Bundesrat Stenographisches Protokoll 645. Sitzung / Seite 60

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Leopold Steinbichler das Wort. – Bitte.

12.35

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben auf die wesentlichen Punkte des neuen Atomhaftungsgesetzes, das sicherlich zu mehr Transparenz und mehr Kostenwahrheit bei der Energieerzeugung beiträgt, hingewiesen. Atomstrom ist, wenn man die Nachfolgekosten einrechnet, die teuerste Form der Energieversorgung. Es sind, wie bereits angesprochen, die Forschung und der Ausbau alternativer und nachwachsender Energie zügig voranzutreiben – besonders trifft das in der aktuellen Situation unter dem Aspekt der Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze zu.

Kollege Bösch hat vorhin davon gesprochen, daß es in der Bundesregierung in dieser Richtung keine Erfolge gegeben hätte. Ich möchte dem ein Beispiel entgegenstellen: Bereits 1995 ist es dem damaligen EU-Neuling Österreich im Umweltministerrat gelungen, eine Mehrheit gegen einen EBRD-Kredit zur Fertigstellung des AKW Mochovce zu erreichen und damit den Einstieg der Entwicklungsbank in die Förderung der Atomenergie zu verhindern. Ich glaube, wir sollten die großen Erfolge darstellen und nicht schmälern.

Folgende Punkte wurden bereits angeführt: die Verschärfung der Haftung für Kernanlagen und für nukleare Transporte, die weitgehendste Beseitigung der Kanalisierung dieser Haftung für die Zulieferer – wie soeben von Kollegen Bösch angesprochen –, die Einführung von Beweiserleichterungen und Auskunftsrechte zugunsten der Geschädigten oder – ein ebenfalls meiner Meinung nach wesentlicher Punkt – die Haftung für kostenvorbeugende Maßnahmen und Sonderregelungen für die Haftung bei Umweltbeeinträchtigungen.

Ich möchte dabei auf das Beispiel Landwirtschaft, die im Falle eines Super-GAUs besonders betroffen wäre, verweisen: Für sie ist das eine wesentliche Frage. Erinnern wir uns an den Fall Tschernobyl: Wir haben heute noch bei den Maronipilzen erhöhte Cäsiumwerte, erhöhte Strahlenwerte. Es ist sicherlich ein Erfolg, daß die Verjährung der Haftung erst nach 30 Jahren eintreten wird.

Ich verweise auf das große Spannungsfeld und Risikofeld im Falle eines Ernstfalles, eines Krisenfalles. Wenn im Ausland ein Super-GAU passiert, dann muß das Völkerrecht angewendet werden, und die Haftung ist nicht gesichert. Deshalb möchte ich darauf hinweisen, daß – wollen wir bei den EU-Osterweiterungsverhandlungen, wie bereits angesprochen, etwas erreichen und uns ein realistisches Ziel setzen – es sinnvoll ist, darauf hinzuwirken, daß für die Neubeitrittsländer genau dieselben strengen Parameter gelten beziehungsweise Versicherungsgarantien abgegeben werden, wie sie im vorliegenden Atomhaftungsgesetz von österreichischer Seite garantiert werden. Ich glaube, daß das ein realistisches Ziel wäre, das man in nächster Zeit bei den Verhandlungen, die auf uns zukommen werden, seitens der Bundesregierung verfolgen sollte.

Meine Fraktion wird diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.39

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Gottfried Jaud das Wort. – Bitte.

12.39

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hoher Bundesrat! Ganz genau betrachtet sind die uns heute vorliegenden Abänderungen zum Atomhaftungsgesetz eine Frechheit.

Dies betrifft nicht den Inhalt – dieser ist sehr zu befürworten –, sondern die Form. Dies trifft übrigens bei fast allen Gesetzesnovellen, die wir im Bundesrat zu beschließen haben, zu.


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