Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 57

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jährlichen Ausgaben der Gemeinden pro Einwohner für Abwasser haben sich zwischen 1992 und 1995 von 2 170 S auf 4 620 S erhöht, also mehr als verdoppelt. Prozentmäßig ausgedrückt bedeutet das eine Steigerung von plus 112,37 Prozent.

Hinter diesem Sprung verbirgt sich einerseits ein aufgestauter Nachholbedarf und andererseits ein Kostennachteil für Kleinstgemeinden mit geringer Besiedelungsdichte. Im österreichischen Durchschnitt sind die Pro-Kopf-Ausgaben der Gemeinden für Abwasser real von 1 120 S auf 1 910 S gestiegen. Wir müssen auch beachten, daß im Abwasserbereich das Spitzenlastproblem sehr deutlich durchschlägt, was insbesondere Fremdenverkehrsregionen zu spüren bekommen.

Wenn wir einen Blick auf die Entwicklung der Abwasserentsorgung werfen, dann können wir feststellen, daß 1981 in ganz Österreich weniger als 60 Prozent der österreichischen Bevölkerung an ein Abwassernetz angeschlossen waren. In den folgenden zehn Jahren konnte dieser Versorgungsgrad auf 71 Prozent erhöht werden. Rechnet man zu diesem Niveau die in den letzten drei Jahren – ich meine 1993 bis 1995 – von der Kommunalkredit zugesicherten Projekte hinzu, dann kommt man auf einen Versorgungsgrad von fast 80 Prozent – also insgesamt eine großartige Leistung.

Meine Damen und Herren! Es ist ein Faktum, daß mittlerweile sechs Jahre ohne maßgebliche Verbesserungen der für die Gemeinden einschneidenden Bestimmungen in der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 vergangen sind. Faktum ist weiters, daß sich das Wasserrechtsgesetz aus der Mühlenverordnung des vorigen Jahrhunderts entwickelt hat. Faktum ist auch, daß das Wasserrechtsgesetz in erster Linie ein Wasserwirtschaftsgesetz und nicht primär ein Wasserschutzgesetz oder gar ein Altlastensanierungsgesetz ist. Vernünftiges Haushalten mit dem Wasser schließt freilich auch Schutzbestimmungen mit ein.

Die Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 ging dabei insbesondere auf dem Abwassersektor zu weit und stellte viele Gemeinden vor unlösbare Probleme. Einerseits stellte sich nämlich heraus, daß das Gesetz vielfach strenger vollzogen wurde, als es sich der Gesetzgeber vorgestellt hatte, andererseits war das Fehlen von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen ein großes Problem. Die Behörde fragte oft nicht, ob für die angeordnete Maßnahme ausreichend Fördermitteln zur Verfügung seien. Beim Einsatz der knappen Mittel für die Siedlungswasserwirtschaft wurde nicht geprüft, wie diese sinnvoll eingesetzt werden konnten.

Ich glaube, daß eine flächendeckende Erstausstattung auch im Abwassersektor vor der Erhöhung des Wirkungsgrades bestehender Anlagen stehen sollte. Hier stimme ich zum Teil auch mit Kollegen Waldhäusl überein.

Es darf aber nicht sein – das ist meine persönliche Meinung –, daß politische Verantwortungsträger auf Gemeindeebene durch überzogene Forderungen bezüglich des Wirkungsgrades von Wasserentsorgungsanlagen kriminalisiert werden. Mit dem Wasserrechtsgesetz wird sich ganz sicher der zukünftige Konsultationsmechanismus zu beschäftigen haben.

Es darf künftig nicht mehr möglich sein, durch Gesetze und Verordnungen einer Gebietskörperschaft der anderen ohne deren Zustimmung finanzielle Belastungen aufzubürden. Nicht verkraftbare Belastungen sowohl für den Bund als auch für die Länder und Gemeinden müssen hintangehalten werden. Wir brauchen einen wirksamen Riegel gegen eine weitere Überschuldung und leisten damit auch einen wesentlichen Beitrag für die Erfüllung der Maastricht-Kriterien.

Klar muß uns aber auch sein: Damit dieses System in der Praxis funktioniert, bedarf es des guten Willens aller Vertragspartner. Der Konsultationsmechanismus darf kein Hebel sein, um unter dem Vorwand des Sparens wichtige und notwendige Maßnahmen und Entwicklungen zu blockieren.

Abschließend erlaube ich mir noch festzustellen, daß die sozialdemokratische Fraktion gegen die heute vorliegenden Änderungen im Wasserrechtsgesetz keinen Einspruch erheben wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.27


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