Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 21

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Zweite Vorbemerkung: Ich bin dafür, daß man diese Fragen bilateral diskutiert und nicht in einem multilateralen Zusammenhang. Ich sage Ihnen auch ganz offen dazu, die Italiener haben es mehr als bereut, daß sie ihre bilateralen Probleme, die sie aus der Kriegs- und Nachkriegszeit gehabt haben, in einen Zusammenhang mit dem Assoziierungsvertrag Sloweniens mit der Europäischen Union gebracht haben. Das hat der Sache keinen guten Dienst erwiesen. Das Ergebnis ist eigentlich auch schlechter gewesen, als wenn man es anders gemacht hätte. Ich sage daher, bilateral ist bilateral verhandeln, multilateraler Zugang muß multilateral verhandelt werden.

Das Thema dieser Minderheiten wurde von mir bereits mehrfach angesprochen. Ich war im Frühjahr beim damaligen Außenminister Sloweniens Thaler in Laibach und habe ihn auch massiv mit den ganz konkreten Wünschen vertraut gemacht, habe ihn gebeten, er soll auch die verschiedenen Gruppierungen empfangen. Es gibt dort – das ist eine Schwierigkeit – keine klare Struktur, wer jetzt wen vertritt. Das hat er mir zugesagt.

Leider – das möchte ich hier auch nicht verschweigen – hat der frühere Außenminister diese Zusage nicht eingehalten oder nicht einhalten können. Er wurde auch mittlerweile abgelöst. Ich habe mit seinem Nachfolger Außenminister Kracun bei der Generalversammlung in New York – da hat man die Möglichkeit, alle zu treffen – das noch einmal thematisiert und auch von dort die Zusage bekommen, er wird sich die Mühe machen und wird mit diesen Gruppen reden. Das halte ich für ganz entscheidend. Das Wichtigste sind ja gar nicht einmal besonders dramatische Forderungen, sondern das sind eigentlich kleine Gesten, die so wichtig wären, daß einfach die Achtung vor dieser Volksgruppe, vor dieser Minderheit bestätigt wird. Ich glaube, daß ein gewisses Verständnis da ist, das allerdings auch, glaube ich, von österreichischer Seite sehr, sehr unterstützt werden muß. Dazu bin ich bereit.

Präsident Josef Pfeifer: Eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Harring: Herr Vizekanzler! Was können Sie als österreichischer Außenminister tun, damit die Beschlüsse von Jajce vom November 1943, die dann im Jahr 1944 in Belgrad bekräftigt worden sind, wonach allen im damaligen in Jugoslawien lebenden Staatsbürgern, die österreichische Muttersprache gehabt haben, alle Rechte aberkannt worden sind, auch die privatrechtlichen Rechte, im heutigen Slowenien revidiert werden?

Präsident Josef Pfeifer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Von der inhaltlichen Verurteilung dieser Beschlüsse trennt uns nichts. Ich glaube, daß diese Beschlüsse tatsächlich absolut menschenrechtswidrig und menschenverachtend sind. Das Problem ist ein juristisches.

Die heutige Republik Slowenien sieht sich natürlich nicht als der Rechtsnachfolger dieses seinerzeitigen Staates. Daher ist es auch juristisch fast unmöglich, sie zu einer Revision dieser Beschlüsse zu bringen, weil es keine Sukzession gibt. Wie gesagt, ich glaube, daß man erreichen kann, daß, so wie es auch sehr stark verhandelt wird in anderen ähnlich gelagerten Fällen – ich denke etwa an die jetzt in Verhandlung stehende Deklaration von seiten der tschechischen Regierung, die mit den Deutschen verhandelt wird –, man vielleicht in eine Richtung der inhaltlichen Wertung kommt und daß das wahrscheinlich ein großer Durchbruch wäre. Juristisch ist die Sache, glaube ich, sehr schwierig.

Präsident Josef Pfeifer: Eine zweite Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Harring: Als Kärntner Bundesrat frage ich Sie nach Ihrer ganz persönlichen Meinung: Ist es Ihrer Meinung nach ein völkerrechtliches Unrecht, daß die Slowenen zwar die Italiener und die Ungarn anerkannt haben, zum Teil auch die Roma und Sinti, aber die Altösterreicher einfach nicht?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Minister.


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