Bundesrat Stenographisches Protokoll 653. Sitzung / Seite 98

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men mit der Standesvertretung – maßvolle Pauschalhonorarbeträge für durchschnittliche Fälle einvernehmlicher Scheidungen geschaffen. (Bundesrat Dr. Böhm: Ist ihnen nichts anderes übriggeblieben!) Dies hat nicht nur den Vorteil, daß die Kosten für die Scheidungsparteien vorhersehbar werden, sondern es ist nicht zuletzt – ich möchte den Spieß sozusagen umdrehen – auch im Interesse der Rechtsanwaltschaft, wenn dadurch die bei manchen Parteien derzeit bestehende Scheu vor der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts wegen der Ungewißheit über die drohenden Kosten beseitigt werden kann.

Was die auch schon angesprochene Regelung über die Bemessungsgrundlage für Klagen nach § 1330 ABGB betrifft, so wird mit der vorliegenden Novelle keineswegs eine inhaltliche Änderung gegenüber der derzeitigen Rechtslage durchgeführt, sondern nur die seinerzeitige Intention des Gesetzgebers eindeutig klargestellt, daß auch Feststellungsklagen unter die bisherige Regelung fallen. Zugleich wurde die Bestimmung in den Bemessungsgrundlagen OGH-fähig angepaßt.

Unter dem Aspekt der Wahrung und Stärkung des Vertrauens der Bürger in die rechtsanwaltliche und notarielle Berufstätigkeit ist es vor allem zu sehen, wenn in der Rechtsanwaltsordnung eine gesetzliche Grundlage für Richtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags über die Ausübung von Treuhandschaften geschaffen und in der Notariatsordnung die bisher durch Richtlinien festgelegten Pflichten des Notars im Zusammenhang mit Treuhandschaften und dem elektronischen Treuhandregister gesetzlich geregelt werden.

Meine Damen und Herren! Wie bereits erwähnt ist ein wesentliches Prinzip der freien Rechtsberufe auch die demokratisch legitimierte berufliche Selbstverwaltung mit weitgehenden Regulierungs-, Kontroll- und Sanktionsbefugnissen. Nur dadurch kann dafür gesorgt werden, daß nicht einige wenige schwarze Schafe den Ruf eines gesamten Berufsstandes in Frage stellen können.

Die im Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter vorgesehenen zusätzlichen Möglichkeiten, insbesondere die neue Maßnahme zum Schutz anvertrauten fremden Vermögens, sollen in diesem Sinne effizienzsteigernd wirken.

Ich kann Ihre Meinung zu den Änderungen im § 19 Abs. 1 Disziplinarstatut nicht teilen. Bei der allgemeinen Regelung der Voraussetzungen für einstweilige Maßnahmen wurden die formellen Voraussetzungen für die Ergreifung einstweiliger Maßnahmen nur insofern erweitert, als die Regelung, wonach gegen den Rechtsanwalt ein gerichtliches Strafverfahren anhängig sein muß, also gerichtliche Vorerhebungen geführt werden, um den Fall erweitert wurde, daß von der Staatsanwaltschaft Vorerhebungen durch die Sicherheitsbehörden geführt werden (Bundesrat Dr. Böhm: Der ist weisungsgebunden, der Staatsanwalt!) – Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Der Staatsanwalt ist genauso weisungsgebunden, wenn er die Vorerhebungen durch den Untersuchungsrichter machen läßt. Das ist also kein Qualitätsunterschied.

Was die Frage der Voraussetzungen des dringenden Tatverdachts betrifft, so ändert sich durch diese Regelung überhaupt nichts, da es nicht vom Tatverdacht abhängig ist, ob gerichtliche Vorerhebungen oder Vorerhebungen durch die Sicherheitsbehörden geführt werden. Die Änderung beruht vielmehr auf dem praktischen Bedürfnis, daß gerade bei Wirtschaftsdelikten keine gerichtlichen Vorerhebungen geführt werden, sondern in der Praxis in aller Regel Vorerhebungen durch die Sicherheitsbehörden, also die Wirtschaftspolizei, geführt werden. Mit der Frage des dringenden Tatverdachts hat das überhaupt nichts zu tun.

Überdies muß zusätzlich zum formellen Aspekt eines anhängigen Strafverfahrens beziehungsweise von Vorerhebungen noch die materielle Voraussetzung kommen, daß die einstweilige Maßnahme mit Rücksicht auf die Art und das Gewicht des dem Rechtsanwalt zur Last gelegten Disziplinarvergehens wegen zu besorgender schwerer Nachteile besonders für das Interesse der rechtsuchenden Bevölkerung oder das Ansehen des Standes erforderlich ist. Das ist das Wesentliche. Daran ändert sich durch die Notariatsordnungs-Novelle überhaupt nichts.

Meine Damen und Herren! Daß die freien Rechtsberufe in Österreich unter Wahrung der Grundprinzipien der freien Berufsausübung durchaus auch modern und zukunftsorientiert sind, haben


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