Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 14

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Etwas anders gelagert sind die doch schwierigeren und langwierigeren Verfahren bei den Gerichtshöfen erster Instanz. Dort sind 1996 rund 39 000 Zivilrechtssachen angefallen. Am Jahresende waren 20 609 – das sind, gemessen am Neuanfall, 52,8 Prozent – anhängig. Von diesen anhängig gebliebenen Rechtssachen sind 7 723 länger als ein Jahr – das sind, wieder gemessen am Neuanfall, 19,8 Prozent –, 3 658 Rechtssachen länger als zwei Jahre – das sind 9,4 Prozent – und 1 961 Rechtssachen länger als drei Jahre – das sind, gemessen am Neuanfall, 5 Prozent – anhängig gewesen.

Hinsichtlich der Gründe für die längeren Verfahrensdauern, aber auch der Zeiträume zwischen dem Schluß der mündlichen Verhandlung und der Ausfertigung wurden seinerzeit umfangreiche Untersuchungen angestellt, und es wurde entsprechend dem Ergebnis vor allem bei den Hauptgründen für die Verzögerung, die nur zum Teil auf seiten der Justiz liegen, zum Teil durchaus auch in der Inanspruchnahme der Möglichkeiten der Prozeßordnung durch die Parteien und ihre Vertreter, eingegriffen. Als verfahrensverzögernd wurde vor allem die Situation der Sachverständigen angesehen, aber auch – der zweithäufigste Grund – die Rechtshilfeersuchen, und da insbesondere die lange Dauer von Rechtshilfeersuchen im Ausland.

Was die Sachverständigen anlangt: Die Justizverwaltung war in der Folge bemüht, zusätzliche Sachverständige zu gewinnen, was nur mit finanziellen Anreizen möglich ist. Das ist durch eine Novellierung des Gebührenanspruchsgesetzes nur teilweise geschehen, hat in diesen Bereichen aber doch etwas gebracht. Aber man sieht in der heutigen Situation, daß der Schaffung finanzieller Anreize für die Gutachtertätigkeit bei Gericht – noch nicht hat sie im medizinischen Bereich stattgefunden; es kommt dadurch dort sehr häufig zu Verzögerungen – Grenzen gesetzt sind, sonst würden die Verfahrenskosten noch mehr steigen, was heute sowohl für die zahlungspflichtigen Parteien als auch für den Staat in jenen Fällen, in denen er die Verfahrenskosten zu tragen hat, mit großen Schwierigkeiten verbunden wäre.

Was die Rechtshilfeersuchen im Ausland anlangt, muß ich sagen: Es ist das ein ständiges Thema in den Gesprächen auch im Rahmen der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres in der Europäischen Union. Darüber hinaus haben wir uns in einer Reihe bilateraler, aber auch multilateraler Übereinkommen bemüht, die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden vor allem im Rahmen des Rechtshilfeverkehrs zu vereinfachen, was zu einer Beschleunigung der Erledigung von Rechtshilfeersuchen beitragen wird.

Eine justizinterne Maßnahme war die Schaffung des Sprengelrichters, der seit Mitte des Vorjahres zum Einsatz gebracht werden kann, um personelle Verknappungen aufgrund externer oder interner Gründe ausgleichen zu können. Weiters haben wir technische Vorkehrungen in der Registerführung getroffen, sodaß regelmäßig Rückstandsausweisungen über länger anhängige Verfahren erstellt werden können, damit dann gezielt eingegriffen werden kann. Dieses gezielte Eingreifen soll auch durch die neu eingeführte innere Revision, die regelmäßig stattfindet, und durch eine Neuordnung der Dienstaufsicht ermöglicht werden.

Ganz besonders wichtig für die Frage einer angemessenen Verfahrensdauer ist der optimale Einsatz der personellen Kräfte in der Justiz. Und in diesem Zusammenhang haben wir es in einer wirklich grundlegenden, für ganz Europa, auch für jeden anderen Bereich, vorbildhaften und vorreiterhaften Aktion, die wir gemeinsam mit einem Schweizer Managementberatungsunternehmen durchgeführt haben, erreicht, daß wir in der sogenannten Personalanforderungsrechnung ein Steuerungsinstrument ermittelt haben, wodurch wir die durchschnittliche geistige Arbeit, die mit Verfahren verbunden ist, nunmehr kennen und eine gleichmäßige Verteilung der personellen Ressourcen ermöglichen können. Auch bei besonderen Anfallssituationen wissen wir nun, welche zusätzlichen personellen Ressourcen dort benötigt werden, beziehungsweise sehen wir, wenn der Anfall rückgängig ist, welche Überstände abgezogen und anders verteilt werden können.

Das ist eine Methodik, eine Maßnahme, die nur durch die verständnisvolle Mitarbeit der von diesen Maßnahmen betroffenen Richter und Rechtspfleger möglich war. Aber dankenswerter Weise haben auch sie erkannt, wie wichtig es ist, auch von sich aus etwas zu tun und sich eine gewisse Überwachung und Überprüfung gefallen zu lassen. – Aber nicht überall ist das möglich.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite