Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 58

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eben kein "Mäuschen" hineingeben. In einem Demokratiepaket erwartet man sich einen "schönen festen Elefanten", und den sind Sie uns bei dieser Vorlage schuldig geblieben, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Die "Elefanten" werden derzeit abgewählt!)

Herr Kollege Konecny! Ich fand Ihre heutigen Ausführungen besonders beachtenswert, und zwar deshalb, weil Sie durchaus selbstkritisch, nicht auf die Person, sondern auf die parlamentarische Arbeit hingewiesen haben. Im Gegensatz zu früher, als Sie sich als Mitarbeiter oder Kollege der Regierungsparteien empfanden – oder als Partner der Regierungsparteien ausgegeben haben, das ist der richtige Ausdruck –, haben Sie diesmal durchaus richtige Worte gefunden in dem Sinne, Demokratie gehöre den Bürgern und nicht der Partei.

Ja, Demokratie gehört den Bürgern und nicht der Partei, das haben Sie gesagt, und dem können wir nur voll zustimmen. (Bundesrat Konecny: Den Parteien, habe ich gesagt! – Bundesrat Payer: Dritter Fall Mehrzahl!) Ich bin kein Parlamentsstenograph, ich habe das für mich Wesentliche herausgenommen.

Herr Kollege! Im Zuge der Diskussionen der letzten Tage ist ein Artikel in der "Presse" erschienen, in dem der Kulturdirektor eines Instituts in London, Emil Brix, meinte: Die Bürger müssen sich einmischen wollen. Ja, ich beziehungsweise wir fordern, daß sich die Bürger lebhaft an den Diskussionen beteiligen.

Nun ist es insbesondere beim Volksbegehrengesetz, welches Sie heute beschließen – wir nicht –, doch wahrhaft eine Art "Fopperei", ein Promille der Wohnbevölkerung gegenüber 10 000 von früher im alten Gesetz als eindringungsberechtigt zu bezeichnen. Was heißt das? – Im alten Gesetz waren es 10 000, und jetzt sind es dann 7 795. So kann es auch nicht sein, daß das eine Erleichterung ist, um die Bevölkerung, den Bürger an der Demokratie mitwirken zu lassen. Das heißt, es sind nicht einmal die Bürger, sondern es ist die Wohnbevölkerung, also es sind die Nichtstimmberechtigten, in dieser Zahl inbegriffen. Es sind noch viel weniger als die Bürger Österreichs. Ich glaube, auf diesem Gebiet haben wir viel mehr zu tun.

Es wurde auch schon darüber gesprochen, daß die EU teilweise die österreichischen Gesetzgeber ablöst. Wie löst sie sie denn ab? – Doch nicht demokratisch! Das sind Verordnungen, die von dort kommen. Diese werden auch von keinem Parlament, zumindest von keinem, welches das Wort "Parlament" verdient, beschlossen. In Österreich gibt es, bei allen Schwächen, noch gelebten Parlamentarismus. Wir haben ihn nur leider Gottes in wesentlichen Teilen nach Brüssel abgegeben, um von dort Verordnungen zu erhalten. Sie heißen auch zu Recht Verordnungen und nicht Gesetze, denn Gesetze werden von einem Parlament beschlossen, Verordnungen von Verwaltungsorganen. (Bundesrat Dr. Tremmel: ZK-Verordnungen!) Ich glaube, daß in diesem Bereich viel gemacht werden müßte.

Brix meint, daß der Aufbau der Zweiten Republik sehr zu bejahen sei, aber am Ende stehe ein einzigartiges Kontrollsystem der zwei Parteien über die Gesellschaft, welche sich im Laufe der Zeit zu einem beinahe undurchdringlichen Filz verwandelt habe. ÖVP und SPÖ herrschen beinahe überall.

Meine Damen und Herren! Das müssen wir als Opposition natürlich aufgreifen und angreifen. Wir können uns nicht mit dieser Beherrschung durch zwei Parteien, mit diesem Filz, welcher auch durch einen Kulturinstitutsleiter, der anscheinend einer der beiden Parteien nahe steht, sich aber zum Glück eine kritische Sicht erhalten hat, festgestellt wurde, abfinden. Und so ist es auch mit diesen Gesetzen: Es wird ein Paket ausgerufen, und in Wirklichkeit ist ein kleines Mäuschen darin verborgen. So geht es nicht! Herr Professor Adamovich hat unlängst in einem Vortrag gesagt, es handle sich um eine Schlacht, die man nur verlieren könne. Es ist resignativ, wenn ein demnächst wahrscheinlich in Pension gehender Präsident des Verfassungsgerichtshofes in einem anderen Zusammenhang – er hat gemeint, daß wir eine Überzahl und eine überflüssige Anzahl von Normen haben, die man nicht weg bekommt – meint, daß das eine Schlacht sei, die man nur verlieren könne.


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