Bundesrat Stenographisches Protokoll 667. Sitzung / Seite 49

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Wir erkennen es unter anderem als ihr persönliches Verdienst an, dass sie sich den Pressionen bestimmter US-amerikanischer Rechtsanwälte entzogen hat, die unter der Androhung von Sammelklagen mit geradezu astronomischen Ersatzforderungen auf die Verhandlungen Österreichs mit den USA beziehungsweise den die Opfer tatsächlich repräsentierenden Verbänden unziemlichen Einfluss nehmen wollten.

Das vorliegende Gesetz ist nach Regelungsinhalt und -technik gewiss ein Unikat, das sich nur aus seiner Entstehungsgeschichte, seinem Gegenstand und seiner Zielvorstellung erklärt. Zum einen legt es nämlich Entschädigungszahlungen fest, ohne selbst für die entsprechende finanzielle Bedeckung zu sorgen. Die aliquote Aufteilung der Dotierung des mit 6 Milliarden Schilling begrenzten Gesamtvolumens des Versöhnungsfonds in der Proportion von zirka 1 : 1 zwischen der Wirtschaft, also den gewerblichen Unternehmen und der Landwirtschaft, einerseits und den Gebietskörperschaften andererseits ist nur intern vereinbart. Der Erfolg hängt demnach von der Bereitschaft der Privatwirtschaft ab, sich freiwillig an Einzahlungen in diesen Fonds zu beteiligen.

Zum anderen sollen all die vorgesehenen Leistungen unter dem weiteren Vorbehalt stehen, dass damit "Rechtsfrieden" auf den ost- und südosteuropäischen Märkten und in den USA erreicht wird. Mit anderen Worten wollen die zahlungsbereiten Unternehmen und die in Pflicht genommenen Gebietskörperschaften sicherstellen, dass nicht insbesondere auf Grund weiterer Sammelklagen in den USA neue Ansprüche entstehen können.

Dazu halte ich fest, dass ich gerade als Fachvertreter des Verfahrensrechtes das amerikanische Institut der "class action" aus unserer Sicht als rechtsstaatlich äußerst problematisch beurteile. Dabei befinde ich mich in voller Übereinstimmung mit unserem langjährigen Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Professor Franz Matscher.

Diese Einschätzung ändert freilich nichts daran, dass wir solche Sammelklagen in den USA nicht absolut verhindern werden können. Allerdings hat uns – auch das ist ein Verdienst der Frau Regierungsbeauftragten – die US-Administration durch den auf ihrer Seite die Verhandlungen führenden Unterstaatssekretär Stuart Eizenstat verbindlich zugesagt, dass die Regierung der Vereinigten Staaten ihren Gerichten notifizieren wird, dass die weitere Geltendmachung von Ersatzansprüchen im Bereich der völkervertraglichen Vereinbarung zwischen den USA und Österreich nicht im Interesse der Vereinigten Staaten liege.

Ein solcher "public interest-Vorbehalt" der Regierung der USA bindet zwar deren Gerichte formell nicht – sie sind ja unabhängig –, er wird aber von ihnen im Regelfall durchaus beachtet. Einige Sammelklagen sind bisher bereits aus diesem Grund abgelehnt worden, weil die angerufenen Gerichte den Klagsanspruch insofern nicht mehr als zivilrechtliche Rechtssache werteten, als er unter eine völkerrechtliche Abmachung fiel. Im selben Umfang können wir wohl davon ausgehen, dass die US-amerikanischen Gerichte die dem vorliegenden Gesetz zugrunde liegende Vereinbarung Österreichs mit den Vereinigten Staaten respektieren werden und insoweit der von unseren Unternehmen verständlicherweise eingemahnte Rechtsfrieden weitestgehend eintreten wird.

Als beachtlich darf ich nicht zuletzt hervorheben, dass laut Umfragen unsere Bevölkerung den mit dem heute zu beschließenden Gesetz vorgesehenen Entschädigungen mit deutlicher Mehrheit zustimmen soll. Das ist keineswegs selbstverständlich, das ist vielmehr so anerkennenswert, dass es auch die drei Weisen beeindrucken müsste.

Das gilt nach denselben Umfragen freilich mit dem Vorbehalt, dass damit ein echter Schlussstrich unter die finanzielle Bewältigung der mit diesem Gesetz erfassten Probleme unserer höchst leidvollen Vergangenheit gezogen wird.

Lassen Sie mich aber noch eine letzte Anmerkung anfügen, meine Damen und Herren! Sosehr auch meine Fraktion die mit dem Versöhnungsfonds projektierte Entschädigung der ausländischen Zwangsarbeiter des NS-Unrechtsregimes begrüßt, sosehr ist uns in weiterer Folge auch eine gleichartige Entschädigung unserer Zwangsarbeiter angelegen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Darunter verstehe ich sowohl die – auch im damaligen Völkerrecht respektive Kriegs


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