Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 46

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Tücke des Objekts ganz beachtlich ist und vieles, was da und dort noch als Mangel angesehen wird, nicht mit mangelndem Willen zu tun hat. Wir haben nämlich genau dieselben Probleme, die die Bundesrepublik Deutschland und andere Gründungsmitglieder der Europäischen Union eben auch noch haben.

Da ist zum einen die Vertretung der Bundesländer und auch – wenn sachgerecht notwendig – der Gemeinden in Verhandlungsdelegationen. Das funktioniert im großen und ganzen, wie auch die Einbindung der Bundesländer und der Gemeinden in die Beitrittsverhandlungen, ganz hervorragend. Es gibt aber immer noch Probleme, etwa dann, wenn sich zwei Ministerien nicht einigen können, wer denn nun Österreich dort vertritt. Und dann werden kurzerhand beide Österreich zustehenden Sitze von Ministerialvertretern in Anspruch genommen, und man geht darüber hinweg, daß man eigentlich einen dieser beiden Sitze, wenn es sich um Landeszuständigkeiten handelt, mit einem Vertreter der Länder besetzen sollte, wie das auch in Deutschland gang und gäbe und problemlos möglich ist. Das ist auch in Österreich inzwischen im großen und ganzen kein Problem.

Ein Problem könnte es dann werden, wenn sich die Rechtsansicht des Herrn Bundeskanzlers durchsetzen sollte, der in einer Anfragebeantwortung zu einem solchen konkreten Thema gemeint hat, es genüge, daß in diesem Fall die Ministerienvertreter die Länder informieren würden und daß man innerstaatlich ohnedies koordiniere. – Das ist nicht die befriedigende Ausgangslage, wie Länderinteressen in Delegationen zu vertreten sind.

Das Zweite ist die schon etwas schwierigere Frage der Informationspflicht über alle Vorhaben der EU. Die Bundesregierung hat sowohl die Länder, wenn sie betroffen sind, als auch die gesetzgebenden Körperschaften auf Bundesebene über alle Vorhaben der Europäischen Integration zu informieren. Nun gibt es nicht unbeachtliche Meinungsunterschiede darüber, was denn nun solche Vorhaben wären. Wir haben uns im Wege einer Anfrage erkundigt, warum die Leitlinien zur Regierungskonferenz nicht vorher diesem Stellungnahmeverfahren unterzogen wurden. Das hat dann auch diese zitierte Kritik ausgelöst. Vom Herrn Bundeskanzler kam darauf die Antwort, dabei handle es sich um eine innerösterreichische Angelegenheit und nicht um ein Vorhaben der Europäischen Union.

Nun ist die Regierungskonferenz natürlich ein Vorhaben schlechthin der Europäischen Union. Selbst wenn man sich auf den formalen Gesichtspunkt zurückzieht, der seinerzeit in der Regierungsvorlage angesprochen war, daß für die Erarbeitung innerösterreichischer Positionen andere Koordinierungsinstrumente zur Verfügung stünden, nämlich der Rat für Angelegenheiten der Europäischen Integration, so muß man sich fragen, ob es eine zweckmäßige Vorgangsweise ist, wenn man hier auf zwei verschiedenen Ebenen koordiniert und verhandelt. Aber selbst wenn das zutreffend wäre, bleibt doch das Problem, daß auch der Rat für Integrationsangelegenheiten mit den Leitlinien nicht befaßt worden ist.

Man sollte, glaube ich, für die Zukunft eine weniger formalistische Betrachtungsweise wählen, wenn es um die Beurteilung der Frage geht, was alles Vorhaben der Europäischen Union wären.

Wir haben in diesem Zusammenhang auch die bemerkenswerte Situation, daß wir jetzt abschließend über die Leitlinien diskutieren – sie wurden dem Bundesrat auch ausdrücklich vom Herrn Bundeskanzler und vom Herrn Außenminister im Frühsommer des vergangenen Jahres zugeleitet –, daß wir also darüber diskutieren, mit welchen Aufträgen der österreichische Vertreter in der Reflexionsgruppe versehen war. Es war auch ein Ziel dieser Leitlinien, ihm eine Orientierungshilfe zu geben.

Nicht Beratungsgegenstand des Bundesrates, wohl auch nicht des Nationalrates, weil nicht übermittelt, sind hingegen der Bericht dieser Reflexionsgruppe, der nun abschließend vorliegt, und auch die Schlußfolgerung des Vorsitzes des Europäischen Rates Madrid vom 15., 16. Dezember 1995. Das sind nicht unwesentliche Dokumente in der Vorbereitung der Regierungskonferenz, die jedenfalls bis gestern dem Bundesrat noch nicht offiziell zugeleitet waren. Der Herr Vorsitzende des EU-Ausschusses, Kollege Penz, war so freundlich, sie, nachdem er sie in Brüssel von einem Kollegen bekommen hat, mitzubringen und den Mitgliedern des EU-Aus


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