Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 33

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den Punkt brachte: Wenn das Gewissen auf den Klubzwang trifft, bleibt eines von beiden auf der Strecke. – Um es klar auszusprechen: Es waren Abgeordnete der ÖVP, die, wie in der Darstellung der "Presse" treffend formuliert, gegen ihr Gewissen entschieden haben oder gegen vorher angekündigte und anders dargestellte Standpunkte entscheiden mußten. Der von den Freiheitlichen letztlich als Kompromiß eingebrachte Antrag im Plenum des Nationalrates entsprach meines Erachtens ausschließlich taktischem Verhalten, um die in dieser Frage offen zutage tretenden unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der Koalition voll auszukosten. – Diese Feststellung treffe ich nach Kenntnis der vorher geführten Debatten sowohl im Ausschuß als auch im Unterausschuß und auch aufgrund der öffentlichen Erklärungen, die die Repräsentanten von ÖVP und FPÖ im Vorfeld der Abstimmungen im Nationalrat abgegeben haben.

Lassen Sie mich nun aber zu weiteren wesentlichen Bestimmungen der uns vorliegenden Gesetzesanträge kommen.

Im § 20 bis 20c Strafgesetzbuch wird aufgrund der vorgesehenen Änderungen die Abschöpfung von kriminellem Vermögen erleichtert. Die Beweislast liegt künftig nicht mehr bei der Exekutive oder der Justiz. Vielmehr müssen Verdächtige glaubhaft machen, daß sie rechtmäßig zu ihrem Vermögen gekommen sind, andernfalls die Beschlagnahme derartiger Vermögenswerte erfolgen kann.

Schlepperei soll in Zukunft nach dem Strafgesetz und nicht mehr nach dem Fremdengesetz geahndet werden, und die gewerbsmäßige oder organisierte Schlepperei wird besonders verschärften Bestimmungen unterworfen.

Eine für mich ebenso wesentliche Bestimmung wie jene des § 209 über gleichgeschlechtliche Beziehungen ist die nunmehr getroffene Regelung im § 64 Strafgesetzbuch betreffend Verschärfung von Strafen hinsichtlich Kindesmißbrauch. So soll es aufgrund dieser Novelle möglich sein, österreichische Staatsbürger im Ausland bei Begehung von bestimmten Sexualdelikten gegen Unmündige unabhängig vom Recht des Tatortstaates nach österreichischem Recht und von österreichischen Gerichten abzuurteilen. Die Strafe für die Herstellung und Verbreitung pornographischer Darstellung mit Kindern wird von einem auf zwei Jahre angehoben, für gewerbsmäßigen Vertrieb von Kinderpornos beträgt die Strafandrohung nunmehr drei Jahre.

Damit soll verhindert werden, daß Österreicher im Hinblick auf allfällige Strafbarkeitslücken im Ausland weiterhin straflos Aktivitäten nachgehen können, die in Österreich verboten und strafbar sind. Wer die Medien insbesondere in den letzten Monaten aufmerksam verfolgt hat, kann ermessen, in welcher Zahl weltweit Kinder beiderlei Geschlechts gedemütigt, mißbraucht, ausgebeutet und zu all dem menschlichen Leid vielfach auch noch gemordet werden. Es ist zu hoffen, daß die Verschärfung der vorher genannten Strafbestimmungen mit dazu beiträgt, für Kinder in aller Welt ein klares Signal zu setzen und diese vor derartigen Mißbräuchen zu schützen.

Vieles wäre zum Strafrechtsänderungsgesetz 1996 noch zu sagen, so über die verschärften Bestimmungen zum Schutz unserer Umwelt, die schwere Strafen für Mülltourismus oder Gefährdung der Luftgüte beinhalten. Ich bin mir aber sicher, daß weitere Redner diese Aspekte noch ausführlicher behandeln werden.

Deshalb möchte ich abschließend noch zur Strafvollzugsgesetznovelle 1996 Bezug nehmen. – Es ist mir dies auch deshalb ein besonderes Anliegen, da ich aufgrund meiner langjährigen Erfahrung als Mitglied einer Strafvollzugskommission auch meine persönliche Sicht dazu einbringen kann. Einerseits besteht das Bedürfnis einer breiten Öffentlichkeit nach Sicherheit vor Rechtsbrechern sowie einem möglichst strengen Strafvollzug. Andererseits sind die Aspekte eines humanen Strafvollzugs und der Resozialisierung ebenfalls solche Maßstäbe öffentlicher Diskussion und persönlicher Einstellung. Haftbedingungen werden ebenso wie Politikereinkommen den Vorstellungen der Menschen nie wirklich gerecht werden. Mängel zeigen sich hierzulande vor allem im Bereich der Eskortierung. Geiselnahmen, Ausbruchversuche oder die Tatsache, daß Freigänger nicht mehr zurückkommen, sind gemessen an der Zahl der in unseren Strafanstalten festgehaltenen Personen unerfreuliche Einzelfälle, und die Tatsache, daß innerhalb von Gefängnismauern eigene Regeln und Machtstrukturen bestehen, daß Drogenkonsum


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