Bundesrat Stenographisches Protokoll 647. Sitzung / Seite 94

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hoheitlichen Funktionen ausgestattet wie Österreich, also mit Funktionen, die nach unserer Verfassung an sich Inländern, wenn nicht sogar öffentlich Bediensteten vorbehalten sind. Nirgends geht auch die Mitbestimmung, selbst in reinen Wissenschaftsfragen, so weit wie bei uns.

Um auch dies nochmals zu verdeutlichen: In Zukunft wird es dann auch möglich sein, ausländische Studierende mit der Staatsbürgerschaft eines EWR-Mitglieds selbst in Habilitations- und in Berufungskommissionen zu entsenden. Eben diese Kommissionsmitglieder könnten bei knappen Abstimmungen sogar zum Zünglein auf der Waage werden. Sie würden in solch einem Fall den Ausschlag dafür geben, wer bei uns die Venia docendi, also die Lehrbefugnis, erhält oder nicht beziehungsweise wer bei uns als Professor vorgeschlagen wird und wer nicht.

Das erachten wir als sachlich nicht gerechtfertigt – übrigens in guter Gesellschaft der Regierungsparteien, die sich ja zu einem gleichartigen Verstoß, etwa bei den Wahlen zur Bundeswirtschaftskammer, bis heute nicht durchringen wollen.

Aus all diesen demokratiepolitischen Bedenken lehnt meine Fraktion das Hochschülerschaftsgesetz 1998 ab und wird ihm die Zustimmung versagen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.06

Präsident Alfred Gerstl: Als nächste hat sich Frau Bundesrätin Therese Lukasser zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

14.06

Bundesrätin Therese Lukasser (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Nach Herrn Professor Böhm ist es natürlich sehr schwierig, zu diesem Thema zu sprechen, aber bitte nehmen Sie meine Gedanken als die einer Betroffenen.

Der Hauptschwerpunkt der nunmehrigen Vorlage ist die Einführung des passiven Wahlrechtes – wie bereits Professor Böhm ausgeführt hat –, und zwar für Studierende mit EWR-Staatszugehörigkeit. Die Einführung dieses passiven Wahlrechtes stellt eine langjährige Forderung der Österreichischen Hochschülerschaft dar und wird grundsätzlich von sämtlichen in der Österreichischen Hochschülerschaft vertretenen Fraktionen seit Jahren massiv gefordert.

Die derzeitige Regelung, wonach ein Teil der EU-Bürgerinnen und -Bürger, nämlich die Südtiroler, passiv wahlberechtigt ist, während andere nichtösterreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger davon ausgeschlossen sind, widerspricht insbesondere den Bestimmungen des Artikels 6 des EG-Vertrages, wonach jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten ist.

Ich möchte noch einmal die Ziele der Vorlage aufzählen: zunächst die Anpassung des Hochschülerschaftsrechtes an die neue Rechtslage im Organisations- und Studienrecht für Universitäten, dann die Herstellung entsprechender Strukturen in den Hochschülerschaften und – wie schon mehrfach ausgeführt – eben die Ausdehnung des passiven Wahlrechtes auf Studierende mit EWR-Staatsangehörigkeit, dann eine legistische Neufassung des Hochschülerschaftsrechtes und schließlich die Formulierung der personenbezogenen Bezeichnungen in der weiblichen und männlichen Sprachform.

Und nun einige persönliche, subjektive Bemerkungen. Ich hätte Ihnen gerne erzählt, wie es mir 14 Tage nach Vorlesungsbeginn ergangen ist, als ich eine ÖH-Zentralstelle kontaktieren wollte und gerne einen Gegenwert für meine 3 360 S, die ich inzwischen eingezahlt habe – zweimal im Jahr 185 S –, gehabt hätte:

Auf der für mich zuständigen Tür ist gestanden: "Wir sind für sie unterwegs". Ich möchte es nicht weiter ausführen, jedenfalls bin ich von einem Institut in das andere verwiesen worden und schließlich hat man mir dann gesagt – es war ein Freitag vormittag um halb zehn –: Ja, Sprechstunden Dienstag und Donnerstag von 10 bis12 Uhr. Und ich habe gesagt: Ich komme 200 Kilometer aus Osttirol her. Die Antwort: Das tut mir leid für Sie.


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