sowohl die Bauern als auch die Klein- und Mittelbetriebe, die Verlierer sein. Das ist eine typische Verlierer-Verlierer-Strategie, und wenn sich hier keine Änderung abzeichnet, können beide nicht gewinnen.
Wir Freiheitlichen verstehen weiters nicht, daß man den Typus des konzessionierten Gewerbes nun in ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe umbenannt hat. Das ist für mich eine fast peinliche Umetikettierung.
Wir verstehen auch nicht, daß das österreichische Gewerberecht strengere Befähigungsvorschriften enthält als das EU-Recht. In manchen Fällen muß ein Ausländer nur seine selbständige Tätigkeit im Ausland nachweisen, während ein Inländer die Berufszulassungserfordernisse nachweisen muß. Das Beispiel ist zwar schon alt und oft gebraucht, ich nenne es aber, weil der Herr Minister gerade gekommen ist: Wenn beispielsweise ein Eiserzeuger in Tarvis Eis verkauft und am nächsten Tag in Velden oder in Pörtschach am Wörthersee auftaucht und dort sein Eis verkauft, so kann er das, weil er in Tarvis selbständig war. Seine Befähigung wird überhaupt nicht geprüft. Wenn ein Österreicher das machen will, wird der Italiener inzwischen schon so viel Eis verkauft haben, daß dieser wahrscheinlich auf dem Markt keine Chance mehr hat. Das verstehen wir nicht.
Die Initiatoren dieser Gewerbeordnung sprechen zwar von Modernisierung des Wirtschaftsrechts, von Verwaltungsreform, von Liberalisierung, von Deregulierung, von Wettbewerb unter Qualifizierten, von europareifer Gewerbeordnung, aber bis dorthin ist es sicherlich noch ein weiter Weg. Ich bringe in diesem Zusammenhang ein Zitat – es ist zwar nicht mehr ganz neu, aber sicherlich sehr aktuell – des ehemaligen Bundeskanzlers Dr. Vranitzky, der ja jetzt in Wirtschaftskreisen wieder sehr bedeutend wird. Er hat, glaube ich, ein Vorkaufsrecht einer Bank mit einer Beraterfunktion abgetauscht oder so ähnlich.
Vranitzky hat in der Regierungserklärung vom 13. 3. 1996 wörtlich gesagt: "Nicht zuletzt sei erwähnt, daß wir einen neuen Anlauf nehmen müssen, um die Verwaltung zu vereinfachen, die behördlichen Verfahren zu verkürzen. Dies gilt für Betriebsgründungen ebenso wie für Betriebsansiedlungen und Infrastrukturprojekte größeren Umfangs. Wenn jemand einen Betrieb nur deshalb nicht gründet oder erweitert, weil er jahrelang auf eine Genehmigung warten muß, wird er bald einen Standort außerhalb Österreichs interessanter finden oder sich anstelle einer Werkstatt ein Wertpapier kaufen."
Leider sind mit der vorliegenden Novelle diese Probleme noch nicht so gelöst, daß wir Freiheitlichen zustimmen könnten.
Es ist auch interessant, daß im Koalitionsübereinkommen eine ganze Seite dem Thema "Gründeroffensive" und dem Aspekt, wie man leichter Zugang zum Gewerbe finden kann, gewidmet ist. Es sind dort zusätzliche Schritte für die Einleitung einer Gründeroffensive angekündigt. Aber wie man den finanziellen, zeitlichen und bürokratischen Aufwand tatsächlich verringern soll, das wird dort natürlich nicht gesagt.
Es ist heute nach wie vor so, wie beispielsweise ein Vergleich mit Großbritannien zeigt, daß der Zeitaufwand für die Registrierung einer GesmbH in Österreich im Durchschnitt zwei Monate dauert, während er in Großbritannien lediglich eine Woche beträgt.
Ich darf Ihnen den "Kurier" vom 22. 11. 1996 zitieren, der unter dem Titel "Bürokratie hemmt Investitionen" zu folgendem eigentlich sehr gewagten Schluß kommt: "Das bürokratische Betriebsanlagenrecht in Österreich schreckt potentielle Investoren ab. Dabei gehen der österreichischen Volkswirtschaft jährlich rund 15 Milliarden Schilling verloren."
Ich habe mich erkundigt: Berichtigt sind diese 15 Milliarden Schilling nie geworden. Also möglicherweise ist da doch etwas Wahres dran. Das hat jedenfalls interessanterweise die Abteilung für Umweltpolitik der Wirtschaftskammer Österreich festgestellt.
Die Anzahl der Genehmigungsverfahren liegt in Österreich bei zirka 15 000, in Deutschland bei 6 000, in Großbritannien bei nur 360. Dafür muß es auch eine Begründung geben.
Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite