ben. (Bundesrätin Mühlwerth: Sie werden auch andere Leute finden, die andere Erfahrungswerte haben!) Aus meinem Erfahrungsschatz darf ich Ihnen einiges dazu sagen.
Zunächst einmal zu dem Punkt betreffend Nationalen Aktionsplan und diesbezügliche Aktivitäten, die Sie angeschnitten haben: Ich glaube, auch im Sinne der ÖVP-Fraktion zu sprechen, wenn ich sage, daß uns jeder Jugendliche, der heute keinen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz bekommt, besonders wertvoll ist, wie auch jeder andere Jugendliche.
Wir alle müssen daher danach trachten, daß wir diesen Jugendlichen nicht die Chance auf einen späteren Ausbildungs- oder Berufsplatz verbauen, und müssen daher schauen, daß wir ihnen in irgendeiner Form eine Ausbildung zukommen lassen. Wenn das die Schulen übernehmen können, dann kann uns das natürlich nur recht sein.
Genauso haben Sie festgestellt, daß Schüler, die mehr als ein "Nicht genügend" haben – Sie haben ein Beispiel mit vier "Nicht genügend" gebracht –, generell leistungsunwillig sind. Es besteht natürlich die Möglichkeit, daß so ein Schüler (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth ) – lassen Sie mich das bitte jetzt einmal erklären – leistungsunwillig ist. Das möchte ich gar nicht in Abrede stellen. Es gibt aber sehr viel mehr Faktoren als reine Leistungsunwilligkeit, die dazu führen, daß jemand ein "Nicht genügend" bekommt. Diese Faktoren können im privaten, familiären Bereich liegen und vieles mehr. Es ist auch eine Tatsache, daß ein Schüler, der sieht, daß er mit seinen Qualifikationen gegen Ende des Jahres wahrscheinlich scheitern wird, in den letzten Wochen oft nicht mehr jene Aktivitäten an den Tag legt, um das auch entsprechend korrigieren zu können. Es ist, so glaube ich, nicht richtig, daß man ihm nicht einmal mehr die Chance gibt, Wissen zu erwerben, das er später im Rahmen seines Berufslebens entsprechend verwerten kann.
Nun zum immer wieder angesprochenen Leistungsprinzip. Ich glaube, auch das sollte akkordiert sein unter allen Fraktionen, daß sich Leistung nicht nur auf den rein kognitiven Bereich beziehen kann, sondern daß Leistung viel mehr bedeutet und viele Bereiche miteinbezogen werden müssen. Ich kann daher die letzte Feststellung, die Sie getroffen haben, daß Sie nämlich der Frau Ministerin für dieses Reformpaket ein "Nicht genügend" aussprechen, überhaupt nicht teilen. Ich glaube, daß dieses Reformpaket, das uns heute vorliegt, sehr gut ist, daß man mit diesem Reformpaket leben kann, daß wir uns aber von sozialdemokratischer Seite da und dort vielleicht noch ein bißchen mehr erwartet hätten. Ich würde dieses Reformpaket jedenfalls nicht mit "Nicht genügend", sondern mit "Sehr gut" beurteilen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Ich möchte jetzt zu den einzelnen Maßnahmen ganz kurz Stellung nehmen. Es geht um Maßnahmen zur Vermeidung der Zurückstellung schulpflichtiger Kinder vom Schulbesuch durch eine flexible Schuleingangsphase. Mit dieser Neuregelung der Schuleingangsphase soll verhindert werden, daß der Schulstart für Kinder zu einem Flop wird. Die Kinder haben für die Grundstufe I – das sind die ersten zwei Volksschulklassen – in Zukunft drei Jahre Zeit. Dadurch wird eines erreicht: Es wird beachtet, daß die Kinder mit unterschiedlichen Lernfähigkeiten und Lernvoraussetzungen in die Schule kommen, was ganz wichtig ist. Besonders wichtig ist, daß es dadurch auch weniger demotivierende und negative Beurteilungen geben wird, weil mehr Zeit vorhanden ist, das Lernziel zu erreichen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf die von Ihnen angesprochene Leistungsbeurteilung nochmals eingehen. Da unterscheiden wir uns ein bißchen von der ÖVP-Fraktion, das muß ich sagen. Wir wollen die verbale Leistungsbeurteilung vor allem im Bereich der Grundschule vorantreiben. Ich möchte Ihnen auch erklären, wieso ich glaube, daß die verbale Beurteilung ein richtiger Schritt wäre.
Wesentlich in einer Schule ist es doch, bestimmte Fähigkeiten zu vermitteln, wie zum Beispiel die Fähigkeit zur Selbst- und Mitbestimmung. Die Schüler sollen in die Lage versetzt werden, kritikfähig, urteilsfähig zu sein, dies aber auch mit solidarischem Handeln verbinden können. Schüler benötigen in unserer Gesellschaft Fertigkeiten wie Kommunikationsfähigkeit, die Fähigkeit, eigene Interessen zu formulieren, diese in Diskussionen einzubringen und praktisch zu verfolgen, aber auch die Fähigkeit, eine Situation aus der Sicht der Mitmenschen, aus der Sicht des
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