Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 153

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Nächster Punkt: Aussetzen des Repetierverbotes in den 1. Klassen der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen – hievon sind etwa 3 000 bis 4 000 Jugendliche betroffen.

Das bedeutet, daß wir hier von rund 4 000 bis 5 000 Jugendlichen sprechen, die wieder einmal, wie es auch schon beim Jugendausbildungssicherungsgesetz der Fall war, in der Schule "aufgehoben" werden sollen, damit die Arbeitslosenstatistik weiterhin einigermaßen vertretbar bleibt.

Frau Ministerin! Sie sind dabei leider ein Helfershelfer, vor allem der SPÖ, die sich nicht dazu durchringen kann, durch entsprechende Rahmenbedingungen mehr Arbeitsplätze zu schaffen, damit diese Jugendlichen eine Lehrstelle bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht nur bei diesen beiden Punkten, auch bei anderen fehlt mir ein wirkliches Bekenntnis zum Leistungsprinzip, obwohl Sie, Frau Ministerin, das oft genug selbst schon angesprochen und erklärt haben, daß Sie es für richtig und für notwendig halten. Es ist nun einmal so, daß man etwas tun muß – es ist nicht so, daß die Schule der verlängerte Kindergarten ist. Leistung bedeutet auch, daß man sich etwas erarbeiten muß, daß man dafür etwas tun muß.

Eine gute Schulatmosphäre ist absolut wichtig – keine Frage. Es ist auch für uns wichtig, daß die Begeisterung für das Lernen im Unterricht von Lehrern vermittelt wird. Aber man kann nicht glauben, daß alles nur spielerisch geht. Die Aussagen von SPÖ-, aber auch von ÖVP-Abgeordneten gehen jedoch immer in die Richtung, daß dem Schüler alles spielerisch zugetragen werden muß, er muß den Unterrichtsstoff spielerisch erlernen.

Das Repetierverbot, das jetzt für drei Jahre ausgesetzt wurde, betrifft Schüler, die vier und mehr "Nicht genügend" haben. Das bedeutet nichts anderes, als daß wir es dabei mit leistungsunwilligen Schülern zu tun haben, die anderen den Platz versitzen. Es kann nicht so sein, daß man mit vier "Nicht genügend" die Klasse nicht wiederholen können darf.

Man kann durchaus mit mir reden, wenn ein Schüler in einem Gegenstand ein "Nicht genügend" hat und sonst gut ist. Das hat es früher auch schon gegeben. In diesem Falle gab es einen Konferenzbeschluß, der dem Schüler das Aufsteigen ermöglicht hat. Dem würde ich auch zustimmen, er muß dadurch nicht ein ganzes Jahr wiederholen. Aber dafür haben wir auch immer das gute, alte Instrument der Nachprüfung gehabt. Dieses ist schlicht und einfach deshalb so wichtig, weil ein Schüler, der ein "Nicht genügend" in einem Gegenstand hat, Wissenslücken hat. Man kommt nicht darum herum: Er hat diese Lücken! Diese schleppt er in die nächste Klasse mit, und so ist der nächste "Fünfer" vorprogrammiert.

Wir müssen einfach, vor allem bei jenen Schülern, die schon in den 1. Klassen von berufsbildenden mittleren und höheren Schulen Probleme haben, die Frage akzeptieren, ob das denn auch die richtige Schule für den jeweiligen Schüler ist. Wir müssen im Zusammenhang mit dem Leistungsprinzip und den Schülern im allgemeinen akzeptieren, daß nicht alle Schüler gleich bildungswillig und auch bildungsfähig sind.

Das ist übrigens ein Punkt, in dem ich mit meiner Meinung gar nicht allein dastehe. Peter Israiloff, der Vorsitzende des BSA im Bereich der Lehrer, hat das schon vor Monaten in der Presse genauso gesagt. Er hat gesagt: Die Sozialistische Partei muß sich endlich einmal dazu bekennen, daß es ein Leistungsprinzip gibt. Und man muß einfach zur Kenntnis nehmen, daß nicht alle Schüler gleich bildungswillig und gleich bildungsfähig sind.

Das gleiche gilt für die Noten. In allen Regierungsvorlagen taucht immer wieder die verbale Benotung auf. Sie, Frau Ministerin, haben in der "Pressestunde" gesagt: Kinder wollen Noten. – Das ist absolut richtig, ich gebe Ihnen darin recht. Ich weiß von meinen eigenen Kindern und von deren Freunden, daß Schüler mit einer Note einfach mehr anfangen können als mit einer verbalen Beurteilung. Ganz gut ist es, wenn man den Kindern zu diesen Noten, vor allem in den Volksschulen, eine Beschreibung, wie es zu dieser Note gekommen ist, dazugibt. Ich habe schon gesehen, daß Lehrer das gemacht haben. Das ist eine gute und sinnvolle Sache.

Wesentlich an der Note, an der Ziffernnote, ist ja nicht, daß man den Schüler als Person für dumm oder gescheit erklärt, sondern schlicht und einfach, daß er eine entsprechende Leistung


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