Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 118

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15.00.17Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Finanzen betreffend „System Grasser“ und der Wille der ÖVP, die Machenschaften lückenlos aufzuklären (3357/J)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 3357/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Ihr Amtsvorgänger Karl-Heinz Grasser hat als Finanzminister ein System der Begünsti­gung persönlicher Freunde und der eigenen steuerlichen Begünstigung geschaffen. Die Lasten dieses Systems mussten die österreichischen SteuerzahlerInnen tragen. Die seinerzeitige ÖVP-Führung unter Bundeskanzler Schüssel und den Klubobleuten Khol und Molterer hat Grasser immer voll unterstützt und eine wirksame Aufklärung der Vorgänge verhindert.

Sie haben als zuständiger Ressortleiter und ÖVP-Obmann zwei Optionen: den weite­ren Schutz des „Systems Grasser“ im Stil der alten ÖVP-Führung durch die Verweige­rung einer lückenlosen und wirksamen parlamentarischen Aufklärung, oder aber den Bruch mit der bisherigen Parteilinie und die Aufklärung aller Begünstigungen auf parla­mentarischer Ebene.

Die heutige Anfrage soll klären, welcher Weg weiter beschritten wird:

1. BUWOG

Im Jahr 2000 erklärte das Finanzministerium die Absicht, die fünf Bundeswohnbau­gesellschaften veräußern zu wollen. Am 11.6.2002 fasste die Bundesregierung den Grundsatzbeschluss, die Bundeswohnungen abzugeben. Am 25.7.2003 wurde der Fi­nanzminister gesetzlich ermächtigt, die Bundesanteile an den Bundeswohnbaugesell­schaften bestmöglich zu verwerten.

Zur Abwicklung der Veräußerung wurde ein externer Berater herangezogen. Die dies­bezügliche Ausschreibung gewann im September 2002 – unter aufklärungsbedürftigen Umständen – die Investmentbank Lehman Brothers. Im Vorfeld der Verkaufsvorgänge betraute der ehemalige Finanzminister nämlich seinen Vertrauten, den Immobilienmak­ler Karl Ernst Plech, einen Finanzier der FPÖ, mit Aufsichtsratspositionen in der BUWOG und der öberösterreichischen WAG Wohnungsanlagen Ges.m.b.H. und er­nannte ihn zum Vorsitzenden der Arbeitsgruppe für die Vorbereitungen des Verkaufs an Investoren. In dieser Vergabekommission für die Ausschreibung war also ein Freund Grassers führend tätig. Für die in der Folge obsiegende Investmentbank Leh­man Brothers als Berater für den BUWOG-Verkauf war „zufälligerweise“ ebenfalls ein Grasser-Freund aktiv, nämlich Karlheinz Muhr. Lehman Brothers erhielt den Auftrag, obwohl ihr Angebot um ein Drittel teurer war als das der CAIB.

DI Michael Ramprecht, damals Mitarbeiter im Grasser-Kabinett und in maßgeblicher Funktion in der Vergabekommission, sagte zu diesem bemerkenswerten Vorgang (Pro­fil, 5.10.2009): „Zwei Minuten bevor wir zur Kommission reingegangen sind, hat Plech auf einem Gang des Finanzministeriums zu mir gesagt: ‚Der Minister will, dass es Leh­man wird’.

 


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