Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 214

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sam anstrengen und versuchen, für die Bauern der Republik Österreich das Beste herauszuholen.

Wir haben gegenwärtig in Österreich noch zirka 250 000 landwirtschaftliche Betriebe: 38 Prozent davon sind bergbäuerliche Betriebe, nur mehr zirka 29 Prozent werden von Vollerwerbsbauern und 11 Prozent im Zuerwerb betrieben, und bei bereits 60 Prozent handelt es sich um Nebenerwerbsbetriebe. Im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion sind 169 300 Arbeitskräfte eingesetzt, davon sind allein 139 200 Beschäftigte Familienangehörige und 30 100 unselbständig Erwerbstätige.

Die Land- und Forstwirtschaft ist nach unserer Ansicht ein Grundpfeiler des ländlichen Raumes und ein tragender Baustein unserer Gesellschaft. Deren Bedeutung im Bereich der sozialen, kulturellen, ökologischen und wirtschaftlichen Wertschöpfung ist ein wesentlicher Teil der Identität unserer Heimat Österreich.

Wer am 23. Juli dieses Jahres, also vor wenigen Tagen, in der "ZiB 2" den Bericht über die gegenwärtige Preissituation in der Landwirtschaft gesehen hat, wird mir sicherlich beipflichten, daß sich der Himmel über unseren Bauernbetrieben verdüstert hat. Wir können diese Probleme jedoch nur mit Optimismus und nicht mit Miesmache anpacken. Viele unserer Landwirte haben trotzdem das Gebot der Stunde erkannt. Sie wollen nicht auf milde Gaben der Öffentlichkeit angewiesen sein. Sie wollen faire Preise für ihre Produkte und eine angemessene Entschädigung für ihre Leistung im Bereich der Landschaftspflege und der Umwelt.

Hohes Haus! Es sei besser, eine Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen, meinte einst ein weiser chinesischer Philosoph. – Die Kerze ist längst entflammt. Das Umdenken in vielen Bauernköpfen hat längst begonnen. Die Bauern wollen es schaffen, aber sie schaffen es nicht alleine. Sie brauchen, wenn sie die ihnen zugedachte Rolle als Unternehmer, Nahrungsmittelproduzent und Landschaftspfleger erfüllen sollen, die Unterstützung der Öffentlichkeit, insbesondere aber die Unterstützung der Konsumentinnen und Konsumenten. Es gibt noch viel zu tun. Wir müssen – darum möchte hier bitten – die Probleme im Interesse der Bauern gemeinsam anpacken.

Unzählige Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen sind in Gefahr. Über 90 Prozent der aus der Landwirtschaft verkauften Produkte werden in Österreich weiter be- und verarbeitet. Die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche, insbesondere die Zulieferindustrie, der Agrarhandel und die Ernährungsindustrie, der Lebensmittelhandel sowie auch der Verpflegungsbereich im Gastgewerbe, erwirtschaften gemeinsam mit der Landwirtschaft einen bedeutenden volkswirtschaftlichen Vorteil.

Der Rinderwahn hat eine verstärkte Diskussion über die Zukunft und Leitlinien der europäischen Landwirtschaft ausgelöst. Meiner Ansicht nach muß die Entscheidung für eine bäuerliche und gegen eine industrielle Landwirtschaft fallen. Der gegenwärtige Skandal ist die Folge von Produktionsmethoden, die ethische und ökologische Defizite aufweisen. Ein Ausweg aus der Krise kann nur die Trendwende hin zu einer bäuerlichen, ökologischen und sozial verträglichen Landwirtschaft sein.

Die Änderungen bei der degressiven Ausgleichszahlung 1996 im Umweltprogramm 1997 sind notwendig geworden. Es erfolgt eine interne Umschichtung, um im Budgetrahmen 1996 und 1997 bei jeweils 7,4 Milliarden Schilling zu bleiben. Der Mehrbedarf ergibt sich trotz des verhängten Einstiegsstopps vor allem durch die erhebliche Ausweitung bei den Winterbegrünungsmaßnahmen. Wir haben es vorhin gehört. Es handelt sich um ein Plus von 985 Millionen Schilling. Die entsprechenden Leistungen und die damit verbundenen Kosten wurden vergangenen Herbst beziehungsweise im Winter 1995/96 von den Bauern erbracht beziehungsweise getragen, und eine nachträgliche Kürzung wäre nicht vertretbar. Das Umweltprogramm ist notwendig, damit unsere ländliche Struktur erhalten bleibt.

Die rasche Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beinhaltet die große Gefahr einer Abwanderung aus dem ländlichen Raum, wenn es uns mit einer vernünftigen Agrarpolitik nicht gelingt, entgegenzusteuern. Wir brauchen daher wirkungsvolle Maßnahmen, damit be


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