Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 27

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

sagen: Das ist aber nicht der Punkt! Ich glaube auch nicht, daß es eine Forderung der FPÖ ist, daß wir im slowenischen Parlament einen Vertreter mit deutscher Muttersprache haben sollten. Ein bißchen ist auch die Sensibilität in diesem Punkt zu berücksichtigen.

Ich habe daher bei den letzten Gesprächen folgendes klar gemacht: Das ist nicht der Punkt, der uns am Herzen liegt. Worum es geht, ist die Anerkennung einer Volksgruppe, die materielle Förderung, ein Prozeß, ein Dialog, der natürlich weiterführen soll, über diesen jetzt geplanten ersten Schritt hinaus. Nichts anderes streben wir an.

Ich habe gehört, daß es schon gewisse Bedenken gibt, ob man dieses Kulturabkommen – das wir noch nicht einmal ausverhandelt haben – überhaupt ratifizieren wird. Ich bitte Sie wirklich, diese Schritte und diesen Dialog mit der gebotenen Sensibilität zu begleiten – meinetwegen kritisch; kritisch ist okay – und ihn nicht zu gefährden. Letzeres wäre, wie ich meine, absolut nicht im Sinne der Volksgruppe, weder der Altösterreicher noch der Gottscheer noch der kleinen autochthonen Minderheit, die dort lebt und uns wichtig ist. Mich interessiert nicht, ob das 50 oder 20 000 Menschen sind. Jeder Mensch ist gleich viel wert.

Präsident Ludwig Bieringer: Danke, Herr Bundesminister.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Peter Rieser.

Bundesrat Peter Rieser (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Zu welchen Schlußfolgerungen gelangt die in Ihrem Auftrag erstellte Studie von Professor Karner über die deutschsprachige Minderheit in Slowenien?

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Die beiden Studien, die, wie ich meine, nicht schlecht waren, weil sie doch vieles außer Streit gestellt haben, auch wenn natürlich Zugang und Wortwahl etwas unterschiedlich gewesen sind, haben einiges sehr klar gemacht:

Erstens: Es gibt eine deutschsprechende Volksgruppe. Die personelle Stärke ist laut Karner beziehungsweise aufgrund der Volkszählung 1991 mit mindestens 1 800 Personen anzugeben plus einer zusätzlichen unbekannten Anzahl von Deutschsprechenden, die sich nicht dazu bekannt haben.

Zweitens: Mehr als die Hälfte dieser Volksgruppe siedelt in den sechs größeren Städten Sloweniens. Trotz der kollektiven Repressionsmaßnahmen durch staatliche jugoslawische Organisationen und Einrichtungen, namentlich nach 1945, ist eine Kontinuität – daher die Betonung auf "Autochthonie" – in Slowenien gegeben.

Drittens: Die Organisation erfolgt seit 1991 in drei von den slowenischen Organen anerkannten Vereinen, die eine verstärkte Unterstützung namentlich auf kulturellem und ethnischem Gebiet durch Österreich und Slowenien fordern.

Da das von Professor Ne#ak auf slowenischer Seite ähnlich bewertet wird, war es möglich, daß man mit diesen beiden Studien in der Hand eine wesentlich sachlichere und "ent-emotionalisierte" Diskussion führen konnte.

Präsident Ludwig Bieringer: Danke, Herr Bundesminister.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Josef Pfeifer gemeldet.

Bundesrat Josef Pfeifer (SPÖ, Kärnten): Herr Vizekanzler! Ich werde Sie nicht ärgern, muß aber als Unterkärntner, sozusagen als Grenz-Abgeordneter und Grenz-Bürgermeister, eine Frage an Sie richten. Ich weiß, daß etliche Alt-Gottscheer-Vereine mehrmals und mehrfach Anträge um finanzielle Hilfestellung an die Republik Österreich gestellt haben. Sie wissen, weshalb: Es ging dabei um die Volkstumspflege, um Kulturpflege, um das Herrichten von Gräbern und all das. Ich möchte betonen, daß Österreich nach meinem Kenntnisstand diese Gottscheer-Vereine


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite