Bundesrat Stenographisches Protokoll 658. Sitzung / Seite 17

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des föderativen demokratischen Zuges kommt es allerdings nicht. In diesem Zusammenhang wurde von sozialdemokratischer Seite auch vorgeschlagen, dass die Kontrolle der Vollziehung von Bundesgesetzen, die von den Ländern autonom zu vollziehen sind, dem Bundesrat übertragen werden könnte.

Diese Forderung ergibt aus mehreren Gründen Sinn. Zum Ersten: Im Bundesrat wäre österreichweit eine zusammenschauende Betrachtung der Vollziehung von solchen Gesetzen möglich, wobei aber trotzdem die Unterschiede in den Ländern berücksichtigt werden könnten, nicht zuletzt wegen der Verbindung der Bundesräte zu den Landtagen. Zum Zweiten: Der Bundesrat hätte auch ein Gesetzesantragsrecht an den Nationalrat, sodass es möglich wäre, Gesetzesänderungen zu initiieren, wenn sich aufgrund der Vollziehung in den Ländern die Notwendigkeit dazu herausstellt.

Leider ist diese Forderung in der zur Verhandlung stehenden Bundesstaatsreform nicht enthalten. Die Länder haben, aus welchen Gründen auch immer, lieber ein indirektes Kontrollrecht des Nationalrates akzeptiert. Ich gehe davon aus, Sie stimmen mit mir überein, dass die Reform des Bundesstaates ein zu wichtiges Anliegen ist, um es an kleinlichem Hickhack um Einzelkompetenzen scheitern zu lassen. Die Kompetenzen sind derart auf Bund und Länder zersplittert, dass es eine grundlegende Kompetenzbereinigung unumgänglich macht.

Zudem bin ich der festen Überzeugung, dass es angesichts der komplexen modernen Gesellschaft nicht möglich sein wird, entsprechend einer Gesetzessystematik, die im Kern aus der Monarchie stammt, die Gesetzeskompetenzen fein säuberlich auf Bund und Länder zu verteilen, sodass es letzten Endes, je nach Zählung, zwischen 120 und 170 einzelne Kompetenztatbestände gibt. Statt dessen wird es in fast jedem Kompetenzbereich einzelne Angelegenheiten geben, die besser auf Bundesebene geregelt werden, und andere Angelegenheiten, die besser auf Landesebene geregelt werden. In vielen Fällen wird es auch nur erforderlich sein, dass der Bund lediglich Grundsätze bestimmt und die näheren Details dann von den Ländern, und zwar von Land zu Land durchaus unterschiedlich, geregelt werden.

In diesem Sinne hat die sozialdemokratische Parlamentsfraktion, und zwar unter maßgeblicher Beteiligung der Bundesräte, einen Vorschlag für eine tiefgreifende Bundesstaatsreform ausgearbeitet, in dem die unzähligen Einzelkompetenzen auf 17 Aufgabengebiete reduziert werden, von denen sieben dem Bund vorbehalten sein sollen. Es sind dies: die Bundesverfassung; äußere Angelegenheiten; Angelegenheiten der Staatsgrenze und der Grenzüberschreitung; Bundesfinanzen, Geldwirtschaft und Kapitalverkehr; Standardisierung; Bundesbehörden; militärische Angelegenheiten. In allen übrigen Angelegenheiten dürfte der Bund nur dann gesetzgebend tätig werden, wenn eine bundesweit einheitliche Regelung unerlässlich oder erforderlich ist, um gleiche Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zu garantieren.

Letzten Endes soll eine solche Bundesstaatsreform folgende Prinzipien verwirklichen: ein solidarisches und kooperatives Zusammenwirken von Bund, Ländern und Gemeinden; eine Verteilung der Aufgabengebiete nach dem Subsidiaritätsprinzip; die Schaffung aufgabenorientierter Kompetenzbereiche; eine Gesetzgebung des Bundes nur insoweit, als eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich ist; eine gerechte Aufteilung der Finanzmittel; eine Struktur, in der die Kostenverantwortung der Aufgabenverantwortung folgt; und letztlich einen klaren Aufbau der Vollzugsstruktur mit eindeutiger politischer Verantwortung.

Es ist klar, dass es nur dann, wenn in diesem Sinne die Kompetenzen auf Bund und Länder in konkurrierender Weise aufgeteilt werden, ein Organ geben muss, das über die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips wacht. Dieses Organ könnte und sollte der Bundesrat sein. In diesem Sinne soll der Bundesrat das sein, was er auch bisher schon zu sein versucht: ein Anwalt des Bürgers sowie einer bürgernahen Gesetzgebung und Vollziehung.

Anwalt des Bürgers und einer bürgernahen Gesetzgebung und Vollziehung zu sein – das habe auch ich persönlich während meiner Zugehörigkeit zum Bundesrat umzusetzen versucht. Es wird anderen vorbehalten sein zu beurteilen, inwieweit ich dieser Zielsetzung gerecht werden konnte. Jedenfalls habe ich mich immer bemüht, das Gemeinsame vor das Trennende und


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