternehmen nunmehr die Möglichkeit haben, im Falle des Vorliegens eines unbefristeten Vertrags jederzeit unter Einhaltung einer zwei-wöchigen Kündigungsfrist den Vertrag zu kündigen bzw. im Falle eines befristeten Vertrags spätestens zum Ende des ersten Vertragsjahres und in weiterer Folge ebenfalls jederzeit unter Einhaltung einer zweiwöchigen Kündigungsfrist zu kündigen. Auch Lieferanten können bei einem unbefristeten Vertrag jederzeit unter Einhaltung einer acht-wöchigen Kündigungsfrist kündigen. Im Falle eines befristeten Vertrages können Lieferanten spätestens zum Ende des ersten Vertragsjahres und in weiterer Folge ebenfalls jederzeit unter Einhaltung der eben genannten Kündigungsfrist kündigen.

Zu § 76 Abs. 2:

Dieser sieht vor, dass das mit der Kündigung verbundene Versorgerwechsel-Verfahren höchstens drei Wochen dauern darf, wobei die Regulierungsbehörde auch dazu ermächtigt ist, diese Verfahren näher zu regeln.

Zu § 76 Abs. 3:

Da die Möglichkeit von rein elektronischen Vertragsabschlüssen über das Internet bereits zunehmend durch Kunden genutzt wird und wohl auch einer weiteren Belebung des Wettbewerbes dient, soll diese Möglichkeit nun auch Kunden, die ihren Lieferanten auf ausschließlich elektronischem Wege wechseln wollen, geboten werden. Die Liefe-


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ran­ten und Netzbetreiber müssen daher die elektronischen, aus zivilrechtlicher Sicht (insbesondere Vollmacht) und aus technischer Sicht für die Vornahme eines Wechsels erforderlichen Willenserklärungen anerkennen. Für die Rechtswirksamkeit der elektro­nischen Vollmacht dürfen seitens der Lieferanten und Netzbetreiber keine Formerfor­dernisse (zB Schriftform iSd § 886 ABGB) verlangt werden. Zur Sicherstellung einer einwandfreien Abwicklung des Online-Wechsels sind Lieferanten zur Anpassung ihrer Vertriebs- und Dienstleistungssysteme verpflichtet. Weiters ist es erforderlich, dass die Website der Lieferanten, über welche dieser Wechsel erfolgt, auch den Bedürfnissen der Kunden entspricht. Diese Website muss leicht auffindbar, verständlich, konsumen­tenfreundlich und transparent gestaltet sein. Neben Verwendung einer einfachen und klaren Sprache, Erläuterung komplexer Begriffe und strukturierter Information müssen auch beispielsweise Beträge und Gesamtsummen anschaulich und in transparenter Form dargestellt werden. Seitens der Lieferanten, nicht jedoch seitens der Netz­betreiber, sind konsumentenfreundliche Vorkehrungen zur Authentifizierung des Kunden zu treffen. Durch diese Vorkehrungen (zB Bürgerkarten, Angabe der Nummer eines Personalausweises, eines Führerscheines oder Reisepasses) wird die Identität des Kunden, der seinen Lieferanten wechseln möchte, verifiziert. Die Regulierungs­behörde muss beim Tarifkalkulator einen direkten Link zum Online-Wechsel des Lieferanten setzen. Lieferanten müssen die Webadresse (URL) der Regulierungs­behörde übermitteln und auch Aktualisierungen der Webadresse unaufgefordert melden.

Zu § 76 Abs. 4 und 5:

Art. 3 Abs. 5 lit. a der Richtlinie 2009/72/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzu­stellen, dass der Prozess des Lieferantenwechsels maximal 3 Wochen in Anspruch nimmt. In Umsetzung dieser Vorgabe wird ein maximal dreiwöchiger Wechsel – unge­achtet bestehender zivilrechtlicher Bindungen – ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Lieferantenwechsels durch den Netzbetreiber verankert, wobei die Details des Verfahrens durch die Regulierungsbehörde mit Verordnung geregelt werden. Die Frist beginnt mit Einleitung des Endverbraucheridentifikationsprozesses zu laufen (sofern der Endverbraucher erfolgreich identifiziert wurde), da ab diesem Zeitpunkt der Netzbetreiber Kenntnis von einem Wechselvorgang erlangt. Um eine reibungslose Durchführung des Wechsels sowie der An- und Abmeldung zu gewährleisten, ist die Regulierungsbehörde auch ermächtigt, die hiefür maßgeblichen Verfahren, insbe­sondere die für die Abwicklung sämtlicher in Abs. 4 angeführter Verfahren erfor­derlichen Datenübermittlungen (insbesondere Art, Übermittlungsform und Umfang), mit Verordnung zu regeln (vgl. dazu auch Abs. 7). Unter dem Begriff „Lastprofiltype“ wird nur die Bezeichnung des Lastprofils gemäß den Marktregeln umfasst, ein Rückschluss auf individuelles Verbrauchsverhalten wird damit nicht ermöglicht.

Es wird unter anderem die Aufgabe der Regulierungsbehörde sein, zu bestimmen, welche für den Wechsel wesentlichen, beim Netzbetreiber und Lieferanten gespeicher­ten Daten auf kurzem Wege über die zu schaffende dezentrale Plattform einem Abgleich zuzuführen sind, um den Prozess zu verkürzen. Nicht zuletzt aufgrund des nunmehr verpflichtend vorzusehenden Online-Wechsels ist generell eine elektronische, grundsätzlich ohne manuelle Bearbeitung erfolgende Durchführung der Prozesse notwendig, die über die Plattform der Verrechnungsstelle erfolgt. Der Verrechnungs­stelle ist ob ihrer Neutralität im Marktmodell der Betrieb dieser Plattform zu überant­worten. Die Plattform umfasst ebenfalls eine zu definierende Schnittstelle für die Anbindung der einzelnen Marktteilnehmer. Die Aktivitäten haben unter Wahrung des Rechts auf Datenschutz zu erfolgen. Über die durch die Verrechnungsstelle betriebene Plattform erfolgt allein die Steuerung der Datenabgleichsprozesse, die Hoheit über diese Netzkundendaten verbleibt ohne Änderung des Status Quo dezentral beim Netzbetreiber. Durch diese Vorgehensweise und insbesondere die Verpflichtung, eine


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Sicherstellung der Authentizität der Lieferanten vorzusehen, wird gewährleistet, dass unberechtigte Dritte keinen Zugriff auf dezentral gespeicherte Daten des Netzbe­treibers erlangen.

Ungeachtet dessen, dass die Netzbetreiber und Lieferanten Datensicherheits­maßnah­men aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen einzuhalten haben, ist die Durchführung einer Vollmachtsprüfung vor einer Durchführung der Endverbraucher­identifikation sowie der Bindungs- und Kündigungsabfrage in jedem einzelnen Fall nicht erforderlich, um nicht gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen zu verstoßen. Unter anderem dürfen nach dem DSG 2000 Daten nur verarbeitet werden, wenn kein Verstoß gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen vorliegt. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 DSG 2000 liegt keine Verletzung schutzwürdiger Geheimhal­tungs­interessen vor, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung zur Datenver­wendung besteht. Mit der vorliegenden gesetzlichen Bestimmung werden Netz­betrei­ber und Lieferanten ausdrücklich gesetzlich verpflichtet, die durch die Regulierungs­behörde mit Verordnung festzulegenden Daten auf Anfrage sämtlichen Lieferanten ehestmöglich zur Verfügung zu stellen. Somit liegt ein klarer Normauftrag vor, welcher die Datenarten und auch den Übermittlungszweck ausführt. Die Lieferanten sind im Sinne einer Datenverwendung nach dem Grundsatz von „Treu und Glauben“ (§ 6 Abs. 1 Z 1 DSG 2000) dazu angehalten, Daten nicht zu anderen, durch diese gesetzliche Bestimmung nicht gedeckten Zwecken als die Durchführung eines Wechsels abzufragen. Es sieht auch § 76 Abs. 4 letzter Satz ElWOG 2010 vor, dass Lieferanten keine Prozesse ohne Willenserklärung eines Endverbrauchers einleiten dürfen. § 99 Abs. 1 Z 5 ElWOG 2010 sieht bei Verstoß einen Verwaltungsstraftatbestand vor. Auch in zivilrechtlicher Hinsicht muss ein vollmachtslos handelnder Lieferant im Streitfall nur das Vorliegen einer Vollmacht beweisen. Der Netzbetreiber muss hingegen das Nichtvorliegen einer Vollmacht nur behaupten; eine (schadenersatzrechtliche) Haftung bezieht sich zudem nur auf Schäden, die dem Dritten aufgrund seines enttäuschten Vertrauens entstanden sind (Vertrauensinteresse), nicht aber auf das Erfüllungs­interesse. Auch wird ein vollmachtslos handelnder Lieferant sich ohnehin des Fehlens der Vollmacht bewusst sein – eine Haftung aufgrund eines eventuellen Mitver­schuldens scheidet daher auch aus. Der Lieferant muss daher zur Sicherung seiner Ansprüche die Angaben des angeblich bevollmächtigten Lieferanten nicht auf ihre Wahrheit prüfen, sondern darf auf das Vorliegen der Vollmacht vertrauen. Es ist daher eine stichprobenartige bzw. bei einem begründeten Verdacht vorgenommene Kontrolle, ob eine Vollmacht vorliegt, ausreichend.

Zu § 76 Abs. 6 und Abs. 7:

Bei der Protokollierung durch die Plattform werden keine Endverbraucherdaten ge­speichert, da diese ausschließlich bei den jeweiligen Marktteilnehmern liegen. Die Plattform umfasst in vollständig automatisierter Weise jeden Zugriff des Vertrags­partners bzw. seiner Benutzer auf die Plattform und die vom jeweiligen Vertragspartner bzw. seinen Benutzern getätigten Aktionen. Insbesondere werden folgende Daten umfasst: IP Adresse des anfragenden Rechners, Datum und Uhrzeit des Zugriffs des anfragenden Rechners auf die Plattform, vom jeweiligen Vertragspartner/Benutzer getätigte Aktionen und übertragene Daten, Erkennungsdaten des verwendeten Browser- und Betriebssystems. Eine Vollmachtsprüfung muss nicht in jedem Fall sondern nur bei begründetem Verdacht und stichprobenartig erfolgen.

Die Verrechnungsstelle kann im Falle von Unregelmäßigkeiten, welche auf eine unberechtigte oder zweckfremde Nutzung der Plattform hindeuten (Nutzung die über die Zwecke der Abwicklung des Lieferantenwechsels, der Neuanmeldung, der Abmel­dung hinausgeht), gesetzlich zulässige Schritte einleiten, um eine unberechtigte Nutzung zu unterbinden. Hierbei ist der jeweilige betroffene Vertragspartner zu infor-


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mieren und muss Auskunft erteilen, um den Verdacht der zweckfremden Nutzung zu zerstreuen.

Aus Gründen der legistischen Vollständigkeit wurde der explizite Hinweis auf die Möglichkeit der Erlassung von Protokollierungsvorschriften in der Verordnungs­ermäch­tigung aufgenommen. In der Wechselverordnung sind bereits die notwendigen Protokollierungsvorschriften enthalten, die vorgesehen wurden, um im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften (zB E-ControlG) auf die Daten zugreifen zu können; eine weitere Protokollierung ist in den AB BKO geregelt. Allgemein regelt § 14 DSG 2000, dass Auftraggeber Datensicherheitsmaßnahmen zu treffen haben, insbesondere, dass die Daten nicht Unbefugten zugänglich sind.

Der Protokollierung der Identifizierung durch die Lieferanten wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass bei der Endverbraucheridentifikation Daten mitgeschickt werden, die eine Identifizierung des Endverbrauchers ermöglichen. In diesem Zusam­men­hang haben die Lieferanten auch sicherzustellen, dass nachvollziehbar ist, welche Mitarbeiter seitens des Lieferanten die Abwicklung der Verfahren vorgenommen haben.

Ohne Zustimmung des Endverbrauchers werden Daten der Wechselplattform in Schlichtungsverfahren gemäß § 26 E-ControlG nur im Zusammenhang mit Streitig­keiten über den Wechsel, die Neuanmeldung, Abmeldung und Widerspruch verwendet.

Zu § 77 Abs. 4 und 5:

Diese Klarstellung scheint erforderlich, um zu gewährleisten, dass Netzbetreiber gegen­über Endverbrauchern, die über einen Energieliefervertrag verfügen, zur Netzdienstleistung verpflichtet sind, unabhängig von bereits bestehenden Schulden im Zusammenhang mit der Netzdienstleistung. Endverbraucher sind jedoch dazu ange­halten, die laufenden Zahlungen, welche aus der Netzdienstleistung im Rahmen der Grundversorgung anfallen, zu begleichen, widrigenfalls bei Zahlungsverzug nach Einhaltung des qualifizierten Mahnverfahrens gemäß § 82 Abs. 3 ElWOG 2010 Netzbetreiber auch berechtigt sind, die Netzdienstleistung für die Dauer der Zuwi­der­handlung auszusetzen. Der Endverbraucher kann die Trennung bzw. die Aussetzung verhindern, wenn er sich zur Vorausverrechnung mittels Prepayment­funktion ver­pflichtet. Bei Einsatz dieser Vorausverrechnung bezieht der Kunde nur dann und insoweit Strom, soweit er ein Guthaben hat. Für den Netzbetreiber und den Lieferanten entsteht kein Kostenausfallsrisiko mehr.

Im Falle einer Installation eines Prepaymentzählers hat der Lieferant dem Netz­betreiber den Energiepreis mitzuteilen, damit der Zähler korrekt konfiguriert werden kann. Der Lieferant und der Netzbetreiber haben insbesondere im Falle eines drohen­den Zahlungsverzugs oder im Falle des Bestehens eines Zahlungsverzugs über die Beratungsstelle nach § 82 Abs. 7 ElWOG zu kooperieren. Sozialinstitutionen sind nach Maßgabe des Einzelfalles ebenfalls einzubinden. Der Endverbraucher ist jedenfalls berechtigt, über einen Zeitraum von sechs Monaten seine im Rahmen der Grundver­sorgung angefallenen Zahlungsrückstände zu begleichen.

Keine Verpflichtung zur Netzdienstleistung besteht, wenn aus den im Gesetz ge­nann­ten Gründen der Netzzugang durch den Netzbetreiber ganz oder teilweise verweigert wird.

Zu § 77a:

Wird das Vertragsverhältnis zwischen dem Bilanzgruppenverantwortlichen und einem Lieferanten mit sofortiger Wirkung etwa wegen des Ausfalls (Insolvenz) dieses Liefe­ranten beendet, so sind die durch den Ausfall des Lieferanten keiner aktiven Bilanz­gruppe zugeordneten Zählpunkte von der Regulierungsbehörde mittels Losentscheid


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einem anderen Lieferanten zuzuordnen. Reguläre Bilanzgruppenwechsel, bei denen vertraglich entsprechend Vorsorge getroffen werden, dass Zählpunkte immer einer Bilanzgruppe zugeordnet sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestim­mung. Die mittels Losentscheid zugeordneten Kunden sind in diesem Fall zu angemes­senen Preisen zu versorgen. Für Haushaltskunden bedeutet das konkret, dass sie zu jenen Tarifen versorgt werden müssen, mit denen der Lieferant auch seine bereits bestehenden Haushaltskunden versorgt.

Der Kunde ist jedoch nicht an diesen Lieferanten gebunden und hat daher die Mög­lichkeit diesen Vertrag unter Einhaltung einer zweiwöchigen Kündigungsfrist zu been­den. In diesem Fall ist er jedoch selbst dafür verantwortlich einen neuen Liefervertrag mit einem anderen Lieferanten abzuschließen.

Zu den Verständigungspflichten sei angemerkt, dass diese Regelung lediglich das Ingangsetzen des Ersatzversorgungsverfahrens betrifft, die standardmäßigen Verstän­digungen über vertragliche Änderungen betreffend Bilanzgruppenverantwortliche sind Gegenstand der Marktregeln und dort abzudecken.

Zu § 79a Abs. 2:

Die Verpflichtung gemäß § 79a Abs. 2, Nachweise für die aus dem öffentlichen Netz entnommenen Strommengen zu belegen, erstreckt sich auch auf Pumpspeicher­anla­gen. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass die als Ergebnis dieser Speicherung gewonnenen Strommengen exakt mit jenen Nachweisen korrespondieren, die den ursprünglichen Primärenergieträger für die aus dem Netz entnommenen und zum Betrieb der Pumpen notwendigen Strommengen ausweisen. Daher sind die Nach­weise, die von dem Stromhändler oder sonstigen Lieferanten, für die Strommengen, die an Pumpspeicherkraftwerke geliefert werden, in der automationsunterstützten Register­datenbank an den Pumpspeicherbetreiber zu übertragen. Die Löschung dieser Nachweise erfolgt sodann wie bisher durch den Stromhändler oder sonstigen Lieferanten, der die durch Speicherung gewonnen Strommengen an Endverbraucher abgibt und in seinem Versorgermix ausweist. Konsequenterweise sind daher, um Doppelzählungen zu vermeiden, die an Pumpspeicherkraftwerke gelieferten Mengen auch nicht in den Versorgermix des Stromhändlers oder sonstigen Lieferanten, der an das Pumpspeicherkraftwerk liefert, aufzunehmen. Damit ist gewährleistet, dass durch Pumpspeicherkraftwerke erzeugter Strom nur dann Strom aus erneuerbaren Energie­trägern ist, wenn für den Pumpbetrieb Herkunftsnachweise für Strom aus erneuerbaren Energieträgern herangezogen wurden oder die Erzeugung aufgrund des natürlichen Zuflusses des Speichers erfolgt ist. Auf Grund technischer Verluste, die mit jenen bei Übertragung von Strom vergleichbar sind, gehen 25% des Stroms, der durch Pump­speicherkraftwerke aus dem Netz entnommen werden, verloren. Für diese Mengen darf der Betreiber des Pumpspeicherkraftwerks keine Nachweise bei der Wiederer­zeu­gung der elektrischen Energie in seinem Pumpspeicherkraftwerk weitergeben, da sonst mehr Zertifikate als Strom in Umlauf gebracht werden.

Zu § 81 Abs. 5:

Für Netzbetreiber und Lieferanten gilt, dass, soweit kein Jahresverbrauch vorliegt, die Teilbeträge sowohl für die Netznutzung als auch für die Energielieferung auf Basis des zu erwartenden Stromverbrauchs zu berechnen sind. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der Endverbraucher an einer Anlagenadresse bisher noch nicht ver­sorgt wurde. Der Endverbraucher ist in diesem Fall zu Vertragsbeginn über die Höhe der Teilbeträge zu informieren. Legt der Endkunde einen niedrigeren als den gemäß diesem Absatz errechneten Verbrauch glaubhaft dar, so ist dies bei der Berechnung der Teilbeträge zu berücksichtigen.


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Die Verrechnung eines Aufschlages auf den anzunehmenden Verbrauch ist unzu­lässig. Wie bisher gilt, dass eine Differenz der Teilbetragszahlungen zum tatsächlichen Verbrauch aufgerollt und als Gutschrift oder Nachzahlung verbucht wird. Im Falle von Streitigkeiten über die korrekte Höhe der Teilbetragszahlungen kann die Schlichtungs­stelle gemäß § 26 E-ControlG angerufen werden.

Abs. 5 gilt sinngemäß auch für die Berechnung der Teilbeträge bei einem Lieferan­tenwechsel und der Neuanmeldung.

Zu § 81 Abs. 7:

Unter Mehrfachtarifzeiten gemäß Abs. 7 versteht man Tarife mit zeitvariablen Kompo­nenten wie z. B. drei unterschiedliche Tarifzeiten pro Tag. Ähnliche Tarife sind bereits als Doppeltarifmodelle für Kunden verfügbar. Im Rahmen dieser Verordnung können Vorgaben zur Verbesserung der Transparenz der allgemeinen Tarifstrukturen für den Endverbraucher vorgeschrieben werden. Dies bedeutet jedoch nicht die konkrete Festlegung von bestimmten Tarifmodellen bzw. Energiepreisen. Ausgenommen davon ist wiederum die Möglichkeit der E-Control, zu verordnen, dass Lieferanten ihren Kunden jedenfalls einen zeitunabhängigen Tarif anbieten müssen. Der zeitunab­hän­gige Tarif muss im Vergleich zu jenem Tarif, zu dem die größte Anzahl an Ver­brauchern desselben Lieferanten versorgt wird, angemessen sein. Da die Stromkun­den, deren Verbrauch über ein intelligentes Messgerät gemessen wird, darüber entscheiden können, ob detaillierte Energieverbrauchswerte, nämlich solche, die über den Tagesverbrauchswert hinausgehen, für die Berechnung der Stromkosten herange­zogen werden dürfen (Zustimmungsrecht oder vertragliche Vereinbarung gemäß § 84a Abs. 1), soll sichergestellt werden, dass es auch künftig immer zumindest einen Tarif geben kann, der ohne detailliertere Verbrauchswerte auskommt, damit die Entschei­dungs­freiheit der Konsumenten auch de facto jedenfalls besteht, den Strom aus­schließlich auf der Auslesung eines täglichen Verbrauchswerts (zeitunabhängiger Tarif/ 24-Stundentarif) verrechnet zu bekommen. Dies gilt auch gegenüber Verbrauchern, die sich bei einem Lieferanten auf die Grundversorgung nach § 77 berufen.

Zu § 81a:

Die monatliche Verbrauchs- und Stromkosteninformation ist ein wesentlicher Bestand­teil der Informationsverpflichtungen im Rahmen der Einführung von intelligenten Mess­geräten. Mit dieser Bestimmung ist der Lieferant zur Übermittlung dieser Information an den Endverbraucher monatlich verpflichtet. Sollte der jeweilige Lieferant durch sein Vertragsverhältnis mit dem Endverbraucher eine integrierte Rechnungslegung verein­bart haben (eine Rechnung für Arbeitspreis und Netzentgelte gemäß SNE-VO), so ist davon auszugehen, dass dieser auch über alle Kosteninformationen verfügt, um sämt­liche Kostenkomponenten (Arbeitspreis und Netzentgelte) in der Verbrauchs- und Stromkosteninformation abzubilden. In diesem Fall ist eine zusätzliche Information des Netzbetreibers über die ihn betreffenden Kosten nicht mehr erforderlich. Damit wird eine unnötige Verdoppelung der Information und damit einhergehenden Mehrkosten vermieden.

Im Falle einer getrennten Rechnungslegung von Lieferant und Netzbetreiber hat auch eine jeweils separate Verbrauchs- und Strominformation durch beide (dh. Lieferant und Netzbetreiber) zu erfolgen. Der Kunde erhält in diesem Fall einmal monatlich sowohl vom Lieferanten als auch vom Netzbetreiber eine entsprechende Verbrauchs- und Stromkosteninformation, die u.a. die jeweils das entsprechende Unternehmen betref­fen­den Kosten (Arbeitspreis bzw. Netzentgelte) zu enthalten hat. Diese monatliche Verbrauchs- und Stromkosteninformation ist in diesem Fall ein weiterer Informations­kanal zum Web-Portal gemäß § 84 Abs. 2 beim Netzbetreiber.


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Sämtliche Informationen sind gemäß dieser Bestimmung kostenlos auf elektronischem Weg zu übermitteln. Auf Wunsch des Endverbrauchers sind diese Informationen auch in Papierform kostenlos zu übermitteln. Die Verbrauch- und Stromkosteninformation erfolgt immer über die Gesamtkosten inklusive Steuern und Abgaben. Die Abbestel­lung der Verbrauchs- und Stromkosteninformation ist zulässig.

Die Verbrauchs- und Stromkosteninformation stellt keine Rechnung dar und ist daher klar von der Pflicht zur Rechnungslegung zu unterscheiden. Bei einer etwaigen monat­lichen Rechnungslegung gemäß § 81 kann diese Information natürlich auch mit bzw. in der monatlichen Rechnung übermittelt werden.

Zu § 82 Abs. 3 und 4:

Die Einhaltung des qualifizierten Mahnverfahrens obliegt demjenigen, dessen Vertrag verletzt wurde. Im Hinblick auf Vertragsverletzungen, bei welchen die Einhaltung des qualifizierten Mahnverfahrens nicht zumutbar ist, wie etwa bei der Manipulation von Messeinrichtungen, ist das qualifizierte Mahnverfahren nicht erforderlich. Gemäß § 99 Abs. 2 Z 13 ElWOG 2010 ist derjenige zu bestrafen, der seinen Verpflichtungen gemäß § 82 ElWOG 2010 nicht nachkommt. In Fällen, in denen ein Lieferant auch die Rechnung über die Netznutzung legt, ist der Netzbetreiber bei Zahlungsverzug des Netzbenutzers mit der Netz- und Energierechnung auch berechtigt, die auch ihm obliegende Durchführung des Mahnverfahrens zu übertragen.

Zu § 82 Abs. 5:

Die Kosten für eine begrenzte Menge an elektrischer Energie und für das zugehörige Ausmaß an erforderlichen Systemnutzungsentgelten inkl. Steuern und Abgaben sind bereits vor der tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Leistungen zu bezahlen. Durch die in der Folge aktivierte Prepayment-Funktion des Zählgerätes wird bewirkt, dass die angeführten Leistungen nach Erschöpfung der im Vorhinein begrenzten Nutzung erst im Falle einer weiteren Vorauszahlung für ein wiederum begrenztes Ausmaß erneut in Anspruch genommen werden können. Der Netzbetreiber hat in angemessener Frist dafür Sorge zu tragen, dass für die Nutzung der Prepayment-Funktion erforderliche Informationen dem Endverbraucher auf Wunsch elektronisch oder auf dem Postweg zugehen. Auf der Rechnung sind neben den in § 81 ElWOG 2010 vorgesehenen An­gaben zusätzlich die im Zeitraum der Nutzung der Prepayment-Funktion verbrauch­ten Menge und die getätigten Zahlungen anzuführen.

Somit wird sichergestellt, dass Zählgeräte mit Prepayment-Funktion nicht mehr auf Wunsch des Lieferanten bzw. Netzbetreibers gegen den Willen des Endverbrauchers eingebaut werden sondern lediglich dann, wenn der Endverbraucher dies wünscht. Somit kann der Kunde die Vorteile, die sich durch eine derartige Zahlungsart ergeben, wie insbesondere eine bessere Kontrolle der Kosten, nützen. Unter „erforderlichen Informationen“ werden insbesondere für die Freischaltung der Prepayment-Funktion notwendige Daten sowie auch die Information über die Höhe der laufenden, pro kWh anfallenden Kosten sowie der allfälligen bereits vorhandenen, durch die Nutzung der Prepayment Funktion abdeckbaren Zahlungsrückstände (Altschulden) verstanden. Neben der hiefür erforderlichen Abstimmung zwischen Netzbetreiber und Lieferant über die Höhe der Rückzahlung der Altschulden ist eine Rückzahlung von Altschulden nur bei Zustimmung des Kunden möglich. Hinsichtlich angemessener Rückzahlungs­modalitäten ist besonders auf die Interessen des Endverbrauchers Bedacht zu nehmen. Im Falle der Rückzahlung von Altschulden inklusive Zinsen sind allenfalls die Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes zum Zahlungsaufschub zu berücksichti­gen, wobei insbesondere auf die Informationspflichten Bedacht zu nehmen ist. Bei den auf der Rechnung anzugebenden Daten werden unter dem Begriff „getätigte Zahlun-


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gen“ die bereits erfolgten Aufladungen des Zählgerätes mit Prepayment-Funktion durch den Endverbraucher verstanden.

Zu § 82 Abs. 7:

Die Verpflichtung der Lieferanten, eine Anlauf- und Beratungsstelle für ihre Kunden für Praxisfragen zu den Themen Stromkennzeichnung, Lieferantenwechsel, Energie­effizienz, Preise und Energiearmut einzurichten („Ombudsstelle für Energieeffizienz und Energiearmut“), ist jedenfalls unabhängig von der Zuständigkeit der E-Control für Fragen der Konsumenten rund um die Strom- und Gasrechnung zu sehen. Die Regu­lie­rungsbehörde ist gemäß § 22 Z 6 E-ControlG zusätzlich zentrale Informationsstelle für Verbraucherinformation hinsichtlich der geltenden Rechtslage sowie in Streitbei­legungsverfahren und kann im Falle ihrer Befassung durch Bürgeranliegen ebenfalls auf die speziell eingerichtete Ombudsstelle in Fragen der Energieeffizienz und Energie­armut verweisen. Die Energieversorgungsunternehmen selbst können in Bezug auf ihre Verpflichtungen, Anlauf- und Beratungsstellen einzurichten, auch miteinander koope­rieren und bspw. gemeinsame Call-Center oder gemeinsame Einrichtungen für persönliche Beratungsgespräche schaffen. Die verpflichtend einzurichtenden Anlaufstellen müssen für die Kunden jedenfalls auch telefonisch erreichbar sein.

Zu § 83 Abs. 1:

Die Informationsverpflichtung der E-Control, als zentrale Informationsstelle für Ver­braucher (§ 22 Z 6 E ControlG), umfasst eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, die Erstellung von Informationsbroschüren, elektronisch zugängliche Informationen via Homepage u.ä. Es sollten dabei allgemeine Aspekte wie Energieeinsparungen, einsetz­bare Technologien, rechtliche Grundlagen, Erstellung von FAQ etc. berück­sich­tigt werden. Weiters hat die Regulierungsbehörde auf Grundlage der Berichte der Netzbetreiber gemäß Abs. 1 einen jährlichen Bericht über die Einführung von intelli­genten Messgeräten zu erstellen. Dieser Bericht hat hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit überdies die Arbeiten von relevanten Arbeitsgruppen in Österreich und auf Europäischer Ebene, unter anderem im Hinblick auf Normung darzustellen, die Praxis der Unternehmen in Österreich sowie best practice Beispiele und allfällige Prob­lem­bereiche anzuführen. Der Bericht ist auf der website des Regulierungsbehörde zur veröffentlichen. Die Information der Endverbraucher über Details zum Roll-out (insbe­sondere in Bezug auf technische Aspekte, zeitlicher Ablauf, Kundenrechte etc.) in den spezifischen Netzgebieten, obliegt dem das Roll-out durchführenden Netzbetreiber.

Bei der Beschaffung und Installation von intelligenten Messgeräten haben Netzbetrei­ber jedenfalls auf die Anforderungen der ÖVE-ÖNORM E8850 („Elektrisch, magneti­sche und elektromagnetische Felder im Frequenzbereich von 0 bis 300 GHz – Be­schränkung der Exposition von Personen“) Bedacht zu nehmen.

Lehnt ein Endverbraucher die Messung mittels eines intelligenten Messgerätes ab, so hat der Netzbetreiber diesem Wunsch zu entsprechen, solange die Vorgaben des § 1 Abs. 1 Z 3 Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung, BGBl. II Nr. 138/2012, erfüllt sind.

Zu § 83 Abs. 2:

Die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit zur Unterbrechung der Kunden­anlage bietet große Vorteile im bestehenden Marktsystem. So können Kunden, die in eine neue Anlage ziehen, sofort, z. B. durch einen Anruf im Kundenservice, ihren Zähler freigeben lassen. Eine aufwendige Terminvereinbarung und eventuelle Warte­zeiten entfallen völlig. Ein weiterer Vorteil ist die stichtagsgenaue Abgrenzung von Zählerständen durch die Möglichkeit, jederzeit bei Auszug den Zähler auszuschalten und bei Einzug eines neuen Kunden zu aktivieren. Somit entfallen Streitfälle zur Ab-


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grenzung der richtigen Energiemenge zwischen altem und neuem Kunden. Es ist jedoch anzumerken, dass die Möglichkeit zur Unterbrechung nur für die genannten Zwecke (nämlich 1. im Falle der Vertragsverletzung nach Einhaltung des qualifizierten Mahnverfahrens nach § 82 Abs. 3, 2. im Falle der Vertragsbeendigung durch ordent­liche Kündigung, Zeitablauf oder Widerspruch gemäß § 80 Abs. 2 oder 3. im Falle von missbräuchlichem Verhalten des Endverbrauchers) eingesetzt werden darf; sie ist jedoch nicht für eine gleichzeitige großflächige Unterbrechung einer großen Anzahl von Kundenanlagen zu verwenden. Die Unterbrechungsmöglichkeit betrifft zudem nur die Aktivierung bzw. Deaktivierung der gesamten Kundenanlage für die zuvor genannten Zwecke und steht nicht im Zusammenhang mit Steuerungsmöglichkeiten von Geräten in der Kundenanlage selbst; diese wird über andere technische Lösungen (die in der Sphäre des Kunden liegen) durchgeführt. Diese Unterbrechungsmöglichkeit ist vom Netzbetreiber so zu konfigurieren, dass „Massenbefehle“ nicht durchführbar sind und nur einzelne Kundenanlagen von der Ferne angesteuert werden. Dies ist auch aus Sicherheitsgründen relevant.

Bei der Wiedereinschaltung und Freigabe der Geräte aus der Ferne wird der Zähler vom Netzbetreiber reaktiviert und muss aus Sicherheitsgründen vom Kunden selbst aktiviert werden, um den Stromfluss wiederherzustellen.

Bei der Abschaltung aus der Ferne ist anzumerken, dass trotz dieser technischen Mög­lich­keit die in § 82 Abs. 3 ElWOG 2010 definierte Regelungen zu Mahnläufen und Abschaltungen jedenfalls einzuhalten ist.

Die Möglichkeit zur Unterbrechung der Anlage ist auch für die indirekte Unterstützung einer Prepayment-Funktion erforderlich, die technisch über eine Unterbrechung aus der Ferne in Kombination mit einem Guthaben im Verrechnungssystem des Netzbe­treibers gelöst wird. Damit entfällt die Integration einer kostenintensiven Prepayment­funktion direkt im Zähler. Somit ist eine kostengünstige und kundenfreundliche Lösung realisierbar.

Der Stand der Technik ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtun­gen und Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen. Um ein dem internationalen Stan­dard entsprechendes Sicherheitsniveau gewährleisten zu können, sind die Netzbe­treiber daher dazu angehalten, sich an dem Stand der Technik zu orientieren. Dieser ist üblicherweise durch international bzw. national anerkannte Normen, Stan­dards, Guidelines u.ä. definiert. Beispiele dafür können sein: ISO/IEC 2700x, ISO/IEC 15408 u.ä. Eine zum Schutz vor Datenzugriffen Dritter verwendete Software hat nach Möglichkeit getrennt von der für die Messung der Verbrauchswerte notwendigen Soft­ware zu sein.

Möglichen zukünftigen Änderungen von Standards (zB Kommunikationsschnittstellen) und/oder Sicherheitsanforderungen ist durch Fernupdate (zB Soft- oder Firmware­update) unter Berücksichtigung der maß- und eichrechtlichen Bestimmungen zu entsprechen, um etwaige kostenintensive Umrüstungen zu vermeiden. Eine konkrete gesetzliche fix normierte Vorgabe von zB Verschlüsselungsmethoden ist daher zu vermeiden, da ansonsten bei technischen Änderungen keine Verpflichtung bestünde, die Systeme umzurüsten.

Zudem hat die Europäische Kommission die entsprechenden europäischen Normungs­gremien angewiesen, dem Sicherheitsaspekt bei der Entwicklung eines europäischen Standards für intelligente Messgeräte große Bedeutung beizumessen. Daher haben alle zukünftigen Standards strenge sicherheitsrelevante Kriterien zu erfüllen (Ver-


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schlüs­selungsstandards etc). Die entsprechenden europäischen Standards werden natürlich dann auch in allen europäischen Mitgliedstaaten zum Stand der Technik und sind damit verpflichtend von den Herstellern und Netzbetreibern einzuhalten.

Zu § 83 Abs. 3:

Unter darüber hinausgehenden verrechnungsrelevanten Werten in Abs. 3 sind der Tageswert und die Viertelstundenwerte zu verstehen.

Die Anzeige am intelligenten Messgerät hat gemäß Abs. 3 jedenfalls den jeweiligen Zählerstand anzuzeigen. Zu Zwecken der Überprüfung von darüber hinausgehenden verrechnungsrelevanten Werten ist auf Kundenwunsch die Anzeige des intelligenten Messgerätes dahingehend freizugeben, dass eine Überprüfung dieser Werte anhand der Anzeige des intelligenten Messgeräts selbst ermöglicht wird. Diese Freigabe ist entsprechend den datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu gestalten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass diese Freigabe kostenlos und ohne großen Zusatzaufwand für den Kunden zu erfolgen hat.

Zu § 83 Abs. 4:

Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass bei einem Mieterwechsel bzw. der Über­gabe eines Wohnobjektes der neue Mieter/Besitzer/Eigentümer nicht über die Anzeige oder Schnittstelle des Messgerätes auf die restlichen, im Speicher befindlichen Mess­werte zugreifen kann.

Gemäß § 84 Abs. 1 hat der Netzbetreiber die erhobenen Messwerte für 60 Kalender­tage im intelligenten Messgerät zu den genannten Zwecken rollierend zu speichern. Im Falle eines Mieterwechsel, Um- oder Auszug o.ä. ist aufgrund eichrechtlicher Vorschrif­ten die Konfiguration des Messgerätes zur Löschung der Messwerte nicht möglich. Daher sind auch in diesem Fall entsprechend des Zeitraumes zwischen Auszug des vorangehenden Endverbrauchers und Einzug eines neuen Endverbrauchers die noch nicht rollierend überschriebenen Werte noch im Gerät selbst abgelegt. Aus daten­schutzrechtlichen Gründen ist jedoch der Zugriff auf diese Werte durch den neuen Endverbraucher entsprechend abzusichern und erst dann freizugeben, wenn keine historischen Werte des früheren Endverbrauchers im Gerät selbst mehr verfügbar sind. Eine auf ausdrücklichen Wunsch des Endverbrauchers gemäß Abs. 3 erfolgte Frei­schaltung der Sichtanzeige eines intelligenten Messgeräts ist durch den Netzbe­treiber unverzüglich auf die ursprüngliche Konfiguration zurückzusetzen, wenn insbe­sondere im Falle von Wechsel oder Auflösung des Vertragsverhältnisses zwischen Endver­braucher und Netzbetreiber andere Personen als der ursprünglich berechtigte Endver­braucher Zugang zum betreffenden intelligenten Messgerät erhalten. Eine neuerliche Freischaltung der Sichtanzeige durch den Netzbetreiber auf Wunsch eines (neuen) Endverbrauchers darf erst erfolgen, wenn im intelligenten Messgerät keine Messwerte des jeweils vorhergehenden Vertragsverhältnisses mehr verfügbar sind. Die übrigen Pflichten des Netzbetreibers gemäß § 81a, § 83, § 84 und § 84a bleiben davon unberührt.

Eine Kontrolle der über den aktuellen Zählerstand hinausgehenden verrechnungs­relevanten Werte ist daher bis zu jenem Zeitpunkt nicht möglich, bis zu dem es keine historischen, dem vorhergehenden Endverbraucher zuordenbare Messwerte mehr gibt. Diese Kontrolle ist jedoch unverzüglich ab dem ersten Tag der Löschung sämtlicher historischer Werte dem neuen Endverbraucher zu ermöglichen.

Dennoch besteht für den Netzbetreiber selbstverständlich weiterhin die gesetzlich vor­ge­schriebene Verpflichtung, jene Werte, für die es eine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung bzw. Zustimmung gibt (Tageswerte, Viertelstundenwerte), ab dem


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Zeitpunkt des neuen Vertragsverhältnisses dem neuen Vertragspartner entsprechend § 84 zur Verfügung zu stellen bzw. dem Lieferanten zu übermitteln.

Zu § 84 Abs. 1:

Spätestens sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Installation eines intelligenten Mess­geräts beim jeweiligen Endverbraucher, sind einmal täglich ein Verbrauchswert sowie sämtliche Viertelstundenwerte im intelligenten Messgerät zu erfassen und für 60 Tage rollierend zu speichern. Als täglicher Verbrauchswert ist der einmal täglich erfasste Wert um 24.00 Uhr zu sehen, also jener Wert, der den Verbrauch eines gesamten Tages widerspiegelt. Durch die Speicherung der in 15-Minuten-Intervallen erfassten Zählerstände, Leistungsmittelwerte oder Energieverbrauchswerte im intelligenten Messgerät hat der Endverbraucher künftig die Möglichkeit sich zeitnah über seinen Tagesverbrauch zu informieren. Über ein Web-Portal, dessen Betrieb in der Verant­wortung des Netzbetreibers liegt, ist dem Kunden jedenfalls die Möglichkeit zu geben, kostenlos in seine Verbrauchsdaten einzusehen. Personen, die über keinen Internet­zugang verfügen oder die nur auf unzumutbare Weise Zugang zum Internet haben, ist nach Möglichkeit über die Beratungsstelle nach § 82 Abs. 7 ElWOG ein gleichwertiger Informationsstand zu ermöglichen. Kunden von Lieferanten ohne Anlauf- und Beratungsstelle ist dies möglichst ebenso einzuräumen.

Jene Werte, die bspw. am Montag um 24.00 Uhr im Messgerät erfasst sind, müssen bis Dienstag um 24.00 Uhr im Webportal stehen. Ein Speicherintervall von 60 Tagen wird vorgeschrieben, um dem Kunden ausreichend Zeit für etwaige Rechnungs­kon­trollen und -korrekturen zur Verfügung zu stellen.

Auch das Eichrecht gemäß Maß- und Eichgesetz und die Verordnung des Bundes­amtes für Eich- und Vermessungswesen über Eichvorschriften für Elektrizitätszähler, elektrische Tarifgeräte und Zusatzeinrichtungen, Amtsblatt für das Eichwesen, 2006, Nr. 3, Anhang III C.3., fordert eine Kontrollmöglichkeit über das Display des Zählers, was wiederum eine angemessene Speicherdauer im Messgerät erfordert.

Zu § 84 Abs. 2 bis Abs. 4:

Netzbetreiber sind verpflichtet, die erhobenen Verbrauchswerte spätestens 12 Stunden nach deren Auslesung im Web-Portal zur Verfügung zu stellen. Dies bedeutet, dass jene Werte, die bspw. am Montag um 24 Uhr im Messgerät erfasst wurden, bis Dienstag im Webportal stehen müssen. Ein Speicherintervall von 60 Tagen wird vorge­schrieben, um dem Kunden ausreichend Zeit für etwaige Rechnungskontrollen und -korrekturen zur Verfügung zu stellen. Das Web-Portal steht dem Endverbraucher zu seiner persönlichen und freien Verfügung; die Daten sollen auf Wunsch jederzeit wieder löschbar sein. Direktzugriffe Dritter auf das Web-Portal sind nicht erlaubt, wohl aber kann der Endverbraucher seine Daten, soweit gewünscht, an Dritte übermitteln.

Zu § 84 Abs. 5:

Es soll sichergestellt sein, dass die Zähler die Daten dieser Schnittstelle in einem aus­reichenden Zyklus ausgeben können. Dies bedeutet, dass alle im Messgerät erfassten Daten in einem Intervall ausgegeben werden müssen, das einen sinnvollen Betrieb von modernen Anwendungen des Endverbrauchers erlaubt. Als Beispiel ist hier das In-Home-Display anzuführen, das in vielen Fällen Messwerte im Sekundentakt benötigt, um dem Endverbraucher ausreichende Informationen zu gewährleisten.

Zu § 91 und § 97:

Bei diesen Änderungen handelt es sich um Deregulierungsmaßnahmen.


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Zu § 109 Abs. 3:

§ 59 Abs. 6 ElWOG 2010 sieht vor, dass jene Kostenkomponenten, die durch die Netzbetreiber nicht selbst beeinflussbar sind, bei der Ermittlung von Zielvorgaben nicht berücksichtigt werden. Die näheren Kostenarten gemäß § 59 Abs. 6 Z 6 ElWOG 2010 sind durch Verordnung der Regulierungskommission der E-Control festzulegen. Diese Verordnungsermächtigung tritt gemäß § 109 Abs. 3 ElWOG 2010 erst mit 1. Jänner 2014 in Kraft. Um jedoch diese unbeeinflussbaren Kosten bereits in der ab dem 1. Jänner 2014 beginnenden Regulierungsperiode berücksichtigen zu können, wird das Inkrafttreten der Verordnungsermächtigung der Regulierungskommission vorverlegt.

Zu § 111 Abs. 3:

Der Ausbau der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern bedarf des Ausbaus der bestehenden sowie des Baus neuer Pumpspeicherkraftwerke sowie von Anlagen der Technologiespezifikation „Power to Gas“, die der Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder synthetisches Erdgas dienen. Als Anreiz hierfür wird eine tem­poräre Befreiung neuer Pumpspeicherkraftwerke sowie von „Power to Gas“-Anlagen von den Netzentgeltkomponenten Netznutzung und Netzverlust für die Pumpanlage normiert und diese Befreiung in Anbetracht der bis 2020 gesetzten Erneuerbaren-Ziele bis Ende 2020 befristet gewährt.

Zu Artikel 2:

Allgemein wird auf die Begründungen zu Artikel 1 verwiesen.

Zu § 7 Abs. 1 Z 26:

Diese Geräte unterscheiden sich in der Art, der Anbringung und Übertragung von Lastprofilzählern und sind für einen flächendeckenden Einbau konzipiert.

Zu § 71:

Neben sprachlichen Klarstellungen, dass das Regulierungskonto – wie bei der Erlas­sung des GWG 2011 beabsichtigt – auch in Bezug auf Gas-Systemnutzungs­tarifver­ordnungen gemäß dem GWG alt Anwendung findet, erfolgt eine Ergänzung der Rechnungslegungsvorschriften von Netzbetreibern, die insbesondere zur Vermeidung einer buchmäßigen Überschuldung aufgrund anhängiger Rechtsverfahren beitragen soll und, analog zu § 42 ÖSG 2012 eine zweifelsfreie Aktivierbarkeit des nicht ge­deckten Differenzbetrages und damit den gesicherten Weiterbetrieb des Netzbe­triebs ermöglicht. Beispielsweise ist ein verbleibender, nicht durch tatsächliche Erlöse ge­deck­ter Teil der geplanten Erlöse einer Entgeltperiode im Jahresabschluss des Netz­betreibers als Aktivposten anzusetzen und in den nächsten zu erlassenden Gas-Systemnutzungsentgelte-Verordnungen über die Entgelte zu erstatten.

Mit dieser Regelung wird klargestellt, dass insbesondere die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Abs. 3 bis Abs. 5 auch für Bescheide gemäß § 82 anwendbar sind, nicht aber die übrigen Bestimmungen zum Regulierungskonto, da diesbezügliche Rege­lungen in der Methode gemäß § 82 zu treffen sind.

Zu § 73:

Um den Einsatz von Gaskraftwerken zur Erzeugung elektrischer Energie im Bedarfs­falle flexibler zu gestalten, wird in Bezug auf die Festlegung der Gas-Netznutzungs­entgelte eine Ermächtigung der Regulierungsbehörde geschaffen, den leistungsbe­zogenen Anteil des Netznutzungsentgeltes auf täglicher oder monatlicher Basis festzu­setzen.


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Zu § 79 Abs. 8:

Hier wird auf die Begründung zu § 59 Abs. 8 ElWOG 2010 verwiesen.

Zu § 87 Abs. 5:

Im Rahmen der Ausgleichsenergieverrechnung ist es möglich, dass zum Bilanzstichtag Über- bzw. Unterdeckungen beim Bilanzgruppenkoordinator vorliegen, die im Rahmen der Ausgleichsenergieverrechnung der folgenden Monate durch den Bilanzgrup­penkoordinator jedoch wieder auszugleichen sind. Es wäre daher unangemessen, wenn diese Über- bzw. Unterdeckungen das Bilanzergebnis des Bilanzgruppen­koordi­nators beeinflussen würden. Daher wird mit dieser Bestimmung die Möglichkeit eröffnet, diese Beträge ergebniswirksam abzugrenzen, um das tatsächliche wirtschaft­liche Ergebnis nicht zu verfälschen.

Zu § 123:

In § 123 GWG 2011 (neu) wurde nunmehr auch das Verfahren des Widerspruchs aufge­nommen, da mit der Regelung des Wechsels bzw. einer Neuanmel­dung/Abmel­dung auch das Widerspruchsverfahren gemäß § 125 Abs. 2 GWG 2011, demzufolge der Vertrag mit dem Versorger nach Ablauf der 3 Monats Frist ab Widerspruch endet, mitgeregelt werden sollte. Da sich der Kunde im Falle des Widerspruchs einen neuen Versorger suchen muss, können folglich in der Wechsel-Verordnung Regelungen getroffen werden, die festlegen, bis zu welchem Tag vor Ablauf der 3-Monatsfrist noch ein Wechsel durchgeführt werden kann bzw. wann der Prozess einer Neuanmeldung – im Falle einer tatsächlich vorgenommenen Abschaltung – anzuwenden wäre.

Zu § 123 Abs. 1:

Abs. 1 regelt, dass Verbraucher iSd KSchG sowie Kleinunternehmen nunmehr die Möglich­keit haben im Falle des Vorliegens eines unbefristeten Vertrags, jederzeit unter Einhaltung einer zweiwöchigen Kündigungsfrist den Vertrag zu kündigen bzw. im Falle eine befristeten Vertrags spätestens zum Ende des ersten Vertragsjahres und in weiterer Folge ebenfalls jederzeit unter Einhaltung einer zweiwöchigen Kündigungsfrist zu kündigen. Auch Versorger können bei einem unbefristeten Vertrag jederzeit unter Einhaltung einer acht-wöchigen Kündigungsfrist kündigen. Im Falle eines befristeten Vertrages können Versorger spätestens zum Ende des ersten Vertragsjahres und in weiterer Folge ebenfalls jederzeit unter Einhaltung der eben genannten Kündigungsfrist kündigen.

Zu § 123 Abs. 2:

Dieser sieht vor, dass das mit der Kündigung verbundene Versorgerwechsel-Verfahren höchstens drei Wochen dauern darf, wobei die Regulierungsbehörde auch dazu ermächtigt ist, diese Verfahren näher zu regeln.

Zu § 123 Abs. 3:

Da die Möglichkeit von rein elektronischen Vertragsabschlüssen über das Internet bereits zunehmend durch Kunden genutzt wird und wohl auch einer weiteren Belebung des Wettbewerbes dient, soll diese Möglichkeit nun auch Kunden, die ihren Versorger auf ausschließlich elektronischem Wege wechseln wollen, geboten werden. Die Versorger müssen daher die elektronischen, aus zivilrechtlicher Sicht (insbesondere Vollmacht) und aus technischer Sicht für die Vornahme eines Wechsels erforderlichen Willenserklärungen anerkennen. Für die Rechtswirksamkeit der elektronischen Voll­macht dürfen seitens der Versorger und Netzbetreiber keine Formerfordernisse (zB Schriftform iSd § 886 ABGB) verlangt werden. Zur Sicherstellung einer einwandfreien Abwicklung des Online-Wechsels sind Versorger zur Anpassung ihrer Vertriebs- und Dienstleistungssysteme verpflichtet. Weiters ist es erforderlich, dass die Website der


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Versorger, über welche dieser Wechsel erfolgt, auch den Bedürfnissen der Kunden entspricht. Diese Website muss leicht auffindbar, verständlich, konsumentenfreundlich und transparent gestaltet sein. Neben Verwendung einer einfachen und klaren Sprache, Erläuterung komplexer Begriffe und strukturierter Information müssen auch beispielsweise Beträge und Gesamtsummen anschaulich und in transparenter Form dargestellt werden. Seitens der Versorger, nicht jedoch seitens der Netzbetreiber, sind konsumentenfreundliche Vorkehrungen zur Authentifizierung des Kunden zu treffen. Durch diese Vorkehrungen (zB Bürgerkarten, Angabe der Nummer eines Personalaus­weises, eines Führerscheines oder Reisepasses) wird die Identität des Kunden, der seinen Versorger wechseln möchte, verifiziert. Die Regulierungsbehörde muss beim Tarifkalkulator einen direkten Link zum Online-Wechsel des Versorgers setzen. Versorger müssen die Webadresse (URL) der Regulierungsbehörde übermitteln und auch Aktualisierungen der Webadresse unaufgefordert melden.

Zu § 123 Abs. 4 und 5:

Art. 3 Abs. 6 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicher­zustellen, dass der Prozess des Versorgerwechsels maximal 3 Wochen in Anspruch nimmt. In Umsetzung dieser Vorgabe wird ein maximal dreiwöchiger Wechsel – ungeachtet bestehender zivilrechtlicher Bindungen – ab dem Zeitpunkt der Kennt­nisnahme des Versorgerwechsels durch den Netzbetreiber verankert, wobei die Details des Verfahrens durch die Regulierungsbehörde mit Verordnung zu regeln sind. Die Frist beginnt mit Einleitung des Endverbraucheridentifikationsprozesses zu laufen (sofern der Endverbraucher erfolgreich identifiziert wurde), da ab diesem Zeitpunkt der Netzbetreiber Kenntnis von einem Wechselvorgang erlangt. Um eine reibungslose Durchführung des Wechsels sowie der An- und Abmeldung zu gewährleisten, ist die Regulierungsbehörde auch ermächtigt, die hiefür maßgeblichen Verfahren, insbeson­dere die für die Abwicklung sämtlicher in Abs. 4 angeführter Verfahren erforderlichen Datenübermittlungen (insbesondere Art, Übermittlungsform und Umfang), mit Verord­nung zu regeln (vgl. dazu auch Abs. 7). Gegebenenfalls müssen, soweit dies zur Verfahrensabwicklung erforderlich ist, sich auch weitere Marktteilnehmer an die Wechsel­plattform anschließen. Unter dem Begriff „Lastprofiltype“ wird nur die Bezeich­nung des Lastprofils gemäß den Marktregeln umfasst, ein Rückschluss auf indivi­duelles Verbrauchsverhalten wird damit nicht ermöglicht.

Es wird unter anderem die Aufgabe der Regulierungsbehörde sein, zu bestimmen, welche für den Wechsel wesentlichen, beim Netzbetreiber und Versorger gespeicher­ten Daten auf kurzem Wege über die zu schaffende dezentrale Plattform einem Abgleich zuzuführen sind, um den Prozess zu verkürzen. Nicht zuletzt aufgrund des nunmehr verpflichtend vorzusehenden Online-Wechsels ist generell eine elektronische, grundsätzlich ohne manuelle Bearbeitung erfolgende Durchführung der Prozesse notwendig, die über die Plattform der Verrechnungsstelle erfolgt. Der Verrechnungs­stelle ist ob ihrer Neutralität im Marktmodell der Betrieb dieser Plattform zu über­antworten. Die Plattform umfasst ebenfalls eine zu definierende Schnittstelle für die Anbindung der einzelnen Marktteilnehmer. Die Aktivitäten haben unter Wahrung des Rechts auf Datenschutz zu erfolgen. Über die durch die Verrechnungsstelle betriebene Plattform erfolgt allein die Steuerung der Datenabgleichsprozesse, die Hoheit über diese Netzkundendaten verbleibt ohne Änderung des Status Quo dezentral beim Netzbetreiber. Durch diese Vorgehensweise und insbesondere die Verpflichtung, eine Sicherstellung der Authentizität der Versorger vorzusehen, wird gewährleistet, dass unberechtigte Dritte keinen Zugriff auf dezentral gespeicherte Daten des Netzbetrei­bers erlangen.

Ungeachtet dessen, dass die Netzbetreiber und Versorger Datensicherheitsmaßnah­men aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen einzuhalten haben, ist die Durch­füh-


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rung einer Vollmachtsprüfung vor einer Durchführung der Endverbraucheridentifika­tion sowie der Bindungs- und Kündigungsabfrage in jedem einzelnen Fall nicht erforderlich, um nicht gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen zu verstoßen. Unter anderem dürfen nach dem DSG 2000 Daten nur verarbeitet werden, wenn kein Verstoß gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen vorliegt. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 DSG 2000 liegt keine Verletzung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen vor, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung zur Datenverwendung besteht. Mit der vorliegenden gesetzlichen Bestimmung werden Netzbetreiber und Versorger aus­drücklich gesetzlich verpflichtet, die durch die Regulierungsbehörde mit Verordnung festzulegenden Daten auf Anfrage sämtlichen Versorgern ehestmöglich zur Verfügung zu stellen. Somit liegt ein klarer Normauftrag vor, welcher die Datenarten und auch den Übermittlungszweck ausführt. Die Versorger sind im Sinne einer Datenverwendung nach dem Grundsatz von „Treu und Glauben“ (§ 6 Abs. 1 Z 1 DSG 2000) dazu angehalten, Daten nicht zu anderen, durch diese gesetzliche Bestimmung nicht gedeckten Zwecken als die Durchführung eines Wechsels abzufragen. Es sieht auch § 123 Abs. 4 letzter Satz GWG 2011 vor, dass Versorger keine Prozesse ohne Willenserklärung eines Endverbrauchers einleiten dürfen. § 159 Abs. 1 Z 6 GWG 2011 sieht bei Verstoß einen Verwaltungsstraftatbestand vor. Auch in zivilrechtlicher Hinsicht muss ein vollmachtslos handelnder Versorger im Streitfall nur das Vorliegen einer Vollmacht beweisen. Der Netzbetreiber muss hingegen das Nichtvorliegen einer Vollmacht nur behaupten; eine (schadenersatzrechtliche) Haftung bezieht sich zudem nur auf Schäden, die dem Dritten aufgrund seines enttäuschten Vertrauens entstanden sind (Vertrauensinteresse), nicht aber auf das Erfüllungsinteresse. Auch wird ein vollmachtslos handelnder Versorger sich ohnehin des Fehlens der Vollmacht bewusst sein – eine Haftung aufgrund eines eventuellen Mitverschuldens scheidet daher auch aus. Der Versorger muss daher zur Sicherung seiner Ansprüche die Angaben des angeblich bevollmächtigten Versorgers nicht auf ihre Wahrheit prüfen, sondern darf auf das Vorliegen der Vollmacht vertrauen. Es ist daher eine stichprobenartige bzw. bei einem begründeten Verdacht vorgenommene Kontrolle, ob eine Vollmacht vorliegt, ausreichend.

Zu § 123 Abs. 6 und Abs. 7:

Bei der Protokollierung durch die Plattform werden keine Endverbraucherdaten gespeichert, da diese ausschließlich bei den jeweiligen Marktteilnehmern liegen. Die Plattform umfasst in vollständig automatisierter Weise jeden Zugriff des Vertrags­partners bzw. seiner Benutzer auf die Plattform und die vom jeweiligen Vertragspartner bzw. seinen Benutzern getätigten Aktionen. Insbesondere werden folgende Daten umfasst: IP Adresse des anfragenden Rechners, Datum und Uhrzeit des Zugriffs des anfragenden Rechners auf die Plattform, vom jeweiligen Vertragspartner/Benutzer getätigte Aktionen und übertragene Daten, Erkennungsdaten des verwendeten Browser- und Betriebssystems. Eine Vollmachtsprüfung muss nicht in jedem Fall sondern nur bei begründetem Verdacht und stichprobenartig erfolgen.

Die Verrechnungsstelle kann im Falle von Unregelmäßigkeiten, welche auf eine unberechtigte oder zweckfremde Nutzung der Plattform hindeuten (Nutzung die über die Zwecke der Abwicklung des Versorgerwechsels, der Neuanmeldung, der Abmel­dung hinausgeht), gesetzlich zulässige Schritte einleiten, um eine unberechtigte Nutzung zu unterbinden. Hierbei ist der jeweilige betroffene Vertragspartner zu infor­mie­ren und muss Auskunft erteilen, um den Verdacht der zweckfremden Nutzung zu zerstreuen.

Aus Gründen der legistischen Vollständigkeit wurde der explizite Hinweis auf die Möglichkeit der Erlassung von Protokollierungsvorschriften in der Verordnungsermäch­tigung aufgenommen. In der Wechselverordnung sind bereits die notwendigen Proto-


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kollierungsvorschriften enthalten, die vorgesehen wurden, im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften (zB E-ControlG) auf die Daten zugreifen zu können; eine weitere Protokollierung ist in den AB BKO geregelt. Allgemein regelt § 14 DSG 2000, dass Auftraggeber Datensicherheitsmaßnahmen zu treffen haben, insbesondere, dass die Daten nicht Unbefugten zugänglich sind.

Der Protokollierung der Identifizierung durch die Versorger wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass bei der Endverbraucheridentifikation Daten mitgeschickt werden, die eine Identifizierung des Endverbrauchers ermöglichen. In diesem Zusam­menhang haben die Versorger auch sicherzustellen, dass nachvollziehbar ist, welche Mitarbeiter seitens des Versorgers die Abwicklung der Verfahren vorgenommen haben.

Ohne Zustimmung des Endverbrauchers werden Daten der Wechselplattform in Schlichtungsverfahren gemäß § 26 E-ControlG nur im Zusammenhang mit Streitig­keiten über den Wechsel, die Neuanmeldung, Abmeldung und Widerspruch verwendet.

Zu § 124 Abs. 4 und 5:

Diese Klarstellung scheint erforderlich, um zu gewährleisten, dass Netzbetreiber gegenüber Endverbrauchern, die über einen Energieliefervertrag verfügen, zur Netzdienstleistung verpflichtet sind, unabhängig von bereits bestehenden Schulden im Zusammenhang mit der Netzdienstleistung. Endverbraucher sind jedoch dazu ange­halten, die laufenden Zahlungen, welche aus der Netzdienstleistung im Rahmen der Grundversorgung anfallen, zu begleichen, widrigenfalls bei Zahlungsverzug nach Einhaltung des qualifizierten Mahnverfahrens gemäß § 127 Abs. 3 GWG 2011 Netzbetreiber auch berechtigt sind, die Netzdienstleistung für die Dauer der Zuwider­handlung auszusetzen. Der Endverbraucher kann die Trennung bzw. die Aussetzung verhindern, wenn er sich zur Vorausverrechnung mittels Prepaymentfunktion ver­pflichtet. Bei Einsatz dieser Vorausverrechnung bezieht der Kunde nur dann und insoweit Gas, soweit er ein Guthaben hat. Für den Netzbetreiber und den Versorger entsteht kein Kostenausfallsrisiko mehr. Das Recht auf Prepaymentzahlung besteht nur, wenn dies sicherheitstechnisch möglich ist.

Im Falle einer Installation eines Prepaymentzählers hat der Versorger dem Netzbe­trei­ber den Energiepreis mitzuteilen, damit der Zähler korrekt konfiguriert werden kann. Der Versorger und der Netzbetreiber haben insbesondere im Falle eines drohenden Zahlungsverzugs oder im Falle des Bestehens eines Zahlungsverzugs zu kooperieren. Sozialinstitutionen sind nach Maßgabe des Einzelfalles ebenfalls einzubinden. Der Endverbraucher ist jedenfalls berechtigt, über einen Zeitraum von sechs Monaten seine im Rahmen der Grundversorgung angefallenen Zahlungsrückstände zu be­gleichen.

Keine Verpflichtung zur Netzdienstleistung besteht, wenn aus den im Gesetz genann­ten Gründen der Netzzugang durch den Netzbetreiber ganz oder teilweise verweigert wird.

Zu § 124a:

Hier wird auf die Begründung zu Artikel 1 (§ 77a ElWOG 2010) verwiesen. Im GWG wurde in Abs. 1 die Aufzählung, in welchen Fällen die Bestimmung anwendbar sein soll, erweitert, um die Besonderheiten des neuen Marktmodells zu berücksichtigen. Die Verständigung durch den Bilanzgruppenverantwortlichen erfolgt unter der Voraus­setzung, dass dieser – insbesondere in Bezug auf die Information der Netzbetreiber – Kenntnis davon hat, in welchen Netzen der Versorger tätig war.

Zu § 126 Abs. 6:

Für Netzbetreiber und Versorger gilt, dass, soweit kein Jahresverbrauch vorliegt, die Teilbeträge sowohl für die Netznutzung als auch für die Energielieferung auf Basis des


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zu erwartenden Gasverbrauchs zu berechnen ist. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der Endverbraucher an einer Anlagenadresse bisher noch nicht versorgt wurde. Der Endverbraucher ist in diesem Fall zu Vertragsbeginn über die Höhe der Teilbeträge zu informieren. Legt der Endkunde einen niedrigeren als den gemäß diesem Absatz errechneten Verbrauch glaubhaft dar, so ist dies bei der Berechnung der Teilbeträge zu berücksichtigen.

Die Verrechnung eines Aufschlages auf den anzunehmenden Verbrauch ist unzu­lässig. Wie bisher gilt, dass eine Differenz der Teilbetragszahlungen zum tatsächlichen Verbrauch aufgerollt und als Gutschrift oder Nachzahlung verbucht wird. Im Falle von Streitigkeiten über die korrekte Höhe der Teilbetragszahlungen kann die Schlichtungs­stelle gemäß § 26 E-ControlG angerufen werden.

Abs. 6 gilt sinngemäß auch für die Berechnung der Teilbeträge bei einem Versorger­wechsel und der Neuanmeldung.

Unter Mehrfachtarifzeiten gemäß Abs. 8 versteht man Tarife mit zeitvariablen Komponenten wie z. B. drei unterschiedliche Tarifzeiten pro Tag. Ähnliche Tarife sind bereits als Doppeltarifmodelle für Kunden verfügbar. Im Rahmen dieser Verordnung können Vorgaben zur Verbesserung der Transparenz der allgemeinen Tarifstrukturen für den Endverbraucher vorgeschrieben werden. Dies bedeutet jedoch nicht die Festle­gung von bestimmten Tarifmodellen bzw. Energiepreisen.

Zu § 126a:

Die monatliche Verbrauchs- und Gaskosteninformation ist ein wesentlicher Bestandteil der Informationsverpflichtungen im Rahmen der Einführung von intelligenten Mess­geräten. Mit dieser Bestimmung ist der Versorger zur Übermittlung dieser Information an den Endverbraucher monatlich verpflichtet. Sollte der jeweilige Versorger durch sein Vertragsverhältnis mit dem Endverbraucher eine integrierte Rechnungslegung verein­bart haben (eine Rechnung für Arbeitspreis und Netzentgelte gemäß GSNE-VO), so ist davon auszugehen, dass dieser auch über alle Kosteninformationen verfügt, um sämt­liche Kostenkomponenten (Arbeitspreis und Netzentgelte) in der Verbrauchs- und Gaskosteninformation abzubilden. In diesem Fall ist eine zusätzliche Information des Netzbetreibers über die ihn betreffenden Kosten nicht mehr erforderlich. Damit wird eine unnötige Verdoppelung der Information und damit einhergehenden Mehrkosten vermieden.

Im Falle einer getrennten Rechnungslegung von Versorger und Netzbetreiber hat auch eine jeweils separate Verbrauchs- und Gaskosteninformation durch beide (dh. Ver­sor­ger und Netzbetreiber) zu erfolgen. Der Kunde erhält in diesem Fall einmal monatlich sowohl vom Versorger als auch vom Netzbetreiber eine entsprechende Verbrauchs- und Gaskosteninformation, die u.a. die jeweils das entsprechende Unternehmen betreffenden Kosten (Arbeitspreis bzw. Netzentgelte) zu enthalten hat. Diese monat­liche Verbrauchs- und Gaskosteninformation ist in diesem Fall ein weiterer Informa­tions­kanal zum Web-Portal gemäß § 129 Abs. 2 beim Netzbetreiber.

Sämtliche Informationen sind gemäß dieser Bestimmung kostenlos auf elektronischem Weg zu übermitteln. Auf Wunsch des Endverbrauchers sind diese Informationen auch in Papierform kostenlos zu übermitteln. Die Abbestellung der Verbrauchs- und Gaskosteninformation ist zulässig.

Die Verbrauchs- und Gaskosteninformation stellt keine Rechnung dar und ist daher klar von der Pflicht zur Rechnungslegung zu unterscheiden. Bei einer etwaigen monatlichen Rechnungslegung gemäß § 126 kann diese Information natürlich auch mit bzw. in der monatlichen Rechnung übermittelt werden.


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Zu § 127 Abs. 3 und 4:

Die Einhaltung des qualifizierten Mahnverfahrens obliegt demjenigen, dessen Vertrag verletzt wurde. Im Hinblick auf Vertragsverletzungen, bei welchen die Einhaltung des qualifizierten Mahnverfahrens nicht zumutbar ist, wie etwa bei der Manipulation von Messeinrichtungen, ist das qualifizierte Mahnverfahren nicht erforderlich. Gemäß § 159 Abs. 2 Z 17 GWG 2011 ist derjenige zu bestrafen, der seinen Verpflichtungen gemäß § 127 GWG 2011 nicht nachkommt. In Fällen, in denen ein Versorger auch die Rech­nung über die Netznutzung legt, ist der Netzbetreiber bei Zahlungsverzug des Netz­benutzers mit der Netz- und Energierechnung auch berechtigt, die auch ihm oblie­gende Durchführung des Mahnverfahrens zu übertragen.

Zu § 127 Abs. 5:

Die Kosten für eine begrenzte Menge an Erdgas und für das zugehörige Ausmaß an erforderlichen Systemnutzungsentgelten inkl. Steuern und Abgaben sind bereits vor der tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Leistungen zu bezahlen. Durch die in der Folge aktivierte Prepayment-Funktion des Zählgerätes wird bewirkt, dass die ange­führten Leistungen nach Erschöpfung der im Vorhinein begrenzten Nutzung erst im Falle einer weiteren Vorauszahlung für ein wiederum begrenztes Ausmaß erneut in Anspruch genommen werden können. Der Netzbetreiber hat in angemessener Frist dafür Sorge zu tragen, dass für die Nutzung der Prepayment-Funktion erforderliche Informationen dem Endverbraucher auf Wunsch elektronisch oder auf dem Postweg zugehen. Auf der Rechnung sind neben den in § 126 GWG 2011 vorgesehenen Anga­ben zusätzlich die im Zeitraum der Nutzung der Prepayment-Funktion verbrauchten Menge und die getätigten Zahlungen anzuführen. Das Recht auf Nutzung eines Zählgerätes mit Prepayment Funktion besteht nur wenn dies sicherheitstechnisch möglich ist.

Somit wird sichergestellt, dass Zählgeräte mit Prepayment-Funktion nicht mehr auf Wunsch des Versorgers bzw. Netzbetreibers gegen den Willen des Endverbrauchers eingebaut werden sondern lediglich dann, wenn der Endverbraucher dies wünscht. Somit kann der Kunde die Vorteile, die sich durch eine derartige Zahlungsart ergeben, wie insbesondere eine bessere Kontrolle der Kosten, nützen. Unter „erforderlichen Informationen“ werden insbesondere für die Freischaltung der Prepayment-Funktion notwendige Daten sowie auch die Information über die Höhe der laufenden, pro kWh anfallenden Kosten sowie der allfälligen bereits vorhandenen, durch die Nutzung der Prepayment Funktion abdeckbaren Zahlungsrückstände (Altschulden) verstanden. Neben der hiefür erforderlichen Abstimmung zwischen Netzbetreiber und Versorger über die Höhe der Rückzahlung der Altschulden ist eine Rückzahlung von Altschulden nur bei Zustimmung des Kunden möglich. Hinsichtlich angemessener Rückzahlungs­modalitäten ist besonders auf die Interessen des Endverbrauchers Bedacht zu nehmen. Im Falle der Rückzahlung von Altschulden inklusive Zinsen sind allenfalls die Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes zum Zahlungsaufschub zu berücksich­tigen, wobei insbesondere auf die Informationspflichten Bedacht zu nehmen ist. Bei den auf der Rechnung anzugebenden Daten werden unter dem Begriff „getätigte Zah­lun­gen“ die bereits erfolgten Aufladungen des Zählgerätes mit Prepayment-Funktion durch den Endverbraucher verstanden.

Zu § 128 Abs. 1:

Die Informationsverpflichtung der E-Control, als zentrale Informationsstelle für Ver­braucher (§ 22 Z 6 E ControlG), umfasst eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, die Erstellung von Informationsbroschüren, elektronisch zugängliche Informationen via Homepage u.ä. Es sollten dabei allgemeine Aspekte wie Energieeinsparungen, ein­setzbare Technologien, rechtliche Grundlagen, Erstellung von FAQ etc. berücksichtigt


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werden. Weiters hat die Regulierungsbehörde auf Grundlage der Berichte der Netz­betreiber gemäß Abs. 1 einen jährlichen Bericht über die Einführung von intelligenten Messgeräten zu erstellen. Dieser Bericht hat hinsichtlich Datenschutz und Datensicher­heit überdies die Arbeiten von relevanten Arbeitsgruppen in Österreich und auf Euro­päischer Ebene, unter anderem im Hinblick auf Normung darzustellen, die Praxis der Unternehmen in Österreich sowie best practice Beispiele und allfällige Problem­be­reiche anzuführen. Der Bericht ist auf der website des Regulierungsbehörde zur veröffentlichen. Die Information der Endverbraucher über Details zum Roll-out (insbe­son­dere in Bezug auf technische Aspekte, zeitlicher Ablauf, Kundenrechte etc.) in den spezifischen Netzgebieten, obliegt dem das Roll-out durchführenden Netzbetreiber.

Bei der Beschaffung und Installation von intelligenten Messgeräten haben Netzbe­treiber jedenfalls auf die Anforderungen der ÖVE-ÖNORM E8850 („Elektrisch, magne­tische und elektromagnetische Felder im Frequenzbereich von 0 bis 300 GHz – Beschränkung der Exposition von Personen“) Bedacht zu nehmen.

Zu § 128 Abs. 2:

Der Stand der Technik ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtun­gen und Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen. Um ein dem internationalen Standard entsprechendes Sicherheitsniveau gewährleisten zu können, sind die Netzbetreiber daher dazu angehalten, sich an dem Stand der Technik zu orientieren. Dieser ist üblicherweise durch international bzw. national anerkannte Normen, Stan­dards, Guidelines u.ä. definiert. Beispiele dafür können sein: ISO/IEC 2700x, ISO/IEC 15408 u.ä. Eine zum Schutz vor Datenzugriffen Dritter verwendete Software hat nach Möglichkeit getrennt von der für die Messung der Verbrauchswerte notwendigen Software zu sein.

Zudem hat die Europäische Kommission die entsprechenden europäischen Normungs­gremien angewiesen, dem Sicherheitsaspekt bei der Entwicklung eines europäischen Standards für intelligente Messgeräte große Bedeutung beizumessen. Daher haben alle zukünftigen Standards strenge sicherheitsrelevante Kriterien zu erfüllen (Ver­schlüs­selungsstandards etc). Die entsprechenden europäischen Standards werden natürlich dann auch in allen europäischen Mitgliedstaaten zum Stand der Technik und sind damit verpflichtend von den Herstellern und Netzbetreibern einzuhalten.

Zu § 128 Abs. 3:

Unter darüber hinausgehenden verrechnungsrelevanten Werten in Abs. 3 sind der Tageswert und die Stundenwerte zu verstehen. Die Anzeige am intelligenten Mess­gerät hat gemäß Abs. 3 jedenfalls den jeweiligen Zählerstand anzuzeigen.

Zu § 128 Abs. 4:

Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass bei einem Mieterwechsel bzw. der Über­gabe eines Wohnobjektes der neue Mieter/Besitzer/Eigentümer nicht über die Anzeige des Messgerätes auf die restlichen, im Speicher befindlichen Messwerte zugreifen kann.

Gemäß § 129 Abs. 1 hat der Netzbetreiber die erhobenen Messwerte für 60 Kalen­dertage im intelligenten Messgerät zu den genannten Zwecken rollierend zu speichern. Im Falle eines Mieterwechsel, Um- oder Auszug o.ä. ist aufgrund eichrechtlicher Vorschriften die Konfiguration des Messgerätes zur Löschung der Messwerte nicht möglich. Daher sind auch in diesem Fall entsprechend des Zeitraumes zwischen Aus­zug des vorangehenden Endverbrauchers und Einzug eines neuen Endver­brauchers


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die noch nicht rollierend überschriebenen Werte noch im Gerät selbst abgelegt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist jedoch der Zugriff auf diese Werte durch den neuen Endverbraucher entsprechend abzusichern und erst dann freizugeben, wenn keine historischen Werte des früheren Endverbrauchers im Gerät selbst mehr verfügbar sind. Die übrigen Pflichten des Netzbetreibers gemäß § 126a, § 128, § 129 und § 129a bleiben davon unberührt.

Eine Kontrolle der über den aktuellen Zählerstand hinausgehenden verrechnungs­relevanten Werte ist daher bis zu jenem Zeitpunkt nicht möglich, bis zu dem es keine historischen, dem vorhergehenden Endverbraucher zuordenbare Messwerte mehr gibt. Diese Kontrolle ist jedoch unverzüglich ab dem ersten Tag der Löschung sämtlicher historischer Werte dem neuen Endverbraucher zu ermöglichen.

Dennoch besteht für den Netzbetreiber selbstverständlich weiterhin die gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung, jene Werte, für die es eine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung bzw. Zustimmung gibt (Tageswerte, Stundenwerte), ab dem Zeitpunkt des neuen Vertragsverhältnisses dem neuen Vertragspartner entsprechend § 129 zur Verfügung zu stellen bzw. dem Versorger zu übermitteln.

Zu § 129 und § 129a:

Bei den intelligenten Messgeräten für den Gas-Bereich ist derzeit, aufgrund von unter­schiedlichen technologischen Entwicklungen, der Einsatz von vollständig auf digitaler Halbleitertechnologie basierenden Messgeräten noch nicht üblich. Diese vollständig digitalen Geräte sind derzeit am Markt nur mit empfindlich höheren Kosten verfügbar und teilweise noch im Entwicklungsstadium.

Daher sind in diesem Bereich derzeit auch Zwischenlösungen im Einsatz, die bei be­reits bestehenden und beim Kunden installierten analogen Gaszählern durch zusätz­liche Integration digitaler Kommunikationstechnologien intelligente Zusatzfunktionen ermöglichen. Ein Nachteil dieser derzeit technisch und wirtschaftlich vernünftigen Zwi­schenlösung ist jedoch das Fehlen einer Speichermöglichkeit im Gerät, da diese Systeme die Zählerstände lediglich übertragen und nicht speichern können. Daher scheint es notwendig, dass bis zur vollständigen technologischen und wirtschaftlich sinnvollen Verfügbarkeit voll digitaler intelligenter Messgeräte mit Speichermöglichkeit aller 60-Minuten-Werte diese nachgerüsteten analogen Geräte zur Übermittlung von einem täglichen Zählerstand zu verwenden. Damit sind die technischen und daten­schutzrechtlichen Erfordernisse erfüllt. Das bedeutet, dass dem Kunden somit in Hinkunft bei Installation eines intelligenten Messgerätes zumindest ein Zählerstand pro Tag zur Verfügung steht, um über den Tagesverbrauch zeitnah informiert zu sein. Eine Einführung monatlicher Verbrauchsrechnungen erfordert gerade im Hinblick auf mög­liche Rechnungskontrollen und -korrekturen des Kunden ein rollierendes Speicher­intervall von 60 Tagen. Der Betrieb des Webportals liegt in der Verantwortung des Netzbetreibers. Unter Datenanonymisierung versteht man das Verändern personen­bezogener Daten gemäß Datenschutzrecht auf eine solche Art und Weise, dass diese Daten nicht mehr einer spezifischen Person zugeordnet werden können.

Netzbetreiber sind verpflichtet, die erhobenen Verbrauchswerte spätestens 12 Stunden nach deren Auslesung im Web-Portal zur Verfügung zu stellen. Dies bedeutet, dass jene Werte, die bspw. am Montag um 24.00 Uhr im Messgerät erfasst wurden, bis Dienstag im Webportal stehen müssen. Ein Speicherintervall von 60 Tagen wird vorgeschrieben, um dem Kunden ausreichend Zeit für etwaige Rechnungskontrollen und -korrekturen zur Verfügung zu stellen.

Das Web-Portal steht dem Endverbraucher zu seiner persönlichen und freien Ver­fügung; die Daten sollen auf Wunsch jederzeit wieder löschbar sein. Direktzugriffe Drit-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 307

ter auf das Web-Portal sind nicht erlaubt, wohl aber kann der Endverbraucher seine Daten, soweit gewünscht, an Dritte übermitteln.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


22.02.55

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die letzten regulären Plenartage einer Gesetzgebungs­periode bieten immer auch ein bisschen Gelegenheit dazu, zurückzuschauen, was man in bestimmten Bereichen getan hat, was gelungen ist und was nicht.

In meiner ersten Rede als Energiesprecher, die ich anlässlich der damaligen Gaskrise gehalten habe, habe ich gesagt, entscheidend wird es in Zukunft sein, weniger Energie zu verbrauchen, und wir müssen jedenfalls eine Erhöhung der Energieeffizienz an­streben. – Diese Einschätzung ist zwar jetzt viereinhalb Jahre her, aber ich vertrete diese Meinung nach wie vor, und ich glaube, die Notwendigkeit, die Energieeffizienz zu erhöhen, ist nicht kleiner, sondern größer geworden.

Ich sage es ganz offen – ich habe das im Wirtschaftsausschuss auch schon gesagt –: Ich hätte heute lieber ein großes Energieeffizienzpaket beschlossen. Wir haben dazu auch über einen sehr langen Zeitraum hindurch sehr intensiv auf unterschiedlichsten Ebenen diskutiert und verhandelt. Es haben sehr viele Personen, sehr viele Institu­tionen ein großes Maß an Engagement und an Herzblut investiert. Mir tut es persönlich sehr leid, dass es letztlich in den Verhandlungen nicht gelungen ist, das Paket zu beschließen.

Es wird uns nicht erspart bleiben, die Gespräche im Herbst möglichst rasch wieder aufzunehmen. Wir haben eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Union umzusetzen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob all jene, die jetzt jubeln, dass das nicht zustande gekommen ist, dann froher sein werden, weil ich die Alternativen zu dem, was wir jetzt ausverhandelt haben, noch nicht sehe.

Heute setzen wir die REMIT-Verordnung um, mit der der Marktmissbrauch im Strom- und Gasbereich vermieden werden soll, und die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle im Energiebereich – den umfassenden Abänderungsantrag hat Peter Haubner schon erläutert und verteilen lassen. Ich bin sehr froh darüber, dass es gelungen ist, wenigs­tens wichtige Teile aus diesem gesamten Paket ins heutige Plenum zu retten und das auch mit einer sehr großen Mehrheit – oder vielleicht sogar einstimmig – zu be­schließen.

Zum einen beschließen wir eine Stromkennzeichnungspflicht, die  bei aller Beschei­denheit – die führende Rolle Österreichs im Kampf gegen die Atomenergie weiter stärkt. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima hat ja der Bundeskanzler sehr ent­schlos­sen gehandelt. Es hat mehrere Atomstromgipfel gegeben, und die dort ent­stan­dene Stromkennzeichnungspflicht führt nun zur hundertprozentigen Atomstrom­freiheit Österreichs. Das ist sicher auch ein Musterbeispiel für andere europäische Länder, die der Atomenergie eine Absage erteilen wollen.

Aus dem nicht beschlossenen Energieeffizienzpaket nehmen wir noch jene Dinge mit, die uns besonders dringlich erscheinen, zum Beispiel die offenen Punkte hinsichtlich des Daten- und Konsumentenschutzes bei den intelligenten Stromzählern, bei den Smart Meters.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 308

Der Kernpunkt der Änderungen sind jedoch Maßnahmen zur nachhaltigen Bekämpfung von Energiearmut. Hohe Energiekosten werden für immer mehr Haushalte zu einem Problem, aber anstatt diese Probleme punktuell mit einmaligen Geldspritzen zu kurie­ren, setzen wir an der Ursachenbekämpfung an. So sind Energielieferanten künftig verpflichtet, eine eigene Beratungsstelle für Energiearmut und Energieeffizienz einzu­richten, die mit den anerkannten Sozialeinrichtungen zusammenarbeitet. Wie gesagt, da geht es nicht um Almosen, wenn jemand seine Stromrechnung oder seine Hei­zungs­rechnung nicht bezahlen kann, sondern es geht um wirksame Lösungen, die auch nachhaltig sind und wirklich helfen.

Es ist noch eine Reihe anderer Verbesserungen beinhaltet, was die Bekämpfung der Energiearmut betrifft. Ich glaube, da könnte man noch viel mehr tun. Wir müssen da auch viel mehr tun, aber es sind erste wichtige und richtige Schritte gesetzt worden, und ich freue mich über die breite Zustimmung zu diesem Vorhaben. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


22.07.16

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben 100 Pro­zent gewollt und 100 Prozent bekommen! Das gilt für die lückenlose Stromkenn­zeichnung – nicht für das Energieeffizienzpaket, das Herr Kollege Katzian schon angesprochen hat. Ich hätte es auch für notwendig gehalten, in diesem Bereich ein ambitioniertes Gesetz zu beschließen. – Das hat aber leider nicht funktioniert. Ich glaube, wir nehmen alle mit, dass das die erste Aufgabe für eine neue Regierung beziehungsweise für die nächste Legislaturperiode sein wird. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben in Österreich einen Antiatom-Konsens, und viele Beschlüsse, die hier im Parlament fallen, sind oft so, dass man sagt: Wir tun eh was, und wir stehen eh nach wie vor dazu!, in der Realität ändert sich aber nicht wirklich so viel. Das ist bei diesem Beschluss und bei diesem Antrag jetzt anders, denn dieser wird tatsächlich etwas verändern. Ab 2015 wird die Abgabe von Graustrom in Österreich verboten sein. Das heißt, wir haben damit ein Atomstromimportverbot in Österreich realisiert.

Für die Österreicherinnen und Österreicher bedeutet das, sie können sich sicher sein, dass das, was sie für ihre Stromrechnung bezahlen, ganz sicher keinem Atomkonzern zugutekommt, dass alles, was an Strom in Österreich verkauft wird, mit Herkunfts­nachweisen zu hinterlegen ist und wir damit die Atomstromfreiheit Österreichs garantieren. Ich denke, das ist ein sehr wichtiger und bedeutender Schritt und unter­mauert unseren Antiatom-Konsens. (Beifall bei den Grünen.)

Ich finde, dass dieser heutige Beschluss nicht nur ein sehr wichtiges Signal innerhalb Österreichs ist, sondern auch ein wichtiges Signal an unsere Nachbarländer und auch innerhalb der EU. Wir versuchen ja oft, den Ausbau von Atomkraftwerken in anderen Ländern zu bekämpfen. Wir kämpfen für einen Atomausstieg der EU, und dieser Beschluss heute ist ein deutliches Signal, dass wir Atomstrom nicht mehr kaufen wollen.

So wie das einzelne KonsumentInnen machen können, wenn sie zu einem Ökostrom-Anbieter wechseln und damit ein klares Signal setzen: Ich kaufe mit meinem Geld nur Ökostrom!, so setzt Österreich jetzt das Signal: Wir kaufen keinen Atomstrom.

Ein wichtiger Hinweis: Atomkraftwerke sind – wenn man die Förderungen wegrech­net – ohnehin nicht wirtschaftlich. Viele Atomkraftwerke kämpfen mit der Wirtschaftlich-


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keit, zum Beispiel Temelín, auch hinsichtlich seines Ausbaus. Das ist jetzt ein Signal dafür, dass sich diese Kraftwerke noch viel weniger rechnen werden, wenn sich ihr Absatz reduziert. Wenn andere Länder folgen, dann ist das, glaube ich, beispielgebend und ein wichtiger Schritt in Richtung Atomausstieg auch in der EU.

Soziale Maßnahmen sind auch schon angesprochen worden: In dem Gesetz ist auch ein Abschaltverbot an Wochenenden beziehungsweise am letzten Tag vor einem Wochenende enthalten, sodass nicht von heute auf morgen oder übers Wochenende abgeschaltet wird, wenn jemand die Rechnungen nicht ganz pünktlich bezahlt hat, damit man ein bisschen einen Puffer hat. Wir sehen, dass man in der Energiepolitik auch sehr viel Sozialpolitik mitmachen kann und mitmachen muss.

Ein Jahr, nachdem es diesen ominösen Gipfel der NGOs mit dem Bundeskanzler und der Bundesregierung gegeben hat, können wir dieses Atomstromimportverbot nun also umsetzen. Das waren schon harte Verhandlungen der NGOs mit der Regierung. Ich möchte mich bei den NGOs ganz herzlich bedanken. Ich glaube, sie feiern schon, aber wenn sie uns noch hören, bedanke ich mich ganz herzlich für diese harten Verhand­lungen und für die Grundlage, die sie uns hier ins Parlament geliefert haben. Wir haben dann hier noch einmal sehr hart nachverhandelt.

Es war ja im ursprünglichen Entwurf auch noch eine Ausnahme für Pumpspeicher­kraftwerke enthalten, dass Pumpspeicher eben nicht 100 Prozent ihres Stroms kenn­zeichnen müssen, sondern dass das, was hinaufgepumpt wird, eben nicht gekenn­zeichnet werden muss. – Es ist eine urgrüne Kritik an Pumpspeicherkraftwerken, dass man nicht irgendetwas hinaufpumpt und das dann oben als sauber verkauft.

Jetzt haben wir in diesen Verhandlungen erreicht – und darüber bin ich besonders froh –, dass auch die Pumpspeicherkraftwerke 100 Prozent ihrer Strommenge kenn­zeichnen müssen und damit der Ausdruck „lückenlose Stromkennzeichnung“ auch wirklich gerechtfertigt ist. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bedanke mich auch bei meinen Kollegen: beim Kollegen Steinhauser für die gute Zusammenarbeit, was die Datenschutzargumente betrifft, die von ihm dann auch noch vorgebracht werden, und bei den Energiesprechern Peter Haubner und Katzian dafür, dass wir diesen Antrag dann doch noch zustande gebracht haben. Ich hoffe, dass wir in der nächsten Legislaturperiode konstruktiv weiterarbeiten können.

Wir haben 100 Prozent gewollt, und wir haben 100 Prozent erreicht. Das Nächste, was wir brauchen, ist ein Ministerium, das 100 Prozent Umwelt und Energie macht. In diesem Sinne: Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umwelt­ministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


22.12.34

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Natür­lich, die Energiepolitik wird man nie zu hundert Prozent optimal erfüllen können, aber man kann auch aus Sicht der Opposition sagen: Lieber den energiepolitischen Spatz in der Hand als die energiepolitische Taube auf dem Dach – und das ist hier gelungen.

Sehr vieles von dem, was umgesetzt wurde, geht auf unsere Ideen zurück. Ich denke etwa an die Verhandlungen zum Ökostromgesetz, in denen wir federführend mitver­handelt und uns sehr konstruktiv eingebracht haben.

Ein Sideletter – ich glaube, das darf ich sagen, Herr Minister – war auch dieser Online-Anbieterwechsel, den wir nun gemeinsam umsetzen werden. Das ist sehr wichtig, denn


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es geht ja nicht nur darum, dass dann bei diesem Online-Anbieterwechsel die Kon­sumenten, die Haushalte, aber auch die Betriebe bei Gas und Strom gemeinsam bis zu 400 € einsparen können – das ist ja etwas –, sondern es geht auch darum, dass die Haushalte den Strommix mitbestimmen können: Ist es Ökostrom oder ist es Strom aus fossilen Energieträgern oder was auch immer? – Das ist auch wichtig.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir Strafen für den Insiderhandel und auch für Marktmanipulationen einführen, gemeinsam mit einem Regime, wie das handzuhaben ist. Aber um noch einmal auf den Online-Anbieterwechsel zurückzukommen: Mich hat es schon immer stutzig gemacht, wenn etwa der Großhandel seit 2008 die Strompreise um 26 Prozent gesenkt hat, aber in den Haushalten die Strompreise um 21 Prozent gestiegen sind. – Da sieht man ja schon, dass der Markt nicht funktioniert. Ich wünsche mir und hoffe, dass der Markt hier besser wird, etwa so wie in Deutschland, wo rund 8 Prozent pro Jahr den Anbieter wechseln. Wir liegen in Österreich derzeit bei 1,1 Pro­zent, beim Gas bei 1,7 Prozent, sodass wir den Wettbewerb wirklich beleben sollten. Wir tun damit den Haushalten und den Betrieben etwas Gutes.

Was die Smart Meter betrifft, die schon angesprochen wurden: Da gab es natürlich auch beim Datenschutz Verbesserungen. Man wird sehen, ob diese ausreichen. Ich wünsche mir auch hier – das sage ich gleich vorweg –, dass man in ein, zwei Jahren noch einmal draufschaut und evaluiert, ob der Datenschutz das hält, was er nunmehr im Gesetz verspricht, und ob die Smart Meter auch entsprechend sicher sind. Der Smart Meter hat ja auch etwas Positives, abgesehen von den Kosten, die man, so denke ich, durch entsprechende Einsparungseffekte hereinbringen müsste, ohne dass der Konsument belastet wird: Man könnte langfristig, wenn die Geräte umgestellt sind – da gibt es Projekte, Studien und Vergleichswerte aus anderen Ländern –, nochmals 2 bis 8 Prozent bei der Stromrechnung einsparen.

Ein weiterer wichtiger Punkt – mein letzter Punkt – ist der Graustrom, der Atomstrom bei den Pumpspeicherkraftwerken. Das Reinwaschen, das Reinspülen mit Pump­speicher­kraftwerken ist ab 2015 nicht mehr so leicht möglich. Das ist auch sehr positiv und zu begrüßen, damit wir in der Atompolitik glaubwürdig bleiben.

Danke darf ich insbesondere nicht nur dem Ministerium und den anderen Parteien für die Verhandlungen sagen, sondern ich danke auch unserem Konsumentensprecher Sigi Dolinschek und auch unserem Wirtschaftssprecher Ernest Windholz, die sich in den Ausschüssen entsprechend eingebracht haben. Zu guter Letzt danke ich auch – stellvertretend für alle Mitarbeiter im Haus – unserem Klubdirektor-Stellvertreter Gernot Pichler, der uns auch mit Rat und Tat sehr gut zur Seite gestanden ist.

Ich denke, das, was wir jetzt vorliegen haben, kann sich sehen lassen. Es ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Konsumentenschutz, in Richtung mehr Wett­bewerb, in Richtung mehr Ökostrom, gegen Atomenergie, für einen günstigen Strom­preis. Es ist zwar die richtige Richtung, aber nicht das Ende der Fahnenstange, denn das Energieeffizienzgesetz ist angesprochen worden: Das wird der nächste große Punkt in der nächsten Legislaturperiode sein. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

22.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


22.16.03

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich denke, das vorliegende Gesetz ist ein gutes Beispiel dafür, dass es hier auch gemein­sam und miteinander geht. Ich verschließe mich selbstverständlich nicht, wenn es um gute Gesetze, wenn es um gute gemeinsame Lösungen für Österreich geht. Im spe-


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ziellen Fall sind ja hier, wie Frau Kollegin Brunner auch schon ausgeführt hat, viele sehr positive Dinge verhandelt und mit diesem Beschluss jetzt auch umgesetzt worden.

Ganz speziell freue ich mich natürlich, dass jetzt zumindest in naher Zukunft der Atomstromimport nicht mehr möglich sein wird. Wir wissen ja, wir importieren den kompletten Strom von Temelín – zwar nicht direkt, aber in der Summe –, „vergolden“ ihn dann in den Pumpspeicherkraftwerken und verkaufen ihn als sauberen Strom, als Ökostrom zurück.

Letztlich ist hier also einiges geschehen, auch wenn – und da muss ich mich meinen Vorrednern anschließen – gerade bei der Energieeffizienz noch einiges hapert. Wir müssen diesen konstruktiven Weg weitergehen und gemeinsam hier im Hohen Haus eine gute Möglichkeit finden, um endlich Energie zu sparen, denn wir wissen alle: Jede Kilowattstunde, die nicht erzeugt werden muss, ist ein großer Gewinn für die Bürger, weil sie es nicht zahlen müssen, und natürlich auch für die Umwelt, weil dann keine Emissionen frei werden. Deshalb in diesem Sinne: Weiter so, Hohes Haus! Wir sind selbstverständlich dabei und bereit, hier konstruktiv mitzuarbeiten. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

22.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner zu Wort. – Bitte.

 


22.17.48

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mich dem Herrn Kollegen Katzian durchaus anschließen, der einleitend gemeint hat, es sei schade, dass wir heute nicht das Energieeffizienzgesetz beschließen, weil ich seine Meinung teile, dass das ein sehr wichtiges Gesetz gewesen wäre beziehungsweise nach wie vor ist.

Ich möchte auch Folgendes sagen, was die Regierung anbelangt – weil hier gesagt worden ist, es sei Aufgabe der Regierung, ein neues Gesetz vorzulegen –: Wir haben vorgelegt. Aber ich muss schon sagen: Es ist ein gewisses Problem, wenn sich die einzelnen Parteien im Parlament nicht darauf einigen können, welches System wir umsetzen. Beide vorgeschlagenen Systeme sind möglich, nämlich das sogenannte Netzbetreibermodell und das andere, das verpflichtende Modell. Beide sind mit Vorteilen und Nachteilen behaftet. Wir können beides umsetzen. Nur, was wir nicht können, ist, mit dem einen anfangen, auf ein anderes umsteigen und wieder das andere wählen. Irgendwo muss man einmal zu einer Entscheidung kommen.

Es wird auch ein gewisses Problem sein, wenn die eine Gruppe von Industrie und Wirtschaft glaubt, es wäre alles zu viel, und die Partei der Grünen glaubt, das wäre zu wenig. Daher ist meine Meinung: Es könnte auch gerade richtig gewesen sein, was wir vorgelegt haben. Ich finde das sehr schade – nicht aus persönlicher Befindlichkeit, sondern weil damit auch kein Problem gelöst wird. Wir haben das Problem nur weiter verschoben, aber das Weiterverschieben wird uns die Lösung eher erschweren, weil wir Zeit vertan haben.

Ich bin aber trotzdem froh darüber – auch wenn wir dieses Thema nicht gelöst haben –, dass ein Teil der anderen Bestimmungen und Vorschläge jetzt mit diesem Paket um­gesetzt wird. Das ist vielleicht, was die Öffentlichkeit und die NGOs anbelangt, der wichtigste Punkt: die Umsetzung dieses sogenannten 3. Atomstromgipfels vom April des Vorjahres, wobei wir jetzt die lückenlose Kennzeichnung von Strom in Österreich durchführen.


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Ich bitte Sie auch – wer immer da geredet hat oder noch reden wird –, da auch korrekt in der Bezeichnung zu sein. Wir verbieten nicht Atomstrom, auch nicht den Durchzug oder die Durchleitung, sondern wir regeln die Kennzeichnung von Strom exakt. Es kommt zwar im Endeffekt auf das Gleiche heraus, weil wir auch noch die inner­österreichische Verpflichtung aller Lieferanten haben, eine freiwillige Verpflichtung, dass sie eben keinen Atomstrom in der Kennzeichnung anbieten werden; das wäre auch widersinnig. Aber es hat in Richtung der EU-Belange schon einen bestimmten Stellenwert, denn es ist Ihnen allen oder jenen, die sich mit der Thematik beschäftigt haben, bekannt, dass die EU im Zuge der Notifizierung, weil es um die Frage gegan­gen ist, ob es technische Handelshemmnisse sind, hier Bedenken geäußert hat. Und wir haben versucht, diese Bedenken entsprechend zu entkräften, denn wir gehen nicht mit voller und bewusster Sichtweise in eine Vertragsverletzung hinein.

Wir haben auch versucht, klarzustellen, dass ein ausländischer Betreiber und Lieferant von Strom genauso behandelt wird wie ein inländischer Betreiber und nicht mit zusätzlichen Auflagen bedacht wird.

Daher: Das ist eine Klärung, eine konkrete Umsetzung und beinhaltet die Strom­kennzeichnungspflicht bis zum Jahr 2015 auch für den Bereich der Industrie. Im Bereich der Haushalte ist das jetzt schon zum Großteil umgesetzt.

Wir haben auch die Problematik der Pumpspeicher damit ausgeräumt, nämlich den Verdacht oder den Vorwurf, dass Pumpspeicherkraftwerke die Energie für den Pump­sprung, den sie benötigen, um dann wieder saubere Energie zu liefern, aus Atomstrom beziehen. Und wir haben jetzt auch die Verpflichtung der fossilen Stromerzeugungs­anlagen ab 100 kW in Österreich, sich zertifizieren zu lassen, was die Entstehung von heimischem Graustrom von vornherein unterbindet. Damit ist auch klar ausge­sprochen, worum es in der Sache geht. Ein Teil des Stroms, den wir in Österreich im Netz haben, ist Graustrom. Und nachdem bei Graustrom ein bestimmter Anteil auch Atomstrom war, sehen wir jetzt vor, dass wir auch diesen Graustrom entsprechend dann mit Zertifikaten belegen. Man wird in der Annahme wahrscheinlich richtig liegen, dass niemand in Österreich dann Atomstrom zertifizieren wird, weil das auch am Markt bis jetzt nicht üblich ist.

Ich nehme an, dass wir damit auch die EU-Politik beeinflussen, weil die Frage auch für Deutschland in ein paar Jahren relevant sein wird. Wenn Deutschland ausgestiegen ist, wird die Stromkennzeichnung im Jahr 2022 so wichtig sein, dass der Kunde kein Interesse hat, dann vielleicht französischen oder tschechischen Atomstrom im Netz zu haben. Das ist aber eine Angelegenheit, die Deutschland klären muss. Ich glaube, im Prinzip ist es vor dem Hintergrund, dass wir Strom aus Atomkraftwerken nicht erzeugen und auch nicht haben wollen, eine stimmige und seriöse Vorgangsweise.

Wir haben, wie angesprochen, was die Umsetzung der sogenannten REMIT-Verord­nung und der Verwaltungsgerichtsbarkeitsanpassung anbelangt, vorgesehen, dass hier Insider-Handel und Marktmanipulation verboten wird. Der Unterschied zum Börsen­bereich ist der: Bei der Börse ist nur derjenige betroffen, der sich in spekulative oder sonstige Geschäfte einlässt, während im Bereich des Stromhandels jeder Konsument von derartigen Manipulationen, wenn er beliefert wird, betroffen ist.

Wir haben – und da kann ich dem Kollegen Widmann beipflichten, es war eine Anre­gung von ihm – Maßnahmen gesetzt, um den Anbieterwechsel entsprechend zu beschleunigen. Denn die Beobachtung ist richtig: In Österreich haben wir bei Strom­kunden eine Wechselrate von 1,1 Prozent, bei Gaskunden ist es etwas besser: eine von 1,7 Prozent. Im Vergleich dazu Deutschland: 6,3 Prozent bei Strom und 9,5 Pro­zent bei Gas. In anderen Ländern, in Skandinavien detto. Was heißt das, wenn wir das noch genauer hinterfragen? Bei uns sind diese Möglichkeiten relativ unbekannt und


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werden als schwierig eingeschätzt. Daher haben wir mit dem Online-Anbieterwechsel, der natürlich auch entsprechend beworben gehört – und über E-Control und so weiter wird auch informiert werden –, die Möglichkeit geschaffen, unbürokratischer, schneller und einfacher den Anbieterwechsel vorzunehmen, um damit mehr Wettbewerb in den Markt zu bringen. Daher sehe ich diese Möglichkeit als sehr, sehr positiv.

Wir haben auch, was die Bindungsfristen, Kündigungsfristen anbelangt, ein paar Punkte an Verbesserungen. Ich möchte sie jetzt angesichts der vorgeschrittenen Zeit nicht im Detail erwähnen, Sie haben sie schon teilweise ausgeführt. Das ist alles richtig gewesen.

Wir haben einen weiteren Punkt – das hat der einleitende Redner zu diesem Tages­ordnungspunkt angesprochen –, was Datenschutz und Verbesserungen der Daten­sicherheit bei Smart Metering anbelangt. Und diese Verbesserungen, meine Damen und Herren, haben wir gemeinsam erarbeitet. Ich sage Ihnen aber, Smart Metering soll ja die Kostensituation beim Konsumenten nicht verschlechtern, sondern verbessern. Sämtliche Einrichtungen wie auch die EU und der Regulator rechnen damit, dass die Konsumenten sich in Österreich 400 Millionen € ersparen.

Zur angesprochenen Problematik: Wer zahlt die Kosten für den Umbau des Systems? Die E-Control geht davon aus, dass hier keine wesentlichen Mehrkosten entstehen werden, weil sie jetzt schon 2 € für die Lesegeräte und für die entsprechende Doku­mentation bezahlen. Wenn man das umrechnet, wird sich das Smart Metering, nach­dem auch ein Monitoring seitens der E-Control vorgesehen ist, rechnen und nicht zu Mehrkosten für den Konsumenten führen.

Wir haben auch, was die Rahmenbedingungen für Pumpspeicher und Power-to-Gas-Technologie anbelangt, einige Verbesserungen im Sinne der Kostensituation in diesen Gesetzen vorgesehen. Da geht es darum, eine Doppelbelastung durch Nutzungs­entgelte sowohl als Stromeinspeiser denn auch als -verbraucher zu vermeiden und zumindest zeitweise, temporär eine Befreiung von diesen Netztarifen vorsehen zu können.

All das wird die Konkurrenzfähigkeit der heimischen Energieerzeuger, aber vor allem den Wettbewerb in Richtung Konsumenten so verbessern, dass die Entwicklung der Liberalisierung, die wir haben wollen, die auch angestrebt ist, weiter vonstattengehen wird.

Ich bedanke mich bei allen, insbesondere bei den Parlamentsparteien und den Ver­handlern aus dem Kreis der Energiesprecher, dass wir hier eine ziemlich gemeinsame, ich glaube, sogar einstimmige Vorgangsweise erreichen können. Ich glaube, das ist auch als Signal für den Konsumenten wichtig. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matz­netter. – Bitte.

 


22.27.07

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Es ist schön zu sehen, dass wir Themen haben, wo auch in Zusammenarbeit mit den Parteien relativ einvernehmliche Lösungen zustande kommen. Ich bin dem Herrn Bundesminister ausdrücklich dankbar für das, was er gesagt hat, was auch Wolfgang Katzian schon ausgeführt hat, und ich bin mir nicht sicher, ob jeder derer – Sie zum Beispiel (in Richtung ÖVP-Abgeordneter aus dem Bauernbund) –, die sich bemüht haben, dass Energieeffizienzgesetz jetzt nicht zum Abschluss zu bringen, (Zwischen­ruf bei der ÖVP) – nein, ich habe schon auf den Richtigen gezeigt –, dass das Energie-


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effizienzgesetz jetzt nicht kommt, nicht unter Umständen später, nämlich baldigst, erwachen wird, weil dieses Haus wird in der neuen Periode hier sehr, sehr rasch etwas tun müssen.

Ich gebe das deswegen als Ratschlag mit, weil der Versuch zu erkennen war, es so darzustellen, die Grünen wären alleine schuld. Wir sollten es offen zugeben: Obwohl es eine so lange und eine gute Vorbereitung gab, haben wir es nicht zu Ende gebracht. Die positiven Dinge sind aufgezählt worden. Wir haben eine Reihe von Verbes­serungen – mit dem Wermutstropfen Energieeffizienz. Wir haben die Umsetzung von all dem, was nach Fukushima beim Gipfel mit dem Bundeskanzler vor einem Jahr verein­bart wurde.

Auch bei allem Enthusiasmus, den wir an den Tag legen, muss uns klar sein, es ist eine Art erzieherische Aufgabe, die wir da bei der Bevölkerung haben. Sie soll lernen aus ihrer Rechnung heraus zielgerichtet via Lieferant zu entscheiden, wo der Strom erzeugt wird. Nur, bei den Wechselraten, die wir haben – es wird jetzt online hoffentlich besser –, wird die Wirkung eher eine enden wollende sein. Hier wird es weiter Aufgabe sein, in der Bevölkerung zu werben: Kauft zielgerichtet ein!

Ein kleiner scherzhafter Nachsatz zu den Pumpspeicherkraftwerken sei mir erlaubt. Wir haben das jetzt drinnen. Wir dürfen bei anderen Kraftwerken nicht länger zurück­schauen, woher die Primärenergie kommt, weil sonst käme einer auf die Idee und sagt, auch fossile Stoffe waren einmal Solarenergie, vor 560 Millionen Jahren. Daher der Ratschlag, es mit dem bewenden zu lassen und nicht zu glauben, man kann eine Kette bis zum Ende zurück ziehen.

Es ist ein gutes Gesetz. Es ist schön, dass wir es gemeinsam beschließen können. Es ist gut, dass in einem Wahljahr noch so viel Zusammenarbeit denkbar ist, auch mit einem umfangreichen Abänderungsantrag. Und noch einmal an den Herrn Bundes­minister meinen Dank, das sehr offen auch ausgesprochen zu haben. Ich hoffe, dass er uns die Gelegenheit geben wird, das Energieeffizienzgesetz möglichst rasch in der nächsten GP endgültig beschließen zu können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


22.30.10

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat uns aufgefordert, dass wir präzise sind, wenn wir die Erfolge des Gesetzes benennen, und jetzt kommt mir als Justizsprecher und Daten­schutzsprecher die schwierige Aufgabe zu, diese Übung zu versuchen. Ich versuche es einmal: Es ist ein großer Erfolg, dass wir eine Kennzeichnungspflicht einführen, die praktisch über die Zertifizierung zu einem Atomstromimportverbot führen wird. Ist das korrekt? (Bundesminister Dr. Mitterlehner bejaht dies.) Sehr gut, danke! Ein großer Erfolg, keine Frage. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dr. Mitterlehner: Das ist EU-rechtlich wichtig!) Es ist EU-rechtlich wichtig, das leuchtet mir als Juristen ein. Wir wollen nicht, dass diese Maßnahme dann durch ein Vertragsverletzungsverfahren gekippt wird.

So, der zweite Grund, warum ich rede, ist nicht nur, weil ich mich über den Erfolg freue, sondern weil mir als Datenschutzsprecher der Smart-Meter-Teil ein großes Anliegen ist. Dieses Gesetz regelt die Rahmenbedingungen für die Verwendung des Smart Meters. Alle, die sich im Haus mit dieser Frage beschäftigen, wissen, dass die Smart Meter seit 2010 eingeführt worden sind. Was wir heute machen, ist der Versuch einer Reparatur.


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Wir haben 2010 die Smart Meter eingeführt – „wir“ ist falsch, die Grünen nicht!, SPÖ, ÖVP und FPÖ haben die Smart Meter eingeführt –, weitgehend ohne datenschutz­rechtliche Begleitbestimmungen. Und das ist schon ein schwerer Sündenfall gewesen, weil damit das Verhandlungsgewicht der Datenschützer – und das sage ich jetzt in Richtung FPÖ –, der Datenschutzpolitiker gegen null reduziert wurde, weil dieses Gesetz nur mit Zweidrittelmehrheit abgeändert werden kann.

Hätten wir damals datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen verhandelt, wären wir in einer starken Verhandlungsposition gewesen. Weil das damals nicht passiert ist und wir jetzt eine Zweidrittelmehrheit für die datenschutzrechtlichen Begleitbestimmungen suchen müssen, sind wir in einer schwierigen Verhandlungsposition. Das ist tatsächlich ein Problem.

Jetzt ist es so, dass wir grundsätzlich nicht gegen Smart Meter sind, aber uns die datenschutzrechtlichen Standards besonders wichtig sind. Wir hätten es uns jetzt leicht machen und sagen können, das entspricht nicht den grünen Vorstellungen, wir lehnen daher das Gesetz ab. Wir haben es uns aber nicht leicht gemacht, und meine Kollegin Christiane Brunner, die dieses Gesetz verhandelt hat, hat auch die datenschutz­rechtlichen Bestimmungen mitverhandelt. Ich möchte betonen: gemeinsam mit unserem Mitarbeiter Wolfgang Nickelfeld, der hier gemeinsam mit Christiane Brunner einiges erreicht hat. (Beifall bei den Grünen.)

Es stehen jetzt auch bei den datenschutzrechtlichen Bestimmungen einige Verbes­serungen im Gesetz, allen voran die Opt-out-Möglichkeit, die verankert wird. Das heißt, der Endverbraucher kann nicht zum Smart Meter gezwungen werden, er kann herausoptieren aus dem Smart Meter.

Der zweite Punkt, der wichtig ist: Die Ablesung von Viertelstundenwerten ist nur mit einem Opt-in des Endverbrauchers möglich, und es ist sichergestellt, dass es einen Basistarif gibt, der von einer tageweisen Ablesung ausgeht. Auch dass die Fern­abschaltung nicht im Rahmen einer Massenabschaltung möglich ist, sondern ein Mahnverfahren braucht, ist ein Erfolg.

Ich verhehle aber als Datenschützer nicht, dass das nicht alles ist, was wir wollen, und dass die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen anders ausschauen würden, wenn wir sie alleine gestalten könnten, und ich bin auch dafür, hier durchaus die Schwächen zu benennen, weil die Debatte weitergehen muss.

Uns fehlt ein Zertifizierungsverfahren, das immer die höchsten datenschutzrechtlichen Sicherheitsstandards garantiert. Auch dass sich die Bundesregierung die Option offenlässt, über eine Verordnung die Opt-out-Möglichkeiten aus dem Smart Meter zu kontingentieren, ist für uns unerfreulich. Und auch dass aus Statistik- und Lenkungs­überlegungen weiter anonym eine Viertelstundenablesung möglich ist, ist aus daten­schutzrechtlicher Sicht unerfreulich.

Jetzt gibt es ein Verhandlungsergebnis, und, Sie kennen das wahrscheinlich alle in der Politik, es geht um die Frage: Ist das Glas halb voll, ist es halb leer? Das sind die Fragen, die sich die Politik immer stellen muss. Diese Frage hat sich der Grüne Klub auch gestellt, wir haben es gemeinsam diskutiert und sind zu folgendem Schluss ge­kommen: Es überwiegen die Verbesserungen und die Erfolge beim praktischen Atomstromimportverbot. Daher ist unsere Position, die grüne Fraktion wird dem Gesetz zustimmen. Aber ich persönlich werde abweichend abstimmen, ich werde dagegen stimmen, und zwar in Rücksprache mit meiner Fraktion, nicht gegen meine Fraktion, weil es uns ein Anliegen war, hier auch ein Zeichen zu setzen, dass damit die Daten­schutzdebatte nicht zu Ende ist, sondern dass in Wirklichkeit die Debatte über höhere Schutzstandards weitergehen muss.


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In diesem Sinne ist das Gesetz aus ökologischer Sicht ein sehr, sehr großer Erfolg und aus datenschutzrechtlicher Sicht eine Verbesserung, aber wir streben nach noch Bes­serem. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

22.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte. (Abg. Pendl: Das wird jetzt eine erfrischende Rede!)

 


22.35.21

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Lieber Kollege Pendl! Hohes Haus! Kollegin Brunner! Die Gipfel beim Bun­deskanzler waren nicht ominös, sie waren politisch erfolgreich! Es waren drei Strom­gipfel, bei denen die Bundesregierung auf Initiative von Bundeskanzler Werner Faymann gemeinsam mit Global 2000, Greenpeace und der E-Industrie intensiv ver­handelt hat. Sie werden ja nicht glauben, dass es ein Leichtes war, die österreichische Industrie davon zu überzeugen, dass sie freiwillig ab 2015 auf den Kauf von billigem Atomstrom verzichtet.

So gesehen ist die Stromkennzeichnung ein großer politischer Erfolg, den die gesamte Bundesregierung, den das gesamte Parlament zu verzeichnen hat, aber jetzt so zu tun, als wäre das schlussendlich ohne die grünen Interventionen nichts geworden, möchte ich doch in aller Vehemenz zurückweisen, denn das wäre auch unfair gegenüber Global 2000 und Greenpeace, die sich wirklich intensiv mit eingebracht haben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Aber sich abfeiern zu lassen, bevor es das Parlament beschlossen hat, ist nicht anständig!)

Was jetzt tatsächlich umgesetzt wird, ist – das sage ich jetzt auch als gelernter Elektrotechniker –, dass der Strom ein Mascherl bekommt. Um das den Zuschaue­rinnen und Zuschauern auch zu vermitteln: Der Strom bekommt jetzt ein Mascherl. Zukünftig kann jeder, ob das in der Industrie oder im Haushalt ist, nachvollziehen, aus welchen Quellen der Strom importiert wird. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Sinne ist der nationale Antiatomkonsens wieder einen großen Schritt weiter­gekommen. Ich bedanke mich für diesen Konsens und vor allem beim Bundeskanzler Werner Faymann für seine Initiative. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Kein Respekt vor dem Gesetzgeber!)

22.37

22.37.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2389 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Zusatz- beziehungsweise ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Peter Haubner, Katzian, Mag. Brunner, Mag. Rainer Widmann, Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Ab­änderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Abänderungsantrag Verfas­sungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungs­mäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 317

Die Abgeordneten Peter Haubner, Katzian, Mag. Brunner, Mag. Rainer Widmann, Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1, 2 und 3 eingebracht.

Wer diesen Änderungen zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist wiederum mehrheitlich angenommen. Ausdrücklich stelle ich wieder die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22.39.39 28. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 2353/A(E) der Abgeo­rdneten Gerhard Huber, Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Maßnahmen zur Unterstützung der durch die jüngsten Naturkatastrophen beeinträchtigten Tourismusbetriebe (2476 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 2352/A(E) der Abgeord­neten Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Gabriel Obernosterer, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Gerhard Huber, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesamtkonzept Tourismus im ländlichen Raum (2477 d.B.)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zu den Punkten 28 und 29 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster erhält Herr Abgeordneter Hörl das Wort. – Bitte.

 


22.40.39

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Tourismusminister! Wir behandeln heute zwei Entschließungsanträge: einen, der sich mit dem Stellenwert des Tourismus im ländlichen Raum beschäftigt – ein Antrag, den wir natürlich gerne unterstützen, der aber nicht so wahnsinnig notwendig gewesen wäre, weil wir diese Unterstützung eigentlich in dieser Regierung und in dieser Gesetz­gebungsperiode ausreichend, wie ich glaube, gehabt haben –, und einen zweiten auf


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Unterstützung der durch die jüngsten Naturkatastrophen beeinträchtigten Tourismus­betriebe.

Selbstverständlich unterstützen wir mit diesem Antrag auch unseren Bundesminister, der ohnehin von sich aus schon tätig geworden ist. Es ist so, dass die finanzielle Bedeckung für die Wiederherstellungskosten durch den Katastrophenfonds und auch durch die Möglichkeiten des ERP, in der ÖHT und in der AWS gegeben ist. Aufgrund der Größenordnung der Schäden, die wir in den letzten Monaten zu erleiden hatten, wo fast alle Flusslandschaften Österreichs betroffen waren, unsere Naturjuwele entlang der Donau, des Inns, und wo auch Salzburg in Mitleidenschaft gezogen worden ist – der Bundessektionsobmann Schenner hat davon gesprochen, dass wir dort im Juni nur 20 Prozent an Tourismusnächtigungen hatten –, belaufen sich die Kosten für Schäden in Einzelfällen auf 600 000 € bis 800 000 €. Das betrifft Klein- und Mittelbetriebe, kleine Restaurants und Schankgärten.

Ich möchte hier auch betonen, welche unglaubliche Leistung unsere Feuerwehren, die vielen freiwilligen Helfer – in Arnsdorf zum Beispiel waren sogar die Mitarbeiter der Wirtschaftskammer tätig –, auch Feuerwehren aus anderen Bundesländern, die Land­jugend, Jungbauern, Bergretter, Musikanten und Schützen, alle, die da mitgeholfen haben, erbracht haben.

Ich möchte mich bei ihnen allen ganz, ganz herzlich bedanken. Ich glaube, diese großartige Leistung in unserem Österreich kann einen stolz machen. Und ich bin auch froh, dass wir ein Bundesheer haben, wo wir die allgemeine Wehrpflicht haben. Es hat sich, glaube ich, jetzt wieder das erste Mal bestätigt, dass wir das Bundesheer dann brauchen, wenn die freiwilligen Helfer erschöpft sind und in ihr Berufsleben zurück­gehen müssen.

Da war es notwendig, zu unterstützen, und der Herr Bundesminister hat das ja auch bereits getan: 500 000 € zusätzlich für die Österreich Werbung. Diese Hilfe war inso­fern sehr, sehr notwendig, weil es auch ein Hochwasser in unseren Märkten in Deutschland gab und das Buchungsverhalten schon aus diesem Grunde sehr, sehr bescheiden war und wir alle damit kämpfen mussten, dass die Telefone und die Internetleitungen, so sie überhaupt in Betrieb waren, ruhig geblieben sind.

Der Herr Bundesminister hat da reagiert, und dafür möchte ich mich bei dir, lieber Herr Tourismusminister, recht herzlich bedanken. Die Hilfe kam schnell, und sie war vor allen Dingen professionell. Und wir können damit auch in die Welt hinausposaunen, dass Österreichs Tourismusregionen und Ferienjuwele wieder aufgeräumt, sauber und urlaubsfit sind und zu uns die Gäste kommen können.

Was mich besonders freut, Herr Bundesminister, ist, dass wir auch das Problem Osttirol, das ja ein anderes ist, in den Griff bekommen konnten. Dort sind die Betriebe Gott sei Dank nicht in Not geraten, haben keine Schäden abbekommen, allerdings fehlt aufgrund des Felssturzes auf der Felbertauernstraße der Zugang vom Norden her. Da konnten wir erreichen, dass wir vonseiten der Tiroler Landesregierung 400 000 € für die Osttirol Werbung zur Verfügung gestellt bekommen.

Die Osttirol Werbung ist jetzt aufgefordert, mit der Tirol Werbung gemeinsam ein Konzept vorzulegen. Und der Herr Bundesminister hat zugesagt, dass die Österreich Werbung dieses dann auch unterstützen wird, sodass wir auch da sagen können: Das Land ist fit, es ist schön, die Naturjuwele strahlen, und die Gäste sind eingeladen, zu kommen.

Die Gäste können ja auch kommen, und zwar über die Großglockner Hochalpenstraße. Hier wurde mit Buchungsbestätigung Ermäßigung eingeführt. Man kann kommen über die Tauern Autobahn, auch über das Pustertal und über den Staller Sattel. Da gibt es


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Zufahrten. Und das möchten wir den Menschen in Deutschland, in den Niederlanden und auch in Österreich sagen, dass sie kommen sollen.

Darüber hinaus hat die Tiroler Landesregierung beschlossen, dass wir in Kaiserwinkel entsprechende Werbemaßnahmen machen, damit wir auch den Menschen dort helfen können.

Ich bedanke mich noch einmal, Herr Bundesminister Mitterlehner, für die schnelle und professionelle Hilfe. Wer schnell und professionell hilft, hilft doppelt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hell gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.45.17

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Die Begriffe „Tourismus“ und „ländlicher Raum“ sind sehr eng miteinander verbunden, denn der Natur- und Kulturraum außerhalb der Städte stellt auf der einen Seite für viele Urlaubsgäste, Kurzreisende, Tagesgäste eine Attraktion und auf der anderen Seite für viele Menschen Erholung und Entspannung dar. Darüber hinaus ermöglicht dieser Bereich auch ein breites Leistungsspektrum einer eigenständigen Säule, die wirt­schaftliche und beschäftigungspolitische Alternativen darstellt.

Allgemein betrachtet haben der Tourismus und die Freizeitwirtschaft für Österreich eine ganz zentrale volkswirtschaftliche Bedeutung, sowohl wertschöpfungsmäßig als auch arbeitsmarktpolitisch. Die Bedeutung der kleinen Regionen und der Gemeinden für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft ist in der Vergangenheit meiner Meinung nach aber etwas unterschätzt worden. Viele Strategien und Entwicklungspläne haben sich auf die bekannten Tourismushochburgen und städtischen Räume bezogen. Das war auch wichtig und notwendig. Aber wir sollten auch weiter denken und uns hier neue Marktchancen überlegen. Hierbei kann auch der ländliche Raum in Betracht gezogen werden.

Der Tourismus im ländlichen Raum verbindet marktorientierte Entwicklungen in den Regionen mit wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Alternativen. Er trägt zur regionalen Wertschöpfung bei. Er ermöglicht die Nutzung vorhandener Kapazitäten und regionaler Ressourcen. Er fördert die Kooperation mit Landwirtschaft und Klein­betrieben. Und der Tourismus im ländlichen Raum, der im Einklang mit der Natur, der Kultur und den Menschen steht, bietet strukturschwachen Regionen die Chance, ihre Lebens- und Wirtschaftssituation zu verbessern.

Meine Damen und Herren! Touristische ländliche Zukunftsregionen werden nur dann entstehen, wenn die Regionen nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten und vernünftige Strategien entwickeln. Dabei ist auf sich verändernde Kundenbedürfnisse zu achten, und es müssen Angebote im ländlichen Raum zukünftig qualitäts- und gästeorientiert entwickelt, inszeniert und vermarktet werden.

Daher müssen Bund, Länder, Regionen, Gemeinden und touristische Verbände bei der Planung und Realisierung von Projekten innovativ zusammenarbeiten, denn so pro­fitiert die Tourismusbranche und die Gesamtwirtschaft in den Regionen und im länd­lichen Raum. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 320

22.48.14

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zwei Allparteien-Anträge aus dem Tourismusausschuss – natürlich wer­den wir beiden die Zustimmung geben. Nur: Erlauben Sie mir schon, nach den Lobes­hymnen des Kollegen Hörl zu den Maßnahmen der Regierung ein paar kritische Anmerkungen zu machen. Zuerst zum Antrag betreffend Gesamtkonzept Tourismus im ländlichen Raum.

Die touristischen Hauptlagen, wie die Städte im Wintertourismus, sind sehr gut aufge­schlos­sen. 86 Prozent aller Umsätze entfallen auf den ländlichen Raum. In Wahrheit oder richtig müsste es heißen: Gesamtkonzept für die touristischen Randlagen – denn die sind in Österreich vom allgemeinen Wachstum ausgeschlossen, und da gehören auf jeden Fall Maßnahmen gesetzt. Daher haben wir diesen Antrag auch befürwortet.

Beim zweiten Antrag geht es um die Unterstützung der durch die jüngsten Natur­katastrophen beeinträchtigten Tourismusbetriebe. Was ist bisher geschehen? – Die Österreich Werbung bekommt ein Sonderbudget von 500 000 € für die Initiative „Jetzt Österreich“. Damit soll die Buchungssituation verbessert werden. Und die vom Hoch­wasser betroffenen Tourismusbetriebe bekommen zinsfreie ERP-Kredite, gebühren­freie Haftungen und dergleichen. Das ist ja alles gut. Nur, meine Damen und Herren: Es ist halt auch zu wenig! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich komme selbst aus einer vom Hochwasser ganz gravierend betroffenen Gemeinde, aus Aschach an der Donau in Oberösterreich, und ich habe es hautnah miterlebt beziehungsweise ich erlebe es auch jetzt hautnah mit, dass sehr viele touristische Betriebe überlegen, ob sie überhaupt noch aufsperren können, nachdem sie die Schä­den zumindest einmal halbwegs beseitigt haben.

Es kommt der Verdienstentgang dazu und dergleichen mehr. Und da sind halt Maß­nahmen wie ERP-Kredite gut, aber sie sind zu wenig, und vor allem dauern sie zu lange. Hier wären konkrete Maßnahmen, wie etwa die Aussetzung der Zahlungen an die Gewerbliche Sozialversicherung, andere Abgabenerlässe oder zumindest die volle Abschreibung sämtlicher Investitionen und rasche Direktzahlungen, die richtigen Maßnahmen gewesen. Aber dazu kann sich diese Regierung leider nicht durchringen. Vor allem im Tourismusbericht, den wir im letzten Tourismusausschuss besprochen haben, kommt ganz deutlich die finanzielle Lage, vor allem was das Eigenkapital der touristischen Betriebe betrifft, zum Ausdruck. Da hätten wirklich gezieltere Maßnahmen gesetzt werden müssen.

Lassen Sie mich zum Abschluss als Obmann des Tourismusausschusses auch einmal ganz kurz Bilanz ziehen: Wir haben es im Tourismusausschuss geschafft, in der ablaufenden Gesetzgebungsperiode 17 gemeinsame Anträge zur Abstimmung zu bringen. Das ist meines Erachtens wirklich ein wichtiges Zeichen für den Tourismus, dass nämlich hier gemeinsam das Interesse der Sache in den Vordergrund gerückt und Parteipolitik hintangehalten wurde. Ich sehe es also mit einem lachenden, aber auch mit einem weinenden Auge, da sehr viele wichtige Anliegen, gemeinsame Anlie­gen, aber auch Anliegen der Opposition, wie etwa die Indexanpassung des Beitrags des Budgets für die Österreich Werbung – Frau Kollegin Moser nickt; eine langjährige Forderung von uns –, leider nicht von den Regierungsparteien mitgetragen wurden.

Auch zur Halbierung der Mehrwertsteuer auf Logis und vor allem auch zur Anpassung der Abschreibungsdauer auf die tatsächliche Nutzungsdauer konnten sich die beiden Regierungsparteien nicht durchringen. Das ist wirklich etwas, was Sie sich für die nächste Periode ganz, ganz oben auf Ihre To-do-Liste schreiben sollten. (Beifall bei der FPÖ.)

22.52



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 321

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


22.52.29

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, dass wir gemeinsam, wie so oft im Tourismus­ausschuss, die Betriebe unterstützen wollen, die jetzt unter der Naturkatastrophe gelitten haben. Es ist auch klar, dass das Gesamtkonzept für den ländlichen Raum not­wendig ist. Aber eines ist für mich noch viel wichtiger, und deswegen stelle ich heute dieses Problem in den Mittelpunkt einer sehr konsensual verlaufenden Debatte, näm­lich das Problem eines sozusagen Trägerbereichs des Tourismus in Österreich, das Problem von Organisationen in Österreich, die für die touristische Erschließung der Alpen, für die touristische Erschließung der Bergwelt sehr, sehr viel ehrenamtlich tun, nämlich das Problem der Finanzierung der alpinen Vereine. Wir haben dieses Problem in unseren Entschließungsanträgen angesprochen. Die handeln ja von Naturkatastro­phen, die handeln ja auch vom ländlichen Raum.

Aber das eigentliche Problem ist für mich, warum der Herr Minister, warum diese Regierung, warum Sie als Mehrheitsabgeordnete nichts tun, um endlich die finanziell prekäre Situation der alpinen Vereine zu verbessern. Ich veranschauliche das nur kurz mit drei, vier Zahlen.

Sie wissen, es gibt 475 Schutzhütten und es gibt 50 000 km alpine Wege. Wir haben eine Förderung auf der Basis des Jahres 1992. Das sind 1,5 Millionen €. Und das haben wir, wie gesagt, nach wie vor. Wir bräuchten an sich, wenn man das nur der Inflation anpasst, mindestens 4,6 Millionen € Förderung, Unterstützung für die alpinen Vereine. Und welche Summe haben wir? – Wir verharren bei 1,5 Millionen €. Und das ist für mich geradezu eine subversive Ausdünnung der Infrastruktur für den Wander­tourismus.

Herr Minister, Sie geben mir recht, denn in Ihrer Tourismusstrategie bildet der Wander­tourismus für Österreich geradezu ein Markenzeichen. Die eine Seite ist der Kulturtouris­mus, die andere Seite ist der Wandertourismus. Und das Herz des Wandertourismus sind die Wege, sind die Hütten, sind die touristischen Beherbergungsbetriebe und sind die Gastronomiebetriebe. Aber ohne Wege und ohne Hütten ist unser Land einfach viel weniger attraktiv.

Und vor allem eines noch – und das verstehe ich überhaupt nicht –: Die öffentliche Hand fördert in Osttirol ein Liftprojekt mit 13 Millionen €. Ich betone: Mit 13 Millionen €! Bitte, wenn Sie das dividieren, ist das sechs bis sieben Mal so viel, wie die alpinen Vereine im ganzen Jahr bekommen. Ein einziges Projekt bekommt sechs bis sieben Mal die Dotation der öffentlichen Hand für die alpinen Vereine. Ich muss sagen: Das ist wirklich skandalös!

Ich weiß, es gibt den Alpenverein, der eher der ÖVP nahesteht, und es gibt die Natur­freunde, die von der SPÖ unterstützt werden, und beide verlangen mehr Budget. Des­wegen bringe ich als Grüne jetzt folgenden Antrag ein, da ich bei beiden Mitglied bin:

Entschließungsantrag

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend im Zusammenwirken mit der Bundesministerin für Finanzen wird aufgefordert, zur Absicherung der Infrastruktur für nachhaltigen Wander- und Alpintourismus eine umgehende Anhebung der Bundesförderung für die Erhaltung und ökologische Sanie-


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rung der Hütten und Wege der alpinen Vereine auf jährlich 4 Mio Euro im Sinne einer Valorisierung zu veranlassen.“

*****

Nehmen Sie sich das zu Herzen: Auch die Hütten brauchen finanzielle Sicherheit! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

22.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend mehr Unterstützung für die von den Alpinvereinen bereitgestellte Infrastruktur für nach­haltigen Alpintourismus

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 2352/A(E) der Abgeordneten Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Gabriel Ober­nos­terer, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Gerhard Huber, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesamtkonzept Tourismus im ländlichen Raum (2477 d.B.)

Die im Verband Alpiner Vereine Österreichs zusammengeschlossenen Organisationen unterhalten 475 Schutzhütten und ein alpines Wegenetz von über 50.000 Kilometer Länge. Diese Infrastruktur ist unverzichtbare Grundlage für den Wander- und Berg­tourismus und damit für den Sommertourismus in Österreich. Allein der Österreichi­sche Alpenverein, der mit seinen über 230 Hütten Österreichs größter Beherbergungs­betrieb ist und über 10.000 ehrenamtliche Funktionärinnen und Funktionäre zählt, investiert im Jahr fast 9 Mio Euro in Hütten und Wege, zuzüglich ehrenamtlicher Leistungen.

Soweit die Erhaltung und ökologische Sanierung der Hütten und Wege im alpinen Raum nicht ehrenamtlich bewerkstelligt wird, kommen die entsprechenden Aufträge durch­wegs Klein- und Mittelbetrieben des Handwerks, des Bau- und Bauneben­gewerbes in den Tälern und Kleinregionen zugute.

Neben den wichtigen, wenn auch in der Höhe sehr uneinheitlichen Beiträgen von Bundesländern ist die Höhe der Bundesförderung für diesen Bereich entscheidend, um diese Infrastruktur auch in Zukunft erhalten und bereitstellen zu können.

Das Wirtschaftsressort ist der wichtigste Partner der Alpinvereine bei ihren Bemü­hungen, Hütten und Wegenetz zu erhalten und leistet auch Beiträge zur Jugendarbeit.

Ohne diesen Beitrag geringzuschätzen, ist es evident, dass die derzeitige Förderung in ihrem Umfang seit längerem zu gering und nicht mehr angemessen ist:

Erhalt, Renovierung und Bau von Hütten im Hochgebirge sind 2,5 mal teurer als im Tal

Kurze Bewirtschaftungszeiten und enorm gestiegene Behörden- und Umweltauflagen erschweren eine rentable Führung der Hütten massiv

Haftungsfragen und die Folgen des Klimawandels erhöhen die Wegeerhaltungskosten

Steigenden Kosten – allein der Baukostenindex hat sich in den letzten 20 Jahren fast verdoppelt – stehen zugleich geringere Förderungen gegenüber:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 323

1992 betrug die Bundesförderung für Hütten und Wege umgerechnet 2,18 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung des Baukostenindex müsste die Unterstützung heute 4 Millionen Euro ausmachen. Die Realität spricht aber eine andere Sprache: Nach drei Kürzungen in Folge stellt der Bund 2013 gerade noch 1,5 Millionen Euro für die gesamte alpine Infrastruktur zur Verfügung - und das trotz massiver Kostensteigerung.

Die Alpinorganisationen haben die Aktion „Pro Hütten und Wege“ gestartet und machen damit Politik und Öffentlichkeit auf die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Erhaltung der Infrastruktur für nachhaltigen Alpintourismus in Österreich aufmerksam.

Diese Aktion wird unter anderem von Bundespräsident Heinz Fischer als Schirmherr sowie ÖGB-Präsident Erich Foglar und WKÖ-Präsident Christoph Leitl prominent unterstützt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend im Zusammenwirken mit der Bundesministerin für Finanzen wird aufgefordert, zur Absicherung der Infrastruktur für nachhaltigen Wander- und Alpintourismus eine umgehende Anhebung der Bundesförderung für die Erhaltung und ökologische Sanierung der Hütten und Wege der Alpinen Vereine auf jährlich 4 Mio Euro im Sinne einer Valorisierung zu veranlassen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


22.56.38

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzte Frau Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Als Tourismussprecher des BZÖ bin ich froh, dass wir den Osttiroler Betrieben, den Betrieben des Iseltales heute helfen können. Der Antrag war meine Initiative, war eine Initiative des BZÖ. (Beifall beim BZÖ.)

Mir treibt es die Zornesröte ins Gesicht, wenn ich an die Rede des Abgeordneten Hörl denke, der sagte, er stimme zwar zu, aber nicht wahnsinnig notwendig wäre dieser Antrag gewesen.

Geschätzte Damen und Herren! In Osttirol ist die Situation so, dass am 1. Juni das Hotel Rauter Obwexer in Matrei, ein Vier-Sterne-Haus mit 40 Mitarbeitern, anstatt aufgesperrt zugesperrt hat. Am 14. Mai ist leider auf der Felbertauernstraße ein großes Unglück passiert. Es hat drei Tage lang gedauert, bis es Landeshauptmann Platter der Mühe wert gefunden hat, nach Osttirol zu fahren. Die Betriebe leiden massivst, da aufgrund dieser Abgeschiedenheit jetzt Transportwege notwendig sind, die pro LKW mindestens 300 € mehr kosten. Und es gibt zig Betriebe, die täglich 30, 40 Fuhren haben. Also das sind enorme Schäden. Alleine die Tankstellenpächter haben Umsatz­einbußen von 90 Prozent, und auch die Tourismusbetriebe leiden massiv. Kollege Hörl hat gesagt, die Landesregierung fördert die Osttirol Werbung mit 400 000 €, und dieses abgeschiedene Iseltal sei auch über Südtirol erreichbar, es sei auch über den Großglockner erreichbar. Aber für die Wirtschaft ist es unerreichbar. Die Betriebe sind alle leer, haben Umsatzeinbußen von mindestens 70 Prozent. Die haben sich unsere


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 324

Hilfe verdient. Deswegen bin ich hergegangen und habe mich sofort eingesetzt, dass dieser Antrag kommt. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundesminister, ich werde alles dafür tun und kontrollieren, dass Sie wirklich diesen Betrieben sofort helfen, denn da geht es um eine ländliche Region, die aufgrund dieser ÖVP-Regierung ohnehin schon mit Abwanderung konfrontiert ist. Aber der Tourismus ist ein wichtiger Bestandteil, ist ein Baustein dieses ländlichen Raumes. Und wenn wir dort jetzt nicht helfen, dann brauchen wir nicht mehr zu helfen, dann kommt jede Hilfe zu spät. (Beifall beim BZÖ.)

22.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


23.00.01

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Die zwei Sechs-Parteien-Anträge sind wirklich wichtig und richtig. Und ich kann es gar nicht oft genug sagen: Wir hatten im Juni eine Hoch­wassersituation, wo es viele Betriebe erwischt hat, und zwar nicht nur von der Mure, die da heruntergekommen ist. Das war wirklich katastrophal. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Durch die Regenfälle und das schlechte Wetter, das wir im Mai gehabt haben, haben vor allem die Betriebe überall gewaltige Einbußen. Ich habe mit vielen Menschen in den Betrieben gesprochen, hauptsächlich in Kärnten, und sie haben mir gesagt: Den Mai werden wir nicht mehr aufholen, auch nicht mit einem Super-Juli, obwohl die Buchungszahlen geradezu sensationell sind; da schaut es echt gut aus.

Ich glaube, da müssen wir alle an einem Strang ziehen. Die Lobesrede des Kollegen Hörl war wirklich einmalig. Ja, wir versuchen gerade auch im Tourismusausschuss, gemeinsame Lösungen zu finden, an einem Strang zu ziehen und zu sagen: Okay, jeder hat gute Vorschläge und jede Partei bringt Anträge ein.

Das Wichtigste im Tourismus ist, dass man zusammenhält. Man sieht es ja bei schwachen Strukturen, bei Regionen, dass Randbetriebe nicht überleben. Wir haben gesagt, wir wollen viele Lehrlinge ausbilden und wollen vor allem danach trachten, dass Tourismusbetriebe wieder Ganzjahresbetriebe werden.

Deshalb ist ja auch TOP 29 so wichtig, dieser Sechs-Parteien-Antrag, den Tourismus anzukurbeln, damit mehr Betriebe überleben beziehungsweise das ganze Jahr offen haben können. Das ist das Um und Auf.

Aber wenn man hört, dass teilweise wieder darüber diskutiert wird – nur weil heuer sozusagen ein Superwahljahr ist –, die Mehrwertsteuer auf Logis zu verdoppeln, genau gesagt von 10 Prozent auf 22 Prozent, da muss doch jedem klar sein, dass das die Betriebe dann nicht mehr schaffen. (Abg. Hörl: Das sagt ja nur die Industrie!) Bitte? (Abg. Hörl: Das sagt ja nur die Industrie!) Ja, Kollege Hörl, das sagt die Industrie; da gebe ich dir vollkommen recht.

Aus diesem Grund werde ich auch einen Antrag einbringen, weil wir alle verhindern müssen, dass das kommt. Es bringt ja nichts, wenn wir auf der einen Seite Geld inves­tieren – diese 500 000 sind gut und richtig –, wenn aber auf der anderen Seite dann gesagt wird, wir erhöhen die Mehrwertsteuer! Das schaffen doch die Betriebe nicht mehr!

Deshalb bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 325

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Markowitz, Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen betreffend keine Mehrwertsteuererhöhung auf Logis

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend werden ersucht, sicherzustellen, dass es zu keiner Mehrwert­steuer­erhöhung auf Logis für die österreichischen Gast- und Hotellerieunternehmen kommt, denn speziell in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wichtig, den Fremdenverkehr in der Tourismusbranche anzukurbeln und nicht durch eine Anhebung der Mehrwert­steuer auf Logis noch mehr zu bremsen.“

*****

Das ist sehr wichtig, und ich bitte Sie daher, nicht einen Schritt in die falsche Richtung zu machen, sondern gemeinsam eine Lösung zu finden, um den Betrieben nicht zu schaden. Wir im ländlichen Raum wissen, dass das sonst in die falsche Richtung geht. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

23.02


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung. (Abg. Dr. Matznetter: Wir haben ihn nicht verstanden, Herr Präsident! – Abg. Hörl: Das war eine ...!) – Keine Mehrwertsteuererhöhung auf Logis wurde in diesem Antrag gefordert.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Stefan Markowitz, Ing. Robert Lugar und Kollegen betreffend keine Mehrwertsteuererhöhung auf Logis

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Tourismusausschusses 2477 d.B.

Im Superwahljahr 2013 befürchten die heimischen Hoteliers, dass die Politik mit neuen Steuern auf sie zukommt: In den Medien geistert immer wieder die Wiedereinführung bzw. Anhebung der Erbschafts- und Vermögenssteuer sowie der Mehrwertsteuer auf Logis herum, ortet der neue Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Gregor Hoch, zwei Bedrohungsszenarien.

Auf Unverständnis und vehemente Ablehnung stößt eine Idee der Industriellen­vereinigung, die Mehrwertsteuer auf Logis von derzeit 10 Prozent auf 22 Prozent zu verdoppeln - insbesondere da die EU-Kommission für Dienstleistungsunternehmen einen Mehrwertsteuersatz von 5,5 Prozent vorschlage.

„Bei einem bei uns in der Branche üblichen Ergebnis der gewöhnlichen Geschäfts­tätigkeit von 2 Prozent des Umsatzes, kann man sich vorstellen, wo man da landet, wenn noch 12 Prozent vom Umsatz wegkommen", sagte Hoch zur APA. Eine Erhö­hung der Mehrwertsteuer sei "inakzeptabel"“

Touristische Konkurrenzländer in nächster Nähe gingen längst den umgekehrten Weg: In Deutschland wurde die Mehrwertsteuer auf Logis von 19 auf 7 Prozent gesenkt, in der Schweiz liegt sie bei 3,8 Prozent.

Die Hoteliervereinigung verweist auf die ohnehin bereits massive finanzielle Belastung der Betriebe infolge der gestiegenen Energiekosten und der hohen Lohnnebenkosten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 326

Den Hoteliers sei die Energieabgabenvergütung gestrichen worden, der Industrie nicht. Die Flugverkehrsabgabe werde ausschließlich auf Personen eingehoben, nicht auf Fracht. Die Branche fühlt sich strukturell benachteiligt.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher den nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend  werden ersucht, sicherzustellen, dass es zu keiner Mehrwertsteuer­erhö­hung auf Logis für die österreichischen Gast- und Hotelerieunternehmen kommt, denn speziell in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, ist es wichtig, den Fremdenverkehr in der Tourismusbranche anzukurbeln und nicht durch eine Anhebung der Mehrwertsteuer auf Logis noch mehr zu bremsen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


23.02.54

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es an sich ja sehr positiv und großartig, wenn Sie Entschließungsanträge stellen, die das beschreiben, was wir ohnedies bereits tun. Aber wunderbar, da sind wir wenigstens gleich orientiert.

Das betrifft den einen Punkt, der angesprochen wurde, was den ländlichen Raum und die besondere Unterstützung dort anlangt. Wir haben entsprechende Maßnahmen eingeleitet, werden demnächst eine Studie vorstellen. Das ist ja nicht falsch ange­sprochen worden. Im Endeffekt sind 85 Prozent aller Übernachtungen nicht im Stadt­be­reich, sondern im ländlichen Raum. Aber es gibt noch eine Reihe von Möglichkeiten, was das Angebot und verschiedene andere Dinge anlangt, so die Organisations­struktur beispielsweise, das zu forcieren.

Was den zweiten Punkt anlangt: Beim Thema Hochwasser wäre ich bei bestimmten Formulierungen etwas vorsichtiger, denn bei diesem Thema zu behaupten, es werde zu wenig getan, denn es wäre das und das noch erforderlich, ist die halbe Wahrheit.

Herr Abgeordneter Haider, da Sie hier Betriebe in der Region Aschach angesprochen haben: Zeigen Sie mir einmal die, die noch nicht wieder in Betrieb gegangen sind. Das sind relativ wenige. (Abg. Mag. Haider: Aber es gibt sie!) Ich war nämlich auch letzte Woche dort und kann sagen, das sind ganz, ganz wenige Betriebe. Die meisten Betriebe haben wieder offen.

Was Sie, Herr Abgeordneter Haider, zu sagen vergessen haben, ist, dass zur Bewäl­tigung der Krise, die durch das Hochwasser eingetreten ist, ja auch der Katastrophen­fonds entsprechend in Vorleistung getreten ist. Die Menschen in den Betrieben, in denen ich war, haben gesagt, dass es sehr positiv ist, dass das so schnell gegangen ist und dass sie bereits entsprechende liquide Mittel erhalten haben.

Das, was wir machen, ist eine Ergänzung, die ebenfalls sehr positiv gesehen wird. Sie haben eines vergessen, Herr Abgeordneter Haider: Das wird nicht nur für sechs Jahre zinsenfrei und gebührenfrei gestellt, was die Bearbeitung anlangt, sondern für drei


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 327

Jahre auch tilgungsfrei. Das heißt, das ist eine konkrete Hilfestellung für die Betriebe – und die sehen das auch so. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Daher: Hören Sie bitte mit dem auf, was sonst alles noch notwendig wäre, weil sich unsere Maßnahmen bereits bewährt haben und weiterhin bewähren werden.

Frau Kollegin Moser, bevor Sie jetzt aus dem Saal gehen (Abg. Dr. Moser: Nein, ich will nur ...!): Hören Sie doch bitte mit dieser unendlichen Unsitte auf, dass der Ausschuss immer etwas beschließt, wo er eigentlich keine Kompetenz hat, und mir vorschreibt, wir sollen im Rahmen der Österreich Werbung die Mittel erhöhen. – Ich habe aber dafür keine weiteren Mittel, und Sie können mir diese auch nicht geneh­migen.

Im Endeffekt wird doch die Tätigkeit der Österreich Werbung daran gemessen, was mit den stabilisierten Mitteln in Richtung Tourismuszahlen erreicht wird. Wir haben voriges Jahr ein All-Time-High gehabt, was die Nächtigungszahlen anlangt, und zwar mit 131 Millionen Nächtigungen – und das in Zeiten, in denen es bereits das fünfte Jahr eine Krise gibt. – Und da wollen Sie die Werbemittel ausweiten und ausweiten?! Wozu bitte? Da herrscht Effizienz, weil wir diese Maßnahmen entsprechend gestrafft haben.

Das gilt auch für den Bereich Hochwasser. Wir haben jetzt 14 Tage gewartet, aber nicht, um zu sagen: Na mein Gott na, warten wir zu!, denn: Wenn man sozusagen Hochwasser-Marketing macht und sagt: Besuchen Sie Österreich!, und schaltet das irgendwo in Regionen, die noch mit Aufräumarbeiten beschäftigt sind – in Tschechien beispielsweise, in Ungarn oder in Deutschland –, dann wird das möglicherweise kontraproduktiv sein, wenn wir uns rühmen, wir haben schon alles wieder erledigt, aber in anderen Ländern wird noch daran gearbeitet. Daher ist es meiner Ansicht nach richtig, vor allem auch und zuerst den Inlandsmarkt zu bewerben, der uns schon einmal in der Krise – im Jahre 2009 – sehr geholfen hat.

Was jetzt die Alpin-Hütten anlangt: Das ist eigentlich eine sehr unfaire Angelegenheit, denn, Frau Abgeordnete Moser, Sie haben genau das wiederholt, was am Sonntag in der TV-Sendung „Hohes Haus“ zu sehen war. Diese Zahlen sind falsch, falsch, drei Mal falsch, aber Sie wiederholen das. (Beifall des Abg. Hörl. – Abg. Dr. Moser: Nein, die Zahlen ...!)

Das ist unrichtig! Das stimmt nicht, dass 20 Jahre 1,5 Millionen € für die Schutzhütten und das ganze Ausbauprogramm bereitgestellt wurden und dass das immer konstant war. – Diese Behauptung ist falsch!

Wir haben in den letzten Jahren immer 2,25 Millionen € dafür zur Verfügung gestellt, das sind 750 000 € mehr. (Abg. Dr. Moser: Das ist nicht das Fernsehen! Es ist die Alpenvereins-Zeitung!) Möglicherweise steht das auch in der Alpenvereins-Zeitung falsch.

Jedenfalls finde ich es unfair, überall Konsolidierungs- und Sparprogramme einzufor­dern, denn bei jeder Gelegenheit gehen Sie, Frau Abgeordnete Moser, und andere Kollegen hier heraus und sagen: Wo spart die Regierung? Wo ist man effizienter? Wo macht man entsprechende Reduktionen?, dann aber, als ob es keine Krise gegeben hätte, als ob Österreich irgendwo im Niemandsland als Staat für sich allein stünde (Abg. Dr. Moser: Und die Verschrottungsprämie hätten wir gern weg!), verlangen Sie überall Erhöhungen. (Abg. Kopf: Mit den neuen Steuern!)

Das noch dazu in Relation zu setzen mit einem Schilift-Projekt in Osttirol, das ist total unseriös! Das finanzieren doch nicht wir. Ist das aus dem Bundesbudget? (Abg. Dr. Moser – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Auch eine Förderung!) Was haben Sie da für einen Zettel? (Abg. Dr. Moser: Das sagt der Alpenverein!) – Ist der Alpen­verein und die Alpenvereins-Zeitung irgendeine Publikation mit einem erhöhten Wahr-


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heits­anspruch – oder ist das Budget der Wahrheitsanspruch? (Abg. Brosz: Das Budget unter Wahrheitsanspruch, das ist besonders lustig! – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Abgeordnete Moser, hören Sie mir zu! Ich sage Ihnen: Das ist falsch, was da drinnen steht, auch was Sie da zitiert haben, ist falsch. Wir haben – ich bedauere, dass man nicht die Fairness hat, das zuzugeben –, obwohl es Budgetkürzungen wegen der Krise gegeben hat, all diesen Organisationen 300 000 € zusätzlich in diesem Jahr zur Verfügung gestellt. (Abg. Brosz: „Erhöhter Wahrheitsanspruch“! Der war gut!)

Aber anstatt das entsprechend darzustellen, geht man her und sagt: Nein, eigentlich wäre eine Erhöhung auf 4,6 Millionen notwendig! – Na wunderbar (Abg. Mag. Kogler: Wo sind die Hypo-Milliarden, in welchem Budget?), aber geben Sie mir die budgetäre Bedeckung dazu mit! Eine Bedeckung ist auch in der Alpenvereins-Zeitung drinnen? (Abg. Dr. Moser: Ich wollte es Ihnen gern kopieren!) Ist die Bedeckung auch mitgegeben? (Abg. Dr. Moser: Wir brauchen 1,5 Millionen ...!) Dann bringen Sie mir wieder so einen Vorschlag, wenn das Geld dafür da ist. Ansonsten halte ich das wirklich für unter der Gürtellinie und für völlig falsch. (Abg. Hörl: Frau Moser, das ist unerhört!) Es gäbe ja auch in anderen Bereichen durchaus begrüßenswerte und notwendige Gegebenheiten, Erhöhungen vorzunehmen.

Daher: Versuchen Sie doch nicht, politisches Kleingeld mit derartigen Dingen zu erzie­len – und packen Sie diese Zeitungen wieder ein! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

23.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


23.09.36

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass der Tourismus der stabilste Wirtschaftsfaktor in dieser Krise ist, belegen die Zahlen. Und wir wissen auch, dass es da keine budgetären Kürzungen gegeben hat – egal, ob das bei der Österreich Werbung ist oder sonst wo. Aber in dieser Zeit ist es leider auch nicht möglich, Budgetmittel aufzustocken.

Frau Kollegin Moser, ich kenne die Schutzhütten sehr gut, ich bin dort daheim. Sie wissen, wo ich zu Hause bin? – Bei uns ist der Karnische Höhenweg, einer der schönsten Alpenvereinsbereiche überhaupt, auch von der Alpe her, von den Hütten her. Ich weiß auch, was dort investiert wird, von der einen Hütte zur anderen, Wolayersee, Hochweißsteinhaus und so weiter.

Natürlich kann man immer sagen, dass es zu wenig ist, aber wenn man sich die Fördermittel in diesem Bereich anschaut, muss man sagen, in diesem Bereich wird viel freiwillige Arbeit geleistet, bei den Wegemarkierungen, aber auch im unteren Bereich, auch in jedem Tourismusverband. Dort wird auch überall freiwillig gearbeitet und werden auf Eigeninitiative die Wege markiert. Ohne das wäre das alles nicht möglich, dieses gesamte Wegenetz. 1 500 Einwohner zum Beispiel in der Gemeinde Lesachtal: Über 300 Kilometer markierte Wanderwege, das machen die Einheimischen alles umsonst!

Genauso ist es auch oben. Sie können mir glauben, ich weiß, wovon ich rede. Diese Mittel für die Wandervereine, Alpenverein oder wie auch immer sie genau heißen, sind ja nicht allein von Wirtschaftsbestrebungen. Wir wissen, dass auch vom Sporttoto über 2 Millionen € kommen. (Abg. Hörl: Hört, hört!) Wir wissen auch, dass vom Siedlungs-


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wasserfonds zirka 650 000 € dorthin kommen. Dieser Bereich wird also schon von mehreren Töpfen bestückt, damit es möglich ist, dort das Notwendigste zu machen.

Aber zurück zu den Anträgen: Wie gesagt, der eine Antrag lautet auf Halbierung der Mehrwertsteuer, der andere Antrag auf Beibehaltung der Mehrwertsteuer. Wir wissen, dass wir in Österreich von der Hotellerie her zumindest im Verpflegungsbereich bei einem Mehrwertsteuersatz sind, um den wir international beneidet werden. Wir sind eindeutig im unteren Viertel mit unserem Mehrwertsteuersatz, was die Logis und den Verpflegungsbereich betrifft.

Markowitz, dir muss ich gratulieren! Das sage ich ganz klar. Wir müssen froh sein, diesen Steuersatz zu halten, und schauen, dass er nicht in die Höhe geht. Von einer Senkung brauchen wir gar nicht zu reden. Das wird auch von der Tourismuswirtschaft nicht gefordert.

Die zwei Anträge, die auf dem Tisch liegen, haben für mich, wie gesagt, heute hier diesen großen Stellenwert, weil sie einstimmig sind, weil wir einstimmig dafür sind, dass der Tourismus seinen Stellenwert hat, gerade im ländlichen Bereich, wo wir wis­sen, dass der Tourismus neben der Landwirtschaft die einzige Möglichkeit ist, Zuer­werb zu haben und die Abwanderung zu stoppen.

Der zweite Bereich ist die Aufstockung für die Österreich Werbung, für die Bewerbung in dieser Zeit, in der jetzt, wie gesagt, das mit dem Felbertauern und mit dem Hochwasser war. Das hat wieder einmal gezeigt, dass das Wirtschaftsministerium und die Österreich Werbung kurzfristig, schnell reagieren können! Ich glaube, es ist wichtig, nicht irgendwo Geld fix hinzugeben, egal, ob es gut oder schlecht geht, sondern dann einzugreifen, wenn es notwendig ist. Das wurde hier getan, und das sehe ich so auch für richtig an. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

23.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte.

 


23.13.15

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Bezug nehmen auf den Sechs-Parteien-Antrag für ein Gesamtkonzept im ländlichen Raum, der auf eine Initiative unserer Tourismussprecherin Heidrun Silhavy zurückgeht.

Ich komme selbst aus einer ländlichen Gegend in Salzburg und habe die einschnei-denden Veränderungen im Tourismus in den letzten Jahrzehnten hautnah mitbekom-men. In den siebziger Jahren waren die sogenannten einfachen Fremdenzimmer für viele Gäste, vor allem aus Deutschland, in unserem Ort stark nachgefragt. Gebucht wurden Zimmer meist für drei bis vier Wochen. Die Anreise in den Pinzgau erfolgte mit der Bahn beziehungsweise mit dem Reisebus. Die Buchungen erfolgten langfristig über das Reisebüro.

Inzwischen hat sich eigentlich alles verändert: die Herkunftsländer der Gäste, die Art der Anreise, die Aufenthaltsdauer, die Art der Buchung et cetera, et cetera. Aber nicht alle touristisch gut besuchten Orte von einst haben sich mit verändern können. Ein Teil konnte sich umstellen, andere sind im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke geblieben.

Ich meine, dass Beherbergungsbetriebe, Gemeinden, Kultur- und Freizeitvereine, alle, die touristische Infrastruktur zur Verfügung stellen, in den Konzepten und Strategien oft nicht oder zu wenig gesamthaft betrachtet wurden und werden, was für einen funktionierenden ländlichen Tourismus aber absolut notwendig wäre.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 330

Immer mehr Menschen suchen wieder Erholung, Ruhe und Naturerlebnisse auch im eigenen Land. Wir haben eine große Vielfalt an derartigen Urlaubsmöglichkeiten. Daraus könnten sich vermehrt Chancen für eine Stärkung, eine Verlängerung der Nebensaisonen und einen Ganzjahrestourismus ergeben, was in den ländlichen Regio­nen ja sehr oft fehlt. Auf dem Weg dorthin sollen meiner Meinung nach nationale und EU-Förderungen, Regionalpolitik und Tourismusförderung viel mehr ineinandergreifen und einen Ausgleich zwischen den starken und strukturschwachen Regionen schaffen.

Tourismus ist eine Branche, die auch in schwierigen Zeiten Zukunftspotenzial aufweist, was Arbeitsplätze, Verbesserung der Infrastruktur, aber auch die Wertschöpfung betrifft. Ich meine, dass die zukünftige Regierung aufgefordert ist, auf dem freizeit- und tourismuswirtschaftlichen Sektor das Entwicklungspotenzial zu erheben und auch tatsächlich zu nutzen. Die Anliegen einer Branche, die einen enormen Anteil am BIP erwirtschaftet, dürfen nicht ignoriert werden.

Abschließend meine ich, dass es oberstes Ziel eines Tourismuskonzeptes für den ländlichen Raum sein muss, möglichst gute Rahmenbedingungen für alle Akteure, die im Tourismus tätig sind, zu schaffen. Dazu gehören das Know-how bezüglich verschie­denster Fördermöglichkeiten, Wissenstransfer hinsichtlich innovativer, nachhaltiger Projekte ebenso wie faire Bezahlung und Bedingungen für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, aber auch Kooperationen auf verschiedensten Ebenen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

23.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


23.16.31

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Lieber Kollege Obernosterer, ganz so ist es nicht, dass der Tourismus nicht die Halbierung der Mehrwertsteuersätze fordert – nachzu­lesen in der größten Tourismuszeitung, dass genau die drei Punkte, die Kollege Haider erwähnt hat, Halbierung der Mehrwertsteuer, Reduktion oder Anpassung der Abschrei­bungsdauer und Erhöhung des Etats für die Österreich Werbung, sehr wohl vom Tourismus gefordert werden. Ich glaube, es ist nicht alles, was du meinst, rein Touris­mus. Da zeigt sich schon, dass die österreichische Tourismuswirtschaft dahintersteht. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu den zwei Anträgen: Ja, Hilfe für vom Unwetter betroffene Betriebe – es ist sehr gut, dass reagiert wurde, sehr gut, dass geholfen wurde. Aber, Herr Minister, ich kann mich noch daran erinnern, dass auch zu Zeiten der Wirtschaftskrise, glaube ich, 22 Mil­lionen € in die Verschrottungsprämie von Autos gegangen sind. Dieses Geld war verloren, ist verpufft. So müsste es auch hier möglich sein, diesen Betrieben Geld wirklich als verlorenen Zuschuss zu geben, nicht nur in Form von Kreditzinsen zu helfen. Man kann sicherlich noch etwas mehr tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Thema Gesamtkonzept für den ländlichen Tourismus oder für den Tourismus im ländlichen Bereich: Da haben wir, glaube ich, speziell mit den kleinen Betrieben ganz, ganz große Probleme. Österreich ist von den Tourismusbetrieben her sehr klein­strukturiert. Ich glaube, da haben wir sehr große Hilfe nötig.

In einem muss ich dir auch noch widersprechen: Diese Betriebe sind alle Ganz­jahres­betriebe, und sie zahlen sehr wohl die Auflösungsabgabe. Letztens im Ausschuss hast du gesagt, sie zahlen keine Auflösungsabgabe. Genau diese Betriebe sind betroffen und überlegen sich heute, einen Mitarbeiter einzustellen, oder sind oft eher bereit ... (Abg. Obernosterer: ... sind ja Zwölf-Monats-Mitarbeiter ...!) Bitte, schau dir das einmal an! Weißt du, wie oft du in der Situation bist, dass du nur für einen oder zwei


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Monate einen Mitarbeiter brauchst? – Und du überlegst es dir heute, den einzustellen, das ist die Wahrheit! (Abg. Hörl: Unter sechs Monaten ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Selbstverständlich, als Ganzjahresbetrieb schon.

Was ich aber glaube, was wir im Tourismus noch als ganz großes Problem haben, vor allem auch die kleinen Betriebe beim Anbieten von Wanderwegen und dergleichen, das ist die permanente Haftungsfrage. Du bekommst heute nahezu von keinem Landwirt mehr die Genehmigung für einen Radweg oder für einen Wanderweg, weil die Haftungsfrage so erdrückend ist.

Es wäre schön, wenn es irgendwann gelänge, das Thema Haftungen von den Grund­besitzern zu nehmen, denn dann könnten wir von den Gemeinden, von den Tourismus­betrieben viel leichter das Angebot der Bewegung in der freien Natur machen. Ich glaube, gerade das ist eine Marktlücke, die wir, die kleinen Betriebe, oder die die kleinen Betriebe in den Landgemeinden schließen könnten, wo wir mit wenig Geld viel Angebot machen können.

Vielleicht gelingt es uns hier irgendwann einmal, ein gemeinsames Konzept zu star­ten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

23.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


23.20.01

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Österreich und trägt mit 7,5 Prozent des BIP zur Wirtschaftsleistung bei. Über 5 Prozent der in Österreich erwerbstätigen Menschen, das sind zirka 200 000, sind in der Tourismusbranche beschäftigt. Der Tourismus sichert nachhaltig Arbeitsplätze, aber auch Wertschöpfung vor allem in den ländlichen Regionen.

Der vorliegende Entschließungsantrag betreffend Gesamtkonzept Tourismus in länd­lichen Regionen zielt darauf ab, dass Synergien genutzt werden, dass zwischen den Gemeinden, den Betrieben in den ländlichen Regionen mehr zusammengearbeitet wird. Diesbezüglich hat die Zukunft im Burgenland bereits begonnen. Sämtliche Ge­meinden rund um den Neusiedler See haben sich in den vergangenen Jahren bereits zur Neusiedler See Tourismus GmbH zusammengeschlossen. Das heißt, es werden Projekte geplant, in die Tat umgesetzt, und zwar gemeinsam mit den Beherbergungs­betrieben, den Gemeinden, aber auch mit landwirtschaftlichen Betrieben, mit Winzer­betrieben. Das Produkt dieser Zusammenarbeit ist, dass die Nächtigungszahlen in der Region steigen. Ich möchte nur eine Vergleichszahl nennen: Bei den Nächtigungen gab es im Mai 2013 im Vergleich zum Mai 2012 ein Plus von 6 Prozent, auch in wirt­schaftlich schwierigen Zeiten. Wir versuchen im Burgenland auch, ein gemeinsames Angebot mit dem Naturtourismus zu erstellen beziehungsweise den Ökotourismus zu forcieren.

Ein weiterer Entschließungsantrag betrifft die rasche Zurverfügungstellung finanzieller Mittel für Tourismusbetriebe, die von Naturkatastrophen betroffen sind. Diesen Antrag unterstütze ich zu 100 Prozent. Das ist auch ein All-Parteien-Antrag. Ich möchte aber in Erinnerung rufen, dass rasche und unbürokratische finanzielle Hilfe auch den privaten Haushalten zugutekommen muss.

Ich darf auch erwähnen, dass eine Anfragebeantwortung der Finanzministerin vom April dieses Jahres besagt, dass österreichische Unternehmen Ende 2012 Steuerrück­stände von 1,4 Milliarden € hatten. Wenn nur ein Teilbetrag dieser Steuerrückstände in den Katastrophenfonds des Bundes kommt, dann kann auch privaten Haushalten


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entsprechend rasch und treffsicher geholfen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

23.22

23.22.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28, die dem Aus­schussbericht 2476 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Maßnah­men zur Unterstützung der durch die jüngsten Naturkatastrophen beeinträchtigten Tourismusbetriebe.

Jene Kolleginnen und Kollegen, die diesen Antrag unterstützen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 321.)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29, die dem Ausschuss­bericht 2477 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Gesamtkonzept Tourismus im ländlichen Raum.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ein­stimmig angenommen. (E 322.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Unterstützung für die von den Alpinvereinen bereitgestellte Infrastruktur für nachhaltigen Alpintourismus.

Im Falle der Zustimmung bitte ich Sie um Ihr unterstützendes Zeichen. – Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Mehrwertsteuererhöhung auf Logis.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.

23.23.57 30. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 1226/A der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WGG) geändert wird (2478 d.B.)

31. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2228/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Besteuerung von Rücklagen gemeinnütziger Wohnbaugenossenschaften, die die Grenze von 10 Prozent der Bilanzsumme überschreiten (2479 d.B.)

32. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2229/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Zwangszugehörigkeit gemeinnütziger Wohnbaugenossenschaften zu nach Art. 1 § 5 (2) WGG definierten Revisionsverbänden (2480 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 333

33. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2255/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die unange­messen hohe Verzinsung von Eigenmitteln gemeinnütziger Wohnbauträger (2481 d.B.)

34. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2256/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen den Drehtüreffekt im gemeinnützigen Wohnbau (2482 d.B.)

35. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2263/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Platz für Spekulanten im gemeinnützigen Wohnbau (2483 d.B.)

36. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2264/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennung von Gemeinnützigkeit und Privatwirtschaft (2484 d.B.)

37. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 2343/A(E) der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spekulationsverbot für gemeinnützige Bauvereinigungen (2485 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 30 bis 37 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte, Herr Kollege.

 


23.24.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Die Wohnbaudebatte, die wir heute führen, ist wichtig. Sie ist dringlich, denn sie wird derzeit nur draußen und teilweise über die Medien geführt. Sie wird auf einem Niveau geführt, das weder dem Volk noch der Sache dienlich ist.

Das einfache, alltägliche Leben wird für etliche Bewohner unseres Landes zum Luxus. An der normalen Mietvorschreibung, das heißt Miete plus Betriebskosten, ist eigentlich für jeden Mieter ersichtlich, wie die Sozialkompetenz unserer Regierungsparteien aussieht. Beide sind ja seit Jahrzehnten an der Macht und in der Regierung vertreten.

Wie war denn die Situation in den letzten Jahren und ist sie auch heute noch? – Es fehlen Tausende Wohnungen, wir reden von 10 000 bis 15 000 Wohnungen. Wir brauchen dringend Impulse für die Bauwirtschaft. Die Wohnbauleistung der Gemein-


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nützigen nimmt drastisch ab, um ungefähr 30 Prozent im letzten Jahr. Die Rücklagen in denselben Genossenschaften nehmen zu. Das ist nicht meine Analyse, das ist die Analyse des Herrn Wurm, des Chefs des GBV.

Eine verantwortungsvolle Regierung hätte erstens einmal schon vor langer Zeit – zumindest vor ein, zwei Jahren – und zweitens überhaupt reagiert und Gesetze geändert und Mittel bereitgestellt. Ich frage mich: Was tun die Mitarbeiter in den Kabinetten die ganze Zeit? Was tun die Minister?

Weil eben diese Armutsregierung zumindest in den vergangenen fünf Jahren nichts gemacht hat, haben wir am 15. Mai unsere Wohnbauoffensive vorgestellt. Auf wunder­bare Art und Weise haben die Arbeiterkammer, die SJ, Firmen wie Wienerberger oder die Vertreter des GBV selbst gesagt, ja, hinter etlichen dieser vorgeschlagenen Maßnahmen stehen sie sogar.

Dann kam diese wunderbare Sitzung des Bautenausschusses. Wir erinnern uns: Wir hatten 15 Anträge der FPÖ und noch etliche mehr von den anderen Kollegen der Opposition. Wir hatten keine einzige Maßnahme der Regierungsparteien zu disku­tieren. Beim Fußball würde man sagen, das wäre ein 15 : 0 für die Freiheitlichen. (Abg. Dr. Moser: Na ja! – Abg. Kopf: Den Ball treffen, heißt noch nicht, das Tor treffen!)

Frau Bundesminister Karl hat sich bei dem Ganzen noch auf eine Diskussion und eine allgemeine Aussprache beschränkt, wo über das Mietrechtsgesetz gesprochen wurde. Klubobmann Kopf! Das hat sie gemacht, wissend, dass wir billige Wohnungen für sozial Schwächere, für junge Familien nicht über das Mietrechtsgesetz bekommen werden.

Das ist, muss man sagen, Konzeptlosigkeit. Wir bräuchten eine Reform des gemein­nützigen Wohnbaus. Wir haben das vorgestellt, und die Regierungsparteien ziehen sich im Endeffekt darauf zurück, die Anträge entweder zu vertagen oder abzulehnen. Da lobe ich mir ja direkt die Haltung der Abgeordneten vom BZÖ oder vom Team Stronach, die als – sagen wir jetzt einmal – Second-Hand- oder Third-Hand-Opposi­tionsabgeordnete überhaupt gleich weggegangen sind. Sie haben den Ausschuss verlassen und sich offensichtlich eine Melange im Café Landtmann gegönnt. Wenn so die Sorgen und Anliegen der Bevölkerung vertreten werden, während immer breitere Schichten wirklich an Armut leiden, dann muss ich sagen: Verweigern wir doch bitte nicht Arbeit und Verantwortung! Tun wir etwas in den Ausschüssen!

Kollege Kopf, skurril war in diesem Zusammenhang die Reaktion der ÖVP. Auf der einen Seite hat Kollege Singer im Ausschuss beispielsweise wortreich die Rücklagen­besteuerung abgelehnt, kurz darauf hat Bundesministerin Fekter sie sogar gefordert, sie könne es sich vorstellen, das finde sie klasse, da könne sie auch etwas machen. Das war ein paar Mal so. Diesen Widerspruch müssen Sie mir erklären. Ob das damit zusammenhängt, dass Kollege Singer im ÖAAB ist, die Ministerin im Wirtschaftsbund und der Bauernbund vielleicht auch noch etwas gesagt hat, weiß ich nicht. Vielleicht war es auch einfach eine Koordinationsschwäche. (Abg. Kopf: Und wenn Sie ihn einfach fragen?)

Kommen wir aber zur größeren Regierungspartei. Da ist dieses Schildchen ganz nett, das ist eine noble Adresse: Tuchlauben 8 im ersten Bezirk. (Der Redner stellt eine Fotografie des Hauses der genannten Adresse vor sich auf das Rednerpult.) Die Kollegen von der SPÖ stellen sich – wie teilweise auch die der ÖVP – einfach klar auf die teilweise illegitim handelnden Genossenschaften ein. Das war zu erwarten. Wahr­scheinlich werden nach dieser Wahl auch wieder etliche dann ehemalige Kollegen aus dem Nationalrat als Frühstücksdirektoren, Vorstandsdirektoren oder was auch immer in die Genossenschaften abtauchen und sich dort ein nettes Leben auf Kosten der Bewohner machen.


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Wenn das soziale Wärme ist, dann muss ich sagen: Ja, „soziale Wärme“ ist, man sorgt für die eigenen Freunde, für die eigenen Abgeordneten, für ihre Vorstandsgagen, noble Innenstadtbüros.

Hier aber sprechen wir von der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft AUFBAU. AUFBAU sorgt für Arbeiterwohnstätten – schon lange nicht mehr, wenn man es sich im Internet anschaut. Sozialbau ist ähnlich, hat zwar keine noble Adresse, hat aber die Wiener SPÖ finanziert. Das ist alles nicht das, was wir uns unter Gemeinnützigkeit vorstellen.

Kollegin Ruth Becher hat nach dem Ausschuss davon gesprochen, dass wir die Genos­senschaften zerschlagen wollen. Nein, ganz im Gegenteil, wir wollen sie erhalten! Wir wollen sie aber sportlich erhalten, damit sie etwas für ihre Mieter machen, dass sie Wohnungen bauen, dass sie das Geld hernehmen und damit Wohnhäuser bauen, dass sie all das machen (Beifall bei der FPÖ) und nicht Dienstautos kaufen und dass nicht ehemalige Abgeordnete – auch wenn Kollege Pendl gerade nicht hier ist – Gagen verdienen wie Fürsten. Das stellen wir uns unter Genossenschaften vor, die gemeinnützig sind – und nicht gemein und eigennützig. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie von der SPÖ plakatieren derzeit so etwas wie eine „ruhige Hand“, die man braucht oder die jemand hat. Die wollte schon der abgewählte Kanzler Schröder. Der hat nämlich den Sozialstaat in Deutschland demontiert. Wollen Sie bei uns auch Menschen unter Hartz IV, mit 1-€-Jobs, die wohnungslos sind? – Wir wollen sie auf jeden Fall nicht. Inserate und Schlagzeilen machen auf jeden Fall keine einzige Wohnung billiger. (Beifall bei der FPÖ.)

23.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte. (Abg. Grosz  in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Singer –: Der Postbote! Hast wieder einen Brief von mir mit? Die Brieftaube!)

 


23.31.15

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie schwierig das Wohnrecht ist, hat Kollege Deimek gerade bewiesen. Er kann nicht unterscheiden zwischen dem, was Frau Bundesministerin Fekter gefordert hat, und dem eigenen Antrag.

Ein paar Worte dazu: Der Antrag, den wir abgelehnt haben, beinhaltet die Beschnei­dung von Rücklagen gemeinnütziger Bauvereinigungen.

Ganz kurz eine Einführung in dieses Thema: Tatsächlich sind nämlich die Eigenkapital­rücklagen bei den Gemeinnützigen nicht als liquide Mittel vorhanden, sondern zu 90 Prozent in Grundstücken und Wohnungen eingesetzt und daher nicht frei verfügbar. Wir reden immerhin von 500 000 Wohnungen in ganz Österreich. Der Rest wird zur Zwischenfinanzierung für die Errichtung von Wohnungen verwendet.

Das heißt also, die Forderung der FPÖ, Rücklagen, die 10 Prozent der Bilanzsumme übersteigen, darüber hinaus zu besteuern, wäre aus meiner Sicht kontraproduktiv, weil der Einsatz von Eigenkapital damit sanktioniert wird und die Ertragskraft der gemein­nützigen Bauvereinigungen geschwächt wird, was wiederum den Bau von kosten­günstigen Mietwohnungen nachhaltig erschwert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Mag. Stefan: Das hat jetzt keiner verstanden! Ich glaube, Sie selbst auch nicht! Die Bilanzsumme ist „überstiegen“ worden?)

Auch ein Wort zu dem Vorschlag der Finanzministerin, nämlich betreffend die Rege­lung im Körperschaftsteuergesetz: Sie hat diesen Vorschlag, nämlich dass der vorge­se­hene längstmögliche Reservekapitalzeitraum von fünf Jahren an die Verwendungs­pflicht innerhalb von drei Jahren, wie sie bereits im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 336

normiert ist, angepasst werden soll, gemacht, um die Bautätigkeit zu intensivieren. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Warum diese Diskussion nicht vor einem Jahr?) Durch diese Verkürzung der Rücklagenlaufzeit soll ein Anreiz geschaffen werden, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, lieber Herr Kollege Deimek.

Noch zu ein paar Vorschlägen der Freiheitlichen, wie leistbarer Wohnraum geschaffen werden sollte: Es wird gefordert, dass Mandatare während der Laufzeit ihres Mandates und fünf Jahre danach von Vorstandsfunktionen, Aufsichtsratsposten und der Ge­schäfts­führung von dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz unterliegenden Unterneh­men ausgeschlossen werden. Das käme einem Berufsverbot gleich, und all jene, die aus diesen gemeinnützigen Vereinigungen kommen, wären von Mandaten ausge­schlos­sen. Das also sind die Vorschläge der FPÖ, um leistbaren Wohnraum zu schaffen.

Noch ein Wort zu den Gemeinnützigen beziehungsweise zur Leistung der Gemein­nützigen, weil diese auch immer wieder in Frage gestellt wird: Sehr geehrte Damen und Herren! Für mich ist die gemeinnützige Wohnungswirtschaft ein wesentlicher, stabiler und kostendämpfender Faktor unserer gesamten Wohnungswirtschaft. Die Bauleistung der Gemeinnützigen beträgt pro Jahr rund 15 000 neue Wohneinheiten. Das heißt also, die Gemeinnützigen wirken der Verknappung des Wohnraumes entgegen, sie schaffen eine gleichmäßige Auslastung der Bauwirtschaft, und damit wird auch das Mietniveau entsprechend gedämpft. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Gleich­mäßig sicher!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind Gründe dafür, dass wir den acht Anträgen der Freiheitlichen, die in Richtung Einschränkung der Gemeinnützigkeit gehen, nicht zustimmen werden. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Und wo sind die eigenen Vorschläge der ÖVP?)

Noch ein paar Anmerkungen zum leistbaren Wohnen: Aus unserer Sicht müssen wir ausreichend adäquaten Wohnraum schaffen, und im Vordergrund stehen Neubauten, Sanierungen und die Reduktion des Leerstandes. (Abg. Mag. Stefan: Wer ist „wir“?) Wir brauchen eine nachhaltige Finanzierung und eine geeignete Grundstückspolitik. Wir brauchen Deregulierungen hinsichtlich der Qualitätsstandards und Ausstattungen, und wir brauchen maßvolle Betriebskosten. (Abg. Mag. Stefan: Das ist eine Forde­rung, kein Vorschlag!) Nur durch einen Mix von Maßnahmen werden wir leistbaren Wohnraum schaffen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


23.36.54

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen, und zwar aus der „Süddeutschen Zeitung“ über das Wahlprogramm der CDU. Dort ist zu lesen, dass es eine Mietpreisbremse geben soll. Man beachte: CDU, Deutschland, Mietpreisbremse.

Herr Minister, Sie sind zuständig für das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Das ist die eine Seite, und da bin ich durchaus auch der Meinung meines Vorredners, dass wir da vielleicht Detailreformen, kleine Reformen zur Verbesserung machen können, aber da brennt nicht der Hut, denn das ist der Bereich, wo die Mieten ja leistbar sein können und größtenteils auch leistbar sind.

Aber der Hut brennt dort, wo jene Menschen, die sozusagen nicht im Kontingent der Gemeinnützigen irgendwie Unterkunft finden, sich dann auf dem Markt bewegen und teilweise mit horrenden Preisen konfrontiert sind – horrenden Preisen, die durchaus mit


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der Mietpreisentwicklung in Deutschland verglichen werden können. Darum habe ich die Herangehensweise der CDU kurz skizziert, weil sie – dank Merkel oder sonst irgendeiner dominanten Figur – sehr wohl einsieht, dass Mieten begrenzt werden müssen, weil Wohnraum ein endliches Gut ist und nicht in der üblichen Form pro­duziert werden kann wie Essen, Kleidung oder sonstige Artikel des täglichen Bedarfs.

Ich greife jetzt auf etwas zurück, das Frau Ministerin Karl leider entgangen ist. Schon im Jahr 1999, glaube ich, hat einer der Vorgänger der Frau Ministerin Karl, der für das Mietrecht zuständige Justizminister Michalek, in Erkenntnis des überkomplexen Miet­rechts in Österreich – des Wohnrechts insgesamt, das nur von einer Handvoll Experten überhaupt rezipiert werden kann – eine Enquete stattfinden lassen. Diese Enquete hat schon all das zusammengefasst, das Frau Ministerin Karl jetzt durch eine Experten­runde bis zum Jahr 2014 zuwege bringen lässt. Da frage ich mich: Warum muss man die Welt der Mietrechtsreform oder der Wohnrechtsreform zweimal erfinden? – Man kann auf diese Expertenkommission zurückgreifen. Diese sagt ja auch – nachzulesen auf Seite 55 – ganz klar und deutlich:

Überwiegend wird die Rückkehr zu klaren, nachvollziehbaren Mietzinsobergrenzen befürwortet. Die Ansicht, dass sich der Richtwertzins bewährt hat, bleibt in der Minderheit. Zur Eindämmung des Anstiegs der Betriebskosten wird vorgeschlagen, insbesondere  – und so weiter und so fort.

Das sind Vorschläge aus dem Jahr 1999. Wir haben sie ad acta gelegt. Ich muss sagen, Sie haben sie ad acta gelegt. Ich habe sie ja mitgenommen, um sie angesichts der Situation, vor der wir stehen, wieder irgendwie zum Leben zu erwecken.

Es ist klar, dass die Gemeinnützigen durch Wohnungsneubau die Situation schon ent­schärfen können, nur braucht der Neubau von jetzt weg gerechnet vier Jahre. Es braucht vier Jahre, bis die neu gebauten Wohnungen dann marktentschärfend zum Angebot freigegeben werden und die Mieter, die Menschen einziehen können. Das braucht Zeit.

Aber jetzt müssen wir Sofortmaßnahmen treffen, Herr Minister, nicht unbedingt im Gemeinnützigkeitsgesetz, nein, im Wohnrechts- beziehungsweise im Mietrechtsgesetz und auch bei verschiedenen Widmungen und Maßnahmen, die das Bauen insgesamt billiger machen und vereinfachen, bei den Normen, bei den Bauordnungen et cetera. Denn es ist ein Grundproblem, dass sich viele junge Menschen, vor allem viele Studentinnen und Studenten, junge Familien – Sie sind ja auch Familienminister – Wohnen gar nicht leisten können. Und für mich war schon empörend, dass dieses Lebensproblem, dieses Existenzproblem von vielen Menschen in diesem Parlament nur auf den letzten Abdruck und auf Druck der Oppositionsfraktionen überhaupt behan­delt wird, überhaupt zur Sprache kommt. Jetzt ist die Ablehnung freiheitlicher Anträge der Angelpunkt, dass wir überhaupt eine Plenardiskussion zu diesem Lebens- und Existenzthema haben.

Darum kann ich nur noch einmal unterstreichen: Wenden Sie sich an die CDU, wenden Sie sich an das „C“, das Christliche auch in Ihrem Parteiprogramm, und denken Sie zumindest darüber nach, dass eine Mietpreisbremse sinnvoll wäre, dass man Sofort­maßnahmen treffen muss, damit heute und nicht erst 2014, 2015 oder 2016 den Menschen geholfen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 338

23.42.02

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Der ge­meinnützige Wohnbau spielt ja bei der Wohnversorgung eine entscheidende Rolle. Deshalb hat die Bundesregierung ja auch diese Wohnbauoffensive gestartet, bei der 14 000 neue, zusätzliche Wohnungen gebaut werden sollen.

Es ist nicht die Aufgabe des Parlaments, mit dem Grundbedürfnis Wohnen Geschäfte­macherei zu ermöglichen, indem Genossenschaften geschwächt werden, was letzt­endlich auch auf eine Zerschlagung hinausläuft. Gerade die FPÖ hat überall dort, wo sie in Verantwortung war, nichts zusammengebracht, ob das jetzt Kärnten war, ob das in der Regierungsbeteiligung war oder ob das im gemeinnützigen Wohnungsbereich war. Die vergangenen Gehversuche der FPÖ auf gemeinnützigen Wohnbaufeldern haben gezeigt, welche Auswirkungen freiheitliches Engagement in der Praxis hat.

Da in Ihren Anträgen die Revision, der Revisionsverband so schlechtgemacht wird und sehr kritisiert wird, muss ich sagen, es gibt keine Branche, die so gut geprüft ist wie die Gemeinnützigen. Die letzte Insolvenz, die es gegeben hat, war durch die FPÖ-nahe gemeinnützige Genossenschaft Freies Wohnen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek.) Und dort war eine der Ursachen zu geringes Eigenkapital. Das wurde von der Revision mehrmals aufgezeigt, das ist durch die genaue und gute Prüfung aufgezeigt worden.

Es gab Mängellisten, denen nicht nachgekommen wurde, und letztendlich wurde dann dieser Genossenschaft auch die Gemeinnützigkeit entzogen. Mieter wurden Gott sei Dank keine geschwächt, weil andere Gemeinnützige und das Land Niederösterreich Auffanglösungen geboten haben. Ihr Kollege Rosenstingl musste ja für sieben Jahre ins Gefängnis und ist nach drei Jahren wieder entlassen worden.

Zum nächsten Punkt, zur Eigentumsoption, die von Ihnen immer angesprochen wird, und zum Verkauf: Hier ist Ihre Propaganda, dass ja beinahe Gratiswohnungen angeboten werden, Eigentumsübertragungen zu Schleuderpreisen. Aber was ist in der Praxis wirklich geschehen? – Es ist 2001 durch Ihren Finanzminister, einen FPÖ-Minister, ermöglicht worden, dass die Gemeinnützigkeit bei den staatlichen Wohnbau­gesellschaften aufgehoben wurde. 2004 wurden vier Gemeinnützige an einen privaten Anbieter verkauft.

Man hat weitgehend verhindert, dass die Wohnungsmieter die Wohnung kaufen konn­ten. Letztendlich sind 62 000 Wohnungen privatisiert und verkauft worden, das sind 12 Prozent der Gemeinnützigen. Die Wohnversorgung der Bevölkerung ist bei Ihnen nicht an erster Stelle gestanden, das war nicht Kernthema, sondern Budgetkon­solidierung. Da ist das Eigenkapital zweckentfremdet verwendet worden. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek.)

Die Folgekosten gibt es heute noch für die Genossenschaften und die Wirtschaft, und ich kann Ihnen das zeigen. Ich habe vorige Woche zwei Briefe von Mietern in Inns­bruck bei der BUWOG bekommen, die sich bitter beklagen, wie jetzt die Privaten mit ihnen umgehen. Sie haben nur mehr befristete Mietverträge, die werden nicht verlän­gert. Die Privaten hören gar nicht auf die Mieter, die aus den Wohnungen hinaus­gedrängt werden. Denen ist leider nicht zu helfen. Das ist 2004 verkauft worden, und die rechtliche Lage ist so, wie sie ist.

Dabei muss man sagen, grundsätzlich ist das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz für Mietwohnungen angelegt. Das Geld bleibt im Wohnungskreislauf und ist dazu gedacht, dass es wieder investiert wird. Die Grundsätze des gemeinnützigen Wohnungs­we­sens – Kostendeckung, Gewinnbeschränkung, Eigenkapital – haben wesentlich dazu beigetragen, dass das Wohnen in Österreich noch immer in einem signifikanten Ausmaß leistbar ist, weil ja die Wohnungspreise im gemeinnützigen Bereich mit 6,32 €


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 339

wesentlich geringer sind als im privaten Mietwohnungsbereich. Davon kann man im privaten Mietwohnungsbereich nur träumen.

Außerdem hat der traditionell geförderte Mietwohnungsbau eine Verschuldungs- und Immobilienkrise, die es in vielen anderen Ländern gegeben hat, effektiv verhindert. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

23.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


23.46.55

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Die Uhrzeit, zu der wir das Thema leistbares Wohnen diskutieren, ist symbolisch für die Leistungen dieser Regierung. In Wirklichkeit befinden Sie sich seit fünf Jahren auf einer politischen Geisterfahrt im Wohnbau; einer politischen Geisterfahrt, bei der Sie die Jungfamilien im Stich lassen, bei der uns die ÖVP erklärt, warum etwas nicht geht, bei der mir die Kollegin von der SPÖ jetzt erklärt, dass das Wohnen ohnehin leistbar und günstig ist. Wir wissen, dass sehr viele Menschen in unserem Land ein Drittel, ja manchmal sogar die Hälfte ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben.

Liebe Kollegen der Steuererhöhungspartei SPÖ, das sind die Fakten! So schaut es draußen im wirklichen Leben aus!

Hinzu kommt die Parteipolitik in den Genossenschaften, bei der Wohnungsvergabe im Gemeindebau et cetera. Also hören Sie auf, hier Schmäh zu führen, und machen Sie eines nicht, den großen Fehler vor Wahlen – ich warne Sie nur –: Sagen Sie nicht, dass Sie für den billigen Wohnbau eintreten, denn Sie tun das nicht! Sie haben jetzt fünf Jahre lang bewiesen, es nicht getan zu haben, und die Menschen durchschauen das. Es ist dieselbe Unwahrheit, wenn Sie jetzt herkommen und sagen, dass Sie etwas für die Bildungspolitik machen, obwohl Sie fünf Jahre kaum etwas getan haben, oder wenn die ÖVP sagt, sie macht eine Steuersenkung, und fünf Jahre nichts dafür getan hat, sondern das Gegenteil. Das glaubt Ihnen kein Mensch mehr.

Das Wichtigste, das Sie machen müssten, wäre eine Zweckbindung der Wohnbau­fördermittel. Das wäre das Mindeste. Ich glaube, diesbezüglich gäbe es ja auch einen Konsens. Es gibt entsprechende Anträge. Wir haben einen Antrag mit über 20 Punkten eingebracht, ein Wohnrechtspaket, die FPÖ hat das auf 14 Anträge aufgedröselt, wir haben es zusammengefasst – und Sie finden es nicht einmal der Mühe wert, diesen Antrag hier zu diskutieren. Sie haben ihn im entsprechenden Ausschuss vertagt, anstatt hier mit uns inhaltlich zu diskutieren. Sie weichen immer wieder aus und helfen damit keinem einzigen Wohnungssuchenden in diesem Land, ein leistbares Woh­nungssystem vorzufinden, im Gegenteil.

Was spricht denn gegen Zweckbindung, anstatt mit dem Geld zu spekulieren, wie etwa in Niederösterreich bei der ÖVP Ihr Landeshauptmann Pröll oder in Salzburg, wo Gabi Burgstaller noch in entsprechende Spekulationsskandale involviert war, die aufgezeigt worden sind. – Ist das in Ordnung? – Sie knöpfen jedem Arbeitnehmer einen Wohn­bauförderungsbeitrag ab und spekulieren damit im Casino. Das kann man nicht tun, das ist abzustellen! Und Sie weigern sich auch gleichzeitig, ein Spekulationsverbot umzusetzen. Auch das ist Schwachsinn. Ihre Argumentation ist nicht mehr nachvoll­ziehbar.

Das, was wir brauchen, ist ein einfaches, entrümpeltes Mietrecht, auf der einen Seite im gemeinnützigen Wohnbau für Menschen, die es wirklich brauchen, wo wir auch keine Pilz’schen Verhältnisse haben wollen, bei denen gut ausgestattete Politiker in billigen Gemeindewohnungen sitzen. Auch das wollen wir nicht haben. Aber auf der


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anderen Seite wollen wir im privaten Bereich auch ein Mietrecht haben, das es wieder ermöglicht, dass Wohnungen geschaffen werden, dass Private sagen: Jawohl, ich interessiere mich und ich habe auch eine entsprechende Rendite, wo man dann entsprechend investieren kann! Auch das muss möglich sein. Denn wenn das nicht geschieht, dann wird auch nichts gebaut. Das ist eigentlich ein ganz logischer Sachverhalt, den man schon in der Schule lernen kann. (Beifall beim BZÖ.)

Ich darf noch ein paar Punkte ansprechen. Wenn Sie etwa die privilegierten Mieten aufrechterhalten wollen, bei denen man als Jungfamilie in Altbauten zuschauen muss, wie der Nachbar ein Zehntel von dem zahlt, was eine Jungfamilie mit zwei Kindern zahlt, dann hört es sich überhaupt auf. Auch darüber muss man einmal reden.

Wir müssen die Maklergebühren überarbeiten. Die sollte man generell nur mehr vom Vermieter einheben und nicht mehr auch vom Mieter verlangen.

Die Mietvertragsgebühr könnte man streichen. Man könnte etwa auch die 10 Prozent Mehrwertsteuer streichen. Wenn Wohnen ein Grundbedürfnis ist, wie Sie sagen, und Sie wissen, wie hoch die Mieten in diesem Land sind, dann streichen wir doch die Mehrwertsteuer, zumindest im gemeinnützigen Wohnbau, dann erspart sich jede Jungfamilie eine ganze Monatsmiete pro Jahr. Das ist doch ein Thema. Auch das wollen Sie mit uns nicht diskutieren, weil Ihnen in Wirklichkeit die Jungmieter völlig egal sind.

Oder die gemeinnützigen Bauvereinigungen, die zum Teil wirklich gemein sind: Da gibt es in jedem Bundesland 20, 30, 35 Wohnbaugenossenschaften, zwischen Rot und Schwarz aufgeteilt, bei denen die Gehälter derer, die dort sitzen, nur so in die Höhe schießen, wo Rücklagen gebildet werden und man uns erklärt, die seien alle zweck­gebunden – das ist alles Schwachsinn, das stimmt nicht! –, und die lassen sich dann nicht kontrollieren. Sie kontrollieren sich selbst durch den Revisionsverband. Auch das wissen Sie.

Dann beschließen Sie mit uns doch die Kontrolle durch den Rechnungshof! Auch das könnten wir machen. Führen wir die Entpolitisierung der Wohnbaugenossenschaften fort. Ich weiß, dass Sie gerne Politiker dort sitzen haben, denn dann kann man die Wohnungen nach Parteifarbe vergeben, Rot und Schwarz, wie es gerade passt. Das wollen wir mitnichten haben. Das wollen wir nicht!

Oder auch auf Länderebene, wo wir neunfache Vorgaben für technische Einrichtungen und bei den Bauordnungen haben, könnte man einmal entsprechend entrümpeln. Auch das erhöht die Wohnpreise.

Sie sehen also, es gibt jede Menge zu tun in diesem Bereich. Und das Einzige, das Sie zustande bringen, ist, vor Wahlen populistisch zu plakatieren, für Wohnraum zu sein, obwohl Sie fünf Jahre völlig versagt haben. Das gilt für die linke genauso wie für die rechte Reichshälfte. Das nimmt Ihnen keiner mehr ab.

Wir haben ein ordentliches Wohnrechtspaket vorgelegt, dieses kann man inhaltlich diskutieren, aber es nur einfach vom Tisch zu wischen, das wird zu wenig sein, denn draußen glaubt Ihnen diese Politik niemand mehr. (Beifall beim BZÖ.)

23.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.

 


23.52.16

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Widmann, in einigen Dingen gebe ich Ihnen ja sogar recht. Die Zweckwidmung ist schon etwas, was ich mir hier als Wirtschaftsvertreter wünschen würde. Aber Sie wissen auch, dass es da eine andere Regelung gibt und dass wir da natürlich auch auf


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die Bundesländer Rücksicht nehmen müssen. Der Wunsch wäre vorhanden. Aber es ist natürlich schon so, dass eine Verstaatlichung des Wohnbauwesens, wie es hier auch manchmal wieder angedacht wird, oder eine eigentumsfeindliche Reglemen­tierung keine Lösung ist, weil andernfalls der private Bereich außen vor bleibt und die Wohnungen nicht vermietet werden.

Zur Versachlichung: Wir haben eine Steigerung von 3 Prozent beim monatlichen Aufwand pro Wohnung, 422 €. Wir liegen mit 5,82 € pro Quadratmeter Nutzfläche um 2,3 Prozent teurer als letztes Jahr. Natürlich wäre es günstiger, wenn es noch billiger wäre, aber ich glaube, dass sich das schon auch sehen lassen kann.

Ich möchte zum Beispiel darauf hinweisen, dass es natürlich ganz, ganz wichtig ist, dass wir qualitätvoll bauen, dass wir da die thermische Qualität hoch halten, weil der Wohnbau und Wohnen allgemein ganz große Auswirkungen darauf haben, ob wir die Strategie 2020 überhaupt auf die Reihe bringen.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass der österreichische Weg im Ökostromgesetz, der stark kritisiert wurde, der richtige war. Wir haben ungefähr 50 € pro Haushalt. Die Deutschen liegen hier beim dreifachen Preis, und deshalb ist die Diskussion in Deutschland viel größer.

Immer wieder wird vorgeschlagen, bei der thermischen Qualität der Gebäude zu sparen. Ich glaube, das ist der falsche Weg, weil sich die Kosten dann im laufenden Betrieb erhöhen.

Es wird auch immer wieder vorgeschlagen, Parkplätze gerade im ländlichen Raum wegzulassen. Auch das halte ich als langjähriger Bürgermeister für den falschen Weg, weil man damit die Kosten für Autos – in unseren Gebieten hat jede Familie mindes­tens zwei Autos – dem Steuerzahler aufbürdet. Auch das ist der falsche Weg.

Alles in allem brauchen Sie uns nicht vorzuhalten, dass wir das Wohnen nicht ernst nehmen. Es ist eines unserer großen Anliegen überhaupt. Und wir kämpfen dafür, dass es leistbar bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

23.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


23.54.47

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Der Schlusssatz hat mir jetzt gefallen: Wir kämpfen dafür, dass das Wohnen leistbar wird. – Darum ist die Regierung auch so fleißig im Bautenausschuss, denn was hat der Bautenausschuss mit Weihnachten gemeinsam? – Beides findet nur einmal im Jahr statt. Nur: Zu Weihnachten gibt es wenigstens Geschenke, der Bautenausschuss diskutiert nur über Anträge der Oppo­sition, und diese werden noch abgelehnt, denn Ideen der Regierung gibt es keine!

Es gibt zwar ein großes Wahlkampfthema „Leistbares Wohnen“, aber es gibt keine Vorschläge – ich habe auch heute weder vom Kollegen Singer noch von der Kollegin Becher etwas gehört –, was man hier machen kann, um das Wohnen günstiger zu machen. Wir sind uns sicher einig, Kollegin Becher: Wenn Sie hier einen Kriminalfall aus den neunziger Jahren zitieren müssen, ist das ja peinlich, denn wir haben den Kriminalfall wenigstens angezeigt. Die Frage ist, ob Sie Ihre Kriminalfälle auch anzeigen. Ich frage mich nämlich, ob das dort, wo Genossenschaften genauso teuer sind wie die sogenannten Miethaie, wirklich noch gemeinnütziger Wohnbau ist. Wir haben zeitweise wirklich schon Mietpreise, wo der Miethai, wo der private Vermieter –wie Sie es sagen; Miethai aus Sicht der Genossen – genauso teuer ist wie die gemeinnützige Genossenschaft. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 342

Da stellt sich schon die Frage, was da noch gemeinnützig ist, wenn eine gemein­nützige Genossenschaft frei finanzierte Wohnungen baut. Ist es Ziel und Zweck des Gemeinnützigkeitsgesetzes, frei finanzierte Wohnungen auf dem Markt zu bauen, nur um weitere Wohnungen zu bauen?

Herr Kollege Singer, die Besteuerung der Rücklagen ist keine Erfindung der FPÖ. Das ist geltendes Gesetz. Wir wollen nur, dass das geltende Gesetz auch exekutiert wird. Und wenn Sie sagen, na ja, da gibt es Leute, die ja schon vorher in Genossenschaften beruflich tätig sind und dann in den Nationalrat oder in einen Landtag einziehen, die kann man ja nicht dafür bestrafen – okay, dann reden wir über Karenzierungs­möglich­keiten. Aber das, was wir hier konkret mit dem Antrag angesprochen haben – und das wissen Sie genauso wie ich –, sind die sogenannten Frühstücksdirektoren, die nur mit Top-Positionen versorgt werden. Und das wollen Sie weiterhin ermöglichen, dass Sie Leute, die Sie versorgen müssen, auch in Genossenschaften versorgen können.

Weiters wollen Sie, dass Mieter zum Beispiel für Annuitäten zahlen müssen für bereits getilgte Kredite – das heißt, man soll für etwas zahlen, was bereits bezahlt ist – und für überhöhte Bauverwaltungskosten durch Pauschalierungen. All das wollen Sie weiterhin haben. Sie wollen aber diese Anträge nicht ernsthaft diskutieren, sondern Sie haben sie einfach abgelehnt, aber Sie sind ja für leistbares Wohnen.

Aber wo sind Ihre Vorschläge? – Die heutige Sitzung und die letzte Sitzung des Bauten­ausschusses hat eindeutig bewiesen, dass seitens der Regierungsparteien keine Vorschläge zum Thema leistbares Wohnen vorhanden sind. (Abg. Singer hält eine Broschüre in die Höhe.) – Dann hätten Sie es im Bautenausschuss eingebracht, Kollege Singer. Nur mit einer Broschüre zu wacheln, ist halt ein bisschen wenig. Wir wissen ja, wie man Anträge macht, oder? Wissen Sie, wie man einen Antrag formuliert und hier einbringt? Dann hätten Sie den Antrag hier eingebracht, dann könnten wir darüber diskutieren, wie weit das sinnvoll ist, ob wir mitgehen. Aber ich habe auch noch die Aussagen der Frau Ministerin Karl im Ohr, die im Ausschuss gesagt hat, die Regierung wird erst im Jahr 2015 fähig sein, sinnvolle Vorschläge zu liefern. Das wurde im Ausschuss von Frau Ministerin Karl gesagt.

Ich kann also nur sagen, wir, die Opposition, haben die Ideen – und Sie nur leere Wahlkampfversprechungen. (Beifall bei der FPÖ.)

23.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


23.58.28

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialde­mo­kraten ist das von der Bundesregierung beschlossene Konjunkturprogramm ein sehr wichtiges Programm, ein sehr entscheidendes Programm, ein Konjunkturpro­gramm, das insbesondere im Wohnungsbau sehr wichtig ist, und das aus verschie­denen Gründen:

Zum einen, weil natürlich ein großes zusätzliches Wohnungsangebot dämpfend auf die Wohnungspreise wirkt, weil damit zusätzliche günstige Wohnungsangebote für die Menschen in Österreich geschaffen werden und weil damit auch Arbeitsplätze geschaf­fen werden, Arbeitsplätze in einer Vielzahl von Branchen, und zwar in den Regionen, in vielen Bereichen, in vielen Sparten.

Ich darf auch Bezug nehmen auf die Energiesparmesse in meiner Heimatstadt Wels, wo immer wieder sehr innovative, sehr moderne, sehr nachhaltige Bereiche vorgestellt werden, die international große Bedeutung haben.


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Ich darf nun kurz Bezug auf die Ausführungen meine Vorrednerin nehmen. Ich möchte mich bei meiner Kollegin Mag. Ruth Becher bedanken, die sich sehr engagiert für Mieterinnen und Mieter einsetzt. Sie hat vollkommen recht – man erinnere sich nur an den Verkauf der BUWOG, an den größten Verkauf von Immobilien in Europa –: Viele ehemalige Mieter der BUWOG haben dann eine erschwerte Situation vorgefunden.

Das ist, muss man sagen, eigentlich das Markenzeichen der FPÖ im Bereich Wohnbau: Verkauf und Verteuerung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


0.00.32

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kein Platz für Spekulanten im gemein­nützigen Wohnbau! Die Leute können sich das Wohnen echt nicht mehr leisten. In manchen Bundesländern – das haben wir heute schon gehört – wird mit Wohnbau­geldern auf Teufel komm raus spekuliert. In manchen Bundesländern, meine sehr verehrten Damen und Herren, kommt das Geld gar nicht an, wie zum Beispiel in Salzburg.

Die Wohnkosten übersteigen bei Weitem das sozial verträgliche Maß.

Der sozialpolitische Auftrag, meine sehr verehrten Damen und Herren, lautet, die Bevölkerung mit leistbarem Wohnraum zu versorgen. Und da ist die Politik dringend gefordert, zu handeln. Es kann nicht sein, dass gemeinnützige Unternehmen horrende Rücklagen horten, der Mieter zahlt mit den hohen Mietpreisen die Zeche dafür – und die Genossenschaften spekulieren an der Börse!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Situation ist nicht tragbar: Statt für den Bürger die Mieten günstiger zu machen, wird spekuliert, um sich so ein nettes Körberl­geld zu verschaffen!

Man darf auch nicht außer Acht lassen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die gemeinnützigen Bauvereinigungen in den Genuss einiger Begünstigungen kom­men, so zum Beispiel Befreiung von Ertragssteuern, und sie bekommen pro Jahr Hunderte Millionen Euro an Fördermitteln; ein großer Vorteil also gewerblichen Unter­nehmen gegenüber. Über diese Ungleichbehandlung sollte auch nachgedacht werden.

Spekulanten haben beim gemeinnützigen Wohnbau nichts verloren! Wohnen muss für die Menschen wieder leistbar werden! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

0.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


0.02.25

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wohnen ist ein Grundbedürfnis des Men­schen. Bei einem Durchschnittseinkommen geht immerhin ein großer Teil des monatlich verfügbaren Einkommens fürs Wohnen drauf. Der Druck steigt, die Preise steigen – und dem muss entgegengewirkt werden (demonstrativer Beifall der Abge­ordneten Mag. Widmann und Vock), wenn man die Lebensqualität und die Kaufkraft der Menschen erhalten will, und zwar einerseits, indem das Wohnungs­angebot, vor allem das soziale Wohnungsangebot, ausgedehnt wird, und andererseits, und das ist besonders wichtig, indem das Mietrecht umfassend reformiert wird und nicht nur scheibchenweise. Die Wohnungsnot der Menschen darf nicht ausgenützt werden!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 344

Diese wird aber zuweilen ausgenützt, vor allem im privaten Bereich, denn immerhin sind die privaten Mieten in den letzten fünf Jahren um 28 Prozent gestiegen, während die Mieten in Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen zwar auch, aber nur um 13 Prozent erhöht wurden.

Daher bemüht sich die SPÖ um eine rasche und umfassende Generalerneuerung des Mietrechts, das mittlerweile ein ziemlich löchriger Fleckerlteppich geworden ist. Dafür haben wir aber leider noch keine Mehrheit gefunden, da zaudert unser Koalitions­partner. (Abg. Steibl: Na geh, komm!) Das ist leider so, liebe Frau Kollegin Steibl: Da zaudert der Koalitionspartner. (Abg. Steibl: ... der Nationalrat! Du kennst dich nicht aus, liebe Frau Kollegin!)

Wir bemühen uns jedoch trotzdem intensiv darum, aber leider ist eine Mehrheits­findung bei einem verfassungsrechtlich verankerten Spekulationsverbot genau an jener Fraktion gescheitert, die uns hier mit einem Wust an Anträgen eingedeckt hat.

Die Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ ersuche ich daher um mehr Ehrlichkeit sowie darum, von Scheinheiligkeit Abstand zu nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der FPÖ: Ordnungsruf!)

0.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


0.04.38

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich finde es bemerkenswert, wie unterschiedlich in dieser Debatte der Blickpunkt auf Wohnung, Wohnbau und gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften gelegt wird, wobei wir uns aber alle, wie ich meine, darin einig sind, dass Wohnen ein soziales Menschenrecht ist und wir daher auch die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen haben.

Meine Damen und Herren, eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ohne eigene Wohnung, ohne eigenen Wohnraum ist nicht vorstellbar. Nicht mehr wohnen zu kön­nen, bedeutet immer auch das Ende sozialer Beziehung und einen Bruch in der Entwicklung persönlicher Identität.

Deshalb ist eine adäquate Wohnraumversorgung eine wichtige wirtschafts- und gesell­schaftspolitische Herausforderung – und dieser müssen wir nachkommen. Daher bin ich froh darüber, dass die Bundesregierung entsprechende Initiativen gesetzt hat in Richtung mehr Wohnungen, mit einem Konjunkturprogramm, das sich auch auf den Bereich Wohnbau bezieht.

Kurz zum Tagesordnungspunkt 37: Die Freiheitliche Partei fordert die Einführung eines Spekulationsverbotes für gemeinnützige Bauvereinigungen. – Dazu, meine sehr ge­schätz­ten Damen und Herren: Wir von der SPÖ lehnen grundsätzlich Finanzspeku­lationen mit öffentlichen Geldern ab, so auch im gemeinnützigen Wohnbau. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


0.06.18

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Minis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist kein Naturgesetz, aber ein Gesetz der Wirtschaft: Wenn das Wohnungsangebot sinkt und die Nachfrage steigt, dann steigen automatisch die Mieten. Das ist der private Markt. Und wir wissen ganz genau, am besten lässt sich das im Bereich Wohnbau erklären – das wurde bereits seitens unserer Fraktion angeschnitten –, im Bereich der BUWOG. Dort hat die Privatisierung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 345

am deutlichsten gezeigt, was es heißt, wenn man öffentliches Gut privatisiert und was das dann für die Menschen heißt, die dort wohnen, nämlich rapid steigende Kosten.

Es war sicherlich ein Fehler oder zu wenig überdacht, dass man bei der Verländerung der Wohnbauförderung nicht genauere Richtlinien geschaffen hat. Ich streite nicht ab, dass es in vielen Bundesländern auch gute und positive Beispiele gibt, wie zum Beispiel beim energetischen Bau und so weiter, wo der gemeinnützige Wohnbau Vorbildwirkung für den privaten Wohnbausektor hat. Ich kenne solche Beispiele aus Oberösterreich, es gibt sie aber auch bei uns in Vorarlberg.

Aber es war ein noch größerer Fehler, dass man die Zweckwidmung aufgehoben hat. Wie finanziert sich denn die Wohnbauförderung? – Aus den Steuergeldern, die wir über die Sozialversicherung mit einheben, aus den Rückzahlungen der Darlehens­nehmer und aus den Eigenmitteln, zum Teil auch der Gemeinnützigen und zum Teil der Mieter selber.

Extreme Beispiele – so etwa in Niederösterreich –, was man mit Wohnbauförderungs­geldern machen kann, bieten einige Bundesländer, auch solche aus Kärnten könnte man da schon anführen – ich wundere mich daher, dass gerade seitens FPÖ und BZÖ solche Vorschläge kommen –, wo Wohnbauförderungsgelder verscherbelt wurden. Ja, man hat sie verscherbelt; man hat sich das Geld um den halben Wert auszahlen lassen und dann das Geld für andere Zwecke ausgegeben. Und jetzt fehlt das Geld! Das Geld fehlt auch für Tätigkeiten, wo wir erwarten, dass sie die Bundesländer ihn Angriff nehmen würden.

Daher ist es jetzt dringend notwendig und wichtig, dass wir hier die entscheidenden Weichen stellen. (Abg. Mayerhofer – in Richtung ÖVP deutend –: Du musst da hinüber reden!)

Ich gebe schon zu: Eigentum für alle, die es sich leisten können, da kann man durch­aus mitgehen; auch Mietkaufmodelle für alle, die sozusagen an der Schwelle stehen, aber eines muss unbestritten sein: Wir brauchen für all jene, die es brauchen, faire und leistbare Mieten. Daher müssen wir mehr kostengünstige Mietwohnungen bauen.

Und mein Appell an die Blauen, an die Freiheitlichen, die sich das offensichtlich auf die Fahnen geheftet haben: gemeinnützige Wohnbaugesellschaften nicht zerschlagen, sondern fördern. Dort reformieren wir immerhin auch. Das Bessere ist der Feind des Guten, daher: Wir müssen auch da die entsprechenden Weichen stellen.

Grundreserven müssen entsprechend zur Verfügung gestellt werden; Eigenmittel sind einzusetzen – und, da bin ich mit Ihnen: Die Wohnbauförderungsmittel sind dringend wieder dem Zweck zu widmen.

Mit entsprechenden Maßnahmen – davon bin ich überzeugt – werden wir auch wieder Erfolge haben, was die Zahl kostengünstiger Mietwohnungen betrifft. (Beifall bei der SPÖ.)

0.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte. (Abg. Haberzettl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Schopf –: Walter, frag, ob Eigentumswohnungen gefördert werden!)

 


0.09.14

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen, liebe Kollegen! Ich glaube, in einem Punkt, nämlich dass die Mieten in vielen Bereichen zu hoch sind, sind wir uns einig. Die Frage ist nur, warum das so ist.

Ein Grund ist sicherlich der, dass es zu wenig Wohnungen gibt, und daher müssen wir Maßnahmen setzen, damit in Zukunft mehr Wohnungen gebaut werden, vor allem für


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 346

junge Menschen, vor allem für junge Familien – das ist ein ganz wichtiger Punkt –, und dann werden auch die Wohnungen wieder leistbarer werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, sehen wir uns den Antrag der Freiheitlichen zum Thema Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz genau an, vor allem jenen Punkt, wo in diesem Antrag gefordert wird, dass, wenn die Rücklagen ein Ausmaß von über 10 Prozent der Bilanzsumme ausmachen, dieser Betrag dann letztendlich in Zukunft steuerpflichtig wird! – Das würde doch bedeuten, dass man mit dieser Maßnahme die Situation im gemeinnützigen Wohnungsbau verschärft! Aber in Wirklichkeit ist das doch ein Angriff auf die Gemeinnützigkeit (Abg. Vock: Kein geltendes Recht!) und à la longue würde das doch eine Zerstörung dieses Bereichs bedeuten. – Das ist nicht unsere Auffassung von guter Politik; wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten verfolgen da eine andere Politik.

Unserer Überzeugung nach ist es wichtig, dass gemeinnützige Wohnungsgenos­sen­schaften die Möglichkeit, Rücklagen zu bilden, auch in Zukunft haben müssen. Was geschieht denn mit diesen Rücklagen? – Ja, ich bin natürlich auch dafür, dass damit nicht spekuliert wird; überhaupt keine Frage. – Mit den Rücklagen wird die Möglichkeit geschaffen, Grundstücke zu erwerben und neue Wohnungen zu errichten. Das ist unser Ziel. Daher: Diese Rücklagen werden benötigt.

Geschätzte Damen und Herren! Österreichs Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zahlen 0,5 Prozent Wohnbauförderungsbeitrag von ihrer Lohn- beziehungsweise Gehaltssumme. Das macht im Jahr immerhin zirka 900 Millionen € aus.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden uns dafür einsetzen, dass das verwendet wird, um neue Wohnungen zu bauen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.11

00.11.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 30: Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2478 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenom­men.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Antrag des Bautenaus­schusses, seinen Bericht 2479 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenom­men.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 32: Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2480 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenom­men.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33: Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2481 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenom­men.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34: Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2482 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 347

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2483 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2484 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2485 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

00.13.2238. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (2375 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Entwicklungshelfergesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2450 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 38. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte. (Abg. Pendl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Glaser –: Guten Morgen!)

 


0.13.43

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Pendl meint: Guten Morgen! – Ja, das ist richtig gewählt.

Bei diesem Tagesordnungspunkt behandeln wir nach mehreren Jahren an Diskussion zwei Gesetzesmaterien. Zum einen wird das Entwicklungshelfergesetz geändert – verschiedene sozial- und familienrechtliche Bestimmungen werden angepasst –, zum anderen ändern wir das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, indem wir eine Min­destbeitragsgrundlage für Entwicklungshelfer zur pensionsrechtlichen Absicherung festschreiben.

Das ist deswegen notwendig geworden, weil bis jetzt die pensionsrechtliche Absiche­rung der Entwicklungshelfer auf einer relativ niedrigen Basis gestanden ist, was so lange keine Auswirkungen hatte, als die besten 15 Jahre für die Bemessungsgrundlage herangezogen wurden. Aber da jetzt laufend Jahre zur Bemessungsgrundlage dazu kommen, ist es absolut notwendig, hier eine Mindestbeitragsgrundlage zu schaffen, damit die Absicherung der Entwicklungshelfer gesichert ist.

Ich meine, dass wir das diesen Menschen schuldig sind, um Menschen, die mit hohem Engagement in Ländern sind, wo wir sonst kaum eine Vertretung haben, wo sie sozusagen Botschafter Österreichs sind, abzusichern.

Wir haben aber nicht nur über Entwicklungshilfe und Entwicklungshelfer im ent­sprechenden Unterausschuss gesprochen, sondern auch über viele andere Materien: sei es das Thema Landraub, das Thema Ernährungs- und Energiesouveränität oder auch das Thema Nahrungsmittelspekulationen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 348

Ich darf zu diesem Bereich Nahrungsmittelspekulationen jetzt folgenden Antrag ein­bringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bayr, Glaser, Pirklhuber, Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eindämmung von Nahrungsmittelspekulation und stärkere Regulierung des Derivathandels mit landwirtschaftlichen Rohstoffen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Zuge der laufenden Verhandlungen auf europäischer Ebene für eine Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation einzuset­zen. In diesem Sinn soll vorerst eine stärkere Regulierung des außerbörslichen Han­dels auf transparenten Handelsplattformen vorangetrieben und die Einführung von verbindlichen Obergrenzen (Positionslimits) für spekulative Händler und Händler­klassen auf Börsen und außerbörslich unterstützt werden. Außerdem soll sie sich“ – also die Bundesregierung – „für die Besteuerung der Spekulation mit Agrarrohstoffen einsetzen. Dabei sollen vor allem die negativen Einflüsse des Hochfrequenzhandels auf die Volatilität der Weltagrarpreise eingedämmt und die globale Ernährungs­sicher­heit gestärkt werden.“

*****

Der Antrag ist, glaube ich, allen zugegangen; ich habe daher lediglich die Beschluss­formel zur Verlesung gebracht.

Ich darf Sie bitten – im Interesse des Schutzes der Schwächsten auf unserer Erde –, diesem Antrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.16


Präsident Fritz Neugebauer: Dieser Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und wird mit behandelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bayr, Glaser, Pirklhuber, Huber, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Eindämmung von Nahrungsmittelspekulation und stärkerer Regulierung des Derivathandels mit landwirtschaftlichen Rohstoffen

eingebracht im Zuge der Verhandlungen des Nationalrates über den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (2375 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Entwicklungshelfergesetz und das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz geändert werden (2450 d.B.)

EntwicklungshelferInnen leisten wertvolle Arbeit zur Bekämpfung von Armut und Hun­ger auf der Welt. Diese Anstrengungen von EntwicklungshelferInnen – insbesondere zur Sicherstellung der Nahrungsmittelsicherheit – werden jedoch erheblich durch Entwicklungen in der Weltwirtschaft erschwert. Denn die exzessive Deregulierung der Finanzmärkte hat die Weltwirtschaft in eine Krise gestürzt, die noch heute zu spüren ist. Auch Rohstoffmärkte waren von diesen Deregulierungen nicht ausgenommen bzw. ungeregelt. Exzessive Spekulationen auf Warenterminmärkten für Rohstoffe verstärken


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 349

die Preisvolatilität und haben dadurch zu den Preissteigerungen in den letzten Jahren beigetragen. Statt wie ursprünglich gedacht zur Absicherung für Rohstoff­produzentIn­nen und KonsumentInnen zu dienen, haben Hedgefonds, große Banken sowie Pensions- und Investmentfonds das Geschäft mit Agrarrohstoffen auf internationalen Rohstoffbörsen entdeckt und zu einer zunehmenden Entkoppelung vom tatsächlichen physischen Kassamarkt beigetragen. Die Auswirkungen sind eine Destabilisierung dieser Märkte und von Preisvolatilität, deren Auswirkungen in Form von Nahrungs­mittelkrisen, Armut und Hunger täglich sichtbar werden.

Die Überarbeitung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) sowie die gleichzeitige Behandlung des Vorschlags für eine Verordnung über Märkte für Finanzi­nstrumente und zur Änderung der Verordnung (EMIR) über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (MiFIR) bieten die Gelegenheit, dringend notwendige Regulierungsschritte im Bereich der Rohstoffderivatemärkte zu setzen. Eine der wichtigsten Maßnahme ist in diesem Zusammenhang die Einführung von Obergrenzen (Positionslimits) für einzelne Händler und Händlerklassen, bis zu Handels­stopps bei extremen Preisschwankungen. Das Europäische Parlament hat im September in erster Lesung eine Präzisierung des Vorschlags der Kommission beschlossen, dass Positionslimits auf allen EU-Rohstoffbörsen eingeführt werden sollen. Dies ist begrüßenswert. Um eine effektive Regulierung dieser Märkte zu erreichen, müssen -  nach Vorbild der USA - jedoch alle Transaktionen erfasst werden, d.h. auch jene Transaktionen, die nicht über regulierte Börsen, sondern OTC (Over the Counter) stattfinden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Zuge der laufenden Verhandlungen auf europäischer Ebene für eine Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation einzu­setzen. In diesem Sinn soll vorerst eine stärkere Regulierung des außerbörslichen Handels auf transparenten Handelsplattformen vorangetrieben und die Einführung von verbindlichen Obergrenzen (Positionslimits) für spekulative Händler und Händlerklas­sen auf Börsen und außerbörslich unterstützt werden. Außerdem soll sie sich für die Besteuerung der Spekulation mit Agrarrohstoffen einsetzen. Dabei sollen vor allem die negativen Einflüsse des Hochfrequenzhandels auf die Volatilität der Weltagrarpreise eingedämmt und die globale Ernährungssicherheit gestärkt werden.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


0.17.01

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Novelle des Entwicklungshelfergesetzes hat uns viele, viele Jahre – ich will nicht sagen: verfolgt – in der Diskussion begleitet. Ich finde es sehr fein, dass heute alle Parteien dieser Novelle zustimmen werden.

Es geht darum, dass wir jene Menschen, die auf vieles verzichten und einen wichtigen Beitrag für die globale Entwicklung leisten, im Alter absichern – und nicht mit einer Pension da stehen lassen, die zu ihrem Einsatz, den sie während ihres beruflichen Lebens geleistet haben, in keiner Weise in Balance steht. Das ist mir sehr wichtig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 350

Unterstreichen möchte ich auch, dass es mir sehr, sehr notwendig erscheint, diesen Entschließungsantrag zum Verbot von Spekulation mit Nahrungsmitteln mitzuver­han­deln und mitzubeschließen, weil ich natürlich weiß, dass eines der Hauptmotive, eines der Hauptarbeitsfelder von Entwicklungshelfern und Entwicklungshelferinnen die Bekämp­fung von Hunger in der Welt ist. Spekulation mit Nahrungsmitteln heizt die Preise an, macht die Preise volatil und führt dazu, dass sich die Ärmsten der Armen Grundnahrungsmittel oft nicht mehr leisten können.

Ich denke, dass auch da wahrscheinlich alle oder die meisten zustimmen werden. Ich finde das einen wichtigen Schritt im Sinne einer kohärenten Entwicklungspolitik.

An dieser Stelle möchte ich mich bei Kollegen Franz Glaser für die gute und lange Zusammenarbeit generell im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit bedanken – und für diesen wichtigen, engen Schulterschluss in Sachen sozialrechtliche Absiche­rung von Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfern im Besonderen. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

0.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte. (Abg. Mag. Schwentner ist bereits unterwegs in Richtung Rednerpult. – Abg. Dr. Hübner: Es ist zwar ungenderisch, aber ja, ...!)

Verzichtest du auf deine Wortmeldung, Herr Kollege Hübner? – Ja, er verzichtet.

Nächste Rednerin ist also Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


0.19.22

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Das wären nur 2 Minuten; die hätten Sie schon vorziehen können, Herr Kollege. Entschuldigung bitte!

Das Stichwort war die lange Zusammenarbeit – und das ist die einzige Frage in diesem Zusammenhang: warum das so eine schwere Geburt war, dieses Gesetz auf die Füße zu stellen. Die Verhandlungen, in die wir nicht direkt involviert waren, habe ich schon auch mitbekommen.

Diese Dauer ist schade, kann ich nur sagen, denn: Je früher desto besser für alle, die in der Entwicklungsarbeit tätig sind; das betrifft doch viele. Wie schon gesagt wurde: Das ist eine ganz, ganz wertvolle Arbeit, und es ist wichtig, dass die in den verschie­denen Bereichen Tätigen gut abgesichert sind.

Es geht ja nicht nur um die Pensionsleistung, sondern es geht auch um viele andere Leistungen, die mit diesem Gesetz jetzt Gott sei Dank geklärt beziehungsweise nach­jus­tiert wurden. Da geht es beispielsweise um die Arbeitsunfähigkeit, um die Reise­ver­sicherung, um die Reisekosten. Weiters geht es um die Angehörigen, um Familienleis­tungen.

Insofern ist es sehr zu begrüßen, dass es zu diesem Gesetz – nach einer schweren Geburt – kommt. Wertmutstropfen ist aber doch die erwähnte Differenz zwischen der Bemessungsgrundlage und der fiktiven Beitragsgrundlage, und zwar insofern, als dass NGO-Träger – in diesem Fall ist es vor allem eine große Organisation, „Horizont3000“ –, die Entwicklungshelfer quasi in die Länder schicken, diese Differenz übernehmen müssen.

Ich hätte mir gewünscht, dass das anders geregelt werden kann, dass das, analog zum Zivildienstgesetz beispielsweise, auch vom Staat übernommen wird. Aber daran soll, wie gesagt, unsere Zustimmung nicht scheitern. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

0.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 351

0.21.25

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär – der gerade nicht im Saal ist! Selbstverständlich ist jeder Handel mit Derivaten auf Lebensmittel, auf Nahrungsmittel, auf Getreide, auf agrarische Produkte sofort zu stoppen. Das feuert die Armut an, und zwar nicht nur in Drittländern, sondern man muss auch Folgendes bedenken: Wir in Österreich produzieren nur mehr 80 Pro­zent des Getreides – und Hedgefonds, Investmentfonds und große Banken, auch österreichische Banken, spekulieren mit Nahrungsmitteln. Das ist doch der total falsche Weg.

Die österreichische Bundesregierung ist da gefordert, dass diese Spekulation hier, aber auch europaweit sofort gestoppt wird, dass wir uns alle dafür einsetzen, denn ansonsten wird es zu einer Situation kommen, die niemand unter Kontrolle haben kann. Das ist ein Schritt, der rigoros umzusetzen ist.

Wichtig ist auch, in weiterer Folge darüber zu diskutieren, ob wir sozusagen Getreide im Tank haben wollen, ob wir es heute in Österreich wirklich wollen – ich erwähne beispielsweise nur AGRANA in Pischelsdorf –, dass wir Werke bauen, in denen Lebensmittel zu Sprit gemacht werden.

Das ist doch der falsche Weg! Das gehört sofort verboten, und ich sage auch: Herr Staatssekretär, setzen Sie das auch in Europa durch! Vom Nationalrat haben Sie jetzt den Auftrag dazu. (Beifall beim BZÖ.)

0.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


0.22.58

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Diese Änderung des Entwicklungshelfergesetzes und des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zielt auf die Verbesserung der arbeits- und sozialrechtlichen Situation von Fachkräften in der Entwicklungszusammenarbeit ab.

Konkret betreffen die Änderungen eine Festschreibung des Anspruches auf Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit sowie die Bereiche Reiseversicherung, Reisekosten, Reinte­gration, staatliche Familienleistungen und eine Anpassung der Pensionsregelungen.

Damit wird auch der Tatsache Rechnung getragen, dass mitreisenden Partnerin­nen/Partnern die Aufnahme einer eigenen Arbeit gestattet ist.

Weiters gewährleistet die Novellierung dieser Bestimmungen die rechtliche Gleichstellung von EU/EWR-Bürgern und Schweizer Staatsangehörigen.

Wir vom Team Stronach werden dieser Novelle zustimmen.

Zum Entschließungsantrag: Wir beäugen ihn zwar ein bisschen kritisch, weil es relativ schwierig ist, festzustellen, ob Getreide beziehungsweise Nahrungsmittel zur Speku­lation eingekauft werden und wie man das denn auch nachweisen kann – das wird relativ schwierig sein. Aber der Goodwill lässt uns diesem Antrag jetzt doch zustimmen, obwohl wird das vorher eigentlich nicht vorhatten. Wir werden diesem Antrag auch zustimmen und vertrauen der Regierung, dass sie eine Möglichkeit findet, das wirklich so darzulegen, dass Nahrungsmittelspekulationen aufgedeckt und verhindert werden. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

0.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 352

0.24.50

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass die vorliegende Regierungs­vorlage auf so breite Zustimmung trifft.

Ich glaube, dass es damit für eine Personengruppe zu einer entscheidenden Verän­derung ihrer sozialen Situation kommt, für Menschen eben, die bereit sind, ein sicheres Land wie Österreich zu verlassen, unter schwierigsten Bedingungen in ferne Länder zu gehen, in denen beispielsweise Krieg herrscht beziehungsweise wo sie mit Armut und Krankheiten konfrontiert sind. Das heißt, das ist keine leichte oder bequeme Arbeit. Diese Menschen bringen viele Opfer – und dafür gebührt, wie ich meine, allen Entwick­lungshelfern und Entwicklungshelferinnen unsere Hochachtung, unser Dank und unsere große Anerkennung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Daher freue ich mich, dass wir die Situation dieser Menschen nun verbessern können.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch ganz besonders bei zwei Kollegen – einer Kollegin und einem Kollegen – bedanken, die entscheidend bei der Vorbereitung dieses Gesetzes waren: auf der einen Seite Kollegin Bayr von meiner Fraktion, die nicht müde geworden ist, immer und immer wieder diese wichtige Forderung einzu­bringen, und ich darf mich auch ganz herzlich beim Kollegen Glaser bedanken, der ein ganz wichtiger Mitstreiter dafür war. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Ruf beim BZÖ: Und die Opposition?)

0.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


0.26.14

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): In aller gebotenen Kürze, meine Damen und Herren: Das ist eine gemeinsame Entschließung zur Verbesserung der sozialen Situation der Entwicklungshelferinnen und -helfer, und ich möchte jetzt nur kurz auf den Antrag des Kollegen Glaser, mir und der Kollegen Bayr und Huber eingehen. Diese relativ technische Formulierung, wo es heißt: „Eindämmung der Nah­rungs­mittelspekulation“, das ist ein nicht ganz einfaches Brot, sondern eine schwierige Sache.

Wir haben intensiv – auf Basis meines Antrages – im Unterausschuss und auch im Außenpolitischen Ausschuss diskutiert, dort noch keine endgültige Einigung gefunden, denn da spielt schon die Schwierigkeit dieser Eindämmung eine große Rolle. Ein Aspekt ist sicherlich die stärkere Besteuerung, die Besteuerung von Spekulations­ansätzen im Nahrungsmittelhandel, auch auf internationaler Ebene.

Ich glaube, dass auch das Thema der Finanztransaktionssteuer in diesem Kontext wichtig ist, weil wir nicht vergessen dürfen, dass viele Fonds Rohstofffonds sind und in diesen Rohstofffonds ein wesentlicher Anteil agrarischer Commodities enthalten ist. Dieser Kontext, Kollege Glaser, war die Voraussetzung dafür, dass ich gesagt habe, ohne eine Besteuerung dieser Art von Handel wird es nicht gehen, auch da eben verstärkt auf Regionalität der Versorgung zu setzen und die Ernährungssouveränität der Länder zu stärken.

Politisch wird es notwendig sein, das auf verschiedensten Ebenen durchzusetzen.

Ich glaube, es ist ein kleiner Schritt, aber eine große Aufgabe für die nächste Bun­desregierung, in diesem Sinne tätig zu werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

0.28



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 353

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte. (Abg. Huber: Hannes, hast du nicht verzichtet? – Abg. Dr. Hübner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ein taktischer Verzicht! Ein chevaleresker Verzicht! – Abg. Huber: Und das um diese Uhrzeit!)

 


0.28.06

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Meine Damen und Herren! Kollege Pirklhuber hat natürlich in manchen Dingen recht, aber in einem unrecht: Die Spekulation mit Nahrungsmitteln und die Volatilität der Preise hängen nicht mit dem Over-the-Counter-Handel und mit den Waren- und Terminbörsen zusammen, sondern die sind so alt wie der Nahrungsmittelhandel überhaupt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Aber ja, wenn Sie schauen, welche Sprünge es gegeben hat im 19. Jahrhundert beim Weizenpreis, beim Kartoffelpreis und so weiter – und welche Hungersnöte durch Spekulation und Hortung ausgelöst wurden! Oder schauen Sie ins 13. Jahrhundert – Beginn der Agrarbörsen in Oberitalien –, was da alles los war!

Man versucht, etwas zu machen, und man hat einen Anlass, eine Steuer einzuführen. Wir sind dafür. Wir stimmen Ihrem Antrag zu, weil ich sage, der Handel ist sicherlich schädlich; keine Frage. Aber zu glauben, dass man irgendjemandem hilft, wenn man neue Steuern einführt, ist nicht richtig, ist leider ein Ammenmärchen.

Dazu kommt: In der Dritten Welt gibt es nicht so sehr das Problem der Volatilität der Märkte, sondern das Problem der Versorgung dieser Märkte mit billigen, subven­tionierten oder sogar kostenfreien Nahrungsmitteln.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf den Ruin der dortigen Land­wirtschaft durch die Konkurrenz von Nahrungsmitteln aus der ganzen westlichen Welt, wo Nahrungsmittel – teilweise wohlmeinend – subventioniert hingeschickt werden, aber dort dann ein Preisniveau entsteht, wo die heimischen Produzenten aussteigen.

Dieses Thema sollte man einmal aufgreifen. Ich weiß, dieses Thema ist nicht sehr ange­nehm, ist schwierig, weil die Hilfe den Ruin der Landwirtschaft dort teilweise fördert, aber trotzdem sollte man sich auch schwierigen und relevanten Themen stellen – und nicht immer nur glauben, wieder eine neue Steuer einführen zu müssen.

Zur zweiten Thematik: Wir werden auch der Besserstellung der Entwicklungshelfer zustimmen. Das ist sachlich angemessen, wenngleich man sagen muss, dass die Entwicklungshilfe sicher keine Erfolgsgeschichte ist. Aber die Entwicklungshelfer an sich können für diese ineffektive und erfolglose Geschichte nichts. Sie führen ja nur die Vorgaben aus, die ihnen die Politik, die ihnen wir, die ihnen die Entwicklungs­hilfe­organisationen geben – und dafür können sie nichts. Sich darüber zu unterhalten, was da schiefläuft und was an Verweigerung der Einsicht in das Schieflaufen abgeht, führt für heute und angesichts der Uhrzeit, glaube ich, zu weit; deshalb schließe ich hier­mit. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

0.30

00.30.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen nun zu den Abstimmungen.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2375 der Beilagen.

Ich ersuche jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem Entwurf zustimmen, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist einstimmig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 354

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bayr, Glaser, Dr. Pirklhuber, Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eindämmung von Nahrungsmittelspekulation und stärkere Regulierung des Derivatehandels mit landwirtschaftlichen Rohstoffen.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 323.)

00.31.4439. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (2363 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Frei­heit, der Sicherheit und des Rechts über den Sitz des Back-up-Systems der Agentur (2451 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe nun den 39. Punkt der Tagesordnung auf.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte, Herr Kollege.

 


0.32.05

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Wir werden nicht zustimmen, das ist ja nicht ganz unerwartet nach den Unterhaltungen, die wir dazu schon im Ausschuss gepflogen haben. Wir lehnen das nicht ab, weil wir nicht der Meinung sind, dass die EU irgendeinen Back-up-Server im Pongau haben soll – den soll sie haben, und die Agentur hat vielleicht auch irgendeinen tieferen Sinn; ich habe das jetzt nicht genau studiert.

In diesem Abkommen gibt es aber wieder Punkte, die wir als eine wirkliche Schande ansehen. Es wird in diesem Raum von allen möglichen Seiten – ich kann da nach vorne schauen, ich kann da nach links schauen – immer wieder von Steuerschlupf­löchern, Inseln, Paradiesen, Ausnahmen, Privilegien und so weiter geredet, aber kaum geht es um EU-Beamte oder EU-Angestellte ist das natürlich alles vergessen. Bei diesem Abkommen gilt die Ausrede auf internationale Abkommen, internationale Rah­men und internationale Gepflogenheiten nicht, da geht es nämlich nur darum, EU-intern ein Abkommen zu schließen, also ausschließlich zwischen den Mitgliedstaaten in der EU. Da spielt das Wiener Abkommen, das da immer genannt wird, überhaupt keine Rolle.

Was ist da drinnen? – Der Herr Staatssekretär hat mir dankenswerterweise eine sehr nette und ausführliche Erklärung geschickt, warum das alles drinnen ist. Da hört man ja, dass das so wichtig für den Standort Wien ist und so weiter.

Die Highlights muss ich noch einmal wiedergeben, das haben wir im Ausschuss schon angesprochen: Die Leute, die im Pongau oder wo immer für diese Agentur irgend­welche technischen Dienste leisten, haben zum Beispiel, sofern es sich um soge­nannte Statusmitarbeiter handelt, das Recht, alle vier Jahre abgabenfrei einen Privat-Pkw zu erwerben und einzuführen. Sie zahlen also EU-intern keine NoVA und keine USt. Das ist interessant. Die Mitarbeiter der Agentur sind, möchte ich sagen, selbst­erständlich von allen Pflichtbeiträgen an die Sozialversicherungseinrichtungen befreit. Die Personen, die in diesen Agenturen arbeiten, sind von der Steuerzahlung für ihre von der Agentur während des Dienstzeitraums bezahlten Gehälter, Bezüge, Entlohnun­gen und Zulagen vollkommen befreit. Dass alle Rechtsgeschäfte dieser Agentur selbstverständlich von allen Gerichtsgebühren und sonstigen Gebühren befreit sind und ähnliche Kleinigkeiten will ich nur am Rande erwähnen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 355

Was ich mich frage, ist, warum die österreichische Bundesregierung nach all dem Gerede über Schlupflöcher und Privilegien nicht einmal irgendwie den Mut hat, leicht aufzuzeigen und zu sagen: Liebe Freunde, das ist eigentlich nicht ganz angemessen! Stellen wir sie doch im Sinne des Löcherstopfens bitte gleich! Da heißt es dann: Na ja, es ist ja für die internationalen Mitarbeiter so schwierig. Sie müssen ja von einem Land ins andere übersiedeln, und da muss man ihnen doch erlauben, dass sie sich wenigstens steuerfrei einen Pkw für den Privatgebrauch kaufen können, sonst müssten sie vielleicht beim Ausreisen wieder mühsame Rückerstattungsformalitäten auf sich nehmen.

Das ist interessant, denn für Mitarbeiter multinationaler Konzerne, die im Zwei-, Dreijahresrhythmus in der ganzen Welt versetzt werden, gibt es diese Privilegien nicht, die können das offenbar. Aber kaum arbeitet man bei der EU, dann müssen solche Privilegien eingeführt werden. Das ist ja unzumutbar, sie müssen gleichgestellt werden mit Mitarbeitern internationaler Organisationen. Da muss man gleich durch die Hintertür das Wiener Abkommen hineinführen.

Das halte ich für grob unbillig. Ich halte es für eine Schande, dass wir bei diesem Privilegienstadel mitspielen. Ich halte es für unentschuldbar, dass man da nichts sagt. Die ganzen Ausflüchte und Erklärungen, die da kommen, sind ein Witz. Was heißt der Standort Wien für die internationalen Organisationen? – Es ist ja nicht so, dass Österreich das abschafft. Aber so etwas kann EU-weit nicht vereinbart werden. Wir verlieren ja das Back-up-Office nicht, wenn diese Steuerprivilegien EU-weit nicht mehr eingeführt werden. Das hat für den Standort überhaupt keine Auswirkung. Da brauchen wir überhaupt keine Umwegrentabilitätsrechnungen, wie sie angestellt werden, weil das neutral ist, wenn das vereinbart wird.

Wir werden daher dem Abkommen in dieser Form selbstverständlich aufgrund der damit eingeräumten Privilegien nicht zustimmen. Es wäre nett, wenn der eine oder andere Abgeordnete das auch nicht tun würde. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

0.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

 


0.36.34

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kollegen und Kolleginnen! Der Vorredner hat schon recht, die Immunität und die Privilegien, die den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der EU-Agentur in diesem Zusammenhang eingeräumt werden, sind sicherlich ein Bestandteil des Abkommens.

In erster Linie geht es aber natürlich um das Abkommen mit einer EU-Agentur, die den Sitz des Back-up-Systems in St. Johann im Pongau anlegt. Generell ist zu sagen, dass ein Back-up-System und die Sicherung von Dateien oder Daten keine schlechte Idee sind. Das kennen wir alle aus dem privaten Bereich. Mit dem Standort in St. Johann im Pongau hat Österreich schon vor mehr als 30 Jahren einen Hochsicherheits­daten­speicher für die Republik Österreich, für die Ministerien und die Länder, eingerichtet, um in Ausnahmesituationen die Weiterführung wichtiger staatlicher Aufgaben zu ermöglichen.

Dieselbe Notwendigkeit gilt natürlich auch für das Back-up-System des in Straßburg befind­lichen Zentralsystems. Dabei geht es um sensible und wichtige Daten wie Siche­rungskopien des Schengener Informationssystems, des Visa-Informationssystems und des Eurodac-Systems, die auch allesamt nützliche Tools und Informationsgeber für die nationalen Behörden, für den internationalen Zusammenhalt der Behörden und die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 356

Zusammenarbeit darstellen. Die weitgehende Absicherung im hoffentlich nicht eintre­tenden Fall der Fälle ist ein notwendiger Schritt. Es ist auch erfreulich, dass dieser in Österreich stattfindet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


0.38.26

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der vorgeschrittenen Zeit in aller gebotenen Kürze: Da auf die EU-Agenturen ja EU-Recht direkt Anwendung findet, beinhaltet das vorliegende Amtssitzabkommen nur die ergänzenden Bestimmungen zu diesem Amtssitz. Das vorliegende Abkommen ist zum Beispiel vergleichbar mit dem Amtssitzabkommen der EU-Grundrechteagentur, die ihren Sitz ebenfalls in Wien hat. Wir werden diesem Abkommen zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

0.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte. (Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen. – Abg. Scheibner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Das tue ich selbstverständlich!)

 


0.39.00

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren, eingangs noch eine kurze Servicemitteilung an den Parlamentsklub der Freiheitlichen: Kollege Hübner hat gegen den Antrag gesprochen. Das also nur zur Information, dass man dann wahrscheinlich auch so abstimmt und nicht anders wie beim letzten Antrag.

Herr Staatssekretär, jetzt lächeln Sie wieder. Dadurch haben wir Sie ein bisschen aufgeweckt; das war ja durchaus auch im Sinne des Redners.

In einem gebe ich Herrn Abgeordnetem Hübner natürlich vollinhaltlich recht: Es ist anachronistisch in einer Europäischen Union, die sich als politische Union sieht, dass es gegenseitige Immunitäten und Privilegien bei derartigen Agenturen und Organi­sationen gibt. Diese haben eine Berechtigung, wenn es um wirkliche internationale Organisationen geht, wo der Standort vielleicht irgendwo in Afrika oder in Asien ist und man gleiche Bedingungen für alle Teilnehmer und Mitarbeiter dort festhalten möchte. Da geht es auch um Sicherheitsfragen, da geht es natürlich auch um adäquate Lebens­bedingungen.

Aber in der Europäischen Union geht man ja immer davon aus, dass alle gleich sind, und dann kann man auch alle gleich behandeln. So wie es Arbeitnehmern zumutbar ist, wenn sie von einem EU-Land ins andere wechseln, dass sie dann selbstver­ständlich die Bedingungen des jeweiligen EU-Landes annehmen, ist das auch Be­amten und Bediensteten dieser Organisationen zumutbar. Natürlich muss das EU-weit geregelt sein.

Da gab es, glaube ich, ein kleines Missverständnis im Ausschuss, Herr Staatssekretär: Das war im Ausschuss der Auftrag oder das Ansinnen von uns auch an Sie, dass man sich in der Europäischen Union dafür einsetzt – nicht, dass wir keine Institutionen mehr bekommen, sondern dass diese Privilegien und Immunitäten EU-weit abgeschafft werden.

Diesem Antrag aber werden wir unsere Zustimmung geben, denn das liegt nun einmal hier, und da kann man schwer dagegen sein. In Zukunft wäre es aber gut, das anders zu verhandeln. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Amon.)

0.41



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 357

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


0.41.20

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Auch wir werden diesem Antrag zustimmen, auch wenn wir die Kritikpunkte, die wir vorhin gehört haben – Kollege Scheibner und Kollege Hübner haben das angeschnitten –, sehr wohl auch so sehen.

Privilegien in der EU sind ein heikles Thema – das wissen wir, das kommt immer wie­der vor –, aber hier geht es um eine vernünftige Sache. Ich glaube, dass es auch gut ist, dass Österreich solche Institutionen beherbergen kann, dass Österreich da in die EU eingebunden ist.

Wir stehen ganz klar hinter dem Friedensprojekt Europäische Union, deswegen sind wir da auch pro gestimmt und werden gerne zustimmen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

0.42

00.42.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 2363 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Jene Kolleginnen und Kollegen, die hier zustimmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

00.42.3740. Punkt

Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 2304/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Dr. Peter Fichten­bauer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (2494 d.B.)

41. Punkt

Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 2305/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Dr. Peter Fichten­bauer, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, sowie über den

Antrag 1623/A der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geän­dert wird (2495 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 40 und 41 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


0.43.30

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Zu dem Antrag, der es ermöglichen soll, dass parlamentarische Anfragen ab der nächsten Woche auch im


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 358

Sommer einzubringen sind oder eingebracht werden können, braucht man nicht viel zu sagen: Höchste Zeit, und erfreulich, dass es noch gelungen ist, das in dieser Periode zuwege zu bringen!

Die zweite Geschäftsordnungsänderung bezieht sich auf die Gründung parlamen­tarischer Klubs, die jetzt nur mehr zu Beginn der Periode möglich sein soll. Das haben wir in der Form nicht mitgetragen, weil es einerseits nicht wirklich konsistent ist. Wenn man der Meinung ist, dass es eine Gründung von parlamentarischen Klubs nur zu Beginn geben sollte, dann müsste man wahrscheinlich konsequenterweise sagen, dass auch ein Übertritt zu anderen Klubs während der Periode nicht mehr möglich ist. Das lassen Sie offen.

Das heißt, einen Klub in der Periode kann ich nicht mehr gründen, aber von einem Klub zum anderen zu wechseln, geht nach wie vor. Das ist nicht wirklich konsistent. Entweder sagt man, es ist eine Wahlbewegung, und da kann man nicht wechseln, oder man löst das dann auch im Gesamten so.

Der Punkt ist allerdings schon, dass es auch Gründe gibt, wenn es ernsthaft politische Trennungen gibt, dass man auch innerhalb einer Periode einen neuen Klub machen kann. Ich glaube zum Beispiel – im Unterschied zu anderen –, dass die Anerkennung der Gründung des Liberalen Forums damals gerechtfertigt war: mit einer klaren politischen Trennung, mit einer offenbar eigenständigen Partei. (Abg. Scheibner: Wer beurteilt das?) – Das kann man schon beurteilen. (Abg. Scheibner: Wer?)

Der Unterschied war jetzt nämlich der, dass, wenn Abgeordnete zum Team Stronach gewechselt sind und de facto bis zum Tag der Abspaltung noch gesagt haben, sie gehen dort sicher nicht hin, es gebe keine politischen Gründe, das sicher keine politi­sche Neugründung in der Form ist. Das macht einen Unterschied.

Also: Grundsätzlich soll es demokratiepolitisch möglich sein, sich auch in Klubs zu konstituieren. Wenn es einen politischen Grund gibt, es anders zu machen, soll es auch während der Periode möglich sein.

Was auf jeden Fall nicht möglich sein soll, ist, dass hier Geldflüsse da sind, dass es möglicherweise finanzielle Attraktionen gibt, um Klubs zu wechseln! Das ist etwas, was in dieser Bestimmung nach wie vor fehlt. Wir hätten uns gewünscht, dass da mehr geschieht. Das ist nicht gelungen, insofern werden wir diese Geschäftsordnungsreform auch nicht mittragen. (Beifall bei den Grünen.)

0.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


0.45.43

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir geben uns mit dieser Novelle der Geschäftsordnung neue Spielregeln. Ich bin ganz beim Kollegen Brosz, dass es höchst an der Zeit ist, parlamentarische Anfragen auch in der sitzungsfreien Zeit zu ermöglichen. Ich glaube, dass das eine Lösung ist, die nicht nur der Opposition entgegenkommt, sondern grundsätzlich die neue politische Arbeit in einem selbstbewussten Parlamentarismus auch so rechtfertigt.

Was die Gründung von Fraktionen und Klubs betrifft, kann man natürlich unterschied­licher Meinung sein, weil das immer auch von der aktuellen politischen Situation abhängt, ob das damals bei der Gründung des Liberalen Forums war oder jetzt, vor wenigen Monaten, die Geschichte mit dem Übertritt vom BZÖ oder wilden Abgeordne­ten zum Team Stronach.

Tatsache ist, dass wir uns gemeinsam neue Spielregeln geben wollen. Ich glaube, dass es eine vernünftige Entscheidung ist, dass man sagt: Der Wählerwille und die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 359

demokratische Legitimation spiegelt sich am besten wider, wenn man die Klubgrün­dung am Beginn einer Periode macht.

Es gibt natürlich genauso andere Varianten, die uns wahrscheinlich auch nicht davor schützen, dass wir unsere internen Spielregeln, die Geschäftsordnung, das eine oder andere Mal wieder gemeinsam, mit einer breiten parlamentarischen Mehrheit anpas­sen müssen. (Unruhe im Saal. – Präsident Neugebauer gibt das Glocken­zeichen.)

In diesem Sinne freue ich mich, dass dieser Antrag eine breite Zustimmung findet. (Beifall bei der SPÖ.)

0.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


0.47.13

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Wir hatten ja Gelegenheit, über dieses Thema auch schon in einer ersten Lesung zu debattieren. Weder Inhalt noch Argumente haben sich geändert.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall und Bravorufe bei ÖVP und SPÖ.)

0.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


0.47.37

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Ja, das ist tatsächlich nicht zu toppen. – Aber es stimmt, wir haben bereits in der ersten Lesung darüber diskutiert.

Beide Änderungen sind sinnvoll, daher werden auch wir zustimmen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

0.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


0.47.57

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Ich wollte noch einiges dazu sagen, aber ich sehe, Frau Abgeordnete Bayr macht sich schon bereit zum Entradeln.

Deshalb sage ich nur: Wir stimmen auch zu. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

0.48

00.48.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 40: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird, samt Titel und Eingang in 2494 d.B.

Der vorliegende Entwurf kann gemäß § 82 Abs. 2 Z 2 der Geschäftsordnung nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungs­mäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 360

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dem vorliegenden Entwurf ihre Zustim­mung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Gemäß § 108 des Geschäftsordnungsgesetzes kann die dritte Lesung des vorlie­genden Gesetzentwurfes frühestens 24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung stattfinden.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 41: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird, samt Titel und Eingang in 2495 der Beilagen.

Da auch dieser Entwurf nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder beschlossen werden kann, stelle ich diese fest.

Ich bitte nun jene Kolleginnen und Kollegen, die dem vorliegenden Entwurf ihre Zustim­mung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen – die erforderliche Zweidrittelmehrheit ist damit gegeben.

Auch hier gilt: Gemäß § 108 der Geschäftsordnung kann die dritte Lesung des vorlie­genden Entwurfes frühestens 24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung stattfin­den.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

00.50.02Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung der Selbständige Antrag 2371/A(E) eingebracht worden ist. (Unruhe im Saal.) – Wir haben noch eine Sitzung zu bewältigen, bitte!

Ferner sind die Anfragen 15326/J bis 15417/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 0.50 Uhr ein; das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.50.28Schluss der Sitzung: 0.50 Uhr

 

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1017 Wien