Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 30

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Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Das "gehört werden" veranlaßt mich zu einer Zusatzfrage.

Es ist auch sehr wichtig, auch die Bevölkerung vor Ort aufzuklären. Werden Bürgerinitiativen in den Reformländern Tschechien und Slowakei durch Ihr Ressort unterstützt, um vor Ort entsprechende Aufklärungsarbeit leisten zu können?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und auch im Rahmen der international üblichen Usancen unterstützen wir Bürgerinitiativen, die allerdings ihren Arbeits- oder Herkunftsschwerpunkt in Österreich haben, von denen wir aber wissen, daß die Aktivitäten – zum Beispiel von Antiatom International – natürlich auch vor Ort, in der Slowakei, in Tschechien gesetzt werden.

Es wäre nicht üblich, daß es direkte beispielsweise finanzielle Unterstützung Österreichs für tschechische Bürgerinitiativen gäbe. Wir wollen und müssen in diesem Bereich alles vermeiden, was als Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates verstanden würde. Aber österreichische Initiativen, die letztlich grenzüberschreitend und vor Ort initiativ sind und dort wirken, werden von uns unterstützt.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Herr Bundesrat Hensler, bitte sehr.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Was haben Sie unternommen, um zu erreichen, daß Temelin nicht in Betrieb geht?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Es hat die österreichische Bundesregierung im Vorfeld der leider Gottes mit 11 : 8 zwar knapp aber doch für den Weiterbau ausgegangenen Entscheidung der tschechischen Regierung versucht, diese zu informieren und zu beraten, respektive vor allem jenen Flügel dort zu informieren und zu beraten, von dem klar war, daß er unter der Führung des Umweltministers Dr. Milos Kuzvart gegen den Weiterbau von Temelin sein würde.

Wir haben unter wesentlicher Mitarbeit des Experten Dr. Herbst eine Studio zu "Stranded investments" erstellen lassen. Da geht es darum, inwieweit Temelin in Zukunft als "Stranded investment" in der Europäischen Union anerkannt werden könnte, und darum, daß das bei Abbruch der Bauarbeiten wahrscheinlich noch der Fall sein könnte. Wenn jedoch Tschechien im Bewußtsein dessen, was jetzt Sache ist, fertig baut, könnte Temelin aus unserer Sicht wahrscheinlich nicht "Stranded investment" sein. Das ist im Hinblick auf den Strombinnenmarkt, im Hinblick auf die anzusetzenden Kosten von großer Bedeutung.

Wir haben auch bei der Weiterentwicklung und Nachnutzung des Standortes Temelin die tschechische Regierung kontaktiert und beraten, und es hat Dr. Kuzvart mir und auch meiner Kollegin Prammer ausdrücklich bestätigt, wie wertvoll diese Unterstützung war. Nun, trotzdem ist die Entscheidung der tschechischen Regierung mit 11 : 8 für den Weiterbau von Temelin ausgegangen. Ich gehe davon aus, daß das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Wir bleiben da dran, und wir haben letztlich auch im Aktionsplan der Bundesregierung zu Temelin klare Aussagen getroffen.

Temelin muß hinsichtlich seiner Sicherheitsprinzipien in Deutschland genehmigungsfähig sein. Es gibt dort ein Projekt, das mit Temelin sehr gut vergleichbar ist, den ostdeutschen – sage ich verkürzt – Reaktor Stendal, der im übrigen wegen der zu hohen Kosten für eine Fertigstellung nicht fertiggestellt wurde. Also das, was die tschechische Regierung mit Temelin macht, hat Deutschland mit Stendal nicht gemacht. Wir sagen, es müßte dieser Reaktor, wenn er


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