Bundesrat Stenographisches Protokoll 614. Sitzung / Seite 123

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und Herren in diesem Hause bei, die zu dem Bereich der Juristen zählen –, keineswegs eindeutig und klar ist und in einigen Punkten Züge aufweist, die darauf schließen lassen, daß die Autoren dieser Geschäftsordnung und letztlich der Gesetzgeber, der Bundesrat selbst, seinerzeit bei der Beschlußfassung davon ausgegangen sind, daß es hier im Bundesrat auf Ewigkeit nur zwei Fraktionen geben wird und gar nicht an die Möglichkeit gedacht haben, daß eine weitere Fraktion nur in die Nähe einer Zahl kommen könnte, die ihr einen Anspruch auf eine Vorsitzführung, auf eine Vizepräsidentschaft einräumt.

Es ist also so, daß diese Geschäftsordnung in einigen Punkten nicht klar ist und Interpretationen unterschiedlicher Art zuläßt, sodaß es dringend notwendig wäre, eine Revision vorzunehmen, eine Revision, die sehr wohl auch dem Umstand Rechnung tragen muß, daß es hier und heute eine Fraktion gibt, die eine Stärke erreicht hat, die es ihr erlaubt, auch solche Ämter zu übernehmen.

Aber wenn man uns letztendlich hier unterstellt, wir streben Ämter an, die uns nicht zustehen, dann bin ich der letzte, der dagegen opponiert, daß man dieses Amt überhaupt abschafft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.42

Präsident Johann Payer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. Ich erteile ihm dieses und mache ihn ebenfalls auf die Redezeitbeschränkung aufmerksam. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Jetzt kommt der Verfassungsexperte! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Prasch: Interessanterweise schweigt Professor Schambeck bis dato! Der große Verfassungsexperte! – Neuerliche Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Schambeck: Ich rede für mich selbst!)

17.42

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie glauben, zur Geschäftsordnung des Bundesrates kann nur ein Jurist oder ein Verfassungsexperte reden, dann weiß ich nicht, wo Sie diese Weisheit hernehmen. Für mein Dafürhalten kann jeder, der sich mit der Geschäftsordnung ein wenig befaßt und der ein bißchen eine Ahnung vom d’Hondtschen System hat, eine Stellungnahme dazu abgeben. Und das lasse ich mir von Ihnen sicher nicht streitig machen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Dr. Kapral! Wenn Sie sagen, daß die Geschäftsordnung geändert gehört, weil es, als die Geschäftsordnung beschlossen wurde, nur zwei Parteien gegeben habe, dann stimmt das einfach nicht. Aus der mir vorliegenden Geschäftsordnungsnovelle aus dem Jahre 1988, die während der Präsidentschaft meines Freundes Helmut Frauscher beschlossen wurde, geht eindeutig hervor, daß damals bereits drei Parteien gewesen sind. Die FPÖ war damals bereits in diesem Hohen Haus vertreten (Bundesrat Mag. Langer: Mit einem Mandat!) , aber darum geht es mir nicht.

Wenn Sie heute sagen, es sei nach dem d’Hondtschen System vorzugehen, dann müßte die Teilungsziffer 1 immer der stärksten Fraktion gehören. Theoretisch müßte dann immer die Österreichische Volkspartei, weil sie die stärkste Partei ist, den Präsidenten stellen. Wenn Sie die Bestimmungen der Geschäftsordnung ordnungsgemäß auslegen, dann werden Sie bemerken, daß ausschließlich die zwei Vizepräsidenten nach dem d’Hondtschen System zu wählen sind. Und das zurzeit bestehende Mandatsverhältnis sieht eindeutig vor, daß die Österreichische Volkspartei den ersten Vizepräsidenten und die Sozialdemokratische Partei den zweiten Vizepräsidenten stellt.

Wir haben sicher nichts dagegen, wenn Sie den Verfassungsgerichtshof oder wen immer anrufen wollen, damit das eindeutig geklärt wird. Wir sind felsenfest davon überzeugt, daß wir richtig handeln und heute auch richtig abstimmen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

17.45

Präsident Johann Payer: Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Bitte. Auch Sie mache ich auf die Redezeitbeschränkung aufmerksam.


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