Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 135

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Berichterstatter Ing. Franz Gruber: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz).

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile ihm dieses.

16.42

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Mit der Schaffung eines Bundesgesetzes über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes wird dem Umstand Rechnung getragen, daß derzeit eine gesetzliche Basis, die den Zugang durch die Wissenschaft und die interessierte Öffentlichkeit zu den historisch wertvollen Unterlagen regelt, die in Bundesarchiven lagern, fehlt.

Den im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses und in Wahrnehmung von Aufgaben des Bundes anfallenden Unterlagen kommt für die Erforschung der Geschichte Österreichs besondere Bedeutung zu. Durch die heute zu schaffende gesetzliche Maßnahme soll auch sichergestellt werden, daß dieses Gut vor Vernichtung und Zersplitterung geschützt wird.

Mit der Einsicht in derartige Unterlagen ist in der Regel auch die Kenntnisnahme von personenbezogenen Daten und Äußerungen verbunden, wodurch verfassungsrechtliche Grundfreiheiten und Menschenrechte der Betroffenen berührt werden. Im besonderen sind davon das Grundrecht auf Datenschutz und das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre betroffen. Auch die in der Bundesverfassung normierte Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit ist dabei zu berücksichtigen.

Diesen den Zugang zu den Archivalien einschränkenden verfassungsrechtlichen Regelungen stehen vor allem das Grundrecht der Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre und das berechtigte Interesse des Bürgers auf Information über die historischen Abläufe in der politischen und kulturellen Entwicklung Österreichs gegenüber. Der vorliegende Entwurf bildet insgesamt den gesetzlichen Rahmen für bereits geübtes Handeln seitens des Österreichischen Staatsarchivs und jener Bundesdienststellen, die derzeit eigene Archive führen.

Als Erweiterung des Aufgabengebietes – aber auch aufwandsmäßig – ist die im § 4 vorgesehene Einrichtung eines Archivregisters des Österreichischen Staatsarchivs anzusehen. Die dabei bereits berücksichtigte künftige Entwicklung beziehungsweise den vorgesehenen Ausbau zur unentgeltlichen Nutzung des Archivregisters im Internet betrachte ich als eine vorausschauende Planung und wichtige künftige Informationsquelle.

Ist es schon schwierig genug, einerseits die Interessenabwägung zwischen den Grundrechten der Informations- und Wissenschaftsfreiheit und den Grundrechten auf Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre andererseits Bedacht zu nehmen, so kommen zudem Kompetenzfragen im Zugang zum Archivgut hinzu.

Die Regelungen über den Zugang zu den archivwürdigen Unterlagen sind im vorliegenden Entwurf eingeschränkt auf das Archivgut des Bundes. Ein Zugang zum Archivgut der Länder und Gemeinden und zum Archivgut von Privaten kann mangels verfassungsgesetzlicher Zuständigkeit nicht durch ein einfaches Bundesgesetz geregelt werden.

Auch die im Sinne der Bundesverfassung dem Bund zukommenden Aufgaben beziehungsweise Kompetenztatbestände wie "Denkmalschutz" oder "wissenschaftlicher und fachtechnischer Archiv- und Bibliotheksdienst" oder "Angelegenheiten der künstlerischen und wissenschaftlichen


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