fe der Organisationsstrukturen größerer Parteien eine solche Anzahl von Bürgern für einen ihnen genehmen Kandidaten leichter mobilisierbar sein wird als für kleine Parteien oder parteiferne Gruppierungen.
Erheblich ungünstiger fällt demgegenüber meine Einschätzung der Änderungen des Volksbegehrengesetzes 1973 aus. Allein unter dem Aspekt betrachtet, daß die Privilegierung der Abgeordneten und dadurch der politischen Parteien bei der Initiierung eines Volksbegehrens fallen soll, könnten wir auch dieser Novellierung zustimmen. Daß acht Abgeordnete ein Volksbegehren herbeiführen konnten, während es sonst der Unterstützung durch 10 000 Bürger bedurfte, war sachlich schon bisher nicht zu rechtfertigen. Zudem ist es zweifellos aus der institutionellen Funktion eines Volksbegehrens ableitbar, in der Einleitung eines solchen kein politisches Recht der Parteien, sondern eine aus der Bevölkerung hervorgehende Initiative zu sehen.
Wenn wir dieser Vorlage unsere Zustimmung dennoch versagen, so eben gerade deshalb, weil wir nicht erkennen können, daß mit dieser Novelle eine echte Verbesserung des Zugangs engagierter Bürger zu diesem Instrument direkter Demokratie erreicht werden kann und wird. Das wird schon daran deutlich, daß die Unterstützung durch ein Promille der Wohnbevölkerung zur Voraussetzung für die Einleitung gemacht wird. Mich stört nicht allein der zweifellos sachwidrige Umstand, daß als Maßzahl auf die gesamte Wohnbevölkerung, also sowohl auf Inländer als auch auf Ausländer, Bezug genommen wird, obwohl es auf die wahl- beziehungsweise stimmberechtigten Bürger ankommen müßte.
Das mag zwar bloß eine problematische Anknüpfung sein, weil es zweifellos nichts daran ändert, daß das grundlegende politische Recht auf Teilnahme an einer Wahl, einem Volksbegehren oder an einer Volksabstimmung an die österreichische Staatsbürgerschaft und bei einer Europawahl an die EU-Bürgerschaft geknüpft ist, und ich wittere daher darin noch keineswegs die Einführung des Ausländerwahlrechts durch die Hintertür. Dennoch könnte das Abstellen auf die Wohnbevölkerung in der breiteren Öffentlichkeit die Fehlvorstellung nahelegen, daß sie, ist sie schon einmal der relevante Bezugspunkt eines Volksbegehrens, auch uneingeschränkt an einer solchen zu beteiligen wäre.
Was sich aber jedenfalls und unbestreitbar an dieser Maßzahl zeigt, ist die nur ganz geringfügige Erleichterung der Einleitung eines Volksbegehrens durch die bloße Herabsetzung von derzeit 10 000 auf zirka 8 100 Unterstützungserklärungen. Vor allem vermissen wir die zentrale Erleichterung, daß der Bürger, der eine Unterstützungserklärung abgeben will, zur Beglaubigung seiner Unterschrift nicht länger persönlich im Gemeindeamt erscheinen muß. Auch der Nachweis, daß er in der Wählerevidenz eingetragen ist, erfordert das nicht. Die vor allem in kleinen Gemeinden dadurch aufgerichtete Hemmschwelle bedarf wohl keiner weiteren Erörterung.
Was die Änderungen der Nationalrats- und der Europawahlordnung anlangt, stehen einigen Verbesserungen auch kritikwürdige Punkte gegenüber. Insbesondere ist als nicht unerhebliche Erleichterung anzuerkennen, daß es bei der Stimmabgabe im Ausland statt bisher zweier nur noch eines Zeugen bedarf. Unlogisch erscheint freilich, daß er volljährig sein muß. Meines Erachtens wäre auf die eigene Wahlberechtigung des Zeugen abzustellen.
Vorbehaltlos begrüße ich die technischen Vorkehrungen zur besseren Rücksichtnahme auf behinderte Personen bei der Stimmabgabe. Hingegen sehe ich bei allem Respekt vor Einsparung entbehrlicher Kosten eine Verschlechterung für den Wahlberechtigten darin, daß die Einsichtsfrist in bestimmten Gemeinden auf eine Woche verkürzt werden kann und daß Kundmachungen nur in Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern angeschlagen werden müssen.
In bezug auf die Europawahlordnung ist die 4-Prozent-Klausel deshalb als sinnwidrig zu kritisieren, weil bei 21 österreichischen Abgeordneten zum Europaparlament mit 4 Prozent Stimmenanteil ohnehin kein Mandat erreicht werden kann.
Lassen Sie mich das sogenannte Demokratiepaket zusammenfassend würdigen. Wäre es tatsächlich ein solches, dann hätte nicht der Nationalratsabgeordnete Murauer von der ÖVP in dankenswerter Offenheit bedauert, daß eine solche Weiterentwicklung des Wahlrechtes, wie sie in einem Beschluß aller Parteien im Oberösterreichischen Landtag gefordert wird, nicht erreicht
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